Nur ein Lächeln

Anmerkung: Diesen Teil bestreitet Bulma allein, was mit Vegeta ist, wird im nächsten Kapitel erzählt.

Teil 11

Fort. Er war fort.

Bulmas Blick wollte sich nicht von den zertretenen Blüten lösen.

Süß. Sie hatten so süß geduftet.

Diese Blumen wuchsen nur an einem Ort in der Umgebung der Stadt.

Bei den Klippen, bei denen Vegeta zu trainieren pflegte.

Niemals wieder. Niemals wieder würde sie ihn sehen können, hatte diese Stimme gesagt.

Wessen Stimme?

Bulma legte den Kopf in den Nacken und blickte in Safranos Gesicht.

"Du liebst nur mich, meine Süße, ist das klar? Am besten warte ich nicht mehr bis zur Fusion in drei Wochen. Gleich morgen werde ich dich heiraten. Ich muss nur noch an ein paar Fäden zupfen, damit wir die Genehmigung bekommen, aber das wird keine Mühe sein, immerhin sind wir ja alt genug, oder?"

Heiraten? Warum sollte sie heiraten?

Warum?

Sie sah auf die weißen Schnipsel. Einer von ihnen enthielt noch ein paar vollständige Schriftzeichen. "bist mein Licht" stand darauf zu lesen.

Wessen Licht?

Vegetas Blumen. Vegetas Brief. Vegetas Licht.

Vegeta?

Langsam, ganz langsam stiegen Erinnerungen in ihr hoch. Der Saiyan, der immer nur an seine Kämpfe dachte. Sie sah einen schwarzen Overall auf dem Boden liegen, sah sich das Teil in die Waschmaschine stopfen. War da nicht ein Geräusch? Ja, die Türe war aufgeglitten. Vegeta kam aus dem Bad, rieb sich gerade mit dem Handtuch das Gesicht trocken. Er trug keinen Fetzen Stoff am Leib.

"Warum wirst do so rot, mein Schatz?", fragte die warme Stimme, die ihren Geist in eine dicke flauschige Decke gewickelt hatte. Ja, sie fühlte keinen Schmerz mehr, aber jetzt, da sie sich zu regen begann, entpuppte sich die Decke immer mehr als ein Geflecht von klebrigen Fäden, die jede Regung, jedes Aufflackern ersticken wollten.

Vegeta. Wiederum griff sie nach der Erinnerung. Vegetas funkelnde Augen, wenn sie sich stritten. Vegeta, der baff dastand, als sie ihn das erste mal überrumpelt hatte und küsste. Sie spürte, wie das Feuer wieder in ihren Adern zu strömen begann.

Wie hatte sie nur all diese schönen Erinnerungen aufgeben können, nur um sich ein wenig Schmerz zu ersparen? War sie so feige? So schwach?

Ihr Geist spannte probeweise seine Flügel. Die Fäden waren nachgiebig geworden. "Bulma, was ist? Willst du mich nicht küssen, mir nicht danken, dass ich dir diesen Barbaren auf ewig vom Hals geschafft habe? Er wird irgendwo im nirgendwo herumirren.... und wir, wir zwei sind ungestört, mein Täubchen."

Er drehte sie zu sich herum. Sie hatte die Augen geschlossen, um besser in ihre Erinnerungen eintauchen zu können. Daher sah er nicht, dass ihr Blick nun wieder fast wie früher war, klar und fest. Mit einem siegesgewissen Lächeln neigte er den Kopf zu ihr herab. Seine Lippen näherten sich den ihren, berührten sie, pressten sich fester auf ihren kühlen Mund.

Vegetas Küsse. Heiß, heftig und doch ungeschickt. Leidenschaft ohne Erfahrung, süßes Zögern und eine Sehnsucht, die einem das Herz bis zum Hals klopfen ließ. Er war zurück gekommen. Er hatte sie gehalten, sie berührt.. Vorsichtig. Unbeholfen. Verzweifelt. Er hatte sie geküsst. Doch die klebrige Decke hatte seine Küsse schal schmecken lassen. Sie hatte genug von dieser Decke, genug davon, ihren Schmerz, aber auch ihre Freude und ihr Glück knebeln zu lassen. Ihre Flügel spannten sich weiter, die Fäden dehnten sich, dehnten sich ... und rissen... Klatsch!

Ungläubig, ja entsetzt wich Safrano zurück, die Hand auf den roten Abdruck auf seiner Wange gepresst. "Meine Bulma .. .was ist los?"

"Igitt!" Bulma sprang auf und rannte ins Badezimmer.

"Bist du krank?", Safrano wieselte hinter ihr her. "Soll ich einen Arzt rufen?" Sie hatte die Schiebetüre hinter sich zugezogen, und er zögerte, sie einfach aufzureißen. Er konnte hören, wie sie das Wasser laufen ließ und sich das Gesicht wusch.

