Teil 4
Hogwarts, vor einigen Jahren
Er hatte Mondnächten nie etwas Romantisches abgewinnen können. Doch an diesem Abend fühlte Severus eine tiefe Zufriedenheit, wie er sie noch nie gekannt hatte. Kara stand neben ihm auf einem Wehrgang des Schlosses, ihre kleine Hand in seiner. Es war eine klare, kalte Januarnacht und der Frost hatte von den Bäumen Besitz ergriffen, die ihre Blätter lange abgeworfen hatten. Sie sprachen kein Wort, aber das war auch nicht nötig. Severus streichelte ihre Handrücken mit seinem Daumen, eine kleine, fast beiläufige Geste, doch Kara blickte auf und schenkte ihm ein Lächeln, das alles in ihm erwärmte. "Sollen wir wieder hineingehen?" fragte er in einem leisen, neckenden Ton und erreichte, dass sie errötete. Mit "hinein" meinte er den Speicher neben dem Raum unter der verbotenen Zinne, den seit Jahren niemand mehr benutzt hatte. In der erste Woche ihrer Bekanntschaft war es Kara in den Sinn gekommen, den Raum mit Hilfe einiger Zauber ein wenig wohnlicher zu gestalten, mit Kerzen, Kissen und einer riesigen, weichen Matratze auf dem splittrigen Holzboden. Er hätte wohl ahnen müssen, in welche Richtung dieser Vorschlag führen würde. Zunächst hatten sie sich benommen wie zwei ganz normale Freunde. Er war es nicht gewöhnt, von Mädchen umgeben zu sein und hatte sich eingeredet, dass es keinen nennenswerten Unterschied zu einer Freundschaft mit einem Jungen gab - auch wenn er eigentlich mit keinem richtig befreundet war. Sie hatten für die Prüfungen gelernt, die Nächte über geredet und sich mit Lebensmitteln aus der Küche den Bauch vollgeschlagen, die die Hauselfen nur allzu gern herausgaben. Irgendwann, eines Abends, hatte er es gespürt. Sie trug zu ihren Treffen immer das weiße Kleid, das sie getragen hatte, als sie vor ihm vom Himmel gefallen war und das veränderte sie stets in einer für ihn unbegreifliche Weise in ein unnahbares, unerklärliches Wesen. Er fand sie wunderschön, wenn sich Kerzenschein in ihrem außergewöhnlichen Haar fing und ihre Augen auf eine Weise blitzten, die ihm sagten, dass sie sich bei ihm wohlfühlte. An diesem einen ganz speziellen Abend lag sie neben ihm, in ein paar Kissen gelehnt und rezitierte ein paar typische Verwandlungssprüche für Kleintiere. Er hatte sie angestarrt wie der letzte Idiot auf Erden und sich gefragt, wie etwas so Wunderbares ihm gehören konnte. Allein ihm. Er hatte nie etwas besessen, keine Freundschaft, keine Liebe, kein Zuhause. Seine Erklärung dafür war stets einfach gewesen. Er verdiente nichts davon. Dass Kara jetzt bei ihm war, gab ihn zu ersten Mal das Gefühl, etwas Besonderes, etwas Wertvolles zu sein. Dafür liebte er sie. Und in dem Moment, als er sich dessen bewusst geworden war, konnte er sie nicht einfach mehr ansehen. Sie hatte ihn nicht davon abgehalten, sie zu küssen. Sie hatte nur ihre Arme um ihn gelegt und ihn noch fester an sich gezogen. "Ja, gehen wir wieder hinein", sagte sie leise. "Ach, herrje, ist das romantisch!" Die Stimme, die zu ihnen drang, hätte Severus überall wiedererkannt. Remus Lupin, James Potter und Sirius Black standen ein paar Meter von ihnen entfernt. Die drei Jungen, die stets zusammenhingen wie Pech und Schwefel, grinsten und Black, der sich als Wortführer fühlte, spöttelte: "Kara, Dir als Ravenclaw hätte ich bei der Wahl deiner Gesellschaft ein wenig mehr Intelligenz zugetraut!" Severus wurde wütend. Er konnte die Jungen seit dem ersten Tag nicht leiden. Sie waren der Liebling jedes Lehrers und konnten praktisch tun, was sie wollten, ohne dass sie ernsthaft bestraft wurden. Mit der Arroganz von