Nur ein Lächeln
Teil 20
Vegeta hatte sich selten so absolut hilflos gefühlt. Was dachte sich diese Frau denn dabei? Hatte sie denn keinerlei Kontrolle über ihre Körperfunktionen?
Offensichtlich nicht und so tat er das einzige, das ihm einfiel, er hob sie auf und marschierte mit ihr Richtung Haus.
"Nicht da lang!" Bulmas Nägel bohrten sich in seine Oberarme. "Ins Krankenhaus, bring mich ins St. Nimrod Krankenhaus, die haben dort alle Untersuchungen gemacht." Vegeta fiel ein, dass sie ihn ein paar Mal gefragt hatte, ob er nicht mitkommen wollte. Jetzt bereute er seine Absagen, denn er hatte keine Ahnung, wo sich das besagte Krankenhaus befand.
"Halte dich gut fest!", sagte er und drückte Bulma enger an sich. "Ich fliege dich hin!"
Bulma quietschte vor Schreck und machte die Augen fest zu, als er mit ihr in die Höhe stieg und über die Dächer dahin flitzte, immer Ausschau haltend nach einem Kreuz.
"Wo ist denn das verdammte Ding?", fragte er unwirsch.
Bulma blieb keine Wahl, als die Augen zu öffnen und nach unten zu blicken. "Ich ... ich kann mich von hier aus nicht orientieren. Wir müssen landen, sonst weiß ... uhhh!" Vegeta konnte spüren, wie sie sich in seinen Armen krümmte und es schnitt ihm ins Herz. Wann hatte er das letzte Mal hilflos zusehen müssen wie sie litt?
Damals, im Raumschiff, als sie ihm ihre Gesundheit geschenkt und seine Vergiftung übernommen hatte. Ihm fiel ein, dass er noch nie auch nur ein Wort des Dankes darüber verloren hatte.
Sie landeten auf dem Gehsteig nahe einem Taxistand. Vegeta fiel ein, dass er ja schon einmal mit so einem Dings zum Ziel gekommen war, damals, als Bulma das Opfer dieses Manhip geworden war. Entschlossen ging er zu den wartenden Taxis, deren Lenker seine Ankunft mit offenen Mündern beobachtet hatten.
"He, ihr da! Weiß einer wo das St. Nimrod Krankenhaus ist?"
"Das gibts ja nicht!" Der vorderste Taxifahrer sprang aus dem Wagen und lief auf Vegeta zu. "Du schon wieder! Habe ich es mir gleich gedacht. Einen fliegenden Punk vergisst man so rasch nicht!" Vegeta sah ihn an und runzelte die Stirn. "Kennen wir uns von irgendwoher?"
"Aber ja doch, erinnerst du dich nicht? Ich habe dich mal quer durch die Stadt gefahren zu einer so komischen Adresse. Doktor ... Doktor Mannig oder so ähnlich." Der Taxifahrer riss den Schlag seines Wagens auf. "Was ist mit ihr?" Er wies mit einem Kopfnicken auf Bulma. "Kommen die Wehen schon regelmäßig?"
Vegeta zuckte schwach mit den Achseln. "Woher soll ich das wissen. Sie will unbedingt in das St. Nimrod Krankenhaus. Ist das in der Nähe?"
"Steigt ein, beide", sagte der Taxilenker. "Es sind nur ein paar Minuten von hier. Meine Frau hat da auch unsere zwei Schätze zur Welt gebracht. Die Ärzte dort sind wirklich sehr gut."
Vegeta wollte eigentlich eher fliegen, um seine Last so rasch als möglich los zu werden. Aber er sah ein, dass eine Wegerklärung fast noch länger dauern konnte, als die Fahrt, und so kletterte er mit Bulma in den Armen auf den Rücksitz.
"Ich habe aber kein Geld dabei", sagte er wie schon einmal. "Und ob sie welches dabei hat..."
"Ach was!", winkte der Taxilenker ab, "das ist ein Notfall, versteht sich. Außerdem werden meine Kollegen sicher ein paar Runden springen lassen, damit ich ihnen nachher alles haarklein erzähle." Der Taxilenker stieg in den Wagen und startete den Motor. Als sie losfuhren, gab es nicht einmal einen Ruck wie sonst immer, es schien als bemühte sich der Fahrer Bulmas wegen um eine behutsame Fahrweise. "Sonst ist um diese Zeit hier immer ein grässlicher Stau", sagte er und gab vorsichtig mehr Gas, "aber heute haben sie drei Blocks weiter unten eine neue Baustelle aufgemacht, daher ist zumindest aus dieser Richtung heute nichts los. Du und deine Frau, ihr habt echt Glück." Vegeta öffnete den Mund, um die Sache richtig zu stellen, aber da krampfte sich Bulma erneut zusammen. Im Rückspiegel erkannte der Lenker, dass Vegeta der Schweiß in dicken Tropfen auf der Stirn stand und nickte verständnisvoll.
"Euer erstes, nicht wahr?" Eine Antwort wartete er erst gar nicht ab. "Tja, das ist mit nichts zu vergleichen, ich weiß nur zu gut, dass ich mir damals trotz aller Vorbereitungskurse fast in die Hosen gemacht habe, als es los gegangen ist. Man sagt immer, Männer könnten kein Blut sehen, aber was bei einer Geburt so los ist, würde auch einem Saurier den Magen umdrehen."
"So schlimm?", Vegeta mochte es nicht glauben. "Ich habe schon einiges an Kämpfen mitgemacht, wo es nicht gerade zimperlich zu ging...."
"Das gleiche hat der Kerl damals neben mir auch gesagt. Sah dir übrigens nicht unähnlich, hatte auch jede Menge schwarzer Haare und so. War auch sein erstes. Unsere Frauen lagen im gleichen Zimmer, mit all den Ärzten und Hebammen rings herum, ging es zu wie im Bienenhaus. Irgendwas war wohl bei seiner Frau besonders, denn da war dreimal so viel Personal wie bei meinem Engel. Irgendwie hat er einem fast leid tun können, dieser Gokou."
Vegeta zuckte zusammen. "Gokou? Wie hieß die Frau?"
"Hmm ...", der Fahrer überholte zwei Wagen vor ihnen und bog in eine noch breitere Straße ein, auf welcher der Verkehr reger wurde. "Ich glaube so was wie Kiki oder ähnlich. Man hätte kaum glauben können, dass sie in den Wehen liegt. Während meine Alice gekeucht hat und nach Luft schnappte, hat diese Kiki ihrem Mann noch die Leviten gelesen, wegen einem Job, den er nicht angetreten hat, oder so."
"Chichi", sagte Vegeta und sah auf Bulmas bleiches, schweißüberströmtes Gesicht herab. "Ihr Name ist Chichi und nicht Kiki."
"Oh, sind die beiden Freunde von dir? Dann weißt du ja vielleicht, was da los war. Die Ärzte wollten unbedingt eine Blutprobe von diesem Gokou, aber kaum hat der eine Nadel gesehen, ist er bleich geworden wie ein Gespenst. Kaum zu glauben bei einem Kerl mit solchen Muskeln, aber er hat gezittert wie Espenlaub. Erst als seiner Frau die Luft zum Schimpfen ausgegangen ist und er gesehen hat, dass es ernst wird, hat er nachgegeben. Seinen Schrei hat man aber vom Labor im zweiten Stock bis zum Kreissaal im fünften hören können."
"Freunde nicht gerade", sagte Vegeta, ohne genaue darauf einzugehen, "gab es denn Komplikationen bei Gohans Geburt?"
"Kann man wohl sagen. Mein Erstgeborener war längst da, da hat diese Chichi immer noch in den Wehen gelegen. Ich glaube es waren fast 20 Stunden. Meine Alice hat mir erzählt, dass die Ärzte zuerst einen Kaiserschnitt machen wollten, es dann aber doch nicht gewagt haben. Eine Weile lang stand es auf Knopf und Spitz, ob die Mutter die Geburt überlebt. Irgendwas war mit der genetischen Übereinstimmung, weiß der Kuckuck was genau, ich bin ja kein Arzt und meine Alice auch nicht. Aber eines hat sie mir noch erzählt, als es dann soweit war und das ganze Blut kam mit dem Baby, da ist doch dieser Kämpfer tatsächlich in Ohnmacht gefallen. Meine Alice war sehr stolz auf mich, dass ich durchgehalten habe. Leicht war es nicht, das kann ich dir sagen."