War er ein bisschen zu weit gegangen, sie gleich nach Vegetas Abreise schon mit dem Gedanken an eine übereilte Hochzeit zu konfrontieren? Nein, es musste rasch geschehen. Die Kontrolle über sie war seit Vegetas Einmischung trotz aller Bemühungen schwächer geworden. Es war höchste Zeit, sie ganz in seine Obhut zu bringen, damit er sie auf seinem Landsitz in den Bergen unauffällig mit Psychopharmaka voll pumpen lassen konnte, ohne dass jemand es mit bekam. War ja schade um ihren brillanten Verstand, aber das Vermögen ihres Vaters und vor allem seine Firma zählten mehr. "Ist dir noch immer übel, Bluma?", rief er hinein, ganz den besorgten Verlobten mimend.

"Was ist mit Bulma?", ihre Mutter kam aus der Küche gelaufen. "Du schon hier Safrano?" Frau Briefs schwante nichts Gutes. Sollte er die Blumen und Vegetas Brief entdeckt haben?

Sie wollte nachsehen, aber die Sorge um Bulma war stärker. "Was ist mit Bulma?", wiederholte sie ihre Frage.

"Ihr ist übel", sagte Safrano und zuckte die Achseln.

"Wovon denn? Was hat sie gegessen?"

"Nichts, soviel ich weiß", er warf einen Blick auf Frau Briefs besorgtes Gesicht und fügte heuchlerisch hinzu. "Vielleicht bekommt ihr der Geruch dieser komischen Blumen nicht. Sie hat sie auf den Boden geworfen und drauf herumgetrampelt..."

"Nein!" Frau Briefs wurde noch blasser. "Das ... hat sie getan?" Ihre Hoffnung sank und sie schluckte schwer. "Wenn da so ist ..."

"Wer hat ihr denn diese Blumen gebracht? Doch nicht etwa dieser Barbar, der gerade abgeflogen ist, oder? Zutrauen würde ich ihm solch eine Rücksichtslosigkeit, immerhin hat Bulma ihn ja so gut wie ignoriert und er ist vielleicht sauer deswegen ..."

In diesem Moment wurde die Badezimmertür aufgerissen. "Mama, zurück!"

Frau Briefs machte automatisch einen Sprung rückwärts aus dem Badezimmer. Keinen Augenblick zu früh, denn schon kam ein Kübel voll eiskaltem Wasser geflogen und landete punktgenau auf Safranos Kopf.

Der stand einen Augenblick wie erstarrt da, ehe er sich den Eimer vom Kopf riss und hustete. "Was ... was ... soll ... das ... Bulma?"

Frau Briefs sah den begossenen Safrano an und konnte sich kaum das Lachen verkneifen. Seine sorgfältig gelegten Wellen waren erinnerten an kraftlose Algen und auch sein Anzug war klatschnass. "Ich denke das war deutlich genug, du verdammter Lügner, oder?"

Safrano wischte sich die triefenden Strähnen aus dem Gesicht. Sie konnte doch unmöglich ihn meinen, oder? Als er wieder klarer sah, wich er erschrocken einen Schritt zurück.

Aus Bulmas Augen sprühten Funken und ihre Finger krümmten sich, als würden sie sich am liebsten um seinen Hals legen und fest zudrücken.

"Verschwinde von hier, du ekelhafter ...", sie suchte vergeblich nach einem Wort, das ihr schlimm genug vorkam. "Ich gehe jetzt in die Werkstatt und suche die Schrotflinte, mit der Paps immer die gefräßigen Rabitosaurier von Mamas Blumenbeet vertrieben hat , als er noch jünger war. Soweit ich weiß, funktioniert die Flinte immer noch und ich werde es genießen dir eine Ladung Schrot auf deinen verlängerten Rücken zu brennen, dass du drei Wochen weder liegen noch sitzen kannst ... wenn du schlau bist, haust du gleich ab und verkriechst du dich die nächsten hundert Jahre bei den Hottentotten, denn ich werde persönlich dafür sorgen, dass die Firma deines Vaters so gründlich den Bach runter geht, dass dir bald nicht mal mehr dieser geschmacklose Fetzen, den du Hose nennst, gehören wird."

Mit diesen Worten stapfte sie an ihm vorbei.

