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Das Vermächtnis der Gründer
+++ Kapitel 2 +++
Ein neues Schuljahr
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von Skydancer

An Kings Cross herrschte reges Treiben zwischen den Gleisen neun und zehn: Muggelfamilien liefen mit Koffern umher und schoben ihre Kinder vor sich, so dass sie ihnen nicht verloren gehen konnten. Zwischen all dem Trubel konnte man ab und zu einen Gepäckwagen ausmachen, der mit ungewöhnlich vielen Koffern, teilweise mit Käfigen, in denen sich eine Eule oder eine Katze befand, beladen war. Vereinzelt hatten manche der jüngeren Kinder sogar eine Kröte bei sich.
All diese Leute verschwanden unbemerkt wie von Zauberhand zwischen der Absperrung von Gleis neun und zehn, um sich zum Gleis neundreiviertel begeben, das Gleis, an dem der Hogwarts Express jedes Jahr am 31. August um elf Uhr abfuhr.
Unter ihnen schlüpfte auch Elaine Laudry, eine der Lehrerinnen von Hogwarts, mit ihrem Gepäckwagen durch die Absperrung. Es war zwar nicht üblich, dass die Lehrer einen Tag vor dem Beginn des neuen Schuljahres mit den Schülern im Hogwarts Express an der Schule eintrafen, aber sie hatte die offizielle Erlaubnis des Direktors erhalten, nachdem sie die erste Hälfte der Sommerferien in Hogwarts kalten Kerkern hatte zubringen müssen, um gemeinsam mit Professor Snape und ein paar anderen Zauberern von der UfgaM an einem Forschungsprojekt über Zaubertränke gegen die drei dunklen Flüche Cruciatus, Avada Kedavra und Impirius zu arbeiten.
Elaine lief die Korridore durch den Hogwarts-Express entlang, auf der Suche nach dem Zugabteil zehn, in dem für sie und einen anderen Lehrer Plätze reserviert waren. Es dauerte nicht lange, da war sie fündig geworden und zog die Abteiltür auf. Ein Mann, der vielleicht nur zwei, drei Jahre älter war als sie, blickte vom Fenster auf. Er sah krank und erschöpft aus und hatte, trotz seines für Hexen und Zauberer relativ geringen Alters, graue Strähnen in seinen hellbraunen Haaren.
„Sie müssen Professor Remus Lupin sein", sagte Elaine. „Ich bin Elaine Laudry."
Der Mann stand auf und reichte ihr die Hand entgegen. „Professor Dumbledore hat mir erzählt, dass ich Sie hier treffen werde."
Professor Lupin sollte für das neue Schuljahr vorübergehend den Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste übernehmen. Soweit sie wusste, hatte er bereits schon einmal ein Jahr lang an Hogwarts dieses Fach unterrichtet, hatte dann aber aus „persönlichen" Gründen gekündigt.
Sie selbst würde Verteidigung gegen die dunklen Künste im neuen Schuljahr nicht unterrichten. Als gegen Ende des letzten Schuljahres der Zaubereiminister Cornelius Fudge zurücktreten musste, da er die Gefahr, welche von Lord Voldemort und den Todessern ausging, verkannt hatte, liefen die Arbeiten im Ministerium auf Hochtouren. Der neue Minister Ballermann hatte dem dunklen Lord und seinen Anhängern den Krieg erklärt und tat alles, um die ständigen Übergriffe der Todesser zu verhindern. Leider hatte Voldemort zu Fudges Zeiten sehr viele Anhänger um sich gescharrt, so dass es Ballermann noch schwerer als ohnehin schon hatte, sich zu behaupten.
Ballermann finanzierte unzählige Lehrgänge, die dazu dienen sollten, den Auroren ihre Arbeit zu erleichtern, doch solange es keine wirksame Verteidigung gegen die dunklen Flüche gab, waren seine Unterfangen fast sinnlos. Auroren wurden bis ins Unermessliche darauf trainiert, eine Abwehr gegen den Impirius Fluch zu entwickeln, aber selbst den begabtesten Zauberern gelang das nicht immer.
Deshalb hatte sich Ballermann nun auf die Finanzierung von Forschungsprojekten spezialisiert, in der Hoffnung, man würde einen Zaubertrank brauen können, der zum Beispiel gegen die Wirkungen des Cruciatus Fluches resistent machte. Snape und sie waren neben ein paar anderen Alchemisten, die wie sie an der UfgaM den Schwerpunkt Zaubertrankkunde gewählt hatten, zu solch einem Projekt Anfang der Sommerferien berufen worden, doch sie hatten nur einen geringen Erfolg verbuchen können: ein leichtes Gegenmittel gegen den Impirius Fluch, das allerdings schon nach zehn Minuten seine Wirkung verlor.
