5. getrennte Wege

Sie saßen in Dumbledores Büro vor dem Kamin. Severus nippte an dem Tee, den der Direktor auf den Tisch gezaubert hatte. Dieser blickte fedankenverloren in die Flammen und dachte einen Moment nach. Er hätte nie gedacht, dass die Weasleys und auch Harry so einen Hass auf Severus hatten. 'Es ist einfach nicht fair', dachte Albus Dumbledore und blickte zu dem verstörten Zaubertrankmeister hinüber, der völlig fertig im Sessel saß. Er hatte gedacht, dass mit dem Tod Voldemorts auch endlich der Hass zwischen Snape und Harry aufgehört hatte, anscheinend hatte er sich geirrt!

Er betrachtete Snape nachdenklich. Dieser hatte sich, was seine Kleidung betraf, in den letzten beiden Tagen um einiges verbessert. Die Muggel- Kleidung stand ihm ausgezeichnet. Auch sein Haar schien er nach einer halben Ewigkeit endlich mal gewaschen zu haben. Allerdings fragte Dumbledore sich immer noch, was genau der Grund seiner Veränderung gewesen war. Severus hatte ihm nur erzählt, dass er Hermione Granger in der Winkelgasse getroffen hatte und dass sie aus Versehen eine Tüte mit ihren Sachen zurückgelassen hatte, die er ihr dann wiedergebracht hatte. Wahrscheinlich hatte er sich die Kleidung zugelegt, dass er nicht so sehr in der Muggel-Welt auffiel! Dumbledore lächelte still in sich hinein. 'Es war sicherlich eine schwierige Herausforderung für den armen Snape gewesen, die Muggel-Welt zu betreten.'

Was den Ärger mit Harry und den Weasleys anging - er beschloss Harry und Ginny eine Eule zu schicken. Vielleicht würde sich ja alles klären! Und Hermione Granger? Er konnte irgendwie nicht abschätzen was zwischen den beiden geschehen war. Severus verhielt sich sehr einsilbig, was dieses Thema anging. Albus spürte jedoch, dass da noch etwas anderes war, und Severus es ihm verschwiegen hatte.

"Ich glaube", sagte er leise, "Sie sollten jetzt ins Bett gehen! Ich werde mir morgen überlegen, was wir tun können!" Er lächelte Snape aufmunternd an. Dieser stemmte sich aus dem Sessel und war froh, endlich in seine Gemächer gehen zu können. "Gute Nacht, Professor Dumbledore." "Gute Nacht, mein Junge!", erwiderte dieser leise.

Die Tür schloss sich und Dumbledore war alleine. Er trat an seinen Schreibtisch, öffnete eine Schublade und entnahm eine Feder und Pergament. "Was", fragte er sich, "soll ich bloß schreiben?"

***

Severus war froh, endlich alleine zu sein. Er musste versuchen einen klaren Kopf zu bekommen. Er merkte, dass ihn nun eine lähmende Müdigkeit überfiel. Er hatte Dumbledore alles erzählt, na ja fast alles. Dass er sich von Hermione Granger angezogen fühlte und sie geküsst hatte, hatte er verschwiegen. Das war etwas, ein Geschenk, was nur ihnen beiden gehörte. 'Wahrscheinlich war es wohl nur ein kleines Intermezzo', dachte er sich. Hermione würde ihn wahrscheinlich hassen. Wegen ihm hatte sie jetzt schließlich all den Ärger.

Er betrat seine Gemächer und lief sofort in sein Badezimmer. Dort blickte er ernst in den Spiegel. "Ist das noch der selbe Severus wie heute morgen?", fragte er leise sein Spiegelbild. Leider bekam er keine Antwort.

Das letzte Mal, dass er so fertig war, war als er einst zu den Deatheather- Treffen gerufen worden war. Seltsamerweise fühlte er sich jetzt noch viel mieser als damals. Er blickte noch einmal in den Spiegel und sagte wieder zu seinem Spiegelbild: "Du bist ein Narr, Severus Snape, ein Narr!

Er kleidete sich aus und war froh, endlich im Bett zu liegen. Er fiel in einen tiefen Schlaf.

***

Severus Snape war irgendwann morgens aufgewacht und lag noch einen Moment still im Bett. Er versuchte sich an den Traum zu erinnern, den er die Nacht geträumt hatte. Da war immer wieder Hermione erschienen. Er wollte sie in seine Arme nehmen und festhalten, doch sie war immer wieder aus seinem Blickfeld verschwunden. "Verdammte Träume!", fluchte er und setzte sich auf.

Wie konnte es sein, dass sie nun seinen Geist völlig erfüllte? Er dachte wieder an den Kuss und fragte sich, ob es richtig gewesen war, dass er sie geküsst hatte. Eine Stimme in ihm flüsterte, dass er es einfach hatte tun müssen! Doch jetzt, nachdem er wusste, wie wundervoll es war, sie in den Armen zu halten, wünschte er sich nur, sie wieder küssen zu können!

