Ai no Hoshi: Destiny's War

War Preparations – The Calm before the Storm

Chapter Twenty-six: Holy Treasures

Avalon (Lady Serenity)

Ich war etwas erstaunt, als Morgaine uns hereinrief. Bisher hatte ich angenommen der Grund, warum ich bisher noch kein Geschenk erhalten hatte, war, daß ich nicht aus dieser Zeit stammte aber das hatte mich bisher ja auch noch nie verschont... Ima, ich würde es ja sehen, was uns für eine Überraschung erwartete. Mein Gefühl sagte mir, daß es etwas großes war und als geborene Serenity hatte ich gelernt meinem Bauch zu vertrauen.

Morgaine führte uns in einen pentagonalen Raum, der von den eigentlichen Ausmaßen gar nicht mal groß war, aber durch die Anordnung der Wände und einem merkwürdigen Spiegeleffekt, der ganz sicher magischen Ursprungs war, viel größer wirkte als er eigentlich war. Ich beobachtete Minako und Hotaru aufmerksam. So sehr ich von Minakos Elfenflügeln beeindruckt war, das hatte mich nicht so aus der Bahn geworfen wie Hotarus Erscheinungsbild. Über die Abstammung von Venus wußte ich grundlegend Bescheid aber Hotaru als Fee zu sehen... Niemand hatte je etwas erwähnt, was größtenteils damit zusammenhing, daß Hotarus Schicksal stets ein wunder Punkt bei allen gewesen WAR. Und ich hatte zu wenig Zeit gehabt, damit die Veränderungen sich auch in meinen Erinnerungen bemerkbar machen konnten. Zumindest hatte ich jetzt etwas, was ich aus meiner Freundin rausquetschen konnte. Ich lächelte leicht.

Die Hohepriesterin Avalons war in eine Ecke des Raumes gegangen. Dort stand eine alte rostige Truhe mit goldenen Beschlägen, die trotz ihres Alters und Zustands jedoch eine unheimlich starke magische Ausstrahlung besaß. Sie hatte diesen nostalgischen Hauch an sich, als würde sie schon ewig existieren. Morgaine legte eine Hand auf das Schloß in Form eines goldenen Erdensymbols mit Silber umrahmt. Als Antwort darauf erschien ein vierzackiger Stern auf ihrer Stirn. Jeder Zacken in einer anderen Farbe. Gold-Silber, Golden-Orange, Silber-Violett und eine tiefe Mixtur aus Kobaltblau-Schwarz, die an einigen Stellen aussah wie Grau und an andere wieder wie die Farbe der Dämmerung. Zuerst klein, dann anwachsend bis sie Morgaines Form gleichkamen, sprossen feine blaue Feenflügel von ihrem Rücken wie die von Hotaru jetzt.

Eben jene schnappte leicht nach Luft und konnte nur starren, während die Truhe sich öffnete. Morgaine ignorierte diese für den Moment und drehte sich zu uns um. „Ihr fragt euch vielleicht, warum ihr alle hier seid. Es ist richtig, daß ich allen Senshi ein Geschenk Avalons gemacht habe, doch das diente größtenteils dazu ihr Silberjahrtausenderde und das des Goldjahrtausends zu vereinen, damit Mond und Erde wirklich in Harmonie sind. Diese Geschenke waren jedoch nichts im Vergleich zu dem, was euch Vieren dargebracht werden soll." Sie pausierte für einen Moment. „Ihr alle spielt eine wichtige Rolle in der vor uns liegenden Zeit. Nicht so sehr wegen eurer Position oder Kraft. Dies sind nur kleine Faktoren im Vergleich zu eurer Herkunft und zu dem, was das Schicksal für euch vorgesehen hat."

Libra schnaubte. „Kommt zur Sache." Ich warf ihr einen mißbilligenden Blick zu aber sie ignorierte ihn. Den ganzen Tag über war sie schon so gewesen. Bitter, verschlossen und unzugänglich. Ich konnte es ihr nachempfinden mit der unangenehmen Situation, in der Helios und ich uns befanden, direkt vor mir. Morgaine zeigte sich vollkommen unbeeindruckt. „Aber natürlich." Sie beugte sich über die Truhe und griff hinein. Das Symbol auf ihr Stirn leuchtete kurz auf und sie hielt etwas in der Hand, was ich von meiner Position nicht genau sehen konnte.

„Tretet vor, Lady Serenity, Sechste eurer Linie. Kronprinzessin von Kristall Tokyo und Erbin von Mond und Erde." Leicht zögernd kam ich der Aufforderung nach und die Priesterin reichte mir das Objekt in ihren Händen. Es war ein Spiegel. Nicht nur ein Spiegel freilich. Seine Oberfläche war vollkommen glatt, die Spiegelung wohl die Reinste, die ich je gesehen hatte, selbst verglichen zu Kristallen des 30. Jahrhunderts. eingefaßt war der Spiegel von einem tiefblauen Rahmen, an den Seiten waren kleine Flügel mit jeweils drei Feder eingefaßt, ähnlich den Broschen, die Pegasus uns damals gegeben hatte. Ein silberner Halbmond hatte seinen Sitz auf dem Spiegel gefunden, und darauf ein goldenes Erdsymbol.

„Dies ist der Spiegel der Seelen. Eure Linie besitz schon seit langem die Fähigkeit in die Tiefen jeder Seele zu schauen und ihre lichte Seite selbst aus der tiefsten Dunkelheit zu ziehen." Ich schluckte und zögerte erneut den Spiegel entgegenzunehmen. Ich konnte die unglaubliche Kraft förmlich fühlen, ähnlich der des Silberkristalls, stark und unbegrenzt aber auch gefährlich in den falschen Händen. „Seid... Seid Ihr sicher, daß ich..." Ich verstand nicht, warum sie mich wählte. Sailormoon, meine Mutter, wäre doch viel besser geeignet als ich. Sie... sie hatte viel mehr vollbracht, viel mehr geleistet, war wesentlich stärker als ich es jemals...

„Denkt nicht zu schlecht über Euch. Auch ihr habt Großes vollbracht und selbst wenn ihr noch nicht das volle Potential Eurer Mutter besitzt, im Endeffekt besitzt ihr viel mehr, als sie je beherrschen könnte. Ihr seid das prophezeite Kind, die Vereinigung von Mond und Erde, die ultimative Balance von Gold und Silbermana. Nehmt dies, denn es ist Eures."

Mit zitternden Händen nahm ich den Spiegel entgegen. Ein Gefühl von nicht faßbarer, unbeschreiblicher Macht floß durch mich hindurch. Dumpf nahm ich die Fäden aus goldenen und silbernem Mana um mich herum wahr. Dann wahr es vorbei und der Spiegel verschwand zwischen meinen Händen, sicher verstaut in einer Taschendimension, nur auf meinen Ruf wartend.

(Rhea)

Aufmerksam verfolgte ich wie Usa den Spiegel entgegennahm und das beeindruckende Schauspiel von Magie, so rein und edel wie es nur eine Serenity zustandebringen konnte. Mir war immer bewußt gewesen WIE besonders Usa war. Und daher schätze ich mich glücklich ihre Freundin sein zu dürfen. Doch viel mehr zog mich das neue Erscheinungsbild der Hohepriesterin an. Ich fühlte etwas in mir erwachen, eine Verbindung zu Morgaine aufbauend, die ich erst kürzlich erlebt hatte, doch verstand ich nicht wie das möglich sein sollte.

Zeit darüber nachzudenken hatte ich jedoch nicht mehr. Morgaine war zu der Truhe zurückgekehrt und holte ein weiteres Artefakt, sicherlich von ähnlich hoher Bedeutung wie der mythische Spiegel der Seelen, von dem ich nur aus Legenden gehört hatte, hervor. Einige sagten, er gehörte der ersten Serenity, andere sagten er gehörte dem ersten Endymion. Vielleicht war beides wahr, denn letztendlich war er zurückgekommen zu ihnen beiden, vereint in einer Position.

Ich fühlte einen ekstatischen Funken durch meinen Körper rennen und mein Mana in mir sich förmlich aufrichtend, noch bevor ich eigentlich sah, was Morgaine aus der Truhe geholt hatte. Als ich es sah und im gleichen Moment merkte, daß sie mich direkt ansah – ein klares Zeichen für wen dieses Artefakt bestimmt war –, da trat ich unwillkürlich einen Schritt zurück. Es war der Heilige Gral, der Kelch der Seelen, das Gefäß des Lebens... Wie auch immer man ihn nennen mochte. Und er konnte niemals, NIEMALS für mich bestimmt sein.

