Disclaimer: Im ersten Kapitel. ------------------------------------------------------------------------ Invisible Wounds - Kapitel II Bei dem Abschätzen der Bewaffnung hatte er sich sehr zu seinem Leidwesen anscheinend geirrt. Zwei der Punks trugen eine Art Machete, einer hatte eine Schrotflinte am Bein hängen. Er machte unter den verdutzten Blicken der anwesenden Gangmitglieder ein paar Schritte in die Halle hinein, sah sich kurz nach weiteren Punks um, brummte dann einmal leise und ging hinüber zu Rikku. "He-hey?!" fing jetzt der Erste, der mit der Machete an, "Wer is' er denn?" Die anderen Schläger fingen langsam an, von ihren Kisten aufzustehen, ihre verschiedenen Waffen in die Hände zu nehmen und, einen groben Halbkreis formend, auf Auron zuzugehen. Der mit der Schrotflinte bediente sich allerdings nicht dieser, sondern nahm stattdessen ein kurzes Stück Stahlträger, der wohl oben angespitzt worden war und nun als eine Art Dornenprügel diente. Auron blieb vor Rikku stehen und sah auf sie hinab, wie sie dort hockte, schluchzend und fast komplett nackt, an den Stahlpfeiler gefesselt, ihre Arme und Hände schon ganz aufgerieben von dem Metall und dem Kabel, mit dem sie gefesselt war. Sie schien ihn nicht zu bemerken, und das war vielleicht vorerst auch besser so. Neben ihm auf den Boden fiel der erste Schatten - von der Länge her schätzte er ab, daß der erste Punk also noch etwa drei, vier Meter entfernt war. Lang genug für seine improvisierte Waffe. Er hob den Kopf wieder, sah am Pfeiler vorbei und sagte: "Wißt ihr..." Der erste Punk hob gerade seine Machete hoch über seinen Kopf - sein Todesurteil. Auron drehte sich um, nutzte seinen gesamten Schwung und seine Kraft um dem Schläger das äußere Ende seiner doch recht schweren Stange gegen den Kopf zu schmettern. Zu seiner Überraschung erwischte er genau den Kopf des Mannes, die Stange gab ein matschendes Geräusch von sich bevor sie den Kerl samt erhobener Machete auf den Boden beförderte. Ein schneller Blick zu den Anderen verriet dem Rotbemantelten, daß noch drei von ihnen standen. "... so behandelt..." Einer der noch stehenden Punks sah kurz auf seinen Kumpanen, dessen Kopf jetzt großzügig auf dem grauen Boden der Lagerhalle verteilt war, riß seine Machete hoch und stürmte mit einem Kampfschrei auf Auron zu. Der schien jedoch damit zu rechnen, und duckte sich unter dem ersten horizontalen Schlag des Angreifers weg, schlug ihm anschließend mit der das Rohr umklammernden Hand einmal genau auf die Nase. Das nasse Knacksen sagte ihm, daß seine Nase das nicht ausgehalten hatte. Der Punk jaulte auf und torkelte rückwärts, aber Auron verschwendete keine Zeit - er holte mit seinem Prügel aus und zielte erneut auf den Kopf des Mannes, traf diesmal aber nicht ganz so gut. Doch selbst der Nacken des Blutenden hielt der Wucht der Eisenstange nicht stand, und er fiel leblos zu Boden. "... man keine..." Die beiden verbliebenen Punks griffen gleichzeitig an; der Eine ging auf den Schwertkämpfer mit seiner Machete los, der Andere warf seinen Dornenprügel weg und zog die Schrotflinte, blieb aber ein Stück weiter weg stehen, um die Flinte zu entsichern. Es gab eigentlich nur eine Möglichkeit für Auron, und wenn die nicht beim ersten Mal klappte, dann hatte er leider nicht die Möglichkeit, es nochmal zu versuchen. Er holte erneut aus mit seiner Eisenstange und