***

Frederik Hernandez nahm einen Schluck Root-Beer und sah zu dem älteren, etwas
hageren Mann, der ihm gegenüber am Tisch der Mannschaftsbar der USS-Excelsior
saß. Ein glücklicher Zufall hatte dafür gesorgt, dass er und Admiral Jellico auf
demselben Schiff nach Empok Nor reisten.
"Cardassianer sind wie Wölfe, Hernandez, daran müssen Sie immer denken. Sie sind
mutig im Rudel, aber vorsichtig, wenn sie allein sind."
"Ich weiß, Admiral, ich habe Ihre Abhandlung gelesen, bevor ich mich für das
Austauschprogramm beworben habe."
"Eine kluge Entscheidung." Der Admiral hatte den Ruf, ein Experte für
Cardassianer und ihre Eigenarten zu sein.
Hernandez straffte den Rücken und stellte sein Glas ab. "Es ist eine große Ehre
für mich, dass ich als einziger für den Posten auf Empok Nor in Frage kam."
"Nun, Sie können davon ausgehen, dass die Verantwortlichen gut überlegt haben,
wen sie in cardassianisches Gebiet schicken. Offenbar haben Sie die
entscheidenden Qualifikationen."
Jellico hob sein Glas und prostete Frederik Hernandez zu.
"Halten Sie es für eine gute Idee, dass Empok Nor eine cardassianische Station
bleibt? Oder vielmehr, dass sie unter cardassianischem Kommando bleibt? Sollte
die Situation nicht besser wie vor sieben Jahren auf Deep Space Nine gehandhabt
werden?"
Admiral Jellico lehnte sich etwas vor und sah den Lieutenant an. "Nein, das
sollte sie nicht. Es stimmt zwar, dass Cardassia in einer ähnlichen Situation
ist wie Bajor vor sieben Jahren. Trotzdem sind Cardassianer keine Bajoraner. Sie
sind grundverschieden. Die Station liegt in cardassianischem Gebiet, eine
militärische Dominanz der Föderation auf Empok Nor würden die Cardassianer als
Affront empfinden, praktisch wie eine Besatzung."
"Weil sie das Bedürfnis haben, immer eine dominante Position einzunehmen?"
"Sehr richtig." Jellico lehnte sich zurück. "Ich sehe, Sie haben meine
Abhandlung wirklich gelesen."
"Aber ist es dann nicht ein Widerspruch, dass die Cardassianer Hilfsmaßnahmen
der Föderation annehmen? Damit begeben sie sich doch in eine Abhängigkeit."
"Das stimmt. Um so wichtiger ist es, dass sie an anderer Stelle die Möglichkeit
haben, ihr Gesicht zu wahren."
Hernandez nickte verstehend. "Zum Beispiel auf Empok Nor."
"Zum Beispiel auf Empok Nor!", bestätigte Admiral Jellico.
Frederik Hernandez lehnte sich zurück und sah einen Moment aus dem Fenster. Es
konnte nicht mehr lange dauern, bis die Station in Sichtweite kam. Sie waren
bereits in cardassianischem Gebiet. "Ich frage mich, wie sich die Situation auf
Cardassia entwickeln wird."
"Das ist eine interessante Frage. Die Antwort hängt zu einem Großteil davon ab,
was der Interimsrat auf Cardassia beschließt."
Hernandez nickte. "Welche Partei ist Ihrer Meinung nach stärker?"
"Das ist schwer zu sagen." Jellico nahm einen Schluck aus seinem Glas. "Das
Militär ist nach wie vor sehr angesehen auf Cardassia. Viele rechnen es den
entsprechenden Guls hoch an, dass sie sich in letzter Sekunde auf die Seite der
Föderation gestellt, und damit verhindert haben, dass die Cardassianer als
Besiegte aus dem Konflikt kommen. So sind sie ‚nur' Verlierer."
"Das macht einen Unterschied?"
"Für das cardassianische Selbstwertgefühl: ja! Außerdem sind viele Cardassianer
der Meinung, dass Gul Dukat das Problem war, nicht das Militär."