Er schüttelte sich, als ob er diese Gedanken von sich jagen wollte. Auch wenn es wundervolle Gedanken waren, quälten sie ihn doch. Sein Blick ging durch den Raum und blieb bei seinem Stuhl hängen, über dem die Jeans und das Hemd lagen. Er schluckte, ging hinüber, nahm die Sachen und feuerte sie wütend in die hinterste Ecke seines Schranks und griff nach seiner üblichen, schwarzen Kleidung. "Wo zum Teufel.. ist mein Umh.." Und da fiel es ihm wieder ein. Nun war er derjenige, der seine Sachen bei Hermione vergessen hatte! Er setzte sich auf den Stuhl und starrte ins Leere.

"Und nun?", fragte er sich selbst und ärgerte sich darüber, dass er in letzter Zeit immer wieder mit sich selbst sprach. War es Bestimmung, dass er wieder zu ihr zurückkehren sollte? Jetzt gleich? Er besann sich und beschloss erst noch abzuwarten was Dumbledore zu sagen hatte. Sein Blick fiel auf die Uhr. Es war ziemlich spät und es würde gleich Mittagessen geben. "Gott sei dank ist heute Sonntag!" Er wäre wohl nicht fähig gewesen heute zu unterrichten und er fragte sich, ob er es morgen war.

Er lief nach unten um Essen zu gehen. Auf dem Gang begegneten ihn einige Gryffindors, die nun seine Laune abbekamen. Es waren mehrere Mädchen, die in einem Eck standen und miteinander kicherten. Plötzlich war er wieder der alte Snape der donnerte: "Miss Butterfly, Miss Peterson was gibt es da auf dem Gang zu kichern? Verschwinden Sie sofort in Ihren Turm!" Die Mädchen blickten ihn angstvoll an. "Ach, ja!", sagte er kalt. "Zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor!" Er rauschte an den verängstigten Mädchen vorbei und fühlte sich irgendwie besser und ärgerte sich gleichzeitig über sich selbst, dass diese Kinder seinen Frust abbekamen!

In der Großen Halle angekommen schritt er rasch zu seinem Platz an der Lehrertafel. Professor Dumbledore wies ihn an, sich neben ihn zu setzen. "Wie geht es Ihnen, mein Lieber?" "Es ging mir nie besser!", murmelte Severus mit einem ironischen Unterton und griff nach einer Scheibe Brot, riss ein Stück ab und tauchte es in die dampfende Gulaschsuppe, die vor ihm stand. "Ich möchte Sie um etwas bitten, Severus!" Dieser blickte den Direktor mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Und um was?" "Würden Sie bitte heute Nachmittag für mich die Aufsicht übernehmen? Ich habe einige unaufschiebbaren Dinge zu erledigen!"

Eigentlich wäre es nicht unbedingt nötig gewesen Severus darum zu bitten, aber Dumbledore wollte sicher gehen, dass Snape nicht auf die Idee kam, am Nachmittag zu Miss Granger zu reisen. Er wollte selbst von ihr wissen, was passiert war.

Snape sah in verwundert an. "Wenn Sie es unbedingt wünschen, Professor, werde ich die Aufsicht übernehmen!" Normalerweise wurde er dazu nie verpflichtet, weil sich die anderen Lehrer beschwert hatten, dass, wenn er die Aufsicht hatte, ihre Häuser besonders viele Punkte abgezogen bekamen. Aber irgendwie war er heute über die Aufgabe sogar froh, da konnte er wenigstens über die Ländereien spazieren und nachdenken!

Er aß schnell fertig, entschuldigte sich bei Dumbledore und ging wieder in seine Gemächer. Er hatte irgendwie das Bedürfnis etwas zu lesen. Nichts was mit dem Unterricht zu tun hatte, nein, er dachte daran, dass er einmal, vor langer Zeit Shakespeares Sonette geschenkt bekommen hatte. Dieser war einer der bedeutendsten Dichter der Muggels gewesen und die Gedichte von ihm gefielen sogar Severus.

Er lief zu seinem großen Bücherregal und suchte den kleinen Band und fand ihn nach einiger Zeit auch. Er musste feststellen, dass das kleine Büchlein auch schon einmal bessere Zeiten gesehen hatte. Die Seiten waren zerknittert und vergilbt. Er beschloss es mit nach draußen zu nehmen und sich damit an den See zu setzten um darin zu lesen.

Severus verließ das Schloss und schaute sich um. Viele Schüler waren heute bei so einem schönen Wetter draußen unterwegs. Doch waren die meisten auf dem Quidditch Feld, wo sie den Mannschaften beim Trainieren zusahen, oder einfach nur in der Sonne lagen und faulenzten. Er warf einen Blick zu ihnen und hoffte nur, dass sie ihn in Ruhe ließen. Er lief zum See und suchte sich eine ruhige, versteckte Stelle, wo er in Ruhe lesen konnte.

Severus fand sie etwas oberhalb vom See und ließ sich im Gras nieder. Er griff nach dem Buch und schlug es auf. Es öffnete sich an einer bestimmten Stelle. Es war die Sonette 116. Er begann laut zu lesen:

Let me not to the marriage of true minds admit impediments. Love is not love which alters when it alteration finds -or bends with the remover to remove. Oh, no, `tis an ever fixed mark- That looks on tempests and is never shaken.

Nie soll für verbundene Seelen ein Hemmnis gelten. Liebe ist nicht Liebe, die sich verwandelt, wo sie Wandel findet, -sich treiben ließe, wenn sie einer triebe, O nein, sie ist das Zeichen festgegründet,- Thront unerschüttert über Sturmeswogen.

