Setting: AU Post-War
Kommentar: Ich würde ja behaupten, das hier war eine spontane Idee, aber eigentlich schwirrte mir der Plot schon eine Weile lang durch den Kopf und er musste nur spontan raus, weil ich ein paar englische Oneshots zu diesem Thema gelesen hatte und ich es unbedingt anders machen wollte. Ich kann beliebte Tropes einfach nicht stehenlassen, wie sie sind, aber das kennt ihr ja schon von mir. ^^
Hier also ein nicht-spontaner Spontan-Oneshot, den ich so dringend loswerden musste, dass er nicht mal betagelesen ist. Und in der Du-Form. Ich weiß, ist nicht jedermanns Sache, aber ich hab's in letzter Zeit irgendwie vermisst, also wurde es hier die Du-Form. :D
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen (wenn ihr denn jetzt noch wollt XD) und hoffe, ich kann mich jetzt endlich wieder auf mein anderes *hust* Projekt *hust* konzentrieren. ^^
Warnings: Ich glaube, es ist am Ende ziemlich kitschig geraten. Aber was soll ich sagen? Ich hatte Spaß. :D


Eine absurde Entscheidung


Als Hermine Granger zwei Jahre nach dem Ende des Krieges als Professorin für Muggelkunde nach Hogwarts zurückkehrt, wunderst du dich. Muggelkunde? Das ist … Nun, selbst du hast geglaubt, dass sie mehr aus ihrer Intelligenz machen würde – und es hat Zeiten gegeben, da hast du ihr nicht mal eine erwähnenswerte Intelligenz zugestanden.

Trotzdem ist sie hier und beginnt zu unterrichten und sie sieht dabei genauso aus wie du selbst: Als wäre es der furchtbarste Job der Welt (zutreffend) und besser als die Alternative (fraglich).

Es kostet dich ungefähr ein halbes Jahr, um den Gründen für diese absurde Entscheidung auf die Spur zu kommen. Was nur daran liegt, dass Minerva dir keine Hilfe ist. Als du sie danach fragst – und als stellvertretender Schulleiter hast du ein Recht darauf, diese Frage zu stellen –, sagt sie nur: „Absurd? Was daran ist denn bitte absurd, Severus? Hermine ist eine hervorragende Lehrerin und es bringt ihr offensichtlich Spaß."

Ja … Ungefähr so viel wie Argus die Fußnägel schneiden zu müssen.

Nein, die nicht-existenten Vorzüge der Lehrerposition für das am wenigsten frequentierte Fach, das in Hogwarts gelehrt wird, sind definitiv nicht Grangers Grund gewesen, diese Stelle anzunehmen. Nicht, nachdem sie eine Position im Ministerium gehabt hat.

Hat sie es etwa ruiniert? Die kleine Gryffindor-Besserwisserin, die schon immer einen Sport daraus gemacht hat, die Regeln möglichst regelkonform zu brechen?

Aber dir ist nichts dergleichen zu Ohren gekommen und ein paar Kontakte ins Ministerium hast du immer noch. Wenn ihr ein Fauxpas unterlaufen wäre, der sie den Job gekostet hat, hättest du davon erfahren.

Vielleicht hat sie eine Wette verloren.

Aber Granger erscheint dir nicht wie der Typ Mensch, der seine Karriere verwettet.

Ein Gefallen für Minerva kann es auch nicht gewesen sein, es hat mehrere Bewerber auf die Stelle gegeben (und keiner von ihnen war geeignet gewesen, um Charity zu ersetzen, keiner).

Aber zweifellos kennt Minerva die Gründe. Sie hätte Granger niemals eingestellt, ohne die Gründe für diese absurde Entscheidung zu kennen. Und deswegen versuchst du fünfeinhalb Monate lang, ihr diese Gründe zu entlocken. Indem du mit ihr um den Ausgang der Quidditch-Spiele wettest, indem du versuchst, sie im Schach zu besiegen, indem du eine Flasche wirklich teuren Whisky kaufst und dich auf einen „gemütlichen Abend" (sic!) in ihr Büro einlädst. Du schwelgst sogar mit ihr in Erinnerungen!

Doch nichts davon ist von Erfolg gekrönt.

Im Gegenteil: Minerva ist voller Schadenfreude, weil sie ganz genau weiß, was du beabsichtigst – und nicht plant, sich von dir austricksen zu lassen. Als sie dich nach besagtem Abend in ihrem Büro und vier Stunden Erinnerungen an „die guten alten Zeiten" (ihre, nicht deine, du hattest so was nicht) zur Tür bringt, hat sie sogar die Frechheit zu sagen: „Frag sie doch einfach, Severus." Bevor sie dir – ohne dass man ihr den Alkohol, den sie in den letzten Stunden getrunken hat, anmerkt – die Tür vor der Nase zuschlägt.

Du zischst die blöde Tür an und stolperst die Wendeltreppe nach unten (denn dir merkt man den Alkohol schon an) – und als Granger dir am nächsten Tag bei der Lehrerkonferenz gegenübersitzt, siehst du sie so lange finster an, dass du danach wieder einen Kater hast.

Und tust es nicht. Sie fragen. Stattdessen beschließt du, dass es dir egal ist. Soll sie doch Muggelkunde unterrichten! Was geht es dich an? Du hast dich genug zum Imp gemacht, es reicht.

Also ziehst du diesen Entschluss konsequent durch.

Fast.

Als die Antwort quasi direkt vor deiner Nase tanzt (in Form einer Hermine Granger, die im Lehrerzimmer einer Eule das Fenster öffnet und den Fehler macht, den Brief direkt vor Ort zu lesen), gerät dein Entschluss kräftig ins Wanken. Granger sinkt mit zitternden Händen in einen der Sessel vor dem Kamin, kreidebleich und so vertieft in ihren Brief, dass sie nicht einmal bemerkt, dass der Unterricht anfängt.