Ansonsten schätzte Vegeta Gesprächigkeit bei anderen als eher lästig ein, doch dieses Mal hatte er nichts dagegen, den Taxilenker einfach reden zu lassen. Allerdings musste er die Informationen erst noch verdauen. 20 Stunden waren es bei Chichi gewesen. 20 Stunden. Bulma hatte diese Krämpfe erst seit vielleicht zwanzig Minuten und es kam ihm schon eine Ewigkeit vor. Er hätte nie gedacht, dass Gebären eine solch gewaltige Sache wäre. Man sollte doch denken, dass so ein Kind rasch ans Licht wollte, statt ewig zu trödeln.
Genetische Übereinstimmung. Das klang wichtig. Saiyan und Mensch? Nun, ihn ginge das ja nichts an, ging es doch bei Bulma um Jennyhr und Mensch. Oder etwa nicht?
"Wir sind gleich da!" Mit einem Blick in den Rückspiegel vergewisserte sich der Fahrer, dass es bei Bulma noch nicht ganz soweit war, gab Gas und bog mit quietschenden Reifen links ab. "Da vorne, das weiß gestrichene Gebäude, das ist St. Nimrod."
Vegeta war sehr erleichtert, als das Auto zum Stillstand kam. Er stieg vorsichtig aus und trug Bulma die Stufen hinauf zum Eingang.
"Alles Gute dir und deiner Frau!", rief der Taxilenker ihm noch nach, ehe er sich wieder an Steuer setzte und zu seinem Stand zurück brauste. Irgendwie hatte er kein allzu gutes Gefühl. Wenn die Komplikationen bei der Türkishaarigen ähnlich waren wie bei dieser Chichi damals, war es ungewiss, ob sie es überleben würde. Wie hatten die Ärzte damals doch gesagt? Chichi hatte Glück gehabt, dass sie eine trainierte Kampfsportlerin war und daher eine gute Konstitution hatte. Diese Frau hingegen sah nicht so als, als wäre sie sonderlich durchtrainiert.
Auf jeden Fall würde er nach seiner Schicht beim nächsten Schrein vorbei schauen und für eine gute Geburt beten...
Als Vegeta mit Bulma auf dem Arm durch den Eingang trat, war es, als hätte jemand auf einen Alarmknopf gedrückt. Im Nu waren die beiden von einem Rudel von Ärzten und Schwestern umgeben.
"Lassen Sie mich das machen", sagte ein groß gewachsener Krankenpfleger und wollte ihm Bulma abnehmen. Vegeta wich einen Schritt zurück und drückte sie fester an sich. "Sie ist nicht zu schwer", sagte er abwehrend. Bulma, die gerade eine kurze Verschnaufpause hatte, legte seufzend ihren Kopf unter sein Kinn und murmelte. "Danke, Vegeta, es ist schon gut. Die Leute hier sind kompetent."
Ein Krankenbett wurde herbei gekarrt und widerstrebend bettete Vegeta Bulma auf das weiße Laken. Ihr Gesicht war so blass und sie sah irgendwie so schmal aus, trotz des gewölbten Bauches.
"Sie sind aber um einiges zu früh dran, Fräulein Briefs", sagte der Chefarzt mit gerunzelter Stirn. "Ich bin nicht sicher, ob wir die Wehen noch mit Medikamenten zum Stillstand bringen können."
Bulma stemmte sich mit den Ellbogen etwas hoch und fixierte ängstlich den Arzt. "Wie hoch sind seine Chancen, wenn es jetzt passiert?"
Der Chefarzt blickte auf seine Unterlagen und seufzte. "Wenn ich das sagen könnte ... der Embryo ist für sein Alter laut der letzten Ultraschallmessung schon erstaunlich weit entwickelt... aber wenn wir die Werte mit dem Fall Son vergleichen, wäre das kein Wunder. Wir sollten es tun."
"Gut!" Bulma sank zurück auf das Bett und atmete hörbar aus. "Was immer passiert, mein Baby muss es schaffen!"
"Keine Sorge", sagte eine Schwester und wischte Bulma mit einem Tuch den Schweiß aus dem Gesicht. "Wenn das Kleine nur ein bisschen nach seinem Vater kommt...", sie warf Vegeta einen bedeutungsvollen Blick zu, den dieser mit einem "Phhh!" und Achselzucken quittierte. Warum zum Teufel glaubten alle, dass es sein Kind war?
"Nun aber los!", kommandierte der Chefarzt und das Bett wurde eilig auf den Patientenlift zu geschoben.
Vegeta zögerte. Er hatte seine Schuldigkeit getan. Eigentlich könnte er nach Hause fliegen und weiter trainieren.
"Psst... glaubst du, er übersteht es?", flüsterte in einer Ecke eine junge Lernschwester der anderen zu. Diese musterte Vegeta kurz. "Sicher nicht, hast du den Blick gesehen? Der kann offenbar nicht mal den Gedanken an Blut ertragen. So sind sie meistens, viel Muskeln aber wenn es hart auf hart kommt..." Vegetas Hände ballten sich zu Fäusten. Was fiel diesen Mädchen ein, so offen über ihn zu lästern. Er ging ja nur, weil er mit der Sache nichts zu tun hatte, nicht weil ihm bei dem Gedanken an die Geburt schlecht wurde.
"Was steht ihr hier herum!", schnauzte die Oberschwester die beiden schwatzhaften Mädchen an. Dann fiel ihr Blick auf Vegeta und sie lächelte. "Ahh... wenn wir da nicht das gesuchte Objekt ist..." Ehe sich Vegeta versah winkte sie zwei stämmigen Pflegern, die ihn mit freundlichen, aber bestimmten Minen auf eine Tür zu drängten, auf der groß und fett "Labor" geschrieben stand. Vegeta biss die Zähne zusammen und holte kurz aus, um den beiden Muskelprotzen in den weißen Mänteln klar zu machen, dass sie wohl einem Irrtum aufgesessen waren, da zückte der eine der beiden eine Spritze.
Irgendwann, in dunkler Vorzeit, noch bevor die Saiyans so etwas wie Sprache erfunden hatten, mussten sie schmerzhafte Bekanntschaft mit langen, spitzen, hohlen Nadeln gemacht haben.... auf jeden Fall war die Abscheu der Saiyans vor diesen Instrumenten so tief in ihrem Unterbewusstsein verankert, dass Vegeta das bedrohlich blitzende Dings nur mit bleichem Gesicht anstarren konnte und gar nicht bemerkte, wie der andere Pfleger hinter ihm die Türe öffnete. Ein Schritt zurück, noch einer und ein dritter und die Oberschwester, welche rasch gefolgt war, schloss die Türe zum Flur.
Die beiden Lernschwestern kicherten und machten sich wieder an ihre Arbeit. "Gleich wird er schreien", sagte die eine nicht ohne Schadenfreude.
Die andere nickte nur und griff nach der dem Verbandszeug, um es für die Notaufnahme zu sortieren. Im Labor stand Vegeta mit dem Rücken zur Wand und seine Aura begann gefährlich zu flackern. Die Oberschwester sah es und nickte. "Du bist auch so ein Kämpfertyp wie damals der Vater des kleinen Gohan, wie? Der hätte auch am liebsten um sich geschlagen, so hat er sich gefürchtet." Mit ruhiger Hand griff sie nach der Spritze, die auf einem Tablett bereitlag. "Eigentlich hast du so ausgesehen, als wärst du zäher als dieser ... wie war noch mal sein Name...?"
"Gokou", sagte einer der Pfleger und schüttelte sich. "Ich bin damals erst auf Probe hier gewesen, aber so einen Typen vergisst man nicht."
