Flöhe hüten ist leichter

Teil 4

"Klong!"

Meister Quitte schlug die Augen auf. Da war etwas umgefallen. Etwas Schweres aus Metall. War dieser verfressene Kerl etwa schon wieder da?

Entschlossen, dem Eindringling gründlich die Meinung zu sagen, sprang Meister Quitte auf und spazierte in den Raum mit den großen Metallgefäßen. Natürlich. Das mit den Bohnen drin lag am Boden, der Decke ein paar Meter daneben und vom Übeltäter keine Spur. "Wo steckst du? Komm heraus und arbeite die Bohnen wieder ab. Du bist ohnehin mehr als dick genug und ich habe dir schon hunderte Male gesagt, dass die Bohnen für Notfälle sind und dass dein Kohldampf kein Notfall ist."

Keine Reaktion - oder doch? Hinter dem umgekippten Gefäß rührte sich etwas. Meister Quitte schritt um den Topf herum und ... blieb verblüfft stehen. Da saß ein kleiner Junge, ein schwarzhaariges Baby und kaute mit seinen wenigen Zähnen offensichtlich vergnügt auf einer Bohne herum.

"Da brat mir doch einen Storch!", entfuhr es dem sonst so gelassenen Meister Quitte. "Diese Aura ... aber das kann nicht sein ... oder doch? Wer bist du, Kleiner?" Goten blickte in die milden, weisen Augen des Katers und lachte. "Go .. .ten", sagte er langsam und deutlich, so wie ihm das sein Bruder und seine Mutter immer und immer wieder vorgesprochen hatten. "Go .. ten ... son."

"Ah . Son Goten also. Dein Papa war ein Schüler von mir, der talentierteste Junge, der mir je untergekommen ist. Es freut mich, dass du auf Besuch kommst, aber du bist sicher nicht den Quittenturm herauf geklettert, oder? Wie bist du hierher gelangt?" Goten schien einen Moment nachzudenken, streckte dann die Ärmchen nach Meister Quitte aus und rief: "A ..ze!"

"Also ich bin keine normale Katze, mein Kleiner und meine Frage war wohl etwas zu schwierig für dich." Meister Quitte fasste seinen Stab fester und zupfte an seinen Schnurrhaaren. "Wenn du nicht von unten kommst, dann bleibt nur oben und da gibt es nichts außer dem Palast Gottes. Ach so ist das! Deshalb war Piccolo außer sich...." Meister Quitte konzentrierte sich und rief mit seinen Gedanken den alten Gott. Piccolo spürte den Ruf und horchte auf.

"Meister Quitte, was gibt es, ich bin in Eile." "Falls du Gokus Sohn suchst, der ist bei mir." Piccolo fiel ein ganzer Felsen vom Herzen. Goten ging es gut. Er war in Sicherheit. "Danke vielmals, Meister Quitte. Ich komme ihn holen."

In Windeseile schoss Piccolo den Turm hinauf und landete innerhalb weniger Atemzüge bei Meister Quitte, der ihn in den Raum winkte, wo Goten noch immer mit den Bohnen spielte. "Goten! Allen Mächten sei Dank, dass dir nichts passiert ist!"

Piccolo kniete ein paar Schritte vor den Kleinen hin und streckte die Arme aus. Goten, dem es nicht gelungen war, eine Bohne zu zerbeißen, erinnerte sich an den grünen Onkel und den Spaß bei der Breischlacht und in der Wanne. Außerdem spürte er das besorgte Wohlwollen, das von dem grünen Onkel ausging. Wie hieß er doch gleich noch ... "Pi ...ko....ko...!", krähte Goten und krabbelte auf Piccolo zu. "Hu...ga!" Erleichtert schloss Piccolo Goten in die Arme. "Du kleiner Ausreißer, du hast mir einen furchtbaren Schrecken eingejagt." Er hob den Kleinen ein Stück in die Luft und sah ihm ernst in die Augen. "Mach das nie wieder, verstanden."

Goten, dem es jetzt weniger ums Spielen wie ums Futtern ging, griff kurzentschlossen zur Selbsthilfe und nach den wippenden, grünen Dingern als diese in Reichweite kamen. "Aua!" Piccolo streckte die Arme aus und entzog so seine Fühler Gotens Griff, ehe dieser wieder seine Zähnchen darin versenken konnte. "Schon verstanden, du hast Hunger. Popo hat bestimmt schon deinen Brei fertig." Er drückte den Kleinen an sich und bedankte sich bei Meister Quitte für die Hilfe.