Kann man dir unter diesen Umständen einen Vorwurf machen, wenn du neugierig wirst?

„Was ist passiert?", schnarrst du also. „Hat der Schulrat beschlossen, dass Sie doch nicht muggelstämmig genug sind, um Muggelkunde zu unterrichten?"

Deine Stimme reißt sie aus ihrer Starre. Sie sieht zu dir auf, die Augen feucht von Tränen, und schüttelt den Kopf, als sie realisiert, wer vor ihr steht. „Nein, es ist nichts." Dann faltet sie den Brief zusammen und wischt sich über die Augen, bevor sie aus dem Lehrerzimmer flüchtet.

Oh, zum Teufel nochmal! Was steckt dahinter? Und warum machen alle so ein Geheimnis daraus?

Sofort bist du wieder wild entschlossen, dieses Rätsel zu lösen. Und dieses Mal wirst du keinen Umweg über Minerva machen. Dieses Mal wettest du mit Granger um den Ausgang der Quidditch-Spiele, versuchst, sie im Schach zu besiegen, und lädst dich mit einer Flasche Feuerwhisky in ihr Büro ein.

Das Problem ist nur: Granger hat ein besseres Gespür für die Schulmannschaften als du, sie weigert sich, Schach zu spielen, und sie trinkt keinen Alkohol.

Zum Teufel nochmal!

Der einfachste Weg fällt dir als Letztes ein und … Ganz ehrlich, es muss an Naginis Angriff liegen. Irgendetwas ist dabei in deinem Kopf kaputtgegangen, anders kannst du dir weder erklären noch rechtfertigen, dass du nicht eher darauf gekommen bist.

Um Phineas das Geheimnis zu entlocken, brauchst du weder Quidditch-Wetten noch Schach und erst recht keinen Feuerwhisky – obwohl er den gern genommen hätte. Letztendlich reicht aber ein verlassenes Klassenzimmer und ein Abend, an dem du häufiger als jemals zuvor darauf anspielst, wie sehr man als Slytherin-Schulleiter zusammenhalten muss, bis er dir erzählt, was während Grangers Vorstellungsgespräch gesprochen worden war.

Und wie meistens im Leben ist des Rätsels Lösung nicht mal annähernd so befriedigend, wie sie es angesichts dieses Aufwands hätte sein müssen.

Das ist es?", fragst du ungläubig und als Phineas mit den Schultern zuckt, schnaubst du verächtlich.

Offenbar muss Granger ihre Karriere gar nicht verwetten. Dass Weasley sie sitzengelassen hat, reicht vollkommen.


Dass mehr hinter all dem steckt, erfährst du erst, als das Schuljahr sich dem Ende entgegen neigt. So lange dauert es, bis Granger angesichts deiner Geringschätzung die Fassung verliert. „Was genau habe ich Ihnen eigentlich getan?", brüllt sie dich an – zum Glück erst, nachdem die Schüler das Schloss bereits verlassen haben, dafür aber bevor die letzte Lehrerkonferenz zu Ende ist. Und das nur, weil du angesichts ihrer Begeisterung für diese Stelle und die Vorfreude auf das nächste Schuljahr die Augen verdreht hast. Gut, vielleicht hast du auch den Kopf geschüttelt. Jetzt starren jedenfalls alle dich an und du starrst Granger an. Wütend. Aber sie ist wütender: „Das ganze Jahr über hatten Sie nichts als abfällige Kommentare für mich übrig, dabei habe ich nur meinen verdammten Job gemacht! Und das besser als Sie! Warum können Sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?"

Du reibst deine Zähne gegeneinander, während es im Lehrerzimmer so still ist, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.

Und sagst nichts. Stattdessen lässt du deine Mundwinkel zucken, nur ein bisschen.

Und ein bisschen mehr, als Grangers Wut sich in Form von knisternder Magie über ihre Haare entlädt und die Papiere auf dem Tisch in dein Gesicht wirbelt. Bis du wieder etwas sehen kannst, ist sie schon aus dem Lehrerzimmer gestürmt.

„War das wirklich nötig, Severus?", fragt Filius und steht kopfschüttelnd auf, um ebenfalls zu gehen. Die anderen folgen ihm, einer nach dem anderen, bis am Ende nur noch Minerva übrig bleibt.

Sie sieht dich verärgert an. „Ich will, dass das aufhört, Severus."

„Darauf wette ich", schnarrst du.

Sie steht auf. „Ich meine das ernst: Entweder du hörst auf, Hermine ständig anzugehen, oder ich muss dir kündigen!"

Du schnaubst. „Sie ist es, der du kündigen solltest!", sagst du laut und stehst ebenfalls auf. „Stattdessen erlaubst du es ihr, sich hier zu verstecken, nur weil Weasley ein Idiot ist! Du weißt genauso gut wie ich, dass diese Stelle ein Witz ist! Hermine Granger ist zu gut, um ein paar rotznäsigen Gören etwas über U-Bahnen und Parlamentswahlen beizubringen!"

„Hör auf", poltert Minerva, „dich über Dinge aufzuregen, die du nicht verstehst, Severus! Es geht dich nichts an, warum Hermine hier ist! Du sollst sie nur respektieren! Und wenn du das nicht tust, wird nicht sie diejenige sein, die ich rauswerfe!" Sie lässt die Unterlagen mit einem Schnipsen ihres Zauberstabes in ihren Arm fliegen und stolziert davon.

Du siehst ihr wütend hinterher.

Und passt Granger am Schultor ab, kurz bevor sie für den Sommer nach Hause apparieren kann. „Was?", schnauzt sie, als du ihren Namen rufst.

