Anmerkung: Diesen Teil hier bestreitet ausschließlich Vegeta. Was mit Bulma ist, darauf gehe ich im nächsten Kapitel ein.

Nur ein Lächeln

Teil 9

Vegeta stand gegen die geschlossene Badezimmertüre gelehnt und starrte mit feuchten Augen auf den gefliesten Fußboden. Sie war fort.

Langsam, so als könne er sich nicht überwinden, der schmerzvollen Wahrheit ins Gesicht zu sehen, stieß er sich von der Türe ab, wandte sich um und öffnete sie.

Das Bett war leer. Der Abdruck, den sie auf dem Laken hinterlassen hatte war kaum noch zu sehen. Vegetas drehte die Beleuchtung hoch. Die Splitter des zerstörten Exchangers funkelten auf dem Fußboden. Vegeta bückte sich und hob einen davon auf. Er schimmerte blutrot.

Das Leben, es konnte richtig verrückt sein. Verrückt und verdammt unfair. Vegeta zerdrückte den Kristall in seiner Faust zu rotem Staub. Eigentlich könnte er zufrieden sein, jetzt hatte er seine Ruhe. So ruhig war es auf dem Schiff, dass er jeden Atemzug hören konnte und ...ein leises Piepsen, das vom Schiffskomputer kam. Mit einem unterdrückten Seufzer kletterte Vegeta die Treppe hinauf. Auf dem Display blinkten zwei Warnanzeigen. Zum einen musste dringend eine Energiezelle ausgetauscht werden und zum anderen ... Vegeta runzelte die Stirn und beugte sich vor. Die automatische Ortung hatte Lebenszeichen entdeckt. Schwache Lebenszeichen von dem Trümmerfeld oder eher von dessen nächster Umgebung. Offenbar hatte es jemand noch geschafft, sich in eine Rettungskapsel zu flüchten, ehe das Unglück über das Schiff hereinbrach. Vegeta war alles andere als in Stimmung den edlen Retter zu spielen. Dennoch war er neugierig und dirigierte das Schiff vorsichtig in die Richtung, aus der die Lebenszeichen gekommen waren. Die Kapsel befand sich nicht im Trümmerfeld (ein Glück, denn Vegeta traute sich nicht zu, das Schiff manuell so gut zu steuern wie Bulma das gemacht hatte), sondern ein gutes Stück außerhalb. Vielleicht hatte sie durch die Explosion noch zusätzlichen Schub bekommen. Die Kapsel war ein aufwändiges Modell, fast ein Zehntel so groß wie sein Raumschiff. Zum Glück besaß sie eine eigene Luke, an der das Raumschiff andocken konnte. Vegeta musste dreimal ansetzen, ehe das Manöver gelang. Er musste nur noch in die allerunterste Etage und dort, die Schleuse öffnen. Das Öffnen der Luke der Rettungskapsel war ein Kinderspiel. "Hallo, ist jemand ...?", rief er in die Kapsel hinein, doch er kam nicht dazu, die Frage zu beenden, da schoss ein Energiestrahl auf ihn zu. Fluchend wischte er den eher schwachen Angriff beiseite, der einen rußigen Flecken an der Wand hinterließ.

"Na gut, wenn du keine Lust hast rauszukommen, dann kannst du meinetwegen auch bis zum jüngsten Tag da drin bleiben und durchs All dümpeln. Aber merke dir eines, wenn wir nicht im All wären, würde ich dich und deine lächerliche Kapsel zu Staub zertreten, denn niemand reizt ungestraft den Prinz der Saiyans!"

In der Kapsel wurde es mit einem Schlag still. Vegeta spürte, dass die durchaus beachtliche Kampfkraft, die der Flüchtling da drin hatte an Aggressivität verlor und zu passiver Vorsicht umschwenkte.

"Vegeta? Seid Ihr wirklich Prinz Vegeta?" "Du kennst meinen Namen?" Vegeta trat einen Schritt zurück. "Wer bist du?" Ein schneller Schatten huschte aus der Kapsel und eine hochgewachsene, schlanke Gestalt mit der Eleganz und Anmut eines Geparden landete genau vor ihm und beugte respektvoll ein Knie." Vegeta hätte sich Ohrfeigen können, dass er nicht eher darauf gekommen war. Vor kniete eine stolze Kriegerin der Saiyans.

"Ich akzeptiere jede Strafe für mein ungehöriges Benehmen und dafür, dass ich Euch nicht erkannt habe, mein Prinz!", sagte die Frau und senkte den Kopf noch tiefer. "Wie heißt du?", fragte Vegeta neugierig.

"Ich bin Leeka." Sie hob den Kopf und das andächtige Staunen in ihren schönen, dunklen Augen blendete ihn fast.

Er räusperte sich. "Ich werde dich nicht bestrafen, denn unser Volk ist auf so wenige geschrumpft, dass ein jeder zu wertvoll dafür ist."

"Eure Gnade ist so groß wie eure Kraft", flüsterte Leeka und eine Träne rann aus ihren Augen auf den Fußboden. "Ich bin überglücklich, in Eurer Gegenwart weilen zu dürfen."

"Ist ja gut!", Vegeta war soviel Lob und Verehrung nicht gewöhnt. Je länger er Leeka ansah, desto mehr kam er zu der Überzeugung, dass sie etwa drei, vier Jahre jünger als Bulma sein musste. "Steh endlich auf, dann gehen wir nach oben und du erzählst mir, woher du kommst und was du in dem Sklavenschiff gemacht hast."

Leeka kam dieser Aufforderung nur zu gern nach. In ihren Augen war dieser ungnädig dreinschauende Krieger ein Halbgott. Sie folgte ihm durch die Luke in den oberen Bereich des Schiffes. Vegeta zeigte ihr die Küche, da sie einen völlig ausgehungerten Eindruck machte, und überließ sie sich selbst, während er wieder hinunter kletterte und die Luke der Kapsel schloss. Nachdem er auch die Luke des Raumschiffs geschlossen hatte, kehrte er in die oberste Etage zurück und programmierte den Kurs zu seinem Übungszielgebiet neu ein.

Der Bordcomputer trennte das Schiff vorsichtig von der Kapsel und als wieder genügend Abstand da war, wollte er eigentlich auf volle Kraft stellen, aber ... die Energiezelle war inzwischen aufgebraucht. Vegeta fluchte. Er hatte doch die Zelle noch austauschen wollen. Na gut, besser spät als nie. Die Bedienungsanleitung war einfach und klar, er befolgte alle Regeln und Sicherheitstipps und knapp zehn Minuten später entsorgte er die alte, leere Zelle durch eine Wartungsschleuse hinaus ins Vakuum. Das Schiff beschleunigte wie gewünscht und Vegeta ging wieder nach unten, um endlich seine Neugier befriedigen zu können.