Mitten in den Sommerferien, als Elaine Hogwarts bereits verlassen hatte, kam eine Eule angeflogen, die ihr eine Nachricht von Dumbledore überbracht hatte. Danach würde sie im kommenden Schuljahr aus dem Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste zurückgezogen, um mit Professor Snape gemeinsam das Forschungsprojekt gegen die dunklen Flüche weiterzuführen. Zu ihrer Entlastung würde Snape den Zaubertränkeunterricht für die Blöcke Gryffindor/Slytherin, und sie für die Blöcke Ravenclaw/Hufflepuff wahrnehmen.
Elaine behagte der Gedanke überhaupt nicht, ein Jahr mit Snape in den Labors der Kerker von Hogwarts zu verbringen. Es war schon am Anfang der Sommerferien ziemlich belastend gewesen, aber im Gegensatz zum kommenden Schuljahr waren am ersten Forschungsprojekt noch vier andere Zauberer von der UfgaM beteiligt gewesen, die einen guten Puffer für Snapes ständige schlechte Laune dargestellt hatten.
Der Lehrer für Zaubertrankkunde war immer noch derjenige, mit dem sie im Kollegium am wenigsten zurecht kam. Am Anfang ihres ersten Jahres als Lehrerin hatte sie sogar geglaubt, er würde sie hassen, bis sie bemerkte, dass er mit jedem im Kollegium genauso kalt umging wie mir ihr, natürlich mit Ausnahme von Dumbledore. Da war es wenigstens beruhigend zu wissen, dass es wohl in seiner Natur lag, die Leute unfreundlich zu behandeln, und das der Grund nicht vorrangig in ihrer Person lag.

Es dauerte nicht lange, da waren Laudry und Lupin nicht mehr allein im Abteil. Durch die Tür lugte der junge Ron Weasley und hinter ihm konnte Elaine Hermine Granger und Harry Potter entdecken.
„Entschuldigen Sie, Professor Laudry. Alle Abteile sind bereits besetzt. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir Ihnen Gesellschaft leisten", fragte Ron. Anscheinend hatte er Lupin noch nicht bemerkt.
„Natürlich nicht... Das heißt, wenn Professor Lupin nichts dagegen hat." Mit einem Seitenblick wandte sie sich an Remus, doch bevor dieser antworten konnte, kam Harry in die Kabine gestürmt.
„Professor Lupin?!", fragte er, als traute er seinen Augen nicht.
„Harry!", rief dieser. „Schön, dich wiederzusehen."
Harry blickte hinüber zu Elaine, und dann wieder zu Remus. „A-Aber..."
„Setzt euch doch erst einmal", schlug Lupin vor, um die Situation zu überbrücken. „Dann werde ich euch alles erklären."
Das Dreiergespann, welches sich mittlerweile im sechsten Schuljahr von Hogwarts befand, verteilte sich über die vier noch verbleibenden Sitze, wobei ein Platz von Hermines rothaarigem Kater Krummbein besetzt wurde.
Während Professor Lupin ihnen erklärte, dass er dieses Jahr den Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste übernehmen würde, setzte sich der Hogwarts Express langsam in Richtung der schottischen Highlands in Bewegung.
„Welches Fach werden Sie dieses Schuljahr unterrichten, Professor Laudry", fragte Hermine interessiert.
„Ich übernehme von nun an Zaubertrankkunde", und bevor sie hinzufügen konnte, dass sie sich den Unterricht mit Severus einteilen würde, hatte Ron schon dazwischen gerufen: „Krass! Dumbledore hat Snape gefeuert! Der Wahnsinn!"
Dass Severus unter den Schülern als der unbeliebteste Lehrer galt (natürlich mit Ausnahme der Schüler aus Slytherin), wusste Elaine bereits, denn als Hauslehrerin von Ravenclaw hatte sie häufig mit Beschwerden der Elternteile über den Zaubertränkelehrer umgehen müssen. Wie oft war sie schon in die Kerker gestürmt, und hatte ihn von den Vorwürfen berichtet, die er jedoch mit einem Schulterzucken und dem Rat abgetan hatte, die Beschwerden einfach nicht zu beachten.
Sie schaute hinüber zu Harry, der ebenfalls sehr erfreut über Snapes vermeintlichen Abgang dreinblickte. Lediglich Hermine hatte einen neutralen Gesichtsausdruck aufgesetzt. Ihr war es sicher vollkommen egal, solange der Unterricht überhaupt gehalten wurde.
„Nein, das ist es nicht...", sagte Professor Laudry schließlich an Ron und Harry gewandt. „Professor Snape wird weiterhin Zaubertrankunterricht geben, nur mit der Einschränkung, dass er die Gryffindor/Slytherin Kurse unterrichten wird, und ich die Ravenclaw/Hufflepuff Kurse."
Mit einem Male war die Euphorie in den Gesichtern der beiden Jungen verschwunden und Harry meinte: „Können Sie nicht die Ravenclaws und die Gryffindors unterrichten, und Snape die Slytherins und Hufflepuffs?"
„Ich denke, das wird nicht gehen. Die Stundenpläne sind bereits geschrieben, und soweit ich zurückdenken kann, findet Zaubertrankkunde immer in dieser Kombination statt. Das war schon zu den Zeiten so, als ich nach Hogwarts ging", sagte Elaine verständnisvoll, da sie von McGonagall erfahren hatte, dass Snape Harry Potter neben Neville Longbottom besonders hart dran nahm.
