Chapter 18:

"Also, was machen wir nun hier???", fragend sah Miyako von Chiaki zu Marron. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Seltsamerweise war Kae auch hier. Das machte die ganze Situation nicht gerade einfacher. Miyako fühlte sich ausgeschlossen. Sie hatte immer schon gewusst, dass Marron und Chiaki ein gemeinsames Geheimnis hatten, von dem sie nichts erfahren durfte, aber irgendwie hing das jetzt mit ihr und Yamato auch zusammen. Und mit dem seltsamen Jungen, der aus dem nichts aufgetaucht war und sich Kae nannte. Irgendetwas lag in seinen Augen, das Miyako nicht das Gefühl, vollkommen ohne Kleidung dazustehen, sondern ganz ohne Schutz. Hilflos ausgeliefert. Die anderen zu definieren wusste. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, ohne sich vollkommen nackt zu fühlen. Es war nicht aus ihrer Klasse schienen es nicht bemerkt zu haben, aber sie hatte auf eine seltsame und absurde Art Angst vor dem blondem Jungen. Sie klammerte sich an Yamatos Arm, den dieser vorsichtshalber um Miyako gelegt hatte. Auch er wusste, dass irgendwas nicht stimmte. "Ähm... die Sache ist die, Miyako..." begann Marron unsicher. Sie wusste, dass sie ihr Geheimnis ihrer besten Freundin erzählen musste. Und sie wusste auch, dass ihre Freundin sie sogar irgendwann verstehen würde. Warum fiel es ihr dann nur so schwer?? "Ich denke, es ist am Besten, wenn ich den Anfang mache." Brachte Kae Marron unsicher zum Schweigen. Er hatte schon gemerkt, wie ängstlich ihm Miyako begegnete. Auch, dass er zu dieser Runde nicht gehörte, spürte er. Wahrscheinlich war es am Günstigsten für alle, wenn er so schnell wie möglich wieder in den Himmel zurückkehrte. Seine Gedanken hingen zwar immer noch an der Begegnung mit Lia, aber seine einstigen Gefühle waren noch viel zu verschüttet, als das er ihr gesamtes Ausmaß erkannt hätte. Kae atmete tief ein. "Ich, Kae Araki, bin vom Herrn zur Erde geschickt worden, um die Reinkarnation der legendären Jeanne d´Arc zu bewahren. Ich ein Engel des Herrn, habe die Aufgabe erhalten, Marron Kusakabe, die diese Reinkarnation ist unter Einsatz meines Seins zu beschützen." Plötzlich hüllte ihn wieder dieses helle Licht ein. Und als es langsam wieder verblasste, hatte Kae sich wieder in seine wahre Gestalt verwandelt. In einen Engel Gottes imposant, edel und stark. Seine weiten, schneeweißen Schwingen erschienen für einen Augenblick und verschwanden dann wieder. Vor ihnen stand zwar noch immer derselbe wie vorher, doch er hatte sich verändert. Seine Ausstrahlung war mächtiger und seine Augen tiefer und unergründlicher. Angstvoll rückte Miyako näher an Yamato heran. Selbst sie als Mensch spürte die Macht, die den Engel umgab. Doch ihr Verstand siegte über ihre Emotionen. "Dann,... dann ist Marron, Jeanne d´Arc??" Eine Antwort einfordernd sah Miyako zu Marron. Sie wusste, was jetzt kommen würde. Das, was sie immer geahnt hatte, würde wahr werden. Ihre Freundin würde sie verlassen. "Ja. Ich bin die Wiedergeburt von Jeanne d´Arc." In dem Augenblick, als Marron sich das selbst eingestand, hüllte sie dasselbe Licht ein, dass zuvor Kae eingehüllt hatte. Das Licht, dass immer dann erstrahlte, wenn sie auf einen ihrer Raubzüge ging. Zuerst hatte Marron dieses zweite Ich verdrängt. Doch nun, da