~ Ewigkeit~



Das Blut in seinen Adern wollte gar nicht aufhören zu pulsieren und bahnte sich somit weiterhin den Weg von seinem Hals auf seine bloße Haut. Er spürte wie ihre Lippen sich von ihm lösten, aber ihre Zungenspitze noch einmal hungrig über die frische Wunde leckte. Noch immer war er wie gebannt, unfähig sich zu rühren. Mit geweiteten Augen sah er sie voller Schrecken an. "Sarah... Was... Warum hast du... Was hast du da getan?" Er sah sie an, aber sie hatte sich weg gedreht um erst einmal in ihrem Geiste diese plötzliche Lust auf sein Blut auf sich wirken zu lassen. "Sarah!" Er fasste sich an den Hals, an die Stelle die leicht schmerzte und an der er das warme Blut spürte. Sein Blut. Als sie sich ihm wieder zuwendete, betrachtete er das Blut, welches er mit seinen Fingern aufgenommen hatte und fragte er abermals: "Was ist das?" Mit einem lüsternen Blick sah sie ihn an und Erregung schwang in ihrer Stimme: "Blut, Liebling... Leck es ab!" Alfred tat wie ihm geheißen. "Gar... gar nicht schlecht!" Wie einen Blitz durchfuhr es ihn. Sarah hatte ihn vor wenigen Augenblicken gebissen und nun, nachdem er zum ersten Mal Blut gekostet hatte, wurde er selbst zu einem Wesen der Finsternis.

Zum ersten Mal hatte er Blut gekostet. Auch wenn es sein eigenes war, es mundete ihm vorzüglich und er verspürte ein plötzliches Verlangen nach mehr! Noch nie hatte er etwas mehr gewollt als in jenem Augenblick. Von Sarah, die ihm zu lächelte, wanderte sein Blick über die öde verschneite Landschaft. Nichts in Sichtweite, außer... der Professor! Ohne auch nur einen einzigen Gedanken zu verschwenden, wollte er auf ihn zu gehen, aber Sarah hielt ihn zurück. "Warte noch etwas! Komme erst einmal wieder zu Kräften." "Ich bin hungrig!", entrann es heißer seiner Kehle. "Ich habe dich wohl auf den Geschmack gebracht...", sprach sie und lächelte, dass ihre spitzen Fänge zum Vorschein kamen. Sie nahm ihn an der Hand. "Komm mit, Alfred." Abermals in dieser Nacht liefen sie durch die verschneite Landschaft der Kaparten. "Wohin?", wollte Alfred wissen. Aber sie antwortete ihm nicht und zerrte ihn weiter. Eigentlich hätte er es sich ja denken können, aber er nahm diesen Gedanken erst wieder wahr, als er und Sarah vor dem hohen dunklen Schloss standen.

Alfred schrak zurück. "Nein!" Von Sarah erntete er einen giftigen Blick dafür. "Was 'Nein'?", wendete sie sich mit einem energischen Ton an ihn. "Ich will da nicht wieder hin! Da... da sind Vampire und dieser Graf und sein Sohn und..." "Jetzt mach mal langsam! Du bist selbst ein Vampir, was sollen die anderen dir da schon anhaben? Außerdem darf nur ich dein Blut saugen. Und sollte jemand anderes das versuchen, dass bekommt er oder sie ein gewaltiges Problem mit mir..." "Aber... der Graf!" "Was ist mit ihm? Er ist sehr freundlich, höflich, charmant,..." Ungewollte geriet sie wieder ins Schwärmen, so wie damals, als er sie auf den Mitternachtsball eingeladen und ihr die roten Stiefel hatte zukommen lassen. "Er ist hinterhältig und verschlagen!" "Rede nicht so einen Unsinn! Du kennst hin doch gar nicht! Er hat mich auf sein Schloss eingeladen, mich verwöhnt, weil ich ihm so gut gefalle, ..." Sie hatte seine Hand los gelassen und drehte sich einmal um sich selbst, dass der Rock des roten Kleides flog. "Du bist doch wohl nicht etwa ..... eifersüchtig?", grinste sie ihn an. "Wer? Ich? Ähm.... Nein! Nein, auf keinen Fall!" Empört über ihre Anspielung drehte er sich weg. "Dann........ wird es dir wohl nichts ausmachen, wenn ich dennoch zurück ins Schloss gehe.", sprach sie und marschierte auf das schwere Tor zu. "Sarah! Bleib stehen!" Alfreds Rufe wurden vom kalten Wind davon getragen und so blieb ihm nichts anderes übrig als seiner Geliebten zu folgen.

