Teil 2
"Was ist nur heute mit dir los, Usagi?", fragte Ami am folgenden Nachmittag. "Keine einzige deiner Aufgaben stimmt." "Ja, und du hast keines von Makotos Sandwiches angerührt", fügte Rei hinzu. "Bist du krank?"
Usagi, die lustlos über ihren Büchern saß, schüttelte stumm den Kopf. "Dann hat es etwas mit Mamoru zu tun?", fragte Minako. "Appetitlosigkeit ist ein Zeichen von Liebeskummer." Statt einer Antwort begannen Usagis Tränen zu fließen. "So schlimm kann es nicht sein", tröstete Makoto sie, während sie mit den anderen hilflose Blicke tauschte, "egal worüber ihr euch gestritten habt, es kommt alles wieder in Ordnung." "Wir", schnüffelte Usagi, "wir haben uns nicht gestritten. Es ist weil ich ... weil ich ihn nicht mehr sehen darf!" "Hat er dir das gesagt?", fragte Rei erstaunt. "Nein, seine ... seine Großtante. Wir ... haben eine Abmachung. Ich will nicht egoistisch sein, aber es tut so weh!", schluchzte sie. "Welche Großtante und was ist das für eine Abmachung?", fragte Ami vorsichtig. Nach und nach schüttete ihnen Usagi ihr Herz aus. "Das sind aber keine sehr freundlichen Verwandten, die Mamoru da hat", meinte Makoto. "Ich sollte mal vorbeigehen und denen was erzählen. Du bist nicht fein genug, ha! Du bist eine wiedergeborene Prinzessin und eine zukünftige Königin." "Lass den Unsinn, Makoto", sagte Rei, "du weißt genau, dass wir niemandem davon erzählen können. Es muss eine andere Lösung geben. Sag, Usagi, hast du diese Yuri schon gesehen? Könnte ja sein, dass sie nicht halb so hübsch ist, wie Mamorus Großtante behauptet hat." Usagi rieb sich die roten Augen. "Meinst du?", fragte sie halb zweifelnd, halb hoffnungsvoll.
"Ich bin ganz Reis Meinung", sagte Minako, "ehe du dir die Seele aus dem Leib weinst, sollten wir uns diese Yuri einmal anschauen." In diesem Moment hörte man Stimmen und Schritte näherkommen. Usagi zuckte zusammen. "Das ist Mamorus Großonkel", flüsterte sie, als eine Männerstimme energisch den Oberpriester zu sprechen wünschte. Im Nu klebten ihre vier Freundinnen an der Tür. Rei zog sie ein kleines bisschen auf, sodass sie durch den Spalt nach draußen schauen konnten. Auf dem Hof stand Yuuichirou, den Besen in der Hand, und schaute mit offenem Mund auf das schlanke Mädchen neben Mamorus Großonkel und der Großtante. "Was muss er sie so anstarren, als wäre sie ein Weltwunder!", murmelte Rei verärgert, ehe sie das Mädchen genauer betrachtete. Dann allerdings schluckte sie schwer. Yuri, eine andere konnte es nicht sein, war etwa einen halben Kopf kleiner als Yuuichirou. Ihre langen schwarzen Haare hatten einen wunderschönen Blauschimmer und hingen ihr bis auf die Hüften herab. Ihr Gesicht mit den großen, schwarzen Augen und dem winzigen, roten Mund und der kleinen Nase schien direkt aus einem alten Märchenbuch zu stammen. Dazu trug sie den schönsten Kimono, den Rei je gesehen hatte und wie sie ihn trug...! Usagi, trat neben ihre Freundinnen, um auch einen Blick auf ihre Konkurrentin zu werfen. Bei Yuris Anblick sank ihr Herz. "Sie ist schön wie eine Göttin. Ich werde Mamoru an sie verlieren", flüsterte sie mutlos und neue Tränen flossen. "Sie ist wirklich umwerfend", sagte Rei, worauf ihr Minako einen Stoß in die Rippen verpasste.
