Nur ein Lächeln
Teil 12
Bulma stand einige Sekunden wie erstarrt da. Nein, nur das nicht. Dann fiel ihr Blick auf die Anzeige für Lebensformen. Sie blinkte grün. Ihr Herz machte einen Sprung, doch da kam ihr in den Sinn, dass auch ein paar große Säugetiere in den Ruinen an diesen Werten schuld sein konnten. Es half nichts, sie musste sich mit eigenen Augen überzeugen, ob Vegeta in diesem Wrack ums Leben gekommen war.
Sie schlüpfte in die wattierte Jacke, kontrollierte ihre Taschen, ob auch alle nötigen Kleinigkeiten dort waren, wo sie sein sollten und öffnete die Luke. Kühle, trockene Luft strömte ihr entgegen. Sie warf einen Blick auf die Anzeige an ihrem Multifunktionsarmband. Erstaunlich geringe Keimzahl, kurz gesagt, ideale Bedingungen um organisches Material lange zu erhalten. Kurz flackerte der Gedanke auf, dass Vegetas Leiche dann ja wenigstens nicht bis zu Unkenntlichkeit verwest sein würde ... aber den erstickte Bulma rasch wieder.
Als sie aus der Luke trat, sog sie die kühle Luft ein und musste husten. Es war sehr trocken hier draußen. Rasch ging sie nochmals ins Schiff, um eine Wasserflasche zu holen. Bei jedem Schritt stob eine rötliche Wolke hoch, sodass Bulma am Ende einen Schleier vor Mund und Nase binden musste, um nicht fortwährend zu husten. Die Schwerkraft lag über jener der Erde, wenn auch nur um ein drittel Dadurch wurde jeder Schritt ein wenig anstrengender, sodass Bulma bei ihrer Ankunft beim Wrack ganz schön ins Schwitzen gekommen war. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging sie um das Schiff herum und suchte nach den Überresten der Luke. Sie war fest verschlossen und egal wie fest Bulma auch daran zog, sie wollte sich nicht öffnen. Wahrscheinlich hatten der Aufprall und die Hitze die Luke so deformiert, dass man sie höchstens noch sprengen konnte. Seufzend gab Bulma auf und versuchte, durch das Loch ins Innere zu gelangen. Das war ganz schön schwierig wegen der kreuz und quer hängenden Kabel (an ziemlich einigen der abgerissenen Enden funkte es) und der zackigen, scharfen Kantenränder der geborstenen Hülle. Endlich gelang es ihr mit einem Minimum an Kratzern und Aufschürfungen ins Schiffsinnere zu klettern. Es hatte vor allem die unteren Laderäume erwischt, wie sie erleichtert feststellte. Die Vorräte waren natürlich alle verschmort oder zerquetscht, die Wassertanks leck und ausgelaufen.
Wie es wohl weiter oben aussah? Zu ihrem Glück war die Luke offen und die Leiter noch heil, sodass sie nach oben in den Quartierbereich klettern konnte. Auch hier herrschte das pure Chaos. Der Schrank mit den Overalls stand offen, alle Kleidungsstücke waren auf dem Boden verstreut, das Bett sah aus, als hätte jemand mit Gewalt darin gewühlt und Löcher in die Matratze gerissen. In die Küche konnte sie gar nicht, weil die zertrümmerten Möbel ihr den Eingang versperrten. Bulma räumte sie auch nicht zur Seite, denn ein Blick über den Haufen hinweg zeigte ihr, dass Vegeta auch hier nicht zu finden war.
Blieb nur noch der Trainings und Steuerraum. Bulma hatte bislang gezögert, nach Vegeta zu rufen, aus Angst, dass er ihr gar nicht mehr antworten konnte, doch während sie langsam nach oben stieg, fasste sie sich ein Herz und rief laut seinen Namen. Auf der fünftobersten Stufe hielt sie inne und lauschte, doch alles was sie hören konnte war ihr eigener Atem.
Noch immer wollte sie es nicht glauben und nahm die letzten paar Stufen mit eiligen Schritten. Vielleicht war er ja draußen und erkundete die Umgebung? Doch als sie den Fuß auf das Deck setzte und sich Richtung Monitor drehte...
"Nein!!!" Mit drei Schritten war sie dort und fiel auf die Knie. Vor ihr lag der gekrümmte Körper des Saiyan. Ihre Finger zitterten so sehr, dass sie kaum die Stelle mit dem Puls finden konnte. Seine Haut war kühl, aber nicht kalt, und unter ihren Fingerspitzen klopfte es, schwach aber unverwechselbar. Tränen der Erleichterung strömten über Bulmas Wangen, während sie ihr Gesicht zu ihm herabbeugte und einen Kuss auf seine rissigen Lippen hauchte. Rissig? Kein Wunder, dass er so schwach war, ohne seine Wasservorräte war er wahrscheinlich knapp vor dem Verdursten. Eiligst zerrte Bulma ihre Wasserflasche vom Gürtel und träufelte ein paar Tropfen auf seinen Mund. Er reagierte und öffnete die Lippen weiter und leckte die Feuchtigkeit gierig ab. Bulma fasste ihn an den Schultern und zog ihn zu sich, sodass sie seinen Kopf auf ihren Schoß betten konnte. Wieder ein paar Tropfen, ein klleiner Schluck, dann ein größerer ... . Nach ein paar Zügen war die Flasche leer. Bulma stellte sie zur Seite und streichelte seine eingefallenen Wagen. Seine Lider flatterten und endlich, endlich öffnete er die Augen ... und starrte an Bulmas Gesicht vorbei, mit leerem Blick zur Decke als wäre sie gar nicht da. "Ve ... Vegeta...", stammelte Bulma irritiert. "Ich bin es ..." Vegetas drehte den Kopf. "Bulma, bist du es?"
"Wer denn sonst, du Dummkopf?" Die Freude trieb ihr neue Tränen in die Augen. "Ich weiß, ich sehe schrecklich aus, aber ..."
Vegeta hob einen Arm und berührte ihr Gesicht wie sie es noch nie bei ihm erlebt hatte. Vorsichtig, tastend, ja fast so als ob ... Bulma schluckte. Das konnte nicht sein, oder? Sie fasste nach seiner Hand und schmiegte ihre Wange in seine Handfläche. "Ich bin gekommen, dich nach Hause zu holen, Vegeta. Danke deiner Blumen und deinem Brief habe ich wieder zu mir gefunden. Wir haben zu spät bemerkt, dass Safrano am Autopiloten herumgepfuscht hat. Sobald Papas Raumschiff startklar war, habe ich mich auf die Suche nach dir gemacht. Tut mir leid, dass ich nicht früher gekommen bin..."
"Safrano also...", Vegeta seufzte und schloss die Augen. "Hast du ihn zum Teufel gejagt?" "Darauf kannst du wetten", lächelte Bulma. "Den sehen wir nie wieder." "Ich ganz sicher nicht."
Bulmas Herz sank. Also stimmte es. "Wie ... wie ist es passiert? Ich kann keine Verletzungen sehen." "Als ich hier landen wollte, haben die Sonden das Schiff beschossen und den Lagerraum erwischt. Der Antrieb hat auch etwas abbekommen und ich bin gefallen wie ein Stein. Ich weiß nur noch wie der Planet auf mich zuraste, dann wurde alles schwarz und ich spürte einen Schlag. Irgendwie muss im letzten Moment der Notantrieb angesprungen sein, jedenfalls als ich wieder zu mir kam, hatte ich mir nichts gebrochen, alles war heil bis auf eben das eine. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich dahinter kam, dass ich keinen Schluck Wasser mehr hatte. Du hast ja gemerkt, wie trocken die Luft hier ist. Ich habe noch ein paar Früchte gefunden und versucht, sie zu rationieren, aber irgendwann war eben nichts mehr da, ...."
"Und dann hast du wie ein tollwütiger Eber gewütet, wie?", Bulma hatte nicht vor, seinem Selbstmitleid neue Nahrung zu geben. "Ist ja ein Wunder, dass du nicht gleich den ganzen Planeten gesprengt hast."
Ihr trockener Sarkasmus zwang ein trauriges, halbes Lächeln auf Vegetas Lippen. Es schnitt Bulma ins Herz, aber sie gab sich ließ es sich nicht anmerken. Entschlossen stand sie auf und fasste Vegeta an beiden Händen.
"Hoch mit dir. Wir gehen in mein Schiff. Dort ist es feuchter und ich habe noch alles Wasser. Du kannst trinken soviel du willst und vor allem wirst du baden." "Wozu?"
"Weil du wieder mal stinkst wie ein räudiger Dachs mit Fußpilz, deshalb. Außerdem starren deine Haare vor Dreck."
Vegeta ließ sich unwillig von Bulma auf die Füße ziehen. Sobald sie sah, dass er festen Halt hatte, ließ sie seine Hände los. Wie gerne wäre sie ihm um den Hals gefallen, hätte ihn an sich gedrückt und ihm gesagt, was sie fühlte. Aber in seiner jetzigen Verfassung würde er es für Mitleid halten und sie zurückstoßen. Sie hatte nur eine Chance, ihn zur Vernunft zu bringen und die würde sie nützen, auch wenn es ihr dabei das Herz zerriss.
"Na los, komm schon!" Sie ging langsam aber entschlossen voran zur Treppe. Als sie sich umdrehte, sah sie ihn immer noch am selben Fleck stehen. "Was ist, brauchst du eine Extraeinladung?" "Willst du mich nicht führen, wie man es meinesgleichen macht?", seine Stimme troff vor Zynismus und Selbstverachtung.
"Soweit mir bekannt ist, sind Saiyans in deinem Alter nicht sehr gebrechlich oder plagt dich das Rheuma?", konterte Bulma. "Du magst dein Augenlicht verloren haben, aber du bist nicht taub. Also streng dich mal an, um meiner Stimme zu folgen. Außerdem kennst du jede Handbreit in diesem Schiff, also stell dich nicht an, als ob du noch verweichlichter wärst als Safrano!"
Das saß. Sie sah, wie Vegeta zusammenzuckte und drehte ihm den Rücken zu, um langsam, aber unerbittlich die Stufen hinabzusteigen.