Harry nickte enttäuscht und blickte dann zum Fenster hinaus.

Während ihrer Fahrt nach Hogwarts kamen ab und zu Schüler in das gemeinsame Abteil, um Harry, Ron und Hermine zu begrüßen. Auch Rons kleine Schwester Ginny, neben Ron die einzige Weasley, die noch in Hogwarts war, seitdem Fred und George letzten Sommer die Schule verlassen hatten, leistete ihnen für kurze Zeit in Begleitung eines Jungen namens Colin Creevey Gesellschaft. Harry atmete sichtlich erleichtert auf, als die beiden das Abteil wieder verlassen hatten, denn es war ihm wohl unangenehm, wie beide ihn anzuhimmeln schienen.
Auch Draco Malfoy, Crabbe und Goyle hatten einen verächtlichen Blick in ihr Abteil geworfen, waren aber sofort wieder verschwunden, als sie Laudry und Lupin erkannt und mehr oder weniger freundlich begrüßt hatten.
Gegen Nachmittag zog ein Unwetter auf und der gesamte Himmel verdunkelte sich. Regen und Hagel klopfte gegen die Scheiben und im Abteil gingen automatisch die Lichter an. Wenn man nach draußen schaute, so kam einem der Aufenthalt im Hogwarts Express richtig behaglich und gemütlich vor. Dazu beigetragen hatte natürlich auch die Hexe, die mit dem Imbisswagen vorbeigekommen war und Unmengen an Süßigkeiten hinterlassen hatte.
Um sich die Zeit zu vertreiben, erklärte Elaine Remus, was sie mit welchen Klassen in Verteidigung gegen die dunklen Künste durchgenommen hatte und erzählte ihm Anekdoten aus dem Unterricht und den Veranstaltungen des letzten Schuljahres. Auch Lupin berichtete ihr von seinen Erlebnissen auf Hogwarts, unter anderem, wie sich ein Irrwicht in Professor Snape verwandelt hatte und von dem jeweiligen Schüler mit dem „Riddikulus"-Spruch in ein grünes Kleid mit dazu „passender" roter Handtasche gesteckt worden war. Verdutzt mussten beide feststellen, dass in fast jede lustige Geschichte der letzten Jahre in Hogwarts Neville Longbottom verwickelt war.
Harry, Ron und Hermine hatten sich derweil zurückgezogen und spielten Zaubererschach. Ron hatte die schwarzen Figuren übernommen, Harry die Weißen, und Hermine rief immer zwischendurch, welche Züge ihr vermeintlich am vorteilhaftesten erschienen. Dennoch hörte nur Harry auf ihre Ratschläge, was vielleicht auch der Grund war, warum er ständig gegen Ron verlor. Als das Dreiergespann die Lust an Zaubererschach verloren hatte, holte Ron seine Spielkarten hervor.
„Professor Laudry und Lupin, wollen Sie vielleicht mitspielen?", fragte Hermine sie freundlich.
Lupin blickte hinüber zu Laudry, die mit den Schultern zuckte und nickte. „Warum nicht...", meinte sie. Auch Lupin nickte und erkundigte sich nach den Spielregeln.
Also begann Hermine sie zu erklären: „Es ist eigentlich ganz einfach. Der Kartenstapel wird untereinander aufgeteilt. Jeweils vier Karten gehören zusammen und bilden ein Quartett. Man kann sie daran erkennen, dass sie dieselbe Abbildung haben. Sobald man ein Quartett bilden konnte, werden die vier Karten aus dem Spiel genommen und sie zählen vier Punkte für den jeweiligen Spieler. Da man aber auf Anhieb so gut wie nie in der Lage ist, ein Quartett zu bilden, muss man die Karten unter den Mitspielern austauschen. Dazu zieht jeder der Reihe nach jeweils eine Karte seines rechten Mitspielers. Die Karten müssen aber die ganze Zeit verdeckt sein, so dass man nie weiß, welche Karte man bei seinem Gegenüber zieht. Natürlich ist Bluffen bei dem Spiel erlaubt, denn das macht den meisten Spaß daran aus." Hermine hielt kurz inne, um zu schauen, ob Lupin und Laudry ihr folgen konnten. Beide nickten.
„Und jetzt kommt der etwas schwierigere Teil. Unter den Karten befinden sich auch vier Stück, die sich nicht zu einem Quartett zusammenfassen lassen. Diese Karten entscheiden über den Ausgang des Spiels, denn sie bringen die meisten Punkte. Hat ein Spieler am Ende noch so eine Karte übrig, dann muss er versuchen, sie mit Hilfe eines vollständigen Quartetts zum Explodieren zu bringen, indem er zwei Karten des Quartetts darüber legt, und zwei darunter. Manchmal klappt es, manchmal nicht... Es kommt auf das Quartett an, welches man wählt. Teilweise ist es reine Glücksache, wie die Karten miteinander reagieren. Gelingt es, die Karte zum Explodieren zu bringen, so erhält man je nach Abbildung bis zu hundert Punkten, gelingt es nicht, so werden diese Punkte abgezogen."