Gewinnern bildeten sie sich ein, alles und jeden beeinflussen zu können. Dagegen hatte Severus sich stets verwehrt, und so war er ebenso ein Dorn im Auge der anderen wie er das in ihren. Kara, die still neben ihm gestanden hatte, ließ seine Hand los und für eine furchtbare Sekunde dachte er, sie würde sich zu seinen Widersachern stellen und ihm ins Gesicht lachen. Ihn plötzlich als nicht mehr würdig zu betrachten. Doch dies geschah nicht. Kara baute sich vor Sirius Black auf und blickte ihn ruhig an. Das Unglaubliche geschah. Der hochgewachsene Junge mit den dunklen, wirren Haaren senkte die Augen und verschränkte die Hände in einer verlegenen Geste hinter dem Rücken. "Sirius, ich denke, es ist genug. Es gibt eine Lektion, die Ihr drei noch dringend lernen müsst!" "Und die wäre?" erkundigte sich Remus Lupin eher neugierig als gehässig. Kara ging zu Severus zurück und lehnte sich an ihn. "Dass man sich irren kann, was einen anderen Menschen angeht. Eine Folge grenzenloser Selbstüberschätzung und mangelnder Reflektionsfähigkeit." Sie maß die drei Freunde mit hoch erhobenem Kopf. Severus konnte es noch immer nicht fassen. Sie verteidigte ihn gegen die beliebtesten Schüler Hogwarts. Die nur ein Wort fallen lassen mussten, um Kara ihrer sowieso schon mäßigen Beliebtheit endgültig zu berauben. Auch wenn sie es ihm nichts sagte, er musste ihr wirklich etwas bedeuten. Das überzeugte ihn letztendlich davon, seinen Zorn herunterzuschlucken, sich dieses eine Mal nicht provozieren zu lassen und mit Kara im Arm an dem verblüfften Trio vorbei zu gehen.
"Liebes?" Die weiche Frauenstimme kam wie aus weiter Ferne. Kara erwachte langsam und blinzelte in die Dunkelheit des Schlafzimmers. Sie benötigte einige Sekunden, um aus den Wirren ihres Traumes in die Wirklichkeit zurückzukehren. Eine Gestalt saß auf ihrer Bettkante und strich ihr langsam übers Haar. "Mutter?" fragte Kara leise. Natürlich war es ihre Mutter. Sira Alannee, von der sie ihr weißes Haar geerbt hatte, wirkte königlich in ihrem silbernen Umhang. Kara wusste, warum sie gekommen war. "Du willst mich fortholen", flüsterte sie mit nunmehr brüchiger Stimme. "Ich kann es nicht fassen." "Ach, mein Kleines", seufzte Sira. Kara wich ihrer nächsten zärtlichen Geste aus und setzte sich auf. "Es tut mir so leid. Aber Dein Vater und ich haben keine Wahl." "Keine Wahl", wiederholte Kara und schüttelte ungläubig den Kopf. "Wenn Ihr mich lieben würdet, würdet Ihr mir erlauben zu leben." Sie sprang aus dem Bett, wütend und traurig zugleich. Sira erhob sich ebenfalls, mit der Eleganz einer Frau, auf deren Schultern eine große Last ruhte. "Du weißt, dass es unserem Geschlecht nicht vergönnt ist zu leben. Oh, ich wünschte so sehr, dass ich die Gabe besitzen würde, Tochter, aber mich hat das Schicksal verschont und dafür Doch so hart gestraft." In ihren Augen standen ehrliche Tränen und Kara kam sich vor wie eine undankbare Verräterin. "Du bist so jung und hast so viele Träume." Mutter und Tochter schlossen sich nach einem Moment des Schweigens in die Arme. Der Boden schien unter Karas Füßen fortgezogen zu werden. All die Bitten, Verbote und Richtlinien, die ihr Leben beherrscht hatten, erschienen ihr wie dunkle Schemen, die sich endgültig auf ihre Freiheit legten und sie erstickten. Sie konnte nicht fliehen vor dem, was sie war. Sie musste den Weg beschreiten, den alle ihrer Art vor ihr gegangen waren. Die Zeit in Hogwarts war ein großes Zugeständnis von Seiten ihrer Eltern gewesen, das wusste sie. Ihre Tante, die die Gabe ebenfalls besessen hatte, war von der Welt abgeschirmt