Drittes Kapitel
Ein Zeitungsartikel
Das übermächtige Dröhnen der Orgel verstummte. Die darauffolgende Ruhe war betäubend.
Erik starrte noch zwei Sekunden auf das Notenheft, das mit roten Noten gefüllt war. Danach schloß er es, stand
auf und streckte sich.
Seit zwei Wochen hatte er an seinem ‚Don Juan Triumphant' gearbeitet, wenig getrunken und noch weniger
gegessen. Er erinnerte sich auch nicht daran, länger als eine Stunde pro Nacht geschlafen zu haben.
Jetzt war er ausgelaugt, hungrig und müde. Am liebsten hätte er sich sofort schlafen gelegt, aber sicher hatte
Jules, wie Erik es ihm aufgetragen hatte, die Besorgungen an der vereinbarten Stelle in den weitläufigen
Katakomben zurückgelassen. Der Gedanke, daß irgendwelche Ratten über das wenige Essen herfielen,
zwang ihn aus dem Haus.
An besagter Stelle angekommen, stellte er erleichtert fest, daß das Paket noch unberührt war.
Der Rattenfänger schien nicht umsonst einen so hohen Lohn einzustreichen.
Erik hinterlegte einen Beutel mit Jules' Bezahlung, dann trug er das Paket in sein Haus und packte es aus.
Obst, Gemüse, etwas gepökeltes Fleisch, zwei Flaschen Wein und eine Zeitung.
‚Zeitung?' runzelte Erik die Stirn. Die gehörte nicht zu den Dingen, die Jules für ihn besorgen sollte.
Wenn er sie doch dazugepackt hatte, mußte etwas drinstehen, was ihn interessieren könnte.
Erik blätterte müßig darin. Beinahe hätte er die richtige Seite überblätterte, aber ihm stach der mit
schwarzer Tinte umrandete Artikel ins Auge.
Die Überschrift lautete: „Cathèrine de Chagny furchtbar verwundet".
Erik las mit erwachtem Interesse den Artikel. Sein Inhalt war der Tathergang, der Täter und Cathèrine's
Entstellung. Eriks Blick blieb an einer älteren Fotografie des Mädchens hängen.
Ein hübsches Mädchen mit strahlendem Lächeln. Erik las weiter. Der letzte Satz versetzte ihn in Rage.
‚Unsere Redaktion bedauert die armen Eltern, die mit so einem Schicksal gestraft werden.'
„Sie bedauern die Eltern? Und wer von diesen hirnrissigen Idioten bedauert das Kind? Das wurde doch für
den Rest seines Lebens entstellt!"
Wütend schleuderte Erik die Zeitung ins Feuer. Während er beobachtete wie die Flammen das Papier gierig
fraßen, dachte er an seine eigene Kindheit zurück.
Ständig eingesperrt, ständig mit dem Unwillen seiner Mutter, sich um ihn zu kümmern, konfrontiert,
all das hatte weh getan und zeitweise kam der Schmerz zurück.
Er starrte noch immer in die Flammen, aber seine Gedanken waren bei dem armen Mädchen.
Er wüßte zu gern, wie es ihr ging.
In seinem Kopf formte sich ein Plan.
by Felicia 2001
Ein Zeitungsartikel
Das übermächtige Dröhnen der Orgel verstummte. Die darauffolgende Ruhe war betäubend.
Erik starrte noch zwei Sekunden auf das Notenheft, das mit roten Noten gefüllt war. Danach schloß er es, stand
auf und streckte sich.
Seit zwei Wochen hatte er an seinem ‚Don Juan Triumphant' gearbeitet, wenig getrunken und noch weniger
gegessen. Er erinnerte sich auch nicht daran, länger als eine Stunde pro Nacht geschlafen zu haben.
Jetzt war er ausgelaugt, hungrig und müde. Am liebsten hätte er sich sofort schlafen gelegt, aber sicher hatte
Jules, wie Erik es ihm aufgetragen hatte, die Besorgungen an der vereinbarten Stelle in den weitläufigen
Katakomben zurückgelassen. Der Gedanke, daß irgendwelche Ratten über das wenige Essen herfielen,
zwang ihn aus dem Haus.
An besagter Stelle angekommen, stellte er erleichtert fest, daß das Paket noch unberührt war.
Der Rattenfänger schien nicht umsonst einen so hohen Lohn einzustreichen.
Erik hinterlegte einen Beutel mit Jules' Bezahlung, dann trug er das Paket in sein Haus und packte es aus.
Obst, Gemüse, etwas gepökeltes Fleisch, zwei Flaschen Wein und eine Zeitung.
‚Zeitung?' runzelte Erik die Stirn. Die gehörte nicht zu den Dingen, die Jules für ihn besorgen sollte.
Wenn er sie doch dazugepackt hatte, mußte etwas drinstehen, was ihn interessieren könnte.
Erik blätterte müßig darin. Beinahe hätte er die richtige Seite überblätterte, aber ihm stach der mit
schwarzer Tinte umrandete Artikel ins Auge.
Die Überschrift lautete: „Cathèrine de Chagny furchtbar verwundet".
Erik las mit erwachtem Interesse den Artikel. Sein Inhalt war der Tathergang, der Täter und Cathèrine's
Entstellung. Eriks Blick blieb an einer älteren Fotografie des Mädchens hängen.
Ein hübsches Mädchen mit strahlendem Lächeln. Erik las weiter. Der letzte Satz versetzte ihn in Rage.
‚Unsere Redaktion bedauert die armen Eltern, die mit so einem Schicksal gestraft werden.'
„Sie bedauern die Eltern? Und wer von diesen hirnrissigen Idioten bedauert das Kind? Das wurde doch für
den Rest seines Lebens entstellt!"
Wütend schleuderte Erik die Zeitung ins Feuer. Während er beobachtete wie die Flammen das Papier gierig
fraßen, dachte er an seine eigene Kindheit zurück.
Ständig eingesperrt, ständig mit dem Unwillen seiner Mutter, sich um ihn zu kümmern, konfrontiert,
all das hatte weh getan und zeitweise kam der Schmerz zurück.
Er starrte noch immer in die Flammen, aber seine Gedanken waren bei dem armen Mädchen.
Er wüßte zu gern, wie es ihr ging.
In seinem Kopf formte sich ein Plan.
by Felicia 2001