Oh, wie sehr wünschte auch er sich, dass zwischen ihnen beiden kein Hemmnis mehr wäre! "Hermione Granger! Hermione!" Ihr Name klang für ihn plötzlich wie Melodie und Severus Snape musste sich nun wirklich eingestehen, was er die ganze Zeit schon gefühlt hatte! Er hatte sich in Hermione Granger verliebt! Er seufzte, ließ sich ins Gras zurückfallen und schloss die Augen. Er musste nun erst einmal mit den Gefühlen, die ihn nun erfasst hatten, fertig werden. Er sah sie vor seinem inneren Auge und flüsterte wieder: "Hermione!" und schlief ein.

***

Hermione wurde durch das Klingeln des Telefons geweckt. Sie rieb sich müde die Augen und tastete mit der linken Hand zu ihrem Nachttisch, wo das Telefon lag. "Hallo?", fragte sie verschlafen. "Hi, ich bin es, Emma! Wie war es gestern? Habe ich dich etwa geweckt?"

Hermiones Geist begann sich zu regen. Gestern. Gestern hatte sie noch Freunde gehabt. Gestern hatte sie glückliche Minuten mit Severus Snape gehabt. Gestern war sie von Severus Snape geküsst worden. Und gestern hatte die Katastrophe ihren Lauf genommen.

Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen, als sie an Severus dachte. "Emma?", flüsterte sie mit erstickter Stimme, "kannst du später vorbeikommen? Es ist etwas passiert..." Sie machte mit Emma eine Uhrzeit aus und legte den Hörer wieder auf. Im Moment konnte sie noch niemanden sehen, sie musste das alles erst mit sich selbst ausmachen und nachdenken.

Sie quälte sich aus dem Bett. Irgendwie tat ihr jeder Muskel weh. Der Weg, den sie gestern gelaufen war, war sehr lang gewesen. 'Wie philosophisch das klingt! Diesen Satz kann ich jetzt auch gut auf mein Leben ummünzen!', dachte sie bitter vor sich hin. "Der Weg, der jetzt kommt, wird wohl noch viel länger und steiniger!", sagte sie leise zu sich selbst und dachte wieder an ihn.

Hermione betrat ihr Wohnzimmer und bemerkte, dass nun Snape im Gegenzug seine Sachen bei ihr vergessen hatte. "Was für eine Ironie!", sagte sie laut und griff zu der Tüte, in der sein Umhang drin war. Sie zog diesen raus und hielt ihn an ihr Gesicht, um daran zu riechen. Er roch herb und angenehm. Er roch durch und durch nach Snape.

Sie drückte ihn an sich, seufzte und ging mit dem Umhang wieder in ihr Schlafzimmer zurück, ließ sich damit auf ihr Bett fallen und beschloss, noch ein wenig zu schlafen. "Wenigstens, wenigstens kann ich ihn jetzt riechen!" Sie vergrub ihr Gesicht im Umhang und fiel wieder in einen tiefen Schlaf.

Wieder wurde sie durch ein Klingeln geweckt. Diesmal jedoch war es die Klingel ihrer Haustür. Sie blickte verschlafen auf ihren Wecker und fuhr entsetzt hoch. Es war schon drei Uhr Nachmittags! Sie stand rasch auf und griff nach ihrem Morgenmantel um Emma die Tür zu öffnen.

Diese starrte ihre Freundin verwundert an, die mit zersausten Haaren und verschlafenen Blick vor ihr stand. Besorgt fragte sie sich, was mit Hermione passiert war, es war überhaupt nicht ihre Art sich so hängen zu lassen und so lange zu schlafen. "Was ist denn passiert?", fragte sie sanft. Hermione hielt sich eine Hand vor den Mund und begann zu schluchzen. Sofort traten Tränen in ihre Augen. Emma ging auf ihre Freundin zu und umarmte diese. Sie hatte beschlossen, erst mal nicht viel zu sagen und Hermione ausheulen zu lassen. Worte würden im Moment nicht viel helfen, Sie brauchte jetzt einfach jemanden der sie tröstete und ihr zuhörte. Auch wenn sie gespannt war, was zwischen ihr und diesem seltsamen Mann geschehen war!

Sie führte die tränenblinde Hermione in ihr Wohnzimmer, wo sie sich auf dem gemütlichen, blauen Sofa niederließen. Sie weinte noch immer und ihr Körper schüttelte sich vor Weinkrämpfen. "Oh, Emma, es ist so schrecklich!", nuschelte Hermione an Emmas Schulter. "Warte kurz", sagte Emma, stand auf und ging in Hermiones Bad, wo sie einige Taschentücher holte, die sie ihrer Freundin reichte. "Danke!", sagte diese leise und schnäuzte erst mal in ein Taschentuch. Sie fuhr sich mit der Hand über ihr tränennasses Gesicht und blickte ihre Freundin an und begann zu erzählen.

Emma hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit so einem Drama! Das klang ja wirklich alles nicht sonderlich aufbauend! Sie schenkte ihrer Freundin ein vorsichtiges Lächeln und streichelte kurz ihre Schulter. Sie wollte irgend etwas positives sagen, doch irgendwie gab es kaum etwas positives, was ihr dazu einfiel.

