Kapitel 2

Die silbernen Metalltüren des Cockpits öffneten sich mit einem leisen Zischen. Helles Licht fiel durch den Korridor herein, und Obi-Wan hob blinzelnd die Augen. Er musste wohl eingenickt sein.

Undeutlich erkannte er vor sich die Silhouette einer schlanken Frau, die unbeweglich im Türrahmen stand und ihn anblickte – was für warme, braune Augen! Sie trug ein fließendes Gewand aus üppiger violetter Seide, und um ihren Kopf wand sich ein fliederfarbener Schleier, den ein goldenes Stirnband zierte. Kein Zweifel, sie war die Gestalt aus seinen Träumen ...

Obi-Wan blinzelte noch ein paar Mal, und einen Augenblick lang war er versucht, sich heftig die Augen zu reiben, um sich zu vergewissern, dass er wach war. Sie sah so wunderschön aus! Wer mochte sie nur sein ... vielleicht ein Engel?

Ehe er im Begriff war, vollkommen wach zu werden, räusperte sich die Frau und trat vor.

„Obi-Wan Kenobi, verzeiht, wenn ich Euch geweckt habe. Aber ich bekam vorhin zufällig mit, wie Ihr mit Qui-Gon spracht. Gibt es Neuigkeiten aus Mos Espa, über die ich unterrichtet sein sollte?"

Von einem Moment auf den anderen wurde Obi-Wan schlagartig wach. Er musterte die Königin verlegen, während er sich das Gespräch mit Qui-Gon ins Gedächtnis rief. Wie gern hätte er ihr alles erzählt, alles von den Sorgen, die ihn bedrückten, und von den Gefühlen, die sie bei ihm auslöste. Aber dann erinnerte er sich an Qui-Gon und dessen ausdrücklichen Befehl, der Königin nichts von der Wendung der Geschehnisse zu berichten. Er schüttelte den Kopf.

„Nein", hörte er sich wie in Trance sagen. „Nein, es gibt nichts Wichtiges."

„Seid Ihr sicher?" Das Gesicht der Königin nahm einen Ausdruck des Misstrauens an.

„Nein, nein, es gibt ganz sicher nichts", beeilte sich der Jedi zu sagen, wobei er sich mit einem Mal sehr dumm vorkam. Wie ein kleines Kind, das etwas angestellt hatte und es vor seiner Mutter verbergen wollte. „Keine Zwischenfälle. Es läuft alles genau nach Plan."

„Nun, wie mir scheint, läuft überhaupt nichts nach Plan", erwiderte die Königin, nun ganz offensichtlich misstrauisch. „Oder hat Euer Freund inzwischen die nötigen Ersatzteile für den Antrieb aufgetrieben?"

Die Art, wie sie mit ihm sprach, irritierte Obi-Wan. Sie klang überhaupt nicht so, wie er es von einer Königin erwartet hätte. Eher glich sie der eines kleinen, ungeduldigen Mädchens, das nicht bekam, was es wollte. Obgleich er rot wurde, musste Obi-Wan schmunzeln.

„Nein, mein Freund hat noch keine Übereinkunft mit den Händlern treffen können. Aber sorgt Euch nicht, ich bin sicher, wir werden uns schon bald von diesem Planeten absetzen können. Warum bleibt Ihr nicht etwas? Wenn ich Euer Schiff schon nicht startklar machen kann, so werde ich doch zumindest etwas zu Trinken für uns auftreiben können."

Was faselte er da nur für einen Unsinn? Sie war eine Königin, und er nichts als ein junger Jedi-Schüler, der noch nicht einmal vollkommen mit seiner Ausbildung abgeschlossen hatte! Obi-Wan spürte seine Hände feucht werden, und das heiße Blut der Scham stieg ihm erneut ins Gesicht. Im Grunde war es dreist, der Königin seine geringfügige Gesellschaft anzubieten.