Wie konnte sie nur? Vegeta knirschte mit den Zähnen. Als er die Augen geöffnet hatte und wieder nur Dunkelheit sah, jedoch ihre Stimme hörte und ihre sanfte Berührung spürte, hatte sein Herz rascher geschlagen vor Glück. Doch dann war ihm eingefallen in welch Mitleiderregendem Zustand er sich befand und wäre am liebsten im Boden versunken. Er hatte erwartet, dass sie den Verlust seines Augenlichtes mit ihm beweinte, dass sie umsorgte und verhätschelte, ihm jeden Schritt vormachte und jeden Handgriff abnahm. Er hatte erwartet, dass sie ihn als das behandelte, was er geworden war, einen nutzlosen, hilflosen Blinden. Doch sie, sie tat so als sei er noch der alte, als sei er noch zu den Dingen fähig, die er früher mit Leichtigkeit geschafft hatte. Als ob ...
Mit drei Schritten war er an der Treppe. Seine Hand fasste automatisch nach dem Geländer. Unten hörte er, wie Bulma die letzte Stufe hinabstieg, drei Schritte zur Seite ging und ungeduldig mit der Fußspitze auf den Boden klopfte.
"Wir sollten hier nicht Wurzeln schlagen, also trödle nicht so!", rief sie zu ihm hinauf. Vegeta fasste das Geländer fester. Er spürte, wie der Stahl unter seinen Fingern nachzugeben begann. Was glaubte sie mit wem sie sprach?! Er war immerhin der Prinz der Saiyan und nicht ein Lakai! Offenbar musste er ihr mal wieder die Meinung sagen.
Ehe er sich versah, hatte er bereits die Hälfte der Stufen zurückgelegt, es ging viel leichter als beim ersten Mal, wo er auf der Suche nach Wasser voller Panik fast die Stufen hinabgefallen war. Der Rhythmus, die Zahl der Stufen, der Klang seiner Schritte, all das war ihm ja nicht fremd. Als er unten ankam, war Bulma bereits bei der Luke. Vegeta verharrte am unteren Ende der Treppe. Nur zu gut erinnerte er sich an die Verwüstung die er in seiner ersten Verzweiflung hier unten angerichtet hatte. Wie sollte er durch dieses Chaos finden, ohne über etwas zu stolpern und sich vor Bulma zum Narren zu machen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, immer auf die Stelle zuhaltend, wo er Bulma an der Luke hantieren hörte. Seine tastende Fußspitze verfing sich seltsamerweise in keinem Stoff oder stieß gegen ein Stück der zertrümmerten Möbel. Als er den Luftzug spürte der durch die Luke direkt vor ihm hereinströmte, ging er in die Hocke und ertastete die Öffnung. Etwas mehr nach links, ja, hier war die Leiter. Dem metallenen Klang nach kletterte Bulma gerade hinab. Jetzt war sie unten und sprang auf den Boden des Laderaumes.
"Wo bleibst, du Vegeta? Ich brauche deine Hilfe!"
Fast hätte er gelacht. Sie brauchte ihn? Wozu denn? Neugierig geworden kletterte er vorsichtig durch die Luke. Das kühle Metall der Leiter gab ihm Sicherheit. Halt, hier war sie etwas verbogen, er musste aufpassen, damit er nicht daneben trat.
Als auch er den festen Boden des Ladraumes unter seinen Stiefeln spürte, wandte er seinen Kopf suchend in alle Richtungen. "Bulma?"
"Hier!", sagte sie und trat zu ihm. "Der Aufprall hat ein schlimmes Loch in die Wand gerissen und die Außenluke unbrauchbar bemacht. Schaffst du es, diese lästigen Kabel mit einem Energieangriff wegzupusten? ich brauche ein schönes, sauberes Loch mit abgerundeten Rändern und keinen scharfen Kanten irgendwo, ich habe schon genug Kratzer abbekommen."
Da das offenbar der einzige Weg nach draußen war, konzentrierte sich Vegeta, um anhand des Luftstromes die Position des Loches abzuschätzen. Er hob die Arme und richtete die Handflächen gegen das Loch. Bulma trat hinter ihn, um ihm nicht im Weg zu sein. Zwischen ihm und dem Loch waren natürlich noch Überreste der Wassertanks und der Vorräte verstreut, aber davon war ja nichts mehr brauchbar. In rascher Folge schossen goldene Energiekugeln aus seine Händen und fegten alles beiseite, was ihnen im Weg war. Wie von Bulma gewünscht wurde das Loch durch die Energie vergrößert und in der Hitze schmolz das Metall an den scharfkantigen Rändern.
"Danke, das dürfte reichen", sagte sie und Vegeta ließ die Arme sinken. "Jetzt kannst du hinausfliegen, das Loch ist groß genug."
Vegeta zog die Augenbrauen hoch. Wie sollte er das machen, ohne etwas zu sehen? Bulma trat mit dem Gesicht zum Loch dicht vor ihn hin, nahm seine Hände und zog sie nach vorn, sodass sie unter ihrer Brust zu liegen kamen. "Wenn du mich trägst, werde ich dich lotsen. Aber wehe, wenn du mich fallen lässt."
Vegeta schluckte angesichts ihres bedingungslosen Vertrauens schwer. Durch den Stoff ihres Overalls konnte er die Wärme ihrer Haut spüren. Er müsste seine Hände nur ein wenig mehr nach oben gleiten lassen, um ...
"Komm ja nicht auf krumme Gedanken", unterbrach Bulma seine Überlegungen. "Wenn du frech wirst, klebe ich dir eine, egal ob wir dann irgendwo dagegen knallen oder nicht."
"Schon gut, reg dich nicht gleich so auf!", brummte Vegeta, konnte es aber nicht unterlassen, sie fester an sich zu ziehen. Bulma errötete und versuchte wieder etwas abzurücken, aber das ließ er nicht zu. "Wenn du nicht ruhig bist, werde ich dich noch fallen lassen."
Seufzend gab sie es auf. "Also flieg schon los, aber ganz langsam....!"
Vegeta richtete sich nach dem kühlen Wind, der ihm entgegenströmte und flog langsam auf die Stelle zu, von wo der Luftzug kam.
"Etwas höher!"
"Mehr nach links!"
"Nein, nicht so viel, weiter nach rechts!"
"Tiefer und ganz vorsichtig!"
Beiden stand der Schweiß auf der Stirn als sie es endlich geschafft hatten und im Freien waren. "Gut so, du kannst landen und mich runter lassen."
Doch das wollte Vegeta noch nicht. "Wo ist dein Schiff?" fragte er Bulma. "Etwas weiter nördlich. Diese Richtung, ja, genau."
"Ich bringe dich hin." Langsam flog Vegeta mit ihr auf das Schiff zu. Sie dirigierte ihn bis knapp davor und bedauerte es fast, als er sie wieder los ließ. Bulma öffnete die Schleuse und stapfte mit deutlich hörbaren Schritten voran. Vegeta streckte die Hand aus und fasste sie an der Schulter. "Hier kenne ich mich nicht so aus, du musst mich schon ein bisschen führen."
"Wenn's nicht anders geht, aber wehe du trampelst mir auf die Füße!" Mit Vegeta im Schlepptau betrat sie das Raumschiff. Statt einer Luke, gab es hier einen kleinen Lift, der im wesentlichen aus einer Plattform in einer weiten Röhre bestand. Für Vegeta war es einfacher und Bulma zeigte ihm wie er den Lift steuern konnte. Sie fuhren in das Quartier und da dort die Einrichtung gleich geblieben war wie im älteren Model überließ Bulma es Vegeta, ohne ihre Hilfe den Weg in die Küche zu finden, wo sie gierig ein paar Gläser Wasser trank. Nachdem Vegeta zum Tisch gefunden und sich auch ein paar Gläser genehmigt hatte, ließ sie ihm ein heißes Bad ein und drängte so lange bis er sich überreden ließ in die Wanne zu steigen. Vorsorglich stellte sie alles in Griffnähe auf, weigerte sich aber, ihm den Rücken zu schrubben. "Hier ist eine Bürste, die tut es ebenso. Ich muss mich an die Reparatur machen, oder wir sitzen hier noch fest wenn das Wasser längst alle ist."
Damit ließ sie ihn allein. Mit dem Werkzeugkasten in der Hand suchte sie die Stelle, wo die Energiestrahlen den Antrieb getroffen hatten. Das sah alles andere als rosig aus. Seufzend schnappte sie sich den Laserschneider und trennte die defekten Teile sauber ab. Also, für das Ventil hier hatte Ersatz, der Konverter allerdings, den würde sie nicht wieder hinbekommen, es sei denn in Vegetas Schiff war das Gegenstück noch brauchbar. Sie machte sich eine Notiz und kontrollierte die andere Seite. Ein Stück Leitung war verschmort und die halbe Energiezelle unbrauchbar. Wenn das Teil nur nicht so schwer wäre! Ächzend schleppte sie die Energiezelle zur Wartungsluke und ließ sie hinaus auf den staubigen Boden fallen. In Ordnung, Reservezellen hatte sie genügend, aber dahinter war der Schaltkreis für den Energiepuffer nur noch ein Häufchen geschmolzenes Metall. Notfalls könnte sie einen nachbauen, aber ob der dann auch zuverlässig war stand auf einem anderen Blatt. Gut zwei Stunden brauchte sie, um alle Schäden zu erfassen und zu sortieren. Jetzt galt es, herauszufinden, was sie von Vegetas Schiff noch brauchen konnte. Draußen war die Dämmerung angebrochen. Der Himmel hatte sich tiefviolett verfärbt, und der Wind war fast schon frostig. Bulma streckte sich und überlegte, ob sie nicht besser zuerst nach Vegeta sehen sollte.
Da es vom Quartierdeck her auffallend still war, nahm sie den Lift. Als sie die Badezimmertüre öffnete, kam ihr ein Schwall heißen Dampfes entgegen.
"Vegeta?", sie konnte die Hand nicht vor Augen sehen, aber sie spürte, wie sich neben ihr etwas bewegte und ehe sie sich versah, hatte er sie an den Handgelenken gepackt und an sich gezogen. "Nicht doch, ich bin doch ganz schmutzig!", wehrte sie sich halbherzig.
Vegeta schien ihren Protest nicht zu hören. "Warum?", fragte er leise, "warum hast du mich gesucht?"
"Weil ... weil ..", sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, sein warmer Atem streifte ihr Ohr und ihr lief es dabei wohlig über den Rücken. Seine Haut war so warm, offenbar hatte er sich noch nicht wieder angekleidet. Der Gedanke allein ließ ihre Wangen noch stärker glühen.
"Weil was?"
Sollte sie es ihm sagen? Würde er es glauben? Nein, es war noch zu früh. Sobald er wieder sehen konnte, dann würde sie es gestehen.