Aus der Küche war ein Zischen und Brodeln zu hören. Vegeta sah kurz hinein und schreckte ein wenig zurück, als er das Chaos sah, das Leeka angerichtet hatte. Aus einigen Töpfen dampfe es und es roch sehr appetitlich. *Endlich jemand, der kochen kann*, dachte er, *Bulma könnte sich von ihr mehr als nur eine Scheibe abschneiden.*

Als Leeka ihn bemerkte, verbeugte sie sich. "Das Essen wird gleich fertig sein, mein Prinz. Bitte setzt Euch doch."

*Bulma hätte mir aufgetragen, den Tisch zu decken*, dachte Vegeta. *Mit dieser Leeka habe ich es echt besser.*

Nun, da sie sich schon die Mühe gemacht hatte, auch für ihn etwas zu kochen, wollte er guten Willen zeigen und setzte sich an den Tisch. Er wartete ... und wartete .... und wartete ... Nach drei Minuten stand er wieder auf und machte ein paar Dehnungsübungen. Dann setzte er sich wieder und wartete ... und wartete ... Nach weiteren fünf Minuten ging er zum Bett und bezog Laken und Kissen neu und wechselte die Decke aus. Er stellte die Lüftung stärker ein, um den immer noch im Raum schwebenden Geruch von Schweiß und Krankheit loszuwerden. Und wiederum wartete er am Tisch und wartete ... und endlich kam sie mit der ersten vollen Schüssel. Insgesamt stellte sie drei davon auf den Tisch. "Bitte, ich hoffe meine einfachen Gerichte munden Euch, Prinz Vegeta. Wenn ich zuhause wäre ...", sie zuckte die Achseln und trat demütig einen Schritt zurück.

"Warum setzt du dich nicht dazu, hol dir doch auch einen Teller und ein Gedeck. Du hast sicher viel größeren Hunger als ich."

Leeka zog überrascht eine Braue hoch, fasste sich aber schnell, murmelte etwas von besonderer Gunst und befolgte seinen Vorschlag. Er wollte zunächst warten, bis sie geschöpft hatte, aber sie rührte keinen Finger und so nahm er sich eben selbst einen Teller voll Eintopf mit Fleischklößchen. Er tauchte den Löffel hinein und probierte vorsichtig davon. Es war köstlich. Als genau so lecker erwiesen sich die Fleischscheiben mit Pilznudeln und das Ragout mit Ei und Reis. Da er keinen Riesenhunger mehr hatte, aß er langsam und genoss. Leeka hingegen schien wirklich sehr ausgehungert zu sein, denn sie schlang das Essen so rasch in sich hinein, dass man kaum mit den Augen folgen konnte. *Endlich jemand, der einfach drauflos futtern kann und mir keine Vorträge wegen der Tischmanieren hält*, dachte Vegeta. Obwohl, die eine Lektion vor diesem Fest war doch ganz amüsant gewesen.... Leeka beobachtete, wie seine Augen einen leicht abwesenden Blick bekamen. "Woran denkt Ihr, mein Prinz?", fragte sie.

"An nichts Wichtiges", winkte er rasch ab. "Wenn du satt bist, könntest du mir dann erzählen wie du Freezers Mord an unserem Volk überlebt hast, ohne in seine Truppe aufgenommen zu werden?" Leeka lachte rau und klatschte noch einen großen Schöpfer Pilznudeln auf ihren Teller. Sie war fast so gefräßig wie Son Gokou, stellte Vegeta bei sich im Stillen fest.

"Wer hat gesagt, dass ich ihm entkommen bin?" Behände schnappte sie sich mit ihren Stäbchen eine Bündel der langen, blassen Nudeln.

Vegeta wartete, bis Leeka die Nudeln verdrückt hatte, ehe er nachbohrte. "Aber ich bin dir noch nie begegnet und ich dachte immer, ich und meine paar Getreuen seien die letzten Überlebenden." "Das war wohl einer seiner Tricks um uns zu schwächen." Leeka hatte ihren Teller bereits wieder leer geräumt. "Er hat dich und ein paar sowie mich und meine Gruppe getrennt gehalten, sodass jeder Teil dachte, der einzige und letzte zu sein."

"Deine Gruppe?", Vegeta war wie elektrisiert. Es gab noch mehr von seinem Volk. "Sind sie noch am Leben?"

Leeka, die gerade den Mund wieder voll Eintopf hatte, nickte nur. Sie schluckte rasch hinunter und erzählte: "Ich und noch zwanzig anderen Saiyans sind von Freezer wahrscheinlich entführt worden, als wir noch fast Babys waren. Keiner von uns kann sich außer an seinen Namen noch an etwas aus seiner Kindheit erinnern. Freezer hat uns auf einem von ihm noch nicht verkauften Planeten von ein paar seiner weiblichen Untergebenen aufziehen lassen. Später hat er uns Trainer geschickt und aus denen haben wir nach und nach herausgekitzelt wer wir sind und woher wir kommen. So haben wir auch von unserem König und seinem Sohn Vegeta erfahren. Wir wollten schnell sehr stark werden, damit wir euch beide, wir hielten euch ja für tot, rächen konnten. Es gelang uns sogar ein paar Daten zu klauen, die Bilder vom Planeten, seinem Untergang und auch von Euch und Eurem Vater enthielten. Wir kamen dahinter, dass wir niemals unsere wahre Stärke zeigen durften, um Freezer nicht bedrohlich zu erscheinen. Also haben wir uns schwächer gegeben und er hat uns nach und nach in seine Truppe eingegliedert. Natürlich sind wir nie zu seinem Hauptstützpunkt gerufen worden, dann hätten wir ja auf dich treffen können."

"Wie habt ihr euch befreit?" "Das war ein Kinderspiel. Vor etwa einem Jahr haben wir gespürt, dass Freezer nicht mehr existiert. Seine Aura ist aus dem Universum verschwunden. Da haben wir unsere wahre Kraft gezeigt und den Stützpunkt auf dem Planeten, wo wir stationiert waren, dem Erdboden gleich gemacht. Die Raumschiffe konnten wir ja fliegen und so beschlossen wir, uns einen neuen Planeten, ein "NeuVegeta" zu suchen. Wir haben ihn auch gefunden und die einheimische Bevölkerung dort steht völlig unter unsrer Kontrolle. Erst wollten wir sie auslöschen, aber dann haben sie sich doch als sehr untertänig und nützlich erwiesen."

Sie sah von ihrem Teller auf und ihre Augen suchten Vegetas Blick. "Mein Prinz, das einzige was uns zu unserm Glück fehlt, ist ein König. Der König von NeuVegeta."

