„Und hier haben Sie ihr Gepäck!", schrie er während er meine Koffer auf die Straße warf, und zwar kurz bevor er auch mich auf die Straße „warf". Daraufhin fuhr der Taxifahrer weg. Manchmal verfluche ich meine Art mit Menschen umzugehen. Allerdings ist mir der Taxifahrer echt auf die Nerven gegangen. Ich verabscheue es, wenn fremde Menschen so aufdringlich sind und gleich so in dein Leben bohren. Doch leider hat dieser hier die ganzen 2 Stunden lang nicht verstanden, dass er mich hätte einfach still hierher fahren sollen. Es wäre ja nicht so, als breche ich schnell in Rage, aber diesmal habe ich wohl wieder jemanden vergrault.
Seufz… Obwohl der junge Taxifahrer trotz seiner Neugier sehr tolerant und geduldig aussah. Ich bringe wohl eher die schlechten Seiten des Menschen zum Vorschein. Dennoch sehr interessant, das er priorisierte mich aus seinem Taxi zu schmeißen, anstelle mich doch noch die letzten paar Kilometer zu fahren. Nun ist er davon und das sogar ohne meine Bezahlung. Aus diesem Grund versuche ich das mal positiv zu sehen, denn da springen schon ein paar Drinks in der Bar für mich heraus, die ich sonst nicht bekommen hätte. Ich bereue also nix.
Nun schlendere ich über die Hauptstraße, die direkt zu meinem Heimatort führt: Mystic Falls. Bewaffnet mit zwei dicken Koffern und das auf beiden Seiten meiner Hände bin ich ebenso mit einem leeren Handy, dass ich auf der Autofahrt nicht so überstrapazieren hätte sollte. Doch wie würde sich die Alternative gestalten? Ich rufe Matt an? „Heyyy Matt! Wir haben uns zwar zwei Jahre lang nicht gehört, geschweige denn gesehen, und ich habe auch nie auf eure ganzen Nachrichten in den ersten paar Monaten reagiert. Ich bin aber zufälligerweise auf der Hauptstraße ein paar Kilometer der Stadt entfernt. Könntest du mich vielleicht netterweise abholen?"
Und über Caroline, Elena und Bonnie möchte ich geschweige denn gar nicht denken. Sie standen mir damals als richtige beste Freunde am nächsten. Solche Freunde habe ich in meinem darauffolgenden Lebensabschnitt nie wieder bekommen. Ich wollte mich einfach nie wirklich an neue Menschen in meinem Leben binden. Außerdem will ich mir auf keinen Fall vorstellen, wie Carolines Leben ohne mich verlief. Caroline und ich, sowie Elena und Bonnie waren enger befreundet in unserer Vierergruppe. Es ist genauso wie in Dreier-Freundschaften, ein Freundschaftspaar hat einfach den besseren Drang zueinander. Und genauso müsste sich auch Caroline vor 2 Jahren gefühlt haben… Mein Verrat wird sie am meisten getroffen haben. Die Drei also einfach anzurufen wäre gar keine Option gewesen.
So richtig erschöpft bin ich vom Koffer hinterherschieben aber eigentlich nicht. Viel größer ist die mentale Belastung, die auf meinen Schultern lastet. Die immer neu aufkommenden Gedankenanstöße kreisen wie auf einer wilden Achterbahn über meinem Kopf ihre kleinen turbulenten Kreise. Ich wusste ja gar nicht, dass ich insgeheim so eine Schisserin bin.
Dies hat aber wohl mehr damit zu tun, dass ich mit meiner Vergangenheit abschließen wollte. Mein neues Leben kam auf mich zu wie ein erneuter Schlag und damit hergehend auch meine neuen Verpflichtungen, denen ich nachgehen sollte. Doch ich schlaue Tante mache mal wieder gar nichts davon, sondern laufe schnurstracks bedeutungslosen Wegen entgegen.
Nach einer Weile von heftigen gedankenverlorenen Monologen sehe ich das erlösende Schild mit der Aufschrift: „Mystic Falls". Ich bin also endlich wieder zuhause angekommen. Mein Stand fühlt sich kerzengerade an, so alt wäre ich festgekettet liegt mein Blick auf ein altes belangloses Schild. In meinem Körper brodelt eine kleine Wärme auf. Ich wusste, dass ich meinen zünftigen Weg nach meiner Intuition und meinem Gefühl wählen muss, um zu finden, was ich jahrelang suche. Ich hätte aber nie gerechnet, dass dieses Gefühl genau hier in der Kleinstadt Mystic Falls wahr wird.
Und auf diese Holprigkeiten habe ich mir, Y/n, erstmal einen Drink verdient, und zwar bevor ich irgendetwas anderes mache.