„Aber doch ist dem so, Rhea Percypher. Erwähltes Kind des Saturns, Vereinigung von Leben und Tod, Wiedergeburt und Zerstörung, und... wahrer und einziger Messias." Ich schluckte hart und starrte wie paralysiert und verängstigt auf den Gral, als ob er sich jeden Moment in ein Monster verwandeln und mich verschlingen würde. Vehement schüttelte ich den Kopf und nur Minakos instinktiv um meine Hüfte positionierter Arm bewahrte mich vom Rückwärtsstolpern. „Iie, iie, das ist unmöglich. Serenity ist der Messias oder zumindest ihre Tochter sollte es sein. Sie konnte den Gral benutzen, sie..."

„Serenity hatte nur an der Oberfläche seiner Macht gekratzt. Mistress 9 war in der Lage seine Macht freizusetzen, weil DU der Messias bist, Rhea. Es gab nie so etwas wie einen guten oder bösen Messias, nur dich, und durch die Beeinflussung des Daimons wurde lediglich dein Blick für deine Aufgabe verschleiert. Mistress 9 zog lediglich an deiner dunklen Seite von Saturn." Ich schloß die Augen und wollte es alles verdrängen, doch ich konnte nicht, denn ich wußte, daß sie recht hatte. Es war soviel Haß, Leid und Schmerz zu diesem Zeitpunkt dagewesen, daß es einfach war für den Daimon sich freizukämpfen und die Kontrolle zu übernehmen. Ich wußte zu diesem Zeitpunkt nicht wie ich meine Kräfte kontrollieren konnte, doch Mistress 9 hatte es genau gewußt.

„Du warst diejenige, die Pharao 90 zerstört hat, Sailormoon hat dich nur gerettet. Und ihre Superform war ein Produkt ihres reinen Herzens, ihrer Willenskraft und der Kraft der anderen Senshi. Erinnere dich, Rhea. Du warst es selber, die die Talismane an den Gral gebunden hat und damit Uranus, Neptun und Pluto an dich. Du wußtest, daß das passieren könnte und daß die Drei nicht zögern würden dich zu vernichten, wenn es notwendig werden sollte." Auch das war wahr, erinnerte ich mich. Noch bevor ich das letzte Urteil über das sterbende Silberjahrtausend verhängt hatte, nachdem Uranus, Neptun und Pluto mich erweckt hatten, hatte ich genau das getan. Cassandra hatte mich gewarnt, vor einer großen Krise in der Zukunft, die eine von uns beinhaltete. Ich hatte sicherstellen müssen, daß es genug Optionen gab.

Der Gral schwebte zwischen Morgaines Händen, als sie ihn mir entgegenstreckte. Ich versteifte mich augenblicklich, nicht ganz sicher trotz all der Erinnerungen. Ich wußte nicht, ob ich das wirklich verdient hatte. „Dieser Gral war seit seiner Erschaffung ein Symbol für die lichtere Seite der Saturnkraft, eine Kreation und ein Insignium der Percypher-Familie. Und wir haben über Jahre hinweg die Wache übernommen über dieses heilige Gefäß, genau wie über die drei übrigen heiligen Schätze." Die Erkenntnis setzte augenblicklich ein und ich verstand, warum ich mich plötzlich so angezogen fühlte. Morgaine Le Fay war nicht nur von Feenblute, sondern vom Blute meiner Vorfahren. „Die alten Schätze bergen Kräfte, die der des Silber- und Goldkristalls gleichkommen, ja sie vielleicht gar übertreffen. Es war notwendig, daß jemand von uns, für die sie ultimativ bestimmt waren, über sie wachte." Die Geschichten, daß die Priesterinnen Avalons tatsächlich Feen waren, wurden stets als Märchen und Aberglauben derjenigen abgetan, die das wahre Wesen Avalons nicht begreifen konnten. Aber es war alles wahr und plötzlich machte es Sinn.

„Als eine der letzten vom puren Blute der Percypher-Linie, ist es mir ein Ehre dir, Schwester in Herz und Blut, den heiligen Kelch des Lebens zu überreichen, offen genutzt, doch nie wirklich verstanden, ist er nun der deine wie das Schicksal es wollte." Mit zitternden Händen, nicht länger fähig der Anziehungskraft des berauschend machtvollen Objekts zu widerstehen, berührte ich den Kelch. Weiße, schwarze und violette Bänder manifestierten sich um mich und den Gral, Minako wurde zurückgestoßen und ich verfolgte mit Faszination wie das Halbmondinsignium sich verwandelte in das Symbol des Saturns umrahmt von den viergliedrigen Engelsflügeln meiner Rasse, ein silberner Halbmond auf der Spitze der Sichel ruhend.

(Aishar)

Spiegel der Seelen, Kelch des Lebens... Ich fragte mich unwillkürlich, was hier eigentlich vor sich ging. Was hatten wir ausgelöst mit unserer Liebe? War das hier alles wirklich nur wegen uns? Noch vor einigen Wochen hatten wir als gute Freunde versucht ein einigermaßen vernünftiges Leben zusammenzubasteln. Wir waren nicht mehr als High School Mädchen an der Schwelle zum College. Wir hatten eine goldene Zukunft, das wußten wir, aber die war noch weit entfernt, noch unerreichbar. Und jetzt, jetzt fanden wir uns in der Mitte eines der heiligsten Orte in der Geschichte dieses Planeten wieder, Hotaru war meine Gefährtin bestätigt durch einen ewigen Bund, draußen hielten Luna und Artemis unsere gerade erst neugeborene Tochter. War das alles wirklich nur... Wegen uns? Oder wäre es ohnehin geschehen, auch ohne uns? Alles geschah zu schnell, um es zu begreifen. Und wie ich jetzt Morgaine beobachtete, die ein weiteres magisches Artefakt aus ihrer Truhe zu holen schien, fragte ich mich mit einer Mischung aus Stolz und auch ein wenig Furcht, was wohl auf mich wartete... Und was – innerhalb etwas längerer Zeit – wohl ultimativ auf uns alle wartete.

„Prinzessin Aishar von Venus, Mensch, Engel und Elfe, dies ist Euer." Morgaine hielt eine wunderschöne Schwertscheide in der Hand, die förmlich mit mystischer Kraft pulsierte. Ich stellte verblüfft fest, daß es die selbe Energie war, die von den Nebeln ausging. Von den Nebeln um Avalon. Und da realisierte ich auch, daß das einzige Schwert, was ich mit Avalon verbinden konnte, nur eines sein konnte. Das Schwert der Legende, die Klinge der großen Könige und Führer, die Waffe des legendären Artus Pendragon, Bruder von Morgaine. Excalibur.

„Fürchtet Euch nicht. Ich spüre auch Ihr habt Fragen aber seit gewiß, daß genauso wie bei der Lady Serenity und der Prinzessin Rhea, auch dies Euer ist durch Geburtsrecht. Ja, es ist richtig, daß Artus einst diese heilige Klinge führte und sie seitdem mit der Familie des Pendragon verbunden ist, wartend darauf, daß eines Tages erneut ein Nachfahre käme, um das Schwert für sich zu beanspruchen." Morgaine lächelte geheimnisvoll und ich spürte ein Kribbeln meine Wirbelsäule herunterkriechen. „Durch einen ironischen Dreh des Schicksals, ist dies heute in mehr als einem Wege eingetreten."

„NANI?" kam es von Usa, Hotaru und mir im Chor. Morgaine lachte amüsiert. „Ihr seht, die Familie des Pendragon ist ein alter Clan des königlichen Hauses, der sich wie mein Zweig der Percyphers, noch lange vor dem Fall des Silberjahrtausend auf der Erde niedergelassen hatte. Deshalb konnte Artus Excalibur führen, weil auch in ihm Bruchstücke des königlichen Blutes von Venus schlummerten. Und zu der zweiten Verbindung... Nun, wir haben euch von Anfang an, seit eurer Geburt, beobachtet, so wie viele der alten Reiche, denn ihr wart und seid unsere Hoffnung auf neuen Glanz. Es scheint, daß Eure menschliche Familie ebenfalls entfernte Verwandte des Geschlechts meines Bruders waren. Ein interessanter Zufall, muß ich sagen, der aber nichts daran ändert, daß Excalibur Eure Klinge ist, Prinzessin Aishar."

Wenn Yisa das hier sehen könnte, sie wäre so stolz... Bei dem Gedanken an meine Schwester fühlte ich mein Selbstvertrauen zurückkehren. Ich war eine Senshi, im Moment eine der Stärksten. Wenn es nötig war mystische Schwerter zu beherrschen, dann würde ich es tun. Wir hatten meiner Mutter versprochen, daß wir die Zukunft, die uns prophezeit wurde, mit allen Mitteln verteidigen würden. Ein Grinsen kehrte in mein Gesicht zurück. „Was, muß ich es nicht aus irgendeinem Fels ziehen, um mich seiner würdig zu erweisen?" Morgaine blinzelte, überrascht über den Stimmungswechsel und Hotaru kicherte leise. Die Priesterin zog das Schwert aus der Scheide und hielt es mir entgegen. „Nein, denn es ist Euers durch..."