"Das heißt, es ist gut möglich, dass die Cardassianer freiwillig zur
Militärdiktatur zurückkehren?"
"Theoretisch. Obwohl das politische System auf Cardassia schon immer etwas
komplizierter war. Eine reine Militärdiktatur war es, zumindest nach
cardassianischem Verständnis, nie."
"Sondern?"
Jellico stellte sein Glas ab. "Ursprünglich gab es drei Gruppierungen, die ein
Gleichgewicht herstellten: Das Militär, unter der Führung von Central Command,
die Zivilisten, deren Vertreter im Detapa Council saßen, und der Obsidian
Order."
"Aber das Gleichgewicht hat sich verschoben."
"Allerdings. Vor sieben Jahren hatten die Zivilisten noch genug Macht, um den
Rückzug von Bajor zu beschließen, den das Militär ausführen musste. Doch dann
wurde ihre Position geschwächt, es ist ungewiss, wodurch.. Nach der Zerschlagung
des Obsidian Order gewannen die Zivilisten wieder an Macht, und es sah aus, als
würde auf Cardassia eine Demokratisierung stattfinden. Doch dann übernahm Dukat
die Macht. Erst von diesem Zeitpunkt an kann man genau genommen von einer
Militärdiktatur sprechen. Menschen würden das wahrscheinlich anders empfinden,
aber erst ab diesem Zeitpunkt waren alle anderen Regierungselemente
ausgeschaltet und das Militär allein an der Macht."
Hernandez nickte und dachte einen Moment nach. "Glauben Sie, die Cardassianer
wollen das alte System zurück?"
Admiral Jellico nahm einen Schluck seines Drinks. "Da bin ich nicht sicher. Die
Zivilisten haben gerade eine Revolution gewonnen, sie werden jetzt nicht ihre
gerade erworbene Macht hergeben. Das Militär wird Zugeständnisse machen müssen."
"Das heißt, die Zivilisten sind die stärkere Partei im Interimsrat."
"Momentan schon. Sie haben den Vorteil, dass Garak auf ihrer Seite steht. Er hat
mit Damar gekämpft, der zum Volksheld geworden ist. Und Garak hat aus dem Exil
das Dominion bekämpft. Dass er dabei vor allem Cardassianer auf dem Gewissen
hat, wird er sicher nicht so schnell vergessen, aber das Volk tut das momentan.
Dazu kommt, dass er ein ausgezeichneter Politiker ist. Er war vor seinem Exil
ein mächtiger Mann, er wird sich das nicht noch einmal nehmen lassen."
Hernandez leerte sein Glas und stellte es auf dem Tisch ab. "Glauben Sie, er
will den Obsidian Order wieder aufbauen?"
"Wer weiß? Falls ja wird das sehr schwierig werden, denn wenn das Volk sich in
einer Sache einig ist, dann darin, dass es keinen Geheimdienst in Form des
Obsidian Order will." Jellico lächelte den jüngeren Offizier an. "Und die
Föderation wird es dabei nach Kräften unterstützten."
Frederik Hernandez erwiderte das Lächeln. "Sind Sie deshalb nach Empok Nor
gerufen worden? Um schnell intervenieren zu können?"
"Zum Teil: ja. Und um den direkten Kontakt mit der cardassianischen Diplomatie
zu halten. Es wird auch ein cardassianischer Diplomat permanent auf Empok Nor
anwesend sein, mit dem ich alle Aktionen und Schritte zwischen Cardassia und der
Föderation verhandeln werde."
Admiral Jellico leerte mit einem großen Schluck ebenfalls sein Glas und erhob
sich. "Ich werde Sie jetzt verlassen. Wenn die Excelsior die errechnete
Ankunftszeit einhält, werden wir in 98 Minuten Empok Nor erreichen. Ich denke,
ich werde unsere Ankunft auf der Brücke erwarten."
Ltd. Hernandez erhob sich ebenfalls. "Ich vermute, wir werden gemeinsam von Bord
gehen?"
