Nur ein Lächeln

Teil 18

"Sechzehn?" Bantor suchte nach Worten, um es ihr schonend beizubringen, doch Querl kam ihm zuvor.

"Dann altert deine Rasse wohl ziemlich rasch, wie?", fragte er mit der herzlosen Direktheit seiner Jugend. "Für mich siehst du aus wie ..." er sucht nach einer passenden Zahl, "wie fünfundzwanzig." Bulma zuckte zusammen. Langsam hob sie den Kopf. "Habt ihr einen Spiegel?", hauchte sie so leise, dass es kaum zu verstehen war. "Ich muss es sehen... bitte!"

Bantor schüttelte den Kopf. "Tut mir leid, Frau, aber so was haben wir hier nicht."

"Doch!" Querl krabbelte in seine Ecke der Höhle und wühlte in dem Lumpenhaufen, in dem er seine Schätze aufbewahrte. Mit zitternden Händen zog er ein flaches Packet heraus. Er legte es vor Bulma hin und als er den dunklen Stoff aufwickelte, kam eine Scherbe Spiegelglas zum Vorschein. "Das hat meiner Mutter gehört", sagte er rau. Bulma hörte das Beben in seiner Stimme und verstand. "Danke", sagte sie sanft und kniete sich so hin, dass sie in das Glas schauen konnte, ohne es berühren zu müssen, ungeglätteten Kanten waren messerscharf.

Doch durch das schwache Licht der Höhle war es ihr unmöglich mehr als nur schwache Umrisse in dem fleckigen Glasscherben zu erkennen. Sie wollte schon mutlos aufgeben, da fiel ihr der Raumanzug wieder ein. "Habt ihr noch mehr Teile davon?", fragte sie und deutete auf den Helm. "Ja, wir haben alle Stücke, die du getragen hast, als du eingesaugt worden bist", sagte Bantor und zog das Tuch von einem kleinen Haufen in der Gemeinschaftsecke. Bulmas Blicke glitten über die Teile und erleichtert sah sie, dass am Gürtel eine Stablampe hing. Sie krabbelte auf allen Vieren hinüber, löste den fingerdicken Stab ab und überprüfte die Batterien.

Bantor, Querl und Igeras zuckten zusammen und rissen die Hände vors Gesicht. "Tut mir leid, ich hätte euch warnen sollen", entschuldigte sich Bulma und legte ein Stück Tuch über die Linse, wodurch das Licht um einiges gedämpft wurde.

"Das ist ja hell wie ein Blitz", sagte Igeras blinzelnd.

"Ein Blitz? Gibt es so etwas hier drin?", fragte Bulma erstaunt.

"Nein, wir haben hier drin so was wie Wetter nicht. Es gibt auch nicht Tag und Nacht", sagte Querl mit einem Seitenblick auf Igeras. "Das ist alles nur auf seinem Mist gewachsen. Er will sich nur wichtig machen, weil er zu keiner Arbeit mehr taugt."

"Querl!", rügte Bantor scharf, aber es war schon zu spät. Igeras senkte den Kopf und schlang die knochigen Finger ineinander. "Stimmt", sagte er mit brüchiger Stimme, "ich kann keine Ratten fangen, unser Territorium nicht verteidigen und seit meine Sicht immer schlechter und mein Gedächtnis schwächer wird, bin ich auch keine brauchbare Hilfe beim Enträtseln von Technikfunden mehr. Jetzt da ein hungriger Magen mehr zu füttern ist, wird es für mich wohl an der Zeit meinen letzten Nutzen zu erfüllen..."

Bulma verstand nicht, worum es dabei ging, aber der alarmierte Blick auf Bantors Gesicht und der Schrecken in Querls Augen sagte genug. Was immer der letzte Nutzen war, der alte Mann würde es nicht überleben.

"Kann das noch etwas warten?", fragte sie rasch und beugte sich wieder über die Glasscherbe. Im abgeschwächten Licht der Stablampe konnte sie ihre Gesichtszüge nun deutlicher erkennen. Ihre Augen wurden größer und größer. Diese alte Schachtel, das war sie? Fünfundzwanzig schienen in ihren Augen wie eine große Schmeichelei. Dieses müde, schmutzige Gesicht gehörte einer Frau, welche verzweifelt ihre besten Jahre festzuhalten versucht, während sie ihr durch die Finger rinnen. "Ich habe soviel Zeit verloren", murmelte sie verstört. "Ich muss nach Hause, ich muss sehen, ob meine Eltern noch leben, ich muss Freunde wieder finden, die ich in dieser verlorenen Zeit gewonnen habe..."

Die drei Männer wechselten einen langen Blick. "Niemand hat je das Sammlerschiff verlassen", sagte Bantor schließlich. "Wer einmal hier gelandet ist, bleibt für immer."

Alle Farbe wich aus Bulmas Gesicht. "Das ist doch ein Raumschiff, oder? Also muss es doch Beiboote geben, mit denen man fliehen kann."

"Möglich, aber von uns hier drin beherrscht keiner die Technik der Antiss", sagte Bantor. "Und was will man mit einem Beiboot, das man nicht steuern kann?" Igeras und Querl nickten zur Bekräftigung. "Wer sind diese Antiss überhaupt?", fragte Bulma, die nicht bereit war, ihre Idee so einfach zu verwerfen.

"Sie sind diejenigen, welche das Schiff gebaut haben", sagte Igeras. "Damit reisen sie durch das All und sammeln von untergegangen Welten oder verunglückten Raumschiffen die Überbleibsel ein, die ihnen wertvoll erscheinen."

"So wie mich?"

"Ja, so wie dich. Sie haben große Sauger mit denen sie kleinere, im All treibende Teile aufsammeln und wenn ein Brocken dafür zu groß ist, muss eine Gruppe von ausgewählten Niederen die wichtigsten Teile herausholen, die dann aufgesaugt werden.

"Niederen?"

"So nennen sie uns, die wir hier auf, teils sogar in und vor allem auch von ihrer Sammlung leben. Wenn du dich stark genug fühlst, führe ich dich herum und zeige dir, wie wir hier überleben. Bitte, denke nicht an so etwas Verrücktes wie Flucht, nicht bevor du alles über das Schiff und die Antiss weißt."

Bulma kämpfte ihren brennenden Wunsch nach sofortiger Heimkehr nieder und nickte zu Bantors Worten. Ihr war klar, dass sie erst die Situation voll erfassen und analysieren musste, ehe sie weiter Pläne machen konnte. Sie war keine stürmische 16 mehr, einfach drauflos gehen, das hatte sie hinter sich. Überrascht schloss Bulma die Augen und suchte in ihrem Gedächtnis nach Erlebnissen, die ihr den jugendlichen Übermut ausgetrieben hatten. Flüchtig tauchte das Gesicht eines kleinen Jungen auf, dessen schwarze Haare in unmöglichen Zacken von seinem Kopf abstanden. Er hatte einen Schwanz wie ein Affe und einen Hunger, der auch vor gegrillten Wölfen nicht zurück schreckte. Wer war er und was für eine Rolle spielte er in ihrem Leben? Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, dass dieser Junge kein Mensch war und dass das Bild von ihm längst Vergangenheit war. "Eine Erinnerung", fragte Bantor vorsichtig, als sie die Augen wieder öffnete.