„Geburtsrecht, blah, blah, ich weiß. Gebt schon her." Selbstbewußt nahm ich die heilige Klinge entgegen und im nächsten Moment dachte ich, ich würde platzen vor roher, gebündelter Energie. Allein die Berührung des Griffes sandte Wellen von kaum kontrollierbarer Kraft und Stärke durch meinen Körper. „Excalibur, das Schwert des Schutzes. Möge seine Kraft Euch immer beistehen, Lady Aishar."

Die Schwertklinge funkelte mit magischer Energie, eingehüllt in einen feurigen, goldenen Glanz. Nach einiger Zeit verblaßte dieser langsam... Nein, es schien, als ob er eins mit dem Schwert werden würde, eins mit der Klinge. Und als die Manaaura vollkommen verschwunden war, hinterließ sie eine pure goldene Klinge, das Symbol der Venus auf dem Schwertgriff eingraviert. Testweise schwang ich Excalibur einige Male durch die Luft und die heilige Klinge kreierte eine wunderschöne, wenn auch scharfe und für seine Gegner tödliche Melodie, die die Luft selbst förmlich zu teilen schien mit ihrer Klarheit. Es war fast so, als ob das Schwert singen würde. Ich hielt eine Waffe in Händen, die in meinen Händen Potential hatte ganze Heere mit einem Streich zu vernichten. Und das machte mir wieder etwas Angst. Ich hatte immer versucht zu verstehen wie Saturn sich fühlte, wenn sie die Silence Glaive benutzte, diese rohe, gewaltige Kraft. Ich verstand endlich, verstand endlich welche Verantwortung ich in Händen hielt. Und es ängstigte mich noch mehr.

(Libra)

Meine Gedanken waren ein Scherbenhaufen. Ich wußte nicht mehr, was ich denken oder glauben sollte. Noch nie hatte ich meine eigene Existenz so in Frage gestellt aber als ich zusah wie sich die Szene vor mir weiterentfaltete, da fragte ich mich bitter, wo mein Platz in all dem war. Die Vergabe der heiligen Schätze störte mich nicht weiter, denn ich wußte, daß jedes Stück gleich stark und wichtig war, also machte ich mir keine Sorgen darum wegen Excalibur nicht mehr mit Venus mithalten zu können – immerhin hatte ich ja immer noch meine Wings of Justice, wie meine Zwillingskatanas genannt wurden. Nein, das störte mich nicht. Was mich jedoch aus der Bahn warf, war, daß meine süße, liebevolle Rhea eine Fee war. Ein Faktor, an den ich mich beim besten Willen nicht erinnern konnte, und auch das ganze Gerede über die Percypher-Linie konnte ich nicht zuordnen. Ich verstand nicht, was vor sich ging und ich verstand nicht mehr was wahr und was falsch war... Oder war alles nur eine große Lüge? Es waren offensichtlich Lücken in meiner Erinnerungen, Lücken, die mir Rhea vielleicht für immer unerreichbar machen konnten... Wenn sie das nicht schon war. Venus eine Elfe, Rhea eine Fee, es war alles so perfekt, so hervorragend durchgeplant und plötzlich kam ich mir ausgeschlossen vor, wie ein Puzzleteil, das nicht mehr länger in das Puzzle paßte. Venus hatte diesen Platz eingenommen.

Gibst du schon so schnell auf? Ich wußte nicht, ob die Stimme meinem Gewissen gehörte oder ich sie mir einfach nur einbildete. Doch es war jedesmal so. Ich konnte einfach nicht loslassen und ich wollte auch nicht. Sie so zusammenzusehen, es schmerzte. Das Kind war ein tödlicher Stich ins Herz gewesen, denn ich wußte, daß meine Chancen praktisch auf Null gesunken waren. Was konnte ich schon tun? Wo paßte ich hinein? Wo war meine Chance in dieser perfekten Beziehung? Eine Beziehung, die einmal die von Rhea und mir gewesen war. Womit hatte ich das verdient? Es fühlte sich an, als ob das Schicksal mir eine Ohrfeige verpaßt hätte und mich jetzt auslachte. Warum konnte ich nicht einfach zurück? Warum konnte nicht einfach alles wieder so sein wie es früher einmal war?

Mehr aus Instinkt reagierte ich, als etwas auf mich zuflog. Ich hätte mich selbst verfluchen können. So sehr abgelenkt von meinen Gedanken und ertrinkend in Selbstmitleid hatte ich gar nicht mitbekommen, was um mich herum geschah, bis sich der lange braunrote Stab in meiner Hand befand und eine erschlagende Welle von starkem Mana durch mich hindurchströmte. Die Spitze des Stabes war ein fünfzackiger Senshistern mit dem Zeichen der Waage in Kobaltblau darauf.

„Der Stab der Könige. Das Symbol der Führung, des Ausdrucks von Würde und Führungsqualitäten. Dieser hier wurde oft benutzt, wenn auch selten erwähnt. Doch letztendlich ist er rechtskräftig Euer." Für einige Augenblicke starrte ich den Stab in meinen Händen an. Ein kaltes Feuer schien darin zu brennen, darauf wartend freigesetzt zu werden. Ich war an Macht und Verantwortung gewöhnt, jedoch konnte ich mir nicht vorstellen, warum ich gerade ein Symbol der Führung bekam. Es gab keinen Zweifel daran, daß der Stab mit mir verbunden war, das spürte ich in jeder Faser meines Körpers. „Würde er nicht viel besser sein in den Händen von Lady Serenity. Immerhin ist sie es, die in der Zukunft diese Welt regieren wird." Selbst Saturn und sogar Venus hätten mehr recht das hier zu tragen. Ich war eine gute und stolze Kriegerin aber sah ich mich nicht sehr wie eine Führerin. Davon abgesehen hatte ich gar nichts, was ich führen konnte. Meine Rangordnung unter den anderen Senshi war eh schon sehr niedrig, da sie mir nicht vertrauten – was ich ihnen nicht wirklich verübeln konnte.

Morgaine nickte. „Das ist richtig. Doch auch Ihr seid seiner würdig, sogar mehr als das. Ihr, Prinzessin Libra, seid die letzte Überlebende der alten Generation, die einzige Senshi und Prinzessin, die noch stolz die volle Kraft ihrer Ahnen in sich trägt. Um so mehr ist der Stab der Könige Euer. Fragt nicht weiter, denn ihr werdet wissen, wenn es an der Zeit ist ihn einzusetzen." Widerwillig nickte ich, noch nicht ganz überzeugt aber das Beispiel der anderen Drei hatte mir gezeigt wie sinnlos es war mit der Hohepriesterin zu streiten.

Mit einer Handbewegung schloß sich die Truhe wieder und Morgaine bedachte uns alle mit einem langen Blick. „Das ist alles, was ich euch geben kann, um die vor euch liegende Aufgabe zu meistern. Doch eines muß ich von euch fragen, eines müßt ihr mir versprechen. Nämlich, daß ihr immer, was auch geschehen wird, zusammenbleibt. Euer Schicksal ist eng miteinander verbunden. Achtet aufeinander, denn es könnte unser aller Existenz retten." Na toll. Ich hatte ja definitiv nichts gegen Rhea und Lady Serenity konnte ich auch ertragen aber Venus und damit auch noch Venus und Saturn zusammen. Das konnte echt lustig werden.

Als wir kurz darauf den Raum wieder verließen – erstaunte Reaktionen von den anderem Senshi hervorrufend –, beobachtete ich mit steigendem Neid und hochschlagender Eifersucht wie Venus und Rhea miteinander umgingen, ihre Späße mit dem Baby trieben und eine Glückseeligkeit ausstrahlten, die mich schon nahezu krank machte. Und ich schwor mir, daß ich alles tun würde, um meine Rhea wiederzubekommen. Was auch immer sie jetzt war, sie war immer noch die einzige Person, die ich liebte, und ich würde sie unter keinen Umständen jemals aufgeben. Das hatte ich Lady Serenity bereits gesagt und ich hatte es auch klar gegenüber Venus gemacht. Am Ende würde sie mir gehören, so gering meine Chancen auch waren.

Eine Stunde später (Morgaine)

Der Wind wehte eine leichte Brise, die schnell stärker wurde. Er trug eine Botschaft, eine Ankündigung eines langen, harten Krieges, so wie er von Anbeginn prophezeit wurde. Allein für diesen Augenblick war jede Priesterin Avalons trainiert worden und vielleicht war es Zufall, vielleicht auch Schicksal – wie so vieles im Moment, eingeschlossen dem Grund des nahen Krieges –, daß ich es war, die diese Zeit miterlebte. Ich wünschte tief in meinem Herzen, als ich die beiden Boote in den Nebeln um die Insel verschwinden sah, daß ihnen diese schreckliche Vorherbestimmung erspart bliebe, doch gab es wohl keinen Weg drum herum. Ich hatte getan, was ich konnte.