Doch zu seiner großen Überraschung und Freude raffte sie unverzüglich ihr Kleid und ließ sich direkt auf dem Platz zu seiner Seite nieder.

„Ich bevorzuge Bootha-Wein", sagte sie.

Der Jedi brauchte einen Moment, bis er kapiert hatte, was sie meinte.

„Sicher", antwortete er, und betätigte hastig einige Knöpfe des Destillierapparats, der den Crewmitgliedern zur Wasserversorgung diente. Warme, dunkelrote Flüssigkeit tropfte in den darunter stehenden Behälter.

Obi-Wan und die Königin warteten schweigend, bis der Becher ganz voll und der letzte Tropfen aus dem Apparat geronnen war. Schließlich stellte Obi-Wan die Flüssigkeitszufuhr auf Null und reichte ihr den dampfenden Drink. Für einen flüchtigen Moment lang, vielleicht etwas länger als nötig, berührten ihre Hände einander, und der Jedi fühlte unverzüglich, wie Hunderte von Blitzen durch seinen Körper zuckten. Er beobachtete, wie sie mit geschlossenen Augen den Duft des Weins einsog. Ihre schlanken Finger wirkten beim Anblick des großen Bechers, den sie umfassten, noch schmaler und zarter, als sie es ohnehin schon waren. Obi-Wan spürte augenblicklich das Verlangen, diese Hände noch einmal zu berühren, ihr den Becher aus der Hand zu nehmen, sie zu umfassen und sie ganz nah an sich zu ziehen ... Entsetzt vertrieb er den Gedanken.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so etwas trinkt", begann er im Versuch auf unverfängliche Konversation. „Ich meine, diese Drinks sind ziemlich stark und Ihr ..."

„Wollt Ihr probieren?" Obi-Wan wandte ihr das Gesicht zu und bemerkte überrascht, dass sie lächelte. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, griff er nach dem Becher und kostete davon. Es schmeckte unbestreitbar gut.

Die Königin hatte ihn beobachtet und lächelte erneut. „Auf Naboo", begann sie, „ haben meine Freundinnen ... ich meine, meine Zofen und ich, das Letzte mal am Neujahrsfest davon getrunken. Ihr Gesicht verdunkelte sich. „Oh, es ist schon so lange her."

„Wie ist das Leben auf Naboo?", fragte Obi-Wan, dessen Interesse nun ernsthaft geweckt worden war. Abgesehen von Coruscant hatte er niemals genug Zeit auf einem Planeten verbracht, um dessen Menschen und Kultur näher kennen zu lernen. „Was brachte Euch dazu, Königin zu werden?"

Nun lachte sie. „Ihr stellt vielleicht Fragen, Jedi ..."

Obi-Wan grinste. „Ich meine es ernst. Warum habt Ihr für die Wahl kandidiert? Ihr seid doch noch so jung."

„Nun, das seid Ihr ebenfalls." Obi-Wan registrierte, wie sie sich unter seinen Blicken wand. Die Frage schien ihr unangenehm zu sein.

„Es bringt sicher eine Menge Verantwortung mit sich", fügte er hinzu.

„Mehr als einem lieb ist. Manchmal wünschte ich, ich könnte diese Bürde wieder einer geeigneteren Person übergeben. Ich habe mich ganz sicher nicht um dieses Amt gerissen, wenn Ihr versteht."

Obi-Wan musterte sie verwundert. Solche Worte aus ihrem Mund zu hören, war doch ein wenig seltsam. Hatte Amidala nicht freiwillig um das Amt der Königin gebeten? Gerade weil sie sich dazu imstande fühlte?

Das Mädchen seufzte tief, und dann grinste sie. „Reden wir nicht von mir! Was ist mit Euch? Warum habt Ihr Euch dazu entschlossen, ein Jedi zu werden?"

