- KAPITEL
SIEBENUNDZWANZIG -
Salems Rache
Das letzte Stück flogen die drei durch den Wald, damit sie nicht gesehen
wurden. Am Waldrand versteckten sie ihre Besen und Severus erklärte, dass Remus
mit den Besen zurück apparieren würde, während er und Nala noch die Elfen
befreien würden. Dann würden auch sie am Rande von Hogwarts' Ländereien
apparieren, wo Dumbledore schon warten würde mit den Auroren.
Dann machten sich Remus und Severus mit einem Zauberspruch unsichtbar und
Severus wollte sie gerade an der Hand nehmen, damit Nala auch unsichtbar würde,
als sie ihnen den Zauberspruch einfach nachsprach. Zu ihrer eigenen
Überraschung funktionierte es sogar sofort. Nala wunderte sich genauso wie die
anderen, denn Professor Flitwick hatte ihr erzählt, dass es für diesen Spruch
einiges an Übung brauchte.
Unsichtbar liefen sie bis zur Schlossmauer. Remus liess sich nach oben schweben
und schaute vorsichtig über die Mauer. Er winkte den anderen beiden, dass sie
hochkommen konnten. Severus umarmte Nala und schwebte mit ihr über die Mauer zu
Remus hinunter. Sie gingen durch die Einhörner und Nala suchte nach Orion. Es
regnete immer noch, aber dieses Mal war Nala froh darüber, denn so war es dunkler
und man konnte sie nicht so leicht entdecken.
Nur ein Todesser war draussen und zwar die Wache am Eingangstor in der
Burgmauer. Severus ging zu ihm und betäubte ihn, bevor dieser recht wusste, wie
ihm geschah. Er wurde von Severus unsichtbar gemacht und in eine Ecke gelegt,
wo man nicht gleich über ihn drüber stolpern würde. Dann machte er sich selbst
wieder sichtbar. Er hatte seinen alten Todesserumhang an und hatte sich nun
auch die Kapuze über den Kopf gezogen. Mit einem Zauberspruch hatte er seine Stimme
verändert, damit sie so klang, wie die des Wächters.
Nala hatte Orion gefunden und ihm ins Ohr geflüstert, dass er nach Hause gehen
solle. Darauf wieherte er glücklich. Als Severus das grosse Eingangstor
öffnete, stürmten alle Einhörner los, aber Nala musste Orion einen Klaps auf
den Hintern geben, damit er sich von ihr trennte.
Severus rannte zur Burg, öffnete die Tür und lief zu den anderen Todessern, die
gerade an der Tafelrunde sassen.
"Die Viecher hauen ab!" schrie er. "Ich wollte kurz nach draussen,
da hat mich eines niedergetrampelt und jetzt fliehen alle! Schnell, wir müssen
sie einfangen!"
Die Reaktion war wie erwartet. Alle rannten hinaus, um die Einhörner wieder
einzufangen. Jetzt hätte spätestens der Leomagus auftauchen müssen, weil er die
Einhörner wieder zurück scheuchen sollte, und Remus' hätte im Wald den Bann von
ihm nehmen und ihn einfangen sollen, aber vom Leomagus war nichts zu sehen.
"Ich geh und such ihn im Wald", flüsterte Remus Nala zu und
verschwand.
Nala ging jetzt auch in die Burg und traf gleich hinter dem Eingang auf
Severus. Sie gab ihm ihre Hand, damit er sie sehen konnte, dann machte auch er
sich wieder unsichtbar und sagte: "Komm!"
Nala erschrak. Dass Severus mit einer solchen Stimme sprach, gefiel ihr ganz
und gar nicht. Er bemerkte das und zauberte sie wieder normal. Zusammen gingen
sie zu den Kerkern hinunter, wo sie auch die Elfen fanden. Es waren über
hundert von ihnen in den Kerkern eingeschlossen.
Die beiden machten sich sichtbar und öffneten den ersten Kerker. Nala erkundigte
sich, wo der Prinz sei und eine Elfe konnte ihr sagen, dass er im hintersten
Verlies eingesperrt war. Während Severus alle Türen öffnete, ging Nala um mit
dem Prinzen zu sprechen. Sie schaffte es die Tür zu öffnen und trat ein.
Verwundert starrte sie der Prinz an. Er hatte die selben Haare und Augen wie
Samora. Er war ein noch anmutigeres Geschöpf, als die kleine Samora. Mit
leichten Schritten ging er auf Nala zu.
"Wir sind hier um Sie zu befreien, Prinz."
Der Elf musterte sie mit scharfem Blick, dann sprach er mit seiner anmutigen
Stimme: "Wer bist du?"