"Das ist korrekt. Sie werden rechtzeitig kontaktiert!" Damit drehte sich der
Admiral um und verließ die Mannschaftsbar.
Frederik Hernandez ließ sich wieder auf seinen Sitz fallen und bestellte einen
zweiten Drink. Admiral Jellico war sicher der geeignetste Mann, den man für den
Diplomatenposten auf Empok Nor hatte finden können. Er hatte während seiner
Karriere viele Erfahrungen mit Cardassianern sammeln können, als Captain der
‚Kairo' hatte er den ersten Waffenstillstand mit Cardassia ausgehandelt, bei dem
die Cadassianer auf umstrittene Gebiete verzichten mussten. Allein das sprach
für Jellicos Verhandlungstalent. Aber seine größte Leistung bestand
wahrscheinlich darin, dass er einen Waffenstillstand und die Auslieferung
Captain Picards erreicht hatte, nachdem dieser mit einer kleinen Truppe in
cardassianisches Gebiet eingedrungen war - was eine klare Verletzung des
Friedensvertrages dargestellt hatte.
Hernandez nickte dem Barmann zu, der ihm seinen Drink brachte.
Nun, Admiral Jellico mochte kompetent in der Einschätzung von Cardassianern
sein, aber leider stand er auch in dem Ruf, äußerst penibel, ja, fast pedantisch
zu sein und seine Untergebenen gerne zu kontrollieren. Wahrscheinlich hatte er
sich nur auf die Brücke begeben, um dem Captain die Hölle heiß zu machen, sollte
er mit dem Zeitplan zurück liegen. Der cardassianische Diplomat würde es nicht
leicht haben, soviel stand fest.
Frederik Hernandez lächelte gedankenverloren. Er zumindest würde nicht unter
Jellico zu leiden haben, denn als Diplomat war dieser nicht sein direkter
Vorgesetzter. Fragte sich nur, ob er mit dem Gul der Station besser dran war.
Aber darüber würde er sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Lieutenant Hernandez
nahm einen kräftigen Schluck Root-Beer, lehnte sich zurück und sah aus dem
Fenster. Er würde die letzte Stunde, die er unter Menschen verbrachte, genießen
und dann in ein cardassianisches Abenteuer aufbrechen, auf das er sich seit
Monaten freute!

***

Gul Basra blickte durch die transparente Tür aus seinem Büro heraus auf die Ops.
Der Betrieb lief schon beinah reibungslos. In den nächsten Stunden würden sich
auch die anfänglichen Reibungen, die in einer neuen Crew meistens auftraten,
verflüchtigt haben. Er konnte Glinn L'hrel an einer Computerkonsole arbeiten
sehen. Wahrscheinlich beseitigte sie die letzten Probleme mit dem Hauptcomputer.
Glinn Daro, die Wissenschaftlerin, sprach mit Glinn Dukat. Dieser nickte
verständnisvoll, offenbar hatte sie irgendein Problem. Die Kommunikationskonsole
wurde zur Zeit noch von einem cardassianischen Glinn besetzt, bis der
Austauschoffizier der Föderation eintraf. Wie Lieutenant Hernandez sich in die
Crew einfügen würde, musste sich erst noch herausstellen.
Basra senkte den Blick und konzentrierte sich wieder auf den Sichtschirm seiner
Computerkonsole. Er war ein leidlich guter Redner und die Ansprache, die er beim
Empfang halten würde, bereitete ihm Sorgen. Allerdings hielt er nichts davon,
diese Arbeit von einem Glinn erledigen zu lassen. Ein Gul sollte wissen, was es
zu sagen gab, sonst hatte er auf seinem Posten nichts zu suchen. In diesem
Moment erklang der Türsummer und als Basra den Kopf hob, sah er Glinn Dukat
davor stehen. Zweifellos hatte sein erster Offizier ihm Wichtiges zu sagen. Er
lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und betätigte den Türentriegler.
"Glinn Dukat. Was gibt es?"