"Genau, Gokou hat der geheißen. Ein Kraftpaket wie kein zweiter aber eine Memme als es um die Blutabnahme ging."
"Wie steht es?" Die Nadel blitzte im gnadenlosen Licht der Neonröhren. "Bist du auch eine Memme?"
Vegeta biss die Zähne zusammen und verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken. "Nenn mich und Kakerott nicht in einem Atemzug", knurrte er. "Ich fürchte mich nicht vor einer lächerlichen Nadel, aber...", sein Blick ließ das Instrument des Schreckens nicht los, "...aber wozu braucht ihr mein Blut?"
"Um sicher zu gehen, dass die Medikamente bei deiner Frau anschlagen, ohne das Kind zu gefährden", erklärte die Oberschwester und kam einen Schritt näher. "Wir haben zwar die Erfahrungswerte aus dem Fall Son, aber erst wenn wir sicher sind, dass sich deine Blutwerte und jene von Gokou damals nicht zu sehr unterscheiden, können wir unbesorgt die Dosis erhöhen." Ihr Gesicht war mit einem Schlag sehr ernst geworden. "Ich bin schon sehr lange Oberschwester", sagte sie und streckte die Hand nach Vegetas Oberarm aus, "und ich habe ein Gespür dafür, wenn ein Fall kritisch zu werden droht. Willst du denn deine Frau und dein Kind verlieren?"
"Zum Donner nochmal!", Vegeta drückte sich enger an die Wand, "ich habe mit Bulma und ihrem Kind nichts zu schaffen. Der Vater ist ein anderer."
Die beiden Pfleger sahen sich an und schüttelten den Kopf. "Wie viele von deiner Rasse gibt es denn noch auf der Welt?", fragte der eine. "Was wir von den Werten gesehen haben, deckt sich so weit mit denen des Falles Son, dass unbedingt einer deiner Sorte der Vater sein muss."
Vegeta erstarrte. Die Pfleger sahen nicht so aus, als würden sie Witze machen. In seinem Inneren stritten Unglauben und Hoffnung, Reue und Jubel miteinander.
Die Oberschwester nützte sein Zögern, schnappte sich den Arm, drehte ihn um und setzte die Nadel an, ehe Vegeta begriff, was geschah. Das Pieksen war wirklich nicht der Rede wert und obwohl er nicht hinschauen mochte, hielt er still, bis sie die Probe genommen hatte. "Hier!" Sie füllte das Blut in ein Glasröhrchen und reichte des dem einen Pfleger weiter, während der andere ein Pflaster auf Vegetas Arm klebte. "Ruf sorfort die Laborantin. Wir brauchen die Analyse so rasch als möglich." Sie sah auf den noch immer ziemlich bleichen Vegeta herab, "und bringt ihn hier zu seiner Frau. Er sollte bei ihr sein, falls es zum Schlimmsten kommt." Der wohlmeinende Pfleger wollte Vegeta nach draußen führen, doch dieser schüttelte dessen Hand ab. "Ich bin kein Invalide", grollte er. Sein Blick sog sich an den ruhigen, dunklen Augen der Oberschwester fest. "Ein Saiyan ist der Vater. Ist das hundertprozentig sicher?"
Sie zog die Augenbrauen hoch. "Hat deine Frau etwas anderes gesagt?", fragte sie. "Ich war dabei, als die Ärzte sich über die Behandlungsmethoden stritten und den Fall Son wegen der genetischen Ähnlichkeiten nannten. Ein paar haben gemeint, dass angesichts der eher schwächlichen Konstitution der werdenden Mutter eine Abtreibung am sinnvollsten wäre, aber als man ihr das vorgeschlagen hat, ist sie fast die Decke hoch gegangen. Sie wollte das Kind um jeden Preis, egal wie sehr sie selbst ihr Leben dabei riskiert. Dass es bis zum siebten Monat so gut gelaufen ist, ist schon so etwas wie ein kleines Wunder."
Vegeta schluckte. Davon hatte Bulma niemals auch nur ein Wort gesagt. Zwar konnte er sich daran erinnern, dass sie nach den ersten Besuchen im Krankenhaus ziemlich deprimiert gewesen war, und kaum gesprochen hatte, aber dass es für sie auf Knopf und Spitz stand...
Er straffte die Schultern und atmete tief ein. Er würde ihr den Kopf zurecht setzen und ihr sagen, was er von ihrer Sturheit hielt und davon, dass sie ihn dermaßen ausgeschlossen hatte. "Kann ich zu ihr?", fragte er rau. Sie nickte. "Aber nur, wenn du die werdende Mutter nicht aufregst"" sagte sie streng. "Sie wird ihre Kraft für sich und euer Kind brauchen und nicht, um sich mit dir zu streiten."
Der Tonfall war derart befehlend, dass Vegeta fast schon aus alter Gewohnheit heraus auf stur gestellt hätte. Doch dann riss er sich zusammen und nickte. Er konnte Bulma auch später noch die Meinung sagen. Nach der Geburt. Wenn alles gut gegangen war. Hoffentlich.
Sie führten ihn aus dem Labor zum Lift und fuhren mit ihm in den dritten Stock. Für Bulma hatten sie ein Extrazimmer reserviert und als er sie dort liegen sah, mit grauem Gesicht, den kalten Schweiß auf der Stirn und ihre heftigen Atemzüge hörte, trat alles andere in den Hintergrund.
Verdammt.
Sie würde doch nicht aufgeben.
Nicht dieses sture, rechthaberische, Frauenzimmer.
Nicht Bulma.
Nicht seine Bulma.
Mit drei Schritten war er an ihrer Seite. Das Gesicht eine starre Maske, die brennenden Augen auf ihre geschlossenen Lider gerichtet.
Sie schien seine Nähe zu spüren und öffnete langsam die Augen.
"Du bist noch da..."
"Willst du mich etwa wegschicken?", fauchte er ungnädig und verschränkte die Arme. "Spar dir deinen Atem. Ich tue sowieso nur was mir passt. Sieh lieber zu, dass du das hier bald erledigt hast. Ich versäume ungern eine ganze Trainingseinheit."
Ein schwaches Lächeln geisterte über ihre gesprungenen Lippen und ihre bebende Hand fuhr suchend durch die Luft. Er griff nach ihr und schluckte. Wie schwach sie sich anfühlte, wie zart, wie verloren... "Reiß dich am Riemen, Bulma!", sagte er mit ebenfalls leicht bebender Stimme. "Falls du glaubst, dass ich dich so einfach gehen lasse, hast du dich geschnitten." Das Leuchten in ihren Augen ließ sein Herz schneller schlagen und er von seinem eigenen Gefühlsausbruch peinlich berührt, fügte er rasch hinzu: "Wer soll mir denn sonst das Babygeschrei vom Leib halten?"
Doch das Leuchten in ihren Augen wurde nicht schwächer und sie holte zitternd Luft. "Keine Angst, Vegeta. Wir Frauen sind zäh..."
Vegetas Augen weiteten sich. Wo hatte er diesen Satz schon einmal gehört? Stimmt, damals als sie ihr Leben für ihn in die Waagschale geworfen hatte, wie sie es jetzt für ihr Kind tat. Für sein Kind. Für seinen kleinen Sohn. Jetzt, da es keinen Zweifel gab, hätte er gerne seinen Triumph laut Luft gemacht.
Endlich.
Endlich hatte er bewiesen, dass er auch in punkto Männlichkeit Kakarott um nichts nachstand. Er würde einen Sohn haben, der Gohan übertrumpfen würde, sein Sohn wäre der endgültige Beweis, wessen Gene die überlegenen wären, der letzte Schritt um Kakerott zu deklassieren.
Doch das Gefühl von Bulmas schlanken, erschreckend kraftlosen Fingern in seiner warmen Hand erstickte die aufkeimende Freude, ließ den Geschmack des Triumphs schal werden. Schal und leer, ohne Süße und Feuer.