"Vielleicht, vielleicht wird sich ja alles wieder regeln, hmm?" "Das glaube ich nicht!", sagte Hermione leise. "Weißt du, was verrückt ist? Trotz allem was war, fühle ich mich irgendwie völlig glücklich! Es ist total abstrus! Aber als er mich küsste ...", sie verstummte einen Moment, wieder gefangen von dem wundervollen Kuss, den sie mit Severus geteilt hatte, ". es war so schön, und irgendwie absolut richtig!"

Emma hatte den ganzen letzten Abend darüber nachgedacht, was Hermione an diesem Mann fand und war zu dem Schluss gekommen, dass er wirklich etwas Anziehendes an sich hatte, trotz seiner Ruppigkeit! Vielleicht war Hermione einfach die Person, die in ihm, tja, seine menschliche Seite wieder zum Leben gebracht hatte.

"Was glaubst du, warum er so schnell verschwunden ist?", fragte Emma. "Ich denke", antwortete Hermione, "dass es für ihn wohl ein genauso großer Schreck war, wie für mich! Vielleicht sogar ein noch größerer, vielleicht dachte er, er wäre zu solch einer Handlung gar nicht mehr fähig .?"

"Da, schau!" Sie zeigte auf die Tüten, die auf dem Sessel lagen. "Er hat mir gestern mein Handy und mein Filofax gebracht und jetzt hat er seine Sachen bei mir vergessen!" "Siehst du", rief Emma, die ihrer Stimme einen fröhlichen Klang verlieh, "das bedeutet, dass ihr euch auf jeden Fall wiedersehen werdet!" Hermione blickte ihre Freundin erstaunt an, da diese nun aufgesprungen war und vor ihr hin- und herlief. "Es ist", sie verstummte einen Moment, "BESTIMMUNG!" "Bestimmung?" "Ja, natürlich, denk doch nur an all die Filme!" Hermione musste trotz ihrer Tränen über die vor ihr herstolzierende Emma lächeln. Sie wusste, dass diese total romantisch war und, wenn es um so etwas ging, immer aus Muggel-Filmen zitierte. "Denk an - Schlaflos in Seattle - da ist auch alles Schicksal!" "Emma", erwiderte Hermione, "das sind Filme, dass hier jedoch ist REAL!"

Ihre Freundin ließ sich wieder auf die Couch fallen und blickte sie an. "Hach, du hast recht, aber irgendwie muss es doch weitergehen.." Sie konnte ihren Gedanken nicht mehr weiterführen, da in diesem Moment ein lautes Grollen und Poltern aus Hermiones Kamin zu hören war.

Hermione setzte sich aufrecht hin und starrte auf die Öffnung. Ihr Herz hatte begonnen, schneller zu schlagen. Kam Severus zu ihr zurück? Sie hatte von niemanden eine Nachricht erhalten, der sie besuchen wollte!

Das Dröhnen wurde lauter und aus den Flammen entstieg: Dumbledore! Die beiden Frauen saßen mit weit aufgerissenen Mund auf dem Sofa und starrten den alten Zauberer an, der hustend vor ihnen stand und dabei war, sich den Staub von seinem Umhang zu klopfen. Er rückte seine Brille zurecht und blickte zu den beiden hinüber. "Guten Tag Miss Granger!"

"Professor Dumbledore!", sagte diese nun matt. Er zwinkerte Hermione und Emma zu. "Darf ich mich setzen?" Hermione erwachte aus ihrer Erstarrung und sprang auf, um den Sessel für Dumbledore freizuräumen. Endlich hatte sie wieder ihre Sprache gefunden. "Bitte, nehmen Sie doch Platz, Professor!" Er ließ sich im Sessel nieder und begutachtete ihre Wohnung. "Eine schöne Wohnung haben sie da", sagte er leise, "sehr schön!" Hermione errötete etwas. "Danke", sagte sie, "aber, Sie sind sicher nicht hierher gekommen, um mit mir über das Interieur meiner Wohnung zu sprechen!"

"Da haben Sie wohl recht, Miss Granger!", seufzte er und blickte unsicher zu Emma hinüber. "Oh, ich vergaß, verzeihen Sie bitte, Professor! Darf ich vorstellen: meine Freundin Emma Gilbert - Professor Albus Dumbledore, Direktor von Hogwarts." Sie reichten sich beide die Hand. "Verzeihen Sie bitte, Miss Granger, aber ich müsste Sie sprechen - alleine!"

Emma, die sich jetzt eh fehl am Platz fühlte stand auf und sagte: "Ich wollte sowieso gerade gehen! Es war schön, Sie einmal kennen zu lernen!" Sie strahlte Dumbledore an. Sie war wirklich begeistert darüber endlich mal diesen großen Zauberer getroffen zu haben, auch wenn die Gründe seines Kommens wohl nicht allzu schön waren. Sie umarmte noch einmal kurz ihre Freundin und ging sorgenvoll nach Hause.