"Weil ich schuld daran war, was Safrano mit dem Schiff gemacht hat", sagte sie und da es ja die Wahrheit war, klang ihre Stimme vollkommen ehrlich und offen.
Vegeta ließ sie los. "Ach so ..." Er konnte sich nicht erklären, warum er so enttäuscht war. Er hatte ihr im Dampf aufgelauert um sie zu bestrafen, dass sie ihn so links liegen gelassen hatte. Doch kaum hatte er ihr Beben gespürt und ihren rasenden Puls, wünschte er sich nur noch sie halten zu können und noch viel mehr...
"Ich nehme nicht an, dass ich dir beim Anziehen helfen muss, oder?", fragte sie und drückte ihm den Korb mit der frischen Wäsche und dem neuen Overall in die Hand. "Die Stiefel stehen links vor der Türe und jetzt entschuldige mich, ich muss wieder rüber zu deinem Schiff, ein paar Teile ausbauen." Ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen lief sie zum Lift und fuhr wieder hinab. Dieser Vegeta, sie erst so erschrecken und dann .... Sie ballte die Fäuste. Verflucht, warum musste alles immer so kompliziert sein? Auch mit Yamchu war das Leben nicht leicht gewesen und Abenteuer hatte sie genug erlebt, aber im Vergleich zu dem was sie mit Vegeta durchgemacht hatte ...
Grübeln würde sie nicht weiter bringen. Zuerst einmal musste sie zusehen, dass sie beide heil hier wegkamen. Danach konnte sie sich um das nächste Problem kümmern.
In der Dunkelheit, diese Welt besaß keinen Mond, war es trotz Sternenlicht und starker Taschenlampe nicht leicht, den Weg zu finden, ohne über Mauerreste zu stolpern. Bislang hatte Bulma noch kaum Zeit gehabt, sich über den Planeten selbst Gedanken zu machen. Welche Katastrophe war hier passiert, dass die ganze Zivilisation untergegangen war? Oder gab es noch Bewohner und sie waren nur in die fruchtbareren Tiefländer abgewandert?
Beim Schiff angekommen war es dank Vegetas Hilfe nun viel leichter ins Innere zu gelangen. Bulma fand die Überreste des Antriebs und ihr Herz sank. Wenn da auch nur eine Schraube noch brauchbar war, dann hatte sie Glück. Sie fischte die Liste aus der Tasche und beleuchtete sie, um abzulesen, welche Teile sie noch brauchte. Also da war mal diese Schaltung, dann der Konverter und danach ... Nach etwa einer halben Stunde hatte sie mit dem Laserschneider die noch nicht zerstörten Teile des Antriebs in handliche Stücke zerlegt und schüttelte enttäuscht den Kopf. Hier war gar nichts mehr verwendbar. Was sollte sie nur machen? Moment mal, das war Vegetas Raumschiff und so wie Bulma ihren Vater einschätzte, hatte er doch sicher ... Sie brauchte nur ein paar Minuten, um jenen Lagerraum zu finden, wo ihr Vater die Ersatzteile untergebracht hatte. Anders als jener mit den Wasser- und Lebensmittelvorräten war dieser fast gänzlich heil geblieben. Fröhlich vor sich hin summend durchsuchte Bulma alle Kisten und Schränke und häufte die brauchbaren Teile vor sich auf dem Boden auf. Plötzlich hielt sie inne. War da nicht ein Geräusch? Sie hielt den Atem an und lauschte angestrengt. Ja, da war es wieder. Es klang als ob etwas schweres über den Boden schleifte. Was konnte das nur sein? War es Vegeta gelungen, ihr zu folgen und er wollte sie erschrecken? Na dem würde sie ihre Meinung sagen! Bulma packte die Taschenlampe mit ihren Schweißfeuchten Händen fester und riss die Türe des Lageraums auf.
"Was fällt dir ein, Ve...!" Weiter kam sie nicht. Im Lichtkegel der Taschenlampe leuchteten zwei gelbe Augen. Bulmas Herz sackte in die Kniekehlen und sie wich angstvoll zurück. Das Tier fauchte bedrohlich und bleckte die gelblichen Fangzähne. Bulmas Hand zitterte und der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Der zuckende Lichtkegel wanderte über ein rötlich braunes Fell, unter dem kräftige Muskeln spielten. Das katzenähnliche Raubtier war mindestens so groß wie ein Tiger, sichtlich abgemagert und einem nächtlichen Snack von der Erde offenbar nicht abgeneigt. Einzig die Taschenlampe, die ihm in die Augen blendete, schien es zu verwirren. Bulma stieß mit dem Rücken gegen einen der Schränke und langte nach ihrer einzigen Waffe, dem Laserschneider.
"Komm nur und ich werde dir das Fell über die Ohren ziehen", sagte Bulma laut, um sich selbst Mut zu machen. Wo war Vegeta, wenn man ihn mal brauchte? Jetzt erst schrie sie, schrie so laut sie konnte, auch wenn es Irrsinn war, zu glauben, dass Vegeta sie hörte.
Die aufgerichteten Ohren des Raubtiers zuckten. Es duckte sich zum Sprung. Bulmas Schrei brach ab. Sie musste sich selber helfen, irgendwie. Schwer atmend knipste sie ihre Lampe aus und tastete nach dem Tuch, das sie bereitgelegt hatte, um die Ersatzteile einzuwickeln. Darauf hatte das Raubtier nur gewartet und mit ausgefahrenen Krallen schoss es auf Bulma zu. Diese konzentrierte sich ausschließlich auf die gelblich leuchtenden Augen und warf das Tuch im richtigen Moment, sodass es sich am Kopf des Angreifers verfing, dann stach sie mit dem Laserschneider zu.
...
Vegeta saß auf dem Bett und verfluchte seinen Zustand und das ganze Universum. Irgendwie spürte er, dass Bulma in Gefahr war. Dieses Plateau mochte verlassen und tot aussehen, aber sein Instinkt warnte ihn, die natürlichen Gefahren einer fremden Welt zu unterschätzen. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und ertastete sich seinen Weg zum Lift, um zur Ausstiegsluke hinab zu fahren. Der kalte Nachtwind verriet ihm, dass die Luke noch immer offen war. Vorsichtig tapste er hinaus und sog tief die Luft ein. Der sonst so sterile Geruch war durchsetzt mit einem scharfen Beigeschmack, den Vegeta nur zu gut kannte. Raubtiere. Nicht nur eines, nein, ein ganzes Rudel von ihnen musste in unmittelbarer Nähe sein. Vegeta tastete die Außenhaut des Raumschiffes ab bis er den Schalter fand, drückte und hinter ihm schloss sich die Luke. Einen Schritt noch einen ... langsam, ganz langsam entfernte er sich vom Raumschiff.
Er drehte den Kopf nach links, nach rechts. Krallen schleiften über Mauerreste. Ein bedrohliches Fauchen. Noch eines. Wenn er doch nur genauer wüsste wie viele es waren und wo jedes sich befand!
Da! War das nicht ein Schrei. Vegetas Kopf ruckte herum. Sein Raumschiff musste in dieser Richtung liegen. Siedend heiß fiel ihm ein, dass das Loch an der Außenwand groß genug sein musste, dass die Tiere auch in das Innere gelangen konnten. Seine Hilflosigkeit verfluchtend machte er einen hastigen Schritt, noch einen, seine Schuhspitze verfing sich an einem Stein und er stürzte. Etwas Schweres prallte auf seinen Rücken und er warf sich blitzschnell herum. Seine ausgestreckten Hände bekamen struppiges Fell zu fassen. Ein Ruck und das verdutzt japsende Tier wurde durch die Luft geschleudert, dass es ein Dutzend Meter weiter auf dem Boden aufschlug und jämmerlich winselnd davon kroch. Bulma! Der Schrei war plötzlich abgebrochen. Hatten die Tiere sie überwältigt? Sie getötet. Eisige Wut kroch in Vegeta hoch und statt der lichtlosen Dunkelheit vor seinen Augen waren da plötzlich schwache, rote Felder, die sich bewegten. Bei allen Göttern, er hatte sein Auragespür zurück! Auch wenn die Ausstrahlung der Bestien schwach war, ihr Hunger, ihr Jagdinstinkt und ihre Mordlust reichten aus, um sie für sein neu erwachtes Gespür sichtbar zu machen. Auf allen vieren kriechend, den Boden vor sich abtastend kämpfte sich Vegeta Schritt für Schritt auf das Schiff zu. Eigentlich hätte er auch Bulmas Aura spüren müssen, aber das einzige, was er spürte, waren die Felder einiger Raubtiere, die sich um einen Punkt geschart hatten, der nur das von ihm gesprengte Loch in der Wand des Raumschiffes sein konnte. Aus dem Inneren des Schiffes drang nichts, kein Laut und auch keine Aura. Vegeta wollte nicht über die Bedeutung dieser Leere nachdenken, er sprang auf die Füße und konzentrierte seine Kräfte.
"Ich habt euch wohl gedacht, ich sei hilflose Beute wie?", knirschte er und goldene Energie sammelte sich auf seinen Handflächen. "Falsch gedacht." Die Energie formte sich zu Tennisball großen, flackernden Kugeln. "Nehmt das!"
Punktgenau schoss er die Energiekugeln auf die schwachen Auren ab. Steine und Erde spritzen hoch, überraschtes Fauchen, der Geruch nach verbrannten Haaren, schmerzvolles Wimmern und dann das dumpfe Geräusch fallender Körper. Einige der Auren erloschen, anderen waberten deutlich geschwächt und entfernten sich schleppend. Er hatte sie in die Flucht geschlagen. Früher wäre ihm so ein Sieg keinen zweiten Gedanken wert gewesen, aber in seiner momentanen Situation bedeutete er den Unterschied zwischen Aufgabe und Kampf. Er war weit davon entfernt, sich aufzugeben, er musste kämpfen, um jeden Schritt ringen und sei er noch so klein.
"Ich gebe mich nicht geschlagen Kakerott!", sagte er laut. "Solange ich atmen kann, gebe ich nicht auf, hörst du!"
Bulma. Sie hatte ihn aus seiner Lethargie und Hoffnungslosigkeit gerissen, hatte ihm gezeigt, dass er sich sehr wohl selber helfen konnte. Er musste ihr sagen, dass er verstanden hatte, dass sie aufhören konnte, ihm die kalte Schulter zu zeigen. Dieses Mal würde er sie nicht wieder aus seinen Armen lassen, würde sie festhalten bis er endlich wusste, woran er war.