"Ein kleiner Fetzen", sagte sie und lächelte. "Vielleicht kommt alles nach und nach von selbst wieder." "Hoffe nicht zu sehr darauf", sagte Igeras hart. "Wenn du nicht weißt, was du verloren hast, weißt du nicht, was du nie wieder sehen wirst."

Bulma schluckte. Von dieser Seite hatte sie es noch nicht gesehen. "Aber ...", sie sah ihm in die eingesunkenen Augen, "sind Erinnerungen nicht genauso kostbar wie Dinge, die man festhalten kann? Du hängst doch auch an deiner Erinnerung von Blitzen, oder?"

Igeras erwiderte ihren Blick mit leisem Erstaunen. "Da sagst du etwas Wahres. Nur haben die wenigsten von uns viele gute Erinnerungen, die nicht mit dem Schmerz des Verlustes vergiftet sind." "Ich will meine Erinnerungen trotzdem zurück", sagte Bulma und rappelte sich auf. "Doch bis es soweit ist, will ich überleben, so wie ihr auch." Sie sah Bantor auffordernd an. "Gehen wir! Ich will endlich aus diesem Gestank raus."

"Welcher Gestank?", wunderte sich Bantor.

Bulma sah ihn verwundert an. "Na der Gestank hier drin. Stört der euch gar nicht?" Die drei wechselten einen langen Blick. "Für uns ist der Geruch des Mülls kein Gestank, wenn du das meinst. Wir kennen ja nichts anderes", sagte schließlich der Alte und die beiden anderen nickten. "Außerdem", fügte Querl hinzu, "wirst du dem nirgendwo entkommen. Dieses Schiff ist schließlich ein Sammler."

Bulma fühlte, wie ihre Knie weich wurden vor Schreck. Das durfte nicht sein. Sie würde niemals in der Lage sein, sich mit diesem Gestank abzufinden, Stunde um Stunde, Tag um Tag.

"Vorsicht!" Bantor war hinter sie getreten und hielt sie unter den Achseln fest. "Dass du uns nur nicht umfällst, Frau."

"Nenn mich bitte beim Namen", sagte Bulma, riss sich zusammen und befreite sich aus seinem Griff. "Ich heiße Bulma, so schwer wird das nicht zu merken sein, oder?" Sie machte einen Schritt zum Höhlenausgang zu. "Zeig mir diese Hölle, in der ich gelandet bin."

Bantor und Querl übernahmen die Führung. Sie erklärten Bulma die Sache mit den Territorien und als Bulma erfuhr, dass alles pflanzliche und tierische Eiweiß, egal ob Ratte oder Mensch, ob Holz oder Frucht in einem der Verwerter landete musste sie sich fast übergeben. "Das heißt", keuchte sie mit grünem Gesicht, "dass ich auch fast in einem dieser Geräte gelandet wäre? Ihr drei hättet mich gegessen?"

"Nicht dich, sondern das Eiweiß, das der Verwerter aus dir gewinnt", wiederholte Querl seine Erklärung und fischte einen kleinen, weißen Würfel aus der Tasche. "Das ist der Ertrag einer Ratte. Man sieht nicht, was es mal war und es schmeckt nach gar nichts. Es ist keimfrei und leicht zu verdauen. Wenn du nicht verhungern willst, musst du dich daran gewöhnen."

Bulma war vernünftig genug, dass ihr Verstand die Logik dahinter begriff. Dadurch dass die Bewohner dieser Ebene alle pflanzlichen und tierischen Überreste einsammelten und aufaßen, konnte es nie zu Faulgasen, Epidemien und ähnlichem kommen. Außerdem ersparten sich die Antiss die Fütterung Lebender und Entsorgung toter Bewohner. Recycling reinsten Wassers.

"Und für Wasser braucht man auch solche Einheiten?" fragte sie und deutete auf die Karte, die Bantor ihr gegeben hatte.

"Ja, aber diese Karte hier ist leer, damit kannst du keine Kadaver verwerten und auch kein Wasser bekommen. Erst brauchst du Punkte", erläuterte Bantor geduldig.

"Und wie komme ich dazu?"

"Dazu musst du technische Dinge finden, Teile wie Schaltkreise oder dein Raumanzug, Waffen oder sonst etwas verwertbares. Das bringst du zum nächsten Verteiler. Da drüben ist der, der zu unserem Territorium gehört."

Bulma folgte den beiden. Der enge Pfad wand sich zwischen den Abfallbergen hindurch und schließlich kamen sie an eine Wand, in die eine ganze Reihe von Tasten und ein Bildschirm eingelassen war. Ein kleiner Schlitz, gerade groß genug für eine Karte und eine etwas zwei Meter breite und einen Meter hohe Öffnung, hinter der eine mit Metall und vielen Sensoren sowie zwei Kameras ausgestattete Kammer lag, vervollständigten die Vorrichtung. "Wir legen die Fundstücke hier hinein", sagte Bantor und deutete auf die Öffnung, "dann müssen wir eingeben, um was es sich unserer Meinung nach handelt und dann wird das Teil von den Antiss geprüft. Wenn sie es brauchen können, leuchtet hier ein grünes Licht auf, und auf der Karte, die man vorher in den Schlitz stecken muss, werden die entsprechenden Punkte eingetragen."

Das System war einleuchtend. Bulma drehte sich um und musterte die Schuttberge angesichts der Erkenntnis dessen, was sie gerade eben erfahren hatte. Da und dort blinkten Metallteile zwischen geborstenem Stein und verschmortem Kunststoff.

"Und man kann dafür alles durchsuchen, was da herum liegt?" fragte Bulma vorsichtig. "Hier innerhalb unseres Territoriums ist alles unseres, egal ob organisch oder technisch", erklärte Bantor nicht ohne Stolz.

"Hmmm...", Bulma krempelte die Ärmel ihres Overalls hoch und kletterte ein paar Schritte auf den nächsten Haufen. Dort bückte sie sich und schob ein Stück Stahlrohr zu Seite, um einen kleine grauen Kasten zu bergen.