"Warte, Bulma", ihre Mutter lachte überglücklich und warf Safrano einen bitterbösen Blick zu. "Ich helfe dir beim Suchen, ich kann auch besser zielen als du,"

Safranos Welt stürzte ein. Eben noch wähnte er sich als fast-schon-Besitzer der Kapsule Corps und jetzt ... und jetzt .... Fassungslos wankte er in Richtung Haustüre. Er musste einen neuen Plan fassen, einen neuen skrupellosen Psychiater finden, am besten gleich einen Hypnotiseur, der Bulma wieder in die Marionette verwandelte ... Vor ihrem Zimmer verharrte sein Schritt. Das war alles Vegetas Schuld, nur seine. Dieser unmögliche Barbar hatte alles kaputt gemacht, seinen schönen Plan ruiniert ... Die Blumen lagen noch immer so am Boden, wie er sie zurück gelassen hatte. Safranos bücke sich und seine Hand umfasste den Wurzelballen. Er würde dieses Unkraut auf den nächsten Scheiterhaufen werfen und genüsslich zusehen wie es verbrannte .. .genauso wie dieser Vegeta wohl schon mit seinem Raumschiff in der Sonne verglüht war, zu der ihn der falsche Kurs geführt hatte.

"Was tust du noch hier ...?" Bulma stand in der Türe, die Flinte im Anschlag. Ihre Stimme war leise, gefährlich leise. "Ich habe dich doch gewarnt." Sie krümmte den Finger und die ersten Ladung Schrot bohrte sich haarscharf neben seinen Schuhen in den Boden. "Lass die Blumen los, oder ich werde etwas höher zielen und gewisse Teile treffen, auf die selbst eine so unmännliche Memme wie du nicht verzichten möchte ..." Das Rohr ruckte hoch. Safranos Erstarrung löste sich mit einem Schlag. Er ließ die Blumen fallen und wich zum Fenster zurück. "Das wirst du nicht tun, Bulma, oder willst du ins Gefängnis?"

"Du vergisst, dass Mama und Papa Stein und Bein schwören werden, dass du eingedrungen bist und mich vergewaltigt hast, weil ich eine Heirat mit dir in letzter Sekunde abgelehnt habe. Du hast keine Ahnung wie gut ich schauspielern und vor allem nicht, wie laut ich schreien kann..." Sie holte tief Luft . "Halt, warte!", Safrano öffnete das Fenster. "Ich gehe schon."

"Sehr gut. Und wenn ich noch einmal deine verkommene Visage sehen muss, kratze ich dir die Augen aus!"

Das hörte Safrano schon nicht mehr. Er war bereits aus dem Fenster geklettert. Es war nur etwa ein und ein halber Meter bis zum Boden, aber er kam so unglücklich auf, dass er sich den Fuß verstauchte. Bulma feuerte mitleidlos eine Ladung Schrot über seinen Kopf, sodass er eiligst auf die Straße humpelte, seinen Wagen aus der Kapsel ließ und ohne einen einzigen Blick zurück zu werfen davon brauste.

Aus der Stadt und aus Bulmas Leben.

Erleichtert ließ Bulma die Schrotflinte sinken. "Das war einfach Klasse, Bulma, mein Engel", hörte sie die fröhliche Stimme ihrer Mutter hinter sich. Mit einem kleinen Lachen drehte sich Bulma zu ihr um. "Es hat auch gut getan, ich kann dir gar nicht sagen wie sehr!"

"Dann gib mir die Flinte und kümmere dich um die Blumen."

Bulma sah zu den traurigen Überresten hinab. Traurig hängenden Blütenköpfe, zerdrückte Knospen, geknickte Stängel boten nicht gerade einen hoffnungsvollen Anblick.

"Denkst du sie sind zu retten?", fragte Bulma zaghaft und hob den Klumpen behutsam auf. "Wo gesunde Wurzeln sind, ist immer Hoffnung", sagte ihre Mutter ruhig. "Bring sie in das Gewächshaus und pflanze sie am Teichrand ein. Ich schätze dort wird es ihnen gefallen."

Bulma nickte. Den Wurzelballen mit den Stängelresten an ihr Herz gedrückt eilte sie ins Glashaus. Am Teich war die Erde schön feucht. Bulma machte sich nicht erst auf die Suche nach Handschuhen oder einem Setzholz. Sie kniete sich nieder, legte die Blumen vorsichtig ab und grub mit den Händen eine kleine Mulde in die schwarze, reiche Erde. Den Wurzelballen hineingesetzt, etwas Erde darüber gehäuft und rings um die geknickten Stängel vorsichtig angedrückt - fertig.

Eigentlich sollte sie jetzt gehen und ihre Kleider wechseln, aber statt dessen, blieb sie neben dem Teich knien, dachte an Vegeta und seine Versuche, sie aus der Erstarrung zu reißen. Warum hatte sie nicht geantwortet, warum hatte sie ihn so kalt behandelt, dass er ohne Abschiedswort gegangen war

...

