- KAPITEL ACHT -

Schnee


Nala liebte es, im Schnee zu spazieren und mit Severus war das noch viel schöner. Sie liebte es, wenn sie sich so warm fühlte und nur der kalte Wind in ihr Gesicht blies. Als der Wind stärker wurde, legte er seinen Arm um ihre Taille und so ging er mit ihr praktisch für den Rest des Tages herum. Er wollte sie nicht mehr loslassen.
In Hogsmeade schauten sie sich zusammen die Läden an. Zu Weihnachten war alles ganz besonders schön dekoriert. Sie war schon einmal mit Hagrid hier gewesen und da hatte sie das Dorf schon sehr beeindruckt, aber an diesem Tag blieb ihr einfach die Sprache weg. Sie fühlte sich so richtig weihnachtlich, so wie sie sich als Kind gefühlt hatte. Sie wusste schon fast nicht mehr, wie es gewesen war, doch jetzt erinnerte sie sich wieder sehr gut daran. Severus ging es ähnlich. Er hatte dieses Gefühl noch nicht gekannt. Seine Familie hatte Weihnachten nie gross gefeiert und er später selbst auch nicht. Doch an jenem Tag, glaubte er, zum ersten Mal Weihnachten richtig zu spüren. Er fühlte diese Stimmung in der Luft und konnte sein Glück gar nicht glauben. Nun schlenderte er hier mit dieser Frau im Arm durch die Gassen.
Sie blieben oft stehen und betrachteten die vielen Schaufenster. In einige Läden gingen sie auch hinein. Nala liess es sich auch nicht nehmen, ein paar Süssigkeiten im Honigtopf zu kaufen. Severus blieb hier lieber draussen. Als sie zu ihm zurückkam, hatte sie einen kleinen Beutel voll mit Schokofröschen und anderen Süssigkeiten. Er musste schmunzeln über ihren Enthusiasmus, wenn es um Süssigkeiten ging. Sie gingen weiter, Arm in Arm, und in den nächsten Laden, in den Nala wollte, begleitet Severus sie. Es war eine Magische Menagerie, wie sie Nala schon in der Winkelgasse gesehen hatte. Hier gab es eine Menge Tiere. Da waren Kröten, Ratten, Katzen, Eulen, Raben und noch vieles mehr. Nala sah sich alle Tiere mit grossen Augen an. Vor einem aussergewöhnlich dunkel gefiederten Wanderfalken blieb sie besonders lange stehen. Sie betrachtete ihn lange und streichelte ihm übers Gefieder. Severus, der sich ebenfalls etwas umschaute, hatte dies gesehen und merkte es sich im Stillen. Als sich Nala endlich satt gesehen hatte, gingen sie weiter zur Apotheke, wo sich Severus ein paar Zutaten kaufen wollte.
Nach etwa drei Stunden Flanieren, wollten sie in Die Drei Besen gehen. Das Wirtshaus war gemütlich warm und die beiden setzten sich an einen der hinteren Tische. Madam Rosmerta kam gleich herbei und begrüsste sie.
"Hallo ihr beiden! Professor Snape, Sie habe ich hier ja schon lange nicht mehr gesehen. Schön, dass Sie wieder einmal da sind. Und du Nala? Hast dich inzwischen gut eingelebt?"
"Ja danke, Rosmerta, ich habe etwas Heimweh, aber es geht mir hier gut und es gefällt mir von Tag zu Tag besser." Dabei warf sie Severus einen kurzen Blick zu. Nala verstand sich gut mit Rosmerta. Sie fand sie schon bei ihrem ersten Treffen mit Hagrid zusammen sehr sympathisch.
"Was darf ich euch beiden den bringen?" fragte Rosmerta.
Severus liess Nala den Vortritt und sie bestellte: "Ein kleines Goldlackwasser, bitte."
"Und für mich einen Johannisbeer-Rum", sagte Severus.
"Kommt sofort!" flötete Rosmerta und ging wieder hinüber zur Bar.

Severus sagte nicht viel. Er war zu beschäftigt damit, Nala anzusehen. Sie bemerkte es und sprach ihn darauf an.
"Du bist so schweigsam, Severus. Woran denkst du?"
"Mir ist eben wieder in den Sinn gekommen, dass du morgen nach Hause fliegst. Doch du sollst zu deiner Familie."
Nalas Wangen erröteten ein wenig. Sie wusste, dass mehr hinter dieser Aussage steckte. "Ich bin ja an Silvester wieder hier. Du könntest doch mit mir kommen?"
"Nein, ich bleibe lieber hier. Morgen, wenn ich dich zum Flughafen bringe, wird das schon genug Muggelwelt für mich sein", meinte er.
"Na schön, ist wohl besser so. Also, lass uns den Tag heute noch geniessen."
Sie schaute ihm verliebt in die Augen. Gerade in diesem Moment kam Rosmerta mit den Getränken und merkte natürlich sofort, dass es dort knisterte.
"Oh, natürlich! Weshalb habe ich das nicht schon vorher bemerkt!?! Du bist mit deiner Freundin hier, Severus! Ich hätte nicht gedacht, dass du einen so guten Geschmack hast, das muss ich zugeben. Alle Achtung! Ihr zwei gebt ein niedliches Paar ab", sagte sie, für Severus' Geschmack etwas zu laut.
"Das Wort Diskretion hast du noch nie gekannt, Rosmerta", grollte er sie wütend an.
Rosmerta liess sich nicht beeindrucken und wandte sich an Nala. "Pass mir mal schön auf, mein Kind, dass du dir da nicht die Finger verbrennst!"
Dann ging sie von dannen, bevor einer der beiden noch etwas erwidern konnte.

