Chapter 11:

"Chiaki..." Zärtlich strich Marron ihm eine Strähne aus der Stirn. Vorsichtig fuhr sie seine Lippen nach, auf denen sich bereits eine Kruste gebildet hatte. Unter ihren Fingern fühlte sie, wo die Wunden waren und streichelte sie zart. Wie vor einigen Tagen lagen sie gemeinsam in seinem Bett und Chiaki wollte Marron einfach nicht loslassen. "Chiaki...Ich weiß das du wach bist...", flüsterte sie in sein Ohr. Verschlafen versuchte Chiaki mit seiner Schulter an sein Ohr zu kommen, wo Marron Atem ihn kitzelte. "Chiaki, komm schon, steh auf." "Warum???" Langsam öffnete er erst eines, dann das zweite Augen und blinzelte, denn die Sonne schien ihm direkt ins Gesicht. Marron lächelte. "Weißt du, wie du gerade aussiehst?" "Müde?" "Nein, unglaublich süß." "???" "Du bist ja rot geworden..." Marron kicherte. "Nein, bin ich nicht..." "Du Feuerwehrauto..." "Ph!" Chiaki tat absichtlich beleidigt. Er ließ Marron los und drehte sich auf die andere Seite. "Och, bist du jetzt beleidigt???" Marron fröstelte. Ohne die Wärme von Chiakis Körper war es ziemlich kühl im Raum. Plötzlich stürzte sie sich auf Chiaki. "Nein, hör auf... Hör auf!" Chiaki lachte. Seine Lippen platzten auf, doch die beiden merkten es nicht. "Hör auf! ich bin kitzlig!!" "Denkst du etwa, dass mir das was ausmacht??" "Ja!" Damit schleuderte er ihr ein Kissen ins Gesicht. "Das gibt Rache!!!" Marron Augen blitzten. Und das Kissen das gerade noch in ihrem Gesicht gewesen war, flog durch die Luft. Aber Chiaki wich geschickt aus, fing das Kissen und warf zurück. Diesmal passte Marron auf. Dennoch streifte sie der Polster. Das tat jedoch dem Spaß keinen Abbruch und zu Chiakis Begeisterung, beugte sich Marron vom Bett hinunter und hagelte nach dem Kissen. "Nette Aussicht." Erschrocken drehte sich Marron um und erblickte natürlich Chiakis unverhohlenes Grinsen. "Du kannst es einfach nicht lassen. Du bist und bleibst ein Spanner." "Du hast einen so süßen Hintern, da konnte ich einfach nicht anders." "CHIAKI!!!!" "Ich denke, ich hab dir schon mal gesagt, wie unglaublich süß du aussiehst wenn du wütend bist." Sein Grinsen verbreiterte sich. Marron Kopf leuchtete wie eine rote Ampel. "Jetzt bist aber du rot geworden." Er krabbelte auf sie zu und umarmte Marron. Er küsste ihren Hals und ihre Halsbeuge. "Chiaki..." Marron stütze sich nach hinten auf ihre Arme ab und legte den Kopf zurück. Chiaki fasste das als Aufforderung auf und liebkoste ihr Schlüsselbein. Er legte seine Hände um ihre Taille und zog sie noch näher zu sich. Marron seufzte leise. Obwohl die Blutkruste kratzte fühlte Marron nichts weiter als die zarten Lippen die sie schon zuvor geküsst und liebkost hatten. Doch plötzlich gaben ihre Arme nach und sie fiel auf die Decke. Chiaki ließ sich von ihr mitziehen und stützte sich mit beiden Händen neben ihrem Kopf aus. "Marron..." Mit einer Hand fuhr er die Blutspuren nach, die seine Lippen hinterlassen hatten. Noch immer brannten sie wie Feuer. Abber dennoch ließ er seinen Kopf zu ihr hinab und seine Haare fielen in Marron Stirn. Sie sah suchend in seine Augen und strich sich seine Haare aus der Stirn. Sie griff sich eine Strähne und umschlang damit ihren Finger. "Chiaki..." Er beugte den Kopf zu ihr und ihre Lippen kamen sich näher als nie zuvor. Marron Augen schlossen sich wie von selbst und Chiaki erging es ebenso. Er glaubte schon, die Wärme ihres Mundes auf dem seinen zu spüren. Er stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie ihre Lippen freiwillig