Sie bemerkte die Tränen erst, als sie auf die geschundenen Blüten tropften. Heiße Tränen des Zorns auf sich selbst, auf Safrano, auf Vegeta (wenn er sie nicht so gemein behandelt hätte auf dem Schiff, dann ...), bittere Tränen der Reue, dass sie ihm nicht mehr für die Blumen hatte danken können, schmerzvolle Tränen des Verlustes weil er wieder fort war und sie allein gelassen hatte... Immer heftiger quollen sie aus Bulmas Augen, sie schlang die Arme um die Schultern und bebte am ganzen Körper. Ihr war kalt, so sehr kalt ohne ihn.

"Gut, mein Herz, lass es heraus, lass alles heraus." Ihre Mutter zog sie sacht in die Höhe und umarmte sie.

Fast zehn Minuten lang wurde Bulma von Weinkrämpfen geschüttelt, dann beruhigte sie sich langsam. Schließlich löste sie sich aus den Armen ihrer Mutter und wischte sich die Tränen mit dem schmutzigen Ärmel aus dem Gesicht. "Vegeta ... wo ist er jetzt, wo ist er hin, Mama?"

"Eigentlich wollte er nur zu unserem neuen Wochenendhaus. Aber Papa sagt, er habe noch keinen Rückruf von dort erhalten, wie es eigentlich abgemacht war."

Mit einem Schlag fielen Bulma Safranos gehässige Bemerkungen wieder ein. "Papa, wo ist er, ich muss ihm was sagen?"

"Er ist im Wohnzimmer bei der Kommunikationskonsole. Warum bist du so aufgeregt?" "Das sage ich dir später, ich muss mich beeilen!" Bulma rannte zurück in den Wohntrakt und riss die Türe zum Wohnzimmer auf "Papa!"

"Ah, Bulma! Deine Mutter hatte recht, du bist wieder du selbst", strahlte er sie an. "Ich bin auch froh darüber und ich entschuldige mich für den Kummer, den ich euch gemacht habe. Hast du Kontakt zu Vegeta?"

Ihr Vater schüttelte den Kopf. "Nein, es ist als wäre einfach kein Kontakt zum Raumschiff möglich." Bulma schluckte und wiederholte, was Safrano ihr gesagt hatte. "Kann es sein, dass er das Schiff auf Selbstzerstörung programmiert hat?"

Prof. Briefs dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf. "Nein, dafür habe ich zu viele Sicherheitsschranken eingebaut. Bei Vegeta muss man ja immer mit allem möglichen rechnen und der einzige Mensch, der außer mir diese Schranken umgehen oder durchbrechen könnte, bist du. Aber was er wahrscheinlich getan hat, ist einen neuen Kurs einzugeben. Wie gut, dass Vegeta jede Menge Vorräte an Bord hat."

"Das ist das kleinste Problem, Papa. Was, wenn der Kurs Vegeta mitten in ein Asteroidenfeld führt und er nicht mehr raus kommt? Er ist nicht so gut mit der manuellen Kontrolle wie ich."

"Hmm....", Prof. Briefs rieb sich das Kinn. "Um eigenständig ein Ziel einzugeben, müsste Safrano über gute Kenntnisse in Astronomie verfügen, tut er das?"

Bulma schüttele den Kopf. "Nicht, soweit ich weiß."

"In diesem Falle kann er nur bereits berechnete Ziele anwählen, die im Computer enthalten sind. Wenn er so sicher war, dass du Vegeta nicht wieder sehen wirst, dann könnte er ... könnte er ...", tief in Gedanken und unverständliches Zeugs vor sich hin murmelnd ging Bulmas Vater in die Werkstatt, startete den Computer und durchsuchte die Festplatte nach einer ganz bestimmten Datei. "Ahh ... hier ist es. Da sind die Ziele, die ich probeweise berechnet und in den Bordcomputer eingegeben hatte. Was glaubst du, welches könnte er gemeint haben?"

Bulma stützte sich an der Rückenlehne ab und beugte sich über die Schulter ihres Vaters. Mit zusammen gekniffenen Augenbrauen suchte sie die blinkenden Zahlenreihen ab. Plötzlich stockte ihr Blick und sie deutete auf eine Reihe ganz unten. "Ist es das, was ich vermute, Paps?"

Herr Briefs folgte ihrem Finger und stutzte. "Du meine Güte, das habe ich ganz vergessen."

"Das ... das ist eine Sonne, oder? Du hast den Kurs direkt in eine Sonne berechnet." Bulma schluckte. Ihr war als umklammere eine bleierne Faust ihr Herz. "Wenn Safrano das gefunden und eingegeben hat..." Sie wollte gar nicht daran denken. Vegeta. War er bereits tot? Qualvoll erstick und verbrannt? Ihre Knie gaben nach und sie sank auf den Fußboden nieder, die zitternden Hände vors Gesicht geschlagen. Alles wegen ihr. Nur wegen ihr war Vegeta ...