Vegeta musste schlucken. Sein Vater hätte sicher nicht gezögert. Sie waren sein Volk und sie brauchten ihn. Was gab es da groß zu überlegen? Kurz kam ihm Bulma in den Sinn und Kakerott und die Erde, doch sein Drang, endlich wieder unter wahren Saiyans zu sein ließ ihn nicht lange zögern. "Natürlich komme ich mit dir. Wie ist es, wollen wir nach dem Essen etwas trainieren?" Leekas Augen leuchteten. "Nichts lieber als das, mein Prinz."

Sie trug das Geschirr allein in die Küche und warf es mehr in den Geschirrspüler, als dass sie es stellte. Vegeta wollte ihr zuerst helfen, damit es schneller ging, doch sie lehnte vehement ab. Ein Prinz durfte sich in ihren Augen nicht die Hände mit so niederer Arbeit schmutzig machen. Da sie allein das ganze Chaos beseitigen musste, dauerte es ziemlich lange und Vegeta wurde schon leicht ungeduldig.

Endlich war sie so ziemlich fertig (Bulma hätte noch hundert Dinge auszusetzen gehabt...) und folgte Vegeta nach oben. Er zeigte ihr den Gravitationskonverter. Während sie das Gerät begutachtete, stellte er nach ihren Angaben den Kurs ein und übergab den Rest dem Autopiloten. Es würde nur etwa acht Stunden dauern, dann wären sie am Ziel.

"Wie bist du eigentlich in die Fänge des Sklavenjägers geraten?" fragte Vegeta und stellte den Konverter mal auf 10 G. Für ihn war der Unterschied minimal, aber Leeka kam ganz schön ins Schwitzen, als sie seine Übungen imitierte.

"Ich ... wollte ... eigentlich das Schiff ... überfallen und ausrauben", keuchte sie und wechselte auf den anderen Arm für die restlichen 1000 Liegestütz. "Damit vertreiben ... wir uns ... die Zeit ... wenn es uns ... auf Neu Vegeta .. zu fad wird." Ihr bewundernder Blick glitt zu Vegeta, der die Liegstütz auf zwei Fingern statt auf einer Hand stehend machte und dabei kein bisschen außer Atem geriet. "Es .. war kein schlechter ... Plan ... mein Schiff ... hatte ein gutes Tarn.. .system, das wir ... erst kürzlich geklaut ... haben. Aber ... es hat irgendwie nicht so ... richtig funktioniert ... und das Schiff ist bei ... der Annäherung in ... einen Traktorstrahl geraten ... . Ich wollte ... mich wehren, aber ... sie haben den Laderaum mit ... einem Gas geflutet und .. als ich wieder ... aufwachte ... klebte dieser dämliche goldene ... Stempel auf meiner Wange."

"Erinnerst du dich an seine Wirkung." "Und ob", angewidert spuckte Leeka auf den Fußboden. "Ich habe als Zimmermädchen und Köchin arbeiten müssen. Es hat ihm Spaß gemacht, mich derart zu demütigen." Ihr Zorn wuchs bei jedem Wort und ihre Aura wurde stärker. Vegeta nickte zufrieden. Auch bei Leeka war das so wie bei allen Saiyans, Wut war ein guter Anstoß um verborgene Kräfte zu wecken. Endlich waren sie beide mit ihren "Aufwärmübungen" fertig. Vegeta beschloss, das Thema Sklavenschiff später wieder aufzugreifen und sich jetzt erst mal auf das Wichtigeste zu konzentrieren.

"Bist du bereit?", fragte er Leeka. Diese ging in Position und nickte. Vegeta schraubte die Gravitation auf 20 G hinauf und startete seinen Angriff mit ein paar schnellen Haken. Leeka sah seine Fäuste zwar kommen, doch die Gravitation zerrte an ihr, sodass ihre Reaktion zu langsam war und sie ein paar Schritte nach hinten flog.

Vegeta entspannte sich. "Vielleicht gehe ich etwas zu schnell vor", murmelte er. Leeka senkte beschämt den Blick. "Es liegt an mir, mein Prinz. Ich bin euch viel zu sehr unterlegen." "Na ja, es ist wohl auch das erste Mal, dass du bei 20G kämpfst, oder?", beschwichtigte Vegeta und reichte ihr die Hand. Sie sah ihn überrascht und erfreut an und ließ sich von ihm auf die Füße helfen. "Ich werde unten ein paar Übungen machen, Prinz Vegeta. Hier bin ich euch nur im Weg." Sie begegnete seinem erstaunten Blick und lächelte flüchtig. "Ich habe sehr wohl bemerkt, dass Ihr eine weitaus höhere Gravitation gewöhnt seid. Ich würde mich schuldig fühlen, wenn Ihr wegen mir Euere wertvolle Trainingszeit vergeudet."

Vegeta zögerte. Soviel Rücksicht war er von Bulma nicht gewöhnt, obwohl sie sich die letzte Zeit über auch nicht über sein Training an sich beklagt hatte (eher darüber, dass er sie entführt hatte und andere Kleinigkeiten...) "Wenn es dir nichts ausmacht..."

"Ihr Wohlergehen ist das meine", sagte sie und ging langsam (der 20 G wegen) zur Treppe. Rasch schaltete Vegeta den Konverter aus, damit sie von der geringen Schwerkraft ab der Mitte der Treppe nicht völlig überrascht wurde. Sie machte einen Schritt und flog fast gegen das Geländer, so weit trug er sie bei einem G. "Sei vorsichtig", riet ihr Vegeta. Sie nickte ihm zu, deutete noch eine Verbeugung an und sprang behände die Treppe hinunter. Erleichtert wartete Vegeta noch zu, bis er sie unten ankommen hörte und drehte dann die Schwerkraft auf 80 G. Zeit für etwas ernsthaftes Training. Gut sieben Stunden später war Vegeta halbwegs mit sich zufrieden. Seine Geschwindigkeit bei 100G war zwar noch immer nicht das Wahre, aber er war schon langsamer gewesen.

Verschwitzt machte er sich auf den Weg nach unten, wo auch Leeka ihr Training beendet hatte. "Ich gehe rasch duschen", sagte Vegeta zu ihr, holte sich aus dem Schrank frische Klamotten und öffnete die Türe zum Badezimmer. "In einer Stunde müssten wir dein NeuVegeta erreichen. Du kannst nach mir ins Bad, schau mal in den Schrank, ob dir vielleicht einer der Overalls passt."

Als Vegeta ein wenig später erfrischt und mit sauberen Haaren (Bulmas Haartausch hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen) aus dem Bad kam, hatte sich Leeka einen der vielen orangen Overalls von Kakerott gegriffen. Vegeta erinnerte sich an Bulmas Gejammer von der fehlenden Wäsche zum wechseln, aber Leeka schien damit keine Probleme zu haben, zumindest stellte sie keine Fragen danach.