Nun war es an Obi-Wan, um eine Antwort zu ringen. Wie oft hatte er sich diese Frage in Gedanken selbst schon gestellt. Das große Glück, auf Seiten des Guten gegen Unrecht und Unterdrückung zu kämpfen, waren wohl die leitenden Motive gewesen, die ihn zu seinem Entschluss gebracht hatten. Doch waren da gleichzeitig die vielen Verpflichtungen und Verzichte, die diese Entscheidung mit sich brachte. Er erinnerte sich noch genau daran, wie schmerzhaft es gewesen war, seine Familie zu verlassen, nachdem er zuvor wochenlang auf sie eingeredet hatte, sie mögen seinem Wunsch, diese Ausbildung zu absolvieren, doch endlich zustimmen. Im Augenblick der Trennung hatte er es bereut. Auch später noch, als er älter wurde und merkte, dass Jedi zu sein die Entsagung jeglicher intensiveren Gefühle bedeutete. Doch seitdem waren viele Jahre verstrichen, und bislang hatten ihn solche Zweifel nie wieder ereilt. Er war der festen Überzeugung gewesen, seine Gefühle ein für alle Mal überwunden zu haben. Besiegt. Wie ein echter Jedi. Ja, so war es gewesen – bis heute.

Obi-Wan blickte die Königin an und verlor sich in ihrem schönen Antlitz. Ihre hell geschminkten Augen musterten ihn unentwegt.

„Es ist, weil ... ich mich dazu berufen fühlte", erwiderte er schließlich. „Das Gefühl, anhand der Fähigkeiten, die mir gegeben wurden, etwas bewegen zu können. Auch wenn es gleichzeitig großen Verzicht mit sich bringt. Dem Willen der Macht kann man sich nicht entziehen ... Wenn man mit ihrer Gabe gesegnet ist, dann ist es beinah wie eine Pflicht."

Er hatte ihr die positiven Seiten seines Jedi-Daseins schildern wollen, doch aus seinem Mund klang es bitterer, als beabsichtigt.

Die Königin nickte jedoch stumm. „So ergeht es mir auch", antwortete sie.

„Dann sind Euch als Königin auch jegliche Gefühle untersagt?"

Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch. „Gefühle untersagt? Was meint Ihr damit?"

„Ein Jedi darf weder Hass, noch Furcht ... noch Liebe kennen." Unbewusst hatte Obi-Wan die Worte seines alten Jedimeisters Yoda zitiert. Er hatte sie im Laufe seiner Ausbildung so oft gehört, dass er sie jederzeit aus dem Gedächtnis aufrufen konnte. In schwierigen Situationen hatten sie ihm immer wieder die Kraft gegeben, die nötig war, um an seinem Entschluss festzuhalten. Auf die Königin schienen sie jedoch genau die gegenteilige Wirkung zu haben.

„Das habe ich nicht gewusst", brachte sie nach einigem Schweigen mühsam hervor.

„Es ist das Erste, was einem Jedischüler zum Anfang seiner Ausbildung eingeschärft wird", entgegnete Obi-Wan, nicht wissend, was seine Worte bei ihr auslösten.

Die Königin schüttelte fast unmerklich den Kopf. Glaubte sie ihm etwa nicht?

„Ich denke, ich sollte jetzt besser gehen." Noch während sie sprach, stand sie abrupt auf.

Der Jedi blickte überrascht zu ihr hoch. „Ihr habt Euren Wein noch nicht ausgetrunken", entgegnete er halb im Scherz.

Doch die Königin hatte schon beinah die Tür erreicht. „Ich habe Euch schon lange genug von Eurer Arbeit abgehalten", erwiderte sie streng. „Ihr solltet weiterhin die Com überwachen. Wer weiß, wie oft Qui-Gon Jinn während unseres belanglosen Geschwätzes schon versucht hat, mit Euch zu sprechen. Ich werde nun in mein Quartier gehen. Gute Nacht!"