Er konnte es nicht mehr leugnen. Nicht vor sich selbst. Er brauchte Bulma. Er brauchte nicht die Wissenschaftlerin, nicht die Mutter seines Kindes, er brauchte sie, die Frau, die ihn antrieb, die ihn aufrichtete, die ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Er brauchte sie, ihre Wärme und ihre Kraft, aber auch ihre Schwäche und ihre Sehnsucht. Sie hatte ihm ein neues Leben gezeigt, eines voll Licht und auch voller Farben. Das Gefühl gebraucht zu werden, begehrt zu werden, geliebt zu werden ... er war hungrig danach. Hungriger als nach einem Sieg über Kakerott. Der Gedanke war erschreckend, aber auch berauschend und Vegeta fühlte sich in diesem Augenblick so lebendig wie nie zuvor.
Doch sein Gesicht blieb starr, lediglich seine Augen schimmerten weicher und seine Finger drückten Bulmas kalte Hand.
"Wir schaffen das!", hörte er sich sagen. "Was Kakerott und Chichi geschafft haben, das schaffen wir auch. Wäre doch gelacht."
Das Strahlen in Bulmas Augen blendete ihn fast. Er hatte "wir" gesagt. Er hatte erkannt, dass es sein Kind war. Sie schloss die Augen und suchte in ihrem Inneren nach neuer Kraft. Sie konnte die Wärme seiner Hand, den Druck seiner Finger spüren. Wenn sie erst wieder zuhause war, würde sie ihm für seine Zweifel büßen lassen. Oh ja, er würde sie um Verzeihung bitten müssen und es wieder gut machen. Ihr fielen so einige Dinge ein, die sie ihm zu gern antun würde, sehr verruchte Dinge.... Das Gefühl war wunderbar. Es war warm ... wie eine Decke. Ruhe, Stille, sie war ja so müde ... "Wir verlieren sie!"
Der erschrockene Ruf des Arztes riss Vegeta aus seinen Gedanken. Ein Schwarm von Ärzten und Schwestern schien wie aus dem Nichts aufzutauchen und sich auf Bulma zu stürzen. Ehe er sich versah, wurde er zur Seite gedrängt und Bulmas kraftlose Finger entglitten seiner Hand. Das Fenster im Rücken, durch das die Strahlen der herbstlichen Abendsonne auf das Bett schienen, beobachtete Vegeta das Geschehen wie aus weiter Entfernung.
Es konnte nicht wahr sein.
Es durfte nicht wahr sein.
"Kaiserschnitt?", fragte einer der Ärzte.
"Viel zu riskant", winkte ein anderer ab.
"Sauerstoff!", rief der erste.
Der Oberarzt winkte einer der Schwestern: "Sind die Ergebnisse des Labors schon da?"
Die Schwester schüttelte den Kopf. "Nein, aber sie müssten jede Sekunde soweit sein."
Vegeta hielt es nicht länger aus. "Tut doch etwas!", rief er laut. Die Ärzte sahen ihn an, sahen seine leuchtende Aura, spürten die Verzweiflung und ahnten, dass er das ganze Krankenhaus, ja die ganze Stadt dem Erdboden gleich machen konnte, wenn er sich gehen ließ.
"Schluss damit!"
Die Oberschwester trat resolut auf ihn zu und knallte ihm eine Ohrfeige. Vegetas Aura erlosch und er zuckte zusammen.
"Sie sollten ihre Frau doch nicht aufregen!", hielt ihm die Oberschwester vor. "Los, gehen Sie hin. Rufen Sie sie! Holen Sie sie zurück!"
"Aber ... aber Schwester ...", warf der Chefarzt ein. Ein Blick von ihr und er verstummte.
Vegeta wühlte sich gnadenlos durch das Gedränge, sah auf Bulmas entspanntes Gesicht hinab und fluchte ungeniert. "Du Idiotin! Wenn du mich jetzt verlässt, bringe ich dich um!" Da er spürte, dass Worte allein sie nicht erreichen würden, beugte er sich herab und küsste sie. Küsste sie mit all der seit Monaten aufgestauten Leidenschaft.
Als er den Kopf hob und tief Atem holte, um nochmals ihren Namen zu rufen und ein paar wüste Drohungen auszusprechen, spürte er eine zarte, vorsichtige Berührung in seinem Nacken. Er tastete danach und bekam schlanke Finger zu fassen. "Bulma?"
"Du musst nicht gleich so dick auftragen, Vegeta", murmelte sie und schlug die Augen auf. "Ich wollte mich nur ein bisschen ausruhen..."
"Das kannst du, wenn du deinen Job erledigt hast", knurrte Vegeta und atmete tief durch. "Jag' mir nie wieder einen solchen Schrecken ein, hörst du!"
"Zu Befehl", scherzte sie und sah die Ärzte ängstlich an. "Meinem Kind, geht es meinem kleinen Trunks gut?"
"Keine Sorge, die Versorgung mit Sauerstoff ist nicht unter die Grenze gefallen", sagte der Chefarzt erleichert. "Die anderen Werte sind ebenfalls stabil."
"Gut!" Sie griff nach Vegetas Hand. "Die nächste Wehe, sie kommt!"
Erstaunt stellte Vegeta fest, dass die zarten Finger eine erstaunliche Kraft hatten. Sie quetschen die seinen zusammen, während ihr zarter Körper zusammenkrampfte. In diesem Moment wurde die Türe aufgerissen und ein Pfleger stürmte herein, ein Blatt in der Hand haltend "Die Werte des Labors! Wir haben grünes Licht!"
Sogleich zückte der Chefarzt eine vorbereitete Spritze und gab sie Bulma. Von da an ging alles sehr rasch.
Vegeta, der nicht so recht auf das vorbereitet war, was beim eigentlichen Geburtsvorgang vor sich ging, wurde beim Anblick des blutverschmierten kleinen Kopfes abwechselnd blass und grün im Gesicht. Aber da es ja um seine Ehre und vor allem um den Vergleich mit Kakerott ging, hielt er eisern durch, bis der kleine Trunks trocken und sauber in Bulmas Armen lag.
Die Ärzte und Schwestern stahlen sich davon, um die kleine Familie ihrem Glück zu überlassen. "Willst du ihn mal halten?", fragte Bulma fast schüchtern. "Tut mir leid, dass er keine schwarzen Haare hat..."
Vegeta, unsicher, ob er etwas so Kostbares nicht durch seine rohe Kraft zerbrechen würde, streckte die Arme aus. Bulma, gewaschen und gekämmt und glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben legte ihren neu geborenen Sohn in die Arme seines Vaters.
Vegeta blickte auf das kleine Wesen herab und drückte es behutsam an seine Brust. Bulma lehnte sich zurück und lächelte selig. "Ist er nicht wunderschön, unser Sohn?" Vegeta brachte kein Wort hervor, doch in seinen Augen lagen alle ungesagten Worte und Bulma verstand.
Er würde es wohl niemals aussprechen, doch das war auch nicht nötig. Vegeta, der soviel Gewalt erfahren hatte, er, dessen Zerstörungswut Planeten in Staub verwandeln konnte, er war sprachlos angesichts des Wunders, das er in den Armen hielt.
Seine Lippen verzogen sich und Bulma fragte sich, warum gerade diese kleine Geste ihr soviel bedeutete, ihr Herz zum überlaufen brachte.
Es war doch... nur ein Lächeln.
Ende des letzten Teils. ....................................
Anmerkung: Dies hier ist das abschließende Kapitel zu "Nur ein Lächeln". Ich hatte sehr viel Freude damit und ich hoffe, die Story hat euch auch gefallen. Bitte, schreibt einen abschließenden Kommentar, ich bin sehr gespannt auf eure Meinung. Ich freue mich auf über E-Mails an raven@vol.at !
Noch eine Warnung. Der nachfolgende Epilog stellt die Überleitung zu einer Fortsetzung dar, die sich derzeit noch in Planung befindet. Er ist nichts für schwache Nerven. Wer mit diesem Ende hier glücklich und zufrieden ist und kein Interesse an der Fortsetzung hat, soll besser nicht den Epilog anklicken...