Nala wunderte sich etwas, warum Severus auf Rosmertas Bemerkung so heftig reagiert hatte. Manchmal vergass sie seine andere Seite und sah nur den liebenden, führsorglichen Mann in ihm. Doch ihr wurde wieder bewusst, wie er auch noch war. Er konnte seine Gefühle gut kontrollieren, er war streng, verschlossen, sarkastisch und manchmal auch zynisch. Er war mit anderen nicht sehr nett, sondern eher abweisend und zeigte für nur sehr wenige Dinge Begeisterung. Er stiess die Leute vor den Kopf und konnte sehr fies sein. Er liess nichts an sich ran... ausser ihr. Es erstaunte sie, dass er mit ihr so ganz anders umging, als er sonst immer war. Aber sie spürte in ihr, wie ihre Liebe zu ihm ständig wuchs. Sie akzeptierte ihn so wie er war, auch seine dunklere Seite und sie begann, auch diese zu lieben.
Als ihr das klar wurde, fühlte sie sich, als würde ihr Herz gleich in der Brust zerspringen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Sie konnte nicht sprechen, sie hätte laut geschrieen. Sie nahm deshalb einen Schluck von ihrem Goldlackwasser und als sie das Glas wieder absetzte, machte sich ein glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht breit.

"Was ist los mit dir?" fragte er sie.
"Nichts. Ich habe darüber nachgedacht, was Rosmerta gerade gesagt hat. Und ich habe mich etwas über deine Reaktion amüsiert." Sie wollte ihm nicht sagen, worüber sie auch noch gerade gegrübelt hatte.
"Es ist doch wirklich wahr. Dieses Weib steckt ihre Nase immer in Dinge, die sie überhaupt nichts angehen."
Nala flog wieder ein Lächeln über die Lippen. Sie legte ihre Hand auf die seine, die er auf den Tisch gelegt hatte.
"Reg dich doch nicht so auf. Sie meint es doch nur gut", schlichtete sie lieb.
Severus schwieg. "So habe ich das noch nie gesehen...", dachte er. Vielleicht meinte sie es wirklich nur gut, trotzdem ist sie nervend. Sie soll es nicht gerade in die Welt hinausposaunen. Und Nala? Sie drehte es einfach so, dass es etwas Gutes wurde. "Irgendwie niedlich", fand er. Er fühlte, wie froh er war, mit ihr hier zu sein.

Sie redeten nicht viel. Sie sahen sich in die Augen und genossen die Zweisamkeit und die gemütliche Atmosphäre des Wirtshauses. Ihre Hand blieb auf seiner Hand liegen und streichelte sie ab und zu.
Als Severus seinen Rum ausgetrunken hatte, bestellte er bei Rosmerta noch einen, als sie an ihnen vorbei ging. Diesmal war sein Ton nicht mehr wütend, doch immer noch sehr streng. Nala lief ein Schauer über den Rücken. Sie liebte diese tiefe, dunkle Stimme einfach.