"Mein Name ist Nala Silver. Ich soll Ihnen jetzt gleich schnell erklären,
weshalb ihr Volk von diesen Männern festgehalten wird."
Er reichte ihr seine Hand. "Vielen Dank, Schwester. Ich bin Miromir und es
gibt keinen Grund mich mit so förmlich anzureden. Ich bin einfach Miromir,
okay?" Er lachte sie an.
"Okay", antwortete Nala und wurde plötzlich ganz rot im Gesicht. Und
wieso hatte er sie 'Schwester' genannt? Sie dachte, dass vielleicht alle Freunde
dieses Volkes Schwestern und Brüder seien.
"Wo sind meine Eltern?" wollte er wissen.
"Ich weiss es nicht, aber ich denke, sie sind bestimmt schon befreit und
Severus bringt sie durch den Geheimgang nach draussen."
"Nun gut, als dann beeil dich und sag mir, was du zu sagen hast."
Nala erklärte ihm schnell die Situation und dass sie ein kleines Elfenmädchen
namens Samora im Wald gefunden hatte. Da horchte Miromir auf.
"Ist Samora in Sicherheit?"
Sie erzählte ihm noch kurz, dass sie Samora nach Hogwarts gebracht hatte und
bat ihn dann um Unterstützung, falls es zum Kampf kommen würde.
"Ach, Nala", seufzte der Prinz, "ich mag dich und ich würde
deiner Bitte gerne nachkommen, aber leider kann ich das nicht entscheiden. Es
ist mein Vater, der dies tut und ich glaube nach diesem Erlebnis wird Vater
noch weniger angetan sein von den Menschen, egal ob sie nun zaubern können oder
nicht. Er wird sich nicht in diesen Streit einmischen wollen."
"Aber ihr seid doch schon längst in dieses Problem hineingezogen worden. Dann
kann er uns doch auch helfen, schliesslich haben wir euch befreit", sagte
Nala verzweifelt.
"Ihr seht das so, aber in den Augen meines Volkes habt ihr die jetzt
gerade erst eure Schuld beglichen, weil ihr uns eingesperrt habt."
"Das waren nicht wir. Das waren diese Todesser. Nicht alle Menschen sind
gleich und wir sind auf eurer Seite."
"Hör zu, ich denke wir sollten jetzt gehen. Ich werde versuchen mit meinem
Vater zu sprechen und ihm von dir erzählen, aber mach dir nicht zu grosse
Hoffnungen."
Er nahm sie bei der Hand und sie führte ihn in die hinterste Ecke des
Kellergewölbes. Severus kannte dort einen Geheimausgang. Es war eine schmale
Öffnung, durch die immer nur eine Person durchpasste. Sie war unter einer der
Truhen versteckt und man fand sie nur, wenn man den richtigen Zauber sprach.
Severus hatte schon fast alle Elfen in den Gang geschleust, der unter der
Klippe am Meer enden würde. Von dort sollten die Elfen am Meer entlanggehen,
bis sie einen geschützten Weg erreichten, der sie wieder in den Wald führte.
Unterwegs kamen Nala und Miromir aber noch an verschiedenen Zellen vorbei in
denen wilde Tiere eingesperrt waren.
"Nala, wir müssen diese Tiere befreien", sagte er aufgebracht.
"Natürlich, aber weshalb wurden sie eingesperrt?"
"Ganz einfach. Alle in unserem Volk können sich in ein wildes Tier
verwandeln. Diese sogenannten Todesser haben wohl gedacht, diese Tiere seien
Elfen, die sich verwandelt haben."
Nala befreite drei Wildschweine, fünf Rehe, zwei Rehkitze, einen Rehbock und
einen Hirsch. In der letzten Zelle kamen sogar noch zwei Wölfe zum Vorschein.
Die Tiere stürmten schnell zu Severus und er liess sie gleich durch. Nur die
zwei Wölfe blieben an Nalas und Miromirs Seite stehen.
"Sind wir fertig hier?" fragte sie Severus, als sie bei ihm ankamen.
"Ich denke schon." Er wandte sich an Miromir. "Prinz, Ihre
Eltern warten draussen auf Sie."
"Vielen Dank für alles", sagte Miromir und drückte Severus die Hände.
Nala ging neben Miromir durch den Geheimgang und die beiden Wölfe trabten immer
noch neben ihnen. Severus ging hinter den beiden her, nachdem er die Geheimtür
wieder sorgfältig versiegelt hatte.
Es passte ihm gar nicht, wie dieser Miromir mit ihr sprach. Er hatte sie sogar
zum Lachen gebracht und sie sah ihn irgendwie anders an. Und weshalb waren
diese Wölfe noch bei ihnen? Er war beleidigt, dass sie nicht neben ihm herging.