„Warum?", tust du, was du dir eigentlich geschworen hattest, nicht zu tun: Sie fragen. „Warum dieser Job? Warum lassen Sie sich von Weasley verjagen aus einem Beruf, der Ihnen viel besser steht und in dem Sie so viel mehr von dem hätten erreichen können, was Sie erreichen wollten? Warum?"

Sie lacht und stemmt die Hände in die Hüften. „Warum sollte ich Ihnen das sagen? Damit Sie mich nächstes Jahr noch mehr fertig machen können?"

Du kräuselst die Lippen. „Ein Wort an Minerva und sie schmeißt mich raus."

„Tatsächlich?" Granger zieht die Augenbrauen hoch.

Und du nickst, auch wenn es dir nicht gefällt. Aber Minerva hätte es ihr ohnehin erzählt, zwecklos, es geheim zu halten.

„Ein Grund mehr, es Ihnen nicht zu sagen. Nächstes Jahr bin ich dran, Sie fertig zu machen." Dann disappariert sie.

Zum Teufel nochmal …


Granger hält ihr Wort, sie macht dich fertig. Und sie genießt es. Dieses Weib wäre in Slytherin so viel besser aufgehoben gewesen, aber dann wäre sie dein Problem gewesen, deutlich eher, als es jetzt der Fall ist, und möglicherweise hätte sie dann nicht lange genug überlebt, um ihren Abschluss zu machen.

Selbst jetzt sieht es nicht gut aus für das Ende dieses Schuljahrs, denn jedes Mal, wenn sie einen Satz mit „Als ich noch für das Ministerium gearbeitet habe …" beginnt, möchtest du ihr den Hals umdrehen.

Und wenn du sie mit Minerva im Lehrerzimmer tuscheln siehst (meistens mit einer Miene, als hätte der Dunkle Lord seine Rückkehr angekündigt), kriegst du dieses Zucken im Augenlid. Die machen das doch absichtlich direkt unter deiner Nase!

Als Minerva dann bei einer Konferenz auch noch sagt: „Ich bin ganz begeistert davon, wie harmonisch es dieses Jahr im Kollegium zugeht, wie gut alle miteinander auskommen und wie schön es ist, mit euch zu arbeiten." Da möchtest du ihr deinen Kaffee ins Gesicht schütten.

Stattdessen stehst du auf und gehst und das Gekicher deiner Kollegen folgt dir hinaus auf den Flur und bis hinunter in die Kerker.

Erst im Frühjahr hört Granger endlich auf, ihre schlechte Laune auf deine Kosten zu verbessern. Und weil du neugierig bist und Minerva dich zur Aufsicht beim Hogsmeade-Wochenende eingeteilt hat, folgst du Granger und siehst, wie sie sich mit einer Frau in den Drei Besen trifft. Braune lange Haare, rundes Gesicht, du kennst sie nicht. Aber die beiden werfen sich so verliebte Blicke zu, dass du den Kuss gar nicht hättest sehen müssen, um zu begreifen, dass Granger offenbar über Weasley hinweg ist.

Du ziehst eine Augenbraue hoch. Interessant …

Wie dem auch sei.

Du bist danach so fest davon überzeugt, dass Granger am Ende des Schuljahres Hogwarts wieder verlassen wird, um sich einer vielversprechenderen Karriere zuzuwenden, dass die letzten Wochen wie im Flug vergehen und du tatsächlich deine gute Laune wiederfindest.

Granger ist das egal, Minerva allerdings ist enttäuscht. Es hat ihr definitiv zu sehr gefallen, deine Knöpfe zu drücken. Umso besser, dass du deine Knöpfe wieder im Griff hast.

Was du nicht im Griff hast, ist dein Gesichtsausdruck, als Granger in der letzten Konferenz des Jahres nicht ihren Abschied ankündigt. Sie guckt dich äußerst irritiert an, bevor sie den anderen folgt, und Minerva? Die grinst, weil da offensichtlich immer noch ein Knopf ist, den sie drücken kann.

„Haben Sie es wirklich immer noch nötig, sich hier in Hogwarts zu verstecken?", stichelst du deswegen, als ihr euch auf dem Weg aus dem Schloss in der Eingangshalle über den Weg lauft.

„Wie bitte?"

Du rümpfst die Nase. „Tun Sie nicht so, als ob Sie nicht wüssten, was ich meine. Ich habe Sie mit dieser Frau in den Drei Besen gesehen. An Weasley kann es nicht mehr liegen, dass Sie sich hier verkriechen."

Sie starrt dich an, dann lacht sie fassungslos. „Spionieren Sie mir etwa hinterher?"

„Es ist kaum nötig, jemandem hinterherzuspionieren, der sich in aller Öffentlichkeit mit jemandem trifft, Miss Granger. Ich hatte Aufsicht beim Hogsmeade-Wochenende. Wenn Sie Ihr Privatleben geheim halten wollen, treffen Sie sich woanders."

Ihre Gesichtszüge verhärten sich. „Das mit dem Geheimhalten ist dann doch eher Ihr Metier, Sir." Sie schnappt sich ihren Koffer und marschiert hinaus auf die Ländereien.

Du folgst ihr. „Und trotzdem machen Sie ein Geheimnis daraus, warum Sie sich hier in einem Beruf verstecken, für den Sie gnadenlos überqualifiziert sind. Sie könnten die magische Welt für eine Menge ihrer Bewohner verbessern, wenn Sie ins Ministerium zurückgehen würden."

„Vielleicht will ich aber nicht die Welt verbessern!", platzt es aus ihr hervor und sie wirbelt zu dir herum. „Vielleicht bin ich es leid, ständig für alle die Welt besser zu machen, während meine -" Sie bricht ab. „Warum interessiert es Sie überhaupt?", wettert sie stattdessen. „Lassen Sie mich einfach in Ruhe!"