Teil 20
Vegeta hatte sich selten so absolut hilflos gefühlt. Was dachte sich diese Frau denn dabei? Hatte sie denn keinerlei Kontrolle über ihre Körperfunktionen?
Offensichtlich nicht und so tat er das einzige, das ihm einfiel, er hob sie auf und marschierte mit ihr Richtung Haus.
"Nicht da lang!" Bulmas Nägel bohrten sich in seine Oberarme. "Ins Krankenhaus, bring mich ins St. Nimrod Krankenhaus, die haben dort alle Untersuchungen gemacht." Vegeta fiel ein, dass sie ihn ein paar Mal gefragt hatte, ob er nicht mitkommen wollte. Jetzt bereute er seine Absagen, denn er hatte keine Ahnung, wo sich das besagte Krankenhaus befand.
"Halte dich gut fest!", sagte er und drückte Bulma enger an sich. "Ich fliege dich hin!"
Bulma quietschte vor Schreck und machte die Augen fest zu, als er mit ihr in die Höhe stieg und über die Dächer dahin flitzte, immer Ausschau haltend nach einem Kreuz.
"Wo ist denn das verdammte Ding?", fragte er unwirsch.
Bulma blieb keine Wahl, als die Augen zu öffnen und nach unten zu blicken. "Ich ... ich kann mich von hier aus nicht orientieren. Wir müssen landen, sonst weiß ... uhhh!" Vegeta konnte spüren, wie sie sich in seinen Armen krümmte und es schnitt ihm ins Herz. Wann hatte er das letzte Mal hilflos zusehen müssen wie sie litt?
Damals, im Raumschiff, als sie ihm ihre Gesundheit geschenkt und seine Vergiftung übernommen hatte. Ihm fiel ein, dass er noch nie auch nur ein Wort des Dankes darüber verloren hatte.
Sie landeten auf dem Gehsteig nahe einem Taxistand. Vegeta fiel ein, dass er ja schon einmal mit so einem Dings zum Ziel gekommen war, damals, als Bulma das Opfer dieses Manhip geworden war. Entschlossen ging er zu den wartenden Taxis, deren Lenker seine Ankunft mit offenen Mündern beobachtet hatten.
"He, ihr da! Weiß einer wo das St. Nimrod Krankenhaus ist?"
"Das gibts ja nicht!" Der vorderste Taxifahrer sprang aus dem Wagen und lief auf Vegeta zu. "Du schon wieder! Habe ich es mir gleich gedacht. Einen fliegenden Punk vergisst man so rasch nicht!" Vegeta sah ihn an und runzelte die Stirn. "Kennen wir uns von irgendwoher?"
"Aber ja doch, erinnerst du dich nicht? Ich habe dich mal quer durch die Stadt gefahren zu einer so komischen Adresse. Doktor ... Doktor Mannig oder so ähnlich." Der Taxifahrer riss den Schlag seines Wagens auf. "Was ist mit ihr?" Er wies mit einem Kopfnicken auf Bulma. "Kommen die Wehen schon regelmäßig?"
Vegeta zuckte schwach mit den Achseln. "Woher soll ich das wissen. Sie will unbedingt in das St. Nimrod Krankenhaus. Ist das in der Nähe?"
"Steigt ein, beide", sagte der Taxilenker. "Es sind nur ein paar Minuten von hier. Meine Frau hat da auch unsere zwei Schätze zur Welt gebracht. Die Ärzte dort sind wirklich sehr gut."
Vegeta wollte eigentlich eher fliegen, um seine Last so rasch als möglich los zu werden. Aber er sah ein, dass eine Wegerklärung fast noch länger dauern konnte, als die Fahrt, und so kletterte er mit Bulma in den Armen auf den Rücksitz.
"Ich habe aber kein Geld dabei", sagte er wie schon einmal. "Und ob sie welches dabei hat..."
"Ach was!", winkte der Taxilenker ab, "das ist ein Notfall, versteht sich. Außerdem werden meine Kollegen sicher ein paar Runden springen lassen, damit ich ihnen nachher alles haarklein erzähle." Der Taxilenker stieg in den Wagen und startete den Motor. Als sie losfuhren, gab es nicht einmal einen Ruck wie sonst immer, es schien als bemühte sich der Fahrer Bulmas wegen um eine behutsame Fahrweise. "Sonst ist um diese Zeit hier immer ein grässlicher Stau", sagte er und gab vorsichtig mehr Gas, "aber heute haben sie drei Blocks weiter unten eine neue Baustelle aufgemacht, daher ist zumindest aus dieser Richtung heute nichts los. Du und deine Frau, ihr habt echt Glück." Vegeta öffnete den Mund, um die Sache richtig zu stellen, aber da krampfte sich Bulma erneut zusammen. Im Rückspiegel erkannte der Lenker, dass Vegeta der Schweiß in dicken Tropfen auf der Stirn stand und nickte verständnisvoll.
"Euer erstes, nicht wahr?" Eine Antwort wartete er erst gar nicht ab. "Tja, das ist mit nichts zu vergleichen, ich weiß nur zu gut, dass ich mir damals trotz aller Vorbereitungskurse fast in die Hosen gemacht habe, als es los gegangen ist. Man sagt immer, Männer könnten kein Blut sehen, aber was bei einer Geburt so los ist, würde auch einem Saurier den Magen umdrehen."
"So schlimm?", Vegeta mochte es nicht glauben. "Ich habe schon einiges an Kämpfen mitgemacht, wo es nicht gerade zimperlich zu ging...."
"Das gleiche hat der Kerl damals neben mir auch gesagt. Sah dir übrigens nicht unähnlich, hatte auch jede Menge schwarzer Haare und so. War auch sein erstes. Unsere Frauen lagen im gleichen Zimmer, mit all den Ärzten und Hebammen rings herum, ging es zu wie im Bienenhaus. Irgendwas war wohl bei seiner Frau besonders, denn da war dreimal so viel Personal wie bei meinem Engel. Irgendwie hat er einem fast leid tun können, dieser Gokou."
Vegeta zuckte zusammen. "Gokou? Wie hieß die Frau?"
"Hmm ...", der Fahrer überholte zwei Wagen vor ihnen und bog in eine noch breitere Straße ein, auf welcher der Verkehr reger wurde. "Ich glaube so was wie Kiki oder ähnlich. Man hätte kaum glauben können, dass sie in den Wehen liegt. Während meine Alice gekeucht hat und nach Luft schnappte, hat diese Kiki ihrem Mann noch die Leviten gelesen, wegen einem Job, den er nicht angetreten hat, oder so."
"Chichi", sagte Vegeta und sah auf Bulmas bleiches, schweißüberströmtes Gesicht herab. "Ihr Name ist Chichi und nicht Kiki."
"Oh, sind die beiden Freunde von dir? Dann weißt du ja vielleicht, was da los war. Die Ärzte wollten unbedingt eine Blutprobe von diesem Gokou, aber kaum hat der eine Nadel gesehen, ist er bleich geworden wie ein Gespenst. Kaum zu glauben bei einem Kerl mit solchen Muskeln, aber er hat gezittert wie Espenlaub. Erst als seiner Frau die Luft zum Schimpfen ausgegangen ist und er gesehen hat, dass es ernst wird, hat er nachgegeben. Seinen Schrei hat man aber vom Labor im zweiten Stock bis zum Kreissaal im fünften hören können."
"Freunde nicht gerade", sagte Vegeta, ohne genaue darauf einzugehen, "gab es denn Komplikationen bei Gohans Geburt?"
"Kann man wohl sagen. Mein Erstgeborener war längst da, da hat diese Chichi immer noch in den Wehen gelegen. Ich glaube es waren fast 20 Stunden. Meine Alice hat mir erzählt, dass die Ärzte zuerst einen Kaiserschnitt machen wollten, es dann aber doch nicht gewagt haben. Eine Weile lang stand es auf Knopf und Spitz, ob die Mutter die Geburt überlebt. Irgendwas war mit der genetischen Übereinstimmung, weiß der Kuckuck was genau, ich bin ja kein Arzt und meine Alice auch nicht. Aber eines hat sie mir noch erzählt, als es dann soweit war und das ganze Blut kam mit dem Baby, da ist doch dieser Kämpfer tatsächlich in Ohnmacht gefallen. Meine Alice war sehr stolz auf mich, dass ich durchgehalten habe. Leicht war es nicht, das kann ich dir sagen."