aufgewachsen, um nicht von ihrer Bestimmung abgebracht zu werden. Kara wusste nicht, was schlimmer war. Nicht zu wissen, was Freunde waren oder diese nun zu verlieren. Ein furchtbarer Gedanke schoss durch ihren Kopf. "Severus" wisperte sie. "Ich muss mich von ihm verabschieden. Ich muss ihm sagen, dass.. ." "Nein", verbot Sira ihr mit ungewohnt harter Stimme. "Das kann ich nicht erlauben." "Warum?" Kara fing an zu weinen. "Ich kann doch nicht einfach so gehen." "Es ist besser für Dich. Zu sehen, wie verletzt er sein wird, wird Deinen Schmerz nur noch schlimmer machen. Verlass ihn ohne ein Wort. Er wird wütend auf Dich sein. Das verringert vielleicht seinen Kummer." Sira sah sie mitfühlend an. "Dumbledore hat mir geschrieben, dass Du mit Severus Snape sehr eng verbunden bist. Ich wünschte, das nicht sagen zu müssen, aber dieser Junge ist der Anlass, dass Du Hogwarts verlassen musst." "Warum?" "Er ist ein schwarzer Magier. Wenn er Macht über Dich gewinnt, könnte er Dich zwingen, Deine Berufung für die falsche Seite einzusetzen." Kara verstand. Sie hatte die Gerüchte, die über Severus in der Schule kursierten, nie ernst genommen, aber ihr war bewusst, dass er ungewöhnlich mächtig für einen Zauberer seines Alters war. Und die Stärke ihrer Gefühle verriet ihr, wie leicht es für ihn war, sie für sich einzunehmen. Sie unterstellte ihm keine Absicht. Dafür war alles, was er ihr schenkte, zu freigiebig, zu ehrlich. Aber so musste es nicht bleiben. Sein Verbitterung, die nie ganz aus ihm zu vertreiben gewesen war, sein schwelender Zorn auf die ganze Welt und seine zynische Bösartigkeit, die sich hin und wieder zeigte, würden ihn unwillkürlich auf den falschen Weg führen. Ob sie bei ihm war oder nicht. Selbst wenn sie geblieben wäre, hätte sie nicht die Kraft, ihn zu ändern. Dafür hatte sie selbst zu viele Probleme. Sie blickte in das traurige Gesicht ihrer Mutter und gewann langsam ihre Fassung wieder. "Ich werde mitkommen, Mutter";, sagte sie leise und machte sich daran, ihre Tasche zu packen.
Hogwarts, vor einigen Jahren
Er hatte Mondnächten nie etwas Romantisches abgewinnen können. Doch an diesem Abend fühlte Severus eine tiefe Zufriedenheit, wie er sie noch nie gekannt hatte. Kara stand neben ihm auf einem Wehrgang des Schlosses, ihre kleine Hand in seiner. Es war eine klare, kalte Januarnacht und der Frost hatte von den Bäumen Besitz ergriffen, die ihre Blätter lange abgeworfen hatten. Sie sprachen kein Wort, aber das war auch nicht nötig. Severus streichelte ihre Handrücken mit seinem Daumen, eine kleine, fast beiläufige Geste, doch Kara blickte auf und schenkte ihm ein Lächeln, das alles in ihm erwärmte. "Sollen wir wieder hineingehen?" fragte er in einem leisen, neckenden Ton und erreichte, dass sie errötete. Mit "hinein" meinte er den Speicher neben dem Raum unter der verbotenen Zinne, den seit Jahren niemand mehr benutzt hatte. In der erste Woche ihrer Bekanntschaft war es Kara in den Sinn gekommen, den Raum mit Hilfe einiger Zauber ein wenig wohnlicher zu gestalten, mit Kerzen, Kissen und einer riesigen, weichen Matratze auf dem splittrigen Holzboden. Er hätte wohl ahnen müssen, in welche Richtung dieser Vorschlag führen würde. Zunächst hatten sie sich benommen wie zwei ganz normale Freunde. Er war es nicht gewöhnt, von Mädchen umgeben zu sein und hatte sich eingeredet, dass es keinen nennenswerten Unterschied zu einer Freundschaft mit einem Jungen gab - auch wenn er eigentlich mit keinem richtig befreundet war. Sie hatten für die Prüfungen gelernt, die Nächte über geredet und sich mit Lebensmitteln aus der