Und dieses Mal hältst du sie nicht auf, als sie in Richtung des Schultors davonrauscht. Du schaust ihr nur mit geschürzten Lippen hinterher.


Obwohl ihre abgebrochene Bemerkung über ihre Welt dich nicht in Ruhe lässt, lässt du doch von da an sie in Ruhe. Jahr um Jahr bleibt Granger in Hogwarts und unterrichtet Muggelkunde, wird von Minerva zur Vertrauenslehrerin ernannt, baut zusammen mit Poppy eine Beratungsstelle im Schloss auf und wird zu einem der geschätztesten Mitglieder des Kollegiums. Du beobachtest es aus der Ferne, denkst dir immer noch, dass sie in einem anderen Leben an diesem Punkt vielleicht schon fast Zaubereiministerin gewesen wäre, behältst deine Gedanken aber für dich.

Was dir zu manchen Zeiten leichter fällt als zu anderen. Grangers Stimmung wechselt. Mal scheint sie glücklich mit ihrem Leben hier, sprudelt beinahe über vor Tatendrang (dem sie hier kaum gerecht werden kann) und lässt selbst dich glauben, dass das hier der Ort ist, an dem sie am besten aufgehoben ist.

Und manchmal ist sie das Gegenteil von all dem. Zieht sich zurück, sieht blass und müde aus, macht selbst deinen Launen Konkurrenz und unterhält sich so oft mit Minerva, dass du den Eindruck bekommst, sie könnte eine Beratung in ihrer eigenen Beratungsstelle gebrauchen.

Aber auch zu diesen Zeiten lässt du sie in Ruhe. Stattdessen konzentrierst du dich auf deine Forschung. Jetzt, da der Dunkle Lord der Vergangenheit angehört, und du nur noch unterrichten und dich um ein Viertel der Hogwarts-Schüler kümmern musst, hast du tatsächlich Zeit dafür. Und irgendwann auch genug Ergebnisse, um ein Buch darüber zu veröffentlichen.

Es ist nicht das erste Buch, das du auf den Markt bringst, aber das Erste, das deinen Namen trägt. Und deine daher beinahe ekelhaft gute Laune trifft mit einer Phase von Grangers beinahe ekelhaft schlechter Laune zusammen.

Umso erstaunlicher ist es, dass dein Buch ihr dabei zu helfen scheint, diese Phase zu überwinden.

Es sieht schon reichlich zerlesen aus, als sie sich an einem Abend zu dir vor den Kamin im Lehrerzimmer setzt und dich fragt, ob sie dir ein paar Fragen stellen darf. Und es stecken so viele Notizzettel darin, dass es kaum noch richtig zugeht, noch mehr, nachdem du ein paar Stunden lang mit ihr diskutiert hast. Dann sind ihre Wangen rot und sie dankt dir, als sie aufsteht und geht.

Du schaust ihr hinterher und bist erstaunt, wie viel ein paar Jahre und ein paar Stunden ändern können. Vor vier, fünf Jahren hättet ihr euch noch nicht so unterhalten können und vorhin hat sie noch nicht so begeistert ausgesehen.

Also tut ihr es danach regelmäßig, miteinander diskutieren. Granger kommt mit immer neuen Fragen zu dir, manchmal auch mit einer Flasche Wein, manchmal mit Büchern anderer Autoren, aber immer mit guten Themen und es … Erstaunlicherweise bringt es dir Spaß, dich mit ihr zu unterhalten. Erstaunlicherweise findest du zum ersten Mal etwas Gutes daran, dass sie vor inzwischen acht Jahren die absurde Entscheidung getroffen hat, diesen Job hier anzunehmen. So viel Gutes, dass du ihr endlich anbietest, dich beim Vornamen zu nennen (Minerva hätte deswegen beinahe eine Party geschmissen).

Aber dann ist es plötzlich vorbei.

Du weißt nicht, woran es liegt, aber von einem Tag auf den anderen hört Hermine auf, sich zu dir zu setzen und mit dir zu diskutieren oder überhaupt mit dir zu reden. Es gibt keinen Wein mehr, keine Fragen, keine Fachsimpeleien. Und als du dich zu ihr setzen willst, entschuldigt sie sich eilig und geht.

Du hast nicht gewusst, dass Gryffindors dazu in der Lage sind, einen Menschen so hartnäckig zu meiden.

Und du hast nicht gewusst, dass Slytherins davon so verletzt sein können.

Aber das können sie. Du kannst es. Verletzt sein. Zumal du dir keiner Schuld bewusst bist. Wenn dich sonst jemand ignoriert, weißt du wenigstens, was du getan hast. Aber dieses Mal? Vermutlich bist du deswegen verletzt. Genug jedenfalls, dass du nach etwa drei Wochen Funkstille vor der Tür zu Hermines Räumen stehst und laut anklopfst.

„Was willst du?", fragt sie kühl und schaut knapp an deinen Augen vorbei.

„Ich will wissen, was passiert ist."

„Wovon sprichst du?"

Du siehst sie finster an. „Stell dich nicht dumm!"

Sie verschränkt die Arme vor der Brust. „Es ist nichts, bitte lass mich einfach in Ruhe." Und will die Tür direkt vor deiner Nase schließen.

Aber du hältst sie fest und als sie dir zum ersten Mal an diesem Abend (und seit drei Wochen) in die Augen schaut, schwimmen sie in Tränen. „Was habe ich falsch gemacht?", fragst du und bist davon mindestens so überrascht wie sie. Wann ist sie dir so wichtig geworden, dass du derartige Fragen stellst, anstatt mit schlechter Laune und viel Alkohol deine Wunden zu lecken?

„Nichts!", beteuert sie und fängt an zu weinen. „Es liegt nicht an dir, ich -" Sie bricht ab, weil die Tränen ihr die Stimme rauben.