"Schönheit ist nicht alles", versuchte Ami, die schluchzende Usagi zu beruhigen, "wahrscheinlich hat diese Yuri andere Fehler." "Genau", stimmte ihr Makoto zu. "Wie wäre es, wenn du deine Sachen packst und einen langen, schönen Spaziergang machst? Wir nehmen inzwischen diese Yuri unter die Lupe. Wir laden sie auf eine Tasse Tee ein, während der Großonkel mit Reis Großvater redet." Ehe Usagi sich versah, schob Rei sie durch die Hintertür ins Freie. Einen langen Spaziergang, aber wohin? Es gab kaum einen schönen Platz in der Nähe des Tempels, wo sie nicht schon mit Mamoru gewesen war, wo nicht eine Bank oder der Gesang eines Vogels sie an die schönen Stunden zu zweit erinnerte.
Sie ging einfach los und versuchte, an andere Dinge zu denken, an das neue Sailor V Comic, an Naru und wie sie ihren Bruder Shingo ein bisschen ärgern könnte. Doch immer wieder kehrten ihre Gedanken zu Mamoru zurück. Ob er diese wunderschöne Yuri schon getroffen hatte? Ob er überhaupt noch an sie, Usagi, dachte? Als es dunkel zu werden begann, kehrte Usagi zum Tempel zurück. Leise öffnete sie die Tür zu Reis Zimmer. Ihre Freundinnen saßen noch immer um den Tisch. Bei Usagis Eintreten warfen sie sich betretene Blicke zu. "Nun?", fragte Usagi, "was habt ihr herausgefunden?" Zunächst blieb es ganz still. Schließlich fasste Rei sich als erste ein Herz. "Usagi", man merkte, es fiel ihr nicht leicht, das zu sagen, "Yuri ist das netteste, wohlerzogenste Mädchen, das ich je getroffen habe. Sie weiß sehr viel über jedes Thema und sie kann sogar die große Teezeremonie fehlerlos. Dabei spielt sie auch noch eines der alten Instrumente, die wir hier im Tempel haben." "Außerdem", jetzt sprach Ami und sie wagte es nicht, Usagi dabei ins Gesicht zu sehen, "spricht sie neben Englisch auch ausgezeichnet Französisch und Deutsch. Sie hat fast alle Bücher gelesen, die ich auch kenne. Offenbar ist sie bisher nur von sehr guten Privatlehrern unterrichtet worden, aber bei allen Tests, die sie mitgemacht hat, hat sie nie weniger als neunzig Prozent der Punkte erreicht." "Mir hat sie ein Rezept für Honigkekse gegeben, das sie sich selbst ausgedacht hat. Es klingt ziemlich kompliziert, aber das Ergebnis muss himmlisch schmecken", sagte Makoto. "Sie kennt sich im Sport prima aus", sagte Minako. "Sie weiß genau, wer welches Autorennen letztes Jahr gewonnen hat und schau, was sie mit meinem Haar gemacht hat." Ihr blondes Haar, das ihr sonst offen auf den Rücken herab hing, war zu einem sehr hübschen Gebilde aus Knoten und Zöpfen hochgesteckt worden. "Auch wenn sie häufig Kimonos trägt, scheint sie einen hervorragenden Riecher für Mode zu haben." "Also hat sie keine Fehler, keine Schwachstellen", fragte Usagi mit bebender Stimme.
Alle ihre Freundinnen schüttelten den Kopf. Sie warteten auf den nächsten Tränenausbruch, aber er kam nicht. "Damals, als sich Mamoru nach Chibi Usas Auftauchen von mir losgesagt hat, konnte ich es nicht verstehen. Wenn er mich jetzt für Yuri verlässt, weiß ich wenigstens, warum." Sie lächelte ihre Freundinnen an, es war ein unendlich trauriges Lächeln. "Das Leben wird weitergehen, die nächsten fünf Wochen und auch danach. Bis morgen." Damit schloss sie die Türe wieder und machte sich auf den Heimweg. Ihre Augen brannten aber es wollten keine Tränen mehr kommen. Ami, Rei, Makoto und Minako starrten noch lange auf die Bücher, ohne einen Buchstaben zu erkennen. "Hätten wir es ihr nicht schonender beibringen können?", fragte Minako schließlich.