Küche den Bauch vollgeschlagen, die die Hauselfen nur allzu gern herausgaben. Irgendwann, eines Abends, hatte er es gespürt. Sie trug zu ihren Treffen immer das weiße Kleid, das sie getragen hatte, als sie vor ihm vom Himmel gefallen war und das veränderte sie stets in einer für ihn unbegreifliche Weise in ein unnahbares, unerklärliches Wesen. Er fand sie wunderschön, wenn sich Kerzenschein in ihrem außergewöhnlichen Haar fing und ihre Augen auf eine Weise blitzten, die ihm sagten, dass sie sich bei ihm wohlfühlte. An diesem einen ganz speziellen Abend lag sie neben ihm, in ein paar Kissen gelehnt und rezitierte ein paar typische Verwandlungssprüche für Kleintiere. Er hatte sie angestarrt wie der letzte Idiot auf Erden und sich gefragt, wie etwas so Wunderbares ihm gehören konnte. Allein ihm. Er hatte nie etwas besessen, keine Freundschaft, keine Liebe, kein Zuhause. Seine Erklärung dafür war stets einfach gewesen. Er verdiente nichts davon. Dass Kara jetzt bei ihm war, gab ihn zu ersten Mal das Gefühl, etwas Besonderes, etwas Wertvolles zu sein. Dafür liebte er sie. Und in dem Moment, als er sich dessen bewusst geworden war, konnte er sie nicht einfach mehr ansehen. Sie hatte ihn nicht davon abgehalten, sie zu küssen. Sie hatte nur ihre Arme um ihn gelegt und ihn noch fester an sich gezogen. "Ja, gehen wir wieder hinein", sagte sie leise. "Ach, herrje, ist das romantisch!" Die Stimme, die zu ihnen drang, hätte Severus überall wiedererkannt. Remus Lupin, James Potter und Sirius Black standen ein paar Meter von ihnen entfernt. Die drei Jungen, die stets zusammenhingen wie Pech und Schwefel, grinsten und Black, der sich als Wortführer fühlte, spöttelte: "Kara, Dir als Ravenclaw hätte ich bei der Wahl deiner Gesellschaft ein wenig mehr Intelligenz zugetraut!" Severus wurde wütend. Er konnte die Jungen seit dem ersten Tag nicht leiden. Sie waren der Liebling jedes Lehrers und konnten praktisch tun, was sie wollten, ohne dass sie ernsthaft bestraft wurden. Mit der Arroganz von Gewinnern bildeten sie sich ein, alles und jeden beeinflussen zu können. Dagegen hatte Severus sich stets verwehrt, und so war er ebenso ein Dorn im Auge der anderen wie er das in ihren. Kara, die still neben ihm gestanden hatte, ließ seine Hand los und für eine furchtbare Sekunde dachte er, sie würde sich zu seinen Widersachern stellen und ihm ins Gesicht lachen. Ihn plötzlich als nicht mehr würdig zu betrachten. Doch dies geschah nicht. Kara baute sich vor Sirius Black auf und blickte ihn ruhig an. Das Unglaubliche geschah. Der hochgewachsene Junge mit den dunklen, wirren Haaren senkte die Augen und verschränkte die Hände in einer verlegenen Geste hinter dem Rücken. "Sirius, ich denke, es ist genug. Es gibt eine Lektion, die Ihr drei noch dringend lernen müsst!" "Und die wäre?" erkundigte sich Remus Lupin eher neugierig als gehässig. Kara ging zu Severus zurück und lehnte sich an ihn. "Dass man sich irren kann, was einen anderen Menschen angeht. Eine Folge grenzenloser Selbstüberschätzung und mangelnder Reflektionsfähigkeit." Sie maß die drei Freunde mit hoch erhobenem Kopf. Severus konnte es noch immer nicht fassen. Sie verteidigte ihn gegen die beliebtesten Schüler Hogwarts. Die nur ein Wort fallen lassen mussten, um Kara ihrer sowieso schon mäßigen Beliebtheit endgültig zu berauben. Auch wenn sie es ihm nichts sagte, er musste ihr wirklich etwas bedeuten. Das überzeugte ihn letztendlich davon, seinen Zorn herunterzuschlucken, sich dieses eine Mal nicht provozieren zu lassen und mit Kara im Arm an dem verblüfften Trio vorbei zu gehen.