Mein Gewand wehte im Wind, als ich mich umdrehte und gezielten Schrittes zu einem abgelegten Tempel auf der Insel ging, der vollkommen allein und unberührt schon seit Anbeginn existierte. Nur die Hohepriesterinnen hatten dort Zutritt und als ich die heiligen Hallen betrat, fühlte ich wie das reine Licht dieses Ortes mich umgab. Es war, als ob ich in Wasser schwamm. Klarem, reinem Wasser. Mein Gewand löste sich auf und ich trat in die Mitte des ansonsten vollkommen leeren Tempels in dem Zustand, in dem wir alle einst auf die Welt gekommen waren. Rein und unschuldig. Dieser Zustand war kaum auszuhalten für einen Menschen, der schon soviel Leid gesehen und erlebt hatte wie ich, doch für einige Zeit würde es reichen.

Das Symbol meiner Macht strahlte und stellte die Brücke her. Die Brücke war natürlich nur eine Illusion des Geistes, ein Anhaltspunkt sich zu orientieren. Meine Füße berührten den imaginären Boden der weißen Brücke, alles um mich herum hatte sich in die Szenerie eines friedlichen Parks verwandelt und mir gegenüber stand ein junges Mädchen, achtzehn Erdenjahre vielleicht, obwohl sie viel älter und reifer wirkte. Rote Haare fielen ihr über die Schultern den Rücken hinunter und auch sie trug nichts außer der Haut, mit der sie geboren wurde.

„Es ist vollbracht. Sie sind auf dem Weg zurück und so gut vorbereitet, wie es in meiner Macht lag." Das Mädchen nickte. „Sehr gut. Schämt Euch nicht für Eure Unfähigkeit mehr zu tun, Morgaine. Wir wußten alle, dieser Tag würde kommen. Ich habe diesen Posten selber nur vollends ausgeführt, damit wir bereit sein würden." Ich senkte den Blick. „Gibt es denn nichts, was wir mehr tun können, Oh Avatar?" Das Mädchen schüttelte traurig den Kopf mit einem mißbilligenden Ausdruck in den Augen. „Euer Part ist erfüllt, nun liegt es an uns ihnen Hilfestellung zu leisten so gut wir können, Euer Reich ist nicht für den Kampf geschaffen. Und nennt mich nicht Avatar oder Göttin oder was auch immer. Ihr wißt, wie sehr ich das nicht leiden kann."

Ich mußte unwillkürlich lächeln. Es war ein gezwungenes Lächeln aber mehr konnte ich beim besten Willen nicht zustandebringen. „Eine von königlichem Blute, ein Paar auf ewig verbunden durch harte Prüfungen und eine Trumpfkarte, die vier Fäden des Schicksals sollen sie bilden und über das unser aller entscheiden", rezitierte ich die alte Prophezeiung und sah auf zu dem anderen Mädchen. „Glaubt Ihr, daß es richtig war?"

„Sie mit bei ihnen zu lassen? Ja, wenn nicht, hätten wir unser Schicksal schon besiegelt. Wir müssen vertrauen haben." Es war ein Risiko SIE dazubelassen. Ich hätte alles aufklären können, wenn ich gewollt hätte, doch das hätte alles nur noch schlimmer gemacht. SIE mußte ihre wahre Bestimmung selber lernen, SIE war die Trumpfkarte. Die Frage blieb nur: Für wen?

„Der Feind hat Spione ausgesandt, sie sammeln ihre Truppen aber habt keine Angst, meine Leute werden sich darum kümmern und ich stehe selber auf dem Sprung in Eure Welt. So sehr ich es wünsche, mehr als diese Linie können wir nicht schützen. Aber solange die unsere sicher ist, besteht Hoffnung. Betet für uns, Lady Morgaine, das ist das Einzige, was Ihr noch tun könnt."

„Das werde ich. Und... Viel Glück, Hikaru."

Und dann wurde die grenzenloses Reinheit dieser höchsten spirituellen Ebene endgültig zu viel und wie eine Seifenblase zerplatze die Umgebung um mich herum und hinterließ nur den leeren Tempel und den weißen Marmor, auf dem ich stand. Die Robe wieder an ihrem Platz drehte ich mich um und verließ den Ort. Wie sie schon sagte. Ich hatte alles getan, was in meiner Macht stand. Möge die Göttin sie beschützen, denn sie waren unsere einzige Hoffnung.

Chapter Twenty-seven: Planning

Jenseits von Zeit und Raum, jenseits von Schicksals und Existenz (Kaiserin)

„Alles ist, wie Ihr es wolltet, Ohi-sama (Kaiserin). Doch ich rate noch einmal zur Vorsicht. Die Kräfte der Senshi sind über das hinausgestiegen, was selbst wir erwatet hatten. Es wäre töricht vorschnell zu handeln. Außerdem habe ich beunruhigende Berichte meiner Spione aufgefangen, daß offenbar unvorhergesehene Kräfte begonnen haben sich zu sammeln. Diese Linie hat mehr Verteidiger als uns lieb sein kann."

An'ya schnaubte. „Pah, ihr beide seid einfach nur zu schwach eure Aufgaben zu erfüllen. Ich hatte keine Probleme mit den Verteidigern meiner Linie." Arora sagte nichts, da sie genau wußte wie wenig Chancen die anderen Schamanin gegen die Senshi der Originallinie hätte. Nayaru funkelte An'ya böse an. „Ja, sicher. Als ob die auch viel Widerstand haben leisten können. Ich habe es konstant mit zwei Sternschnuppen und mehreren Sternenkindern zu tun. Dagegen ist dein Erfolg lachhaft." Die beiden so vollkommen unterschiedlichen Frauen waren bald in ein hitziges Wortgefecht vertieft, während Arora nur ausdruckslos daneben stand.

Sie sah zu mir auf und ich wußte ganz genau, was in ihr vorging und wo ihre unausgesprochenen Fragen hinführten. Sie mochte es nicht im Dunkeln belassen zu werden und keine Kontrolle über den Verlauf der Dinge zu haben. Doch noch war es zu früh. Wenn wir erreichen wollten, was wir über Jahre hinweg vorbereitet hatten, dann mußte jede von ihnen ihre Aufgabe erfüllen. Jede.

„Genug!" Ich hob nie meine Stimme. Es war mehr ein Wispern, doch das allein brachte die zankenden Untertanen augenblicklich zur Aufmerksamkeit. „Ihr alle wißt, was zu tun ist. Die Wächter werden es sich nicht nehmen lassen, nun da alle Senshi im Vollbesitz ihrer Kräfte sind, sich direkt an die Front zu begeben. Genau wie wir es wollten. Ihr wurdet alle auf diesen Augenblick trainiert." Ich wandte meine Aufmerksamkeit der Zwielichtschamanin zu. „Ich stimme mit deiner Vorsicht überein, Arora, aber wage nicht noch einmal einen solchen Fehler wie mit dem Chaosgeist zu machen, denn das wäre dein letzter." Sie nickte augenblicklich, ein Aufflackern von Angst in ihrer Aura. „Gut."

Mit einer Handbewegung entließ ich die anderen beiden und wartete auf die unabwendbare Frage. „Was ist mit Libra, Ohi-sama? Ich verstehe nicht wirklich, warum ihr dieses Risiko eingeht. Sie ist stark und ich sehe keinen großen Fortschritt darin die beiden anderen Sternschnuppen auseinanderzubringen." Sie schaute etwas zögerlich zu mir auf und wagte nicht noch weiter zu fragen. „Oh, keine Sorge. Ich habe genug Kontrolle über sie und ihr Zorn wird helfen, wenn die Zeit reif ist. Ich habe sehr viel Energie in ihr Training gesteckt, sie wird ihren Part erfüllen, wenn die Zeit reif ist. Gib dich damit zufrieden, Arora, denn es ist das Einzigste, was ich dir sagen werde. Bald wird unser Traum wahr werden und sie wird nicht mal wissen, daß sie dazu beigetragen hat." Arora verbeugte sich. „Wie Ihr meint, Euer Hoheit. Ich kehre nun zurück zu meinen Aufgaben. Die Sammlung dieser neuen Kräfte beunruhigt mich." In einem Lichtblitz war sie verschwunden und ich war allein.

Allein. Bald würde ich nicht mehr allein sein. Mein Traum würde wahr werden und alles würde einen ganz neuen Anfang nehmen. Zu lange hatte ich darauf gewartet, um es mir jetzt noch nehmen zu lassen, zu lange.

Nahe Tokyo Bay, Japan, eine gute Woche später (Setsuna)

Die einst bildhübsche Szenerie grüßte mich schon von weitem. Auch wenn offensichtlich einiges an Magie geflossen war, um den Strand wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen, sah man doch hier und da noch einige Zeichen des Kampfes mit dem Tentakelmonster. Es beunruhigte mich ein wenig zu was Minako und Hotaru mittlerweile alles fähig waren. Soviel war passiert, daß ich nicht vorausgesehen hatte, nicht voraussehen konnte. Zu einem gewissen Grad fühlte ich mich hilflos, denn dieses Mal hatte ich nicht ein gewisses Maß an Kontrolle über die Situation, konnte nicht abschätzen, wohin was führte. Dies war nicht mein Aufgabengebiet. Es war ihres, das der ehemaligen Oppositio Senshi.