*Und was machst du, wenn sie tot ist?*, fragte der harte, realistische Teil von ihm. *Wenn diese Bestien sie zerrissen haben, weil du dich feige im Selbstmitleid gewälzt hast, statt ihr beizustehen?* Vegeta ließ die Arme sinken. Nein, sie war nicht tot. Sie durfte ganz einfach nicht tot sein. Auf allen vieren zu Kriechen war zu langsam, er musste fliegen. Die Arme nach vor gestreckt, alle Sinne geschärft schwebte er ein Stück hoch. Gerade so viel, dass er sich noch im Windschatten von Bulmas Schiff wähnte. Langsam, Schritt um Schritt schwebte er in die Richtung, in die sein Schiff liegen musste. Wenn er sich nicht irrte, hieß das.
Eine Minute, noch eine und eine dritte. Hätte er nicht schon längst dort sein müssen? Vegeta sank langsam zu Boden und tastete den Untergrund ab. Hier war die Erde aufgerissen, ein Teil geschmolzen. Er konnte sich nur eine Ursache denken und zwar die Hitze, die bei der Bauchlandung seines Schiffes entstanden war. Wenn er dieser Spur folgte, würde er zwangsläufig beim Schiff ankommen. Erleichtert griff er nach rechts und links und sammelte kleine Steine auf.
Die Rillen führten in diese Richtung. Vegeta warf eines der Steinchen. Pong! Stein auf Metall, kein Zweifel. Der Lautstärke nach hatte er es nicht mehr allzu weit. Er tastete sich vorwärts, Schritt für Schritt. Immer wieder warf er einen kleinen Stein, bis der letzte zu ihm zurückgespickt kam und ihn an der Stirn traf. Dann endlich bekamen seine Hände Metall zu fassen. Das Loch war nicht schwer zu finden und mit einiger Mühe klettert er hinein. Das erste, das er spürte, als er seine Umgebung erfühlte, war der Kadaver eines der Tiere. Der Körper war noch warm, das Fell rund um die Schnauze mit Blut verklebt und aus einer klaffenden Wunde am Bauch hingen die Gedärme heraus. Er konnte sich nicht erinnern, dass er einen Energiestrahl ins Innere des Schiffes geschossen hatte, außerdem hätte dieser niemals eine solche Verletzung hervorgerufen. Vegeta wischte sich die klebrigen Hände am Overall ab und schob den Kadaver mit dem Fuß zur Seite. Wenn er diesen Räuber nicht getötet hatte, konnte es nur Bulma gewesen sein. Heißer Stolz fülle sein Herz. Bulma hatte sich selbst geholfen, sie war so viel zäher und stärker als sie aussah. Aber ... da war das Blut um die Schnauze des Tieres, das nichts Gutes verhieß.
Vegeta rief laut Bulmas Namen. Keine Antwort.
Auf den Knien ertastete er die Blutspur, die das sterbende Tier hinterlassen hatte Wenn er ihr folge, würde er hoffentlich bald Gewissheit haben.
Gute fünf Minuten später stieß er die Türe zum Lagerraum weiter auf. "Bulma! Bist du hier drin? Antworte doch, verdammt noch mal!"
Noch immer nichts. Wiederum sank er auf die Knie nieder und fand den klebrigen Tropfen auf der Schwelle. Keine Frage, das Tier war von da gekommen. Vegeta schluckte. Sein Herz klopfte so heftig, dass es schmerzte. Die Angst, was er wohl da drin vorfinden würde, drückte ihm die Kehle zu, sodass ihm fast schlecht wurde. Er wollte es wissen, er musste es wissen. Langsam, um das Unvermeidliche hinauszuzögern, die schwache Flamme seiner Hoffnung nicht erlöschen zu lassen, kroch er in den Lagerraum. Die Fetzen eines Tuches mit Blut verklebt ,ein wahres Labyrinth aus Truhen, Kisten und Schachteln, ein loser Haufen Metallteile und dahinter, seine Finger berührten eine Strähne seidigen Haares, das auf dem Boden ausgebreitet war.
"Bulma!" Seine bebenden Hände ertasteten einen schlaffen Arm, fuhren hinab zum Handgelenk und suchten ihren Puls. Da war keiner. "Nein!", brach es gequält aus ihm hervor und er zog sie zu sich. Klebriges Blut auf dem Overall über ihrer Brust. Er befühlte ihren Hals, wo war der Puls? Endlich ... da war es, ein schwaches Klopfen unter seinen Fingerspitzen. Sie lebte! Noch nie hatte er sich dermaßen erleichtert gefühlt. Vorsichtig drückte er sie an sich. Ein Saiyan heult nicht und schon gar nicht ein Prinz, doch die Tränen ließen sich nicht zurückhalten. Zuviel war geschehen, zuviel hatte er zurückgedrängt. Seine Todesangst beim Absturz, seine Verzweiflung als er blind erwachte, seine Furcht um Bulma und jetzt, da der Fels von seinem Herzen gerollt war, wollten sie gar nicht aufhören zu fließen.
"Du sture Närrin!", flüsterte er und suchte ihre Lippen. "Wie hast du mich derart erschrecken können!" Sein Kuss war zärtlich, behutsam und fragend.
Eine schlanke Hand fasste nach seinem Hinterkopf und ihre Lippen teilten sich. Hitze durchströmte ihn, als Bulma seinen Kuss glutvoll erwiderte. Nach einigen endlosen Augenblicken lösten sie sich heftig atmend von einander.
"Du bist gekommen." Ihre Stimme war schwach und die Hand die über seine Wange strich bebte. "Obwohl du nichts sehen kannst, hast du hierher gefunden!" Das Staunen und die Bewunderung wärmte ihn. "Du bist einfach unglaublich, Vegeta."
"Ich bin eben ein Prinz der Saiyan. Man sollte mich nie unterschätzen."
Sie lachte leise. "Das werde ich mir merken."
"Du hast dich nicht übel geschlagen", sagte er. "Bist du verletzt?"
Sie richtete sich auf und befreite sich aus seinen Armen. "Nein, mir geht es gut."
"Dann ist das ganze Blut wohl von diesem Biest, das ich vor dem Loch gefunden habe." "So weit ist es noch gekommen?" Bulma schauderte bei der Erinnerung daran, wie sie mehr durch Glück als durch Absicht den Bauch der Kreatur aufgeschlitzt hatte. An das Geflühl des warmen, stinkenden Blutes, das auf sie gespritzt war, wollte sie gar nicht mehr denken. Auch nicht daran, wie sie nach überstandenem Schrecken kläglich in Ohnmacht gefallen war. Wenn noch mehr von den Biestern da gewesen wären...
"Wir sollten zurück, ehe noch mehr davon auftauchen", seufzte sie und machte sich auf die Suche nach einem neuen Tuch, um die Ersatzteile hinüber zu tragen.
"Wenn ich mich ran halte, schaffe ich die Reparatur bis morgen."
Vegeta stand auf und wandte sich ihrer Aura zu. "Keine Eile. Nach diesem Schreck solltest du dir eine Pause gönnen und drüber schlafen."
Enschlossen breitete Bulma das neue Tuch neben den Ersatzteilen aus und häufte sie darauf. "Ich möchte eigentlich so rasch als möglich von hier weg." Geschickt band sie die Zipfel des Tuches zu einem großen Knoten und schulterte das Bündel.
"Warum denn?", fragte Vegeta. "Ich habe es absolut nicht eilig Kakerott gegenüber zu treten und sein Mitleid über mich ergehen zu lassen."
Etwas plumpste zu Boden, zwei schnelle Schritte und patsch! hatte ihm Bulma schon wieder eine Ohrfeige verpasst.
"Du Idiot!", flüsterte sie mit einer Heftigkeit, die ihn überraschte. "Wir haben keine Bohnen mehr, vergessen? Wenn du nicht warten willst bis Meister Quitte neue erntet, müssen wir heim und die Dragonballs suchen, damit der Drache dir dein Augenlicht wieder gibt. Hör auf dich, wie ein Baby zu benehmen!"
Vegeta fasste nach ihren Schultern und zog sie an sich. Ihre Schultern bebten und all die aufgestaute Erregung brach aus ihr hervor. Sein Overall wurde nass von ihren Tränen.
Er war nie sonderlich talentiert gewesen, wenn es um Gefühle ging. Am besten konnte er noch mit Wut umgehen, aber das war auch schon alles. Ihr Ausbruch überraschte ihn und machte ihn hilflos. Ungeschickt legte er die Arme um sie und hielt sie eine Weile ohne sich zu rühren bis ihr Schluchzen verstummte. Dann schob er sie sanft von sich weg.
"Lass schon gut ein", sagte er rauh. "Ich habe verstanden. Trotzdem solltest du dich nicht übernehmen, oder?"
"Okay!", quetschte sie hervor und zog die Nase hoch. "Du hast ja recht. Ich werde morgen weiter machen."
"Wir könnten hier übernachten", schlug er vor.
"Nicht ohne Wasser", sagte sie entschieden. "Ich muss dieses ekelhafte Blut von mir abwaschen und du auch."
Es war ein schwieriger Weg zurück. Beide waren sie ziemliche erschöpft, als sie bei Bulmas Schiff ankamen. Sie drängte Vegeta, sich als erster zu waschen, damit sie sich nachher umso länger einweichen konnte.
Als sie eine Stunde später aus dem Bad kam, lag Vegeta schon im Bett und schien tief und fest zu schlafen. Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie ja nicht für eine zweite Schlafgelegenheit gesorgt hatte. Nun, es würde schon nichts passieren. Sie legte sich auf die andere Seite des Bettes, zog die Decke bis über die Ohren und schloss die Augen. Die Aufregung des Tages forderte ihren Tribut und sie glitt hinüber in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Vegeta hörte ihre regelmäßigen Atemzüge und drehte ihr seufzend den Rücken zu. Der Mandelduft ihrer frisch gewaschenen Haare, der Geruch nach Honig und Vanille ihrer Haut war sehr verlockend. Doch solange er sich nicht sicher sein konnte, dass sie sich hauptsächlich vom Mitleid leiten ließ, würde er sich eisern zurückhalten. Er brauchte keine Geschenke, auch von ihr nicht. Außerdem war er todmüde...
......
Nur der Bordcomputer registrierte eine außergewöhnliche Aktivität tief unter den Ruinen. Eine längst vergessene Macht rief Daten der Satelliten ab und entschied, dass es Zeit war, einen uralten Plan in die Tat umzusetzen...