schlug nach der Hand, die die Machete hielt - traf aber nicht. Den Schwung zu bremsen konnte er sich nicht leisten, also ließ er seine Waffe kurzerhand los, und konnte gerade noch im rechten Moment einen Schritt zur Seite machen als die Machete die Luft zerschnitt, direkt wo er gerade gestanden hatte. Der Punk hatte durch den vertikalen Schlag allerdings sein Gleichgewicht verloren. Auron packte ihn am Kragen und betete zu Yevon, oder irgendwem anders, daß er schneller war als der letzte Punk seinen Finger am Abzug hatte. Er riß den Schläger am Kragen hoch, fast synchron mit dem Donnern der Schrotflinte, und er rechnete jeden Moment damit daß er nicht schnell genug war und ihn die Kugeln treffen würden - aber er spürte lediglich, wie der Punk an seinem ausgestreckten Arm ein paar Mal noch zuckte, und das Leben dann aus ihm wich. "... Dame." Den toten Körper ließ er fallen, direkt vor seine Füße, nahm dann den Arm wieder zurück an seine Seite. Der verbliebene Punk sah ihn an, als wäre er ein Alien, und ließ die Schrotflinte kurzerhand fallen. Anscheinend war er sich nicht sicher, ob er nun wegrennen sollte oder seine gefallenen Kumpanen rächen sollte. Fast schon mühsam drehte sich Auron zu ihm herum und sah ihn über seinen Kragen hinweg an, vollkommen ruhig und gelassen, fast schon bemitleidend. Das Blut bahnte sich seinen Weg um seine Schuhe herum. "Du auch noch?" fragte er, und erst als er seine eigene Stimme wieder klar hören konnte fiel ihm auf, daß die ohrenbetäubende Musik aufgehört hatte. Er bemühte sich, nicht zu sehr zu keuchen. Er hatte keine Waffe mehr, er hatte einen gebrochenen Arm, er war aus der Puste, und er war eh vollkommen erschöpft. Wenn der Punk sich jetzt entschließen sollte, ihn anzugreifen, war es recht schlecht um ihn bestellt. Sein Blick jedoch gab dem Schläger den Rest. Er wimmerte einmal kurz, drehte sich um und rannte aus dem großen, noch immer offnenen Tor der Halle hinaus. Erleichtert holte der Ronin kurz tief Luft und wandte sich dann wieder Rikku zu, wobei sein Stiefel auf dem mittlerweile blutgetränkten Boden ein nasses Quietschgeräusch machte. Rikku starrte ihn mit großen Augen an. Wahrscheinlich hatte sie ihn die ganze Zeit angestarrt, aber er hatte im Hinterkopf keine Augen. Sie machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber er schüttelte den Kopf. "Wir müssen hier weg." sagte er, als er um sie herum trat und damit begann, ihre Fesseln aufzuzwirbeln. "Ich bin mir sicher, daß die Anderen irgendwann wiederkommen." Sie sagte nichts, schniefte nur noch ein paar Mal. Als er sie losgebunden hatte, fiel sie nach vorne auf die Knie, konnte sich mit den Händen aber noch abstützten. Er haßte es sie so zu sehen - eine Seite von ihm, weil sie ein Guardian war und sich selbst wehren konnte und sollte, und die andere weil er den Punks am Liebsten noch einen viel schmerzvolleren Tod bereitet hätte für das, was sie ihr hier angetan hatten. Wieder sah sie zu ihm auf, als er sich neben sie stellte und ihr eine Hand anbot, um ihr aufzuhelfen. Stattdessen schossen ihr frische Tränen in die Augen und ehe er sich versah, hatte sie ihn am Bauch umklammert und heulte los, brabbelte dabei irgendetwas. Ein paar Wortfetzen wie "bin ich froh" und "hatte solche Angst" konnte er noch verstehen, aber mehr nicht. Er legte die Linke an ihre Schulter und versuchte sie von sich