Ich blieb stehen und berührte kurz meine Henshinbrosche. Purpurnes Licht umhüllte mich und kurz darauf war ich Star Sailorpluto. Zwei Schattenumbras wie die Schicksalswächter sie nannten hatten meinen Weg gekreuzt und glaubten wirklich mich aufhalten zu können. Arme Kreaturen. Offensichtlich waren sie hier zum ausspionieren aber Youmas oder andere Untertanen waren nie bekannt für ihre überragende Intelligenz. Wahrscheinlich waren sie einfach zu selbstbewußt für ihr eigenes Wohlbefinden. Nun, sie würden es bald herausfinden.

Ich wirbelte meinen Time Staff herum und richtete diesen auf die beiden Kreaturen. „Dead Scream", sagte ich in normalem Ton. Das Resultat war ein gigantischer Wirbelwind aus purpurner Energie, der die beiden Umbras wie Blätter im Wind von den Beinen fegte und innerhalb von Momenten aufsaugte. Nach ein paar Sekunden ebbte der Sturm ab und man konnte erkennen, daß einiges an Sand aufgewirbelt wurde. Aber das war eigentlich nichts im Vergleich dazu, wenn ich genausoviel Kraft hinter die Worte gelegt hätte wie die anderen Senshi bei ihren Attacken. Es gab einen Grund, warum man einen Dead Scream normalerweise flüsterte. Das Resultat eines tatsächlichen Schreis war... Nun ja, sagen wir nicht gerade schön.

Fünf Minuten später hatte ich den Rest des Weges zurückgelegt und stand an der Vordertür der wahrhaft monströsen – für die Verhältnisse von High School Mädchen – Strandvilla. Es war ein Glück – nein, Glück war wahrlich das falsche Wort in unserer Situation –, daß die Ereignisse der letzten Wochen genau in die Periode NACH den letzten Examen fiel. Morgen würde die Vergabe der Zeugnisse sein und dann waren Ferien, Rei hatte ihren Abschluß schon etwas länger in der Tasche und Haruka und Michiru hatten Semesterferien, nachdem sie wieder angefangen hatten etwas für ihre Bildung zu tun – gut für sie. Das soziale Leben war für die Senshi ziemlich ins Hintertreffen gelangt und es war nur den rapide wiederkehrenden Erinnerungen ihrer vergangen Leben zu verdanken, daß sie in der Schule relativ locker mithalten konnten. Immerhin war das Meiste des Schulstoffs hier mehr oder weniger Grundlage des ersten Schuljahrs im Silberjahrtausend. Keine größere Herausforderung also mehr. Ich wette, Usagi-hime hätte das schon früher gebrauchen können. Mit einem wissenden Lächeln klingelte ich und kurz darauf öffnete Momoko oder Engel Peach mir die Tür.

„Du bist spät, Pluto." Ich lachte aber es war ein wenig bitter wie ich feststellte. „Was kann ich dafür, wenn mir die beiden vorwitzigen Spione da unten über den Weg laufen, ohne daß ich es voraussehen konnte." Momoko verzog nachdenklich ihre Stirn, eine Geste, die ihr gar nicht so recht stand. Schließlich nickte sie, offensichtlich erkennend, daß es nicht viel dazu zu sagen gab. Eigentlich wollte ich auch gar nicht darüber reden. Eine Pluto mit unzuverlässigem Zeitblick war keine angenehme Zeitgenossin und genau das traf im Moment zu.

Momoko führte mich nicht wie man erwarten sollte in den großen Wohnraum, sondern zu einer massiven Stahltür, die etwas versteckt war in einem abgelegenem Flügel. Nachdem sie einen Code in das Schaltfeld neben der Tür eingegeben hatte, enthüllte diese eine Treppe, die nach unten führte. Die Form war relativ rauh und ungleichmäßig aber wir hatten nicht viel Zeit gehabt für eine Arbeit, für die normale Bauarbeiter Monate, wenn nicht Jahre gebraucht hätten, hatten wir alles größtenteils mit einem großen Aufwand an Mana erreicht. Am Ende der Treppe würde die neue Zentrale sein, die wir allgemein beschlossen hatten hierhin zu verlegen, direkt eingebaut in die hohen Klippen, ohne diese wirklich zu schädigen. Darauf hatten Venus und Saturn besonders geachtet. Zumindest hatten wir jetzt kein Platzproblem für strategische Meetings wie dieses mehr. Es würde das Letzte für eine Weile sein, an dem wir alle teilnahmen.

(Luna)

Stolz sah ich mich wieder einmal um in der großen Höhle, die jetzt die neue Basis darstellte, nicht mehr nur ein simples Kommunikationscenter wie das unter der Spielhalle. Wir hatten alles rübergeschafft und erweitert. Die Idee war Ami gekommen, als wir das erste Mal alle bei Minako und Hotaru waren. Damals war das praktisch noch unmöglich gewesen aber jetzt wurde es langsam notwendig und durch Minako und Hotarus Erwachen zu ihrer wahren Herkunft wurde jetzt auch einiges mehr möglich. Nach einem Tag heftigen Manaufwand – Libra hatte widerwillig auch mitgeholfen – entstand die Höhle, die von Pallas spontan „Sailorcave" benannt wurde. Sie hatte eine – laut Juno krankhafte – Leidenschaft für amerikanische Anime und Manga dieses Jahrhunderts entwickelt...

Einige hatten es zuerst für zu aufwendig empfunden und eine Verschwendung der Fähigkeiten, die momentan anders genutzt werden sollten. Die Senshi waren in einige Handlanger der Schamanin Arora gelaufen und niemand war wirklich froh zu gehen und diese doch eigentlich so wichtige Linie, wie Sin und ihre Freunde immer wieder betonten, alleine zu lassen. Doch sahen wir alle die Notwendigkeit zuzuschlagen, so lange es noch möglich war, und Usagi bestand darauf, daß die Zurückbleibenden genügend geschützt waren, denn es war mehr als klar, daß alle Kernsenshi weg sein würden.

Ich schaute hinüber zu Diana, die in ein Gespräch mit Ceres verstrickt war. Des Öfteren hatte ich mich schon gefragt wie ihre Zukunft wohl aussah. Im Gegensatz zu Usa-chan sprach sie kaum über irgend etwas außer ein paar Anekdoten über unsere zukünftigen Ichs. War da jemand in ihrem Leben oder war sie immer noch zu haben? Mau war meines Wissens nach zerstört und Artemis und ich die letzten Überlebenden. Oder waren da noch mehr Mau-Katzen in der Zukunft? Für Diana würde es mich freuen. Obwohl... sie konnte ihre menschliche Form relativ gut halten – fast schon besser als wir –, überhaupt waren sowohl Usa als auch Diana mittlerweile wesentlich erwachsener und eine ganze Ecke ernster, als man erwarten sollte. Sie mußten einige harte Zeiten in der Zukunft hinter sich gehabt haben, verloren aber nie ein Wort darüber. Ich hatte schon lange aufgegeben nachzuhaken.

Zurück zu Diana. Es schien offensichtlich, daß sie noch nicht vergeben war aber beschäftigte mich die Frage schon in welche Richtung ihre Interessen gingen. Die normale menschliche Gesellschaft hätte es wohl merkwürdig gefunden solche Sachen überhaupt offen zu bedenken aber unsere Rasse war da schon immer etwas freizügiger mit ihren Reizen. Und ich hatte Diana in der letzten Woche einige Male bei der lokalen weiblichen Bevölkerung Eindruck schinden sehen. Es war nicht so, daß es mich störte – momentan schien ich eh umrundet zu sein von gleichgeschlechtlichen Paaren –, ich wollte nur wissen, was genau meine Tochter im Sinn hatte. Welche Mutter möchte das schon nicht?

„Es ist ihr Leben und sie muß ihre eigenen Erfahrungen machen." Ich zuckte zusammen beim Klang von Artemis' Stimme und als er mir eine Hand auf die Schulter legte. „Nani? Wie hast du...?" Er schenkte mir eines seiner typischen Grinsen. „Das ist relativ offensichtlich, so wie du in ihre Richtung starrst." Ich fühlte Farbe in meine Backen steigen und schnaubte hörbar. „Darf sich eine Mutter nicht mal Gedanken machen?" Artemis nickte nur, urplötzlich ernst, was mich etwas aus dem Konzept brachte. „Hai. Du wirst sicher mal eine gute Mutter. Diana kommt sehr nach dir." Ich errötete erneut und schlug ihn spielerisch auf den Arm. „Wenn man sie so flirten sieht, merkt man gleich, wessen Einfluß DAS ist." Artemis lachte verlegen.

Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Treppe, als Setsuna – in Senshiform – und Momoko herunterkamen. Es war offensichtlich, daß die Senshi der Zeit in einigen Ärger gelaufen war, ansonsten wäre sie auf die Sekunde pünktlich gewesen, soviel hatten wir mittlerweile gelernt. Damit waren wir endlich alle zusammen und das Meeting konnte beginnen. Heute würden die verschiedenen Gruppen eingeteilt werden und die exakten Ziele zugeordnet.

(Anshar)

Ich hörte den Erklärungen meiner Schwester nur halb zu, als sie die genaue Umstände der verschiedenen Schicksalslinien erklärte, in die wir die Senshi verteilen würden. Über die Jahre des Aufstiegs der Schamaninnen und ihrer Kaiserin hatten wir mehre Linien entdeckt, die ihnen offenbar sehr wichtig waren. Es war ein Risiko alle Senshi abzuziehen aber eines war uns offensichtlich geworden. Diese spezifischen Linien dienten unserem Feind offenbar als Fixpunkt zur Kontrolle über das Schicksal, als Fokuspunkte ihrer Macht. Und diese Machtzentren mußten zerschmettert werden, koste es, was es wolle. Außerdem war diese Linie nicht im Geringsten schutzlos ohne die Kernsenshi. Es gab genug Verteidiger in und außerhalb Tokyo, ganz zu schweigen von der stets greifbaren Unterstützung des Engelreiches auf Venus.

„Wir werden uns in zwei größere und zwei kleinere Gruppen aufteilen. Jede von ihnen wird mindestens einen von uns Wächtern dabei haben", erklärte Sin den versammelten Senshi und Helfern – bestimmt um die zwei Dutzend mittlerweile. Die zwei größeren Gruppen würden sich direkt um die von den Schamanen An'ya und Nayaru kontrollierten Realitäten kümmern. Ich warf einen Blick in die Richtung, wo Usa und Helios saßen. Der Priester hatte mich überrascht, als er mich darum gebeten hatte mit Usas Gruppe zu gehen und auf sie achtzugeben. Wir waren vielleicht nicht die besten Freunde aber ich respektierte ihn dafür, was er für „seine Jungfrau" tat. Die Bitte kam unerwartet und ich war erst nicht sicher gewesen wie ich reagieren sollte. Eigentlich hatte ich gedacht, er würde es sich nicht nehmen lassen selber zu gehen und dann hätte ich sie willentlich der Obhut meiner Schwester überlassen. Doch offensichtlich hatten beide ausgemacht nicht zuviel zu riskieren. Es machte mich stolz, daß Usa so verantwortungsbewußt handelte – bedachte man ihre früheren Zeitreisen. Helios' Bitte konnte ich nicht ausschlagen, selbst wenn es schmerzen würde in ihrer Nähe zu sein und nichts tun zu dürfen. Irgendwas sagte mir, daß ich mit ihr gehen müßte, außerdem hatte der Priester vage Andeutungen in Hinsicht auf meine Träume gemacht. Ich mußte zugeben, ich war neugierig.

„Gibt es irgendeinen Widerstand in den von An'ya und Nayaru kontrollierten Realitäten, Sin-san?" wollte Serenity wissen. Sie trug Kampfkleidung zu diesem Meeting wie praktisch alle Anwesenden. Sin nickte zustimmend. „Hai, Serenity-sama. An'yas Kontrolle ist härter und es sind keine Senshi mehr vorhanden – zumindest soweit wir wissen. Doch gibt es einige Widerständler. Nayaru hat noch keine vollständige Kontrolle über ihre Realität. Kristall Tokyo steht noch und einige der Senshi, größtenteils ihre Kinder, leisten noch immer Widerstand."

Saturn legte nachdenklich ihre Stirn in Falten. „Kristall Tokyo, das heißt sie lassen sich auch in der Zukunft nieder?" Ich antwortete für meine Schwester. „Eingriffe in das Schicksal können von jedem Punkt der Zeit aus gestartet werden. Je nachdem, was sich direkt anbietet. Leider können wir diesen Punkt nicht einfach unterbrechen, warum auch immer. Das habe ich selber noch nicht herausgefunden aber es scheint, daß unsere Feinde eine gewisse Kontrolle über die spezifische Linie haben."

„In diesem Fall, denke ich, ist es das Beste, wenn Hotaru, Libra, Usa und ich uns um An'yas Linie kümmern. Von euren Beschreibungen macht euch diese am meisten Sorgen", erklärte Venus. Sin und ich nickten simultan. Wir hatten diese Variante auch schon in Erwägung gezogen. Die vier Senshi hatten darauf bestanden zusammenzubleiben, offenbar etwas, was Morgaine ihnen geraten hatte. Um so besser. Der Rest der Gruppe formte sich praktisch automatisch, da die Neo Senshi nicht von der Seite ihrer Prinzessin weichen würden und ich an das Versprechen gebunden war, daß ich Helios gegeben hatte.

„Gut, dann nehmen Mamo-chan und ich die Starlights und Pluto mit uns. So kreieren wir nicht mehr Paradoxe als nötig. Demo... Ich denke Healer sollte mit Mars' Gruppe gehen." Mars schoß einen Blick in Serenitys Richtung, ohne direkten Augenkontakt zu machen. Die Priesterin mochte es deutlich nicht, daß ihre Prinzessin – Königin – die Entscheidungen für sie traf. Sie schwieg aber und Healer gab beiden ein zustimmendes Nicken.

Die beiden kleineren Gruppen bildeten sich dementsprechend von alleine. Mars und Healer würden mit Nergal und Marduk zusammengehen und Merkur, Jupiter zusammen mit Uranus, Neptun, Nabu und Ishtar. Uranus gab zu Bedenken, daß das unbalanciert wäre aber ich beruhigte sie mit dem Wissen, daß sie genug Unterstützung finden würden, wo wir planten sie hinzuschicken. Ich lächelte ein trauriges Lächeln bei dem Gedanken. Mars würde es definitiv von den Beinen fegen... Vielleicht konnten wir mehr als einer leidenden Seele auf diesem Weg helfen.

Nach einigen weiteren Erklärungen und genaueren Details zu den vor uns liegenden Aufgaben unsererseits begann der Raum sich zu leeren, bis nur noch Sin, ich und die anderen vier Wächter da waren. „Wir kreieren ein großes Durcheinander. Das ist dir klar, Onee-san, ja?" Sin lächelte reuevoll. „Nicht viel mehr, als sie es tun. Wir machen daraus nur ein gutes Durcheinander... Hoffentlich." Nabu runzelte die Stirn und Marduk blickte finster drein. „Das werden wir, Sin. Das werden wir."

Chapter Twenty-eight: Painful emotions

(Yaten)

Die Sonne stand tief und wieder einmal konnte ich meinen Blick für einige Momente nicht abwenden von der schönen Szenerie vor mir. Chykuu war wahrlich ein schöner Planet, in vielerlei Hinsicht so sehr wie Kinmokusei... Es schmerzte immer noch daran zu denken und ich nahm an, daß dieses Gefühl wohl nie wirklich verschwinden würden. Zweimal hatten wir unseren Planeten verloren, dieses Mal endgültig. Und zweimal durch dieselbe Person, die immer noch da draußen irgendwo rumflog und ihrer – wirklichen – Arbeit nachging, weil sie eigentlich ja gar nicht viel dafür konnte. Eine traurige Ironie, an der nichts zu ändern war.

Ich fand Rei etwas weiter abseits hinter der Villa sitzend. Ihre Beine baumelten über den Rand der Klippe und sie starrte gedankenverloren auf den Ozean hinaus. Leise, vorsichtig sie nicht zu erschrecken, setzte ich mich neben die dunkelhaarige Priesterin und leistet ihr Gesellschaft bei ihren stummen Sinnieren, mir nur zu gut bewußt, was in ihren Gedanken war.

„Unter anderen Umständen würde ich sagen der Moment ist romantisch." Ich zog eine Augenbraue hoch. „Hontoo?" Sie grinste und nickte. Ich war froh, daß es ihr wieder einigermaßen besser ging. Ihre eigene Abschlußfeier und Zeugnisvergabe hatte Rei wieder etwas aus dem emotionalen Tief herausgeholt, in dem sie sich seit der Offenbarung ihrer Gefühle gegenüber Usagi befunden hatte. Als die Senshi von Avalon zurückgekehrt waren, hatte ich keine Erklärung gebraucht, um zu wissen, was vorgefallen war. Es war in ihr ganzes Gesicht und ihr Verhalten geschrieben. Die Shintopriesterin schien offener zu sein, wenn ich in der Nähe war, was mich selber fröhlich stimmte. Wir hatten ähnliche Probleme, was uns wohl anzog und ich hatte begonnen eine enge Freundschaft zu dem anderen Mädchen zu entwickeln und manchmal hatte ich das Gefühl, es könnte mehr werden. Noch nicht. Sie braucht Zeit.