Ende des 12. Teils
Teil 12
Bulma stand einige Sekunden wie erstarrt da. Nein, nur das nicht. Dann fiel ihr Blick auf die Anzeige für Lebensformen. Sie blinkte grün. Ihr Herz machte einen Sprung, doch da kam ihr in den Sinn, dass auch ein paar große Säugetiere in den Ruinen an diesen Werten schuld sein konnten. Es half nichts, sie musste sich mit eigenen Augen überzeugen, ob Vegeta in diesem Wrack ums Leben gekommen war.
Sie schlüpfte in die wattierte Jacke, kontrollierte ihre Taschen, ob auch alle nötigen Kleinigkeiten dort waren, wo sie sein sollten und öffnete die Luke. Kühle, trockene Luft strömte ihr entgegen. Sie warf einen Blick auf die Anzeige an ihrem Multifunktionsarmband. Erstaunlich geringe Keimzahl, kurz gesagt, ideale Bedingungen um organisches Material lange zu erhalten. Kurz flackerte der Gedanke auf, dass Vegetas Leiche dann ja wenigstens nicht bis zu Unkenntlichkeit verwest sein würde ... aber den erstickte Bulma rasch wieder.
Als sie aus der Luke trat, sog sie die kühle Luft ein und musste husten. Es war sehr trocken hier draußen. Rasch ging sie nochmals ins Schiff, um eine Wasserflasche zu holen. Bei jedem Schritt stob eine rötliche Wolke hoch, sodass Bulma am Ende einen Schleier vor Mund und Nase binden musste, um nicht fortwährend zu husten. Die Schwerkraft lag über jener der Erde, wenn auch nur um ein drittel Dadurch wurde jeder Schritt ein wenig anstrengender, sodass Bulma bei ihrer Ankunft beim Wrack ganz schön ins Schwitzen gekommen war. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging sie um das Schiff herum und suchte nach den Überresten der Luke. Sie war fest verschlossen und egal wie fest Bulma auch daran zog, sie wollte sich nicht öffnen. Wahrscheinlich hatten der Aufprall und die Hitze die Luke so deformiert, dass man sie höchstens noch sprengen konnte. Seufzend gab Bulma auf und versuchte, durch das Loch ins Innere zu gelangen. Das war ganz schön schwierig wegen der kreuz und quer hängenden Kabel (an ziemlich einigen der abgerissenen Enden funkte es) und der zackigen, scharfen Kantenränder der geborstenen Hülle. Endlich gelang es ihr mit einem Minimum an Kratzern und Aufschürfungen ins Schiffsinnere zu klettern. Es hatte vor allem die unteren Laderäume erwischt, wie sie erleichtert feststellte. Die Vorräte waren natürlich alle verschmort oder zerquetscht, die Wassertanks leck und ausgelaufen.
Wie es wohl weiter oben aussah? Zu ihrem Glück war die Luke offen und die Leiter noch heil, sodass sie nach oben in den Quartierbereich klettern konnte. Auch hier herrschte das pure Chaos. Der Schrank mit den Overalls stand offen, alle Kleidungsstücke waren auf dem Boden verstreut, das Bett sah aus, als hätte jemand mit Gewalt darin gewühlt und Löcher in die Matratze gerissen. In die Küche konnte sie gar nicht, weil die zertrümmerten Möbel ihr den Eingang versperrten. Bulma räumte sie auch nicht zur Seite, denn ein Blick über den Haufen hinweg zeigte ihr, dass Vegeta auch hier nicht zu finden war.
Blieb nur noch der Trainings und Steuerraum. Bulma hatte bislang gezögert, nach Vegeta zu rufen, aus Angst, dass er ihr gar nicht mehr antworten konnte, doch während sie langsam nach oben stieg, fasste sie sich ein Herz und rief laut seinen Namen. Auf der fünftobersten Stufe hielt sie inne und lauschte, doch alles was sie hören konnte war ihr eigener Atem.
Noch immer wollte sie es nicht glauben und nahm die letzten paar Stufen mit eiligen Schritten. Vielleicht war er ja draußen und erkundete die Umgebung? Doch als sie den Fuß auf das Deck setzte und sich Richtung Monitor drehte...
"Nein!!!" Mit drei Schritten war sie dort und fiel auf die Knie. Vor ihr lag der gekrümmte Körper des Saiyan. Ihre Finger zitterten so sehr, dass sie kaum die Stelle mit dem Puls finden konnte. Seine Haut war kühl, aber nicht kalt, und unter ihren Fingerspitzen klopfte es, schwach aber unverwechselbar. Tränen der Erleichterung strömten über Bulmas Wangen, während sie ihr Gesicht zu ihm herabbeugte und einen Kuss auf seine rissigen Lippen hauchte. Rissig? Kein Wunder, dass er so schwach war, ohne seine Wasservorräte war er wahrscheinlich knapp vor dem Verdursten. Eiligst zerrte Bulma ihre Wasserflasche vom Gürtel und träufelte ein paar Tropfen auf seinen Mund. Er reagierte und öffnete die Lippen weiter und leckte die Feuchtigkeit gierig ab. Bulma fasste ihn an den Schultern und zog ihn zu sich, sodass sie seinen Kopf auf ihren Schoß betten konnte. Wieder ein paar Tropfen, ein klleiner Schluck, dann ein größerer ... . Nach ein paar Zügen war die Flasche leer. Bulma stellte sie zur Seite und streichelte seine eingefallenen Wagen. Seine Lider flatterten und endlich, endlich öffnete er die Augen ... und starrte an Bulmas Gesicht vorbei, mit leerem Blick zur Decke als wäre sie gar nicht da. "Ve ... Vegeta...", stammelte Bulma irritiert. "Ich bin es ..." Vegetas drehte den Kopf. "Bulma, bist du es?"
"Wer denn sonst, du Dummkopf?" Die Freude trieb ihr neue Tränen in die Augen. "Ich weiß, ich sehe schrecklich aus, aber ..."
Vegeta hob einen Arm und berührte ihr Gesicht wie sie es noch nie bei ihm erlebt hatte. Vorsichtig, tastend, ja fast so als ob ... Bulma schluckte. Das konnte nicht sein, oder? Sie fasste nach seiner Hand und schmiegte ihre Wange in seine Handfläche. "Ich bin gekommen, dich nach Hause zu holen, Vegeta. Danke deiner Blumen und deinem Brief habe ich wieder zu mir gefunden. Wir haben zu spät bemerkt, dass Safrano am Autopiloten herumgepfuscht hat. Sobald Papas Raumschiff startklar war, habe ich mich auf die Suche nach dir gemacht. Tut mir leid, dass ich nicht früher gekommen bin..."
"Safrano also...", Vegeta seufzte und schloss die Augen. "Hast du ihn zum Teufel gejagt?" "Darauf kannst du wetten", lächelte Bulma. "Den sehen wir nie wieder." "Ich ganz sicher nicht."
Bulmas Herz sank. Also stimmte es. "Wie ... wie ist es passiert? Ich kann keine Verletzungen sehen." "Als ich hier landen wollte, haben die Sonden das Schiff beschossen und den Lagerraum erwischt. Der Antrieb hat auch etwas abbekommen und ich bin gefallen wie ein Stein. Ich weiß nur noch wie der Planet auf mich zuraste, dann wurde alles schwarz und ich spürte einen Schlag. Irgendwie muss im letzten Moment der Notantrieb angesprungen sein, jedenfalls als ich wieder zu mir kam, hatte ich mir nichts gebrochen, alles war heil bis auf eben das eine. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich dahinter kam, dass ich keinen Schluck Wasser mehr hatte. Du hast ja gemerkt, wie trocken die Luft hier ist. Ich habe noch ein paar Früchte gefunden und versucht, sie zu rationieren, aber irgendwann war eben nichts mehr da, ...."
"Und dann hast du wie ein tollwütiger Eber gewütet, wie?", Bulma hatte nicht vor, seinem Selbstmitleid neue Nahrung zu geben. "Ist ja ein Wunder, dass du nicht gleich den ganzen Planeten gesprengt hast."
Ihr trockener Sarkasmus zwang ein trauriges, halbes Lächeln auf Vegetas Lippen. Es schnitt Bulma ins Herz, aber sie gab sich ließ es sich nicht anmerken. Entschlossen stand sie auf und fasste Vegeta an beiden Händen.
"Hoch mit dir. Wir gehen in mein Schiff. Dort ist es feuchter und ich habe noch alles Wasser. Du kannst trinken soviel du willst und vor allem wirst du baden." "Wozu?"
"Weil du wieder mal stinkst wie ein räudiger Dachs mit Fußpilz, deshalb. Außerdem starren deine Haare vor Dreck."
Vegeta ließ sich unwillig von Bulma auf die Füße ziehen. Sobald sie sah, dass er festen Halt hatte, ließ sie seine Hände los. Wie gerne wäre sie ihm um den Hals gefallen, hätte ihn an sich gedrückt und ihm gesagt, was sie fühlte. Aber in seiner jetzigen Verfassung würde er es für Mitleid halten und sie zurückstoßen. Sie hatte nur eine Chance, ihn zur Vernunft zu bringen und die würde sie nützen, auch wenn es ihr dabei das Herz zerriss.
"Na los, komm schon!" Sie ging langsam aber entschlossen voran zur Treppe. Als sie sich umdrehte, sah sie ihn immer noch am selben Fleck stehen. "Was ist, brauchst du eine Extraeinladung?" "Willst du mich nicht führen, wie man es meinesgleichen macht?", seine Stimme troff vor Zynismus und Selbstverachtung.
"Soweit mir bekannt ist, sind Saiyans in deinem Alter nicht sehr gebrechlich oder plagt dich das Rheuma?", konterte Bulma. "Du magst dein Augenlicht verloren haben, aber du bist nicht taub. Also streng dich mal an, um meiner Stimme zu folgen. Außerdem kennst du jede Handbreit in diesem Schiff, also stell dich nicht an, als ob du noch verweichlichter wärst als Safrano!"
Das saß. Sie sah, wie Vegeta zusammenzuckte und drehte ihm den Rücken zu, um langsam, aber unerbittlich die Stufen hinabzusteigen.