Sie blieb nur ganz kurz im Bad, sodass sich Vegeta fragte, ob sie sich zuletzt einfach nur umgezogen und gar nicht geduscht hatte. Doch für eines hatte sie Zeit gefunden, und zwar für das Öffnen und Durchsuchen des Wäschetrockners. Die beiden kleinen Dinger mit der rosa Spitze und dem zarten Blütenmuster die sie in der Hand hielt, waren die von Bulma. Vegetas Blick wanderte von Höschen und BH zu Leekas geröteten Wangen.

"Ähmm... prinzliche Hoheit ... ich wusste ja nicht, dass Ihr ...", sie suchte offenbar nach Worten. Vegeta fragte sich, woran sie wohl dachte. "... dass Eure prinzliche Hoheit solche ... ähh ... Bedürfnisse habt ..." Jetzt ging Vegeta ein Licht auf und er wurde erst blass, dann knallrot. "Das sind nicht meine Sachen!" Er fuhr sich durch seine Haare. "Sie gehören einer Frau, die bis vor kurzem mit mir gereist ist. Sie war auch mit mir zusammen auf dem Sklavenschiff."

"Aber ..." Leeka war einerseits erleichtert, andererseits störte sie die Erwähnung einer anderen Frau ganz gewaltig, "...aber wo ist die andere Frau denn hin? War sie auch eine Saiyan?"

"Nein", lachte Vegeta, erleichtert, dass er das Missverständnis so rasch hatte aus der Welt räumen können. " Nein, sie kommt von einem anderen Planeten. Sie ist auch längst nicht so stark wie du und sie kann auch nicht so gut kochen. Ich habe sie weggeschickt. Das da hat sie wohl vergessen." Eigentlich stimmte das .... fast. Er hatte Bulma ja keine Zeit gelassen, ihre Sachen zu holen.

Leeka atmete auf. Die andere war also bereits aus dem Rennen. Umso besser für sie. Leeka hätte ihren Prinzen niemals kampflos an eine andere abgetreten. In ihren Augen war es ihrer beider Pflicht für Nachkommen zu sorgen, denn immerhin war er der Prinz, der einen Erben brauchte und sie war (soweit ihr bekannt) die letzte weibliche Saiyan des Universums. Aber eines nach dem anderen. Zunächst würde sie den Triumph genießen, den Prinzen mit den letzten seines Volkes zusammen zu bringen.

Vegeta wusste nicht, was in ihr vorging, er war vor allem auf Neu-Vegeta neugierig und ging wieder hinauf, um die Annäherung und die Landung zu steuern.

Der Planet, der auf dem Bildschirm auftauchte, war kein weiß-blau-grünes Juwel wie die Erde. NeuVegeta war ein Gemisch aus gelb, grau und schmierigem Grün. Beim Näherkommen entpuppte sich das Gelb als weite Steppen- und Wüstengebiete, das Grau als Nebel und Wolken, die immer über Regenwaldähnlichen Gebieten lagen und das Grün als mit Algenteppichen überzogene, riesige Süßwasserseen. Meere gab es keine und offenbar auch keine hohen Gebirge. Das hier war keine junge, vor Leben strotzende Welt wie die Erde, das hier war ein in die Jahre gekommener Planet. Die Landung sollte nach den Koordinaten, die Leeka Vegeta genannt hatte, in einem etwas abgelegenen Steppengebiet erfolgen. Von hier aus wollten sie zu Fuß die Hauptstadt erreichen, wo die Saiyans lebten und den Planeten regierten (oder so ähnlich...).

Die Landung verlief ohne Schwierigkeiten. Die Tests ergaben, dass die Atmosphäre tatsächlich atembar war und die Temperatur von knapp um die 33 Grad stellte für Vegeta auch kein Problem dar. Das was ihn jedoch am meisten an dieser Welt missfiel war die Schwerkraft. Die Anzeige wies 0,7 G aus. Als die Luke sich öffnete zögerte er dennoch nicht lange, den staubigen Boden zu betreten. Leeka folgte ihm. Die Sonne brannte auf sie beide herab, aber Leeka schien die Hitze zu gefallen. Sie streckte sich und schüttelte ihr langes, noch immer schweißfeuchtes Haar, das in der Sonne ölig glänzte. Vegeta sog tief die Luft ein. Er dachte an Gerüche, die ihm auf der Erde lieb geworden waren, an Gras, Meeresgischt und Kiefernadeln, an schwere, feuchte Ackererde und an die schneidende Klarheit von Gletscherwinden und den betäubend süßen Duft der Rosen, die Frau Briefs rings um das Haus angepflanzt hatte.

Die Luft hier schien seit Ewigkeiten still zu stehen. Sie war gesättigt mit Wärme, Staub und dem Geruch nach Heu, das zu lange getrocknet hatte. Vegeta nieste und zog geräuschvoll die Nase hoch. "Wollen wir?", fragte er Leeka und wies in die Richtung, aus der er die stärksten Auren spürte. Es fühlte sich wirklich an wie Saiyans und er brannte darauf, ihnen endlich gegenüber zu treten. Leeka nickte eifrig, sie bebte innerlich schon vor Erwartung und Nervosität, ihren Prinzen den anderen zu präsentieren, und rannte los. Sie war wirklich schnell, was aber auch an der geringen Schwerkraft lag. Vegeta überlegte, ob er fliegen sollte, entschied sich aber dagegen, da Leeka das ja offensichtlich auch nicht konnte. Für ihn war es ein Leichtes sie einzuholen. Er hätte sie auch weit hinter sich zurücklassen können, aber das war ihre Welt und ihr großer Tag, da wollte er mal nicht so sein. So unterdrückte er seine Aura, und passte seine Schritte denen Leekas an. Schulter an Schulter rannten sie über die Ebene.

Vergeblich hielt Vegeta nach irgendwelchen großen Tieren Ausschau. Bis auf ein paar vor sich in dösende armlange Eidechsenähnliche Kreaturen und einigen faustgroßen, schillernden Fliegen, war nichts zu sehen. Vegeta zuckte gedanklich die Achseln und machte sich eine Notiz, Leeka später danach zu fragen, dann konzentrierte er sich auf die Stadt, der sie immer näher kamen. Es war bereits möglich, die eng beieinander liegenden Auren der verschiedenen Saiyans zu unterscheiden. Geschickt verbarg Vegeta die Enttäuschung, die ihn ihm zu keimen begann: Keiner der Saiyans dort schien Kakerott das Wasser reichen zu können.

