11. leiser Abschied



Hermione erwachte durch ein Streicheln. Severus hatte den Kopf auf die eine Hand aufgestützt, lag vor ihr und streichelte ihr sanft über den nackten Arm. Sie öffnete ihre Augen und erblickte ihn. Als die Gedanken an die letzte Nacht in ihr Gedächtnis schlichen, errötete Hermione leicht und lächelte ihn verlegen an.

"Es ist, und war nichts, für was du dich schämen müsstest, Hermione! Es war einfach nur wunderschön!"

Severus beugte sich zu ihr rüber und gab ihr zärtlich einen Kuss. Wieder erschauderte Hermione. Es war immer wieder wie beim ersten Mal, wenn er sie küsste! "Daran könnte ich mich gewöhnen!" sagte sie leise, nachdem sie sich ausgiebig geküsst hatten.

"Daran wirst du dich gewöhnen müssen!" erwiderte er mit seiner tiefen Stimme und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Wieder breitete sich in ihr ein Kribbeln im Bauch aus, dieses Lächeln stand Severus perfekt und er erschien ihr noch einmal so attraktiv wie noch nie zuvor!

Hermione jedoch konnte nicht mehr lächeln, weil ihr ihr Vater plötzlich in den Sinn kam! Severus hatte sie inzwischen in seine Arme gezogen und wiegte sie sanft, wie ein Kind.

"Sev. ich, ich muss dir etwas sagen!"

"Hmmm..?"

"Ich, ich muss wieder weg!"

Severus drehte sie, damit er ihr ins Gesicht schauen konnte und sah sie fragend an.

"Weg? W-Warum weg?"

Hermione schluckte. "Mein Vater.. er, er hatte einen Herzinfarkt! Ich muss nach ihm schauen!" sie strich ihm sanft durch sein Haar.

"Verstehst du das?" Severus´ Gesicht war wie versteinert. Doch er nickte.

"Natürlich musst du nach deinem Vater schauen!" er seufzte. "Du kommst doch bald wieder? Ich halte es nämlich nicht lange ohne dich aus!"

Hermione war mehr als verwundert über sein Verhalten. Eigentlich war sie sich sicher gewesen, dass er aufbrausen würde! Nichts dergleichen! Verwundert sah sie ihn an. Machte es ihm denn gar nichts aus, dass sie fortmusste?

"Aber er hat ja gesagt, dass er mich vermissen wird!" dachte sie erleichtert.

Severus war aufgestanden und zog sich wieder den Pyjama und den Umhang um.

Ich sollte dann lieber mal gehen, bevor die Krankenschwester entdeckt, dass ich letzte Nacht nicht im Krankenzimmer war!" er zwinkerte Hermione zu, beugte sich noch einmal zu ihr runter und gab ihr einen letzten Kuss, bevor er sie alleine lies.

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Severus fühlte sich so glücklich wie noch nie im Leben! Er war vor Hermione aufgewacht und hatte sie erste einmal einfach nur angeschaut. "Sie ist wunderschön! Warum ist mir das nur früher, als sie im letzten Schuljahr war, noch nie aufgefallen?" Nein, damals sah er in nur die Besserwisserin, Hermione Granger. Jetzt sah er sie - ja, als was denn? - als Geliebte, Freundin, einfach, der wundervollste Mensch auf Erden!

Er hatte seine Finger nicht mehr zurückhalten können und hatte begonnen, sie sanft zu berühren. Es geschah wie unter Zwang. Er musste einfach ihre zarte Haut unter seiner spüren. Irgendwann war Hermione durch seine Berührung erwacht. Noch nie war Severus mit einer Frau im Bett erwacht, und er fand es sehr schön, wie sie ihn so verschlafen anlächelte.

Als er jedoch hörte, was Hermione ihm zu sagen hatte, war ihm doch etwas anders geworden!

"Sie musste weg? Warum jetzt? Warum lässt sie mich jetzt alleine?"

Dachte er verzweifelt, aber er beschloss, es sich nicht anmerken zu lassen. Der alte Snape wäre jetzt wahrscheinlich hochgefahren und hätte rumgebrüllt. Aber Severus wusste, dass dieser Snape nicht hierher passte, es hätte wohl einfach nur lächerlich gewirkt, auch wenn er es am liebsten getan hätte.