"Ich komme wegen des Eröffnungsempfangs, Gul. Die Offiziersmesse ist
vorbereitet, ich habe einen genauen Sitzplan erstellt."
Mit diesen Worten reichte er Gul Basra ein PADD. Basra sah kurz hinauf und
nickte. "Die Aufteilung ist akzeptabel."
"Der Ablauf ist wie folgt: Sie eröffnen den Empfang mit einer Eingangsrede..."
"...Soweit bin ich bereits informiert!"
"Sicher. Dann folgen die Reden der Diplomaten. Sie übergeben das Wort an
Botschafter Spock, der vermutlich zum Verlauf der Friedensverhandlungen sprechen
wird."
"Was ist mit dieser unmöglichen Person, dieser Frau..."
"...Lwaxana Troy."
"Richtig! Wird sie auch sprechen?"
"Nein. Botschafter Spock übergibt das Wort an Botschafter Tuspak, der etwas zur
Lage auf Cardassia sagen wird. Danach spricht unser Verbindungsdiplomat,
Botschafter Jellico. Der Admiral wird das Konzept der wissenschaftlichen
Kooperation erläutern und einige Projekte vorstellen - beziehungsweise die
Wissenschaftlerinnen zu Wort bitten, um die Projekte vorzustellen."
"Auch die cardassianischen?"
"Er wird die Vertreter der Projekte nach vorne bitten. Wer das Projekt erläutert
steht in meinem Bericht. Es ist ein ausgewogenes Verhältnis von Cardassianern
und Föderationsvertretern."
"Gut. Und was folgt dann?"
"Dann hält Garak eine Rede zur Zukunft Cardassias und der zukünftigen
Zusammenarbeit mit der Föderation. Danach sagen Sie ein paar abschließende Worte
und eröffnen das Büfett."
Basra nickte. "Ist für das Büfett alles vorbereitet?"
"Die Getränke sind bereits eingetroffen. Die kalten Platten werden vor dem
Empfang angerichtet. Ich habe mit Sva'eg Tula, dem bolianischen Restaurant-
Besitzter gesprochen, er schickt uns rechtzeitig drei seiner Kellner."
"Gut. Marritza hat mich bereits über die Sicherheitsmaßnahmen informiert.
Kontaktieren Sie sie, damit Sie informiert sind."
Glinn Dukat nickte. "Das tue ich. Außerdem wollte ich Sie darauf hinweisen, dass
sowohl die cardassianischen Diplomaten, als auch die Delegation der Föderation
in 30 Minuten eintrifft. Sie werden nicht beide Delegationen empfangen können."
Gul Basra sah Dukat an und nickte langsam. "Das stimmt. Ich werde die
cardassianische Delegation empfangen, Marritza wird mich begleiten. Sie
übernehmen die Föderationsdelegation."
"Sie werden müde sein, nach dem langen Flug. Ich werde sie in ihre Quartiere
führen, es bleiben immerhin noch 1 1/2 Stunden bis zum Empfang."
"Ich vermute, Garak und Botschafter Tuspak werden lieber einen Rundgang durch
die Station machen. Ich werde Marritza damit beauftragen."
"Wir sollten uns vor dem Empfang nochmals treffen."
"Richtig. Um 18.20 Uhr in meinem Büro. Ist das alles?"
"Ja, das war alles."
"Gut." Basra erhob sich. Dann sollten wir uns jetzt auf den Weg zu den Andock-
Klammern machen."

***

Frederik Hernandez trat in den Gang vor der Luftschleuse. Admiral Jellico war
bereits anwesend, ebenso die Botschafter Spock und Lwaxana Troy. Beide waren in
hohem Maße an den Friedensverhandlungen mit Cardassia beteiligt gewesen. Daher
nahmen sie jetzt auch an der Eröffnung der Station teil, die der große
Hoffnungsträger für die Kooperation mit Cardassia war.