Du seufzt, siehst dich nach links und rechts um und schiebst sie dann behutsam zurück in ihr Zimmer. Hermine wehrt sich nicht dagegen, sie lässt sich sogar von dir zu dem Sessel führen, der vor dem Fenster steht. Eine Tasse sicherlich längst kalt gewordenen Tees steht auf der Fensterbank und du holst dir einen Stuhl, bevor du dich ihr gegenüber hinsetzt und ihren Blick einfängst. „Was ist los?", fragst du.

„I-Ich kann das nicht nochm-mal", schluchzt sie und du kannst es kaum verstehen, weil sie ihr Gesicht hinter ihren Händen versteckt.

„Was kannst du nicht nochmal?", hakst du nach, geduldiger als du es jemals für möglich gehalten hast. Merlin, sie ist dir wirklich wichtig geworden …

Hermine zieht die Nase hoch und ruft sich eine Box mit Taschentüchern. „Mich verlieben und diesen Menschen dann verlieren", flüstert sie schließlich und zieht die Füße auf den Sessel.

Du runzelst die Stirn. „Wovon sprichst du, Frau?"

Sie schnaubt, schüttelt den Kopf und sieht hinauf in eine Zimmerecke, während mehr Tränen über ihre Wangen laufen. „Von Seelenverwandten", sagt sie schließlich verächtlich.

Du weichst auf dem Stuhl zurück, vor ihr, richtest dich gerade auf. Dein Herz schlägt plötzlich viel zu schnell, viel zu schnell. „Wie bitte?"

Hermine schluckt schwer und sieht dich verbittert an. „Offenbar ist mein einziger Zweck in diesem verdammten Leben, andere Seelenverwandte miteinander bekannt zu machen." Sie wischt sich über die Wangen. „Jedes Mal, wenn ich es wage, mich zu verlieben, und diesen Menschen irgendjemandem vorstelle, stellt sich heraus, dass die beiden Seelenverwandte sind. Und ich …" Sie presst die Lippen aufeinander und schnaubt bitter. „Ich bleibe zurück."

Du starrst sie an und kannst nicht damit aufhören, obwohl du weißt, dass du sie anstarrst. Dein rechtes Handgelenk kribbelt und auf einmal ist alles, was damals passiert ist, wieder ganz nah. So als würde es neben dir stehen und dich mit eiskalten Fingern im Nacken kitzeln.

„So ist es mit Ron gewesen, der inzwischen mit meiner Kollegin Holly verheiratet ist. Mit Amber, die sich in Lavender verliebt hat. Mit Chris, der -" Wieder bricht sie ab. „Egal." Sie wischt sich über die Augen. „Es hat mich nie gestört, dass sie nicht meine Seelenverwandten sind, weißt du? Ich kenne ein paar Beziehungen, die auch ohne das alles glücklich sind. Aber für mich hat es nie funktioniert und … Ich kann das nicht nochmal." Es liegt etwas Finales in ihrer Stimme, das dich innerlich zusammenzucken lässt. Und nochmal, als sie dir in die Augen schaut. „Also beende ich es vorher."

Du brauchst ein paar Sekunden, bis du dich daran erinnerst, dass du deinen Mund benutzen kannst. Und erst mal schluckst du schwer. Was du dann als Erstes sagst, ist für dich so unvorhersehbar wie für Hermine: „Weasley ist ein Idiot."

Sie schüttelt den Kopf. „Nein, ist er nicht. Er wollte uns nicht aufgeben, aber ich habe gesehen, wie schlecht es ihm damit ging und Holly und letztendlich auch mir, also … bin ich gegangen. Hierher. Es war besser so."

„Wirklich?", schnarrst du.

Sie nickt, den Blick wieder auf ihre Hände und das Taschentuch gesenkt. „Ja."

Tatsächlich ist es erst dieses eine Wort, das Schwanken in ihrer Stimme, und die Haare, die ihr ins Gesicht fallen, die einen anderen Gedanken anstoßen: Jedes Mal, wenn ich es wage, mich zu verlieben … Das ist es, was sie gesagt hat, oder? Und du bist es, die sie seit ein paar Wochen meidet. Heißt das, dass … Du blinzelst, greifst dir an die Nasenwurzel und atmest tief durch.

„Nun, wie dem auch sei …", zwingst du dich nach einer Weile zu sagen. „Deswegen musst du mich nicht meiden."

„Wie meinst du das?", fragt sie müde.

Du beißt die Zähne aufeinander. Dann ziehst du deinen Ärmel ein Stück zurück und nimmst die Uhr ab, die du über dem grauen Band trägst, das sich um dein Handgelenk windet. Hermine schnappt nach Luft, als sie es sieht. „Ich hatte eine Seelenverwandte. Wie du weißt, ist sie tot. Es ist also egal, wem du mich vorstellen wirst."

Fassungslos lehnt sie sich im Sessel nach vorn, sie vergisst sogar zu weinen, und wenn du nicht instinktiv deine Hand ein Stück zurückgezogen hättest, hätte sie das Mal berührt, das ursprünglich mal rot gewesen ist und über das du dich nachzudenken weigerst, seitdem Lily gestorben ist.

„Severus …"

Du schüttelst den Kopf und bindest die Uhr wieder um. „Lass es gut sein", murmelst du und nachdem alles wieder an seinem Platz ist, stehst du auf. „Und lass dein Selbstmitleid. Es besteht kein Grund dafür." Dann verlässt du ihre Räume, mit weichen Knien und ein bisschen schwindelig im Kopf.

Erst drei Stockwerke weiter unten holt dich der Gedanke wieder ein, den du dich eben zu Ende zu denken geweigert hast: Heißt das, dass sie sich in dich verliebt hat?