Aus der wabernden Luft schälten sich nach und nach die Umrisse von vielen flachen Gebäuden, die in Farbe dem Boden und dem gedörrten Gras sehr ähnlich waren. Die wenigen Fenster waren winzig und kreisrund, die Dächer hatten muldenartige Vertiefungen, wo das Regenwasser (sollte es denn einmal fallen) sich sammeln und durch Trichteröffnungen am Grund der Mulden ins Innere des Hauses geleitet werden konnte.

Ungefähr im Zentrum der Stadt erhob sich ein Turm, der die Gebäude ringsum um das zehnfache überragte. Im Gegensatz zu den grauen bis ockerfarbenen Häusern prangte er in einem schmutzigen Weiß.

"Das", erklärte Leeka voll Stolz "ist unsere Wohnstatt und auch Euer zukünftiger Palast." Mittlerweile hatten sie die Außenbezirke erreicht und da Leeka sich im Gewirr der krummen Gassen bestens auszukennen schien, überließ Vegeta ihr die Führung. Unter seinen Sohlen spürte er unter der dünnen Staubschicht das grobe Kopfsteinpflaster. Vereinzelt standen Karren und Wagen vor den Häusern. Weder Telefonleitungen noch Satellitenschüsseln, keinerlei Anzeichen einer Hochentwickelten Kultur. *Da haben sie sich aber einen ziemlich primitiven Planeten ausgesucht*, dachte Vegeta kopfschüttelnd.

"Ist etwas, mein Prinz?", fragte Leeka, der seine Geistesabwesenheit nicht entgangen war. "Wo sind die ganzen Bewohner der Stadt?", fragte Vegeta.

"Um die Mittagszeit, also jetzt, ziehen sie sich wegen der Hitze in ihre Häuser zurück und schlafen. Gegen Abend gehen sie dann ihren Geschäften nach."

"Ich habe keine Felder gesehen oder so etwas ähnliches. Wo bekommen die Leute ihr Essen her?" "Was Ihr hier seht, ist nur die Oberfläche, mein Prinz. Sie ist eigentlich nur zum Wohnen da. Tief unter uns gibt es riesige unterirdische Höhlensysteme sogar mit richtigen Seen. Dort unter künstlichem Licht werden verschiedene essbare Gewächse angebaut und Tiere gehalten, deren Fleisch Euch sicher munden wird."

Vegeta, der beim Essen eigentlich keine Experimente schätzte, dachte an Leekas Kochkunst und nickte.

Mittlerweile waren sie dem Turm sehr nahe. Auch hier gab es wahrscheinlich wegen der Hitze kaum Fenster. Der Eingang befand sich nicht zu ebener Erde, sondern im zweiten Stock, wo ein breiter Vorsprung einen guten Landeplatz bot, vorausgesetzt man konnte so hoch springen.

Leeka sah aus den Augenwinkeln zu Vegeta hinüber. Der Prinz schien von seiner neuen Heimat nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Na ja, sie wäre ja auch dafür gewesen, dass man das Fußvolk zu einem großartigeren Bau drängt, aber im Moment reichte der Platz locker für sie alle. Das Beste war ja unterhalb des Turmes und sie freute sich schon darauf, es Vegeta zeigen zu können.

Wie schon unzählige Male davor sprang Leeka locker aus dem Lauf heraus auf den Vorsprung. Sie sah zurück, aber Vegeta war bereits an ihr vorbei und stand schon vor dem wuchtigen Tor. Es gab weder eine Klingel noch einen Klopfer. Leeka fing seinen fragenden Blick auf und lächelte. "Hier gibt es niemanden, der es wagen würde diesen Ort zu betreten, es sei denn, er gehört dazu." Sie trat einfach neben Vegeta und drückte die Torflügel mit beiden Händen auf. Ein Schwall wohltuend, kühler Luft kam ihnen entgegen. Vegetas Augen brauchten ein paar Sekunden bis sie sich an das Dämmerlicht im Inneren des Turmes gewöhnt hatten. Seine staubigen Stiefel tappten hörbar über den glatten Steinboden. Der Raum, wohl so eine Art Halle nahm die ganze Ebene des Turmes ein. Weit hinten stand ein grob gehauener, langer Holztisch. Zehn Sessel auf der einen Seite, zehn auf der anderen, je einer am unteren und einer am oberen Ende und bis auf diese beiden waren alle anderen besetzt. Endlich hatte Vegeta sein verlorenes Volk gefunden.

"Leeka!", einer der Saiyans, ein Kleiderschrank von einem Mann, sprang bei ihrem Eintreten auf. "Leeka, wir haben uns schon Sorgen gemacht..." Der Blick aus seinen dunklen Augen musterte Vegeta nachdenklich. "Wer ist das? Er sieht aus wie ..."

"... wie Prinz Vegeta?", hakte Leeka nach und genoss die Aufregung, die ihre Bemerkung unter den Saiyans auslöste. "Er ist es auch. Heute ist ein großer Tag für uns, wir werden endlich einen neuen König haben. Vegeta ist gekommen, um sein Erbe hier auf NeuVegeta anzutreten!"

Die Saiyans (es waren durchwegs nur Männer und keiner kleiner wie Vegeta) sprangen auf und umringten die beiden.

"Er hat dieselbe Frisur", sagte einer. "Der Blick ist auch der gleiche wie auf den Bildern", stimmte ein anderer zu. Einzig der größte und wohl auch der stärkste der Saiyans war am Tisch zurück geblieben. Betont gelassen griff er nach seinem Humpen und leerte ihn mit einem Zug. Mit einem Knall setzte er das Gefäß wieder ab. Das Gemurmel der Saiyans verstummte, offensichtlich war er auch ihr Anführer. "Äußerlichkeiten waren für Saiyans noch nie genug, um sich von jemandem Befehle erteilen zu lassen", sagte er laut.

Vegeta musste ihm da in Gedanken zustimmen. Sein Volk hatte sich Freezer sicher nicht seines Charmes wegen untergeordnet.

"Was würdest du denn als Beweis akzeptieren?", fragte er laut. "Das hier vielleicht?" Er verstärkte seine Aura bis sie blau schimmerte. Jetzt würde der andere seine Kraft spüren und um Verzeihung bitten. Weit gefehlt. Der große Saiyan schob die Traube seiner Freunde auseinander bis er selbst vor Vegeta stand und spuckte verächtlich vor dessen Füße. "Was soll das denn beweisen, außer dass du ein paar Taschenspielertricks drauf hast?"

Vegeta war so überrascht, dass er seine Aura wieder erlöschen ließ. Konnte es sein, dass die Saiyans hier die Technik des Auraspürens nicht gelernt hatten? Er sah sich nach einem Scanner um, wie ihn Freezers Truppen benutzt hatten. Doch kein Saiyan trug einen. Wenn er jetzt voll aufdrehte, würde wahrscheinlich mehr zu Bruch gehen wie nur das Geschirr auf dem Tisch dort. Also half wohl nur die harte Tour.