Botschafter Spock sprach mit einem jungen Vulkanier, einem Wissenschaftler, der
an einem der kooperativen Projekte beteiligt sein würde. Was sie sprachen,
konnte Hernandez nicht verstehen, da direkt neben ihm Lwaxana Troy in lautem
Tonfall auf Admiral Jellico einsprach. Dann ging ein leichtes Rucken durch das
Schiff, als es an die Station andockte.
Bevor sich die Luftschleuse öffnete nahm jeder den für ihn vorgesehenen Platz
ein. Zuvorderst die drei Diplomaten, allen voran Botschafter Spock. Dahinter er
selbst und der vulkanische Wissenschaftler, Sletek war sein Name. Die anderen
Wissenschaftler waren bereits in den Tagen zuvor mit anderen Schiffen auf Empok
Nor eingetroffen.
Mit einem Zischen öffnete sich die Luftschleuse und die Delegation setzte sich
in Bewegung. Hinter dem runden Schott der Station stand nicht wie erwartet Gul
Basra, sondern ein junger Offizier, dessen Gesichtszüge Hernandez irgendwie
bekannt vorkamen. In diesem Moment hatten die Diplomaten den Ausgang erreicht
und betraten die Station.
"Willkommen auf Empok Nor! Ich bin Glinn Dukat, der erste Offizier. Bitte
entschuldigen Sie, dass Gul Basra Sie nicht selbst in Empfang nimmt, aber durch
einen unglücklichen Zufall kommt in diesem Moment auch die cardassianische
Delegation an, so dass ich Sie hier begrüßen darf."
Hernandez musste schmunzeln. Der Name Dukat hatte das Rätsel gelüftet. Der junge
Glinn sah seinem älteren Verwandten ähnlich. Frederik fragte sich, ob der
gefürchtete Diktator der Vater oder der Onkel des ersten Offiziers war.
Botschafter Spock begann, die Delegation vorzustellen. Als die Reihe an den
Lieutenant kam nickte er Dukat mit einer nur leicht angedeuteten Verbeugung zu,
so wie es auf Cardassia üblich war. Der erste Offizier erwiderte die Verbeugung,
mit einem leicht überraschten Gesichtsausdruck, wie Hernandez glaubte erkennen
zu können, und führte sie dann durch den Gang zu einem Turbolift. Hernandez
bemerkte, dass die Temperatur deutlich höher war als auf der Excelsior, aber
darauf war er vorbereitet. Während seiner gesamten Vorbereitungsphase hatte er
die Raumtemperatur langsam aber stetig auf cardassianische Norm angehoben.
Zunächst führte Dukat die Botschafter Spock und Lwaxana Troi zu den
Gästequartieren, dann begleitete er Jellico, Sletek und Hernandez zu den
Besatzungsquartieren. Frederik war der Letzte, der übrig blieb. Nachdem sich die
Tür hinter Sletek geschlossen hatte, sah Glinn Dukat den Lieutenant an.
"Sie sind also Lieutenant Hernandez!"
"Das ist richtig, der bin ich."
"Darf ich Ihnen eine offene Frage stellen?"
"Sie wollen wissen, warum ich mich für das Austauschprogramm beworben habe!"
Dukat sah den Lieutenant überrascht an. "Das stimmt."
"Ich mag Herausforderungen. Sich an eine fremde Kultur anzupassen ist wohl die
interessanteste Herausforderung, die es gibt."
"Da stimme ich Ihnen zu. Dann ist es also die cardassianische Kultur, die Sie
dazu bewogen hat, sich auf diesen Posten zu bewerben?"
"Ja, das ist richtig. Es wäre zwar übertrieben, wenn ich behaupten würde, viel
über Ihre Kultur zu wissen, aber was ich weiß, finde ich sehr faszinierend."
"Dann haben Sie bereits mit Cardassianern Kontakt gehabt?"
"Nun ja, wie man es nimmt. Das Schiff, auf dem ich bis vor kurzem stationiert
war, hat den Marquis bekämpft. Dabei haben wir häufig mit cardassianischen
Schiffen im selben Sektor kooperiert. Und dabei ist es zu einigen interessanten
Begegnungen gekommen."