Mit dem Teil in der Hand schlitterte sie den Hügel wieder hinab. Irgendwie wusste sie, dass in der kleinen Tasche, die sie noch immer am Overall trug, nützliches Werkzeug verborgen war. Seltsamerweise spürte sie auch, dass ihr Wissen und ihr Geschick jenes weit übertrafen, das sie mit 16 Jahren an den Tag gelegt hatte. Ohne zögern fischte sie eine bestimmte Kapsel heraus, drückte zu und warf sie auf den Boden. Vor den erschrocken geweiteten Augen Bantors und Querls machte es Puff und ein Werkzeugkasten erschien. Zielsicher fischte Bulma den Laserschneider heraus, schaltete ihn ein und säbelte den kleinen Kasten mit zwei knappen Schnitten auf. Die Hülle brach sauber in zwei Teile und legte mehrere kompliziert aussehende Schaltkreise frei.

Bulma pfiff scharf durch die Zähne und setzte ihre Spezialbrille auf, um die Details in starker Vergrößerung in Augenschein zu nehmen. Bantor und Querl sahen sich verdutzt an, während Bulma halblaute Kommentare abgab, die sich wie "Sehr schön." , "Aha, so ist das...", "Nicht übel, wirklich nicht übel..." und "Hmmm..." anhörten. Nach einigen Minuten streifte Bulma ihre Brille ab, verstaute ihr Werkzeug und ließ den Kasten wieder in ihrer Kapsel verschwinden, welche sie in die Tasche steckte. "Bantor", sie wies auf die Tasten beim Verteiler. "Zeig mir bitte, wie man die Eingaben macht."

Bantor schüttelte die Verwunderung ab und schluckte. "Also, hier startet man das Programm", sagte er und drückte den großen, grünen Schalter. Der Bildschirm leuchtete auf und Bulma verfolgte schritt für Schritt mit, wie Daten eingegeben wurden.

"Danke!", sagte sie und legte ihren Fund in die Bewertungskammer. Ihre Karte schob sie als nächstes in den Schlitz. Ein tiefer Atemzug, die Finger gelockert und sie hieb auf die Tasten ein, dass Bantor und Querl vor Staunen der Mund offen stehen blieb.

Als Bulma ihre Eingabe beendet hatte und ihre okay gab, harrten die beiden gespannt dem Resultat. Es summte, surrte und ratterte, die beiden Hälften des grauen Kästchens verschwanden und als Bulma die Karte wieder aus dem Schlitz zog, glänzten 10 Punkte darauf.

Zufrieden hielt Bulma die Karte Bantor hin. "Ist das gut?", fragte sie ihn.

Er räusperte sich und suchte nach Worten. Wiederum kam ihm Querl zuvor. "Du bist unglaublich, Bulma", platzte der Junge heraus. "So viele Punkte für ein Ding, einfach super."

Bantor, der in Bulma bislang nur ein zusätzliches Maul gesehen hatte, das zu füttern war, betrachtete sie nun mit Hochachtung in den Augen.

"Siehst du noch mehr so wertvolle Dinge auf dem Haufen?", fragte er sie drängend. Im schwebte vor, dass sie endlich so viele Punkte sammeln konnten, um die Badekabine zu benützen, sie alle vier. Bulma, sichtlich angetan von der offenkundigen Bewunderung spähte bereits eifrig umher. "Da drüben, das sehe ich mir mal an!" Und schon kletterte sie auf den nächsten Haufen, um eine schwach blinkende Scheibe zu untersuchen.

"Wie gut, dass sie noch am Leben war", sagte Querl zu Bantor und dieser nickte. Bulma würde ihrem elenden Leben hier neuen Glanz verleihen. Nie wieder würde er sie gehen lassen...

...................

Yamchu stand vor dem Gartentor der Briefs und zögerte. In den letzten sechs Wochen war er immer wieder vorbei gekommen, um nach Neuigkeiten zu fragen. Stets hatte er dieselbe Antwort bekommen: "Der Radar ist noch nicht enträtselt."

Jedes Mal hatte ihn Bulmas Mutter freundlich herein gebeten. Er hatte lange genug im Haus der Briefs gelebt, um die kleinen Falten zu bemerken, die sich tiefer und tiefer in das stetig lächelnde Gesicht eingegraben hatten.

Gokou hatte ihn gebeten, heue wieder mal nach dem Rechten zu sehen, aber irgendwie verließ Yamchu der Mut. Was sollte er hier? Mit welchem Recht verlangte er Auskunft? War es am Ende nicht doch seine Schuld, dass es soweit gekommen war?

Hätte er Bulma nicht verlassen, wäre sie Vegeta nicht verfallen (sagte er sich zumindest, obwohl unterbewusst starke Zweifel an dieser Überzeugung nagten). Das Leben mit ihm, Yamchu, war zwar nicht aufregend, aber zumindest sicher. Sein Egoismus war mit Schuld an der gegenwärtigen Katastrophe und insgeheim erwartete er, dass Bulmas Mutter irgendwann die Sprache darauf brachte. "Hallo Yamchu!" Bulmas Mutter trat soeben in den Garten und winkte ihm fröhlich zu. "Möchtest du einen Tee und ein paar Kekse? Ich habe frische Schokoplätzchen gebacken."

Nun konnte er sich nicht mehr davon stehlen. "Aber gerne", zwang er sich ebenso fröhlich zu rufen und trat in den Garten. Frau Briefs trug ihre Gartenhandschuhe, einen Strohhut mit breiter Krempe und eine grüne Schürze. "Ich wollte nur ein paar Rosen schneiden", sagte sie zur Erklärung und wedelte mit der Gartenschere, dass Yamchu ganz anders wurde. "Darf ich helfen?", fragte er rasch und nahm ihr das gefährliche Instrument ab.

"Gern", strahlte Frau Briefs. "Sonst schneidet immer mein Mann die Blumen, doch im Moment ist er sehr beschäftigt."

"Immer noch der Radar?", fragte Yamchu so nebenbei, während sie den mit weißem Kies bestreuten Pfad zum Rosenbeet entlang spazierten.

"Immer noch", nickte sie. "Gestern kam er ganz aufgeregt aus der Werkstatt gelaufen und hat verkündet, dass er eine von Bulmas verschlüsselten Dateien geknackt hat und nur noch dreizehn von den zwanzig Fragen offen sind, ehe er mit dem Nachbau beginnen kann."

"Klingt nach einem gewaltigen Fortschritt", sagte Yamchu erleichtert.

"Ist es auch", bekräftigte Bulmas Mutter. "Du hättest sehen sollen, wie er sich gefreut hat." "Und ... Vegeta?", brachte Yamchu die Sprache auf das zweite Problem. "Wie hat er es aufgenommen?"

"Schwer zu sagen." Sie waren vor dem Beet angelangt und Frau Briefs überließ Yamchu ihre Gartenhandschuhe, die er nur mit viel Mühe über seine kräftigen Hände streifen konnte. "Die drei rosa da hinten, die zwei gelben daneben und drei von den dunkelroten ganz vorne", erklärte sie, ehe sie wieder zum Thema zurück fand: "Vegeta hat nur genickt und geknurrt, dass es an der Zeit sei, dass etwas vorwärts ging. Dann ist er wieder im Trainingsraum verschwunden. Seit die beiden aus dem Alll zurück sind, sehe ich Vegeta nur noch beim Essen."