"Bulma." Sie spürte die warme, feste Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter. "Denk nicht immer gleich das Schlimmste."

"Warum nicht? Safrano ist alles zuzutrauen."

"Das sicher, aber du hast vergessen, wer dieses Schiff gebaut hat."

Erstaunt ließ sie die Hände sinken und sah zu ihm hoch. Vorsichtige Hoffnung glomm in ihrem Tal der Verzweiflung. "Wie meinst du das, Paps?"

"Bei Vegeta muss man doch darauf gefasst sein, dass er bei seiner Trainingswut die Steuerung demoliert. Für den Fall, dass dann das Schiff einen selbst zerstörerischen Kurs nimmt, habe ich eine Notschaltung eingebaut, die den Autopiloten auf ein als sicher eingestuftes Ziel umspringen lässt. Und zwar auf eines in nächster Nähe. Diese Sicherung dürfte auch in diesem Fall angesprungen sein und hat das Schiff rechtzeitig umgelenkt."

Langsam, noch unsicher, ob sie wirklich mit aller Kraft hoffen durfte, stand Bulma wieder auf. "Welches Ziel könnte das sein?"

Der Professor drehte sich wieder um Bildschirm. Sein Blick glitt über die Zahlenreihen. "Eines von diesen vieren hier", sagte er und tippte auf einen Block von vier grün markierten Koordinaten. "Das ist aber ziemlich weit weg", murmelte Bulma. Längst schon stand ihr Entschluss fest. "Ich möchte dein neues Raumschiff nehmen und ihn zurück holen, Papa. Wie rasch ist es startbereit?"

Herr Briefs seufzte. Er hatte das kommen sehen. "Du gönnst deinen armen Eltern auch keine Verschnaufpause. Kaum haben wir dich zurück, willst du schon wieder weg."

Bulma stiegen die Tränen in die Augen. Sie schlang die Arme von hinten um ihn und bettete ihre Wange auf sein Haar. "Tut mir leid, Papa, wirklich. Ich will euch doch keinen Kummer machen, das weißt du. Aber ... aber Vegeta ..."

Ihr Vater streckte die Hand nach hinten und strich ihr übers Haar. "Klar weiß ich das. Ich war ja auch mal jung und verliebt."

Bulma wurde knallrot. "Ist es so offensichtlich", fragte sie leise.

"Für jemanden, der dich so gut kennt wie ich ja." lächelte ihr Vater, wand sich aus ihrer Umarmung und stand auf. "Dann gehe ich wohl besser gleich an die Arbeit und mache das Schiff startklar. In etwa 10 Stunden müsste es soweit sein."

Bulma kannte ihren Vater gut genug, um sich damit zufrieden zu geben, auch wenn 10 Stunden wie eine Ewigkeit klangen. Es hatte keinen Sinn, ihn zu hetzen, immerhin wollte sie ja gesund bei Vegeta ankommen. "Ich rede mit Mama wegen der Vorräte und so", sagte sie und gab ihrem Vater noch einen Schmatz auf die Wange. "Du bist echt der beste, Papa. Danke!"

Und fort war sie. Herr Briefs seufzte und kratze sich am Hinterkopf. "Hoffentlich habe ich ihr nicht umsonst Hoffnung gemacht", murmelte er und schloss das Programm. "Ich sollte lieber eine Simulation laufen lassen, um sicher zu sein, dass die Notschaltung auch in diesem Falle angesprungen ist..."

Bulmas Mutter war nicht gerade erfreut, als sie erfuhr, dass Bulma schon wieder fort wollte, aber sie gab seufzend nach und begann eine lange Einkaufsliste zu erstellen. In der Zwischenzeit suchte und fand Bulma die Kapsel mit dem zweiten Raumschiff. An exakt der Stelle, wo das erste Schiff immer gestanden hatte, aktivierte sie die Kapsel. Es machte Plopp und ein nagelneu glänzendes Raumschiff stand vor ihr. Es war um ein drittel größer als das alte. Neugierig öffnete sie die Luke und trat ein. Ihr Vater hatte dieses Raumschiff eindeutig nicht für Vegeta konstruiert. Es fehlte der Gravitationskonverter, zudem war der Wohnbereich deutlich größer und komfortabler. "Einiges werde ich noch tun müssen", sagte ihr Vater hinter ihr. "Vor allem brauchst du ein besseres Ortungssystem, neue Energiezellen und..."

"Was auch immer es ist, Papa, ich werde mit anpacken", sagte Bulma entschlossen. Sie hielt Wort.