"Ich habe nichts getan, das Saiyanblut wird ihn gerettet haben. Aber hier hast du etwas, das dir vielleicht nützlich ist." Er reichte Piccolo ein Samtband mit einem Glöckchen. "So wirst du immer hören, wo er gerade ist, auch wenn du meditierst." "Danke, obwohl das Meditieren lasse ich mal sein bis Chichi den kleinen Racker abgeholt hat. Die Angst um ihn war mir mehr als Lehre genug."

Damit flog Piccolo wieder nach oben, durch die Wolken zum Palast Gottes, wo Dende bereits besorgt Ausschau nach den beiden hielt. Piccolo beichtete ihm, was passiert war, aber Dende war viel zu froh, dass es Goten gut ging, als dass er Piccolo groß Vorwürfe machte. Versuchsweise banden sie dem kleinen das weiche Band mit der Glocke um den Hals und siehe da, er schien das Gefühl und den Klang zu mögen. Jedenfalls machte er keine Anstalten, sich das Band vom Hals du reißen.

"Hu..ga!" war auch das Stichwort für Popo, der aus dem Palast nach Goten rief, da das Essen fertig war. Dieses Mal hatte Popo sich selbst übertroffen. Das Gesundheitsexperiment Erbsenbrei wurde zwar wieder hauptsächlich auf Piccolo und den Boden verteilt, aber dafür verschlang Goten sowohl das Apfelmus wie auch den Hackfleisch-Reisbrei bis auf den letzten Löffel. Statt selber mit in die große Wanne zu klettern, badete Piccolo Goten dieses Mal in der Babywanne. Goten machte es gleich viel Spaß, da es auch hier genug Schaum zum Spielen gab. Sauber und satt, da ließ die Müdigkeit nicht lange auf sich warten und Piccolo hatte endlich Zeit, sich selbst zu säubern.

Der Mittagsschlaf dauerte nur zwei Stunden, dann verlangte es Goten wieder nach Spiel und Abwechslung. Piccolo vergrößerte den Laufstall auf das zehnfache und setzte sich selbst hinein, um seinen Fehler auszubügeln. Goten war davon sehr angetan. Es machte dem Kleinen irre Spaß Piccolos Klötzchentürme umzuwerfen und sich von ihm den Ball zu rollen zu lassen.

Dende gesellte sich dazu und Piccolo wurde zum Esel degradiert, der mit Goten auf dem Rücken auf allen vieren den Laufstall durchmaß, während Dende wachsam daneben einher schritt, um Goten gegebenenfalls aufzufangen.

Erst als die Dämmerung hereinbrach, war wieder Essen das große Thema. Da Piccolo diesmal darauf bestanden hatte, dass Popo nur Breie kochte, die Goten bereits verkostet und mit Hauben versehen hatte, blieb ihm dieses Mal ein Kleiderwechsel erspart. Nun ergab sich das Problem, dass trotz Bad, frischen Windeln und vollem Magen Goten überhaupt nicht an Schlaf zu denken schien.

"Wir ihn haben zu viel schlafen lassen", merkte Popo dazu an und traf den Nagel auf den Kopf. "Er jetzt die ganze Nacht munter sein."

Piccolo und Dende sahen sich an. "Wechselnde Schichten?", fragte Dende. "Nicht nötig", winkte Piccolo ab. "Ich komme sehr gut ohne Schlaf aus, immerhin habe ich ja meditieren können. Du brauchst deine Ruhe dringender, denn als Gott trägst du ja die Verantwortung und außerdem musst du noch wachsen."

Das Argument war nicht aufzuweichen und so wünschten Dende und Popo Piccolo eine möglichst stressfreie Nacht, ehe sie sich in ihre Zimmer zurückzogen. "Und was mache ich jetzt mit dir?", fragte Piccolo den kleinen Goten halblaut, der schon wieder versuchte, aus dem Gitterbett zu krabbeln. Piccolo erhöhte das Gitter, aber da Goten die Beharrlichkeit seiner Mutter geerbt hatte, rüttelte und zerrte er an den hölzernen Stäben bis zwei gleichzeitig brachen.