„Zum Teufel nochmal …"


In den Tagen danach ziehst du dich zurück und lässt dich kaum noch im Lehrerzimmer blicken. Hermine unternimmt auch keinen Versuch, mit dir zu reden. Vielleicht braucht sie selbst Zeit, um sich das alles durch den Kopf gehen zu lassen.

Dir geht jedenfalls eine Menge durch den Kopf. Nicht nur alles, was mit Hermine gewesen ist; alles, das mit diesem einen Puzzlestück plötzlich Sinn ergibt. Sondern auch alles, was mit Lily passiert hat.

Ihr seid noch Kinder gewesen, als die roten Bänder an euren Handgelenken erblüht sind. Und als deine Mutter euch erklärt hat, was sie bedeuten, habt ihr es spannend gefunden und lange nicht mehr darüber nachgedacht. Ihr wart doch nur Kinder!

Aber nachdem sich herausgestellt hat, dass es tatsächlich möglich ist, auch eine Seelenverwandte zu vergraulen, wenn man es nur hartnäckig genug versucht, hast du oft darüber nachgedacht, wie wichtig er dir trotzdem gewesen ist – der Gedanke, dass da ein Mensch ist, der zu dir gehört. Mit dem du auf eine Art verwandt bist, die jedes Blut übersteigt. Wenn du gewusst hättest, dass … Du hättest dir mehr Mühe gegeben.

Und vielleicht wärst du trotzdem gescheitert. Du bist eben, wer du bist. Und was du bist, ist ein Mensch, der sich die besten Dinge im Leben selbst kaputtmacht. Warum hätte das eine Ausnahme sein sollen?

Manchmal, während der zwei Jahre, nachdem Lily eure Freundschaft beendet hat, hast du darüber nachgedacht, was sie Potter erzählt haben mag. Ihr habt beide euer Mal versteckt, als ihr nach Hogwarts gegangen seid, du mit der Uhr, sie mit einem Armband. Niemand hat gewusst, dass ihr Seelenverwandte gewesen seid. Du fragst dich, ob sie Potter erzählt hat, dass das Band seinetwegen erschienen ist. Oder ob sie den Mut gehabt hat, ihm die Wahrheit zu sagen. Aber vermutlich hätte Potter dich noch mehr gequält, wenn er die Wahrheit gekannt hätte. Vermutlich war er in dem Glauben gestorben, dass er ihr Seelenverwandter gewesen ist. Der Gedanke hat dich mehr umgetrieben, als du es dir eingestehen willst.

Bevor das alles mit dir und Lily in die Brüche gegangen ist, habt ihr sogar ein, zweimal versucht, euch zu küssen. Als ihr älter geworden seid und begriffen habt, was Seelenverwandtschaft bedeutete. Das ist es anscheinend, was Seelenverwandte tun. Sie lieben sich und sind zusammen. Ein Paar. Aber mit euch hat das nie so richtig funktioniert.

Nachdem sie dann gestorben war und das rote Band sich grau gefärbt hat, hast du aufgehört, über all diese Dinge nachzudenken. Du hast deine Uhr kaum noch abgenommen und so getan, als gäbe es diesen Zweig der Magie gar nicht. Hier in Hogwarts hast du auch nur selten damit zu tun gehabt. Die Lehrer hier sind Lehrer hier, weil sie keinen Seelenverwandten gefunden haben (oder sie – wie in Minervas Fall – später gefunden und wieder verloren haben). Und die Schüler finden ihren in den seltensten Fällen, bevor sie die Schule verlassen. Es kommt nicht so oft vor, dass jemand seinen Seelenverwandten schon während der Schulzeit oder früher findet. Lily und du, ihr seid eine Ausnahme gewesen und nicht die Regel.

Aber Hermines Geschichte zieht das ganze leidige Thema wieder in den Fokus deiner Aufmerksamkeit und deswegen ziehst du dich zurück. Für eine Weile.

Diese Weile erstreckt sich auch über die nächsten Sommerferien und es tut dir gut, den Kopf frei zu kriegen. Du reist quer durch Großbritannien – die Highlands, Wales, Orkney, die Hebriden, Irland, Südengland – und sammelst Trankzutaten, Ideen und genießt es, draußen zu sein, allein zu sein.

Aber manchmal nimmst du deine Uhr ab, wenn du abends allein in deinem Zelt sitzt, und fährst mit dem Finger die graue Linie entlang.


Als du pünktlich zum 1. September nach Hogwarts zurückkehrst, hast du aufgeräumt mit allem, was damals gewesen ist, und fängst wieder an, dich im Lehrerzimmer mit einem Buch vor den Kamin zu setzen.

Nach einer Weile fragt Hermine dich, ob sie dir Gesellschaft leisten darf.

Und du sagst ja.

Es dauert danach noch etwa zwei Monate, bis ihr miteinander im Bett landet. Und weder Hermines noch deine Laune ist in den letzten Jahren jemals so gut gewesen. Manchmal findest du es selbst unheimlich, wie wohl du dich mit ihr fühlst. Und wie knapp davor du gewesen bist, es auch mit ihr zu ruinieren.

„Scheiß auf Seelenverwandte", keucht sie, während sie … und du …

Und du nickst. „Ja, scheiß drauf."

Nein, ihr seid keine Seelenverwandten, aber das bedeutet nicht, dass das, was ihr habt, schlecht ist. Oder minderwertig. Das Einzige, was es bedeutet, ist, dass du Angst hast, denn um Hermines Handgelenk ist noch kein Band erblüht.

Und du bist nicht der Einzige von euch, der Angst hat. Hermine hat sie auch. Je länger ihr zusammen seid, desto schlimmer wird es.

„Ich gebe einfach nie wieder jemandem die Hand", beschließt sie während des ersten Jahres kurz vor dem Einschlafen.