Wieder im Freien umarmte Miromir Nala zum Abschied und wünschte ihr viel Glück.
Da war Severus endgültig eifersüchtig. Was bildete sich dieser Prinz ein? Und
warum war Nala so begeistert von ihm.
Severus räusperte sich hinter den beiden. "Wir sollten gehen. Oder
möchtest du lieber hier bleiben?"
Nala wusste sofort, was dieser Tonfall zu bedeuten hatte. Sie verabschiedete
sich schnell von Miromir und drehte sich zu Severus um.
"Ich komme natürlich mit dir, was glaubst du?" flüsterte sie ihm ins
Ohr. "Lass uns noch schnell warten, um sicher zu gehen, dass die Elfen in
den Wald kommen."
Sie standen also noch eine Weile an der Küste, aber alle Elfen waren schnell
verschwunden. Auch die Wölfe waren in den Wald gerannt. Gerade als die beiden
apparieren wollten, hörten sie noch wie einer der Todesser rief, dass alle
entkommen seien und dann hörte sie Salem rufen: "Severus!!!"
Severus apparierte mit Nala am Rande von Hogwarts, wo Dumbledore, Minerva und
drei Auroren bereits warteten. Remus war nur kurz hier gewesen, berichtete
ihnen Dumbledore. Remus hatte den Leomagus gefunden und den Bann von ihm
genommen, aber es war ihm noch nicht gelungen ihn einzufangen.
"Sie werden kommen, Albus", sagte Nala und kaum hatte sie
ausgesprochen, apparierten dreizehn Todesser auf der Wiese. Sofort brach ein
wilder Kampf aus. Dumbledore konnte am Anfang gleich zwei von den Todessern
ausschalten, aber einer der Auroren wurde auch getroffen und blieb bewusstlos
am Boden liegen. Auch Nala kämpfte mutig mit einem der Todesser und konnte ihn
mit Severus' Hilfe bezwingen, aber es waren immer noch 10 Todesser übrig und
sie verstanden es gut ihre Kraft zu bündeln. Sie waren in der Überzahl und
Dumbledore und seine Freunde wurden langsam schwächer.
Doch dann kamen plötzlich ein Dutzend Elfen aus dem Wald unter ihnen war auch
Miromir und er stellte sich neben Nala hin. Nun waren die Todesser eindeutig
unterlegen, aber da tauchte dann doch noch der Leomagus aus dem Wald auf und
einer der Todesser traf ihn wieder mit seinem Bann. Remus kam nun auch dazu und
konnte ein riesiges Netz über den Leomagus werfen. Da bemerkte Nala, dass einer
der Todesser sich im Wald verstecken wollte. Sie informierte Severus, dass sie
ihm nach gehen würde und er versprach ihr so schnell wie möglich nachzukommen.
Sie lief in den Wald und Miromir folgte ihr. Im Wald hielt er sie an und pfiff
einmal laut in den Wald hinein. Sogleich kamen zwei Einhörner daher getrabt und
Miromir schwang sich auf eines. Nala sah in ungläubig an.
Miromir deutete auf das andere Einhorn und meinte: "Komm steig auf, Fiona
wird dir helfen ihn zu finden."
Also stieg Nala auf und nach einem kurzen, schnellen Ritt hatten sie den
Todesser auch schon auf einer sehr kleinen Lichtung eingeholt. Nala duellierte
sich mit ihm, aber unglücklicherweise kam noch ein zweiter Todesser dazu und
Nala wurde schwächer. Doch sie schaffte es gegen beide zu kämpfen und als
Miromir ihr zu Hilfe kam, hatte sie beide Todesser gerade unschädlich gemacht
und liess sich erschöpft auf den Boden sinken. Noch immer fiel leichter Regen
auf sie nieder und es war schon dunkle Nacht. Miromir kniete sich neben sie und
strich ihr mit einer Hand übers Gesicht. Schnell stand Nala aber auf und dankte
ihm für den Ritt mit dem Einhorn.
Da kam Severus angerannt.
"Nala, bist du in Ordnung?"
Nala lief ihm entgegen und er umarmte sie. Sie erschrak heftig, als sie merkte,
dass er vom Leomagus verfolgt wurde.
"Severus, der Leomagus!" schrie sie.
"Keine Sorge!" grinste er. "Ich habe ihn gezähmt."
"Gezähmt?"
"Naja, du kommst gut mit Einhörner aus, und ich eben mit Leomagi."
Auf ein Nicken von Severus, legte sich der Leomagus auf den Boden.
"Haben wir es geschafft, Severus?" fragte sie schnell.
"Ja", sagte er, küsste sie auf die Stirn und machte sich daran, die
beiden Todesser am Boden zu inspizieren.