***

Hermione sah Dumbledore fragend an. Sie ahnte, dass jetzt wohl nichts angenehmes kommen würde. Sie bemerkte ihren leeren Magen und wusste, dass sie ohne etwas zu essen keine Hiobsbotschaften ertragen würde. "Ich, ich mache nur schnell noch eine Kleinigkeit zu essen, haben Sie auch Hunger, Professor?" Mit Schrecken bemerkte sie ebenfalls, dass sie ja immer noch ihren Schlafanzug und den Morgenmantel anhatte! "Nun, Miss Granger, Sie kennen mich doch, gegen eine Kleinigkeit zu essen habe ich nie etwas einzuwenden!" Er lächelte ihr aufmunternd zu und Hermione ging kurz in die Küche und brachte ihm erst mal ein Glas Eistee, um sich danach noch schnell etwas vernünftigeres anzuziehen.

"Sie entschuldigen mich bitte für ein paar Minuten, ich gehe mich nur noch schnell etwas frisch machen!" Sie lief in ihr Bad, machte sich frisch, griff wahllos nach einigen Klamotten und kam einige Minuten später wieder zu Dumbledore zurück. Sie war gespannt, was er ihr zu sagen hatte.

"Ich werde uns dann mal schnell was zu essen machen." Hermione ging in ihre Küche und öffnete den Kühlschrank, um zu sehen, was sie machen konnte, und entdeckte, dass sie noch Hackfleisch da hatte. Sie beschloss Spagetti Bolognese zu machen und holte alle Zutaten aus den Schränken.

Professor Dumbledore war ihr in die kleine Küche gefolgt, da er doch neugierig war, was sie fabrizieren wollte. Sie war gerade dabei die Zwiebeln klein zu schneiden, als er anfing zu sprechen. "Ich habe gestern Abend noch mit Professor Snape zusammengesessen," sagte er leise, und Hermione, der wegen der Zwiebeln gerade die Augen tränten erstarrte einen Moment. Was wusste Dumbledore? Was hatte Severus ihm alles erzählt? Die Antwort erfolgte prompt.

"Er hat mir von dem Eklat zwischen Fred Weasley und ihm erzählt. Können Sie sich vorstellen, warum die Weasleys und auch Harry Potter immer noch so einen Hass gegen ihn hegen? Sie müssten doch eigentlich alle wissen, dass er nichts dafür konnte!"

Hermione gab das Hackfleisch in die Pfanne und verrührte es mit den Zwiebeln. "Ich glaube", sagte sie, "dass er wohl einfach jemand brauchte, an dem er die Wut über Rons Tod loswerden konnten, und da kam Professor Snape wohl gerade recht! Es ist komisch", sagte sie, "aber ich müsste doch dann eigentlich am Wütendsten sein, denn ich war schließlich mal mit Ron zusammen und glauben Sie mir, ich habe lange gebraucht um das alles zu verarbeiten! Dann", sagte sie mit fester Stimme, "müsste ich Professor Snape genauso hassen!" Sie blickte ihm kurz an. "Tun Sie es denn?", fragte Dumbledore, während er ihr dabei zusah, wie sie die Nudeln in das kochende Wasser gab. Hermione konnte ihm darauf nicht antworten, aus Angst, dass sie zu viel sagen würde.

"Professor Snape war gestern sehr verwirrt. Wissen Sie, was ihn so verwirrt hat? Der Zwischenfall mit Fred Weasley kann doch nicht der Auslöser gewesen sein, wir wissen doch, dass es noch genügend Leute gibt, die ihn nicht mögen und bis jetzt hat er sich deswegen noch nie viele Gedanken gemacht! Was meinen Sie, Miss Granger?"

'Er war also verwirrt gewesen', dachte Hermione und beugte sich tiefer über die Pfanne, in der die Sauce kochte. Ihr Herz hatte wieder begonnen schneller zu schlagen. Sie merkte, dass sie rot anlief. Sie wollte nicht, dass Professor Dumbledore das sah. "Ich weiß es nicht", murmelte sie. "Wie bitte?", fragte er. Sie versuchte einen unbehelligten Gesichtsausdruck aufzusetzen und blickte wieder zu ihm hin. "Ich weiß es leider auch nicht, warum Professor Snape verwirrt war!"

Einige Minuten später saßen sie am Tisch und begannen zu essen. Dumbledore ließ sich lange Zeit, wieder etwas zu sagen. Es war offensichtlich, dass es ihm sehr gut schmeckte. "Darf ich mir einen kleinen Zauber erlauben?", fragte er sie. Sie nickte und sah ihn gespannt an. Dumbledore war so ein mächtiger Zauberer, dass er nicht mehr unbedingt einen Zauberstab brauchte. "Verro Vino!", sagte er mit erhobener Hand und vor ihnen tauchten Gläser, gefüllt mit Rotwein, auf. Er griff nach seinem Glas, erhob es und stieß es an ihres und sagte leise: "Auf Sie, Miss Granger und - auf Professor Snape!"

Sie sah ihn verwirrt an. "W-Wie meinen Sie das?" Er zwinkerte ihr zu und sagte leise: "Nun, kann es vielleicht nicht sein, dass Sie der Grund sind, dass Severus so verwirrt ist?" "Professor - w-wie kommen Sie nur auf solch eine Idee??" Hermione war nun völlig rot angelaufen. "Miss Granger, Sie sind eine sehr hübsche, junge Dame, glauben Sie nicht, dass da einige Männer vielleicht verwirrt sein könnten?" Er grinste sie an.