Ich stellte fest, daß Rei ihre Aufmerksamkeit auf etwas unter uns gerichtet hatte und als ich hinunter sah, entdeckte ich Hotaru mit ihrem Kind und Libra neben ihr sitzend – Minako war nirgendwo in Sicht. Meine Augen verengten sich. Ich hatte Minako nicht aufgegeben, damit diese kleine... „Sie reden nur, Yaten-kun." Überrascht schoß mein Kopf herum zu ihr. Wie konnte Rei so ruhig bleiben dabei? Gerade sie müßte doch ganz besonders wissen wie gefährlich so eine Situation war und... „Warum kann Liebe nicht einfach sein? Zwei Menschen, die sich lieben, nicht mehr. Warum gibt es immer wieder jemanden, der leiden muß?" Huh? Nande...? War ich im falschen Film. Das war keine Rei-Rede, kuso, daß war nicht einmal ihr Verhalten. Ich konnte nicht glauben, daß das im Moment so zerbrechliche, depressive Mädchen neben mir dieselbe temperamentvolle, leidenschaftliche Priesterin war, die ich kannte. Diese „Was für eine traurige Welt" Einstellung paßte einfach nicht zu ihr und ich wußte nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Erneut erhuschte ich einen Blick auf die Szene unter mir und was ich sah gefiel mir gar nicht, überhaupt nicht! Dieses Luder einer Senshi küßte Hotaru, meiner verlorenen Liebe Sternschnuppe und sie ließ es sich gefallen! Zumindest für einen kurzen Augenblick. Wütend sprang ich auf, bereits bereit mich mal persönlich mit dieser hochnäsigen Zodiac zu unterhalten aber Rei hielt mich am Arm fest und zog mich wieder runter, was mich vollkommen verblüffte. „Laß sie in Ruhe, Yaten. Das ist nicht deine Sache." Ich strich mit einer Hand durch mein Haar und glättete meinen Zopf, der sich beinah aufgelöst hätte, und schenkte Rei einen verwirrten Blick. „Was ist mit diesen Stimmungsschwankungen?" Sie seufzte, gab mir aber keine Antwort. Statt dessen warf sie sich urplötzlich vorwärts und vergrub ihre Gesicht ohne Vorwarnung in meiner Brust. Ich blinzelte überrascht aber meine Arme kamen augenblicklich um ihre kleinere Form herum. „Halt mich", flüsterte sie nur und ich hatte keine Absicht ihrer Bitte nicht nachzukommen. Offenbar saß der Schmerz doch immer noch tiefer, als ich angenommen hatte.

Ich hielt sie weiter fest, mir nur zu sehr im Klarem darüber, wie wichtig es war, alles mal rauszulassen, und beobachtete weiter wie Libra unten aufstand und bitter davon trottete. Hotaru sah ihr nachdenklich und ein wenig traurig nach, ein Hauch von Mitleid in ihrem Gesicht vermischt mit ansteigender Verwirrung. Ich konnte das Mitleid teilen, im gewissen Sinne hatte Rei mit ihren Worten recht. Es gab immer jemanden in den Wirrspielen der Liebe, der leiden mußte.

Ein leichtes Aufblitzen zu meiner rechten signalisierte, daß Minako offensichtlich sehr wohl mitbekommen hatte, was mit ihrer Gefährtin geschehen war, und in diesem Augenblick schoß sie schnurstracks die Klippe hinunter, ihre Elfenflügel glitzerten gegen die untergehenden Sonne...

Ich wandte meinen Blick ab und widmete meiner Aufmerksamkeit wieder Rei bevor meine eigenen Gefühle mich einholen konnten. Wir hatten bereits genug emotionales Chaos, es wurde wirklich Zeit, daß wir einige Zeit getrennte Wege gingen, damit jeder seine Gefühle mal ordnen konnte.

(Libra)

Einsam und alleine mit meinen Gedanken lief ich am Strand entlang und beobachtete abwesend wie das Wasser kleine Wellen schlug. Eine neue Welt... Nun ja, praktisch dieselbe Welt aber doch ganz anders in Zeit, Verlauf und Umstände. War ich auch aus so einer Welt? Der Gedanke hatte sich einige Male bei mir aufgedrängt, doch hatte ich ihn immer wieder verworfen. Und wenn ja, warum war ich hier und änderte das etwas an meinen Gefühlen für Rhea? Die erste Frage konnte ich nicht beantworten, obwohl ich das Gefühl hatte, daß mehrere Personen um mich herum zumindest stückweise über mein wahres Dasein Bescheid wußten. Doch, ob ich Rhea deshalb weniger liebte? Nein, das ganz sicher nicht. Nie. Es war inbegriffen in unserem Bund, daß ich nie aufhören konnte und würde. Einmal geformt, gab es kein Zurück. Genauso wie für Venus... Doch sie hatte einen beidseitig funktionierenden Bund, ich nicht. Kuso.

Da war sie. Ich stoppte abrupt, als ich Rhea alleine im Sand sitzen sah, ihr neugeborenes Baby im Schoß. Ich konnte nicht genau feststellen, ob sie meditierte oder sich einfach nur entspannte. Schwer war es für mich geworden sie zu verstehen, diese Rhea, doch ich versuchte mein Bestes. Ihre Enthüllungen von Feenblute zu sein half dabei nicht gerade, sondern trug nur zu meiner allgemeinen Verwirrung bei. Ohne etwas zu sagen, setzte ich mich neben sie, sorgfältig darauf achtend nicht automatisch zu nahe zu rücken.

Sie schien nicht überrascht über meine Anwesenheit. Im Gegenteil, eher ruhiger und gelassener als bei unserem ersten alleinigen Zusammentreffen hier, wo ich ihre Erinnerungen versuchte wiederzuerwecken. Das, wie ich mittlerweile realisiert hatte, war ein Fehler gewesen, zu direkt und drängend. Diese Rhea war anders als die, die ich kannte, und sie würde vielleicht nie die meine sein... „Du warst niemals eine Fee in meiner Zeit." Rhea nickte verstehend. „Ich habe darüber nachgedacht. Ich kann es mir nicht anders vorstellen, als daß die Rhea, die du kennst, eine frühere Inkarnation von mir war. Die Senshi des Saturns wird... wurde am Ende jedes Zyklus wiedergeboren. Du hast wahrscheinlich meine erste Inkarnation getroffen."

Für einige Momente dachte ich darüber nach. Ihre Worte machten Sinn und das würde auch ihre Vermischung mit der Feenlinie erklären. „Trotzdem ändert das nichts an meinen Gefühlen. Unsere Kristalle sollten für immer verbunden sein." Rhea lächelte reumütig. „Ich weiß und es tut mir Leid, doch..." Sie sah hinunter auf ihr Kind – ihres und Venus' Kind – und ich verstand augenblicklich, was sie meinte.

Vorsichtig streckte ich eine Hand aus und strich ein paar Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. „Ich gebe dich nicht auf", stellte ich mit absoluter Bestimmtheit klar. Kaum merklich lehnte ich mich vor. Meine Finger zitterten und ich sah wie ihre Augen meine Bewegungen aufmerksam und wach verfolgten. Sie machte aber keine Anstalten sich zu rühren. „Ich liebe dich", flüsterte ich. Und dann fanden meine Lippen die ihrigen und für einen winzigen Augenblick im großen Verlauf der Zeit war alles in Ordnung. Ich war da, wo ich hingehörte.

Doch leider merkte ich schmerzlich schnell, daß Rhea den Kuß nicht erwiderte, nicht so wie ich erhofft hatte und fragend zog ich zurück, um in ihre Augen zu sehen. Der kleine Hoffnungsfunke, der sich aufgebaut hatte, erlosch augenblicklich. „Und ich mag dich vielleicht einmal geliebt haben." Ihre Worte stachen tief in mein Herz. Nicht so sehr die Zurückweisung darin, sondern daran, daß sie immer noch zweifelte. Wie konnte sie? Nach allem, was ich ihr gegeben, nach allem, was ich versucht hatte? Die schreckliche Leere, die begonnen hatte mein Herz einzunehmen, füllte sich mit Wut und Verärgerung und ich tat etwas, was ich nie geglaubt hatte zu tun und nie gehofft hatte tun zu müssen.

Rhea zuckte leicht zurück unter dem nicht gerade harten aber emotionsgeladenen Schlag meiner flachen Hand, als ich aufsprang und auf sie hinunterblickte. „Ist das alles? Bedeutete es dir überhaupt nichts mehr, was wir gehabt haben? Wie kannst du immer noch daran zweifeln? Habe ich nicht alles getan, um dir zu beweisen, wie ich empfinde und daß es wahr ist? Ich weiß langsam wirklich nicht mehr, ob ich noch dasselbe Mädchen vor mir habe, an das ich mein Herz, meine Seele und alles, was mich ausmacht, verschenkt habe. Für alle EWIGKEIT!"

