Chapter 17:

"Aber,... aber. Das kann doch gar nicht sein." Kae starrte fassungslos Lia an, die ihm noch immer lächelnd gegenüber stand. Lia, seine Lia. Lia, deren Augen so waren wie die Sonne. Am Tag hell, golden und glänzend. In der Nacht dunkel und schwarz. Diese dunklen Augen kannte er am besten. Denn sie war der Tag. Die Sonne der Menschen. Und ihre Schwester war die Nacht. "Doch natürlich. Ich bin so real, wie ich es gewesen bin, seit wir uns kennen... Sieh her...". Langsam ging Lia auf ihn zu. "Wenn ich ein Traum wäre, könnte ich dann das hier...?" Sanft strich sie mit ihrer Hand über Kaes Wange, über die sich nun einzelne Tränen einen Weg zu seinem Kinn bahnten um dann von der Gravitation der Erde angezogen auf den Boden zu fallen und dort in kleine, winzige Tröpfchen zu zerspringen. Zärtlich fing Lia eine auf. "Kae... ich bin kein Traum..." Der leichte Wind trug diesen leisen Hauch zu Kaes Ohren. Er konnte es noch immer nicht fassen. Es nicht begreifen, was gerade um ihn herum geschah. Und als Lia ihn sanft küsste, verlor er ganz den Verstand. Voller Verlangen erwiderte er den schüchternen Kuss seiner einzigen großen Liebe. Endlich hatte er seine Gefühle wieder. Er spürte sein Verlangen, sein Glück. Er fühlte, wie vorher vergessene Empfindungen auf ihn einströmten. Hoffnung, Glaube aus tiefstem Herzen, Mut und etwas, was er niemals erwartet hatte es jemals zu empfinden. Tiefe, unendliche Liebe. Geboren aus Reinheit und Unschuld... "Chiaki...?" Marron blinzelte. Ihre Augen wollten sich nicht so recht öffnen. Doch Marron spürte einen warmen, regelmäßigen Atem neben sich. *Ich denke, ich sollte ihn lieber schlafen lassen...* Also beließ Marron es dabei, neben Chiaki zu liegen, seinem Atem zu lauschen und über den Traum nachzudenken, den sie gehabt hatte... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~Flashback~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~~ "Wo bin ich??? Es ist so dunkel..." Jeanne sah sich um. Doch sosehr sie ihre Augen auch anstrengte, sie konnte nichts in dieser tiefen Dunkelheit erkennen... Sie fühlte Angst in sich aufsteigen. Diese Dunkelheit machte ihr Angst. Sie hatte keine Angst vor der Dunkelheit der Nacht... Nicht mehr. Als sie zu Jeanne geworden war, war die Nacht ihr bester Freund geworden. Doch das hier war nicht die Nacht. Diese Dunkelheit hatte etwas von einer Kälte und Schwärze, wie Jeanne sie nicht kannte. Gerade als ihr Tränen in die Augen stiegen, sah sie in der Ferne ein schwaches Leuchten. Es war zwar nur ein Funkeln, aber dennoch wurde sie davon angezogen. Licht bedeutete Hoffnung. Vielleicht fand sie dort jemanden, mit dem sie reden konnte. Vielleicht war dort sogar Chiaki. Jeanne begann zu laufen. Und langsam schien das Licht näher zu rücken. Aus dem anfänglichem schwachen Blinken wurde ein Lichtpunkt, der immer größer wurde. Und mit seiner Größe wurde er auch strahlender und wärmer. Bald musste Jeanne ihre Augen schließen, um nicht geblendet zu werden. Sie ließ sich von dieser Wärme leiten, die sich um sie herum auszubreiten schien. Langsam gewöhnten sich aber ihre Augen an die Helligkeit und sie erkannte, auf was sie überhaupt zurannte. Sie verlangsamte ihre Schritte und ging ehrfürchtig an den großen hellen Kristall heran. Und in diesem Kristall war ein Mädchen. Ein Mädchen von solcher Schönheit, wie Jeanne sie noch nie gesehen hatte. Ihr glänzendes pechschwarzes Haar fiel sanft über ihre schmalen Schultern. Ihr Gesicht hatte edle Züge und passte wunderbar zu ihren langen Haaren. Ein sanftes Lächeln umspielte ihren Mund. Sie schien zu schlafen und einen wunderschönen Traum zu träumen. In einer ihrer schmalen Hände hielt sie eine kleine, zierliche Sonne. Fasziniert ging Jeanne noch ein Stück näher an sie heran und war versucht ihre Hand auf den Kristall zu legen, der die Schönheit vollkommen einschloss. "Fass sie nicht an." Eine eiskalte Stimme durchschnitt die Luft. Neben dem leuchtendem Kristall trat ein zweites Mädchen hervor. Sie schien das genaue Gegenteil von dem Mädchen im Kristall zu sein. Nur eines war gleich. Ihre