Verwundert blickte Obi-Wan ihr nach, während sie auf dem Absatz kehrt machte und hastig den Raum verließ. Belangloses Geschwätz? Er hätte ihre Unterhaltung als alles bezeichnet, aber ganz sicher nicht so! Ob er etwas Falsches gesagt hatte? Ihm wollte beim besten Willen nicht einfallen, was es gewesen sein könnte, das sie zu solch einer fluchtartigen Verabschiedung hinreißen ließ. Doch das Mädchen hatte bereits die nächste Biegung des Korridors erreicht und stapfte zügig weiter in Richtung ihrer Gemächer. Wäre sie noch einen Moment länger geblieben, so hätte Obi-Wan die Träne gesehen, die langsam aus ihrem linken Auge rann und eine helle Spur auf ihre weiß geschminkte Wange malte.

oOo

Die Tatsache, welche Obi-Wan trotz Thilas offensichtlichen Talents an ihrem logischen Denkvermögen zweifeln ließ, war jedoch nicht diejenige, dass die Schülerin sich vollkommen übereilt von dem verständnislosen Myers trennte.

Es war ihr letzter Abend im Ausbildungskamp. Der Kurs hatte seinen krönenden Abschluss erreicht, und aus diesem Anlass hatten die Fluglehrer ein bombastisches Fest veranstaltet. Es gab die mit Sicherheit delikatesten Speisen der Galaxis; und die mehr oder wenig guten Noten der Schüler wurden mit soviel Wein begossen, dass Obi-Wan hätte schwören können, den Schülern wären bisher nur deshalb Genussmittel untersagt gewesen, um die Weinvorräte von einer gesamten Kurseinheit nun an einem einzigen Tage auszuschöpfen. In der Tat wurden auch die Lehrer im Laufe des Fests um Einiges lockerer. Fawcett hielt endlos lange Vorträge darüber, wie stolz er doch auf alle Teilnehmenden sei, und am Ende ließ er sogar verlauten, er könne es kaum glauben, den besten Flugkurs aller Zeiten unterrichtet zu haben.

Obi-Wan glaubte es auch nicht. Mit Ausnahme von Thila und ein paar anderen waren sie ein höchstens durchschnittlicher Kurs gewesen, wenn nicht noch schlechter. Er selbst hatte am Fliegen sowieso noch nie viel Gefallen gefunden. Es war ihm lieber, auf festem Boden zu stehen, ein sicheres Ziel im Auge, und den kühlen Griff seines Laserschwerts fest in den Händen. Ja, der Kampf mit dem Lichtschwert. Das war es, was ihm die ewig lange Zeit auf Alderaan hindurch gefehlt hatte.

Thila hatte sich keineswegs dafür erwärmen können.

„Dieses nervige Gefuchtel mit den surrenden Dingern ist doch nichts gegen das Fliegen!" In der Tat hatte sich das einzige Gespräch, das Obi-Wan mit ihr innerhalb von 6 Monaten geführt hatte, um nichts anderes als das Fliegen gedreht. Begeistert hatte sie ihm die Flugmanöver geschildert, welche sie in der letzten Stunde erlernt hatte, und wieder hatten ihre Augen diesen übernatürlichen Glanz angenommen. Wie damals, als er sie um ein Date gebeten hatte. Doch dieses Mal hatte sie ihn beim Reden kaum wahrgenommen, was ihn äußerst ärgerlich gemacht hatte.

So etwas musste man sich mal vorstellen! Er war eifersüchtig auf einen blechernen, leblosen Raumgleiter!

Und dennoch war es so – wenn es ums Fliegen ging, so kannte Thila auf einmal nichts anders mehr.

Während all der langweiligen Reden ließ sie sich übrigens nicht blicken. Obi-Wan sorgte sich schon zusehends, ob sie überhaupt noch erscheinen würde, und mehrmals glitt sein Blick ungeduldig zur Tür hinüber. Plötzlich öffnete sie sich mit einem leisen Zischen, und Thilas Anblick verschlug dem jungen Jedi augenblicklich die Sprache.