"Verflixt!" Rasch nahm Piccolo ihm die Stäbe weg und fixierte sie wieder am Gitter, was Goten mit Protestschreien quittierte. "Du kannst schreien, soviel du willst", sagte Piccolo und ersetze die Holzstäbe durch solche aus Hartgummi. Diese erwiesen sich als die ideale Lösung, da sie sich brav ein wenig biegen ließen, nur um dann wieder in die ursprüngliche Form zurückzuschnellen. Eine Weile lang fand Goten sogar Gefallen daran, aber dann wurde es ihm zu fad und er schrie nach Abwechslung. Piccolo, der mit Argusaugen jede Regung des Kleine verfolgt hatte, gehorchte und erschuf ging nach draußen, um den Ball aus dem Laufstall zu holen. Ein ums andere Mal warf er den Ball ins Gitterbett, woraufhin Goten mit triumphierenden Krächzen packte und über die doch sehr hohe Gitterwand schleuderte. Keine normale Reaktion für ein Baby seines Alters, aber nicht weniger, als man von einem waschechten Halbsaiyan erwarten durfte. Mittlerweile war es bereits nach Mitternacht und Piccolo fand nach einem weiteren Windelwechsel und einer halben Flasche Fencheltee, dass es nun wirklich Zeit zum Schlafen sei. Nur, wie den kleinen, munteren Goten dazu bringen? Piccolo erinnerte sich an den Videofilm, den Gotens Großvater, der Rinderteufel selbst von Gohans erstem Lebensjahr gedreht hatte. Chichi hatte ihm den Film mehrmals vorgespielt, da sie sich an dem süßen Babygohan nicht satt sehen konnte. Gohan war das immer schrecklich peinlich gewesen, aber Piccolo hatte den Film gemocht, vor allem, da er ihn an seine erste Zeit mit Gohan erinnerte.

Da war doch diese Szene, wo Gohan nicht schlafen wollte, wohl weil die Kamera und der Großvater viel interessanter waren als das Traumland. Was hatte Chichi da noch gemacht? Ach ja, so etwa ... Piccolo war froh, dass keiner in der Nähe war, als er Goten aus dem Gitterbett hob und im Arm hin und her wiegte, wobei er das Schlaflied (in abgewandelter Form, da ihm der Text zum Teil entfallen war) mit leiser Stimme sang:

"Schlaf, Goten Schlaf

dein Vater ist ein Schaf

die Mutter schüttelt 's Bäumelein,

heraus da fällt ein Träumelein,

drum, Goten sei doch brav

und schlaf, schlaf, schlaf..."

Auf die letzte Zeile war er besonders stolz, er passte du dem gleichmäßigen "Kling, Klong, Kling" der kleinen Glocke an Gotens Hals. Es hätte ihn nicht wenig verwundert und in Verlegenheit gebracht, wenn ihm ein zufälliger Zuhörer gesagt hätte, dass er eine ganz passable Singstimme sein eigen nannte. In der Tat protestierte Gohan mit keinem Raunzer wie es Kinder sonst gern tun, wenn ihnen eine Stimme unangenehm war.

Das Schaukeln im Arm, Piccolos Wärme und sein Geruch nach Babyöl und Schaumbad taten ihre Wirkung. Gotens Augenlider wurden schwer und schwerer und schließlich fielen sie ihm ganz zu. Piccolo wiegte ihn noch eine Weile leise summend in den Armen bis die ruhigen Atemzüge und das gleichmäßige Heben und Senken der kleinen Brust ihm zeigten, dass Goten tatsächlich tief und fest schlief. Vorsichtig, sehr vorsichtig bettete Piccolo Goten auf das flauschige Laken und zog die Decke über die kleinen Schultern. Mit einem weichen Lächeln strich er mit dem Daumen sacht über die pfirsichweiche Wange und hauchte: "Gute Nacht.", ehe er das Kinderzimmer verließ und das Licht löschte.

Draußen ließ er sich in Meditationshaltung nieder und versetzte sich in eine oberflächliche Trance, die zur Steigerung seiner Kraft zwar nichts beitrug, ihm aber half, sich für den kommenden (und sicherlich wieder grausam stressigen) Tag zu regenerieren ohne dass ihm der leiseste Laut aus dem Schlafzimmer entging.

.....