Ansonsten schätzte Vegeta Gesprächigkeit bei anderen als eher lästig ein, doch dieses Mal hatte er nichts dagegen, den Taxilenker einfach reden zu lassen. Allerdings musste er die Informationen erst noch verdauen. 20 Stunden waren es bei Chichi gewesen. 20 Stunden. Bulma hatte diese Krämpfe erst seit vielleicht zwanzig Minuten und es kam ihm schon eine Ewigkeit vor. Er hätte nie gedacht, dass Gebären eine solch gewaltige Sache wäre. Man sollte doch denken, dass so ein Kind rasch ans Licht wollte, statt ewig zu trödeln.
Genetische Übereinstimmung. Das klang wichtig. Saiyan und Mensch? Nun, ihn ginge das ja nichts an, ging es doch bei Bulma um Jennyhr und Mensch. Oder etwa nicht?
"Wir sind gleich da!" Mit einem Blick in den Rückspiegel vergewisserte sich der Fahrer, dass es bei Bulma noch nicht ganz soweit war, gab Gas und bog mit quietschenden Reifen links ab. "Da vorne, das weiß gestrichene Gebäude, das ist St. Nimrod."
Vegeta war sehr erleichtert, als das Auto zum Stillstand kam. Er stieg vorsichtig aus und trug Bulma die Stufen hinauf zum Eingang.
"Alles Gute dir und deiner Frau!", rief der Taxilenker ihm noch nach, ehe er sich wieder an Steuer setzte und zu seinem Stand zurück brauste. Irgendwie hatte er kein allzu gutes Gefühl. Wenn die Komplikationen bei der Türkishaarigen ähnlich waren wie bei dieser Chichi damals, war es ungewiss, ob sie es überleben würde. Wie hatten die Ärzte damals doch gesagt? Chichi hatte Glück gehabt, dass sie eine trainierte Kampfsportlerin war und daher eine gute Konstitution hatte. Diese Frau hingegen sah nicht so als, als wäre sie sonderlich durchtrainiert.
Auf jeden Fall würde er nach seiner Schicht beim nächsten Schrein vorbei schauen und für eine gute Geburt beten...
Als Vegeta mit Bulma auf dem Arm durch den Eingang trat, war es, als hätte jemand auf einen Alarmknopf gedrückt. Im Nu waren die beiden von einem Rudel von Ärzten und Schwestern umgeben.
"Lassen Sie mich das machen", sagte ein groß gewachsener Krankenpfleger und wollte ihm Bulma abnehmen. Vegeta wich einen Schritt zurück und drückte sie fester an sich. "Sie ist nicht zu schwer", sagte er abwehrend. Bulma, die gerade eine kurze Verschnaufpause hatte, legte seufzend ihren Kopf unter sein Kinn und murmelte. "Danke, Vegeta, es ist schon gut. Die Leute hier sind kompetent."
Ein Krankenbett wurde herbei gekarrt und widerstrebend bettete Vegeta Bulma auf das weiße Laken. Ihr Gesicht war so blass und sie sah irgendwie so schmal aus, trotz des gewölbten Bauches.
"Sie sind aber um einiges zu früh dran, Fräulein Briefs", sagte der Chefarzt mit gerunzelter Stirn. "Ich bin nicht sicher, ob wir die Wehen noch mit Medikamenten zum Stillstand bringen können."
Bulma stemmte sich mit den Ellbogen etwas hoch und fixierte ängstlich den Arzt. "Wie hoch sind seine Chancen, wenn es jetzt passiert?"
Der Chefarzt blickte auf seine Unterlagen und seufzte. "Wenn ich das sagen könnte ... der Embryo ist für sein Alter laut der letzten Ultraschallmessung schon erstaunlich weit entwickelt... aber wenn wir die Werte mit dem Fall Son vergleichen, wäre das kein Wunder. Wir sollten es tun."
"Gut!" Bulma sank zurück auf das Bett und atmete hörbar aus. "Was immer passiert, mein Baby muss es schaffen!"
"Keine Sorge", sagte eine Schwester und wischte Bulma mit einem Tuch den Schweiß aus dem Gesicht. "Wenn das Kleine nur ein bisschen nach seinem Vater kommt...", sie warf Vegeta einen bedeutungsvollen Blick zu, den dieser mit einem "Phhh!" und Achselzucken quittierte. Warum zum Teufel glaubten alle, dass es sein Kind war?
"Nun aber los!", kommandierte der Chefarzt und das Bett wurde eilig auf den Patientenlift zu geschoben.
Vegeta zögerte. Er hatte seine Schuldigkeit getan. Eigentlich könnte er nach Hause fliegen und weiter trainieren.
"Psst... glaubst du, er übersteht es?", flüsterte in einer Ecke eine junge Lernschwester der anderen zu. Diese musterte Vegeta kurz. "Sicher nicht, hast du den Blick gesehen? Der kann offenbar nicht mal den Gedanken an Blut ertragen. So sind sie meistens, viel Muskeln aber wenn es hart auf hart kommt..." Vegetas Hände ballten sich zu Fäusten. Was fiel diesen Mädchen ein, so offen über ihn zu lästern. Er ging ja nur, weil er mit der Sache nichts zu tun hatte, nicht weil ihm bei dem Gedanken an die Geburt schlecht wurde.
"Was steht ihr hier herum!", schnauzte die Oberschwester die beiden schwatzhaften Mädchen an. Dann fiel ihr Blick auf Vegeta und sie lächelte. "Ahh... wenn wir da nicht das gesuchte Objekt ist..." Ehe sich Vegeta versah winkte sie zwei stämmigen Pflegern, die ihn mit freundlichen, aber bestimmten Minen auf eine Tür zu drängten, auf der groß und fett "Labor" geschrieben stand. Vegeta biss die Zähne zusammen und holte kurz aus, um den beiden Muskelprotzen in den weißen Mänteln klar zu machen, dass sie wohl einem Irrtum aufgesessen waren, da zückte der eine der beiden eine Spritze.
Irgendwann, in dunkler Vorzeit, noch bevor die Saiyans so etwas wie Sprache erfunden hatten, mussten sie schmerzhafte Bekanntschaft mit langen, spitzen, hohlen Nadeln gemacht haben.... auf jeden Fall war die Abscheu der Saiyans vor diesen Instrumenten so tief in ihrem Unterbewusstsein verankert, dass Vegeta das bedrohlich blitzende Dings nur mit bleichem Gesicht anstarren konnte und gar nicht bemerkte, wie der andere Pfleger hinter ihm die Türe öffnete. Ein Schritt zurück, noch einer und ein dritter und die Oberschwester, welche rasch gefolgt war, schloss die Türe zum Flur.
Die beiden Lernschwestern kicherten und machten sich wieder an ihre Arbeit. "Gleich wird er schreien", sagte die eine nicht ohne Schadenfreude.
Die andere nickte nur und griff nach der dem Verbandszeug, um es für die Notaufnahme zu sortieren. Im Labor stand Vegeta mit dem Rücken zur Wand und seine Aura begann gefährlich zu flackern. Die Oberschwester sah es und nickte. "Du bist auch so ein Kämpfertyp wie damals der Vater des kleinen Gohan, wie? Der hätte auch am liebsten um sich geschlagen, so hat er sich gefürchtet." Mit ruhiger Hand griff sie nach der Spritze, die auf einem Tablett bereitlag. "Eigentlich hast du so ausgesehen, als wärst du zäher als dieser ... wie war noch mal sein Name...?"
"Gokou", sagte einer der Pfleger und schüttelte sich. "Ich bin damals erst auf Probe hier gewesen, aber so einen Typen vergisst man nicht."