Sie trug ein langes nachtblaues Kleid, das sich eng an den Körper schmiegte und all seine attraktiven Kurven erkennen ließ. Das blonde Haar war nicht wie sonst streng zu einem Dutt geflochten, sondern fiel ihr offen und glänzend über die schlanken Schultern. Ihr Mund war Himbeerrot geschminkt – sie sah einfach bezaubernd aus!

Noch während Obi-Wan sie fasziniert anstarrte, erteilte ihm Myers einen auffordernden Stoß.

„Geh zu ihr hin, nun mach schon!"

Unbeholfen stolperte Obi-Wan in ihre Richtung, doch zu seiner großen Überraschung ging das schlanke Mädchen geradewegs auf ihn zu.

„Komm mit", zischte sie, „ich muss dir etwas zeigen!"

Verwirrt, aber ohne Widerspruch zu leisten folgte Obi-Wan ihr unauffällig aus dem Raum. Thila führte ihn mitten ins Schiffshangar. Verwirrt wollte der junge Jedi zu einer Frage ansetzen, doch Thila bedeutete ihm mit geheimnisvoller Miene, still zu sein.

Geschickt betätigte sie einige Knöpfe am Rumpf des nächstgelegenen Schiffes, und kurz darauf glitten die Schotten geräuschlos auseinander. Obi-Wan folgte ihr beeindruckt ins Innere des Raumgleiters.

Drinnen war es dunkel und angenehm kühl. Thila aktivierte einige Lampen, die den Raum jedoch nur aufs Notdürftigste beleuchteten.

„Was ...", setzte Obi-Wan an, doch noch ehe er die Frage zu Ende stellen konnte, hatte Thila seinen Mund bereits mit einem sanften Kuss verschlossen.

Überrascht, aber dennoch erfreut erwiderte der Jedi ihren Kuss. Ihr Mund schmeckte süß und unglaublich warm. Wie im Traum fühlte er sich von einer überwältigenden Welle des Glücks erfasst, und er schlang die Arme um Thilas Hüften und zog sie enger an sich. Sein Herz klopfte wie wild.

Nach einer Weile löste sich Thila aus seiner Umarmung und schnappte hörbar nach Luft. Auch für sie war der Kuss überwältigend gewesen.

„Obi-Wan ..." Ihre Finger strichen zärtlich über seine schmalen Lippen.

Der Jedi musterte sie unsicher. Wie wunderbar sich ihr Mund angefühlt hatte! Doch er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie – Thila – etwas mit einem unerfahrenen Schüler wie ihm anfangen wollte. Noch dazu nach der klaren Absage, die sie ihm ganz zu Anfang ihrer Ausbildung erteilt hatte.

Was, bitteschön, führt sie hier für ein Spiel? Und was springt für sie dabei heraus?

„Ich liebe dich", war ihre Erklärung.

„Du tust ... WAS?"

Es fehlte nicht viel, und Obi-Wan hätte laut losgelacht. Das wurde ja immer besser! Doch Thila schüttelte unverzüglich den Kopf und blickte ihn ernst an. Trotz des spärlichen Lichts konnte Obi-Wan erkennen, dass sie um die Wangen herum leicht rot geworden war.

„Hör mir zu!" Ihre Stimme bebte leicht. „Ich weiß, dass ich es dir nicht leicht gemacht habe. Aber es ist doch so ... du und ich, wir wollen beide das gleiche."

Das stimmte. Oh, und wie es stimmte. Obi-Wan betrachtete ihr hübsches Gesicht, die schmalen weißen Schultern, die nur von den dünnen Trägern ihres Kleides bedeckt wurden; und eine Sehnsucht überkam ihn, stärker als alles, was er bisher empfunden hatte. Er wollte sie noch einmal küssen. Wollte ihr blasses Gesicht berühren, er wollte sie umarmen, sie an sich ziehen und die Wärme ihrer Haut am ganzen Körper spüren, er wollte ...

„Wir wollen Jedi werden!", unterbrach Thila seine Gedanken.