"Es ist besser, wenn sie auf das Schlimmste vorbereitet ist", sagte Rei und wischte sich über die Augen. "Ich werde mir Mamoru vorknöpfen", sagte Makoto düster. Das wirst du nicht", sagte Ami bestimmt, und alle sahen sie erstaunt an, "er muss sich von ganz allein für Usagi entscheiden und nicht, weil du oder jemand anderer ihn bearbeiten. Alles andere wäre falsch." Makoto wollte erst auffahren, dann aber sanken ihre Schultern herab. Sie hieb mit all ihrem Frust auf den Tisch. "Wenn sie wenigstens geweint hätte!" Sie zog ein Taschentuch hervor und schneuzte sich. "Irgend etwas müssen wir doch für sie tun. Wir sind ihre Freundinnen!" Die anderen nickten, doch in ihren Gesichtern stand deutlich die Ratlosigkeit. Wie konnten sie Usagi helfen? ::::::::::::::::::::::::::::::::: Im unterirdischen Gewölbe, der Hexenküche des Magierkönigs, waren seine fünf dunklen Diener versammelt, um von ihrer Suche zu berichten. "Wir haben alle Länder der Erde abgesucht, König Geddhan", sagte der oberste der fünf. Er sah aus wie ein Mensch, nur dass sein Körper aus fettigem, schwarzem Rauch zu bestehen schien. Sein Gesicht war immer in Bewegung, seine Züge verschwammen und bildeten sich neu. Die anderen glichen ihm aufs Haar bis auf die Farbe des Rauches. Von giftigem Schwefelgelb, schlammigem Erdbraun, gewitterdunklem Grau und dem Rot getrocknetem Blutes reichte die Farbpalette der fünf Atem des Todes, wie sie sich nannten. Sie boten einen sehr unheimlichen Anblick, doch Geddhan war Schlimmeres gewohnt. Der fünfte Atem des Todes sprach weiter: "Wir fanden die Inkarnation eures Feindes in einer Stadt, die Tokyo heißt. Noch ist er frei. Ein Wort und wir werden ihn zu euch bringen." "Gut. Was ist mit dem Ring der Tore?", fragte Geddhan drängend. "Wir konnten ihn nicht finden." "Das gibt es nicht. Wenn Chemaron ihn vernichtet hätte, würde ich es gespürt haben, Ewiger Schlaf oder nicht." "Der Ring der Tore war bis vor kurzem im Besitz seiner Inkarnation", bestätigte der fünfte Atem des Todes. "Wo immer er jetzt ist, eine große Kraft muss ihn abschirmen." "Nun gut. Chemaron wird mir sagen können, was er mit dem Ring gemacht hat. Da er in dieser Inkarnation ein normaler Mensch ist, kann es sein, dass er Familie hat. Schnappt euch also auch alle Menschen, die ihm viel bedeuten, seine Frau, seine Kinder." "Jetzt sofort, König Geddhan?" Geddhan überlegte. Der Wunsch sich zu rächen war sehr stark, aber er hatte so lange gewartet, es sollte perfekt sein. "Nein. Ich habe noch einige Vorbereitungen zu treffen. Wir geben ihm noch etwas Zeit, sein geringes Leben auszukosten, ehe wir die Schlinge um seinen Hals zuziehen, aber dann ....." "Kind, so geht das nicht weiter!" Usagis Mutter machte sich ernsthafte Sorgen. Gestern Abend wollte Usagi nichts essen und heute morgen rührte sie nicht einmal ihren Toast an. "Was ist nur los mit dir?"
"Gar nichts", sagte Usagi und zwang sich zu lächeln, "ich denke nur, ich sollte wieder mal abnehmen. In letzter Zeit habe ich einfach zuviel gefuttert." "Nimm wenigstens dein Pausenpaket mit", sagte ihre Mutter und hielt ihr den rosa Beutel hin. "Zu Mittag wirst du einen riesen Hunger haben." "Vielen Dank, Mama", Usagi gab ihr einen raschen Kuss. "Bis heute abend." Da sie diese Nacht so wenig geschlafen hatte wie die Nacht davor, war sie heute einmal nicht zu spät dran. Zwar fühlte sie sich todmüde, aber sie würde nicht schlafen, nicht nach diesen quälenden Träumen, in denen sie zusehen musste, wie Mamoru Yuri zur Frau nahm, während sie hinter einer dicken Glasscheibe stand, durch die er sie nicht rufen hörte. Mehr tot als lebendig stolperte sie nach der letzten Stunde aus dem Schulhaus. Ob sie beim Tempel wieder Yuri begegnen würde? Sie kam um die Ecke und rannte genau in Yuri hinein. "Entschuldige vielmals", sagte sie mit