Hermione fand dieses Gespräch mehr als unangenehm und drehte nervös einige Spagetti auf ihre Gabel. Auch er merkte, dass er wohl etwas zu weit gegangen war und wechselte sofort das Thema: "Diese Spagetti sind ein Traum! Ich werde sofort anordnen, dass die Hauselfen genau solche einmal kochen werden!" Hermione atmete spürbar auf. Endlich redete er von etwas unverfänglichem. Sie hätte ihn zwar zu gerne gefragt, was Severus gerade machte, aber nach seinen Bemerkungen traute sie sich das nun nicht mehr.

Dumbledore hatte sein Besteck zur Seite gelegt und sah sie nun ernst an. "Hätten Sie vielleicht Lust, für einige Zeit nach Hogwarts zu kommen und die Krankenstation zu leiten? Madame Pomfrey ist leider für einige Monate unabkömmlich, da ihre Tante krank ist! Hätten Sie Lust?"

Sie sah ihn sprachlos an. "Ich, nach Hogwarts?" "Miss Granger", erwiderte er, "Sie tun ja so, als ob das eine Strafe sein würde!?" "Nein, ich bin nur so überrascht! Darüber muss ich erst einmal nachdenken!" "Natürlich sollen Sie mir nicht sofort zusagen, aber ich würde mich freuen, wenn Sie mir eine Eule mit Ihrer Zusage schicken würden."

"Das ist nicht so einfach, Sie wissen doch, die Praxis und so.!" Hermione konnte es einfach nicht glauben. Sie würde die Chance haben Severus nah zu sein. Was würde sie mehr wollen? Sie würde jedoch erst mal gründlich darüber nachdenken müssen.

Dumbledore war inzwischen aufgestanden. "Wie gesagt, melden Sie sich einfach bei mir!" Er schenkte ihr noch einmal sein warmes Lächeln und trat an ihren Kamin um wieder nach Hogwarts zu entschwinden. "Auf Wiedersehen, Professor!" "Auf ein baldiges Wiedersehen, Miss Granger!"

Dann war sie wieder alleine.

***

Albus Dumbledore war, nachdem er Hermione verlassen hatte, weiter zu Harry gereist, weil er auch mit ihm reden wollte. Er wollte einfach nicht verstehen, warum er und die Weasleys so einen Hass auf Severus Snape hatten.

Er hatte Glück! Harry, Ginny als auch Fred Weasley waren zu Hause. Sie hatten ihn wohl schon erwartet. Die Eulenpost mit seiner Ankündigung hatte gut funktioniert!

Er sah die Drei an. Besonders glücklich wirkten sie nicht.

Sie saßen auf dem Sofa und schauten ehrfürchtig zu Dumbledore auf. Auch wenn sie alle schon lange nicht mehr in Hogwarts waren, schätzten und ehrten sie ihn doch immer noch sehr!

"Nun", sagte der Professor, und lief unablässig vor ihnen hin und her, "können Sie mir bitte schildern, was gestern geschehen ist?"

"Ähm, ja wissen Sie." "Das war so." "Was hat SIE auch SNAPE mitgebracht."

Alle drei hatten angefangen auf einmal zu reden. "Ruhe!", donnerte Dumbledore. Er war inzwischen wirklich aufgebracht. "Miss Weasley, sagen Sie mir bitte, wie das alles abgelaufen ist!"

Ginny schluckte. "N-Nun, d-da war gestern halt die Party und Hermione hat mich schon mittags gefragt, ob sie jemanden mitbringen dürfte. Ich hatte natürlich nichts dagegen, da sie ja schon lange mit keinem Mann mehr ausgegangen ist, im Gegenteil, ich habe mich richtig darüber gefreut ... und dann ... ist sie da plötzlich mit Professor Snape angekommen!"

"Ihrem Gesichtsausdruck zufolge waren Sie dann nicht mehr sonderlich erfreut!?", sagte Dumbledore und es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

"Na, ja", erwiderte Ginny, "wir waren sehr verwundert, zumal Professor Snape so, hmm, so normal aussah!"

"Und warum", Albus Dumbledore beugte sich zu ihnen hinunter, "mussten Sie alle dann Miss Granger und Professor Snape so angreifen? Verbal als auch körperlich?" Sein Blick galt Fred, der immer kleiner im Sofa wurde.

Bevor irgend jemand antworten konnte warf er noch ein: "Und kommen Sie mir bitte nicht wieder mit der Sache mit Ihrem Bruder Ron! Die Fakten liegen auf dem Tisch, Sie wissen, dass Professor Snape nichts mehr machen konnte. Wir können froh sein, dass es dank seiner Hilfe nicht noch mehr Tote gab! Also, den GRUND bitte!"

Die Drei starrten Dumbledore fasziniert und auch ängstlich an. Jetzt, wo er sich so in Rage geredet hatte, wirkte er irgendwie mächtig und bedrohlich.

Harry ergriff das Wort. "Wir, wir konnten es einfach nicht ertragen, Hermione mit IHM da zu sehen! Wir wollten nur das Beste für Hermione!"

"Ach", sagte Dumbledore, "und deshalb müssen Sie", er zeigte mit dem Finger auf Fred, "sich dann zum Schutz von Miss Granger auf Professor Snape stürzen!?"