Die nächsten Stunden schuftete Bulma wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Ihr Vater staunte, wie rasch die Generalüberprüfung vor sich ging. Gewissenhaft kontrollierte Bulma jede Leitung und jeden Schalter, schleppte die schweren Energiezellen ins Raumschiff und wäre Yamchu nicht aufgetaucht, hätte sie sich wahrscheinlich den Rücken böse verrenkt.

Yamchu hatte inzwischen zwar eine neue Freundin, aber er hatte in seinem Herzen ein besonders warmes Gefühl für Bulma bewahrt und war sehr froh, sie wieder so fit und energiegeladen vorzufinden.

Als er hörte, worum es ging, war er zwar einen Augenblick lang erstaunt, erholte sich aber rasch. "Ich hätte nie gedacht, dass es zwischen dir und Vegeta so rasch funken würde", sagte er. "Zwar hat er mich umbringen lassen, aber ich bin längst darüber hinweg, denn immerhin verdanke ich ihm meine Zeit bei Meister Kaio und gegen die Cyborgs werden wir ihn dringender denn je brauchen, vor allem wenn Gokou wirklich krank wird so wie der Junge gesagt hat."

Nach dieser Rede packte Yamchu mit an und so war das Schiff schneller als gedacht startbereit. Allerdings sah Bulma aus als würde sie jeden Moment halbtot ins Bett fallen. Das wollte sie sich nicht eingestehen, nicht mit dieser Sorge um Vegeta im Nacken.

"Du wirst erst noch eine Mütze voll Schlaf nehmen", beharrte Yamchu und Bulmas Mutter stimmte ihm zu. "In diesem Zustand kannst du nicht schnell genug reagieren, wenn es brenzlig wird."

"Ich kann doch im Raumschiff schlafen", wehrte sich Bulma. "Immerhin ist der Sektor ziemlich weit entfernt."

"Aber", mischte sich nun auch ihr Vater schweren Herzens ein, "es kann leider auch sein, dass Safranos Plan ein Erfolg war."

"Aber ... aber du hast doch gesagt...!?", platzte Bulma verstört heraus.

"Ich habe sicherheitshalber eine Simulation laufen lassen", erklärte Prof. Briefs und rieb sich die schmutzigen Hände mit einem öligen Tuch sauber. "Wenn Vegetas Raumschiff zu nahe an die Sonne gekommen ist, ehe er selbst etwas gemerkt und unternommen hat, hätte die Gravitation des Sterns ausreichen müssen, um ihn trotz Notschaltung ins Verderben zu reißen."

"Nein!" Bulma stampfte auf den Boden. "Nein", wiederholte sie leiser, aber mit stählerner Überzeugung. "Er kann mir das nicht antun und mich ohne ein Wort allein lassen..." "Das hat er auch nicht. Deine Mutter erwähnte etwas von einem Brief, oder?"

Der Brief! Bulma hatte ihn vor lauter Arbeit und Ärger über Safrano vollkommen vergessen. Eilends seifte sie sich die Hände ein, schrubbte bis der Schmutz verschwunden war und rannte in ihr Zimmer. Die kleinen weißen Fetzen waren noch immer überall verstreut. Bulma schob ihre Müdigkeit beiseite und kroch auf allen Vieren durch das Zimmer bis sie alle Fetzen beisammen hatte. Der Rest war harte Puzzelarbeit. Sie breitete alle Teile auf ihrem Schreibtisch aus und begann mit dem Zusammensetzen. Als sie ungefähr den halben Brief geschafft hatte, übermannte sie die Müdigkeit und sie schlief im Sitzen ein. Sie spürte nicht mehr, wie ihr Vater sie vom Sessel hob und ins Bett legte und sie merkte auch nicht, wie ihre Mutter die Decken über sie breitete. Zuviel war an diesem Tag und die letzten Wochen über auf sie eingestürmt. Ihr Körper, ihr Geist und ihre Seele waren erschöpft und sie versank in einem wirren Traum, in dem der lilahaarige Junge aus der Zukunft Vegeta herausforderte. Sie selbst hielt ein Baby im Arm, das so aussah wie Gohan als Säugling ausgesehen hatte und das dauernd nach Milch schrie. Bulma versuchte die beiden Kämpfer davon zu überzeugen, dass es wichtiger sei, Milch für das Baby zu holen, als sich zu prügeln, doch beide wurden zu Super Saiyans und keiner wollte auf sie hören. Das Baby schrie immer lauter, beide Kämpfer schienen bereit bis zum Äußersten zu gehen und bereitete einen gewaltigen Angriff vor.