Wie konnte sie nur? Vegeta knirschte mit den Zähnen. Als er die Augen geöffnet hatte und wieder nur Dunkelheit sah, jedoch ihre Stimme hörte und ihre sanfte Berührung spürte, hatte sein Herz rascher geschlagen vor Glück. Doch dann war ihm eingefallen in welch Mitleiderregendem Zustand er sich befand und wäre am liebsten im Boden versunken. Er hatte erwartet, dass sie den Verlust seines Augenlichtes mit ihm beweinte, dass sie umsorgte und verhätschelte, ihm jeden Schritt vormachte und jeden Handgriff abnahm. Er hatte erwartet, dass sie ihn als das behandelte, was er geworden war, einen nutzlosen, hilflosen Blinden. Doch sie, sie tat so als sei er noch der alte, als sei er noch zu den Dingen fähig, die er früher mit Leichtigkeit geschafft hatte. Als ob ...
Mit drei Schritten war er an der Treppe. Seine Hand fasste automatisch nach dem Geländer. Unten hörte er, wie Bulma die letzte Stufe hinabstieg, drei Schritte zur Seite ging und ungeduldig mit der Fußspitze auf den Boden klopfte.
"Wir sollten hier nicht Wurzeln schlagen, also trödle nicht so!", rief sie zu ihm hinauf. Vegeta fasste das Geländer fester. Er spürte, wie der Stahl unter seinen Fingern nachzugeben begann. Was glaubte sie mit wem sie sprach?! Er war immerhin der Prinz der Saiyan und nicht ein Lakai! Offenbar musste er ihr mal wieder die Meinung sagen.
Ehe er sich versah, hatte er bereits die Hälfte der Stufen zurückgelegt, es ging viel leichter als beim ersten Mal, wo er auf der Suche nach Wasser voller Panik fast die Stufen hinabgefallen war. Der Rhythmus, die Zahl der Stufen, der Klang seiner Schritte, all das war ihm ja nicht fremd. Als er unten ankam, war Bulma bereits bei der Luke. Vegeta verharrte am unteren Ende der Treppe. Nur zu gut erinnerte er sich an die Verwüstung die er in seiner ersten Verzweiflung hier unten angerichtet hatte. Wie sollte er durch dieses Chaos finden, ohne über etwas zu stolpern und sich vor Bulma zum Narren zu machen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, immer auf die Stelle zuhaltend, wo er Bulma an der Luke hantieren hörte. Seine tastende Fußspitze verfing sich seltsamerweise in keinem Stoff oder stieß gegen ein Stück der zertrümmerten Möbel. Als er den Luftzug spürte der durch die Luke direkt vor ihm hereinströmte, ging er in die Hocke und ertastete die Öffnung. Etwas mehr nach links, ja, hier war die Leiter. Dem metallenen Klang nach kletterte Bulma gerade hinab. Jetzt war sie unten und sprang auf den Boden des Laderaumes.
"Wo bleibst, du Vegeta? Ich brauche deine Hilfe!"
Fast hätte er gelacht. Sie brauchte ihn? Wozu denn? Neugierig geworden kletterte er vorsichtig durch die Luke. Das kühle Metall der Leiter gab ihm Sicherheit. Halt, hier war sie etwas verbogen, er musste aufpassen, damit er nicht daneben trat.
Als auch er den festen Boden des Ladraumes unter seinen Stiefeln spürte, wandte er seinen Kopf suchend in alle Richtungen. "Bulma?"
"Hier!", sagte sie und trat zu ihm. "Der Aufprall hat ein schlimmes Loch in die Wand gerissen und die Außenluke unbrauchbar bemacht. Schaffst du es, diese lästigen Kabel mit einem Energieangriff wegzupusten? ich brauche ein schönes, sauberes Loch mit abgerundeten Rändern und keinen scharfen Kanten irgendwo, ich habe schon genug Kratzer abbekommen."
Da das offenbar der einzige Weg nach draußen war, konzentrierte sich Vegeta, um anhand des Luftstromes die Position des Loches abzuschätzen. Er hob die Arme und richtete die Handflächen gegen das Loch. Bulma trat hinter ihn, um ihm nicht im Weg zu sein. Zwischen ihm und dem Loch waren natürlich noch Überreste der Wassertanks und der Vorräte verstreut, aber davon war ja nichts mehr brauchbar. In rascher Folge schossen goldene Energiekugeln aus seine Händen und fegten alles beiseite, was ihnen im Weg war. Wie von Bulma gewünscht wurde das Loch durch die Energie vergrößert und in der Hitze schmolz das Metall an den scharfkantigen Rändern.
"Danke, das dürfte reichen", sagte sie und Vegeta ließ die Arme sinken. "Jetzt kannst du hinausfliegen, das Loch ist groß genug."
Vegeta zog die Augenbrauen hoch. Wie sollte er das machen, ohne etwas zu sehen? Bulma trat mit dem Gesicht zum Loch dicht vor ihn hin, nahm seine Hände und zog sie nach vorn, sodass sie unter ihrer Brust zu liegen kamen. "Wenn du mich trägst, werde ich dich lotsen. Aber wehe, wenn du mich fallen lässt."
Vegeta schluckte angesichts ihres bedingungslosen Vertrauens schwer. Durch den Stoff ihres Overalls konnte er die Wärme ihrer Haut spüren. Er müsste seine Hände nur ein wenig mehr nach oben gleiten lassen, um ...
"Komm ja nicht auf krumme Gedanken", unterbrach Bulma seine Überlegungen. "Wenn du frech wirst, klebe ich dir eine, egal ob wir dann irgendwo dagegen knallen oder nicht."
"Schon gut, reg dich nicht gleich so auf!", brummte Vegeta, konnte es aber nicht unterlassen, sie fester an sich zu ziehen. Bulma errötete und versuchte wieder etwas abzurücken, aber das ließ er nicht zu. "Wenn du nicht ruhig bist, werde ich dich noch fallen lassen."
Seufzend gab sie es auf. "Also flieg schon los, aber ganz langsam....!"
Vegeta richtete sich nach dem kühlen Wind, der ihm entgegenströmte und flog langsam auf die Stelle zu, von wo der Luftzug kam.
"Etwas höher!"
"Mehr nach links!"
"Nein, nicht so viel, weiter nach rechts!"
"Tiefer und ganz vorsichtig!"
Beiden stand der Schweiß auf der Stirn als sie es endlich geschafft hatten und im Freien waren. "Gut so, du kannst landen und mich runter lassen."
Doch das wollte Vegeta noch nicht. "Wo ist dein Schiff?" fragte er Bulma. "Etwas weiter nördlich. Diese Richtung, ja, genau."
"Ich bringe dich hin." Langsam flog Vegeta mit ihr auf das Schiff zu. Sie dirigierte ihn bis knapp davor und bedauerte es fast, als er sie wieder los ließ. Bulma öffnete die Schleuse und stapfte mit deutlich hörbaren Schritten voran. Vegeta streckte die Hand aus und fasste sie an der Schulter. "Hier kenne ich mich nicht so aus, du musst mich schon ein bisschen führen."
"Wenn's nicht anders geht, aber wehe du trampelst mir auf die Füße!" Mit Vegeta im Schlepptau betrat sie das Raumschiff. Statt einer Luke, gab es hier einen kleinen Lift, der im wesentlichen aus einer Plattform in einer weiten Röhre bestand. Für Vegeta war es einfacher und Bulma zeigte ihm wie er den Lift steuern konnte. Sie fuhren in das Quartier und da dort die Einrichtung gleich geblieben war wie im älteren Model überließ Bulma es Vegeta, ohne ihre Hilfe den Weg in die Küche zu finden, wo sie gierig ein paar Gläser Wasser trank. Nachdem Vegeta zum Tisch gefunden und sich auch ein paar Gläser genehmigt hatte, ließ sie ihm ein heißes Bad ein und drängte so lange bis er sich überreden ließ in die Wanne zu steigen. Vorsorglich stellte sie alles in Griffnähe auf, weigerte sich aber, ihm den Rücken zu schrubben. "Hier ist eine Bürste, die tut es ebenso. Ich muss mich an die Reparatur machen, oder wir sitzen hier noch fest wenn das Wasser längst alle ist."
Damit ließ sie ihn allein. Mit dem Werkzeugkasten in der Hand suchte sie die Stelle, wo die Energiestrahlen den Antrieb getroffen hatten. Das sah alles andere als rosig aus. Seufzend schnappte sie sich den Laserschneider und trennte die defekten Teile sauber ab. Also, für das Ventil hier hatte Ersatz, der Konverter allerdings, den würde sie nicht wieder hinbekommen, es sei denn in Vegetas Schiff war das Gegenstück noch brauchbar. Sie machte sich eine Notiz und kontrollierte die andere Seite. Ein Stück Leitung war verschmort und die halbe Energiezelle unbrauchbar. Wenn das Teil nur nicht so schwer wäre! Ächzend schleppte sie die Energiezelle zur Wartungsluke und ließ sie hinaus auf den staubigen Boden fallen. In Ordnung, Reservezellen hatte sie genügend, aber dahinter war der Schaltkreis für den Energiepuffer nur noch ein Häufchen geschmolzenes Metall. Notfalls könnte sie einen nachbauen, aber ob der dann auch zuverlässig war stand auf einem anderen Blatt. Gut zwei Stunden brauchte sie, um alle Schäden zu erfassen und zu sortieren. Jetzt galt es, herauszufinden, was sie von Vegetas Schiff noch brauchen konnte. Draußen war die Dämmerung angebrochen. Der Himmel hatte sich tiefviolett verfärbt, und der Wind war fast schon frostig. Bulma streckte sich und überlegte, ob sie nicht besser zuerst nach Vegeta sehen sollte.
Da es vom Quartierdeck her auffallend still war, nahm sie den Lift. Als sie die Badezimmertüre öffnete, kam ihr ein Schwall heißen Dampfes entgegen.
"Vegeta?", sie konnte die Hand nicht vor Augen sehen, aber sie spürte, wie sich neben ihr etwas bewegte und ehe sie sich versah, hatte er sie an den Handgelenken gepackt und an sich gezogen. "Nicht doch, ich bin doch ganz schmutzig!", wehrte sie sich halbherzig.
Vegeta schien ihren Protest nicht zu hören. "Warum?", fragte er leise, "warum hast du mich gesucht?"
"Weil ... weil ..", sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, sein warmer Atem streifte ihr Ohr und ihr lief es dabei wohlig über den Rücken. Seine Haut war so warm, offenbar hatte er sich noch nicht wieder angekleidet. Der Gedanke allein ließ ihre Wangen noch stärker glühen.
"Weil was?"
Sollte sie es ihm sagen? Würde er es glauben? Nein, es war noch zu früh. Sobald er wieder sehen konnte, dann würde sie es gestehen.