Bulma öffnete leise die Türe zum Krankenzimmer. Trunks, dem der schmale Lichtstreifen aus dem Flur direkt ins Gesicht leuchtete, rieb sich schlaftrunken die Augen. "Mama?" "Wie geht es dir, mein kleiner Liebling?", fragte sie leise im Flüsterton. "Ich habe Durst..."

"Gut, ich hole dir etwas, sei aber leise, damit Papa und Goten nicht wach werden, ja?" Bulma wartete bis Trunks nickte, dann schloss sie die Türe leise und schlich in die Küche, um etwas Tee zu holen.

"Schon wieder munter?", empfing sie Chichi, welche im weißen Nachthemd mit den offenen Haaren viel jünger wirkte als sonst. "Ja, Trunks hat Durst."

"Dann werden die anderen beiden auch nicht lange auf sich warten lassen." Chichi füllte gekühlten Tee in drei große Schnabeltassen für Kleinkinder. Auf Bulmas erstaunten Blick lächelte sie. "Wir wollen doch nicht, dass sie wieder die Hälfte verschütten, oder? Im Übrigen wäre es sicher gut, wenn wir sie doch auseinander quartieren. So werden die anderen zwei nicht wach, wenn der dritte unruhig ist und sie haben mehr Ruhe. Was denkst du?"

"Da ist was dran." Bulma gähnte. "Dann kommt Trunks zurück ins Kinderzimmer und Vegeta in sein altes Zimmer und Goten hat im kleinen Gästezimmer Platz. Wäre das okay?" "Eine gute Lösung", meinte Chichi und rührte noch einen Löffel Honig in jeden Kräutertee, ehe sie die Schnabelverschlüsse darauf schraubte.

"Wie wäre es mit einem Bad, vielleicht Minze mit Orangenöl?" fragte Bulma und legte noch ein paar Stück Zwieback dazu. "Die drei fangen schon an zu stinken, seit das Fieber sinkt und sie schwitzen wie die Irren."

"Gut, also bringen wir zuerst ihren Tee und den Zwieback in die verschieden Zimmer, holen ihnen frische Sachen und baden sie. Dann werden sie den Rest der Nacht sicher wie die Toten durchschlafen und wir bekommen auch etwas Ruhe."

Trunks war froh, wieder in sein Zimmer zu dürfen, und das Bad ließ er ziemlich apathisch über sich ergehen. Nach dem er umgebettet worden war und getrunken hatte, dämmerte er sofort wieder hinüber ins Traumland, was Bulma nütze, ihm nochmals etwas Salbe auf die schlimmsten Stellen zu reiben.

Gohan und Vegeta waren von der Umbettungsaktion leicht überrascht, aber zumindest Gohan fügte sich und ließ zu, dass ihm seine Mutter den Rücken einseifte. Obwohl er inzwischen kaum noch Fieber hatte, war er immer noch sehr schlapp und wehrte sich erst, als sie Anstalten machte, ihm seine frischen Boxershorts anzuziehen. Da Chichi seinen Dickkopf kannte, überließ sie das Anziehen ihm. Bei der Schnabeltasse gab es nochmals einen kleinen Aufstand, aber da gab Chichi nicht nach und schließlich siegte Gohans Durst, sodass er die Tasse trotz Protests leerte.

Währenddessen hatte Bulma mit Vegeta die größte Mühe. Seine Genesung ging aller düsteren Prognosen der Ärzte zum Troz, erstaunlich rasch von sich. Das Fieber war schon fast weg und die roten Punkte bildeten sich bereits wieder zurück. Mit der Genesung einher ging Vegetas wachsender Widerwille, sich von Bulma bemuttern zu lassen.

"Ich kann mich selbst baden, ich bin ja nicht Trunks", sträubte er sich gegen ihre Hilfe im Badezimmer. Statt mit einem Holzhammer seinen Sturschädel weichklopfen zu wollen, drehte ihm Bulma kurz den Rücken zu, um die Schmutzwäsche in die Maschine zu stopfen. Als sie sich umdrehte, war ihr Pyjamaoberteil aufgeknöpft und es war klar, dass sie darunter gar nichts trug. "Kein Problem, Vegeta", sagte sie betont gleichgültig und tat, als sehe sie weder den heftig klopfenden Puls an seinem Hals noch wie sich sein Blick an dem vielversprechenedn Streifen nackter Haut fest sog. Betont langsam schloss die den untersten Knopf. "Dann besteht ja auch keine Gefahr, dass das hier nass wird..." Vegeta schluckte schwer und seine Hand klammerte sich am Rand der Wanne fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.