Bulma wusste, dass dieser Angriff das Ende der Welt bedeuten würde und flehte sie an, endlich aufzuhören, vergeblich. Da plötzlich sprang das Baby von ihrem Arm und wuchs rasend schnell zu Gohan heran. "Keine Angst Tante Bulma, die beiden sind immer noch schwächer als Papa. Ich werde sie aufhalten." Lachend wurde auch Gohan zum Super Saiyan und sprang zwischen die beiden Kämpfer. Auf einmal standen diese nicht mehr zwanzig Meter sondern nur noch auf Armeslänge von einander entfernt. Gohan nahm lachend die Vegetas Hand und legte sie in die des Jungen. "In der Familie wird nicht gestritten", lachte er und trat zurück, wo auf einmal Chichi und Gokou aufgetaucht waren. "Ihr mögt euch doch, oder?", fragte Gokou die beiden. Vegeta wollte seine Hand aus der des lilahaarigen Jungen reißen, doch dieser hielt sie eisern fest, sah ihn nur sehr lange und traurig an und löste sich dann auf. Mit einem Mal versuchte Vegeta das Gegenteil, wollte ihn festhalten, doch da war keine Substanz mehr. Bulma hörte sich selber schluchzen und ... dann wachte sie plötzlich auf. Draußen vor dem geöffneten Fenster schmetterte ein Vogel sein Liebeslied. Die Sonne malte goldene Kringel auf den samtblauen Teppich. Bulma rieb sich die Augen und griff nach dem Wecker. Beinahe elf Uhr.

"Waaas?! Mehr als 12 Stunden?" Sie schlug die Bettdecke zurück und stand auf. Sie trug immer noch den schmutzigen Overall, mit dem sie am Schiff gearbeitet hatte. Wie war sie überhaupt ins Bett gekommen? Da fiel ihr Blick auf den Schreibtisch. Noch immer war die Hälfte des Briefs nicht lesbar. Sie seufzte und trat an den Schreibtisch heran, um die zusammengesetzten Zeilen zu lesen, wie sie es gestern wiederholt getan hatte:

"Bulma, Ich kann nicht länger zusehen, wie du diesem Trottel folgst als wärst du sein Schoßhündchen. Es macht mich krank und wütend und am liebsten würde ich ihm seine widerwärtige Fresse zu Brei schlagen. Immer wieder habe ich versucht dir zu helfen, aber jetzt habe ich die Schnauze endgültig voll davon, wie ihr beide mich behandelt."

Bulma strich einen der größeren Fetzen liebevoll glatt. Das war eindeutig Vegetas Handschrift, nicht nur die Ausdrucksweise sondern auch die kraftvolle Linienführung bei jedem einzelnen Zeichen. Daneben lag immer noch ein Häufchen von Papierstücken, die sie noch zusammensetzen sollte. Aber war das überhaupt so wichtig? Er sollte jetzt vor ihr stehen und ihr diese Worte, ob sie bitter waren oder liebevoll ins Gesicht sagen. Sie wollte seine Stimme hören, in seine Augen blicken und ihn festhalten.

Sie würde keine Minute mehr auf diesen Brief verschwenden, es sei denn ... mit ein paar Schritten war sie auf dem Flur.

"Bist du endlich aufgewacht?", fragte ihre Mutter aus der Küche. "Ich richte dir ein Frühstück. Das Raumschiff ist fertig beladen auch mit Wasser und Vorräten."

"Danke, Mama, ich komme gleich!" Bulma eilte zu Vegetas Zimmer. Es war so ordentlich wie immer, aber es roch ein bisschen nach verbranntem Papier. Sie beugte sich über den Abfalleimer unter dem Schreibtisch und staunte nicht schlecht, als sie die dicke Aschenschicht darin sah. Der weiße Block lag noch immer auf der Tischplatte, allerdings war er nur mehr wenige Blätter dick.

"Vegeta muss bestimmt über dreißig Entwürfe geschrieben haben", überlegte sie und ein warmes Gefühl keimte in ihr hoch. Sie nahm etwas von der Asche und rieb sie über das oberste Blatt. Wie erwartet wurden die Abdrücke darin sichtbar und zwar recht gut, was bei Vegetas Kraft kein Wunder war. Jetzt endlich konnte sie den Rest auch lesen:

"Werde du endlich wieder du selbst, die biestige, ewig meckernde, jeden herum kommandierende Zicke, mit der es sich so wunderbar streiten lässt. Du bist mein Licht und nicht das Flämmchen dieses Idioten. Fang endlich wieder an zu leuchten, verdammt noch mal!"

Bulma fühlte wie die Tränen erneut in ihre Augen stiegen. Wie konnte er ihr das antun, einen so wunderbaren Brief zu schreiben und dann einfach irgendwo da draußen allein zu sterben. Entschlossen wischte sie sich die Tränen vom Gesicht. Noch war nicht alles verloren, sie musste an ihn glauben, an seinen Überlebensinstinkt und seine Kraft. Irgendwie hatte er es bestimmt geschafft und war der Feuer des Sterns entkommen.