"Weil ich schuld daran war, was Safrano mit dem Schiff gemacht hat", sagte sie und da es ja die Wahrheit war, klang ihre Stimme vollkommen ehrlich und offen.
Vegeta ließ sie los. "Ach so ..." Er konnte sich nicht erklären, warum er so enttäuscht war. Er hatte ihr im Dampf aufgelauert um sie zu bestrafen, dass sie ihn so links liegen gelassen hatte. Doch kaum hatte er ihr Beben gespürt und ihren rasenden Puls, wünschte er sich nur noch sie halten zu können und noch viel mehr...
"Ich nehme nicht an, dass ich dir beim Anziehen helfen muss, oder?", fragte sie und drückte ihm den Korb mit der frischen Wäsche und dem neuen Overall in die Hand. "Die Stiefel stehen links vor der Türe und jetzt entschuldige mich, ich muss wieder rüber zu deinem Schiff, ein paar Teile ausbauen." Ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen lief sie zum Lift und fuhr wieder hinab. Dieser Vegeta, sie erst so erschrecken und dann .... Sie ballte die Fäuste. Verflucht, warum musste alles immer so kompliziert sein? Auch mit Yamchu war das Leben nicht leicht gewesen und Abenteuer hatte sie genug erlebt, aber im Vergleich zu dem was sie mit Vegeta durchgemacht hatte ...
Grübeln würde sie nicht weiter bringen. Zuerst einmal musste sie zusehen, dass sie beide heil hier wegkamen. Danach konnte sie sich um das nächste Problem kümmern.
In der Dunkelheit, diese Welt besaß keinen Mond, war es trotz Sternenlicht und starker Taschenlampe nicht leicht, den Weg zu finden, ohne über Mauerreste zu stolpern. Bislang hatte Bulma noch kaum Zeit gehabt, sich über den Planeten selbst Gedanken zu machen. Welche Katastrophe war hier passiert, dass die ganze Zivilisation untergegangen war? Oder gab es noch Bewohner und sie waren nur in die fruchtbareren Tiefländer abgewandert?
Beim Schiff angekommen war es dank Vegetas Hilfe nun viel leichter ins Innere zu gelangen. Bulma fand die Überreste des Antriebs und ihr Herz sank. Wenn da auch nur eine Schraube noch brauchbar war, dann hatte sie Glück. Sie fischte die Liste aus der Tasche und beleuchtete sie, um abzulesen, welche Teile sie noch brauchte. Also da war mal diese Schaltung, dann der Konverter und danach ... Nach etwa einer halben Stunde hatte sie mit dem Laserschneider die noch nicht zerstörten Teile des Antriebs in handliche Stücke zerlegt und schüttelte enttäuscht den Kopf. Hier war gar nichts mehr verwendbar. Was sollte sie nur machen? Moment mal, das war Vegetas Raumschiff und so wie Bulma ihren Vater einschätzte, hatte er doch sicher ... Sie brauchte nur ein paar Minuten, um jenen Lagerraum zu finden, wo ihr Vater die Ersatzteile untergebracht hatte. Anders als jener mit den Wasser- und Lebensmittelvorräten war dieser fast gänzlich heil geblieben. Fröhlich vor sich hin summend durchsuchte Bulma alle Kisten und Schränke und häufte die brauchbaren Teile vor sich auf dem Boden auf. Plötzlich hielt sie inne. War da nicht ein Geräusch? Sie hielt den Atem an und lauschte angestrengt. Ja, da war es wieder. Es klang als ob etwas schweres über den Boden schleifte. Was konnte das nur sein? War es Vegeta gelungen, ihr zu folgen und er wollte sie erschrecken? Na dem würde sie ihre Meinung sagen! Bulma packte die Taschenlampe mit ihren Schweißfeuchten Händen fester und riss die Türe des Lageraums auf.
"Was fällt dir ein, Ve...!" Weiter kam sie nicht. Im Lichtkegel der Taschenlampe leuchteten zwei gelbe Augen. Bulmas Herz sackte in die Kniekehlen und sie wich angstvoll zurück. Das Tier fauchte bedrohlich und bleckte die gelblichen Fangzähne. Bulmas Hand zitterte und der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Der zuckende Lichtkegel wanderte über ein rötlich braunes Fell, unter dem kräftige Muskeln spielten. Das katzenähnliche Raubtier war mindestens so groß wie ein Tiger, sichtlich abgemagert und einem nächtlichen Snack von der Erde offenbar nicht abgeneigt. Einzig die Taschenlampe, die ihm in die Augen blendete, schien es zu verwirren. Bulma stieß mit dem Rücken gegen einen der Schränke und langte nach ihrer einzigen Waffe, dem Laserschneider.
"Komm nur und ich werde dir das Fell über die Ohren ziehen", sagte Bulma laut, um sich selbst Mut zu machen. Wo war Vegeta, wenn man ihn mal brauchte? Jetzt erst schrie sie, schrie so laut sie konnte, auch wenn es Irrsinn war, zu glauben, dass Vegeta sie hörte.
Die aufgerichteten Ohren des Raubtiers zuckten. Es duckte sich zum Sprung. Bulmas Schrei brach ab. Sie musste sich selber helfen, irgendwie. Schwer atmend knipste sie ihre Lampe aus und tastete nach dem Tuch, das sie bereitgelegt hatte, um die Ersatzteile einzuwickeln. Darauf hatte das Raubtier nur gewartet und mit ausgefahrenen Krallen schoss es auf Bulma zu. Diese konzentrierte sich ausschließlich auf die gelblich leuchtenden Augen und warf das Tuch im richtigen Moment, sodass es sich am Kopf des Angreifers verfing, dann stach sie mit dem Laserschneider zu.
...
Vegeta saß auf dem Bett und verfluchte seinen Zustand und das ganze Universum. Irgendwie spürte er, dass Bulma in Gefahr war. Dieses Plateau mochte verlassen und tot aussehen, aber sein Instinkt warnte ihn, die natürlichen Gefahren einer fremden Welt zu unterschätzen. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und ertastete sich seinen Weg zum Lift, um zur Ausstiegsluke hinab zu fahren. Der kalte Nachtwind verriet ihm, dass die Luke noch immer offen war. Vorsichtig tapste er hinaus und sog tief die Luft ein. Der sonst so sterile Geruch war durchsetzt mit einem scharfen Beigeschmack, den Vegeta nur zu gut kannte. Raubtiere. Nicht nur eines, nein, ein ganzes Rudel von ihnen musste in unmittelbarer Nähe sein. Vegeta tastete die Außenhaut des Raumschiffes ab bis er den Schalter fand, drückte und hinter ihm schloss sich die Luke. Einen Schritt noch einen ... langsam, ganz langsam entfernte er sich vom Raumschiff.
Er drehte den Kopf nach links, nach rechts. Krallen schleiften über Mauerreste. Ein bedrohliches Fauchen. Noch eines. Wenn er doch nur genauer wüsste wie viele es waren und wo jedes sich befand!
Da! War das nicht ein Schrei. Vegetas Kopf ruckte herum. Sein Raumschiff musste in dieser Richtung liegen. Siedend heiß fiel ihm ein, dass das Loch an der Außenwand groß genug sein musste, dass die Tiere auch in das Innere gelangen konnten. Seine Hilflosigkeit verfluchtend machte er einen hastigen Schritt, noch einen, seine Schuhspitze verfing sich an einem Stein und er stürzte. Etwas Schweres prallte auf seinen Rücken und er warf sich blitzschnell herum. Seine ausgestreckten Hände bekamen struppiges Fell zu fassen. Ein Ruck und das verdutzt japsende Tier wurde durch die Luft geschleudert, dass es ein Dutzend Meter weiter auf dem Boden aufschlug und jämmerlich winselnd davon kroch. Bulma! Der Schrei war plötzlich abgebrochen. Hatten die Tiere sie überwältigt? Sie getötet. Eisige Wut kroch in Vegeta hoch und statt der lichtlosen Dunkelheit vor seinen Augen waren da plötzlich schwache, rote Felder, die sich bewegten. Bei allen Göttern, er hatte sein Auragespür zurück! Auch wenn die Ausstrahlung der Bestien schwach war, ihr Hunger, ihr Jagdinstinkt und ihre Mordlust reichten aus, um sie für sein neu erwachtes Gespür sichtbar zu machen. Auf allen vieren kriechend, den Boden vor sich abtastend kämpfte sich Vegeta Schritt für Schritt auf das Schiff zu. Eigentlich hätte er auch Bulmas Aura spüren müssen, aber das einzige, was er spürte, waren die Felder einiger Raubtiere, die sich um einen Punkt geschart hatten, der nur das von ihm gesprengte Loch in der Wand des Raumschiffes sein konnte. Aus dem Inneren des Schiffes drang nichts, kein Laut und auch keine Aura. Vegeta wollte nicht über die Bedeutung dieser Leere nachdenken, er sprang auf die Füße und konzentrierte seine Kräfte.
"Ich habt euch wohl gedacht, ich sei hilflose Beute wie?", knirschte er und goldene Energie sammelte sich auf seinen Handflächen. "Falsch gedacht." Die Energie formte sich zu Tennisball großen, flackernden Kugeln. "Nehmt das!"
Punktgenau schoss er die Energiekugeln auf die schwachen Auren ab. Steine und Erde spritzen hoch, überraschtes Fauchen, der Geruch nach verbrannten Haaren, schmerzvolles Wimmern und dann das dumpfe Geräusch fallender Körper. Einige der Auren erloschen, anderen waberten deutlich geschwächt und entfernten sich schleppend. Er hatte sie in die Flucht geschlagen. Früher wäre ihm so ein Sieg keinen zweiten Gedanken wert gewesen, aber in seiner momentanen Situation bedeutete er den Unterschied zwischen Aufgabe und Kampf. Er war weit davon entfernt, sich aufzugeben, er musste kämpfen, um jeden Schritt ringen und sei er noch so klein.
"Ich gebe mich nicht geschlagen Kakerott!", sagte er laut. "Solange ich atmen kann, gebe ich nicht auf, hörst du!"
Bulma. Sie hatte ihn aus seiner Lethargie und Hoffnungslosigkeit gerissen, hatte ihm gezeigt, dass er sich sehr wohl selber helfen konnte. Er musste ihr sagen, dass er verstanden hatte, dass sie aufhören konnte, ihm die kalte Schulter zu zeigen. Dieses Mal würde er sie nicht wieder aus seinen Armen lassen, würde sie festhalten bis er endlich wusste, woran er war.
