Kapitel 5



Liebe Rinoa,

die Schlacht geht zu Ende. Doch ich kann nicht einschätzen, für wen sie sich zum Guten wenden wird. Deswegen sage ich dir gar nichts, um dich nicht anzulügen und dich auch nicht zu beunruhigen. Du möchtest bestimmt wissen, wie es mir geht, doch das kann ich selber nicht mehr so richtig sagen. Körperlich geht es mir ganz in Ordnung, doch innen drin, da ist nur... ich kann es nicht beschreiben. Ich will, dass diese Schlacht zu Ende geht, damit ich wieder nach Hause, zu dir kann. Aber... ich weiß noch nicht, ob ich dich wiedersehe, und ich weiß nicht ob ich im Kampf besteh, ich kann es wirklich nicht sagen.

Ich sage das nur, damit du dir keine falschen Hoffnungen machst. Du sollst auf alles gefasst sein und das Recht haben, alles zu wissen. Pass gut auf dich auf, denn wenn wir nicht gewinnen, wird sich keiner mehr Garlon in den Weg stellen können, dann wird es niemanden mehr geben, der ihn aufhalten kann. Pass gut auf dich und auf unseren Sohn auf. Und erzähl ihm nicht allzu viel von mir, sonst wird er noch Alpträume bekommen!

Ich Liebe Dich Rinoa! Wir werden das schon irgendwie schaffen!

In Liebe, Dein Squall



Der Brief kam erst zwei Wochen an, nachdem die Nachricht verbreitet wurde, Garlon Hames wäre getötet worden.

Man fand eine Leiche, die eindeutig als die von Garlon identifiziert werden konnte. Es war also wirklich überstanden. Doch nicht für Rinoa. Für sie war noch gar nichts überstanden.

"Mami, warum weinst du?", fragte ein kleiner Junge in orangenem T-Shirt mit grünen Zacken darauf und einer grünen Hose. Er zupfte am Zipfel ihres blauen Gewandes.

Rinoa zwang ein Lachen auf ihr Gesicht, verstrubbelte das Haar des kleinen Jungen und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Mami hat nur ein kleines Aua, aber das geht schon wieder weg."

Darion Leonhart drehte sich wortlos um und stolperte mit seinem einen Jahr wieder zurück ins Wohnzimmer.

Eine Leiche von Squall wurde aber nicht gefunden. Das gab Rinoa den einzigen, aber doch so klitzekleinen Trost, dass es noch nicht ganz verloren war. Wie sollte der Kleine nur ohne einen Vater aufwachsen? Er wäre solch ein guter gewesen. Stopp, was redest du da???, fragte sich Rinoa innerlich. Wieso "er wäre"? Es ist noch überhaupt nichts gesagt, er kann immer noch wieder zurückkommen, nur wann ist die Frage. Es wird schon passieren.

Und was wenn nicht? Rinoas Schultern fingen an zu zucken. Sie vergrub ihr Gesicht in der linken Hand, ließ den Kopf hängen. Mit der anderen Hand stützte sie sich auf der Küchentheke ab und fing an zu weinen. Sie weinte bittere Tränen, die ihr aus den Augen liefen und auf die graue Oberfläche der Küche tropften.

Nicht schon wieder, nicht schon wieder!, dachte sie sich. "Nicht schon wieder...", brachte sie dann unter ihren Tränen leise hervor. Sie wollte nicht noch einmal in dieser Einsamkeit leben, nie wieder. Die Zeit von Squalls Gefangenschaft unter Rufus war schon die Hölle auf Erden gewesen, und was kam jetzt? Würde sich das alles wiederholen, nur mit der Änderung, dass Squall dieses Mal wirklich tot sein würde? Diese Gedanken trieben Rinoa zu Boden. Sie ließ sich in der Ecke an den zwei Wänden hinuntergleiten und blieb dann auf dem kalten Küchenboden sitzen. Für eine sehr lange Weile.



Bei Edea war es ihr ein bißchen besser ergangen. Das schaffte Ablenkung, dadurch dass Quistis und die anderen öfter mal zu Besuch kamen. Darion spielte munter mit Selphie und Irvine fangen, was oft ins Auge ging, aber das würde es ja wohl immer.

Der andere kleine Junge lief auch immer hinterher, ging aber dabei etwas brutaler zu als Darion. Xell hatte einmal versucht den anderen Jungen, der genau so alt war wie Darion, zu stoppen, weil er sich sonst noch etwas tun würde, aber der Kleine streckte ihm die Zunge raus, trat ihn vors Schienenbein und meinte nur: "Hasenfuß!!!" Der Sohn von Quistis und Cifer hieß Claw, und wie man sehen kann, hatte er viel von seinem Vater geerbt.

An einem ruhigen Tag, wo keiner von Rinoas Freunden aus dem Garden dort war, ging sie alleine nach draußen. Sie wollte zu der Blumenwiese, um sich diese malerische Landschaft anzusehen. Also schlenderte sie den Weg zur Wiese entlang und blieb dann genau dort stehen, wo sie stand, als sie und Squall sich ihr Versprechen gegeben hatten.