".. es, es war auch noch ein klein wenig wegen Ron ...", murmelte Fred leise.

"Tolle Freunde sind Sie, wirklich toll!", sagte der Direktor traurig und fuhr etwas sanfter fort: "Was ist dann passiert?"

Ginny ergriff wieder das Wort. "Dann ist Hermione aufgesprungen und hat uns alle angeschrieen, ich weiß nicht mehr genau, was sie sagte ., auf jeden Fall ist sie dann rausgestürzt und Professor Snape hatte plötzlich einen Gesichtsausdruck ..", Ginny überlegte kurz, "... ich habe ihn noch nie so besorgt gesehen wie in diesem Moment .., und dann ist er hinter Hermione hergerannt!"

"Und Sie hinterher?", fragte Dumbledore. "Äh, ja, wir waren natürlich neugierig! Wir sind dann auch durch das Haus auf die Straße gelaufen und haben dann gesehen..." Ginny fiel es schwer weiterzusprechen.

"Was, Miss Weasley?", fragte der Professor nun wieder etwas sanfter.

Ginny atmete tief durch und sagte: "Professor Snape hat Miss Granger geküsst! Nicht auf die Wange. sondern, na, ja richtig geküsst eben!" Während sie das gesagt hatte, war sie hochrot angelaufen und schaute nervös auf den Boden.

Nun war es Dumbledore, der erstaunt mit offenem Mund dastand. "Ich glaube", sagte er, "jetzt muss ich mich doch erst einmal setzen!" Er setzte sich auf einen Stuhl und murmelte: "Jetzt wird mir einiges klarer!" Albus hatte so etwas in der Art ja schon vermutet, aber dass die Beiden schon so weit gegangen waren, überraschte ihn doch sehr! Severus Snape und Hermione Granger waren anscheinend immer wieder für eine Überraschung gut. Besonders Snape.

'Kein Wunder', dachte er, 'dass das Gespräch vorhin für Miss Granger mehr als unangenehm war!'

Harry, Ginny und Fred sahen ihn gebannt an, während er auf dem Stuhl saß und nachdachte.

Ginny begann wieder zu sprechen: "N-Nach dem Kuss dann - ist Professor Snape einfach verschwunden - wohl appariert nach Hogwarts! Ich wollte dann Hermione noch aufhalten, da ich gemerkt habe, dass wir wohl einen Fehler gemacht haben, aber sie ist einfach an uns vorbeigelaufen ." Tränen traten in Ginnys Augen, jetzt, wo ihr die Ungerechtigkeit gegenüber den Beiden immer klarer wurde.

"Was sollen wir jetzt machen?", fragte Ginny leise.

Dumbledore sah auf. Er nahm wieder seinen gutmütigen Gesichtsausdruck an und sagte sanft: "Ich glaube, jetzt wäre wohl ein Entschuldigungsschreiben angebracht, oder?" Er blickte die drei noch einmal eindringlich an.

"Ja", antwortete Ginny, "das werden wir auch gleich machen!"

Dumbledore nickte ihnen dankbar zu und merkte plötzlich, wie müde er auf einmal geworden war.

"Es ist Zeit für mich, nach Hogwarts zurückzukehren! Darf ich Ihren Kamin benutzen?" Harry bejahte es. Bevor Dumbledore sie verließ drehte er sich noch einmal um.

"Bitte, erwähnen Sie mich nicht in Ihrem Brief, ich glaube, das wäre nicht so gut - und - halten Sie mich bitte per Eule über alles auf dem Laufenden!"

"Auf Wiedersehen!"

Er verschwand in den smaragdgrünen Flammen und die Drei begannen einen langen Brief an ihre Freundin zu schreiben.

***

Nachdem Dumbledore verschwunden war hatte Hermione automatisch den Tisch abgeräumt und angefangen aufzuspülen. Sie sollte nach Hogwarts zurückkehren? Sie fragte sich, wie das funktionieren sollte, denn schließlich leitete sie mit ihrem Vater die Praxis. "Vielleicht kann ich mir ja ein paar Monate Auszeit gönnen?", fragte sie sich laut. Ihr Vater würde nichts einwenden können. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern wann sie zuletzt Urlaub gehabt hatte!

Sie schrak hoch, als sie das Telefon hörte. Sie lief schnell ins Schlafzimmer und griff nach diesem. Es war ihr Vater. "Hallo Schatz, wie geht es dir?" "Geht so", erwiderte sie, was sollte sie auch großartig ihrem Vater erzählen. "Hast du dich schon auf morgen vorbereitet, mein Liebes?" "Auf morgen?", fragte sie verwundert, sie konnte sich nicht erinnern was am Montag sein sollte! "Hermione, du weißt doch, dass wir morgen nach Edinburgh zu dem Ärztekongress müssen!" Sie schlug sich mit einer Hand auf die Stirn. Das hatte sie ja vollkommen vergessen! "Oh, natürlich, der Ärztekongress", sagte sie schwach. Ihr Vater ging nicht weiter darauf ein. "Ich hole dich morgen früh um sieben Uhr ab. Unser Flug geht um neun Uhr von Heathrow nach Edinburgh. Denk daran, dass wir auch endlich mal wieder deinen Cousin Peter treffen werden!" "Ah, ja natürlich, Peter", antwortete sie matt. "Ich erwarte dich dann um sieben Uhr, Dad, bis dahin!" Sie legte auf.