"Wenn du willst, können wir auch kämpfen, aber nicht hier, es sei denn, ihr legt keinen Wert mehr auf euren Turm."

Leeka trat zwischen den großen Saiyan und Vegeta. "Bitte, Cauwlif, lass das, du hast nicht die Spur einer Chance gegen den Prinzen."

Die Augen des Angsprochenen wurden ganz schmal. "Aha ... daher bläst also der Wind. Du hast es dir in den Kopf gesetzt, diesen abgebrochenen Zwerg auf den Thron zu setzen..."

Leeka zog scharf die Luft ein und warf Vegeta einen um Verzeihung heischenden Blick über die Schulter zu. Vegeta dachte gar nicht daran zu explodieren. Ein schmales, gefährliches Lächeln spielte um seine Lippen. Zu oft schon war es vorgekommen, dass er seiner Größe wegen unterschätzt wurde. Für diesen Cauwlif würde es bald ein sehr schmerzliches Erwachen geben...

"Du urteilst vorschnell, Cauwlif", mischte sich ein noch recht junger Saiyan ein, der Kakerott ziemlich ähnlich sah, also auch aus der dritten und niedrigsten Klasse stammte. "Freezer war doch auch viel kleiner wie wir alle, oder?"

*Wenigstens einer, der ein bisschen denken kann*, applaudierte Vegeta dem Sprecher im Stillen. "Tomao hat recht!", meinte ein anderer. "Wenn der neue denkt, dass er Cauwlif besiegen kann, sollten wir es ihn versuchen lassen."

Cauwlif zog seine buschigen Brauen zusammen, widersprach aber nicht. Statt dessen deutete er auf ein paar seiner Leute. "Du, du und du, ihr treibt mir die Seedas zusammen. Ich will dass der ganze schwächliche Haufen wieder mal mitbekommt, dass sie uns zu fürchten haben. In letzter Zeit sind die Geschenke weniger geworden und sie verstecken ihre Kinder nicht mehr vor mir, wenn ich durch die Straßen gehe." "Wir haben doch abgemacht, keine Seedas mehr zu töten, solange sie uns nicht widersprechen, unser Essen nicht pünktlich liefern, ihre schönen Weibchen verstecken oder einen von uns angreifen", zählte Tomao an den Fingern ab. "Ich hoffe, du hast dich zurückgehalten, Cauwlif."

"Und was, wenn nicht? Willst du mir Stubenarrest geben?", höhnte der große Saiyan.

Vegeta hielt sich zurück. Er konnte sich gut daran erinnern, aus einer Laune heraus, eine ganze Welt, weil sie ihm zu hässlich war, zerstört zu haben. Nicht, dass er heute noch sonderlich stolz auf diese Tat war, aber er verstand diese Saiyans hier nur zu gut. Die ständige Angst vor Freezer im Nacken, die frischen Narben der letzten Demütigung in der Seele, er wusste um den überwältigenden Drang nach einem Ausgleich, nach einem Beweis, dass man nicht das schwächliche Gewürm war als das Feezer einen behandelte, um die Kälte in die man seine Seele und jeden positiven Funken hüllte, nur damit es nicht so weh tat, wenn Freezer wieder einmal zuschlug ...

Doch, es war nun schon ziemlich lange her, dass Freezer tot war. Endgültig. Zerstückelt von der Klinge dieses lilahaarigen Fremden aus der Zukunft. War es nicht langsam an der Zeit, dass sich auch diese Saiyans hier ein neues Ziel setzten?

"Wie lange habt ihr nicht mehr trainiert?" Vegetas Frage sorgte für erst verdutzte, dann zornige Gesichter.

"Was soll das heißen?", fauchte Cauwlif. "Wir trainieren jeden Tag. Das wirst du sehen, wenn wir dir unsere Arena zeigen."

"Ein oder zwei Stunden miteinander Kämpfchen austragen ist kein Training." Verachtung troff aus jedem von Vegetas Worten. "Aber zeigt mir eure Arena, damit ich euch Flaschen endlich zeigen kann aus welchem Holz ein echter Saiyan geschnitzt sein sollte."

Mit ein paar harschen Worten trieb der wütende Cauwlif die vorher ausgewählten Saiyans zur Türe hinaus. Vegeta kümmerte sich nicht weiter darum. Er schlenderte mit verschränkten Armen zum Tisch hinüber und warf einen Blick auf die Essensreste auf den Tellern. Fleisch, Fleisch, Fleisch ... kaum so etwas Getreide oder Gemüse. Er warf Leeka einen verwunderten Blick zu. Sie hatte doch ein sehr ausgewogenes Essen für ihn gekocht. Sie trat an seine Seite und bot ihm ein noch sauberes Glas mit klarem Wasser an. "Ihr werdet froh sein, nicht mehr dieses komische Mischessen zu bekommen, das ich im Raumschiff zubereiten musste, weil zu wenig Fleisch da war", sagte sie mit einem stolzen Blick auf die noch halbvollen Platten. "Wir bekommen das Essen fertig von den Seedas geliefert und ich muss diese ganze, erniedrigende Plackerei nicht mehr machen." Sie fing Vegetas Blick auf und versicherte hastig: "Es für euch zu tun, war etwas Besonderes, aber es erinnert mich zu sehr an diese Demütigung mit dem Stempel."

Das konnte Vegeta nachvollziehen, auch wenn es ihm um ihre Kochkünste leid tat. Er setzte sich auf den ungenutzten Platz am Kopfende, griff nach einem noch frischen Kotelett und biss hinein. Zäh und so schwach gewürzt, dass er sich vorkam, als würde er eine alte Schuhsohle kauen. Da war ja selbst Bulmas Fertigkost noch ein Gedicht dagegen. Bulma. Bestimmt ging es ihr inzwischen wieder gut. Es war richtig gewesen, sie nach Hause zu schicken. Nun, hier war er endlich unter Seinesgleichen, niemand verlangte hier, dass er eine Badewanne ausputzte oder sich bei Tisch benahm. Mit ein paar Schluck Wasser gelang es ihm, den Bissen hinunter zu würgen. Wegen dem Essen, würde er sich noch etwas einfallen lassen müssen.

"Mach es dir mal lieber nicht zu bequem", sagte Cauwlif laut hinter seinem Rücken. "Wenn ich erst mal mit dir den Boden gewischt habe, wirst du um Gnade winseln."

Vegeta lachte hart und verächtlich. "Das werden wir ja noch sehen. Wo ist jetzt eure großartige Arena?"

Sie führten ihn über viele, viele Stufen hinab (der unterirdische Teil des Turmes war höher als das, was über die Erde ragte) und das letzte Kellergeschoss war tatsächlich zu einer Kampfarena ausgebaut worden.