„Was hältst du von der Antarktis?", fragt sie kurz vor eurem zweiten Jahrestag. „Nur du und ich, für immer."

Und ein paar Monate später: „Ich hoffe, ich finde meinen Seelenverwandten niemals." Während sie dir dabei zusieht, wie du Tränke für den Krankenflügel braust.

Und du? Du hoffst auch. Hoffst, dass sie ihn bald findet, hoffst, dass sie ihn niemals findet, hoffst, dass du verkraften kannst, was auch immer dann kommen mag. Du bist weniger offen mit deinen Gedanken und deiner Angst als Hermine, das warst du schon immer. Aber sie ist da. Manchmal, wenn Hermine in deinen Armen schläft, nimmst du ihre Hand und studierst die makellose Haut, als könne sie dir die Frage beantworten, die dich trotz allem um den Schlaf bringt: Was, wenn sie doch noch ihren Seelenverwandten trifft?

Dann drehst du den Kopf und schaust sie an, so gut du es in dieser Position eben kannst, und fragst dich: Wenn ja, hättest du dann lieber auf das hier verzichtet? Auf eure Diskussionen, eure Kabbeleien, eure gute Laune? Auf die gemeinsamen Nächte und das Zusammen-Aufwachen? Auf das Nicht-alleine-Einschlafen und Sich-mit-einem-Blick-Verstehen?

Und bist dir sicher, dass du das nicht gewollt hättest. Darauf verzichten. Ja, möglicherweise hat das hier ein Ablaufdatum. Möglicherweise wird Hermine irgendwann jemanden treffen, der ihr näher stehen und sie besser verstehen wird als du. Und dann wird sie sich von dir trennen und du wirst sie gehen lassen, weil sie es verdient hat, so glücklich wie möglich zu sein. Aber im Moment ist es noch nicht so weit. Im Moment tut ihr einander gut und vielleicht würdest du sogar so weit gehen zu behaupten, dass etwas in Hermine heilt. Dass all die gebrochenen Herzen heilen, die die Zeit ihr geschenkt hat.

Ihre … und deines vielleicht auch.


Aber irgendwann, eine Weile später, ist es dann doch so weit. Und letztendlich ist es deine Schuld.

Du hast immer gewusst, wie wichtig Potter und Weasley für Hermine sind. Sie mögen keine Seelenverwandten sein, aber sie sind verwandte Seelen und sie haben zu viel miteinander durchgemacht, um ihr Leben getrennt voneinander zu verbringen. Also hast du Hermine dazu ermuntert, wieder Kontakt zu den beiden aufzunehmen. Zurückzukehren zu den Freundschaften, die sie vor so vielen Jahren auf Geburtstags- und Weihnachtskarten reduziert hat, zurückzukehren in die Familie, die damit zusammenhängt. Da Hermine keine eigene mehr hat und du auch nicht, ist es umso wichtiger für sie.

Und an diesem Abend kommt sie von einer jener Familienfeiern im Fuchsbau, der bei all den Kindern, die in den letzten Jahren zur Welt gekommen sind, eigentlich schon viel zu klein sein muss, um so große Feiern auszurichten. Wie viele Ausdehungszauber kann man über ein Gebäude sprechen, bevor es in sich zusammenstürzt?

Aber Hermine hat keinen Putz in ihren Haaren, als sie deine Räume betritt, die Tür hinter sich ins Schloss drückt und sich dagegen lehnt, die Augen ein bisschen rot und ihre Hände vor deinem Blick versteckt.

Du weißt sofort, was passiert ist. Lehnst dich auf deinem Stuhl zurück, siehst sie an und fragst: „Wer ist es?" Weil du es verdient hast, das zu erfahren, oder?

Sie schluckt schwer. Und als sie den Namen das erste Mal ausspricht, tut sie es so leise, dass du sie nicht verstehen kannst. Sie räuspert sich und wiederholt: „Fleur."

Du runzelst die Stirn. „Die Ehefrau von Bill Weasley?"

Sie nickt.

Und du blinzelst. „Sie ist nicht seine …?"

„Nope."

„Aber sie haben Kinder, oder?"

„Ja. Bald drei."

Du kommentierst das mit einem scharfen Atemzug. „Weiß er es schon?"

Hermine nickt. Und sie steht immer noch dort drüben an der Tür, so als würde sie sich nicht mehr trauen, deine Räume zu betreten, und du bist froh darüber. Gerade ist ein bisschen Abstand gut.

„Und?"

Sie zuckt mit den Schultern. „Er sieht kein Problem darin."

„Ach nein?"

Sie schüttelt den Kopf. „Ich übrigens auch nicht."

Du verengst die Augen ein bisschen und als sie schief lächelt, spürst du, wie sich die Falte, die Hermine ständig wegzustreichen versucht, zwischen deine Augenbrauen gräbt.

„Fleur ist glücklich mit Bill, Severus. Und ich bin glücklich mit dir." Sie stößt sich von der Tür ab und kommt jetzt doch zu dir, obwohl du den Abstand gemocht hast. „Es gibt Paare, die keine Seelenverwandten und trotzdem glücklich sind, weil Seelenverwandtschaft nicht bedeutet, dass man ein Paar sein muss. Bills Seelenverwandter ist Charlie. Die beiden tragen die Male, seitdem sie Babys waren. Und Fleur und ich …" Sie schürzt die Lippen. „Ganz ehrlich, ich wusste nicht, wie gut ich mich mit ihr verstehen kann. Wie viele Themen wir haben, über die wir reden können. Es ist so faszinierend, wie Beauxbatons und Frankreich im Allgemeinen Großbritannien betrachtet und wie sie manche magischen Theorien verstehen und -" Sie verstummt, als sie dich schmunzeln sieht, und läuft rot an. „Was ich sagen will, ist: Ich habe mich nicht in Fleur verliebt und ich werde mich nicht in sie verlieben. Heute Abend … Severus, wir haben so viel geredet, Fleur und Bill und ich und … Ich liebe dich und sie liebt Bill. Wir sind nicht … diese Art Seelenverwandte." Sie beißt sich auf die Unterlippe, dann verzieht sie das Gesicht und entschuldigend die Schultern hoch. „Aber ich befürchte, wir werden jetzt häufiger Besuch bekommen, denn ich schwöre dir, sie wird meine beste Freundin."