"Ich verstehe." Dukat lächelte den Lieutenant an. "Dann freue ich mich auf eine
fruchtbare Zusammenarbeit!"
"Ich mich auch!"
Dukat blieb stehen und öffnete eine Tür zu seiner Rechten. "Hier werden Sie
wohnen. Willkommen auf Empok Nor!"
"Vielen Dank. Ich bin sicher, ich werde mich hier wohl fühlen!"
Mit einem Nicken verabschiedete Glinn Dukat sich von Hernandez. Nachdem die Tür
sich hinter ihm geschlossen hatte, sah Frederik sich in dem Quartier um. Die
Wohneinheit beinhaltete einen Esstisch und einen Replikator, sowie eine kleine
Sitzecke. Eine Tür führte in einen angrenzenden Raum - die Schlafeinheit. Von
dort gab es einen schmalen Durchgang in die Nasszelle. Frederik Hernandez ließ
sich auf das harte cardassianische Bett fallen und sah an die Decke. Das
Abenteuer hatte begonnen. "Viel Erfolg, Frederik Hernandez", murmelte er in die
Stille seines Quartiers.

***

Alanya Marritza stand neben Gul Basra vor der Luftschleuse eines der oberen
Pylonen. Ihr Blick war starr auf das Schott gerichtet, hinter welchem gerade ein
Schiff der Galor-Klasse den Andockvorgang abschloss.
Die Sicherheitschefin von Empok Nor spürte, wie sich eine gewisse Nervosität in
ihr ausbreitete, die sie selbst aber sofort zur Seite schob. Gefühle hatten bei
einer solch wichtigen Angelegenheit nichts verloren. Es mochte lange her sein,
dass sie Garak das letzte Mal gesehen hatte und es mochte auch sein, dass sie
eine besonders enge Beziehung zu ihm hatte, die einem Vater - Tochter Verhältnis
gleichkam. Aber in erster Linie ging es hier darum, eine cardassianische
Delegation zu empfangen. Nicht mehr und nicht weniger.
Dennoch registrierte Alanya Marritza, dass ihr Herz schneller schlug, als sich
schließlich das Schott öffnete und drei Männer in Zivilkleidung von ihrem Schiff
auf die Station traten. Die cardassianische Delegation war auf Empok Nor
eingetroffen.
Alanya Marritza straffte ihre Haltung, während Gul Basra vortrat und die Männer
auf der Station begrüßte. Seine ersten Worte galten Garak. Alanya nahm sie nur
am Rande wahr. Ihr Blick galt ihm einzig und allein, wie er mit einem höflichen
Nicken die Worte des Guls entgegennahm. Er wirkte noch immer so überlegen und
selbstsicher wie ihn Alanya in Erinnerung hatte. Als er nun ebenfalls sprach,
hatte die junge Sicherheitsoffizierin einen Augenblick das Gefühl, als lägen
nicht Jahre zwischen ihrer letzten Begegnung, sondern nur Tage. Vor ihr stand
Elim Garak. Der Mann, der sie zum Orden geholt hatte. Der sie aus dem
erbärmlichen Leben geführt hatte, das sie als Kind gelebt hatte. Der sie für
Cardassia gewonnen hatte und für sich.
"Meine Sicherheitsoffizierin, Marritza." Gul Basras Worte brachten Alanya in die
Realität zurück.
Aber Garak lächelte Alanya nur leichthin zu und nickte kurz. Alanya erwiderte
die Geste, ohne sich ihre Gedanken anmerken zu lassen. Sie rief sich selbst zur
Disziplin. Sie war die Sicherheitschefin dieser Station. Sie war für das
Wohlergehen des diplomatischen Corps verantwortlich. Sie konnte sich jetzt keine
Sentimentalitäten leisten. Sie konnte sich nie Sentimentalitäten leisten.
"Abgeordneter Tuspak." Garak stellte den Mann neben ihm vor. "Unser Botschafter
auf Empok Nor."