Aus einem Eingang, der wie Leeka ihm erzählte zum Höhlensystem der Stadt führte, tröpfelten die eigentlichen Bewohner des Planeten herein. Es waren blasse, gebückte Gestalten, Menschenähnlich, jedoch mit vier statt mit zwei Augen und dünnen Gliedern mit Spinnenfingern und spärlichen, grünlichen Haaren. Ihre großen Augen zeigten, dass sie an das Leben in den dunklen Höhlen weit besser angepasst waren als an die Hitze und das Sonnenlicht. Es waren definitiv sehr harmlose, friedliebende Wesen mit einer lächerlich geringen Kampfkraft. Kein Wunder dass sie sich ohne große Gegenwehr ihrem Schicksal gefügt hatten. Mit Abscheu beobachtete Vegeta wie die drei Saiyans die Seedas hereintrieben. Wer nicht schnell genug lief, wurde angebrüllt, kleine Kinder, die stolperten und fielen erhielten derbe Tritte, dass sie wimmernd liegenblieben bis ihre verschreckten Mütter sie hochhoben und mit ihnen weiter stolperten.

Vegeta war froh, dass Bulma nicht dabei war. Sie wäre schnurstracks auf diese drei Memmen losgestürmt und hätte ihnen ihre Meinung gesagt. Das hätte eine Szene gegeben.... Vegeta schüttelte den Kopf. Natürlich hätte er sie vor den Folgen beschützen müssen und dann hätte er einen besonderen Dank dafür eingefordert ... Seine Gedanken wanderten zurück zu ihrem letzten Kuss. Warum kam es ihm so vor, als wäre es schon eine Ewigkeit her und gleichzeitig hatte er kein Detail vergessen. Er wusste noch wie sie roch, wie sich ihr Haar anfühlte wenn es über seine Wange und seine Schulter strich, er konnte noch ihre Nägel spüren, wie sie sie in seine Oberarme grub ... die zarte Haut ihres Dekolletés unter seinen Fingerspitzen... ihre erschrockenen und doch erwartungsvollen Augen, ihr Zögern zwischen Furcht und Sich-Fallen-Lassen ... soviel hatte er noch gewollt, wenn sie erst wieder allein wären ....

"Wir wären soweit!", kam es von den Sitzreihen her. Tatsächlich waren alle Plätze mit den blassen Seedas gefüllt, nur ein Stück der ersten Reihe war für die Saiyans frei geblieben. Vegeta schrecke aus seinem Tagtraum auf. Immer noch schaffte es Bulma, ihn durcheinander zu bringen. Dabei war sie Lichtjahre entfernt und wenn er hier blieb würde er sie vermutlich nie wieder sehen. Warum erfüllte ihn dieser Gedanke mit soviel Schrecken und Kälte? Warum kam es ihm vor, als sei die Welt ringsum auf einmal dunkler und leerer. Bislang hatte er nur an das Wiedersehen mit den Leuten aus seinem Volk gedacht und eine endgültige Entscheidung hinausgezögert und daher noch keinen Funk Richtung Erde gemacht, obwohl er während dieser sieben Stunden Training immer wieder versucht gewesen war, den Konverter für die Dauer eines Funkspruchs herunter zu fahren. Aber Leeka hätte unten mithören können und er wollte vermeiden, dass sie von Bulma erfuhr ... dass sie dann die Wäsche gefunden hatte, war Pech gewesen.

"Traust du dich nicht mehr?" Cauwlif hatte sich schon in den Ring begeben und blickte herausfordernd zu Vegeta herauf, der immer noch neben dem Eingang im obersten Zuschauerrang stand. Zum Glück war dieses letzte Stück des Turmes allein so hoch wie vier Stockwerke, damit die stufenweise steil ansteigenden Zuschauerränge auch wirklich einen guten Blick auf die Arena boten. Für das Dämmerlicht sorgten hier unten bestimmte Pilze, die mit ihren leuchtend weißen Sporenköpfen die Wände und Deckde der Arena überzogen. Ihr Licht wurde zudem durch ein paar primitiv installierte Leuchtkörper an der Decke verstärkt. (Bulma hätte das hundert mal besser hinbekommen, da war er sicher...) Vegeta fiel der stumpfe, teilnahmslose Blick der Seedas auf und er dachte an die Aufzeichnungen vom großen Turnier der Erde wo Kakerott Piccolo besiegt hatte und die begeisterten Zuschauer dort (zumindest bevor sie gegen Schluss der Endrunde die Flucht ergriffen...). Diese armen Teufel hier würden den Kampf sicher nicht genießen, egal was ihnen geboten wurde. "Es ist ein weiter Weg hinunter", stieß Leeka ihn an. Sie war nicht von seiner Seite gewichen und saß auch jetzt nicht bei ihren Leuten.

Vegeta riss sich zusammen. Zwar war dieser Cauwlif nur etwa so stark wie Radditz, aber wenn er die Saiyans aufrütteln wollte, musste er ihnen etwas bieten. Vegeta machte sich nicht die Mühe die Stufen hintunter zu steigen. Er flog. Nicht nur Leeka blieb bei dem Anblick der Mund offen stehen. Auch Cauwlif war sichtlich erschrocken, als Vegeta mit der Eleganz eines Raubtieres vor ihm landete und sofort zum Angriff überging. Es war ein kurzes Vergnügen. Ein Fausthieb direkt ans Kinn, und der große Saiyan flog in hohem Bogen aus dem Ring.

Vegeta legte etwas mehr Kraft in seine Faust und hieb auf den Steinboden des Ringes ein. Es gab einen Krach, eine Staubwolke verdeckte kurz die Sicht, dann war vom Ring nichts mehr übrig als ein tiefer Krater.

Als Cauwlif wieder zu sich kam, waren die Seedas längst wieder verschwunden und die Saiyans umringten ihren Prinzen.

Vegeta hörte sich ihr Gewinsel um Verzeihung nur kurz an. Seine Entscheidung war längst gefallen. "Ich werde nicht hier bleiben", sagte er laut, sodass es auch Cauwlif hören konnte. "Wer von euch wirklich den Geist eines Saiyans hat, wird dieses faule, nutzlose Leben hier ab sofort aufgeben und an den Äquator ziehen, dort in den Wäldern sein Essen selbst jagen und von morgens bis abends nur noch trainieren. Ein wahrer Saiyan kennt nämlich nur ein Ziel in seinem Leben, und zwar das Ziel, seine Kraft zu vergrößern, um immer stärkere Gegner zu besiegen. Selbst ohne Freezer hat das Universum sicher noch genug Gegner zu bieten. Hier werdet ihr weiterhin immer mehr zu dekadenten Schwächlingen und Versagern. Ich soll der König von so einem Haufen werden?" Er lachte verächtlich. "Lieber lasse ich mich von ein paar Fröschen krönen als von euch Jammerlappen. Ihr könnt meinen Rat annehmen oder auch nicht, mir ist das egal. Ich habe ein Ziel und für das will ich wieder hinaus ins All und dort draußen weiter trainieren."