"Vielleicht sollte ich mit ihm reden", meinte Yamchu zweifelnd. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Vegeta ihm zuhören würde. Was sollte er ihm auch sagen? Dass Vegeta aufhören sollte so zu tun, als ging ihm der Verlust Bulmas nicht nahe? Dass er sich mehr um ihre Eltern kümmern sollte, statt nur um sein Training?

Sein Gesicht war wohl ein offenes Buch, denn Frau Briefs schüttelte nur lachend den Kopf. "Nett gemeint, aber das musst du dir nicht antun." Sie strich über das Köpfchen einer soeben erblühten, weißen Rose und für einen Moment öffneten sich ihre sonst immer sorglos zwinkernden Augen weit, dass Yamchu ihre ernsthafte Entschlossenheit darin funkeln sehen konnte. "Falls es mir zuviel wird, stutze ich Vegeta selber zurecht."

Yamchu schluckte. Da würde er für sein Leben gern Mäuschen spielen. Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihm, dass der Sieger eines solchen Duells keineswegs hundertprozentig Vegeta heißen würde... Ohne etwas darauf zu sagen bückte er sich und schnitt die Rosen ab. Die Blumen im Arm folgte er Bulmas Mutter bis zur Haustüre.

"Danke für das Gespräch", sagte er und legte Handschuhe, Schere und Blumen in den flachen Korb, der vor der Schwelle stand. "Ich denke, ich gehe besser wieder zurück, ehe meine Freundin mich wieder mit eifersüchtigen Fragen löchert."

"Du willst keinen Tee?", Frau Briefs seufzte leise. Yamchu bekam ein schlechtes Gewissen, sie enttäuschen zu müssen, doch da erklang von der Straße her eine scharfe Stimme: "Hier steckst du also die ganze Zeit über, Yamchu!" Die kurvige rothaarige mit dem breiten Schmollmund stemmte die Fäuste in die Hüften. "Kaum dreht man dir den Rücken zu, hängst du am Rockzipfel einer anderen, dazu noch einer Blondine, die gut deine Mutter sein könnte."

Yamchu wurde abwechselnd blass und rot. "Aber Liebling, das siehst du völlig falsch, ich..."

"Spar dir deine Erklärungen für Zuhause, du Casanova. Aber denk nicht, dass du dich mit ein paar Pralinen und Komplimenten aus der Patsche retten kannst."

"Ist das deine neue Freundin, Yamchu?", fragte Frau Briefs nicht wenig amüsiert und ein bisschen geschmeichelt, dass eine jugendliche Schönheit sie als Konkurrenz betrachtete.

Yamchu nickte und seufzte tief. "Ja, das ist Leona, mein neues Herzblatt."

"Kommen sie doch herein, Leona!", rief Frau Briefs freundlich. "Ich habe Tee und Plätzchen für alle." "Was soll der Krach?", fragte eine dunkle Stimme hinter Frau Briefs und Vegeta trat ans Sonnenlicht. Schweißtropfen funkelten auf den ausgeprägten Muskeln seines nackten Oberkörpers und seine schmalen Augen ließen trotz seiner Größe keinen Zweifel daran, dass er gefährlich war.

Leona, die gerade noch eine scharfe Ablehnung auf der Zunge gehabt hatte, bekam auf einmal ganz große, weiche Augen. Yamchu sah es und erstarrte. "Tut mir leid, Vegeta, ich wollte nur mal kurz reinschauen, wie es so geht", sagte er hastig, verneigte sich kurz vor Frau Briefs und lief zu Leona auf der anderen Seite des Gartentores. "Danke nochmals für das nette Gespräch!", winkte er ihr zu. "Halt die Ohren steif, Vegeta. Es wird sicher alles glatt gehen, vertrau auf Herrn Briefs." Seine Hand packte Leonas mit festem Griff. "Komm schon, wir stören hier nur. Ich habe mich entschieden, wieder mit dem Training anzufangen. Du wolltest doch, dass wir uns ein paar Geräte für zu Hause anschaffen, oder?" Widerstrebend ließ sich Leona von Yamchu um die Ecke schleppen. Noch einmal drehte sie den Kopf zurück, um den kleinen Kämpfer an der Seite der älteren Blondine zu mustern. Tja, viel Kohle müsste man eben haben ....

"Was wollte Yamchu denn?", fragte Vegeta Frau Briefs. Sie hob lächelnd den Korb auf und schnupperte an den Rosen. "Er hat mir geholfen, die Blumen zu schneiden", sagte sie, "und er wollte natürlich wissen, wie weit mein Mann mit dem Radar ist."

"Hmmpf", schnaubte Vegeta nur und rieb sich mit dem Frotteetuch über das Gesicht. "Yamchu ist nicht der einzige", fuhr Frau Briefs fort, als hätte sie Vegeta nicht gehört. "Muten Roshi, Chichi und Kililin haben gestern angerufen. Sie alle hoffen und bangen mit uns. Bulma würde sich sicher darüber freuen."

Damit ließ sie Vegeta stehen und ging mit den Blumen in die Küche, wo schon eine mit Wasser gefüllte Kristallvase bereit stand. Vegeta folgte ihr und nahm sich eine Flasche Saft aus dem Kühlschrank. Schweigend sah er zu, wie sie die Blumen in der schweren Vase arrangierte. Als er die leere Flasche abstellte, trat Frau Briefs einen Schritt zurück, um ihr Werk zu mustern.

"Ich bin keine Künstlerin", sagte sie halblaut, "aber es sieht nett aus, oder?"

Vegeta, den sie dabei fragend anschaute, nickte knapp. Nicht dass er wirklich eine Meinung dazu hatte, aber er kannte ihre Hartnäckigkeit.

Sie fasste die Vase mit beiden Händen und schwankte unter dem Gewicht des massiven Kristallglases.

Vegeta gab sich einen Ruck und nahm ihr die Vase ab. "Lass mich das machen. Wohin soll sie?", fragte er ungeduldig.

Es zog ihn wieder in die Kammer zu den 100 G.

Denn nur wenn er ganz in seinem Training aufging, nur wenn jeder seiner Muskeln protestierte, nur wenn er an nichts anderes denken konnte wie an den nächsten Sprung, den nächsten Schlag... Nur dann gelang es ihm für kurze Zeit zu vergessen.

Zu vergessen, dass dieses sture Frauenzimmer ihn zurückgelassen hatte, dass sie ihm nicht genügend vertraut, nicht genügend an seine Kraft geglaubt hatte...

Zu vergessen, dass er sich dadurch genauso erniedrigt gefühlt hatte wie damals, als der lila haarige Junge zusammen mit Gokou die Kraft der Super Saiyans vorgeführt und er sich wie daneben wie ein unbedarfter Niemand vorgekommen war.