„Und wie sehen diese vier Karten aus, die sich nicht in ein Quartett einordnen lassen?", fragte Lupin.
„Ähmm... hier", sagte Ron verlegen, und hielt den beiden vier Karten unter die Nase, auf denen Snape, Filch, Peeves und Trelawney abgebildet waren.
„Aha", meinte Lupin trocken mit einem verschmitzen Grinsen im Gesicht. „Da könnt ihr von Glück reden, dass diese vier Gestalten nichts davon wissen, dass sie auf Spielkarten verewigt wurden. Wenn ich daran denke, wie schlecht Professor Snape auf mich zu sprechen war, als er von dem Irrwicht, der seine Gestalt im grünen Kleid mit roter Handtasche angenommen hatte, erfuhr, dann wünsche ich euch lieber nicht, dass er von diesem Spiel etwas mitbekommt."
„Die Karten sind verzaubert", meinte Ron rasch. „Wenn man nicht den passenden Enthüllungszauber kennt, dann sind sie nur normale Mau-Mau Karten." Dann erklärte er weiter: „Also, Peeves bringt zwanzig Punkte Abzug oder Zuwachs, Trelawney fünfzig, Filch siebzig und wenn Snape explodiert erhält man hundert Punkte. Die Karten explodieren aber nicht wirklich", fügte Ron noch hinzu. "Es wird nur eine Explosion abgebildet, nach der Snape, Filch, Trelawney und Peeves dann ziemlich verkohlt aussehen. Wenn man ein neues Spiel beginnt, dann verwandelt sich die Karte wieder in den Ausgangszustand zurück."
Danach teilte er die Karten aus und sie fingen an zu spielen. Elaine stellte fest, dass dieses Spiel gar nicht so schlecht war. Sogar Lupin und Laudry waren auf den Karten verewigt und natürlich auch der Rest des Lehrerkollegiums. Von Hagrid war allerdings nur ein Teil des Bauches abgebildet. Er hatte wohl nicht auf die Karte gepasst.
So verbrachten sie den gesamten Nachmittag damit, „Snape explodiert" zu spielen. Allmählich wurde es dunkel draußen, ein Zeichen dafür, dass sie bald ankommen würden. Sie räumten die Spielkarten weg und warteten auf das quietschende Bremsen des Wagens.
Harry und Ron stülpten sich ihre schwarzen Umhänge über, um sich für das Bankett fertig zu machen. Hermine und Remus trugen bereits die passende Kleidung.
Elaine ärgerte sich, nicht daran gedacht zu haben, eine Robe in ihr Handgepäck zu legen. Sie trug noch eine Jeans, eine hellblau-weiß karierte Bluse und einen schwarzen Blazer. In dieser Muggelkleidung konnte sie unmöglich zum Fest erscheinen. Sie musste wohl oder übel, sobald sie ankommen würden, sich auf die Suche nach Filch begeben, um das neue Passwort für ihre Tür zu erfahren. Während der Abwesenheit der Lehrer änderte der Hausmeister nämlich ständig die Passwörter zu den Lehrergemächern. „Eine reine Sicherheitsmaßnahme", sagte er dann immer.

Endlich in Hogsmeade angekommen, strömten die Schüler zu den Kutschen, die sie ins Schloss befördern würden. Über ihre Köpfe hinweg konnte Elaine die vertrauten Umrisse von Hagrid erkennen, der die Erstklässler zu sich rief, um mit ihnen in den Booten über den See nach Hogwarts zu fahren, so wie es Brauch war.
„Hallo Hagrid", rief sie und winkte, während sie mit dem Strom der Schüler zu den Kutschen gerissen wurde.
Hagrid winkte ebenfalls zurück. „Hallo Elaine, sehen uns oben!", rief er und wandte sich dann wieder den Erstklässlern zu.
Gemeinsam setzten sich Lupin und Laudry in eine Kutsche und wurden langsam zum Schloss gefahren. Am Schlossportal angekommen empfing sie schon von Professor McGonagall. So schnell Professor Laudry konnte, riss sie sich von Minerva und Remus los und begab sich in die Große Halle, in der sich die ersten Schüler schon an ihren Tischen eingefunden hatten. Lange würde es nicht mehr dauern und die Auswahlzeremonie würde beginnen.
Sie begrüßte die bereits anwesenden Lehrer und erblickte über die Köpfe der Schüler hinweg Argus Filch, der griesgrämig dreinblickend in einer Ecke stand und Mrs. Norris auf dem Arm trug. Schnell machte sie sich in seine Richtung auf.
Obwohl der Hausmeister ziemlich schlecht gelaunt war - das war er eigentlich immer, wenn sich die Sommerferien ihrem Ende zuneigten und die ersten Schüler wieder hier auf Hogwarts eintrafen -, begrüßte er sie mit einem verschwitzen Händedruck, bevor er ihr das neue Passwort für ihre Tür im Ostturm verriet: Wassermarsch. Sie fragte ihn lieber nicht, wie er auf solch ein dummes Passwort gekommen war, seine Gedankengänge waren oft nur schwer nachzuvollziehen.