Als ein starker Windhauch ihre Haare durchwirbelte, fröstelte Rinoa ein wenig und schlang ihre Arme um ihren Oberkörper. Man konnte sehen, wie der Wind durch die Blumen und die Grashalme wehte und dann diese Linien auf das Feld zeichnete. Wunderschöne Wolken zierten den Himmel und ließen vereinzelte Sonnenstrahlen durchscheinen.

Und in ihren Gedanken sah sie Squall. Sie sah sein Gesicht, seine tiefen blauen Augen, in denen sie immer nur versinken wollte. Seine Narbe, die ihn so unverwechselbar aussehen ließ. Seine Haare, störrisch wie er selbst in seinem Gesicht stehend. Seinen Körper, muskulös, kräftig und stark. Sie sah ihn, wie er auf der Wiese entlang lief, direkt auf sie zu, und bei dieser Vorstellung lachte sie glücklich.

Rinoa!, rief er in ihren Gedanken. Rinoa!

Ich bin hier, Squall!, dachte sie wie um ihm zu antworten. Ich bin hier. Und sie sah ihn immer weiter auf sie zukommen, er war aber noch weit entfernt.

Rinoa!

Sie konnte sich genau vorstellen, wie seine Stimme sich anhörte.

Rinoa!

Konnte hören, wie er nach ihr rief in ihren Gedanken.

Rinoa!

Wie er zu ihr kommen wollte, um sie in seine Arme zu schließen und sie ganz fest an seinen Oberkörper zu pressen, um sie nie wieder loszulassen.

Rinoa!

"Rinoa!"

Sie schreckte auf. Hatte sie da wirklich seine Stimme gehört? Sie war so entfernt...

"Rinoa!"

Sie riss ihre Augen auf. Träumte sie oder war sie wach? Dort auf der Wiese sah sie eine Person in schwarzer Kleidung, auf sie zustolpernd. Rinoa verengte ihre Augen um mehr zu erkennen.

Dann fühlte es sich an, als ob ihr Herz aufatmen würde. Es war Squall!

Sie schrie seinen Namen. "SQUALL!!!"

Und Squall antwortete ihr. "RINOA!!!"

Auf ihrem Gesicht bildete sich ein wunderschönes Lächeln ab und mit einem Mal sprang sie die kleine Klippe herunter, unachtsam der Höhe und landete auf der Wiese. Dann rannte sie auf ihren verschollen geglaubten Ehemann zu. Im Laufen bemerkte sie jedoch, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Er hielt sich die Seite und sein Körper schüttelte sich.

Rinoa beschleunigte ihren Schritt und als sie ungefähr 10 Schritte von ihm entfernt war, fiel er geschwächt auf sein Knie. Sie rannte zu ihm und kniete sich ebenfalls hin, stützte seinen Oberkörper ab und blickte ihm dann in die Augen.

"Rinoa.", brachte er hervor.

"Squall.", antwortete sie und fiel ihm um den Hals. Dann brach in Tränen der Freude aus und drückte ihn immer wieder fester und fester. "Ich hatte dich schon fast verloren gegeben!", schluchzte sie.

"Und ich hätte nie gedacht, dass ich es noch bis hierher schaffe.", sagte Squall. Er versuchte mit der Kraft, die ihm noch blieb, seine Frau auch zu umarmen, konnte aber nur eine Hand auf ihren Rücken legen.

"Wie geht es dir?", fragte Rinoa, als sie Squall wieder von sich wegschob, um ihm in die Augen sehen zu können. "Du musst sofort zu einem Arzt.

"Es geht schon.", sagte Squall (natürlich). Er rappelte sich mit aller Kraft auf und kam dann solide zum Stehen. Als die beiden dann voreinander standen und sich tief in die Augen blickten, küssten sie sich langsam und innig. Sie küssten sich so lange und intensiv, dass sie nicht sahen, dass ein kleiner Junge in einem orangenen T-Shirt mit grünen Zacken darauf die Wiese herunter gestolpert kam, um zu sehen, was dort wohl los war.

"Mami?", fragte er verwirrt.

Rinoa und Squall lösten sich aus ihrem Kuss und sahen Darion an. Rinoa ging auf ihren Sohn zu und hockte sich zu ihm, ihm über den Kopf streichelnd.

Immer noch auf Squall starrend zeigte er auf ihn als er Rinoa fragte: "Wer issn das, Mami?"

Rinoa hob Darion auf ihren Arm und ging zu Squall. Sie stellte sich ganz nah an ihn heran, sodass Darion ihn gut betrachten konnte.

"Das... das ist dein Papi."





THE END



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Author's note: So, endlich fertig! Auch wenn dieses Fic nicht lang aussieht, es lag doch eine ganz schön lange Pause zwischen zweitem und drittem Teil, weil mir irgendwie der Stoff für die Handlung ausgegangen ist. Aber den vierten und fünften Teil habe ich an einem Stück geschrieben, sodass ich jetzt endgültig glücklich bin, diese Fiction abgeschlossen zu haben!

Ich danke allen, die die Fiction nett gereviewt haben und mich somit unterstützt und angeregt haben, weiterzuschreiben, auch wenn das nicht allzu viele waren... *ähem*

Na dann, lest fleißig weiter und immer schön reviewen, sonst ist das nämlich gemein! yours, Rinoa85!