„Ist das so?", fragst du ölig.

Hermine nickt mit einem breiten Grinsen. „Oh ja. Und ich bin die Allerletzte, die das hat kommen sehen!"

Du stößt ein trockenes Lachen aus. „Sei dir da nicht so sicher …" Fleur Weasley, ehemalige Delacour … Konnte es zwei Frauen geben, die einander weniger ähnlich waren als Hermine und sie?

Und gleichzeitig scheint es zu passen, oder? Du kannst dir vorstellen, wie die beiden stundenlang miteinander reden, lachen, Insider-Witze finden, sich gelegentlich berühren, sich tief in die Augen schauen …

Hermine kommt um deinen Schreibtisch herum, schiebt deinen Stuhl ein Stück nach hinten und steigt auf deinen Schoß. „Ich liebe dich, Severus", flüstert sie wieder, „und ich werde dich nicht mit gebrochenem Herzen zurücklassen. Niemals."

„Hm", brummst du leise, während sie dich küsst.

Und was, wenn doch?, schießt es dir durch den Sinn. Was, wenn die beiden sich doch ineinander verlieben? Was, wenn Hermine sich doch entscheidet, ihr Leben lieber mit ihrer Seelenverwandten teilen zu wollen? Was, wenn sie dich doch eines Tages mit gebrochenem Herzen zurücklassen wird?

Vielleicht solltest du es lieber gleich beenden. Du bist doch ein Mensch, der sich die besten Dinge im Leben selbst kaputtmacht. Du weißt, wie das funktioniert. Warum also nicht auf Nummer sicher gehen und …

„Denk nicht mal daran", haucht Hermine und sieht dich streng an. „Ich werde das nicht zulassen."

„Was?", fragst du dunkel.

„Dass du gehst und ich wieder mit einem gebrochenen Herzen zurückbleibe. Ich kann das nicht nochmal, ich werde das nicht zulassen."

„Vielleicht passt sie besser zu dir."

„Nein." Sie schüttelt den Kopf.

„Woher willst du das wissen?"

„Woher willst du wissen, dass es anders ist?"

Du schnaubst leise. „Touché."

Hermine lächelt. „Vertrau mir, Severus. Lass mich dir jeden Tag beweisen, dass ich dich liebe. Gib mir die Chance, mich jeden Tag wieder für dich zu entscheiden."

Du nimmst ihre Hand, die an deiner Brust liegt, hebst sie hoch und studierst die nun nicht mehr makellose Haut ihres Handgelenks. Das zarte Band, das an diesem Abend darauf erblüht ist, ist tiefrot und im Gegensatz zu deinem, das nur eine einfache Linie ist, sprießen aus Hermines kleine Blätter und Blüten. Es sieht wunderschön aus und du streichst mit deinem Daumen darüber, während du sagst: „Es wäre nicht die erste absurde Entscheidung, die du triffst."

„Nein", grinst sie, „aber die Beste". Dann schlägt sie die Augen nieder, lehnt ihre Stirn gegen deine und seufzt tief.

„Was ist los?", fragst du und hasst es, dass sich sofort wieder ein Splitter aus Zweifeln in deine Brust bohrt.

Hermine schüttelt kaum wahrnehmbar den Kopf. „Ich muss nur daran denken, wie viel mir erspart geblieben wäre, wenn ich Fleur damals nur ein einziges Mal die Hand geschüttelt hätte."

„Hm", brummst du wieder, aber dieses Mal klingt es anders. „Glaubst du wirklich, dir wäre etwas erspart geblieben? Wenn du nicht mit ihr zusammen sein willst: Glaubst du, du hättest dich nicht verliebt, wie du es getan hast, nur weil du gewusst hättest, wer deine Seelenverwandte ist?"

„Oh, ich hätte mich auf jeden Fall verliebt. Aber ich hätte die letzten Jahre keine Angst haben müssen, dich doch noch zu verlieren." Die Träne, die ihr über die Wange läuft, während sie es sagt, ist Zeuge dieser Jahre, ihrer und deiner.

„Scheiß auf Seelenverwandtschaft", sagst du und wischst die Träne fort.

Sie lächelt. „Ja, scheiß drauf", flüstert sie. „Außerdem wäre ich vielleicht niemals hier gelandet, wenn ich Fleur damals gehabt hätte, und dann hätte ich dich niemals mit meinen absurden Entscheidungen um den Finger gewickelt."

„Um den Finger gewickelt?", wiederholst du brüskiert und ziehst eine Augenbraue hoch.

„Aber so was von", wispert sie und küsst dich wieder.

Wobei der Splitter aus Zweifeln an der Wärme ihrer Lippen schmilzt – und ein bisschen auch der kalte Ball aus Angst, der tief in deinem Bauch sitzt hat, seitdem du beschlossen hast, dich auf Hermine Granger einzulassen, obwohl noch kein rotes Band an ihrem rechten Handgelenk erblüht war. Es wird eine Weile dauern, bis er ganz verschwunden ist, aber das macht nichts. Ihr habt Zeit. Und Ruhe. Jetzt habt ihr beides. Irgendwann wirst du glauben können, dass keiner von euch noch einmal mit gebrochenen Herzen zurückbleiben wird und ehrlich gesagt, ist das die absurdeste aller Entscheidungen, die das Schicksal hätte treffen können.