Eilig wollte sich Elaine über den hinteren Ausgang der Großen Halle zum Treppenhaus in den Ostturm aufmachen, da wurde sie plötzlich durch eine helle, zwitschernde Stimme abgelenkt. „Elaine, schön das Sie wieder da sind! Ich muss Ihnen dringend etwas erzählen."
Verwundert drehte sich Elaine um und sah Professor Trelawney keine zwei Meter von ihr entfernt am Lehrertisch Platz nehmen. Was war wohl in sie gefahren? Sie verließ äußerst selten den Nordturm und wenn, dann nie zu solch festlichen Anlässen wie die Eröffnung des neuen Schuljahres. Außerdem hatte Sybill nicht den Anstand gemacht, ihre Stimme rauchig und geheimnisvoll erscheinen zu lassen. Doch so sehr sie die Veränderungen an Sybill Trelawney wunderten, hatte sie in ihrer Eile nicht die Lust, eine Unterhaltung mit ihr anzufangen, die so oder so darauf hinauslaufen würde, vor welchen Menschen sie sich dieses Schuljahr in Acht nehmen müsse und welcher Schüler wohl diesmal dran sei mit Sterben.
Den Kopf in Trelawneys Richtung gewand, rief sie ihr im Vorbeigehen über die Schulter zu: „Nachher Sybill, ich muss mich schnell umzieh..."
Mit einem Male stockte sie, denn sie war mit voller Wucht gegen jemanden geprallt, der gerade aus der Tür gekommen war. Intinktiv hatte sie versucht, die Stärke des Aufpralls mit ihren Armen abzufangen, und so fanden sich ihre Hände auf den Schultern der Person wieder, mit der sie zusammengestoßen war. Zu allem Überfluss war dies kein anderer als Severus Snape.
Elaine hob ihren Kopf und blickte direkt in sein Gesicht, das direkt auf der Höhe des ihren lag. Seine dunklen Augen funkelten sie mit einem unbestimmbaren Ausdruck an und mit einem Male atmete er tief aus. Elaine fühlte die Wärme seines Atems an ihrer Wange, der angenehm kribbelte. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass er ebenfalls seine Arme um sie geschlungen hatte, um sie aufzufangen, und wie nah sich ihre Körper waren. Sie fühlte seine Körperwärme durch den Stoff ihrer Bluse und bekam automatisch eine Gänsehaut.
Es brauchte einige Sekunden, bis sie sich wieder gefangen hatte und sich verlegen aus seiner Umarmung trennte. „Tut mir leid, Severus. Ich sollte wohl besser hinschauen, wohin ich laufe."
„Da kann ich Ihnen nur zustimmen, Elaine", antwortete er trocken.
„Entschuldigen Sie mich. Ich muss mich für die Zeremonie umziehen." Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und streifte seine Schulter, als sie neben ihm durch die Tür in Richtung Treppenhaus verschwand. Mit einem kleinen Zucken auf den Mundwinkeln blickte er ihr nach, bis sie um die Ecke verschwunden war.

In ihren Gemächern angekommen, zog sich Elaine eine schwarze Robe an. Sie bürstete ihre Haare, die ihr mittlerweile weit über die Schultern reichten, und setzte einen Spitzhut mit breiter Krempe auf. Bevor sie das Turmzimmer verließ, befestigte sie noch schnell die daumengroße Abbildung des Ravenclaw-Wappens an ihrem Umhang, und stürmte dann die Treppe hinunter in die Große Halle.
Die Verteilung der neuen Schüler auf die Häuser hatte bereits begonnen. Elaine erhaschte einen Blick über den einzigen noch freien Platz am Lehrertisch. Die Sitzfolge, wie sie sonst vorzufinden war, hatte sich geändert, da Lupin und Trelawney anwesend waren. Sie saß jetzt neben Snape, aber das war immer noch besser als neben Sybill. Severus beanspruchte ihre Nerven nicht dermaßen wie die Lehrerin für Wahrsagen, denn er redete nicht so viel.
Als sie neben dem Lehrer für Zaubertrankkunde Platz nahm, blickte er kurz auf und wandte sich dann wieder der Auswahl zu. Im Gegensatz zu den anderen Lehrern applaudierte er immer nur dann, wenn eines der Kinder in Slytherin eingeordnet wurde. Bei Ravenclaws, Gryffindors und Hufflepuffs zuckte noch nicht mal seine Augenbraue, geschweige denn seine Hand.
Während Minerva weiterhin die Erstklässler aufrief und ihnen den Hut aufsetze, wandte sich Snape plötzlich zu Laudry hinüber und flüsterte: „Haben Sie schon die Stundenpläne gesehen?"
„Nein, wieso fragen Sie?"