Alanyas Blick glitt zu Garaks Begleitern weiter. Elgin Tuspak war Vertreter des
Interims-Rates. Er gehörte zum gemäßigten Flügel und genoss ein hohes Ansehen
unter den Abgeordneten. Dafür sprach schon einmal die Tatsache, dass man gerade
ihn als Botschafter auf Empok Nor gewählt hatte. Wahrscheinlich würde er gut in
sein Amt passen.
"Es ist mir eine Freude, auf Empok Nor sein zu dürfen." Elgin Tuspak nickte Gul
Basra und der Sicherheitschefin zu. "Dies ist mein Attaché. Kovat."
Alanya nickte dem Mann neben Tuspak ebenfalls zu. Auch seine Akte hatte sie
ausgiebig studiert. Nicht zu wissen, wer sich an Bord einer Station befand, war
ein Sicherheitsrisiko, das sie sich nicht leisten würde, vor allem in den
heutigen Zeiten ohne die Befugnisse, die sie zu Zeiten des Obsidian Order noch
gehabt hatte.
Das Intelligence-Bureau, das Nachfolgeorgan des alten Geheimdienstes, ließ es an
allen Enden an Professionalität mangeln und die Handlungsfreiheit seiner
Mitglieder war weit eingeschränkt worden. Viel zu weit für Alanyas Geschmack.
Wie sollte sie effektiv arbeiten, wenn sie noch nicht einmal alle an Bord
befindlichen Personen ständig überwachen konnte?
Die neue Kooperation Cardassias mit der Föderation war vielen Gruppierungen ein
Dorn im Auge, nicht nur auf Cardassia. Der Empfang in wenigen Stunden wäre ein
geeignetes Ziel, ihrem Unwillen Ausdruck zu verleihen. Ohne die alten Methoden
des Ordens war es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die Sicherheit aller
Beteiligten zu gewährleisten. Wie leicht mochte in diesen Zeiten ein
Unruhestifter denken, er könne an Bord gelangen, ohne dass Marritza es merkte -
aber sie würde es ihm nicht leicht machen.
Alanya Marritza schob ihre eigene Verbitterung über die politische Situation
beiseite und konzentrierte sich auf das Wesentliche. Außerdem war der Attaché
des Botschafters sicherlich der Letzte, bei dem sich Alanya Gedanken zu machen
hatte. Erein Kovat war Mitglied des Obsidian Order gewesen. Seine Akte war
voller positiver Bemerkungen über seine Loyalität. Wie die meisten Elite-Agenten
des O.O. war auch Kovat in die Gefangenschaft des Dominions geraten. Bei seiner
Rückkehr hatte er sich schnell auf Garaks Seite geschlagen. Wahrscheinlich hatte
Garak selbst dafür gesorgt, dass er Tuspaks Attaché geworden war. Ein Mann des
gemäßigten Flügels, wie Tuspak es war, sollte nie ohne Aufsicht des
Geheimdienstes arbeiten können. Dafür hatte er sich schon ein paar Mal zu oft
gegen den Obsidian Order ausgesprochen.
"Es freut mich auch, Sie und Ihren Attaché auf Empok Nor begrüßen zu können,
Botschafter." Gul Basra hatte wieder das Wort ergriffen. "Der Empfang wird in
wenigen Stunden beginnen. Leider erlaubt es mein gedrängter Zeitplan nicht, Sie
persönlich auf der Station herumzuführen. Aber ich bin mir sicher, dass meine
Sicherheitschefin Ihnen all Ihre Fragen beantworten kann."
"Aber sicherlich, Gul." Garaks Stimme hatte diesen verständnisvollen Unterton,
von dem Alanya aber nur zu gut wusste, dass er nicht immer ernst gemeint war.
"Wir sehen uns dann beim Empfang."
Die Männer nickten sich zu. Dann verließ Gul Basra die Gruppe und machte sich
auf den Weg zur Ops. Alanya Marritza sah ihm nur kurz nach. Dann machte sie eine
einladende Handbewegung und begann ihre Führung über Empok Nor.
"Wenn Sie mir dann bitte folgen wollen."

***