Dass sie ihm das angetan hatte - die Wut darüber war eines der Feuer, die am hellsten in seiner Seele loderten. Doch das Feuer des Zorns auf die Antiss, welche ihm die Möglichkeit genommen hatten, Bulma von Angesicht zu Angesicht deutlich die Meinung zu sagen, brannte am heißesten von allen.

Natürlich, hätte sie sich bei ihm demütig für ihre Dummheit entschuldigt.

Natürlich hätte er darauf bestanden, dass sie es wieder gut machte.

Ein neuer schwarzer Anzug, ein größerer Trainingsraum, eine neue Reise ins All...

Vielleicht hätte sie sogar geweint, weil sie es bereute, ihn so verärgert zu haben. Ihre großen, türkisen Augen hätten so weich und hilflos gewirkt, sie hätte sich an ihn geklammert, in um Verzeihung angefleht und irgendeinen romantischen Unsinn vorgeschlagen wie ein gemeinsames Bad oder ... Natürlich hätte er abgelehnt. Schließlich war ein Saiyanprinz nicht so leicht zu besänftigen. Der Stolz eines Saiyans war härter als das schwarze Zeugs. Er ließ sich nicht erweichen. Nicht durch verletzliche Blicke, nicht durch die Wärme weicher Arme und nicht durch die zitternde Süße heißer Küsse ...

"Hier entlang", riss ihn die Stimme von Bulmas Mutter aus den Gedanken. Er räusperte sich und hielt sich die Blumen vors Gesicht, damit sie die roten Flecken auf seinen Wangen nicht sah. Sie führte ihn aus der Küche hinaus, ein Stück den Flur entlang geradewegs zu Bulmas Zimmer, das er seit seiner Rückkehr stets in weitem Bogen umgangen hatte. Ohne zu zögern öffnete sie die Türe und trat ein. "Wird höchste Zeit, dass ich mal wieder lüfte", hörte er Frau Briefs sagen, die das Zimmer mit wenigen Schritten durchmaß, um das Fenster zu öffnen. Die warme Spätfrühlingsbrise strömte herein. Vegetas Blick fiel auf das Bett, wo Bulmas Lieblingsnegligé, das zarte Teil aus weißer Seide mit den dünnen Trägern lag. Die Erinnerung an jene Szene, wo er sie dort an die Wand gedrängt hatte und mit den Händen über die kühle Glätte gefahren war, kam wieder hoch.

Damals, ja damals hatte er noch den Ton angegeben. So würde es wieder sein.

Vielleicht sogar besser.

"Du kannst die Blumen auf das Nachtkästchen stellen", hörte er Bulmas Mutter sagen. Er stellte die Kristallvase auf das weiße Spitzedeckchen und trat einen Schritt zurück, weil der Duft zu intensiv süß für seinen Geschmack war.

"Wozu das Grünzeug?", fragte er kopfschüttelnd. "Bis sie wiederkommt, ist es verwelkt."

"So habe ich es damals auch gemacht", sagte Frau Briefs ruhig "Als sie nach Namek aufbrach. Jeden dritten Tag stellte ich frische Blumen hin und wartete auf ihre Rückkehr. Sie ist sicher und wohlbehalten zurück gekommen und hat uns die vielen Gäste beschert."

Sie trat an Vegeta vorbei zum Nachkästchen und arrangierte die Rosen sorgfältig. "Ich tue das nicht für sie, Vegeta, sondern für mich. Solange ich glauben kann, dass es ein Wiedersehen gibt, solange meine Hoffnung lebt, solange werden in ihrem Zimmer die Blüten duften. Für mich und für alle, die an Bulmas Heimkehr glauben."

"Dann waren die blauen Blumen am Montag..."

"Ja die Vergissmeinnicht waren auch für Bulmas Zimmer. Jetzt sind die ersten, frühen Rosen an der Reihe. Danke für deine Hilfe, Vegeta."

Lächelnd spazierte sie aus dem Zimmer, ohne dass sie ihn zum Mitkommen aufforderte.

Vegeta streckte sich und blickte wieder zu dem seidige Negligé hin. Er sah sich um, ob Bulmas Mutter wirklich außer Sichtweite war, dann streckte er die Hand danach aus und strich sacht darüber. Der Seidenstoff blieb an seinen rauhen Fingern kleben und für einen flüchtigen Moment packe er das Negligé und drückte es an sein Gesicht, um Bulmas Duft zu atmen. Doch da war keine Spur davon, es roch einfach nur sauber, eben frisch gewaschen. Angewidert ließ er den zerknüllten Stoff wieder auf das Bett fallen. Irgendwie verstand er sich selber nicht, ja, er hatte viel zusammen mit ihr erlebt und ja, es war unterhaltsam, sich mit ihr zu streiten. Sie hatte ihre Vorzüge und jene Nacht im Raumschiff ... nein! Energisch schüttelte er den Kopf, um wieder klar zu sehen. Ein Vergnügen war es gewesen, ja, aber vielleicht hätte er mit einer anderen dasselbe erlebt, oder noch etwas Besseres. Ja, wenn statt Bulma diese Saiyan-Kriegerin (wie hatte sie noch geheißen?) an seiner Seite gelegen hätte, könnte er jetzt schon ein paar reinblütige Nachkommen haben. (Nicht dass er genau wusste wie lange Saiyan- Frauen trächtig waren, aber da sie alles besser uns schneller konnten wie Erdlingsfrauen, kamen ihre Kinder sicher auch rascher und gesünder und stärker auf die Welt).

Wer wollte schon ein weinerliches Würstchen von einem Mischling zum Sohn, wie es Gohan gewesen war, ehe Piccolo ihn trainiert hatte? Entschlossen schob er jeden sentimentalen Gedanken zur Seite und machte sich auf ins Bad, um sich vor der nächsten Trainingseinheit zu erfrischen.

.................................

Bantor erwachte von einem wohl bekannten Laut aus der Nebenkammer. Bulma übergab sich mal wieder in den Abfallschacht. Er wälzte sich herum, aber auch als das Würgen verstummte, konnte er nicht wieder einschlafen.

Seit gut drei Wochen ging das nun schon so. Obwohl sie seit Bulmas neuen Fallen und ihrem Spezialdetektor mehr Nahrung hatten denn je, aß sie wie ein Spatz. Dabei hatte er gehofft, dass sie sich jetzt, gut drei Monate nach ihrer Ankunft, einigermaßen angepasst hätte.