"Ich glaube, so fit bin ich doch noch nicht", murmele er heiser. "Wenn du unbedingt darauf bestehst, darfst du mir den Rücken schrubben."

"Na also...", schnurrte Bulma und öffnete den Knopf wieder. "Und du wirst auch brav deinen Tee trinken, wie ich es möchte?" Vegeta konnte nur nicken und als sie das Oberteil abstreifte und nachlässig auf den Boden fallen ließ, stand er bereits in Flammen.

Bulma griff nach der Bürste und klopfte Vegeta damit auf die verkrampften Finger. "Keine Dummheiten, oder du kannst dich selber waschen, verstanden? Du wirst deine Kraft nur für eines einsetzen und zwar, um gesund zu werden." Sie beugte sich zu ihm herab, blieb aber außerhalb seiner Reichweite. "Das andere ist erst ein Thema, wenn du wieder ganz fit bist." Vegeta streckte versuchshalber die Hand nach der Verlockung aus, aber sie entwischte ihm und zu seinem Frust schlüpfte sie wieder in den Pyjamaoberteil. "Besser du spielst nicht den Supermann, Vegeta", grinste sie, schloss alle Knöpfe bis zum Kinn und krempelte die Ärmel bis über die Ellbogen hoch. "Sonst wirst du noch lange nicht die Kraft haben, all das auszuhalten, was ich nach deiner Genesung mit dir vorhabe." Damit seifte sie energisch seinen Rücken ein und tat so, als würde sie sein enttäuschtes Knurren nicht hören ...

.......

Endlich war es soweit. Die Dämmerung würde bald hereinbrechen und als der erste sich der Horizont von Nachtschwarz auf tiefpurpur verfärbte, erschien der kaum wahrnehmbare Lichtstreifen. Die Kreatur schickte ihren dritten Arm zu der Fließe und drückte sie. Es klickte und die Türe schwang auf. Zufrieden trat die Kreatur ins helle Licht, durchmaß den Übergang und erschien auf der anderen Seite in Gottes Palast. Sie drehte sich zu der noch immer offenen Türe um und zog die dritte Hand von der Fieße. Niemals wieder würde sie in diese Einöde unter dem roten Himmel zurückkehren. Sie hatte genug davon, jetzt würde sie diesen Ort und vor allem denjenigen, der ihn beherrschte, vernichten.

Piccolo spürte die fremde Energie, brach seine Meditation ab und sprang auf. Das war weder Goten noch Dende, und auch sonst keine Quelle die er beim Namen nennen konnte. Es war voller Rachsucht und großer Macht. Und das Gefühl kam ... aus dem Raum wo das Tor in die andere Dimension zu finden war. Während Piccolo mit langen Schritten den Gang hinab eilte, entfernte die fremde Energie sich aus dem Raum und bewegte sich aus dem Palast hinaus. "Du hast es auch gespürt?" Dende noch im Nachhemd kam von der anderen Richtung her angerannt.

"Allerdings. Es ist sehr mächtig und ziemlich sauer." Grimmiger Ernst stand in Piccolos Gesicht zu lesen. "Wir sollten wenn möglich keinen Kampf beginnen, sonst wird der Kleine zuletzt mit hinein gezogen."

"Ganz meine Meinung", keuchte Dende, dem es Mühe machte, mit Piccolos langen Beinen Schritt zu halten. "Außerdem ist kämpfen nicht meine Sache." Sie waren beim Ausgang angelangt, der weit offen stand und stürmten ins Freie. Keine zwanzig Schritte vor dem Eingang stand ... ein Wesen, das vielleicht in einem Märchenbuch vorkommen würde. Die schlanke, weibliche Gestalt mochte Piccolo um etwa einen Kopf überragen. Ihre fließenden Bewegungen waren von einer Eleganz wie Piccolo sie bei einem humanoiden Wesen noch nie gesehen hatte.

Von ihrem Kopf herab floss ein Wasserfall aus glänzendem Haar, am Ansatz fast schwarzblau, immer heller werdend bis zu den weiß funkelnden Spitzen, die bei jedem Schritt um ihre Kniekehlen wippten.

