2. Kapitel
"Vater meint, wir könnten diese Woche schon die neuen Kartoffeln pflanzen. Es ist auch ideales Wetter, ich liebe den Frühling..." Rowena hob den Kopf und betrachtete den wolkenlosen Himmel.
"Das tun wir alle." Godric setzte die beiden Wassereimer ab und fuhr sich durch die schwarzen Haare.
Vier Tage waren nun seit jenem Ereignis in Teakwater vergangen und der Alltag war schnell zurückgekehrt. Lachend setzten sie ihre Arbeit fort, die wie immer bis in den Abend fortdauerte.
"Lass uns aufbrechen, es ist spät geworden, die anderen machen sich auch schon auf den Weg zurück." Godric drängte Rowena, endlich mitzukommen.
"Ich komme schon!" Sie kam vom Fluss heraufgerannt, blieb kurz stehen und verärgert sah sie ihm hinterher. 'Hätte ruhig warten können' dachte sie und erschrak, als sie riesige, schwarze Wolken über sich sah, die plötzlich aufgezogen waren.
Wenige Sekunden später brach das Unwetter los. Hagel regnete auf sie herab. Sie sah zu den Bauern hinüber.
Trotz des Gewitters waren sie stehen schauten auf den Acker zurück, denn ein gellender Schrei war bis zu ihnen hinüber gehallt. Es war wie eine Erscheinung für die Menschen, als sie Rowena dastehen sahen; vollkommen allein, eingehüllt in Dunkelheit, doch für den Bruchteil einer Sekunde unheimlich grell erleuchtet. Ein Blitz hatte kaum 10 Meter neben Rowena in einen Baum eingeschlagen,, und ein ohrenbetäubender Donner folgte ihm. Vor Schreck ließ sie sich auf die Knie fallen.
Und plötzlich schrie die dicke Mrs. Spoon das aus, was schon lange geflüstert wurde und was alle dachten: "HEXE! Rowena Ravenclaw hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen!" Und es war wie ein zig-faches Echo, das über die Felder schallte, als das halbe Dorf die Worte wiederholte.
Selbst Rowena hörte sie, als sie sich noch völlig geschockt vom Blitzeinschlag auf die Beine stellte und losrannte, verzweifelt, mit Angst im Nacken und verfolgt von peinigenden Worten, die ihr das helle Entsetzen ins Gesicht schrieben.
Doch niemand im Dorf bemerkte , wie sich eine dunkle Gestalt eilig auf ein Pferd schwang und aus Teakwater ritt.
Erst tief im Wald kam Rowena zum Stehen. Triefend nass und mit klopfendem Herzen lehnte sie sich gegen eine alte Weide. Sie schloss die Augen und ließ das Geschehene noch einmal vor ihrem geistigen Auge ablaufen.
Mit einem kleinen Aufschrei schrak sie zusammen, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Hatten sie sie schon gefunden? Würden sie sie töten? Dem Scheiterhaufen ausliefern, wie andere Frauen, von denen sie schon gehört hatte?!
Erleichtert aber wurde ihr Atem wieder ruhiger, als sie Godric Gryffindor vor sich erkannte.
"Du musst fliehen. Sie werden nach dir suchen. Das hat den Kessel zum Überlaufen gebracht." Eilig zog er sich den dunklen Mantel aus und legte ihn um ihre Schulter.
"Den Hexenkessel", meinte sie sarkastisch.
"Wir werden nach Norden reiten, nach Broomsticks, dort wird man uns aufnehmen. Wenn wir Glück haben, können wir dort..."
"Moment mal. Wir? Du hast doch nicht vor.."
"Ich werde mit dir gehen, ja."
"Aber..."
"Steig auf, wir müssen hier weg."
Er zog sie auf sein Pferd und gemeinsam ritten sie in die Nacht.
Erst Stunden später hörte es auf zu regnen. Sie waren weit nach Norden geritten, weit weg von Teakwater, wo das Ereignis wahrscheinlich noch für die nächsten Monate für Gesprächsstoff sorgen würde.
Aber nichts von dem bekam Rowena mit. Sie beschäftigte etwas völlig anderes.
Godric hob sie vom Pferd und begann etwas in seiner Tasche zu suchen. Sie zog den Mantel fester an den Körper.
"Hm, ziemlich kalt, was wollen wir hier?" Er hatte sie auf eine Waldlichtung geführt.
"Es wird gleich wärmer..." antwortete er und fand nun das Gesuchte, was bei Rowena einiges Stirnrunzeln auslöste. "Was willst du damit?" Sie starrte ungläubig auf den - ihr so scheinenden - unnützen Holzstab, den er in der Hand hielt.
Er rief: "Accio Brennholz!"
"Wie bitte?"
...
"Was zum...?" rief sie, als das eben Gerufene plötzlich von allen Seiten angeflogen kam: Brennholz.
Er lächelte. "Geschockt?"
Sie sah ihn an, als würde der Teufel persönlich vor ihr stehen.
Er murmelte noch etwas und im nächsten Augenblick prasselte ein kleines Feuer.
"Du... du... du kannst... du hast..." sie rang nach Worten, "Du bist...", fand aber keine.
"Sieh mich nicht so an..."
Sie wich noch weiter von ihm zurück. "Was bist du?"
"Nun... ich bin ein Zauberer."
Sie sagte nichts, sondern starrte nur abwechselnd auf ihn, das Feuer und den Zauberstab in seiner Hand.
"Und was dich betrifft, haben die Dorfler gar nicht so Unrecht."
Sie riss empört den Mund auf. "Du bist tatsächlich eine Hexe."
"Du wagst es..." Rowena begann sich fürchterlich aufzuregen, aber er war aufgesprungen und redete auf sie ein.
"Natürlich nicht so eine Hexe, wie die Menschen aus dem Dorf glauben zu wissen. Du bist eine von uns. Du weißt es nur nicht. Aber ich wusste es. Von Anfang an."
"Du bist verrückt geworden." Das war alles, was sie dazu sagte.
"Verfluchte Muggel", zischte er und sah ihr in die Augen: "Ich beweise es dir."
"Und wie soll das aussehen?"
Godric drückte ihr den Zauberstab in die Hand und sagte: "Konzentriere dich und sage 'Lumos'. Es könnte sein, dass es dir nicht sofort möglich sein wird, du hast ja auch noch nie gezaubert."
Sie kam sich ausgesprochen albern vor, mit einem Stock in der Hand, aber trotzdem tat sie, was er verlangte, und wäre vor Schreck fast in Ohnmacht gefallen, als der Zauberstab ein helles Licht erzeugte.
"Nun, ich denke das ist Beweis genug. Du bisteine Hexe; und eine sehr gute dazu."
"Wie..."
"Wie ich das herausgefunden habe?
Natürlich nicht durch die lächerlichen Zufälle, die dir in Teakwater passiert sind. Dein Aussehen... das Hagelgewitter, das hat nichts mit Hexerei zu tun. Hirngespinste der Muggel, der nichtmagischen Menschen, wie wir sie nennen."
"Wer sind wir?"
"Die verborgenen Zauberer und Hexen. Wir leben überall. Aber die Muggel haben keine Ahnung wer wir wirklich sind, wie wir wirklich leben..."
Noch stundenlang erzählte Godric Rowena von der Zaubererwelt, die sich vollkommen im Verborgenen abspielte. Und nicht zuletzt erzählte er ihr vom Geheimnis der guten Ernte der Gryffindors...