Seufzend setzte er sich auf und gähnte. Dank Bulmas Genie und ihrer Arbeitswut hatten sie vor kurzem so etwas wie ein Haus, statt der alten Höhle als Unterkunft. Jeder von ihnen hatte eine eigene Kammer, durch eine Kunststoffwand von den anderen getrennt. Querl war regelrecht ausgerastet vor Freude, endlich ein Refugium für sich zu haben. Bulma bestand darauf, dass sie von ihren Punkten auch etliche für Reinigungsmittel und Wasser verbrauchten und langsam gewöhnte er sich daran, dass seine Haare locker und sauber statt filzig und verdreckt waren. Überhaupt war Bulma der Glücksgriff seines Lebens. Dank ihr hatten Querl und er die Qualifikation für den Außendienst bestanden. Bulma selbst hatte abgelehnt, da mitzumachen. Eine weise Entscheidung angesichts der harten Knochenarbeit. Doch ihre Lehrstunden trugen reiche Frucht. Vor allem Querl erwarb ein Gespür für wertvolle technische Teile, die dann er, Bantor, mit Geschick und Kraft herausschnitt. So waren viele neue Punkte auf ihren Karten dazu gekommen, viele Einheiten, die für Wasser und sogar für Igeras' Medizin gereicht hatte. Vielleicht war Bulma jetzt zugänglicher für seinen Vorschlag, sich in der Badekabine einem medizinischen Check unterziehen zu lassen. Dafür hatten sie ja schließlich den vollautomatischen Untersuchungsraum, und dank der vielen Einheiten konnten sie sogar teure Behandlungen eines Roboterarztes beantragen, oder teure Medizin wie für Igeras, der so fit und frisch war wie schon seit Jahren nicht mehr.

Bantor schlug die Decke zurück, wälzte sich von seiner Matratze und tapste auf den Gang, der an allen Kammern vorbei in den Gemeinschaftsraum führte. Er klopfte leise an die Tür zu Bulmas Kammer, doch da keine Antwort kam, drückte er sie vorsichtig auf. Es roch säuerlich. Im bleichen Licht des Leuchtstabes, der mit Klebeband an der Wand über ihrem befestigt war, sodass sie ihn im Liegen ein und aus schalten konnte, kauerte Bulma wie ein Häufchen Elend auf ihrem Bett. Schweiß stand in kalten Tropfen auf ihrem Gesicht und sie atmete schwer.

"Bulma!" Im Nu war Bantor an ihrer Seite und legte seine schwielige Hand au ihre nackte Schulter. Bulma trug nur ein paar Shorts und ein kurzes Hemdchen, der Overall lag sauber zusammen gefaltet auf dem Stuhl, den sie sich selbst gebastelt hatte. "Du Arme, wenn es so schlimm ist, lass dich bitte untersuchen."

"Ich bin nicht krank, Bantor", sagte Bulma heiser, die Kehle wund von der Galle, die immer wieder hochgekommen war. "Es wird nur noch ein paar Wochen so gehen, dann hört es hoffentlich auf." "Wovon redest du?", Bantor verstand ihre Winke nicht. "Das was du durchmachst ist doch nicht normal."

"Ich kenne deine Art zu wenig", sagte Bulma und hob den Kopf. Ihre Augen waren rot und geschwollen. Wie lange sie still vor sich hin geschluchzt hatte? "Bei meiner Spezies wird den Frauen meistens eine Weile lang übel, wenn sie ein Kind erwarten." Ihre Hand wanderte zu ihrem gewölbten Bäuchlein und rieb sacht darüber.

Jetzt verstand Bantor endlich. "Du bist trächtig?" Er strahlte über das ganze Gesicht. "Das ist wie ein Wunder. Wir werden eine richtige Familie sein. Du die Mutter, ich der Vater, Igeras der Großvater und Querl der große Bruder." Sacht legte er die Arme um Bulma und drücke sie an sich. "Ich bin glücklich." Bulma entspannte sich und legte ihre Wange an seine warme, starke Brust. Es tat gut, so gehalten zu werden und für einen Moment ließ sie sich treiben. Als jedoch Bantor seine Lippen auf die ihren legte, zuckte sie zurück und ging in Abwehrhaltung. "Bitte nicht...", flüsterte sie heiser. Ihre vor Angst geweiteten Augen und die einsame Träne, die über ihre Wange lief, waren abschreckender als jeder Schlag und jedes Gezeter. Bantor ließ sie los und ging auf Distanz. Er wollte sie glücklich machen, nicht traurig und dass sie sich vor ihm fürchtete war das allerletzte, was er sich wünschte. "Wieso?", fragte er rauh. "Weil ich nicht von deiner Art bin?"

Bulma schüttelte energisch den Kopf. "Nein. Das Baby...", ihre Hand wanderte wieder hinab zu ihrem Bauch, "sein Vater ist auch nicht ..."

"Du erinnerst dich?", platzte Bantor heraus. "Warum hast du nichts gesagt?"

"Ich erinnere mich nicht an alles", murmelte Bulma und starrte an ihm vorbei auf die Wand. "Ich weiß wieder, was während meiner Suche nach den Dragonballs passiert ist, wie ich Yamchu und Gokou kennen gelernt habe und dass ich danach mit Yamchu zusammen war."

"Ist er der biologische Erzeuger deines Jungen?", fragte Bantor.

"Nein. Da ist jemand anderer. Ich sehe manchmal einen Schatten seines Gesichts in meinen Träumen. Aber ich erinnere mich weder an seinen Namen noch daran, dass ich ihn liebe."

"Dann vergiss ihn einfach wieder", drängte Bantor leidenschaftlich, ging in die Knie und nahm ihre Hände in die seinen. "Du hast es doch gut bei uns, oder? Wir werden auch für dein Baby sorgen, es wird ihm an nichts fehlen, glaube mir."

Ein unendlich trauriges Lächeln huschte über Bulmas Gesicht. "Ich möchte, dass mein Kind Blumen blühen sieht, das Rauschen von Bächen hört und den harzigen Duft der Kiefern atmet. Ich möchte, dass es nach den Blütenblätter von Vaters Kirschbaum greift, wenn sie wie Schnee von den Zweigen tanzen. Ich will, dass es den Wind in den Haaren spürt, die warme Erde unter seinen Zehen und den süßen Geschmack wilder Erdbeeren kostet. Ich will für mein Kind nicht nur eine Kammer im Bauch eines Raumschiffes, ich will für mein Kind eine ganze Welt."

"Das ist Unsinn!" Bantor erhob sich abrupt. "Das sind Geschichten für Igeras, aber wenn du glaubst, dass du jemals von hier fliehen kannst, schlag dir das aus dem Kopf. Wir haben kein Schiff."

Bulma hob den Blick zu seinem enttäuschten Gesicht. In ihren Augen funkelte eine Entschlossenheit, die Bantor noch nie zuvor gesehen hatte. "Oh doch", sagte sie und ihr Lächeln ließ die Luft ringsum knistern. "Oh doch, wir haben ein Schiff und zwar ein recht großes."

Bantor begriff und wurde kreidebleich. "Weißt du, wovon du redest? Die Antiss..."