"Aber ...", Leeka verstand die Welt nicht mehr, "ich bin die einzige weibliche Saiyan. Mich nimmst du doch mit, oder? Nur ich bin würdig die Mutter deiner Erben zu sein, denn kein Blut eines anderen Volkes kann starke Nachkommen garantieren." Vegeta sah sie an. Sie war schön, sie war stark, ihm ergeben und sehr loyal. "Wie bist du aus dem Sklavenschiff entkommen?", fragte er.

"Auf einmal war da ein goldenes Licht", erzählte sie, verwirrt, dass er jetzt davon anfing, "mein Stempel ist abgefallen und ich war wieder Herrin meines Körpers. Ich habe das Schiff nach diesem Schuft durchsucht, ihn gefunden, ihm beide Beine und ein paar Rippen gebrochen. Dann habe ich eine Fluchtkapsel klar gemacht und den Maschinenraum zerstört. Ehe das Schiff explodierte, bin ich entkommen."

"Was ist mit den anderen? Mit den anderen erwachten Sklaven. Wer hat es außer dir noch geschafft?" Sie zuckte die Schultern. "Niemand, glaube ich. Die waren viel zu verwirrt und auf der Suche nach ihren Freunden und Familien."

"Du hättest warten können, bis sie auch entkommen sind, ehe du das Schiff ins Vakuum jagst, oder?" "Wozu? Es waren ja keine Saiyans."

Vegeta seufzte. Als Kämpferin war Leeka nicht zu verachten, wenn sie erst ein paar Jahre hartes Training hinter sich hatte, aber als Mutter seiner Kinder (falls er überhaupt mal welche wollte) wünschte er sich jemanden, der ihnen das zu geben vermochte, was ihm als Kind so sehr gefehlt hatte: Wärme und Liebe. Seine Kinder sollten nicht in derselben Gefühlskälte aufwachsen wie er. Bulma kam ihm in den Sinn. Wärme und Liebe, ja in der Familie Briefs, auf der chaotischen Erde gab es mehr als genug davon.

"Ich kann keine Ablenkung brauchen und außerdem denke ich gar nicht daran, mich an irgendeine Frau fix zu binden. Tut mir leid. Du solltest dich eher deinem Training widmen zusammen mit den anderen."

Da er das wirklich so meinte, verstand Leeka und trat enttäuscht zurück. "Wir sind Eurer noch nicht würdig, Prinz Vegeta. Werdet ... werdet Ihr wieder mal vorbei kommen?" "Trainiert hart, sodass ich eure Kraft bis zum fernsten Stern spüren kann. Wenn ich mein großes Ziel erreicht habe, dann komme ich wieder und werde mich jedem von euch zum Kampf stellen, um euch zu testen."

Eigentlich war Vegeta froh, dass er hier nicht als König auftreten musste. Was sollte er auch mit so einem Titel und den damit verbundenen langweiligen Pflichten. Ihm waren schon diese Ansprachen ein Gräuel, Kakerott gegenüber brauchte er nie so viele Worte, sie verstanden sich meist auch so. Kakerott zu schlagen, die Cyborgs auszuschalten ... diese Ziele durfte er nicht aus den Augen verlieren.

Irgendwie schienen ihm die übrigen zwanzig Saiyans nicht gram zu sein, dass er sie wieder verließ. Jedenfalls versuchte keiner, ihn umzustimmen, als er sich vor dem Tor von ihnen verabschiedete und zum Raumschiff flog hatte er dennoch das Gefühl, dass selbst der sture Trottel Cauwlif seinen Rat befolgen würde.

Wieder im Raumschiff, gab er erneut jene Koordinaten ein, die er von Anfang an im Sinn gehabt hatte. Während das Raumschiff durch die Atmosphäre raste, warf er einen letzten Blick zurück auf Neu-Vegeta. Es sollte sein letzter sein. Noch ahnte niemand, dass viele Jahre später ein gewisser Buu wahllos Planeten im ganzen Universum angreifen und vernichten würde, darunter auch NeuVegeta mitsamt seiner friedlichen Bevölkerung und einer kleinen Saiyankolonie am Äquator ...

......................................................

Einen Monat später landete ein leicht beschädigtes Raumschiff im Garten der Familie Briefs. Vegeta öffnete die Luke und sah sich um. Er hatte seine Ankunft nicht angekündigt und auch sonst die ganze Zeit über Funkstille gehalten, weil er keine Ablenkung wollte. Nun hatte er den ersten Schritt auf sein Ziel geschafft. Jederzeit konnte er nun zum Super Saiyan werden. Bulma würde Augen machen. Doch ausgerechnet von ihr war nichts zu sehen.

Vegeta stieg aus, streckte sich und genoss die Frühlingsluft. Die Kirschbäume würden bald blühen, es roch nach Neubeginn und Versprechungen.

Er schloss die Schleuse und ging auf das Haus zu, da öffnete sich die Türe und Yamchu trat heraus. "Habe ich es mir doch gedacht, dass das nur deine Aura sein kann", sagte Yamchu. "Lange nicht gesehen, Vegeta." Durch seinen freundlichen Tonfall in die Irre geführt, reagierte Vegeta viel zu spät und Yamchus Faust traf ihm mit aller Wucht am Kinn. Der Saiyan stolperte zwei Schritte rückwärts. "Was soll das, verdammt noch mal? Bist du lebensmüde?", fuhr er Yamchu an und stutzte, denn Yamchu traten Tränen des Zorns in die Augen.

"Vegeta, du Idiot!", zischte er. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich auf deine Überlegenheit pfeife, wenn du Bulma das Herz brichst. Wie konntest du nur?!"

Er schüttelte die Fäuste, dann wandte er sich von Vegeta ab und ging zum Gartentor. "Sieh zu, dass du retten kannst, was du mit Füßen getreten hast."

"Wie meinst du das?", rief ihm Vegeta nach. "Heult sie sich wegen mir die Augen aus?" Yamchu drehte sich ein letztes Mal um, Hoffnungslosigkeit und Resignation in seinen Augen. Er lachte bitter. "Nein, Vegeta, es ist viel, viel schlimmer ..."

Ende von Teil 9

Schlussbemerkung: Ich wollte mit diesem Kapitel eine Frage beantworten, die ich mir selber schon oft gestellt habe. Wenn Vegeta die Wahl gehabt hätte, zwischen einer weiblichen Saiyan und Bulma, was hätte ihn bewegen können, sich für Bulma zu entscheiden?