Zornig drehte ich auf dem Absatz um und stapfte davon. Bitternis und Schmerz ersetzten die Wut langsam und ich fragte mich, ob ich sie mit diesem Ausbruch wahrlich verloren hatte. Es ist alles die Schuld dieser dummen Feen. Ja, wenn sie nie als Hohe Fee wiedergeboren worden wäre, dann wäre alles anders. Oder versuchte ich nur mir das einzureden. Ich wußte es nicht und das frustrierte mich um so mehr. Alles, was ich wußte, war, daß Rhea MEINE Sternschnuppe war, sie mit einer anderen verbunden war und ich ALLES tun würde, um sie zurückzugewinnen. Ich wollte keiner Senshi hier etwas böses aber wenn es ist nicht anders ging, würde ich auch bis zum äußersten gehen. Falls es das war, was mir meine Rhea zurückbringen würde. Falls...

In einer engen Gasse irgendwo in Tokyo (Hikaru)

Wenn es nicht selber aus einer vollkommen anderen Dimension kommen würde, das Wesen, das leise und unbeweglich in der engen Gasse das Geschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite beobachtete, wäre sicherlich komplett geschockt gewesen, als ich aus dem hinter mir dematerialisierenden Portal trat. So starrte der Youma nur neugierig und blinzelte verwunderte auf das für ihn sicherlich ziemlich lächerlich wirkende, rothaarige Erdenmädchen.

„Nande? Ist irgendwas nicht..." Ich berührte mein Haar und hielt mich gerade noch vom Fluchen ab. Interdimensionale Portale brachten stets mein Haar durcheinander. Andererseits sollte ich froh sein, daß es nicht mehr durcheinander gebracht hatte. Die Barriere, die die Wächter aufgebaut hatten war... anstrengend zu überwinden. Und alles andere außer mir würde extreme Probleme haben – was natürlich grundlegend gut war. Einige Sekunden fummelte ich damit herum, bis ich es – mit ein wenig magischer Hilfe – wieder in meinem typischen Pferdeschwanz hatte. Ein Gefühl wachsender Ungeduld erinnerte mich wieder daran, daß ich nicht alleine in der Gasse war.

Das Wesen, nicht gerade ein Augenschmaus aber verglichen mit dem, was dir in regelmäßigen zehn Minutenabständen im Wald des Schweigens über den Weg lief... Kein Vergleich. Genervt funkelte ich das Wesen an. „Was? Kann ein Mädchen nicht mal in Ruhe ihre Frisur ordnen. Normalerweise bin ich nicht der Typ, der es auf Aussehen ankommen läßt." Das war eher das Gebiet meiner Gefährtin. „Aber mein Pferdeschwanz muß sein." Das Wesen blinzelte erneut, deutlich verwirrt über das merkwürdige menschliche Wesen vor ihm. Meine Augen verengten sich jäh und ich wurde ernst. „Geh nun oder ich bin gezwungen dich zu entfernen. Das ist meine einzige Warnung."

Der Youma lachte – nun ja, es klang mehr nach einem tiefen Beben aus dem hintersten Teile seiner Kehle – und schaute mich mitleidig an. „Und warum sollte ich das tun, Erdenmädchen?" Dachte ich es mir doch. Die waren alle gleich. Viel Muskeln, viel schwarze Energie, kein Hirn. Sie verstanden nur eine Sprache. Die harte Sprache.

Ohne zu antworten ging ich an ihm vorbei, während in meiner ausgestreckten rechten Hand ein wachsender kleiner Ball aus roter Energie entstand, kleine Blitze zuckten um ihn herum in einer Mischung aus hochkonzentriertem Ki und Mana. Die Augen des Wesen weiteten sich. „Ich hab dich gewarnt." Im Vorbeigehen warf ich den Energieball halbherzig auf den feindlichen Spion, der seine Informationen mit einem auf seinen Lippen sterbenden Schrei mit ins Grab nahm. (ADA: Autsch, das war gemein, ich weiß... J)

Zufrieden mit der erledigten Arbeit verließ ich die Gasse und bewegte mich zielsicher auf die beiden Personen vor dem Geschäft zu. Ein junger Mann in relativ verhüllender Kleidung, in der man ihn glatt für einen Zauberer halten konnte – was der Wahrheit recht nahe kam –, und eine erschlagend bezaubernde junge Frau mit einer natürlichen Schattierung blauer Haare waren in ein angeregte, offenbar im Moment recht erheiternde Diskussion verstrickt.

„Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich sagen, ihr hattet vor den Youma in der Gasse hinter euch dort einfach zu ignorieren, obwohl ihr ihn meilenweit hättet spüren sollen." Das Mädchen fuhr herum, ihre Überraschung verwandelte sich schnell in eine von wonniger Freude. Ein schiefes Grinsen zierte kurz darauf ihr Gesicht. „Wieso, ich wußte doch, daß du da bist, also warum sich sorgen?" Und ich wußte, daß sie nur versuchte ihren eigenen Fehler zu verbergen, aber das kratzte mich nicht. „Aber sicher. Was immer du sagst, Mi-chan."

Mein Körper zitterte leicht, als ich mich auf meine Zehnspitzend beugte und ihr einen federleichten Kuß auf die Lippen gab. Umis Arme schlangen sich um meine Taille und für einen Moment ließ ich meinen Körper entspannen und versank in dem vertrauten Gefühl von Sicherheit und Liebe meiner Gefährtin. Es war schon viel zu lange her für meinen Geschmack. „Ich hab dich vermißt, Anata."

„Hai. Es wurde langsam langweilig ohne dich, Megumi-chan." Ich zuckte leicht unter den Spitznamen. Ich mochte es nicht, wenn man mich so nannte. Ob nun emotional oder aus Respekt. Allein Umis Version akzeptierte ich... gerade so.

Jemand räusperte sich und wir sahen gemeinsam auf, mehr als widerwillig die Umarmung lösend. Der junge Mann wartete geduldig. „Gomen, Ascott-kun. Also, was machen die Entwicklungen an der Front?" Ich hakte mich bei Umi ein und bald gingen wir intensiv diskutierend die Straße hinunter. Es wurde Zeit Vorbereitungen zu treffen. Der Augenblick, an dem wir die zurückbleibenden Verteidiger aufsuchen würden rückte näher. Aber wir waren bereit.

TBC in Teil 9

Eine völlig neue Welt erwartet unsere Freunde oder ist sie doch nicht so anders? Nun ja, ihr werdet ja sehen. Die Senshi treffen auf die lokalen Widerständler gegen An'yas Terrorregime und erleben eine kleine Überraschung.

Anmerkungen des Autors

Jau, das ging relativ schnell, was aber auch daran lag, daß ich Teil 7 ja so abrupt abgewürgt habe und dann die Avalon-Szenen gleich weitergeschrieben habe.

So, na dann. Dieser Teil mag sicher ein paar Fragen aufwerfen. Gehen wir erstmal auf die Verteilung der Schätze ein. Die Schätze selbst sind eine Mischung aus Avalon-Mythologie (sprich den Büchern) und der Version, die man am Ende von Dance of Shiva (Nachfolger von Sailormoon Z) sieht. Daran hab ich mich auch größtenteils gehalten und das dann noch ein bißchen mit meiner eigenen Herkunfts- und Rassengeschichte der Beteiligten vermischt.

Bei dieser Version von Gral und Messias halte ich mich deutlich ans Anime wie ihr wohl gemerkt habt, das bietet dafür einfach mehr Spekulationsfläche. Warum ich Saturn nun als Messias dargestellt habe, sollte aus meinen Erklärungen klargeworden sein.

Ich wollte ein wenig mehr auf Libras Situation und Gefühlslage eingehen, daher auch die doppelte Szene. Ich denke, daß ist mir gerade mit der letzten Szene ganz gut gelungen.

Dianas nicht ganz klaren.. nun ja,  Ambitionen hinsichtlich welchen Geschlechts haben einen gewissen Grund, den ich später offenbare aber macht euch auf fast gefaßt, ab hier wird es ziemlich verrückt und das gilt nicht nur für Diana.

Ich rede hier immer groß und breit über verschiedene Schicksalslinien und so weiter, erkläre aber nie wirklich, was ich damit eigentlich meine. Ich habe einen kleinen Einblick in Teil 2 gegeben. Grundsätzlich handelt es sich um alternative Realitäten (wer Sliders kennt, weiß genau, was ich meine). In wiefern sich das jetzt unterscheitet von parallelen Zeitebenen oder eben solchen alternativen Realitäten, darauf werde ich weiter in den nächsten Teilen eingehen. Da wir jetzt in die Hauptphase kommen ist es wahrscheinlich, daß die einzelnen Teile etwas länger werden, doch ich verspreche nichts.

Ja ne, euer

Matthias