*Und was machst du, wenn sie tot ist?*, fragte der harte, realistische Teil von ihm. *Wenn diese Bestien sie zerrissen haben, weil du dich feige im Selbstmitleid gewälzt hast, statt ihr beizustehen?* Vegeta ließ die Arme sinken. Nein, sie war nicht tot. Sie durfte ganz einfach nicht tot sein. Auf allen vieren zu Kriechen war zu langsam, er musste fliegen. Die Arme nach vor gestreckt, alle Sinne geschärft schwebte er ein Stück hoch. Gerade so viel, dass er sich noch im Windschatten von Bulmas Schiff wähnte. Langsam, Schritt um Schritt schwebte er in die Richtung, in die sein Schiff liegen musste. Wenn er sich nicht irrte, hieß das.
Eine Minute, noch eine und eine dritte. Hätte er nicht schon längst dort sein müssen? Vegeta sank langsam zu Boden und tastete den Untergrund ab. Hier war die Erde aufgerissen, ein Teil geschmolzen. Er konnte sich nur eine Ursache denken und zwar die Hitze, die bei der Bauchlandung seines Schiffes entstanden war. Wenn er dieser Spur folgte, würde er zwangsläufig beim Schiff ankommen. Erleichtert griff er nach rechts und links und sammelte kleine Steine auf.
Die Rillen führten in diese Richtung. Vegeta warf eines der Steinchen. Pong! Stein auf Metall, kein Zweifel. Der Lautstärke nach hatte er es nicht mehr allzu weit. Er tastete sich vorwärts, Schritt für Schritt. Immer wieder warf er einen kleinen Stein, bis der letzte zu ihm zurückgespickt kam und ihn an der Stirn traf. Dann endlich bekamen seine Hände Metall zu fassen. Das Loch war nicht schwer zu finden und mit einiger Mühe klettert er hinein. Das erste, das er spürte, als er seine Umgebung erfühlte, war der Kadaver eines der Tiere. Der Körper war noch warm, das Fell rund um die Schnauze mit Blut verklebt und aus einer klaffenden Wunde am Bauch hingen die Gedärme heraus. Er konnte sich nicht erinnern, dass er einen Energiestrahl ins Innere des Schiffes geschossen hatte, außerdem hätte dieser niemals eine solche Verletzung hervorgerufen. Vegeta wischte sich die klebrigen Hände am Overall ab und schob den Kadaver mit dem Fuß zur Seite. Wenn er diesen Räuber nicht getötet hatte, konnte es nur Bulma gewesen sein. Heißer Stolz fülle sein Herz. Bulma hatte sich selbst geholfen, sie war so viel zäher und stärker als sie aussah. Aber ... da war das Blut um die Schnauze des Tieres, das nichts Gutes verhieß.
Vegeta rief laut Bulmas Namen. Keine Antwort.
Auf den Knien ertastete er die Blutspur, die das sterbende Tier hinterlassen hatte Wenn er ihr folge, würde er hoffentlich bald Gewissheit haben.
Gute fünf Minuten später stieß er die Türe zum Lagerraum weiter auf. "Bulma! Bist du hier drin? Antworte doch, verdammt noch mal!"
Noch immer nichts. Wiederum sank er auf die Knie nieder und fand den klebrigen Tropfen auf der Schwelle. Keine Frage, das Tier war von da gekommen. Vegeta schluckte. Sein Herz klopfte so heftig, dass es schmerzte. Die Angst, was er wohl da drin vorfinden würde, drückte ihm die Kehle zu, sodass ihm fast schlecht wurde. Er wollte es wissen, er musste es wissen. Langsam, um das Unvermeidliche hinauszuzögern, die schwache Flamme seiner Hoffnung nicht erlöschen zu lassen, kroch er in den Lagerraum. Die Fetzen eines Tuches mit Blut verklebt ,ein wahres Labyrinth aus Truhen, Kisten und Schachteln, ein loser Haufen Metallteile und dahinter, seine Finger berührten eine Strähne seidigen Haares, das auf dem Boden ausgebreitet war.
"Bulma!" Seine bebenden Hände ertasteten einen schlaffen Arm, fuhren hinab zum Handgelenk und suchten ihren Puls. Da war keiner. "Nein!", brach es gequält aus ihm hervor und er zog sie zu sich. Klebriges Blut auf dem Overall über ihrer Brust. Er befühlte ihren Hals, wo war der Puls? Endlich ... da war es, ein schwaches Klopfen unter seinen Fingerspitzen. Sie lebte! Noch nie hatte er sich dermaßen erleichtert gefühlt. Vorsichtig drückte er sie an sich. Ein Saiyan heult nicht und schon gar nicht ein Prinz, doch die Tränen ließen sich nicht zurückhalten. Zuviel war geschehen, zuviel hatte er zurückgedrängt. Seine Todesangst beim Absturz, seine Verzweiflung als er blind erwachte, seine Furcht um Bulma und jetzt, da der Fels von seinem Herzen gerollt war, wollten sie gar nicht aufhören zu fließen.
"Du sture Närrin!", flüsterte er und suchte ihre Lippen. "Wie hast du mich derart erschrecken können!" Sein Kuss war zärtlich, behutsam und fragend.
Eine schlanke Hand fasste nach seinem Hinterkopf und ihre Lippen teilten sich. Hitze durchströmte ihn, als Bulma seinen Kuss glutvoll erwiderte. Nach einigen endlosen Augenblicken lösten sie sich heftig atmend von einander.
"Du bist gekommen." Ihre Stimme war schwach und die Hand die über seine Wange strich bebte. "Obwohl du nichts sehen kannst, hast du hierher gefunden!" Das Staunen und die Bewunderung wärmte ihn. "Du bist einfach unglaublich, Vegeta."
"Ich bin eben ein Prinz der Saiyan. Man sollte mich nie unterschätzen."
Sie lachte leise. "Das werde ich mir merken."
"Du hast dich nicht übel geschlagen", sagte er. "Bist du verletzt?"
Sie richtete sich auf und befreite sich aus seinen Armen. "Nein, mir geht es gut."
"Dann ist das ganze Blut wohl von diesem Biest, das ich vor dem Loch gefunden habe." "So weit ist es noch gekommen?" Bulma schauderte bei der Erinnerung daran, wie sie mehr durch Glück als durch Absicht den Bauch der Kreatur aufgeschlitzt hatte. An das Geflühl des warmen, stinkenden Blutes, das auf sie gespritzt war, wollte sie gar nicht mehr denken. Auch nicht daran, wie sie nach überstandenem Schrecken kläglich in Ohnmacht gefallen war. Wenn noch mehr von den Biestern da gewesen wären...
"Wir sollten zurück, ehe noch mehr davon auftauchen", seufzte sie und machte sich auf die Suche nach einem neuen Tuch, um die Ersatzteile hinüber zu tragen.
"Wenn ich mich ran halte, schaffe ich die Reparatur bis morgen."
Vegeta stand auf und wandte sich ihrer Aura zu. "Keine Eile. Nach diesem Schreck solltest du dir eine Pause gönnen und drüber schlafen."
Enschlossen breitete Bulma das neue Tuch neben den Ersatzteilen aus und häufte sie darauf. "Ich möchte eigentlich so rasch als möglich von hier weg." Geschickt band sie die Zipfel des Tuches zu einem großen Knoten und schulterte das Bündel.
"Warum denn?", fragte Vegeta. "Ich habe es absolut nicht eilig Kakerott gegenüber zu treten und sein Mitleid über mich ergehen zu lassen."
Etwas plumpste zu Boden, zwei schnelle Schritte und patsch! hatte ihm Bulma schon wieder eine Ohrfeige verpasst.
"Du Idiot!", flüsterte sie mit einer Heftigkeit, die ihn überraschte. "Wir haben keine Bohnen mehr, vergessen? Wenn du nicht warten willst bis Meister Quitte neue erntet, müssen wir heim und die Dragonballs suchen, damit der Drache dir dein Augenlicht wieder gibt. Hör auf dich, wie ein Baby zu benehmen!"
Vegeta fasste nach ihren Schultern und zog sie an sich. Ihre Schultern bebten und all die aufgestaute Erregung brach aus ihr hervor. Sein Overall wurde nass von ihren Tränen.
Er war nie sonderlich talentiert gewesen, wenn es um Gefühle ging. Am besten konnte er noch mit Wut umgehen, aber das war auch schon alles. Ihr Ausbruch überraschte ihn und machte ihn hilflos. Ungeschickt legte er die Arme um sie und hielt sie eine Weile ohne sich zu rühren bis ihr Schluchzen verstummte. Dann schob er sie sanft von sich weg.
"Lass schon gut ein", sagte er rauh. "Ich habe verstanden. Trotzdem solltest du dich nicht übernehmen, oder?"
"Okay!", quetschte sie hervor und zog die Nase hoch. "Du hast ja recht. Ich werde morgen weiter machen."
"Wir könnten hier übernachten", schlug er vor.
"Nicht ohne Wasser", sagte sie entschieden. "Ich muss dieses ekelhafte Blut von mir abwaschen und du auch."
Es war ein schwieriger Weg zurück. Beide waren sie ziemliche erschöpft, als sie bei Bulmas Schiff ankamen. Sie drängte Vegeta, sich als erster zu waschen, damit sie sich nachher umso länger einweichen konnte.
Als sie eine Stunde später aus dem Bad kam, lag Vegeta schon im Bett und schien tief und fest zu schlafen. Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie ja nicht für eine zweite Schlafgelegenheit gesorgt hatte. Nun, es würde schon nichts passieren. Sie legte sich auf die andere Seite des Bettes, zog die Decke bis über die Ohren und schloss die Augen. Die Aufregung des Tages forderte ihren Tribut und sie glitt hinüber in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Vegeta hörte ihre regelmäßigen Atemzüge und drehte ihr seufzend den Rücken zu. Der Mandelduft ihrer frisch gewaschenen Haare, der Geruch nach Honig und Vanille ihrer Haut war sehr verlockend. Doch solange er sich nicht sicher sein konnte, dass sie sich hauptsächlich vom Mitleid leiten ließ, würde er sich eisern zurückhalten. Er brauchte keine Geschenke, auch von ihr nicht. Außerdem war er todmüde...
......
Nur der Bordcomputer registrierte eine außergewöhnliche Aktivität tief unter den Ruinen. Eine längst vergessene Macht rief Daten der Satelliten ab und entschied, dass es Zeit war, einen uralten Plan in die Tat umzusetzen...
Ende des 12. Teils