„Weil Sie morgen eine Doppelstunde Zaubertrankkunde bei den Zweiklässlern von Ravenclaw und Hufflepuff haben. Sind Sie überhaupt schon mit dem Curriculum in Zaubertrankkunde vertraut?"
„Ja, seien Sie unbesorgt. Dumbledore hat mir den Lehrplan überlassen, bevor ich abgereist bin. Ich habe mich während meines ‚Urlaubs' damit beschäftigt und wenn Sie mir ihre Aufzeichnungen von den Ravenclaws und Hufflepuffs geben würden, kann ich mir ein Bild machen, wie der Leistungsstand in der Klasse ist."
Mit diesen Worten wandte sich Snape wieder dem Geschehen vor dem Lehrertisch zu und murmelte eher zu sich: „Dann erwarten Sie bloß nicht zuviel..."
Doch ehe Elaine empört etwas dazu sagen konnte (Von wegen seine Slytherins seien die besten!), wurde sie von einem lauten Klatschen in der Großen Halle übertönt. Die Auswahl war beendet und der letzte Schüler nahm am Hufflepuff-Tisch Platz. Dumbledore erhob sich und signalisierte, das Ruhe eintreten sollte.
„Willkommen!", sagte er. „Willkommen zu einem neuen Schuljahr in Hogwarts! Wie ich sehe, seid ihr alle wohlbehalten und hungrig hier angekommen. Deshalb werde ich euch auch nicht allzu lange von dem Festessen, bei dem sich unsere Hauselfen wieder einmal übertroffen haben, abhalten. Dennoch möchte ich euch vorher von einigen wichtigen personellen Veränderungen berichten. Zunächst einmal Professor Lupin, der sich freundlicherweise bereit erklärt hat, die Stelle des Lehrers für die Verteidigung gegen die dunklen Künste im kommenden Schuljahr zu übernehmen. Ein Großteil von euch wird ihn sicherlich schon kennen, denn er hat dieses Fach bereits vor drei Jahren unterrichtet."
Zuerst blickten die Schüler verwirrt drein und schauten hinauf zum Lehrertisch in Professor Laudrys Richtung. Sie wunderten sich wohl, welches Fach sie jetzt unterrichten würde. Eine Sekunde später wurde die Große Halle von einem lauten Klatschen erfüllt. Dumbledore wartete geduldig, bis wieder Ruhe eingekehrt war.
„Und zur zweiten Veränderung... Professor Laudry und Professor Snape werden vorübergehend für das nächste Schuljahr an einem Forschungsprojekt des Zaubereiministeriums beteiligt und können daher ihre Aufgaben als Lehrer nicht mehr in vollem Umfang wahrnehmen. Deshalb werden sie Zaubertrankkunde gemeinsam unterrichten. Professor Laudry übernimmt die Ravenclaw/Hufflepuff Kurse und Professor Snape die Gryffindor/Slytherin Kurse."
An den Hufflepuff und Ravenclaw-Tischen brach ein zurückhaltender Applaus aus, schließlich wollte man es sich nicht bei Snape noch weiter verscherzen. Die Begeisterung bei den Gryffindors hielt sich in Grenzen und den Slytherins war es ohnehin egal, denn es hatte sich nichts an ihrer Situation, mit der sie sehr zufrieden waren, geändert.
Als sich die Masse beruhigt hatte, ergriff Dumbledore wieder das Wort: „Ich denke, das ist alles, was im Moment erwähnenswert wäre. Beginnen wir mit dem Festessen. Guten Appetit!" Mit einem Fingerschnipsen füllten sich die Teller auf den Tischen mit den leckersten Speisen, die Hogwarts zu bieten hatte.

Nach dem Essen verschwanden die Schüler in ihre Gemeinschaftsräume und Elaine hatte das erste Mal die Gelegenheit, sich mit Hagrid zu unterhalten. Das tat sie nicht ohne Hintergedanken, denn sie hoffte, dass Trelawney in der Zwischenzeit die Halle verlassen und zum Nordturm zurückkehren würde, ohne ihr von ihren „wichtigen" Entdeckungen zu berichten.
Ihre Rechnung ging zum Glück auf: Dumbledore und Trelawney liefen gemeinsam über den hintern Ausgang der Großen Halle in Richtung Treppenhaus hinaus. Als auch Hagrid sich in seine Hütte aufmachen wollte - er musste Olympe noch eine Gute-Nacht-Eule schicken - kam die graue Dame, der Hausgeist von Ravenclaw, in Begleitung des Fast Kopflosen Nicks auf sie zugeschwebt.
„Professor Laudry, wir haben ein kleines Problem", sagte der Ravenclaw-Geist, und hielt sich theatralisch ihre Hand gegen die Stirn. „Es geht um Peeves."
Elaine fragte sich, warum sie damit zu ihr gekommen waren, wenn es um diesen unberechenbaren Poltergeist ging, der in der gesamten Schule für Durcheinander sorgte. Sie war nur für Ravenclaw, und nicht für gesamtschulische Belange zuständig und konnte Peeves ohnehin nur zügeln, wenn sie ihn auf frischer Tat ertappte.