Den einen kannte Nala nicht, aber der, den sie verfolgt hatte schon. Es war
Salem. Er lag bewusstlos am Boden und schien einiges an Verletzungen abgekriegt
zu haben.
Miromir wollte gerade gehen, da lief ihm Severus hinterher. Er legte ihm eine
Hand auf die Schulter und sagte: "Danke."
Miromir nickte ihm zu und liess die beiden allein.
Nala stand nun auch neben Severus und wollte ihn gerade umarmen, als sie sah
wie Salem sich am Boden bewegte. Er richtete seinen Zauberstab auf Severus und
Nala riss Severus geistesgegenwärtig zu Boden. Ein roter Blitz schoss in den
dunklen Wald hinaus.
Benommen lag Nala am Boden und Severus war zu ihren Füssen, auch am Boden.
Salem gab aber nicht auf. Kaum waren die beiden am Boden gelandet, feuerte
Salem den nächsten Blitz los, dieses Mal aber auf Nala. Schnell warf Severus
sich auf Nala, genau in den Blitz.
Ein kurzes "AAAH!" kam aus seiner Kehle, dann blieb er regungslos
liegen.
"NEIINN!" schrie Nala, machte eine Bewegung mit ihrer linken Hand und
Salem wurde von einer ungeheuren Macht getroffen. Er wurde quer über die
Lichtung geschleudert, prallte an einen Baum und wurde von einem der
abgebrochenen Äste mitten durch die Lunge aufgespiesst.
Doch das kümmerte Nala jetzt nicht im geringsten. Sie kniete sich neben den
röchelnden Severus hin, legte ihre Hände auf seine Brust und versuchte ihn zu
heilen. Doch sie konnte kaum etwas erkennen, denn es war überall einfach nur
rot. Severus' Blut war überall. Dennoch versuchte sie die blutenden Stellen zu
finden und zu heilen, aber es waren zu viele. Verzweifelt versuchte sie ihre
letzten Kräfte zusammenzuraufen, aber sie war von den Kämpfen schon zu schwach.
Sie musste aufgeben.
Leise liefen ihr Tränen übers Gesicht, als sie wieder in Severus' Augen
schaute. Sie waren noch klar, nur eine Träne entdeckte sie an seinem linken
Auge. Nala konnte nicht verstehen, was gerade geschehen war.
Sie strich ihm mit ihrer Hand über seine Wange und sagte:
"Ich bin zu schwach. Ich kann nichts tun!!" sagte sie hoffnungslos.
"Selbst du bist nicht Gott, Nala", flüsterte er.
Sie nahm seine Hände in ihre und streichelte sie liebevoll. "Warum hast du
das nur gemacht?"
"Ich würde für dich sterben..." Seine Stimme wurde immer schwächer
und Nala begann noch mehr zu weinen.
"Ich liebe dich so sehr! Verlass mich nicht!"
"Nala, ich möchte, dass du eines weißt: Du bist das Beste, was mir je
begegnet ist."
"Wohin du jetzt auch gehst, ich werde dich niemals vergessen. Versprich
mir, dass du immer bei mir sein wirst" krächzte sie hervor.
"Versprochen." Er versuchte zu lächeln, dann sagte er noch:
"Jetzt kann ich dein Held sein, nicht wahr?"
Noch mehr Tränen flossen über ihre Wangen. Sie presste ihre Lippen zusammen und
nickte.
"Komm, nimm mir meinen Atem" haucht er.
Nala verstand und beugte sich noch weiter zu ihm hinunter und küsste ihn
zärtlich auf den Mund. Dann löste sie sich von ihm und Severus schloss seine
Augen. Sie legte ihren Kopf vorsichtig auf seine Brust und hörte wie er langsam
weniger atmete und wie sein Herz langsam immer länger wartete zwischen den
Schlägen. Sie weinte bitterlich. "Nein, nein, nein!" schrie sie in
seine Brust, aber es half nichts. Ein Tropfen seines Blutes lag auf ihren
Lippen.
Es hatte aufgehört zu regnen, doch für Nala regnete es weiter.
Nala hatte nicht gemerkt, dass sich der Leomagus in der Zwischenzeit neben sie
gelegt hatte. Dieser jaulte traurig vor sich hin. Auch Dumbledore, Remus und
Minerva hatten die Lichtung mittlerweile erreicht und standen kaum zwei Meter
neben Nala. Alle drei waren schockiert, fassungslos und unendlich traurig. Sie
hatten die aller letzen Worte von Severus gerade noch gehört und standen jetzt
betroffen hinter Nala. Keiner von ihnen brachte auch nur ein Wort heraus.