"Genau, Gokou hat der geheißen. Ein Kraftpaket wie kein zweiter aber eine Memme als es um die Blutabnahme ging."
"Wie steht es?" Die Nadel blitzte im gnadenlosen Licht der Neonröhren. "Bist du auch eine Memme?"
Vegeta biss die Zähne zusammen und verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken. "Nenn mich und Kakerott nicht in einem Atemzug", knurrte er. "Ich fürchte mich nicht vor einer lächerlichen Nadel, aber...", sein Blick ließ das Instrument des Schreckens nicht los, "...aber wozu braucht ihr mein Blut?"
"Um sicher zu gehen, dass die Medikamente bei deiner Frau anschlagen, ohne das Kind zu gefährden", erklärte die Oberschwester und kam einen Schritt näher. "Wir haben zwar die Erfahrungswerte aus dem Fall Son, aber erst wenn wir sicher sind, dass sich deine Blutwerte und jene von Gokou damals nicht zu sehr unterscheiden, können wir unbesorgt die Dosis erhöhen." Ihr Gesicht war mit einem Schlag sehr ernst geworden. "Ich bin schon sehr lange Oberschwester", sagte sie und streckte die Hand nach Vegetas Oberarm aus, "und ich habe ein Gespür dafür, wenn ein Fall kritisch zu werden droht. Willst du denn deine Frau und dein Kind verlieren?"
"Zum Donner nochmal!", Vegeta drückte sich enger an die Wand, "ich habe mit Bulma und ihrem Kind nichts zu schaffen. Der Vater ist ein anderer."
Die beiden Pfleger sahen sich an und schüttelten den Kopf. "Wie viele von deiner Rasse gibt es denn noch auf der Welt?", fragte der eine. "Was wir von den Werten gesehen haben, deckt sich so weit mit denen des Falles Son, dass unbedingt einer deiner Sorte der Vater sein muss."
Vegeta erstarrte. Die Pfleger sahen nicht so aus, als würden sie Witze machen. In seinem Inneren stritten Unglauben und Hoffnung, Reue und Jubel miteinander.
Die Oberschwester nützte sein Zögern, schnappte sich den Arm, drehte ihn um und setzte die Nadel an, ehe Vegeta begriff, was geschah. Das Pieksen war wirklich nicht der Rede wert und obwohl er nicht hinschauen mochte, hielt er still, bis sie die Probe genommen hatte. "Hier!" Sie füllte das Blut in ein Glasröhrchen und reichte des dem einen Pfleger weiter, während der andere ein Pflaster auf Vegetas Arm klebte. "Ruf sorfort die Laborantin. Wir brauchen die Analyse so rasch als möglich." Sie sah auf den noch immer ziemlich bleichen Vegeta herab, "und bringt ihn hier zu seiner Frau. Er sollte bei ihr sein, falls es zum Schlimmsten kommt." Der wohlmeinende Pfleger wollte Vegeta nach draußen führen, doch dieser schüttelte dessen Hand ab. "Ich bin kein Invalide", grollte er. Sein Blick sog sich an den ruhigen, dunklen Augen der Oberschwester fest. "Ein Saiyan ist der Vater. Ist das hundertprozentig sicher?"
Sie zog die Augenbrauen hoch. "Hat deine Frau etwas anderes gesagt?", fragte sie. "Ich war dabei, als die Ärzte sich über die Behandlungsmethoden stritten und den Fall Son wegen der genetischen Ähnlichkeiten nannten. Ein paar haben gemeint, dass angesichts der eher schwächlichen Konstitution der werdenden Mutter eine Abtreibung am sinnvollsten wäre, aber als man ihr das vorgeschlagen hat, ist sie fast die Decke hoch gegangen. Sie wollte das Kind um jeden Preis, egal wie sehr sie selbst ihr Leben dabei riskiert. Dass es bis zum siebten Monat so gut gelaufen ist, ist schon so etwas wie ein kleines Wunder."
Vegeta schluckte. Davon hatte Bulma niemals auch nur ein Wort gesagt. Zwar konnte er sich daran erinnern, dass sie nach den ersten Besuchen im Krankenhaus ziemlich deprimiert gewesen war, und kaum gesprochen hatte, aber dass es für sie auf Knopf und Spitz stand...
Er straffte die Schultern und atmete tief ein. Er würde ihr den Kopf zurecht setzen und ihr sagen, was er von ihrer Sturheit hielt und davon, dass sie ihn dermaßen ausgeschlossen hatte. "Kann ich zu ihr?", fragte er rau. Sie nickte. "Aber nur, wenn du die werdende Mutter nicht aufregst"" sagte sie streng. "Sie wird ihre Kraft für sich und euer Kind brauchen und nicht, um sich mit dir zu streiten."
Der Tonfall war derart befehlend, dass Vegeta fast schon aus alter Gewohnheit heraus auf stur gestellt hätte. Doch dann riss er sich zusammen und nickte. Er konnte Bulma auch später noch die Meinung sagen. Nach der Geburt. Wenn alles gut gegangen war. Hoffentlich.
Sie führten ihn aus dem Labor zum Lift und fuhren mit ihm in den dritten Stock. Für Bulma hatten sie ein Extrazimmer reserviert und als er sie dort liegen sah, mit grauem Gesicht, den kalten Schweiß auf der Stirn und ihre heftigen Atemzüge hörte, trat alles andere in den Hintergrund.
Verdammt.
Sie würde doch nicht aufgeben.
Nicht dieses sture, rechthaberische, Frauenzimmer.
Nicht Bulma.
Nicht seine Bulma.
Mit drei Schritten war er an ihrer Seite. Das Gesicht eine starre Maske, die brennenden Augen auf ihre geschlossenen Lider gerichtet.
Sie schien seine Nähe zu spüren und öffnete langsam die Augen.
"Du bist noch da..."
"Willst du mich etwa wegschicken?", fauchte er ungnädig und verschränkte die Arme. "Spar dir deinen Atem. Ich tue sowieso nur was mir passt. Sieh lieber zu, dass du das hier bald erledigt hast. Ich versäume ungern eine ganze Trainingseinheit."
Ein schwaches Lächeln geisterte über ihre gesprungenen Lippen und ihre bebende Hand fuhr suchend durch die Luft. Er griff nach ihr und schluckte. Wie schwach sie sich anfühlte, wie zart, wie verloren... "Reiß dich am Riemen, Bulma!", sagte er mit ebenfalls leicht bebender Stimme. "Falls du glaubst, dass ich dich so einfach gehen lasse, hast du dich geschnitten." Das Leuchten in ihren Augen ließ sein Herz schneller schlagen und er von seinem eigenen Gefühlsausbruch peinlich berührt, fügte er rasch hinzu: "Wer soll mir denn sonst das Babygeschrei vom Leib halten?"
Doch das Leuchten in ihren Augen wurde nicht schwächer und sie holte zitternd Luft. "Keine Angst, Vegeta. Wir Frauen sind zäh..."
Vegetas Augen weiteten sich. Wo hatte er diesen Satz schon einmal gehört? Stimmt, damals als sie ihr Leben für ihn in die Waagschale geworfen hatte, wie sie es jetzt für ihr Kind tat. Für sein Kind. Für seinen kleinen Sohn. Jetzt, da es keinen Zweifel gab, hätte er gerne seinen Triumph laut Luft gemacht.
Endlich.
Endlich hatte er bewiesen, dass er auch in punkto Männlichkeit Kakarott um nichts nachstand. Er würde einen Sohn haben, der Gohan übertrumpfen würde, sein Sohn wäre der endgültige Beweis, wessen Gene die überlegenen wären, der letzte Schritt um Kakerott zu deklassieren.
Doch das Gefühl von Bulmas schlanken, erschreckend kraftlosen Fingern in seiner warmen Hand erstickte die aufkeimende Freude, ließ den Geschmack des Triumphs schal werden. Schal und leer, ohne Süße und Feuer.