Sie hatte vor lauter Snape und Winkelgasse ihr "normales" Leben irgendwie völlig außen vor gelassen und fühlte sich nun mit aller Wucht zurückgerissen. Ärztekongress! Darauf hatte sie ja jetzt so gar keine Lust, aber sie erinnerte sich wieder daran, dass sie sich schon lange darauf gefreut hatte dort hinzufahren, weil sie dann auch mal wieder ihren Cousin sehen konnte, der ebenfalls eine Zahnarztpraxis in Schottland hatte.

'Das mit Hogwarts werde ich wohl erst einmal verschieben müssen', dachte sie traurig und holte ihren Koffer, um ein paar Dinge zu packen die sie brauchen würde. Sie sah zu ihrem Bett und erblickte den Umhang. "Severus!", flüsterte sie, griff ihn wieder und presste ihn an sich. Plötzlich klopfte es an ihrem Fenster. Es war Hedwig, Harrys alte Eule. 'Was schicken die mir denn?', dachte sie, 'die Entschuldigung?' Sie öffnete Hedwig das Fenster, streichelte sie kurz und band den Brief ab. Sie griff nach etwas Vogelfutter, das sie der Eule in ihrer Hand vorhielt, die glücklich etwas davon fraß. Anscheinend wollte sie abwarten ob sie einen Brief mit zurücknehmen konnte. Hermione sagte dann leise zu der Eule: "Ich habe keine Nachricht für die beiden, Hedwig, flieg wieder nach Hause!" Diese erhob sich wieder in die Lüfte und verschwand.

Hermione drehte und wendete den Brief und beschloss, dass sie ihn im Moment einfach nicht lesen konnte und es auch nicht wollte. Sie warf ihn achtlos auf ihren Schreibtisch und wollte mit dem Packen fortfahren, als ihr Blick an einem kleinen Buch hängen geblieben war, dass sie sich vor langer Zeit einmal gekauft hatte. Es waren "Shakespeares Sonette". Sie griff es, setzte sich auf ihr Bett, immer noch Snapes Umhang in der anderen Hand und begann zu lesen. Ihre Lieblings-Sonette. Es war die Nummer 116.

***

Severus erwachte. Verwundert sah er sich um. Er lag immer noch am See. Es musste schon spät abends sein, denn die Sonne war längst untergegangen. Er setzte sich auf und merkte, dass ihm einige Knochen weh taten. Der Boden war nicht sonderlich weich gewesen. Er stand auf, griff nach dem kleinen Buch und lief im Schutz der Dunkelheit zum Schloss zurück.

Schnell lief er in seine Gemächer und war froh, dass er niemandem begegnet war. Auch nicht Dumbledore. Dieser hatte ihm zwar nicht gesagt was diese "unaufschiebbaren Erledigungen" waren, aber Severus war sich ziemlich sicher, dass es irgend etwas mit ihm zu tun hatte.

Auf jeden Fall wusste Severus was er jetzt tun würde. Der Unterricht musste morgen ohne ihn stattfinden! Er würde morgen früh noch einmal nach London reisen, um mit Hermione zu sprechen! Auch wenn er dafür das Risiko in Kauf nehmen musste, sich eventuell lächerlich zu machen! Er fand, dass er es ihr, nach seinem abrupten Abgang, irgendwie schuldig war.

Draußen war es recht kühl geworden und es fröstelte ihn. Er ging in sein Badezimmer und drehte die Wasserhähne seiner Wanne auf. Ein Bad würde jetzt entspannend sein!

Danach wollte er Dumbledore eine kleine Nachricht schreiben, dass er die nächsten Tage nicht in Hogwarts sein würde. Er hoffte sehr, dass dieser es verstand, auch wenn er ihm nicht genau schreiben würde, warum er weg musste.

Apparieren wollte er allerdings nicht, er hasste es, weil es ihn immer wieder an Voldemort erinnerte. Nach dem Kuss war er nur appariert, weil er einfach zu geschockt war. Das würde bedeuten, dass er am Morgen wieder früh nach Hogsmeade gehen musste um innerhalb von wenigen Tagen noch einmal mit dem Hogwarts-Express nach London zu reisen.

Er erinnerte sich an die Muggel-Kleidung, die er gestern in seinen Schrank geworfen hatte. Jetzt würde er sie wohl noch einmal benötigen. Leider waren die Hose und das Hemd nun sehr zerknittert. 'So kann ich nicht gehen!', dachte er und rief nach einem Hauself.

Winky, die Hauselfe, erschien sofort. "Bitte, Sir, Professor, was kann ich für Sie tun, Sir?", piepste sie. "Hier, nimm das und sorge dafür, dass ich es spätestens in einer Stunde wieder sauber und geplättet hier habe!" Er sagte dies bestimmend in seiner gewöhnlich, kalten Stimme, die die kleine Hauselfe erzittern ließ. Sie sah nicht zu ihm auf. "Ja, Sir! Winky wird dafür sorgen, dass alles schnell sauber ist, Sir Professor Snäpe!" Sie verbeugte sich tief vor ihm. "Nun geh!", fuhr Severus sie an und ging in sein Bad.