"Warte!" rief Piccolo und das Wesen (Piccolo konnte klar spüren, dass es kein Mensch war) drehte sich um und der Namekianer hielt im Lauf inne. In den riesengroßen, dunkelblauen Augen loderte das kalte Feuer eines uralten Grolls.

"Bitte, warte!" rief nun auch Dende. "Wer bist du und was willst du hier?" "Ich bin Ten'ariah, und ich bin hier um Rache zu nehmen für das, was mir angetan worden ist."

"An wem willst du Rache üben, in welcher Form und wofür?", fragte Piccolo kurz und knapp. Wäre der Herr der Schildkröten hier gewesen, hätte er vor lauter Sabbern kein Wort hervorgebracht. Ten'ariah war von einer Schönheit, die sich nicht mit "süß" oder "niedlich" abtun ließ. Doch da Piccolo kein Mensch war, sah er nur den rachsüchtigen Geist hinter der ebenmäßigen Maske und machte sich Sorgen, auf wen dieser ganze Hass wohl gerichtet war. "Meine Rache ist für den Schmerz und die Einsamkeit, die ich Jahrhunderte lang erdulden musste, meine Rache wird die absolute Zerstörung dessen sein, das für meinen Schmerz verantwortlich ist. Ich werde sie vernichten und mich mit ihr - diese verfluchte Welt!" "Aber .... aber wer auch immer an deinem Schmerz schuld war", brach es aus Dende hervor, "er oder sie ist sicher nicht mehr am Leben und alle die da unten auf der Welt leben haben keine Schuld daran."

Eine Ahnung tiefen Schmerzes und endloser Trauer kroch über das makellos schöne Gesicht und sie wandte den Kopf ab. "Mir ist wohl bewusst, dass außerhalb meines Gefängnisses die Zeit verstrichen ist. Ja, er ist tot, aber das ändert nichts daran. Nicht jene, die jetzt auf ihr leben sind schuld daran, es ist die Welt an sich, die mir das Leid gebracht hat. Ich bin dieses Daseins müde, aber ich werde nicht gehen ohne sie mit mir zu nehmen."

Piccolo stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor sie hin, obwohl allein schon ihre Aura ihn das Schlimmste ahnen ließ. "Ich bin Gott und diese Welt ist mir teuer." Ein schneller Blick zu Dende verhinderte, dass dieser mit der Wahrheit herausplatzte. *Halte dich zurück*, sandte ihm Piccolo gedanklich zu. *Du kannst nicht gegen sie gewinnen, also lass es mich tun. Kümmere dich bitte um Goten und mach von nun an deine Hausaufgaben selbständig.* *Piccolo!!*, kam es entsetzt von Dende zurück, aber der junge Gott konnte dem Willen seines Vorgängers nicht zuwider handeln. Mit hängenden Schultern trat er ein paar Schritt zurück, um Piccolo nicht im Wege zu sein.

*Es ist gut so. Son wird mich willkommen heißen. Mit dir hat er eine gute Wahl getroffen, ich bin froh, dass du meinen Platz eingenommen hast.*

"Teuer?", quoll es indessen hasserfüllt über die perfekt geschwungenen, burgunderroten Lippen. "So hat er auch gesprochen, bevor er mir das angetan hat, wegen ihr!" Sie hob ihre rechte Hand, der weite Ärmel ihres Gewandes rutschte zurück, sodass eine blaue Tätowierung zum Vorschein kam, ein Band aus komplizierten Symbolen, das sich von ihrem Daumen ausgehend um den Unterarm wand und beim Ellbogen endete. Die blauen Symbole kamen Piccolo entfernt vertraut vor. Wo hatte so etwas Ähnliches in letzter Zeit gesehen...? Lichtpunkte erschienen auf den Zeichen, wanderten das Band hinauf und sammelten sich in den Fingerspitzen. So entstand eine Energiekugel, die erschreckend schnell wuchs.

"Es tut mir leid, wäre wohl zuviel gesagt", sprach sie mit leichtem Bedauern. "Ich hege keinen persönlichen Groll gegen dich, Gott der Erde, aber du bist mir im Weg..." Mit diesen Worten ließ sie die Energie auf Piccolo los.

Ende des vierten Teils