„Er verbreitet... nun ja, gewisse Geschichten über Sie, die natürlich nicht der Wahrheit entsprechen", sagte Sir Niklas.
„Geschichten?!"
„Ja, genau", sagte die Graue Dame rasch. „Sir Niklas und ich haben versucht, ihn davon abzuhalten, aber er hört nicht auf uns. Der einzige, auf den er hört, ist der Blutige Baron, und der meint, Ravenclaw und Gryffindor ginge ihn nichts an und er würde sich da nicht einmischen."
„Wovon sprechen Sie? Was erzählt Peeves über mich?!", fragte Elaine allmählich ungeduldig.
„Er behauptet, dass...", die Graue Dame schaute um sich, ob auch niemand in der Nähe war, der es hören konnte, und flüsterte dann in Elaines Ohr, „... Sie niemals dem Hause Gryffindor angehört haben, so wie Sie es vorgeben."
„Aber das ist vollkommener Unsinn", sagte Sir Niklas sofort. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie Sie damals in mein Haus aufgenommen wurden, als Sie noch hier zur Schule gingen. Peeves kann gar nicht so etwas behaupten, da er zu diesem Zeitpunkt noch nicht frei im Schloss herumspuken konnte. Er war noch in der Halle eingemauert, in der die Lehrer seit zehn Jahren ihre Autos abstellen."
„Natürlich ist das vollkommener Unsinn, Sir Niklas! Warum erzählen Sie mir das überhaupt?! Denken Sie, ich lasse mich von so einem widerlichen, kleinen Geist wie Peeves beirren?"
„Wir dachten nur, Sie sollten es wissen...", sagte die Graue Dame.
Elaine beruhigte sich wieder und bereute es, dass sie vorher ziemlich unfreundlich geklungen haben musste. Sie war wohl einfach geschafft von dem stressigen Tag und nickte: „Gut... Danke, dass Sie mir bescheid gesagt haben. Ich werde mal sehen, ob ich mir Peeves greifen kann, um zu verhindern, dass er weiter diese Märchen erzählt", und im Gedanken fügte sie hinzu: „Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass das irgendjemanden interessieren würde, ob ich nun Gryffindor oder Ravenclaw war..."

Elaine verließ die große Halle und begab sich in ihr neues Büro, dass sich in der Nähe des Kerkers befand, in dem Zaubertrankkunde unterrichtet wurde. Ihr altes Büro hatte sie Professor Lupin überlassen müssen, denn es war nur über den Unterrichtsraum für die Verteidigung gegen die dunklen Künste zugänglich gewesen, und das war jetzt Lupins Bereich.
Vom Schreibtisch nahm sie einen Stapel mit Stundenplänen mit, den Minerva für sie bereitgelegt hatte. Ein kleiner Zettel fiel hinunter und Elaine fragte sich, was das denn nun schon wieder zu bedeuten hatte.
Sie hob den Zettel auf und erkannte darauf die Handschrift von Filch: „Weisen Sie bitte die Schüler darauf hin, dass eine neue Liste der an Hogwarts verbotenen Gegenstände am Schwarzen Brett ausgehängt ist. A. Filch"
Elaine zuckte mit den Schultern und fragte sich, was wohl diesmal dazugekommen war. Jegliche Art von Süßigkeiten, da diese Flecken auf den Teppichen und Bettdecken hinterlassen konnten?
Sie stieg die Treppen hinauf zum Erdgeschoss und begab sich zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum, der sich in der Nähe des Einganges zum Ostturm befand.

Vor einem Porträt von einem hageren Mann im Nadelstreifenanzug, Melone und Monokel, der sich streng mit seinem linken Arm auf einen Gehstock stützte, blieb sie stehen. „Passwort?!", fragte der Mann mit gerümpfter Nase.
„Ballermann", sagte sie. Der Wächter des Ravenclaw-Gemeinschaftsraums, von ihren Schülern ‚der Engländer' genannt, suchte sich ständig Namen von bekannten Persönlichkeiten aus. Etwas anderes schien ihm nicht einzufallen. Auch änderte sich das Passwort im Vergleich zu anderen Porträtwächtern sehr selten, was Laudry aber nicht so schlimm fand. Nicht auszudenken, dieser Sir Cadogan, der fast täglich die Passworte wechselte, hätte die Aufgabe das Wächters für den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum übernommen... Wenn er es vor ein paar Jahren geschafft hatte, sogar Minerva zur Verzweiflung zu bringen (McGonagall hatte ständig vor verschlossenen „Türen" des Gemeinschaftsraums ihres eigenen Hauses stehen müssen, da sie ein veraltetes Passwort hatte), dann würde Cadogan das bei Elaine allemal schaffen.
Als das Bild den Eingang zum Gemeinschaftsraum freigab, herrschte, wie nicht anders zu erwarten, hektisches Treiben. Schließlich hatte man sich die ganzen Sommerferien nicht gesehen und es gab viel zu berichten.