"Liebes?" Die weiche Frauenstimme kam wie aus weiter Ferne. Kara erwachte langsam und blinzelte in die Dunkelheit des Schlafzimmers. Sie benötigte einige Sekunden, um aus den Wirren ihres Traumes in die Wirklichkeit zurückzukehren. Eine Gestalt saß auf ihrer Bettkante und strich ihr langsam übers Haar. "Mutter?" fragte Kara leise. Natürlich war es ihre Mutter. Sira Alannee, von der sie ihr weißes Haar geerbt hatte, wirkte königlich in ihrem silbernen Umhang. Kara wusste, warum sie gekommen war. "Du willst mich fortholen", flüsterte sie mit nunmehr brüchiger Stimme. "Ich kann es nicht fassen." "Ach, mein Kleines", seufzte Sira. Kara wich ihrer nächsten zärtlichen Geste aus und setzte sich auf. "Es tut mir so leid. Aber Dein Vater und ich haben keine Wahl." "Keine Wahl", wiederholte Kara und schüttelte ungläubig den Kopf. "Wenn Ihr mich lieben würdet, würdet Ihr mir erlauben zu leben." Sie sprang aus dem Bett, wütend und traurig zugleich. Sira erhob sich ebenfalls, mit der Eleganz einer Frau, auf deren Schultern eine große Last ruhte. "Du weißt, dass es unserem Geschlecht nicht vergönnt ist zu leben. Oh, ich wünschte so sehr, dass ich die Gabe besitzen würde, Tochter, aber mich hat das Schicksal verschont und dafür Doch so hart gestraft." In ihren Augen standen ehrliche Tränen und Kara kam sich vor wie eine undankbare Verräterin. "Du bist so jung und hast so viele Träume." Mutter und Tochter schlossen sich nach einem Moment des Schweigens in die Arme. Der Boden schien unter Karas Füßen fortgezogen zu werden. All die Bitten, Verbote und Richtlinien, die ihr Leben beherrscht hatten, erschienen ihr wie dunkle Schemen, die sich endgültig auf ihre Freiheit legten und sie erstickten. Sie konnte nicht fliehen vor dem, was sie war. Sie musste den Weg beschreiten, den alle ihrer Art vor ihr gegangen waren. Die Zeit in Hogwarts war ein großes Zugeständnis von Seiten ihrer Eltern gewesen, das wusste sie. Ihre Tante, die die Gabe ebenfalls besessen hatte, war von der Welt abgeschirmt aufgewachsen, um nicht von ihrer Bestimmung abgebracht zu werden. Kara wusste nicht, was schlimmer war. Nicht zu wissen, was Freunde waren oder diese nun zu verlieren. Ein furchtbarer Gedanke schoss durch ihren Kopf. "Severus" wisperte sie. "Ich muss mich von ihm verabschieden. Ich muss ihm sagen, dass.. ." "Nein", verbot Sira ihr mit ungewohnt harter Stimme. "Das kann ich nicht erlauben." "Warum?" Kara fing an zu weinen. "Ich kann doch nicht einfach so gehen." "Es ist besser für Dich. Zu sehen, wie verletzt er sein wird, wird Deinen Schmerz nur noch schlimmer machen. Verlass ihn ohne ein Wort. Er wird wütend auf Dich sein. Das verringert vielleicht seinen Kummer." Sira sah sie mitfühlend an. "Dumbledore hat mir geschrieben, dass Du mit Severus Snape sehr eng verbunden bist. Ich wünschte, das nicht sagen zu müssen, aber dieser Junge ist der Anlass, dass Du Hogwarts verlassen musst." "Warum?" "Er ist ein schwarzer Magier. Wenn er Macht über Dich gewinnt, könnte er Dich zwingen, Deine Berufung für die falsche Seite einzusetzen." Kara verstand. Sie hatte die Gerüchte, die über Severus in der Schule kursierten, nie ernst genommen, aber ihr war bewusst, dass er ungewöhnlich mächtig für einen Zauberer seines Alters war. Und die Stärke ihrer Gefühle verriet ihr, wie leicht es für ihn war, sie für sich einzunehmen. Sie unterstellte ihm keine Absicht. Dafür war alles, was er ihr schenkte, zu freigiebig, zu ehrlich. Aber so musste es nicht bleiben. Sein Verbitterung, die nie ganz aus ihm zu vertreiben gewesen war, sein schwelender Zorn auf die ganze Welt und seine zynische Bösartigkeit, die sich hin und wieder zeigte, würden ihn unwillkürlich auf den falschen Weg führen. Ob sie bei ihm war oder nicht. Selbst wenn sie geblieben wäre, hätte sie nicht die Kraft, ihn zu ändern. Dafür hatte sie selbst zu viele Probleme. Sie blickte in das traurige Gesicht ihrer Mutter und gewann langsam ihre Fassung wieder. "Ich werde mitkommen, Mutter";, sagte sie leise und machte sich daran, ihre Tasche zu packen.