Endlich im Inneren des Schloss es angekommen, konnte er Sarah noch nicht einmal aufhalten, den Grafen aufzusuchen. Ihre und Alfreds Schritte hallten in der großen Eingangshalle und um sie herum herrschte eine Totenstille. "Sarah, wir sollten verschwinden, bevor uns noch..." "Nein! Der Herr Graf hatte mich zu sich eingeladen." "So ist es!", war auf einmal eine tiefe Stimme zu hören, die den ganzen Saal auszufüllen schien. Alfred fuhr es durch Mark und Bein, so sehr erschreckte er sich, aber Sarah freute sich so ausgelassen wie ein kleines Kind.

Graf von Krolock, der Besitzer dieses Anwesens, schritt langsam die steinerne Treppe hinunter und blieb vor den zwei Besuchern stehen. Alleine schon sein Auftreten schüchterte Alfred so sehr ein, dass er freiwillig einen Schritt zurück machte. Der Graf, welcher noch sichtlich etwas geschwächt war, von der Attacke auf dem Mitternachtsballs, warf ihm einen Blick zu, den Alfred nicht einordnen konnte. Es lag Spott in seinen Augen, eine gewisse Siegessicherheit und vor allen Dingen Macht.

Sarah machte einen Knicks und neigte ihr Haupt etwas herab. Aber ehe sie sich versah, spürte sie, wie der Graf sie hoch zog. "Steh auf. Du brauchst dein Haupt nicht vor mir zu verneigen." Er nahm ihre Hand und benetzte ihren Handrücken mit einem sanften Kuss. Sie erschauderte leicht, aber ihre Wangen röteten sich von dem Blut, welches noch immer in ihr floss. Sanft glitten die langen schlanken Finger des Grafen über die Wunde an ihrem Hals, welche von ihm persönlich stammte. "Es freut mich, dass du deinen Weg hier her zurück gefunden hast. Der Ball wurde ja leider unterbrochen, aber vielleicht können wir das Ganze ein anderes Mal fort führen. Den Höhepunkt hatte das Fest zwar erreicht, aber was ist es ohne einen krönenden Abschluss." Als der Graf die Unterbrechung des Mitternachtsballs angesprochen hatte, hatte er Alfred einen finsteren Blick zu geworfen, den diesen abermals in Angst ausbrechen lies.

Sarah erwiderte nichts weiter auf seine Worte, sondern lauschte ihm nur andächtig. Wieder einmal war es um sie geschehen. Nicht einmal ihr gesunder Verstand schaffte es, sie vor den Schmeicheleien des Grafs zu bewahren. Wie schon einige Male zuvor, verfiel sie wieder seinem sprühenden Charme.

Nur wenige Schritte trennten den Grafen und Alfred voneinander, die der Fürst der Finsternis dann aber schnell hinter sich lies. "Hör zu, Junge. Ich hatte dich und deinen armseligen Professor von Anfang an durchschaut. Glaubtet ihr wirklich, dass ihr Graf von Krolock herein legen könntet? Nein!", lachte er höhnisch. "Ich habe euch aufgenommen um euch meinen Untertanen zum großen Fest anbieten zu können. Denn Sarah, sie gehört nur mir. Ihre Seele, ihr Blut, ihr Fleisch. Durch mich hat sie ewiges Leben erlangt und du unglücklicherweise durch sie. Aber ich werde gnädig sein. Mein Diener Kukoul wird dir einen Sarg schreinern und du wirst schon irgendwo einen Platz finden. Das Tageslicht ist nicht gut für Vampire. Vielleicht könntest du doch von Nutzen zeugen. Und selbst wenn nicht, ich habe keine Lust mir das anschließende Gejammer meines Sohnes anzuhören, falls du doch entgültig sterben solltest." "Aber Sarah und ich, wir lieben....", unterbrach Alfred den Grafen, als der ihm aber schon wieder das Wort abschnitt. "Ihr liebt euch? Wie rührend! Dass ich nicht lache! Sieh sie dir an und dann sag mir, wem sie mehr zugetan ist."

Alfred lies seine Blicke zu Sarah wandern, welche hinter dem Grafen stand und ihren Kopf an seiner Schulter anlehnte. Kein Wort vermochte über Alfreds Lippen zu treten, aber er schien zu verstehen. "Ihr habt sie doch verzaubert! Sagtet Ihr mir nicht selbst, dass ihr hier auch als Magier herrscht?" Der Graf lachte abfällig über Alfreds Bemerkung. "Sie verfallen mir einfach. Aber was kannst du ihr schon bieten? Sieh dich doch um! Sieh dich an!" "Mein Herz würde ich ihr zu Füßen legen!" "Du bist tot. Es schlägt nicht mehr !" Mit diesen Worten wendete der Graf dem Jungen den Rücken zu und führte Sarah die Treppe hinauf, welche ihm ohne sich zu wehren folgte.