wegzudrücken. "Wir müssen hier wirklich abhauen." sagte er leise, er wollte sie nicht noch mehr aufregen. Das Mädchen heulte ja schlimmer als Tidus, und wenn man den harsch ansprach heulte er nur noch viel mehr. Sie ließ sich wegdrücken und setzte sich auf eine blutfreie Stelle auf dem Boden, und rieb sich die Augen wie ein kleines Mädchen, was ins Bett mußte, nur um kurz darauf wieder lauthals loszuheulen. "Rikku." seufzte Auron, und zog seinen Mantel aus - wobei er mit der rechten Hand doch erhebliche Probleme und vor allem Schmerzen hatte, zeigte das aber nicht. Er hielt ihn ihr hin. "D-danke." schniefte sie und griff nach dem Mantel. "Könnte etwas schwer sein." sagte er noch bevor er den Mantel losließ, und dieser wie ein Stein zu Boden fiel, mit einem dumpfen 'Fump'. Sie sah vollkommen verstört auf den Mantel. "Was ist das denn?" fragte sie als sie ihn mühsam hochhob und sich über die Schultern schob. "Das ist--" "Später." fiel er ihr ins Wort. "Kannst du laufen?" Sie nickte, als er zu seiner Stangenwaffe ging und sie wieder aufhob. Hinter sich hörte er sie mit einiger Mühe aufstehen, und fast sofort wieder auf die Knie fallen. "Das Ding ist mir zu schwer!" meckerte sie mit heiserer Stimme, "Das wiegt ja 'ne Tonne!" Er wollte gerade etwas antworten, als er leise, ganz leise das Jaulen mehrerer Motoren hörte. Sofort war die Stange wieder auf dem Boden, und er war mit zwei großen Schritten bei Rikku, packte sie am Oberarm und zog sie auf die Beine, was sie mit einem Wimmern mit sich geschehen lies. "Komm schon. Raus hier." sagte er, etwas schärfer als er es eigentlich beabsichtigt hatte, und zog sie recht brutal am Oberarm hinter sich her. Das Gewicht des Mantels half dabei nicht gerade, und auf ihre gequiekten Proteste ging er auch nicht ein. Er zog sie aus der beleuchteten Halle hinaus, und sein Auge brauchte erst einige Momente, bis es sich an die Dunkelheit draußen gewöhnt hatte. Das Jaulen der Motoren kam immer näher, und er glaubte hinter sich schon den ersten Scheinwerfer aufblitzen zu sehen, und rannte los. Rikku hinter ihm jedoch fiel kurzerhand auf die Nase, und auf dem Rücken hinterherschleifen wollte er sie nicht. Also packte er sie kurzerhand um die Hüfte, hob sie hoch und sich auf die Schulter. Das Adrenalin sorgte anscheinend für die Freisetzung der nötigen Kraftreserven. Rikku juchzte und protestierte zwar, als sie hochgehoben und getragen wurde, aber das ging sehr bald im Jaulen der Motoren unter. Der Ronin fing an zu rennen, der gebrochene Arm hing immer noch leblos an seiner Seite. Was passieren würde wenn diese Punks ihn jetzt erwischten, das wollte und würde er nicht erfahren. Dafür würde er schon sorgen. Die Motoren stoppten, und Auron riet von der Entfernung her, daß sie wohl erst einmal die Garage, oder eher Lagerhalle, aufgesucht hatten. Wie viele Sekunden ihnen wohl blieben, bis sie die Verfolgung aufnahmen? Und ob sie sich teilen würden? Die Gasse gabelte sich weiter vorne in zwei weitere Gassen, eine davon führte nach oben, die andere nach unten. Das Glück war erneut auf seiner Seite - jetzt mußten sie sich entweder teilen, oder er hatte eine 50/50 Chance, daß sie ihn gar nicht fanden. Er hoffte natürlich, daß sie sich nicht teilen würden und den Weg nach unten nehmen würden... Er biß die Zähne zusammen und hastete die Rampe nach oben, denn Entkommen hatte erstmal