auf die Seinen presste. Freiwillig, am helllichten Tag, ohne Überraschung oder Schlaftrunkenheit. Wenn sie freiwillig zu ihm kam. Er sich völlig in ihren Lippen verlieren konnte. "Könnt ihr nicht endlich mit dieser ganzen Fummelei und Knutscherei aufhören??" * Nicht schon wieder... Immer wenn ich kurz davor bin... Aaargh!!!! Wenn Access jetzt keinen triftigen Grund hat, dann wandert er in den Tartarus!!!! * Mordlüstern schaute Chiaki Access in die Augen. Marron war es einfach nur noch peinlich. "Wenn du jetzt keinen Grund hast, dann..." Erschrocken flog Access aus Chiakis Reichweite. Doch dann entdeckte er ein besseres Versteck. In weitem Bogen flog er um Chiaki herum und vergrub sich dann blitzschnell in Marron Haaren. "Ich hab gestern ein Mädchen gesehen. Und sie hat gewusst, dass ich da war. Sie wusste alles über mich und meine Gefühle...Und dann ist auch noch dieser Kae vorbeigekommen und hat sie verfolgt. Ich wollt ihm schon eine drüberziehen, aber dabei bin ich leider K.O gegangen." "Gib's zu, dass du dich wieder selber halb tot geschlagen hast." Chiaki grinste. "Na gut. Aber nur weil mich das genauso geärgert hat, wie dich." "Aber jetzt ist es vorbei." "Ach so???" Prüfend hob er eine Augenbraue und musterte zuerst Chiaki dann Marron. "Habt ihr etwa miteinander...??" "NEIN!!!!" Chiaki schnitt ihm das Wort ab. "Wie kommst du auf den Unfug???" "Naja... das Bett zerwühlt, beide müde, deine Lippen blutig, beide in einem Bett. AUFEINANDER!!!!! Also, wer hätte das nicht gedacht??" "Oh, mein Gott Chiaki. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass du blutest!!!" Sofort sprang sie aus dem Bett und suchte ein Taschentuch. Sie hielt es Chiaki hin. "Du musst es küssen..." Chiaki grinste. "Ich werde mir vorstellen, dass du es bist." Er senkte den Kopf und küsste das Taschentuch, das in ihrer Hand lag. Marron Kopf wandelte wieder zur Ampel. Schließlich hob Chiaki den Kopf wieder. Die Fasern des Tempos hatten sich in den Resten der Blutkruste verfangen und es blieb an Chiakis Lippen hängen. Langsam zog er es ab. Auf dem Taschentuch war ein blutiger Abdruck von Chiakis Mund. Er tupfte sich die letzten Tropfen ab. "Chiaki, deine Lippen... Sie sind verheilt???" Chiaki lächelte. "Warum glaubst du, hat dein Knöchel beim Gymnastikwettbewerb nicht mehr weh getan??" Erstaunt fuhr Marron die Konturen von Chiakis Mund nach. Sanft gab er unter ihren Fingern nach und sie spürte Chiakis warmen Atem auf ihrer Hand. Sie spürte, dass er schneller atmete, als normal. "HAB ICH NICHT GESAGT, IHR SOLLT DAMIT AUFHÖREN?????!!!!!!!!!!" Marron fuhr zusammen und zog ihre Hand zurück. "Also, was hat es nun mit diesem Kae auf sich??" "Nun äh, er hat gesagt, er wäre mein Schutzengel. Oder so was in der Richtung." "Dann ist ja alles klar." "Wie meinst du das?? So ganz bin ich nämlich auch nicht durchgestiegen." Chiaki sah ihn eine Erklärung fordernd an. "Bist du so schwer von Begriff, oder tust du nur so??" "Access!! Pass auf was du sagst. Sonst gibt's heute keine Pfannkuchen!" "Okay, okay. Also: Normalerweise werden manche Menschen unbewusst damit beauftragt eine bestimmte Seele zu schützen. Dabei kann es natürlich passieren, dass sich der Schützer und der Beschützte ineinander verlieben. Nicht bloß irgendeine Schwärmerei, sonder wahre Liebe. Wenn dies der Fall ist, werden manchmal hochgestellte Engel zu Schützern, wie das bei dir der Fall ist, Marron. Das heißt im Klartext, dass..." "Marron ihren vorherigen Schützer liebt und dieser