Statt dessen sagte er ihr, dass es O.K. sei, dass sie zu ihrem Vater reiste. Jedoch tat es ihm sehr weh, dass er sie nun gleich schon wieder verlieren würde! "Verlierst du Sie denn wirklich, Severus?" fragte die kleine Stimme in ihm. "Nein!" beantwortete er die Frage sich selbst. "Sie kommt ja schließlich wieder!"

Er stand auf und begann sich anzuziehen. Er wusste, dass wenn er noch länger hier mit Hermione liegen würde, es ihm nicht mehr möglich wäre, sie gehen zu lassen.

Severus verließ sie schweren Herzens und begab sich wieder auf die Krankenstation.

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Hermione lag einen Moment da und starrte auf das Kissen neben sich, auf dem noch Severus´ Abdruck zu sehen war. Sie drückte ihr Gesicht hinein und roch daran. Es roch noch intensiv nach ihm und sie seufzte auf.

"Ich will nicht weg, Severus!" flüsterte sie leise in den Raum hinein. "Aber ich muss!"

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Wenig später hatte Hermione ihre Sachen zusammengepackt und machte sich auf den Weg Richtung Krankenstation.

Sie öffnete die Tür und musste feststellen, dass Severus nicht da war!

"Severus?" sie lief durch den Raum und suchte jeden Winkel nach ihm ab. Nicht da!

"Seltsam!" Hermione lies sich auf sein Bett sinken und sah sich verwundert um. Wo ist er bloß? Sie griff in ihre Manteltasche und nahm den Brief, den sie gerade noch an Severus geschrieben hatte und legte ihn auf den Nachttisch, dort, wo sein Buch mit den Sonetten lag. Hermione griff danach und ließ ihre Finger darüber streichen. "Verzeih mir, Severus", sagte sie leise und steckte sich das Buch in die Tasche, nahm dagegen ihres heraus, öffnete es, schrieb eine kleine Widmung für ihn hinein und legte es auf die Stelle, wo seines lag. Sie wischte sich eine Träne, die ihr über die Wange lief aus dem Gesicht.

Langsam stand sie auf. Sie hatte keine Zeit mehr. Der Zug fuhr in einer halben Stunde ab und sie musste sich beeilen um an den Bahnhof zu kommen.

Hermione sah sich noch einmal um und verließ mit hängenden Schultern den Raum. Sie hätte Severus so gerne noch einmal gesehen. Warum war er denn nicht da!

Als sie über den Gang lief, um das Schloss zu verlassen, nahm sie vor lauter Schmerz nicht mehr den schwarzen Schatten wahr, der in einem Eck stand und sie, ohne sich bemerkbar zu machen, beobachtete.

Severus Snape hatte mal wieder sein altes Ich zum Vorschein gebracht und war sich sicher, dass es besser war, sie ohne Abschied gehen zu lassen. Sie würde schon wieder kommen! Er hoffte es zumindest!

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Hermione nahm die Landschaft, die draußen an ihr vorbeirauschte, gar nicht richtig wahr. Zu sehr war sie immer noch von der Erinnerung der letzten Nacht gefangen! Noch nie hatte sie so intensiv geliebt in ihrem Leben. Weder geistig noch körperlich! Sie dachte an Ron, ihren ersten Freund und sie fragte sich, was für Gefühle sie damals für ihn gehabt hatte! Hermione konnte sie nicht mehr definieren.

Auf dem Weg aus dem Schloss hinaus hatte sie noch Winky getroffen und ihr noch eine Nachricht für Dumbledore übergeben, dass sie nun nach London reisen würde, aber so schnell es ging, wieder zurückkehren würde.

Sie seufzte. "Ich habe nicht mal ein Foto von Severus!" dachte sie traurig. Hermione lehnte sich zurück und schloss die Augen. Irgendwann fand sie einen traumlosen Schlaf und erwachte erst wieder, als der Zug in Kings Cross zum Stehen kam.