„Könnte bitte mal Ruhe eintreten", sprach Professor Laudry mit lauter Stimme, damit jeder, der sie noch nicht bemerkt hatte, mit reden aufhörte. „Danke... Ich bin froh, euch alle wieder wohlbehalten hier in Hogwarts zu sehen und begrüße unsere Neulinge." Damit schaute sie in eine Ecke, in der sich die Erstklässler schüchtern dreinblickend aufgestellt hatten. „Für diejenigen, die mich noch nicht kennen: Mein Name ist Professor Laudry, ich bin eure Hauslehrerin. Sollte es Probleme mit eurer schulischen Ausbildung geben, sei es mit anderen Lehren oder Schülern, oder solltet ihr einfach nur Fragen haben, die eure Schulzeit hier an Hogwarts allgemein betreffen, dann bin ich eure Ansprechpartnerin." Die Erstklässler nickten. Dann wandte sich Elaine wieder den gesamten Ravenclaws zu. „Das gilt natürlich für alle. Allerdings hat sich mein Büro geändert. Ihr findet es jetzt die zweite Tür links neben dem Unterrichtsraum für Zaubertrankkunde. Solltet ihr mich in den Pausen dort nicht antreffen, dann bin ich im Lehrerzimmer."
Im Raum wurde es ein wenig unruhig, so dass Elaine ermahnend ihre Stimme erhob: „Diejenigen unter den Drittklässlern und aufwärts, die an den dafür vorgesehenen Wochenenden Hogsmeade besuchen wollen, geben mir die Einverständniserklärungen der Eltern in mein Büro, oder werfen sie in den Briefkasten, der neben der Tür angebracht ist. Voraussichtlich wird der erste Besuch in Hogsmeade auf das letzte Wochenende im September fallen.
Und jetzt noch eine weniger erfreuliche Nachricht, die ich von Argus Filch ausrichten soll." Ein Stöhnen ging durch die Runde. „Er hat am Schwarzen Brett in der Eingangshalle eine neue Liste der an Hogwarts nicht erlaubten Gegenstände aufgehängt. Was allerdings dazu gekommen ist, weiß ich nicht, da ich bisher noch nicht die Zeit hatte, einen Blick darauf zu werfen." In diesem Moment ging Getuschel im Gemeinschaftsraum los, denn jeder fragte sich nun, was Filch wohl diesmal auf die ohnehin schon zu lange Liste gesetzt hatte.
„Ich lege euch eure Stundenpläne auf den Tisch, damit sich jeder seinen nehmen kann. Das war's dann auch schon. Feiert nicht zu viel, und vor allem nicht zu laut! Ich will morgen keine Beschwerde von Filch bei mir auf dem Schreibtisch liegen haben! Und denkt daran, dass der Unterricht morgen um neun Uhr beginnt und nicht später!"
Mit diesen Worten war Professor Laudry aus dem Ravenclaw-Gemeinschaftsraum verschwunden.

Sie ging in den Ostturm und machte sich daran, ihre Sachen auszupacken. Doch weit kam sie nicht, denn sie wurde von einem spät abendlichen Besucher unterbrochen, der an die Tür klopfte. „Wassermarsch!", rief Elaine ohne sich nach dem Anklopfenden zu erkundigen, und die Tür sprang auf.
Im Türrahmen stand Professor Snape mit einem ganzen Stapel Papier in der Hand. Elaine blickte ihn verwundert an.
„Die Aufzeichnungen von Zaubertrankkunde", sagte er mit dunkler Stimme. „Sie wollten sie doch haben, oder etwa nicht?!"
„Doch, doch...", meinte Elaine und eilte hinüber, um ihm die Unterlagen abzunehmen. „Danke, Severus. Da habe ich wohl heute Abend noch einiges zu tun."
„Wenn Sie zwei Wochen früher gekommen wären wie jeder andere Lehrer auch, dann hätten Sie dieses Problem vermutlich nicht gehabt", sprach er sarkastisch.
Elaine knallte bei diesen Worten den Stapel auf den Schreibtisch und ging dann wieder daran, die Sachen aus ihren Koffer zu packen. Ohne Severus nur anzublicken sagte sie: „Solange es mit Dumbledore abgeklärt ist, ist es immer noch meine Sache, wann ich auf Hogwarts eintreffe."
„Wie Sie meinen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit Ihrer ‚Gute-Nacht Lektüre'. Angenehme Träume!" Dann war er durch die Tür verschwunden.
„Unfassbar", murmelte Elaine vor sich hin und amte Snape mit gekünstelter Stimme nach: „VIEL SPASS BEI IHRER GUTE-NACHT LEKTÜRE! Die werd' ich haben, PROFESSOR SNAPE!"
Wo sollte das noch enden?! Das Schuljahr hatte noch nicht einmal richtig begonnen und schon hatte sie sich mit Snape in der Wolle. Elaine seufzte und stellte ihren leergeräumten Koffer beiseite. Dann blickte sie hinüber zum Schreibtisch, auf dem der Stapel Papier lag. Es würde eine vielversprechende Nacht werden...