sie." Chiaki drehte sich zu Marron. "Wer ist es???" Marron konnte Wut, Zorn, Verzweiflung und Hass gegen den der sie liebte in seinen Augen lesen. Doch sie lächelte. "Chiaki, du hast eine längere Leitung als ich gedacht habe." bemerkte Access trocken. "Halt die Klappe, Access." "Chiaki, kannst du dir das nicht denken??" Marron sah ihm tief in die Augen. Doch als sich der Ausdruck dieser nicht änderte, schlug sie ihre Augen nieder. "Ich glaub, ich sollte euch besser allein lassen" Access blickte noch mal von einem zum anderen und flog dann aus dem Zimmer. "Also...?" Chiaki zog eine Augenbraue hoch. "Wer ist es?" Marron antwortete nicht. Jetzt musste sie es tun. Sie musste es ihm irgendwie beibringen. Der Moment der Entscheidung war gekommen. Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog und wieder entspannte. Ihre schweißnassen Hände verkrampften sich in dem Stoff der Bettdecke. Sie versuchte ihre wild durcheinander flatternden Gedanken zu ordnen. Doch das versuchte sie vergeblich. Ihr fiel nicht mehr ein, als dass sie ihm jetzt ihre Gefühle gestehen musste. *Entspann dich. Ganz cool Marron* Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Ihr Herz klopfte. * Du musst es schaffen. Du bist allein. Aber du wirst es schaffen...* Eine leichte Brise wehte durch das geöffnete Fenster herein und bewegte sanft ihre Haare. Flehentlich öffnete sie ihre Augen. Tränen standen darin. Der Sonnenschein spiegelte sich darin. "Warum begreifst du es nicht?? Begreifst du nicht,...dass...dass du es bist?"

"Hach...die zwei haben Probleme..." Access seufzte. Er flog aus dem Zimmer hinaus in den Sonnenuntergang. Der Himmel schien zu brennen und das Meer war wie von Blut getränkt. Die Wellen brachen sich sanft an der Küste und die Gischt spritzte Access ins Gesicht. Am Meer stand ein Mädchen. Es schien das letzte Sonnenlicht schier aufzusaugen. Ihre langen schwarzen Haare wurden vom Wind zerzaust. Er zerrte an ihren Kleidern. Sie streckte ihren Kopf in die Luft, als wolle sie jeden Augenblick losfliegen und den Himmel wie ein mächtiger Adler durch kreuzen. Und wie um das zu bestätigen waren ihre Arme in die Höhe gestreckt. Das verschwindende Licht malte Schatten auf ihrem Gesicht und ihren Kleidern. Dann schlug sie die Augen auf. Access kam es so vor, als wären sie wie aus geschmolzenem Gold. Sie schlug die Arme mit einer herrischen Bewegung hinab. Access spürte ein gewaltige Energie von dieser Bewegung ausgehen. Genau in diesem Moment verschwand die Sonne hinter dem Horizont. Die letzten fast kränklich wirkenden Strahlen hielten die aufkommende Nacht noch ein bisschen zurück. Das Mädchen wandte ihren Kopf zu Access. Es lächelte. Doch plötzlich krümmte es sich wie unter Schmerzen zusammen und sank auf den Boden. Access wollte ihr zu Hilfe kommen. Es war ihm gleichgültig, dass sie ihn gesehen hatte. Doch er konnte nicht rechtzeitig zu ihr kommen. Plötzlich spürte er auch, warum sich das Mädchen so zusammenkrampfte. Er fühlte wie sich eine gewaltige Energie näherte. Ihm wurde schwindlig und er taumelte zu Boden. Er versuchte vergebens sich in der Luft zu halten. Mit letzter Kraft schaffte er es an den Straßenrand um zu verhindern, dass er womöglich überfahren werden würde. Dann wurde es dunkel um ihn. Das letzte was er hörte war ein grausames Lachen in seinem Kopf und den Satz, den er nie vergessen würde. "Jetzt haben wir euch auch die Sonne genommen..." Er wollte noch mehr hören, aber er verschwand in der vollkommenen Dunkelheit.