Wie? Aber ja, natürlich ... Jedi werden! Den Ansprüchen des Hohen Rates gerecht zu werden, seine Flugkünste zu verbessern, deswegen war er ja hier. Obi-Wan war vollkommen überrascht bei der Erkenntnis, dass ihm das Ganze einen Augenblick lang vollkommen egal gewesen war.

Die junge Frau seufzte. „Weißt du, es ist so ...", begann sie. „Ich bin einfach viel zu ehrgeizig. Aber ich kann nichts dafür, so bin ich nun mal. Ständig habe ich Angst, den Anforderungen, die mein Meister an mich stellt, nicht zu entsprechen. Noch dazu, da ich relativ spät mit meiner Ausbildung begonnen habe. Es war für mich nicht gerade einfach, überhaupt noch als Padawan akzeptiert zu werden. Auch wenn ich durchaus die Fähigkeiten dazu besitze."

Instinktiv griff sie nach seiner Hand und übte sanften Druck darauf aus. Die Berührung elektrisierte Obi-Wan förmlich. Er fühlte, wie ihm am gesamten Körper der Schweiß ausbrach, und hoffte inständig, dass sie nichts davon mitkriegen würde.

„Ich wollte niemanden an mich heranlassen", redete Thila derweil weiter, ohne seine Hand loszulassen. „Ich wollte mich ganz auf die Ausbildung konzentrieren, immer am besten, am schnellsten, am effizientesten sein. Erst jetzt ist mir klar geworden, wie falsch das gewesen ist. Unter all dem Lernen, all der Vorbereitung für mein Jedi-Dasein habe ich vergessen zu ..." Sie stockte. „ ...nun ja, zu ... zu leben!" Sie musterte Obi-Wan abwartend.

Dieser erwiderte ihren Blick, jedoch unfähig, irgendetwas zu sagen. Er wusste, wovon sie sprach. Die Angst, dass die Jedi-Ausbildung keinen Platz mehr für andere Dinge ließ, die unter anderen Umständen selbstverständlich gewesen wären, war auch ihm wohl vertraut. Und höchstwahrscheinlich war es sogar wahr. Jedi zu sein bedeutete, sein Leben für die Gerechtigkeit und den Kampf zu opfern, egal, welche anderen Gefühle und Sehnsüchte dabei auf der Strecke blieben. Zögernd öffnete er den Mund zum Sprechen.

„Ein Jedi darf weder Furcht, noch Hass ..."

„... noch Liebe kennen", vollendete sie den Satz.

„Ja." Obi-Wan sah ihr in die Augen.

„Aber das ist falsch!" Thila schüttelte den Kopf und drückte seine Hand so heftig, dass es beinahe weh tat. „Was ist falsch daran, einen Menschen zu lieben? Schau mich an, Obi-Wan, ich habe dich schon vom ersten Augenblick an gemocht. Noch viel früher, als du mich um ein Date gebeten hast. Mit diesem Myers bin ich doch nur ausgegangen, weil ich dachte, er könne mir etwas beibringen ... Doch sag mir, was nützt es der Galaxis, wenn wir hier allein und traurig in unseren Quartieren sitzen und vor Sehnsucht nacheinander fast vergehen!"

Bei diesen Worten schluchzte sie erstickt auf. „Ich hasse die Jedi!", rief sie plötzlich, und blasse Tränen rannen über ihre Wangen.

Erschrocken nahm Obi-Wan ihr Gesicht in die Hände. Sie fühlte sich glühend heiß an.

„Thila", sagte er leise, und zum ersten Mal seit langer Zeit sprach er ihren Namen aus. „Ich weiß, wie du dich fühlst. Es ergeht mir nicht anders. Glaub mir, ich habe dich auch vom ersten Moment an gemocht. Ich denke in jeder Minute an dich. Aber wir haben der Angst und der Wut entsagt, und auch der Liebe. Wir müssen dazu stehen, obgleich es schwierig sein mag."