"...verlassen sich darauf, dass ihr zu dumm seid, um euch zu wehren, zu sehr damit beschäftigt zu überleben und zu verzweifelt, um zu hoffen. Wir werden uns mit den anderen Territorien zusammen tun. Ich habe inzwischen auch dank euren Beschreibungen genug von der Konstruktion begriffen, um einen Weg zu finden, wie wir der Schlange den Kopf abschlagen. Alles was wir brauchen sind Waffen, die ich bauen kann und entschlossene Hände, die sie gebrauchen. Diese Hände wirst du für mich finden und dann mischen wir diese Monster auf, die uns in Gestank und Finsternis wie die Würmer vegetieren lassen..."

Bantor kamen hundert Argumente in den Sinn, warum das niemals klappen würde.

"Lass es uns versuchen", kam es von der Tür her. Igeras und Querl hatten sich ebenfalls Sorgen um Bulma gemacht und das Gespräch mitgehört. "Fluchtversuche mit Rettungskapseln hat es schon öfters gegeben", sagte Igeras, "aber die Antiss rechnen sicher nicht damit, dass jemand ihren Teil des Schiffes stürmen könnte."

"Genau. Ich will auch all die Dinge sehen und erfahren, die Bulma kennt", sagte Querl entschlossen. "Auf jeden Fall will ich nicht hier krepieren und verwertet werden wie meine Mutter."

Bantor sah die beiden lange an, warf einen Blick auf Bulmas sture Miene und sagte seufzend. "Also gut, riskieren wir eben Kopf und Kragen für einen irrsinnigen Traum. Wir haben nicht mehr zu verlieren als unser jämmerliches Leben."

"Danke!", Bulma kamen wieder die Tränen, "danke, euch allen drei. Wir werden es schaffen!"

....................

"Das wäre der letzte!" Vegeta fischte den Dragonball aus dem Wespennest, ohne die wütend summenden Insekten eines Blickes zu würdigen. Die Macht seiner Kampfesaura allein hielt sie auf Distanz.

Er steckte den Dragonball mit den zwei Sternen zu den anderen in seinen Rucksack. Die orangen Kugeln begannen pulsierend zu glühen, wie ein Aufruf, endlich ihre ganze Kraft freizusetzen. Vegeta flog in Windeseile zurück zur Stadt, wo die Briefs seiner Rückkehr harrten.

"Hast du sie alle?", fragte Herr Briefs gespannt und Vegeta nickte. "Dann machen wir es so wie verabredet."

"Gut, ich fliege mit dem Raumschiff los und schnappe mir die Antiss. Wenn sie den Raumanzug bereits zerlegt haben, funke ich das euch. Ihr müsst dann eben mit dem ersten Wunsch diesen wieder intakt auf die Erde wünschen und wir warten ein weiteres Jahr um Bulma selbst zurück zu holen. Sollte ich den Anzug unbeschadet in die Hände bekommen, könnt ihr Bulma gleich mit dem ersten Wunsch wieder erwecken."

"So ist es am sinnvollsten", nickte Herr Briefs. Sie hatten in den vergangenen Wochen viel gerätselt, was sie in welcher Reihenfolge tun sollten. Natürlich hätten sie gleich den Raumanzug wünschen und Vegeta dadurch die Reise ersparen können, aber der berechnete Punkt, wo er das Schiff der Antiss abfangen konnte, lag nur zwei Flugtage entfernt, und das war fast nichts im Vergleich zu einem verlorenen Jahr.

Vegeta übergab Herrn Briefs die Dragonballs, schärfte ihm nochmals ein, wie sie zu benützen waren und startete mit dem Raumschiff auf jene Reise, die ihm endlich die lang ersehnte Rache bringen würde, auf die er fünf Monate gewartet hatte.

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"Das ist der Plan", sagte Bulma und entrollte die biegsame Folie vor der versammelten Gemeinschaft. Es war ein wirklich bunter Haufen, der sich von Bantor hatte anwerben lassen. Die große Zahl an Punkten, die er vorweisen konnte und teilweise auch freigiebig austeilte waren dabei sehr nützlich gewesen.

Die Waffen, welche Bulma aus hunderten Teilen zusammen gebaut hatte, mochten lächerlich aussehen, aber sie hatte dafür gesorgt, dass jeder eine bekam, die zu seinen Talenten passte und eine ganze Reihe von Scharfschützen waren ebenso zur Stelle. Die Antiss würden sich wundern. "Wir nehmen gleichzeitig die Schächte, die ich gefunden und geöffnet habe. Es sind alles Wartungsschächte, die wohl am Beginn der Reise nötig gewesen sind, aber wie unsere Erkundungen gezeigt haben, benützt sie heute keiner mehr. Viele Bereiche des Schiffes sind längst aufgegeben worden und ich habe den Verdacht, dass die Zahl der Antiss auch stetig zurück ging. Wahrscheinlich haben sie im Ausgleich mechanische Helfer entwickelt, also nehmt euch vor ihren Robotern in Acht." Allgemeines Nicken und zustimmendes Räuspern. "Die Führer jedes Trupps sowie ihre Stellvertreter und ein paar ausgesuchte Kämpfer haben Kommunikatoren bekommen, wir werden uns alle gegenseitig verständigen. Sobald das Schiff in unseren Händen ist, steuern wir bewohnbare Planeten an. Wer sich mit Schiffen auskennt, kann auch eines der Beiboote nehmen oder eine Rettungskapsel benutzen. Wir haben dann alle Freiheit die wir brauchen."

"Sieg und Tod den Antiss!", rief Bantor.

"Sieg und Tod den Antiss!", grölte der Trupp unisono.

"Dann los!", rief Bulma und die Teams trennten sich.

Bulma, Querl und Bantor bildeten zusammen mit einer weiteren Hand voll Humanoiden einen Trupp.

Ihr Schacht war jener, welcher der seit Urzeiten verschlossenen Luke, die den unteren Bereich vom Aufgang zu den höheren Ebenen trennte, am nächsten war. Bulma war bei der Entdeckung der Schächt erstaunt gewesen, wie leicht es war, deren Öffnungscodes zu knacken und dass es keinerlei Alarm gegeben hatte. Die letzten Wochen waren sehr aufreibend gewesen, für sie alle. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie sich in den dunklen Schacht hinab ließ. Bantor, der als Führer ihres Teams zuerst hinab gestiegen war, fing sie sicher auf.

Hier unten war es dunkel und stickig wegen dem Staub von Jahrhunderten, der bei jedem Schritt in dicken Flocken hoch wirbelte. Es würde dennoch ein weiter Weg sein, bis sie jenen Bereich erreichten, wo die Brücke mit allen Steuerungen vermutet wurde.

Sie und Bantor wechselten einen langen Blick. Er fasste kurz ihre bebende Hand und drückte sie sacht. "Wo ist denn der kleine General, der uns alle voran getrieben hat, das Undenkbare zu wagen?", spottete er kaum hörbar. "Du wirst doch jetzt nicht aufgeben wollen, oder?"