unverwechselbare, atemberaubende Schönheit. In ihren Händen hielt das Mädchen eine silberne Mondsichel. Erschrocken und beschämt zugleich zog Jeanne ihre Hand zurück. "Es tut mir leid, dich so angefahren zu haben. Aber du musst verstehen, dass ich in äußerster Sorge um meine Schwester bin..." Sehnsuchtsvoll blickte das Mädchen mit dem Silbermond die Person im leuchtendem Kristall an. "Du musst sie retten Jeanne. Du bist meine letzte Hoffnung. Satan hat sie gefangengenommen und in die Carceras geworden. Die tiefsten Kerker der Unterwelt... Bitte, rette meine Schwester Lia. Tu es nicht für mich, sondern für sie und für die Menschen. Lange werden sie die ewige Nacht nicht mehr aushalten. Solange können sie mich nicht ertragen. Bitte, gib der Welt den Tag zurück. Geh für die Welt in die Carceras und hole meine Schwester zurück. Denn ohne den Tag wird es auch die Nacht nicht mehr geben. Und dann wird die Dunkelheit folgen. So ähnlich wie du es vorhin erlabt hast. Nur viel dunkler und trostloser... Bitte, rette Lia. Der Schlüssel liegt in ihm..." Jeanne starrte sie an. Sie konnte überhaupt nicht fassen, was sie eben gehört hatte. Sie wollte tausende von Fragen stellen, aber die Illusion ihres Gehirns verblasste und die Farben in ihrem Traum mischten sich neu. Sie fand sich in einem kleinen Park wieder. Abseits von jeglicher beängstigender Dunkelheit. Es war zwar dunkel, aber ihre Augen hatten sich durch die nächtlichen Raubzüge als Jeanne so geschärft, dass sie selbst in der Nacht noch Einzelheiten erkennen konnte. Sie beobachtete ein Pärchen, dass am See stand. Weil sie sich gerade küssten, konnte sie nicht erkennen, um wen es sich handelte. Geschickt wie eine Katze kletterte sie auf einen Baum und sprang von dort von Ast zu Ast, ohne auch nur das geringste Geräusch zu verursachen. Endlich konnte sie das Gesicht des Mädchens erkennen. Jeanne erschrak. *Ich dachte, sie wäre von Satan gefangengenommen worden...* Lia, der Tag stand am Seeufer und küsste gerade einen Jungen. Sie schien glücklich. Vorsichtig löste sie den Kuss. Und der junge, in dessen Armen sie lag, war, Jeanne konnte es nicht fassen, Kae!!! Sie lächelte. Plötzlich hörte sie die Stimme der Nacht in ihrem Kopf. Der Schlüssel liegt in ihm... und langsam begannen sich die Farben wieder zu vermischen und Jeanne spürte ein weiches Bett unter sich... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~Flashbackend~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~~ "Bist du schon wach, Marron???" Chiaki gab seiner Freundin einen Hauch von einem Kuss. "Ja..." Verwirrung schwang in Marrons Stimme mit. "Chiaki. Ich... ich muss..." "Du musst den Tag retten." Chiaki lächelte. "Woher...???" Fragend blickte sie in seine Augen. Mit einer ihrer braunen Haarsträhnen spielend erwiderte Chiaki "Gestern bist du ohnmächtig geworden. Da hab ich ein Mädchen getroffen, dass sagte, wir sollen den "Tag" retten... außerdem hast du im Schlaf geredet..." Chiaki zog Marron aus dem Bett. Noch immer hüllte tiefe Dunkelheit die gesamte Welt ein. "Mach dich fertig." Er führte Marron Richtung Tür. "Wir beide müssen versuchen den Eingang in die Carceras zu finden..." "Chiaki..." "Ja??" "Ich... ich habe Angst... wirklich... ich habe Angst, dass wir... ich meine..." "Dass wir nicht zurückkommen???" Gequält nickte Marron. "Und, dass ich gegen Fin kämpfen muss... ich denke, wir sollten es zumindest Miyako und Yamato erzählen, oder???" Chiaki nahm Marron in den Arm. "Ich weiß... sie werden in einer halben Stunde da sein... Ich habe gesagt, wir hätten etwas wichtiges zu besprechen. Los, nun geh schon und mach dich fertig..." Mit einem Kuss schob Chiaki Marron aus seiner Wohnung hinaus. Drinnen lehnte er sich gegen die Wand und fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht. *Marron, was auch geschieht, ich werde dich auf dieser Reise beschützen. Wir werden beide zurückkommen. Versprochen....* Dann ging auch Chiaki ins Bad um zu duschen und sich fertig zu machen, für den Weg in die tiefsten, dunkelsten Kerker der Welt von Satan. Für den Weg in die Carceras.