„Nein, Obi-Wan!" Thilas grüne Augen blickten ihn entschlossen an. In ihrem Gesicht spiegelten sich all jene Empfindungen wider, von denen er soeben gesprochen hatte – Angst, ihr Leben zu verpassen, kaum dass es recht begonnen hatte – Wut, da der Hohe Rat der Jedi ihr all das Glück, welches das Leben bereit hielt, verboten hatte – und Liebe. Ja, die Liebe spiegelte sich in ihren Augen am stärksten wider.

Obi-Wan wollte ihr etwas Tröstliches sagen, doch es wollte ihm kein Gedanke einfallen, der das junge Mädchen zuversichtlicher hätte stimmen können. Gleichzeitig fühlte er sich selbst von jeglichen erdenkbaren Gefühlen überflutet. Ja, er liebte sie. Und er konnte und wollte sich nicht länger dagegen zur Wehr setzen, ob der Hohe Rat es nun erlaubte oder nicht.

Vorsichtig streichelte er mit den Fingerspitzen über die tränennassen Wangen. Thila schloss die Augen und legte zögernd den Kopf in den Nacken. Zärtlich griffen seine Hände in ihr langes blondes Haar, schoben es ihr aus dem Gesicht und strichen über die hohen Wangenknochen. Schließlich gab er all den aufgestauten inneren Sehnsüchten nach und küsste sie leidenschaftlich. Als er mit der Zunge in ihren Mund eindrang, war es warm und feucht. Thila erwiderte seinen Kuss begierig; sie presste ihre Lippen auf die des Jedi, schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn heftig an sich.

Nicht von ihrem Kuss lassend, sanken sie langsam auf den weichen Boden des Raumgleiters. Obi-Wan spürte, wie seine Hand zitterte, als er vorsichtig den Träger ihres Kleids von der Schulter streifte. Eine Wärmewelle durchflutete seinen gesamten Körper und ließ ihn erschaudern. Es war ein geradezu überwältigendes Gefühl, das ihm das Blut rasend schnell in alle Venen trieb.

Thilas schlanker Körper drängte sich erneut an ihn. Ihre Hände wanderten seinen Nacken hinab über seinen Rücken, hielten kurz an der Taille inne und glitten dann unter seinen Umhang. Sie war so warm und weich und machte ihm unverzüglich eine Gänsehaut.

Wieder küsste er sie, während seine Hände nun ebenfalls nach unten wanderten und Anstalten machten, ihr enges Kleid hochzuschieben. Thila half ihm. Sie schob ihn ein wenig zur Seite, raffte den weichen Stoff zusammen und zog ihn vollends über den Kopf, so dass sie nackt neben ihm lag. Obi-Wan betrachtete sie, begehrlich und bewundernd. Ihr Körper war noch schöner, als er ihn sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hatte. Die langen, schlanke Beinen, die schmale Taille, die hohe, volle Brust.

Thila waren seine Blicke nicht entgangen. Lächelnd blickte sie zu ihm auf, während sie mit den Fingerspitzen durch sein braunes Haar fuhr.

„Komm zu mir, Obi-Wan ...", flüsterte sie, und ihre Hände griffen erneut unter seinen Umhang und zogen ihn über sich. Die Feier im Gemeinschaftsraum war unterdessen noch immer in vollem Gange, und Obi-Wan und Thila liebten sich auf dem Boden des Raumgleiters, vollkommen erlöst und glücklich darüber, ihren Sehnsüchten nun nicht mehr länger Einhalt zu gebieten.

Das ist es, wonach ich gesucht habe, dachte Obi-Wan, kurz bevor er und die junge Padawan vollkommen eins miteinander wurden. Das ist Leben!

Und ohne noch einen Gedanken an den Hohen Rat zu verschwenden, der ihn mit großer Wahrscheinlichkeit verstoßen würde, hätte er von ihrer Regelmissachtung gewusst, gab er sich leidenschaftlich der Süße und der wieder gewonnenen Freiheit seines jungen Lebens hin.