Er konnte es nicht mehr leugnen. Nicht vor sich selbst. Er brauchte Bulma. Er brauchte nicht die Wissenschaftlerin, nicht die Mutter seines Kindes, er brauchte sie, die Frau, die ihn antrieb, die ihn aufrichtete, die ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Er brauchte sie, ihre Wärme und ihre Kraft, aber auch ihre Schwäche und ihre Sehnsucht. Sie hatte ihm ein neues Leben gezeigt, eines voll Licht und auch voller Farben. Das Gefühl gebraucht zu werden, begehrt zu werden, geliebt zu werden ... er war hungrig danach. Hungriger als nach einem Sieg über Kakerott. Der Gedanke war erschreckend, aber auch berauschend und Vegeta fühlte sich in diesem Augenblick so lebendig wie nie zuvor.
Doch sein Gesicht blieb starr, lediglich seine Augen schimmerten weicher und seine Finger drückten Bulmas kalte Hand.
"Wir schaffen das!", hörte er sich sagen. "Was Kakerott und Chichi geschafft haben, das schaffen wir auch. Wäre doch gelacht."
Das Strahlen in Bulmas Augen blendete ihn fast. Er hatte "wir" gesagt. Er hatte erkannt, dass es sein Kind war. Sie schloss die Augen und suchte in ihrem Inneren nach neuer Kraft. Sie konnte die Wärme seiner Hand, den Druck seiner Finger spüren. Wenn sie erst wieder zuhause war, würde sie ihm für seine Zweifel büßen lassen. Oh ja, er würde sie um Verzeihung bitten müssen und es wieder gut machen. Ihr fielen so einige Dinge ein, die sie ihm zu gern antun würde, sehr verruchte Dinge.... Das Gefühl war wunderbar. Es war warm ... wie eine Decke. Ruhe, Stille, sie war ja so müde ... "Wir verlieren sie!"
Der erschrockene Ruf des Arztes riss Vegeta aus seinen Gedanken. Ein Schwarm von Ärzten und Schwestern schien wie aus dem Nichts aufzutauchen und sich auf Bulma zu stürzen. Ehe er sich versah, wurde er zur Seite gedrängt und Bulmas kraftlose Finger entglitten seiner Hand. Das Fenster im Rücken, durch das die Strahlen der herbstlichen Abendsonne auf das Bett schienen, beobachtete Vegeta das Geschehen wie aus weiter Entfernung.
Es konnte nicht wahr sein.
Es durfte nicht wahr sein.
"Kaiserschnitt?", fragte einer der Ärzte.
"Viel zu riskant", winkte ein anderer ab.
"Sauerstoff!", rief der erste.
Der Oberarzt winkte einer der Schwestern: "Sind die Ergebnisse des Labors schon da?"
Die Schwester schüttelte den Kopf. "Nein, aber sie müssten jede Sekunde soweit sein."
Vegeta hielt es nicht länger aus. "Tut doch etwas!", rief er laut. Die Ärzte sahen ihn an, sahen seine leuchtende Aura, spürten die Verzweiflung und ahnten, dass er das ganze Krankenhaus, ja die ganze Stadt dem Erdboden gleich machen konnte, wenn er sich gehen ließ.
"Schluss damit!"
Die Oberschwester trat resolut auf ihn zu und knallte ihm eine Ohrfeige. Vegetas Aura erlosch und er zuckte zusammen.
"Sie sollten ihre Frau doch nicht aufregen!", hielt ihm die Oberschwester vor. "Los, gehen Sie hin. Rufen Sie sie! Holen Sie sie zurück!"
"Aber ... aber Schwester ...", warf der Chefarzt ein. Ein Blick von ihr und er verstummte.
Vegeta wühlte sich gnadenlos durch das Gedränge, sah auf Bulmas entspanntes Gesicht hinab und fluchte ungeniert. "Du Idiotin! Wenn du mich jetzt verlässt, bringe ich dich um!" Da er spürte, dass Worte allein sie nicht erreichen würden, beugte er sich herab und küsste sie. Küsste sie mit all der seit Monaten aufgestauten Leidenschaft.
Als er den Kopf hob und tief Atem holte, um nochmals ihren Namen zu rufen und ein paar wüste Drohungen auszusprechen, spürte er eine zarte, vorsichtige Berührung in seinem Nacken. Er tastete danach und bekam schlanke Finger zu fassen. "Bulma?"
"Du musst nicht gleich so dick auftragen, Vegeta", murmelte sie und schlug die Augen auf. "Ich wollte mich nur ein bisschen ausruhen..."
"Das kannst du, wenn du deinen Job erledigt hast", knurrte Vegeta und atmete tief durch. "Jag' mir nie wieder einen solchen Schrecken ein, hörst du!"
"Zu Befehl", scherzte sie und sah die Ärzte ängstlich an. "Meinem Kind, geht es meinem kleinen Trunks gut?"
"Keine Sorge, die Versorgung mit Sauerstoff ist nicht unter die Grenze gefallen", sagte der Chefarzt erleichert. "Die anderen Werte sind ebenfalls stabil."
"Gut!" Sie griff nach Vegetas Hand. "Die nächste Wehe, sie kommt!"
Erstaunt stellte Vegeta fest, dass die zarten Finger eine erstaunliche Kraft hatten. Sie quetschen die seinen zusammen, während ihr zarter Körper zusammenkrampfte. In diesem Moment wurde die Türe aufgerissen und ein Pfleger stürmte herein, ein Blatt in der Hand haltend "Die Werte des Labors! Wir haben grünes Licht!"
Sogleich zückte der Chefarzt eine vorbereitete Spritze und gab sie Bulma. Von da an ging alles sehr rasch.
Vegeta, der nicht so recht auf das vorbereitet war, was beim eigentlichen Geburtsvorgang vor sich ging, wurde beim Anblick des blutverschmierten kleinen Kopfes abwechselnd blass und grün im Gesicht. Aber da es ja um seine Ehre und vor allem um den Vergleich mit Kakerott ging, hielt er eisern durch, bis der kleine Trunks trocken und sauber in Bulmas Armen lag.
Die Ärzte und Schwestern stahlen sich davon, um die kleine Familie ihrem Glück zu überlassen. "Willst du ihn mal halten?", fragte Bulma fast schüchtern. "Tut mir leid, dass er keine schwarzen Haare hat..."
Vegeta, unsicher, ob er etwas so Kostbares nicht durch seine rohe Kraft zerbrechen würde, streckte die Arme aus. Bulma, gewaschen und gekämmt und glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben legte ihren neu geborenen Sohn in die Arme seines Vaters.
Vegeta blickte auf das kleine Wesen herab und drückte es behutsam an seine Brust. Bulma lehnte sich zurück und lächelte selig. "Ist er nicht wunderschön, unser Sohn?" Vegeta brachte kein Wort hervor, doch in seinen Augen lagen alle ungesagten Worte und Bulma verstand.
Er würde es wohl niemals aussprechen, doch das war auch nicht nötig. Vegeta, der soviel Gewalt erfahren hatte, er, dessen Zerstörungswut Planeten in Staub verwandeln konnte, er war sprachlos angesichts des Wunders, das er in den Armen hielt.
Seine Lippen verzogen sich und Bulma fragte sich, warum gerade diese kleine Geste ihr soviel bedeutete, ihr Herz zum überlaufen brachte.
Es war doch... nur ein Lächeln.
Ende des letzten Teils. ....................................
Anmerkung: Dies hier ist das abschließende Kapitel zu "Nur ein Lächeln". Ich hatte sehr viel Freude damit und ich hoffe, die Story hat euch auch gefallen. Bitte, schreibt einen abschließenden Kommentar, ich bin sehr gespannt auf eure Meinung. Ich freue mich auf über E-Mails an raven@vol.at !
Noch eine Warnung. Der nachfolgende Epilog stellt die Überleitung zu einer Fortsetzung dar, die sich derzeit noch in Planung befindet. Er ist nichts für schwache Nerven. Wer mit diesem Ende hier glücklich und zufrieden ist und kein Interesse an der Fortsetzung hat, soll besser nicht den Epilog anklicken...