Sie würde ihn finden.

Eine gute Stunde später umarmte sie ihre Eltern ein letztes Mal und winkte auch Yamchu zu, der gekommen war, um ihr Glück zu wünschen.

Das Raumschiff startete problemlos. Bulma hatte den Kurs bereits gesetzt zu jenem Stern, der nach Safranos Willen Vegetas Grab geworden war.

Ihr Vater hatte gute Arbeit geleistet, den Antrieb verbessert und so dauerte es nur sieben Stunden bis sie nahe genug an diese Sonne heran gekommen war, um nach Spuren von Vegetas Raumschiff zu suchen.

"Wenn es in die Sonne gezogen wurde und dort explodiert ist, gibt es in der Korona eine Reststrahlung, vom Gravitationskonverter. Egal wie groß der Stern ist, diese Werte stechen aus seinem Diagramm heraus, du musst nur sorgfältig suchen."

Das tat sie auch. Eine, zwei, drei Stunden lang kontrollierte sie die Messinstrumente. Wenn es passiert war, dann war es auf dieser Seite und in diesem Sektor, das hatte sie bereits an Hand der Anflugwerte, der Rotation des Sterns und seiner Gravitation errechnet. Sie wollte ganz sicher sein, denn nichts war grausamer als eine aufblühende Hoffnung, die das Schicksal zertritt. Endlich wagte sie, aufzuatmen. Keine Spur der besonderen Strahlung, alle Werte im grünen Bereich. Vegeta war nicht in dieser Sonne gestorben.

Bulma funkte die gute Nachricht zur Erde und gab den Kurs zu den vier Planeten ein, auf denen Vegeta möglicherweise gelandet war.

Die erste Welt war ein Gasplanet, fast so tödlich wie die Sonne zuvor und nur etwa ein zehntel so groß. Nein, hier war auch keine Reststrahlung einer Explosion, also weiter.

Die zweite Welt war knapp Erdgroß und hatte sogar eine atembare Atmosphäre. Hier wäre ein guter Platz für sein Training. Offenbar war diese Welt ziemlich alt und hatte früher eine hohe Zivilisation hervorgebracht. Trümmer von Satteliten kreisten nach wie vor auf ihren Umlaufbahnen. Bulma berechnete mögliche Landeplätze und ... und da war es! Ganz sicher war das ein Signal von Vegetas Raumschiff. Es war nur schwach aber eindeutig.

Bulma steuerte sofort diesen Platz an, ohne sich den Rest des Planeten genau anzusehen. Das war ein Fehler. Kaum hatte sie die Bahn eines alten Satelliten gekreuzt, da schossen von mehreren Seiten Strahlen auf ihr Schiff. Nur dank ihrer schnellen Reaktion konnte sie einen tödlichen Treffer vermeiden, allerdings streiften zwei der Strahlen den Antrieb und das Schiff raste in die Tiefe. "Ich werde nicht sterben", quetschte Bulma zwischen den Zähnen hervor und ihre Finger flogen über die Tasten, um den Notantrieb zu aktivieren. "Nicht jetzt, wo ich ihm so nahe bin." Die Außenhaut des Schiffes heizte sich in der Lufthülle auf und wurde kirschrot. Die Luft im Raumschiff war zum Schneiden dick und brannte bei jedem Atemzug in ihren Lungen. Endlich reagierte der Notantrieb und Bulma konnte den Absturz stoppen. Sie war noch immer so etwa auf Kurs und landete ein paar nervenaufreibende Minuten später auf dem Plateau wo auch Vegetas Raumschiff sein musste. Der Hauptantrieb freilich war hinüber. Na wenn schon, dann würde sie eben mit Vegetas Raumschiff nach Hause kommen, zusammen mit ihm.

Sie brauchte nicht lange um es auf ihrem Monitor inmitten von Ruinen einer alten Stadt auszumachen. Gleich würde sie ihn wiedersehen, seine Stimme hören und ihn halten können. Ihr Herz sang vor Glück.

Aber ... aber was war das? Vegetas Schiff war weit schlimmer beschädigt als ihres. Fast ein drittel der geschwärzten Außenhaut war aufgerissen, der Rest mit Blasen übersäht und teils geschmolzen. Hinter dem Schiff zeugte eine rauchende Schneise der Zerstörung von einer Bauchlandung. Es sah so aus, als würde es jeden Moment explodieren oder einfach auseinander brechen. Mit diesem Schiff hier würde niemand mehr irgendwohin fliegen... und viel schlimmer noch, so einen Absturz konnte niemand heil überstehen, auch er nicht ...

Ende des 11. Teils