Rosmerta brachte den Johannisbeer-Rum und fragte Nala, ob sie auch noch einen Wunsch habe. Nala verneinte dankend. Sie waren nun schon eineinhalb Stunden hier und Nala spürte wie es schon dunkel wurde draussen.
"Es wird langsam dunkel, Severus. Ich denke wir sollten bald einmal aufbrechen, damit wir gemütlich heim spazieren können", meinte sie.
"Hmm 'heim'?" fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue und einer seiner Mundwinkel zuckte verspielt auf und ab.
"Du weisst, was ich meine."
Er lächelte ein wenig. "Du hast recht, lass mich nur noch austrinken und bezahlen. Dann gehen wir zum Schloss zurück."
Er nahm sein Glas und stürzte den Inhalt hinunter. Nalas Ansicht nach etwas zu schnell, denn es war immerhin Rum, was er da trank. Dann stand er auf, nahm sie bei der Hand und ging zu Rosmerta an die Bar, um zu bezahlen.
"So, ihr wollt nach Hause. Gebt gut acht aufeinander! Es hat gerade begonnen zu schneien. Ich hoffe, ihr kommt bald einmal wieder. Frohe Weihnachten!" verabschiedete sich Rosmerta.
Nala wünschte ihr das selbe, doch bevor sie noch mehr sagen konnte, hatte Severus sie schon weitergezogen.
Es war schon dunkel draussen und der Himmel war mit Wolken behangen. Nur ab und zu konnte man in den Wolkenlöchern die Sterne scheinen sehen. Hand in Hand gingen sie in den Abend hinaus, nur von den kleinen Schneeflocken begleitet.
Sie schlenderten auf einem schmalen Weg, der unter grossen Tannen durchführte, als sich plötzlich ein kleines Schneebrett von einem Ast löste und auf Nala gestürzt wäre, wenn Severus sie nicht blitzschnell in seine schützenden Arme gezogen hätte. Severus' Reflexe waren wohl, trotz des Alkohols, noch besser als Nala gedacht hätte. Sie war so beschäftigt mit den Gedanken an seine Stärke, von der sie so angezogen wurde, dass sie ihn nicht mehr von einem neuen fallenden Schneebrettchen retten konnte. Es fiel ihm direkt auf dem Kopf und der nasse Schnee lief ihm auf die eine Schulter hinunter. Er fluchte leise vor sich hin und Nala versuchte, den Schnee abzuwischen.
"Danke für die Rettung Severus. Doch dir scheint der Schnee mehr auszumachen als mir!" lachte sie.
"Gar nicht wahr", antwortete er trotzig.
"Ach ja, wirklich? Das will ich sehen!"
Bevor er noch etwas sagen konnte, hatte sie ihm einen grossen Schneeball auf die Brust geklatscht. Aufgebracht zog er schon zum Zauberstab, um diesem kindischen Scherz ein Ende zu machen, doch irgendetwas in ihm brachte ihn dazu, sich noch anders zu entscheiden. Er stecke seinen Zauberstab wieder in den Umhang. Er wollte sich auf die gleiche Art rächen. Mit einer riesigen Ladung Schnee, lief er Nala hinterher, die schon viele Meter weiter vorn auf ihn lauerte. Eine wilde Schneeballschlacht begann zwischen den beiden. Nach langem Hin und Her gelang es Severus, Nala einzufangen. Er erwischte sie mit so einem Schwung, dass sie beide in den Schnee fielen. Nala lachte glücklich und ausgelassen.
Severus lächelte auch. Da lag er nun mit ihr im Schnee und hatte gerade eine Schneeballschlacht hinter sich. Es war schon viele Jahre her, seit er das letzte Mal so ausgelassen war. Er erkannte sich selbst kaum wieder. Es begann mit Rache und wurde zum Spass für ihn. Er fühlte Glück in sich. Wozu würde ihn diese Frau noch alles bringen, fragte er sich.
Keuchend lagen sie ihm Schnee, er halb auf ihr. Lange schauten sie sich in die Augen, dann küsste er eine geschmolzene Schneeflocke von ihrer Stirn. Er hielt sie fest in seinen Armen und sie genoss die warme Nähe. Sie liebte es, in seine tiefschwarzen Augen zu sehen und sie liebte es, sich darin zu verlieren.
"Gibst du auf?" fragte er verschmitzt.
"Für heute ja", gab sie zu.
"Du liebst den Schnee wirklich, hmm?"
"Schnee ist nicht das Einzige, was ich mag. Und übrigens mag ich den Schnee nur, solange er nicht schmilzt." Sie strich ihm eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Da begann Severus liebevoll alle Tropfen von ihrem Gesicht wegzuküssen. Erst als sie auch bei ihm alle Tropfen weggeküsst hatte, gingen sie weiter. Er hatte sie mit unter seinen Umhang gewickelt und beide hatten unter dem Umhang je einen Arm um den Körper des anderen geschlungen. Verliebt spazierten sie dahin Richtung Schloss. Beiden machte es gar nichts mehr aus, dass der Schneefall heftiger wurde. Sie kosteten jede Sekunde zusammen aus.

In Hogwarts zurück, brauchten sie beide nicht lange, bis sie sich in der grossen Halle zum Essen wieder trafen. Sie hatten einen mächtigen Hunger. So viel Schnee und Rauferei machte Appetit. Das bemerkten auch die anderen Lehrer und Schüler, die am weihnachtlich gedeckten Tisch sassen. Leise, aber so, dass es die am nahsten Sitzenden es hören konnten, fragte Minerva: "Was, um alles in der Welt, habt ihr gemacht, dass ihr beide so zuschlagen könnt?"
Sie bekam nur ein Lächeln von Nala als Antwort. Albus und Minerva bemerkten jedoch die Blicke, die die beiden schmunzelnd austauschten, anstatt zu antworten.

Nach dem Essen gingen beide in Nalas Wohnung. Severus machte es sich auf dem kleineren der beiden Sofas bequem und Merlin leistete ihm Gesellschaft. Nala wollte noch ihre Sachen für die Heimreise zusammenpacken. Als alles erledigt war, setzte sie sich zu ihm und er nahm sie ihn seine Arme. Lange redeten sie noch miteinander und liessen sich vom Feuer wärmen.
Mitten in der Nacht erwachte Merlin, weil er von jemandem geschubst wurde. Er sah, wie die beiden eng aneinander gekuschelt auf dem Sofa schliefen, das er sonst immer ganz für sich allein in Anspruch nahm. Mürrisch marschierte er ins Schlafzimmer und machte sich auf dem unbenutzten Bett breit.