sie es als einen Teil von sich annahm, erfüllte sie neue Kraft. Sie war Marron Kusakabe und sie war die Reinkarnation von Jeanne d´Arc. Sie war Kamikaze Kaito Jeanne mit all ihrem Selbst. Jeanne konnte ohne Marron nicht existieren und umgekehrt. "Und ich bin Jeanne, die Kamikaze-Diebin!!!" Kurz erstrahlte über Marron hinweg die Gestalt der schönen Diebin, dann war der Spuk vorbei. Marron sah ihrer besten Freundin in die traurigen Augen. Miyako schluckte. Sie hatte es immer gewusst. Ihr Gefühl hatte es ihr gesagt. Warum war es nur so schwer für sie, etwas zu sagen?? Tränen traten über ihre Augenränder. Yamato neben ihr schien in eine Art Starre verfallen zu sein. "Marron..." "Miyako..." Plötzlich stand Miyako auf und fiel ihrer Freundin in die Arme. "Marron...ich... ich wusste es... ich habe es immer... immer gewusst..." Nun war es auch um Marrons Fassung geschehen. Tränen liefen in kleinen Bächen ihre Wangen hinab. Sie fühlte Erleichterung, dass sie Miyako ihr Geheimnis anvertraut hatte. Diese Lüge, die immer da gewesen war, hatte langsam eine Mauer zwischen ihnen errichtet. Diese Mauer begann nun in einzelne Steine zu zerfallen und bald würde sie nur noch Staub sein. "Marron... ich bin so froh, dass du es mir erzählt hast." Miyako drückte ihre Freundin noch einmal und setzte sich dann wieder neben Yamato. "Dann ist Kaito Sindbad also..." Miyakos Blick blieb an Chiaki hängen. Miyakos messerscharfer Polizistenverstand kam wieder zum Vorschein. Sie hatte die beiden gegeneinander kämpfen und sich gegenseitig helfen sehen und dabei immer bemerkt, wie sehr sie, vor allem Sindbad, immer wieder darum bemüht waren dem anderen das Leben zu retten. Es war also für Miyako das Logischste gewesen, dass Jeanne und Sindbad auch im "normalen" Leben ein Paar waren. Chiaki grinste. "Man kann nichts vor dir geheim halten, Miyako..." Endlich löste sich auch Yamato aus seiner Starre. "Ich fass es nicht..." murmelte er leise. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die perfekte Marron eine Diebin war und der perfekte Chiaki ihr Komplize. Die Klassenbesten, die Traumschüler jedes Lehrers... Es ging einfach nicht in seinen Kopf hinein. "Ich fass es nicht..." "Yamato, du wiederholst dich...", bemerkte Miyako trocken. Kae sah in die Runde. Er las bei Marron und Chiaki Erleichterung und einen Anflug von Fröhlichkeit, bei Miyako die Liebe zu ihrem begriffsstutzigen Freund und bei Yamato totale Verwirrung, die aber schon langsam wieder abklang. "Ich denke, wir sollten langsam zum Haupttagespunkt übergehen, oder was meint ihr??" "Ganz recht, Kae." Access flog zum Fenster herein. "Lange nicht gesehen, Access. Wie geht's dir so??? Immer noch Schwarzengel??" Kae grinste. Er kannte Access von früher, als er noch im Himmel gewesen war. Sie waren sich das erste Mal begegnet, als Access zum ersten Mal zu Rill-sama ging und er auf dem Weg zur Erde um Lia zu sehen. Zufällig hatte Access ihn gesehen und ihn nach dem Weg gefragt. Damit Access nicht erzählte, dass Kae heimlich auf dem Weg zur Erde war, hatte Kae ihm ein paar Süßigkeiten zugesteckt und ihn eindringlich beschworen nichts zu verraten. Seitdem waren sie sich öfters begegnet und hatten immer wieder ein bisschen geredet und waren auf diesem Wege gute Freunde geworden, bis