Priorität. Ausruhen und sich den Schweiß abwischen konnte er später. Rikku auf seiner Schulter hatte mittlerweile aufgehört zu quieken, sie klammerte sich nur panisch mit den Armen, die in den Ärmeln seines Mantels stecken, an seiner Hüfte fest. Mit dem gesunden Unterarm hielt er sie an den Oberschenkeln über seiner Schulter fest. Er wußte nicht, wie weit er schon gerannt war, oder wieviel Zeit vergangen war, aber irgendwann zwangen ihn die Dolche, die sich in seine Lunge stachen, stehenzubleiben und sich gegen eine Wand zu lehnen. Rikku ließ er mehr oder weniger fallen, und sich selbst auch, bis er in einer halb knieenden, halb sitzenden Position an der Wand hockte. Rikku hockte sich neben ihn, hielt sich den Mantel vorne zu und sah sich um. "Wo sind wir hier?" fragte sie nach einer Weile, gerade als ein Mann im Anzug vorbei ging und die beiden recht merkwürdig ansah. Von dem schnaufenden Ronin bekam sie jedoch keine Antwort. Der hatte anscheinend genug damit zu tun, nicht zu ersticken. Also wartete sie ab, bis sich seine Atemzüge etwas normalisiert hatten und er sich normal an die Wand setzte. Sie kniete sich vor ihn, den Mantel immer noch zugehalten. "Was ist mit deinem Arm?" fragte sie, und im ersten Moment fragte er sich, wie sie schon wieder so fröhlich sein konnte, nachdem was ihr gerade widerfahren war. "Ich weiß es nicht." "Der sieht aber gar nicht gut aus!" bemerkte sie, als wenn er das nicht selbst wüßte. Und kaum hatte er sich versehen, hatte sie seinen Zeige- und Mittelfinger in der einen Hand und hob den leblosen Arm an. "Tut das weh?" "Ja." "Ich weiß was!" flötete sie und legte den Arm quer auf seine Beine. Sie holte einmal Luft und begann, die Formel für einen Heilzauber zu rezitieren - kaum hatte sie die erste Silbe ausgesprochen, hatte sie Aurons freie Hand auf dem Mund, oder besser um den Kopf herum. Er konnte ihren Kopf fast umgreifen mit einer Hand. Der Ronin sah sie fast wild an. "Nicht in Zanarkand. Keine Magie, verstanden?" raunte er, und sie nickte, während sich ihre Augen wieder mit Tränen füllten. Er wartete noch zwei Sekunden, dann ließ er ihren Kopf langsam wieder los. Er wollte ja nicht, daß sie schon wieder losheulte. Sie schniefte nur leise, während ihr ein paar dicke Tränen über die Wangen kullerten. Nach ein paar Minuten hatte sie wieder etwas Mut geschöpft und sah ihn wieder an. Er hingegen hatte sein Auge geschlossen und atmete tief und gleichmäßig durch. Beleidigt steckte sie die Hand in die Manteltasche - und hatte zwei Sekunden später die für sie viel zu große Sonnenbrille auf. "He, guck mal!" sagte sie und stubste sein Knie an, während sie ihn mit einer grimmigen Grimasse, einem zugekniffenen Auge und der Brille auf der Nase ansah. Er öffnete langsam ein Auge und sah sie an, desinteressiert, streckte dann eine Hand aus und nahm ihr die Brille von der Nase, um sie sich selbst wieder aufzusetzen. Sagen tat er nichts. Rikku hmpfte leise und hockte sich wieder etwas zusammengekauerter hin. Sie würde jetzt nichts mehr sagen, sie würde warten bis er etwas sagte. Ihr Magen, der laut knurrte, machte ihr da allerdings einen Strich durch die Rechnung. "Ich hab' Hunger..." sagte sie kleinlaut, woraufhin Auron sein Auge mit einem Seufzen wieder öffnete. Kurz überlegte er, was er sagen sollte, dann jedoch entschied er sich für die kinderfreundliche Version. "Gehen wir."