Sie fasste sich und sah sich um. Hier war eine Leitung, die offenbar noch Strom führte, wenn sie ihr folgen, müssten sie in den benutzten Teil des Schiffes gelangen.

"Hier entlang", rief sie zurück und grinste Querl ermutigend zu. Der Junge war ganz blass vor lauter Aufregung, aber er hatte um keinen Preis zurück bleiben wollen.

Das Team setzte sich Bewegung.

....................................

"Achtung, Achtung! Zielobjekt nähert sich. Ich wiederhole, Zielobjekt nähert sich!"

Vegeta, der im Pilotensitz gedöst hatte, schreckte auf. Ja, das war es ohne Zweifel. Genau das monströse, hässliche Teil, auf das er an diesem Punkt seit gut einer Woche gewartet hatte.

Er drückte die entsprechenden Tasten und aktivierte das Programm, das er zusammen mit Prof. Briefs ausgearbeitet hatte. Dank der Aufzeichnungen, die er vom ehemaligen Stützpunkt Freezers geholt hatte, und wo nicht nur die Route sondern auch Pläne und weitere wichtige Faten über die Antiss und die Sammlerschiffe verzeichnet gewesen waren, war es ihm gelungen, einen Weg zu finden, wie er unbemerkt an eine der Andockluken heran kam. Hier bei diesem Winkel müssten ihre Sensoren Bulmas Hope mit ihrem neuen Tarnschirm nicht orten können.

Es klappte problemlos und Bulmas Hope koppelte an das riesige Schiff an. Vegeta zog den von Herrn Briefs extra für die Ortung des Raumanzuges entwickelte Radar hervor und erkannte, dass er ziemlich in die Tiefe steigen musste, um in dem Bauch des riesigen Schiffes nach dem Anzug zu suchen. Aber ein Signal war da und das bedeutete, dass es Hoffnung gab.

Vegeta verschlug es fast den Atem angesichts des Gestanks in dem Gang, in welchen die Luke mündete. Das riesige Schiff war innen erstaunlich leer, aber er konnte den Geruch von frischem Blut nicht leugnen, der von einem der oberen Decks stammen musste. Er lauschte und hörte das Entladen von Energiewaffen sowie das Geschrei von Verwundeten und Sterbenden. Irgend etwas war hier im Gange.

Eigentlich sollte ihm das nur recht sein, denn je mehr die Antiss mit anderen Problemen beschäftigt waren, desto weniger würden sie sein Eindringen bemerken.

Aber der Kämpfer in ihm riet zur Vorsicht. Erst wolle er herausfinden, was da vor sich ging und ob es ihm zum Nutzen gereichen konnte. Vorsichtig pirschte er sich näher und näher an das Kampfgeschehen heran. Die ersten Toten, Antiss ohne Zweifel, lagen in den Gängen. Er fand aber auch Leichen von verschiedensten anderer Rassen, nach den stinkenden Fetzen, in welche sie gekleidet waren wohl zu den Ratten gehört haben mussten.

Einer der Rattenleute war noch am Leben. Vegeta bückte sich und schüttelte ihn. "He, was ist hier los?", fragte er direkt.

Der getroffene, ein Echsenmensch mit blassblauer Haut und rot unterlaufenen Augen hustete Blut, schnappte nach Luft und seine eher kleine Hand packte Vegeta am Ärmel. "Du bist kein Antiss... hilf General Bulma, bitte. Die Antiss sind zäher als wir gedacht haben..."

Vegetas Herz machte einen Luftsprung. "General Bulma? Eine Frau von der Erde mit türkisen Haaren?" Er hob das sonderbar geformte Energiegewehr auf, das neben dem Getroffenen lag. "Hat sie das zusammen gebaut?"

"Sie hat alle Waffen gebaut. Sie ist ein Genie. Die Antiss werden sie nicht am Leben lassen..." Wie es geschehen konnte war Vegeta egal. Es zählte nur dass sie lebte. Die Antiss würden sie nicht bekommen. Nicht solange er da war.

Er ließ den Kopf der Echse zu Boden sinken und sprang auf. Vergessen war alle Vorsicht, jetzt zählte nur Kraft und Geschwindigkeit.

Vegeta flog durch die Gänge, die Schächte hinauf immer näher dem Zentrum des Kampflärmes. An den Aufschriften erkannte er, dass er gleich bei der Brücke sein musste.

Die Türe war aufgesprengt worden und es stank nach verbranntem Fleisch, Blut und verschmorten Kabeln.

Vegeta hustete und kämpfte sich durch den Qualm in die Mitte des Raumes vor, wo ein paar Antiss eine kleine Gruppe eingekreist hatten. Die Ameisen- ähnlichen Wesen hatten offenbar ihren Spaß daran, kurze Schüsse auf die Gruppe abzugeben, die dann ihrerseits mit wilden Attacken antworteten, um sogleich wieder hinter einigen Geräten in Deckung zu gehen. Vegeta sah einen langen türkisen Zopf seitlich hervor schauen und war nicht mehr zu halten. Mit einem Schrei, der nicht nur den Antiss das Blut in den Adern gefrieren ließ schoss er auf sie los und fegte mit seinen goldgelben Energieschüssen die Antiss zur Seite. Ihre rauchenden Körper fielen zu Boden, zuckten noch ein bisschen und erstarrten.

"Bulma!" rief Vegeta und winkte wild. "Komm endlich raus, damit ich dich sehen kann!" Bulma hob vorsichtig den Kopf über den Schaltkasten und als ihre Blicke Vegetas dunkle Augen trafen war es, als würde eine Türe aufgestoßen. Alle vergrabenen Erinnerungen strömten auf sie ein, sie wusste wieder warum sie im All getrieben hatte, wusste wieder warum sie Vegetas Kind trug und dass er gekommen war, um sie zu retten (auch wenn er sich damit ruhig hätte beeilen können). All die Liebe zu ihm leuchtete in ihren Augen auf und sie erhob sich, um auf ihn zuzulaufen und ihn fest zu drücken, damit dieser Abtraum endlich ein Ende hatte.

Vor lauter Hast stolperte sie, doch Bantors starker Arm umfing sie von hinten und hielt sie fest. Er half ihr, sicher aus dem Versteck zu treten und warf dem gefährlichen Neuankömmling einen misstrauischen Blick zu.

"Bulma, Liebes, kennst du ihn?", fragte er halblaut und legte den Arm beschützend um ihre Schultern. Vegeta sah die Vertraulichkeit, sah das Bulma sich nicht wehrte und zog eine Braue hoch. Was war da im Gange? Dann erst fiel sein Blick auf ihren gewölbten Bauch und er erstarrte.

"Hallo, Bulma", sagte er mit distanzierter Stimme, die sich gar nicht wie seine eigene anhörte. "Du hast ja nicht viel Zeit mit Trennungsschmerz vergeudet, wie ich sehe ..."

Ende des 18.Teils