die Beziehung von Kae und Lia aufgeflogen war und Kae in ein anderes Gebiet gehen musste. Seitdem waren sie einander nie mehr begegnet. Access grinste zurück. "Lange nicht mehr gesehen, altes Haus!! Blond wie eh und je. Dass ich Schwarzengel bin, hat überhaupt nichts zu sagen..." Erstaunt sahen Miyako und Yamato auf die Stelle, auf die sich Kaes Blick richtete. Sie hörten eine Stimme, sahen jedoch niemanden. Ein mulmiges Gefühl stieg in ihnen hoch. "Marron... wer... wer redet da???" Verwundert sah Marron ihre Freundin an. Dann dämmerte es ihr. "Miyako, Yamato. Darf ich vorstellen: Schwarzengel Access Time. Access, das sind Toudaji Miyako und Minazuki Yamato." Marrons Hand machte die üblichen Bewegungen und wies zuerst auf Access, der für ihre Augen natürlich sichtbar war, zu Miyako und Yamato, die auf dem Sofa saßen. "Access Time ist für eure Augen unsichtbar, weil er ein vom Herrn gesandter Engel ist." Marron lächelte. "Ähm, aber wir können doch Kae auch sehen?? Er ist doch auch ein Engel, oder?" Yamato starrte noch immer auf den Punkt, auf die Marrons Hand gewiesen hatte. Eine peinliche Stille trat ein. Marron und Chiaki wollten ihren Freunden nicht unbedingt erzählen, dass Access schlicht und einfach zu faul war, um sich hochzuarbeiten. "Das liegt daran, dass Access seine Ausbildung noch nicht vollendet hat. Aber er ist sehr fleißig und bereitet seinem Lehrer sehr viel Freude." Kae sprang für Marron und Chiaki in die Bresche. "Irgendwie unheimlich..." Miyako drückte sich enger an ihren Freund. Sanft strich Yamato ihr übers Haar. "Ich denke, wir sollten dann mal anfangen, wie wir am Dümmsten unser Problem lösen." "Was für ein Problem denn???", fragte Yamato. "Problem?? Was für ein Problem?? Sieh nach draußen und du weißt es!!" Chiaki war aufgestanden. Die Anspannung und Angst vor ihrer bevorstehenden Reise machte Chiaki nervös und aggressiv. Beruhigend legte Marron eine Hand auf seinen Arm. "Chiaki, beruhige dich. Wir sind alle verwirrt und nervös. Also setz dich bitte wieder hin." Mit sanftem Druck zog Marron Chiaki wieder zu sich auf das Sofa. "Ja du hast recht. Entschuldige bitte, Yamato." "Schon gut. Also, wo genau liegt das Problem?? Ich meine, woher wisst ihr, dass ihr es lösen müsst???" "Ähm, ich habe die Lösung in einem Traum gesehen oder besser gehört und Chiaki hat persönlich die Nacht getroffen." Marron sah in zwei erstaunte Gesichter. Chiaki atmete tief durch und fasste kurz noch einmal alles zusammen, was Marron, Kae und er bereits wussten. Hinter ihren Stirnen begann es zu arbeiten und gemeinsam entwarfen sie Pläne und verwarfen sie wieder. Hatten Ideen und erklärten sie 2 Minuten später für sinnlos. Zeichneten verschiedene Skizzen und schmissen diese kurz darauf wieder in den Papierkorb. Erst gegen Mitternacht hatten sie das Gefühl, den Grundriss für den letzten großen Coup der beiden Kunstdiebe Jeanne und Sindbad zu haben. Sie setzten eine gemeinsame Warnung auf und ließen sie im Park zurück. Plötzlich kam ein Wind auf und trieb den kleinen Zettel zu einem geheimnisvollen See, in dem er, ohne nass zu werden, hinabgesogen wurde und verschwand.

WARNUNG An den Besitzer der Carceras: Morgen um 21.00 Uhr werden wir dem Tag die Schönheit nehmen. Gezeichnet: Kaito Jeanne & Kaito Sindbad