einigen Verbeugungen, nahm ihre Schultasche und wollte weiter. "Warte", sagte Yuri. Sie hatte wirklich eine sehr musikalische Stimme. "Du musst Usagi sein, die Exfreundin von Mamoru." Usagi straffte die Schultern. "Noch hat Mamoru sich nicht entschieden." "Ich denke doch", sie sagte es nicht einmal unfreundlich, "es tut mir leid, dass ich es bin, die es dir sagen muss, aber wir haben uns gestern getroffen und uns sofort gut verstanden. Ich denke, wir werden ein sehr gutes, zufriedenes Leben zusammen führen. Er weiß was er seinem Namen schuldig ist und ich weiß es auch. Er hat dich nicht erwähnt und das sagt ja wohl alles. Versuch, ihn zu vergessen. Es gibt noch viele andere nette junge Männer in dieser großen Stadt. Darunter werden genug sein, die keine so hohen Ansprüche an ihre zukünftige Frau stellen." Mit einem höflichen Nicken verabschiedete sie sich und schritt davon. War Usagis Herz vorher wund gewesen, so war es jetzt taub und leer. Sie spürte, wie sich neue Tränen in ihren Augen sammelten, aber sie schluckte den Kloß hinunter. Weinen würde ihr jetzt nicht mehr helfen. Beim Tempel angekommen stellte sie erstaunt fest, dass nicht nur die übliche Runde, sondern auch Michiru und Haruka dort versammelt waren. "Ich habe die beiden zufällig in der Stadt getroffen", sagte Ami. "Wir wissen alles", sagte Michiru und sah Usagi voll Mitgefühl an. "Wir sind gekommen, um dir zu helfen." "Danke, aber mir kann nichts und niemand mehr helfen. Ich habe eben Yuri getroffen. Sie sagt, Mamoru habe sich schon entschieden, für sie." "Das glaube ich nicht", sagte Rei, "egal wie toll Yuri ist, Mamoru bricht so eine wichtige Entscheidung nicht übers Knie. Er hätte es dir selbst gesagt, genauso wie damals als er diese Albträume hatte. Er würde sich nie feige drücken." "Wir sind dieser Yuri auch begegnet", sagte Haruka und lächelte Usagi an, "also ich finde, dass du noch immer viel süßer bist als sie." Sie zwinkerte. Usagi wurde ein wenig rot und erwiderte das Lächeln. Haruka hatte einen unwahrscheinlichen Charme, wenn sie es darauf anlegte. "Hör mal zu, Usagi", sagte Rei. "Wir haben gründlich darüber nachgedacht. Wahrscheinlich wird Mamoru die Entscheidung so lange vor sich her schieben, wie er nur kann. Mein Großvater hat gesagt, dass die Chibas erst eine Woche vor dem eigentlichen Termin mit Braut und Bräutigam wieder hier erscheinen werden. Das gibt dir vier Wochen Zeit." "Zeit wofür? So zu werden wie Yuri? Das schaffe ich nicht einmal in vier Monaten." "Das wissen wir auch", sagte Minako, "es kommt nur darauf an, dass Mamoru sieht, was in dir steckt. Beweise Mamoru, dass du ihm eine genau so gute Frau sein kannst wie Yuri, wenn du erst einmal so alt bist wie sie, und Yuri ist schon siebzehn. Verstehst du?" Usagi nickte langsam. "Wir alle werden dir dabei helfen", sagte Ami. "Ich habe dir ein paar Bücher mitgebracht. Du wirst sie lesen und wir werden darüber reden." "Ich zeige dir, wie man einen Kimono trägt und die Teezeremonie durchführt", sagte Rei. "Bei mir kannst du Kochen lernen, jeden Tag wenn du möchtest", bot ihr Makoto an. "Ich mache mit dir ein extra Training", sagte Minako, "abends, wenn die Turnhalle leer ist. Du wirst in Topform sein, wenn ich mit dir fertig bin."
"Ich kann auch diese alten Instrumente spielen", sagte Michiru, "es ist gar nicht so schwierig, du wirst sehen." "Meine Familie gehört zu dem erlauchten Kreis, zu dem sich auch die Chibas zählen", sagte Haruka. "Ich habe lernen müssen, wie man sich in Geselltschaft zu benehmen hat, was man anzieht und so weiter. Eigentlich war ich sehr froh, als ich endlich von dort weg kam und mein eigenes Leben führen konnte. Aber vergessen habe ich nichts." "Und wie soll ich das alles schaffen?" "Mit viel Fleiß, starkem Willen und wenig Schlaf", sagte Ami und reichte Usagi einen Zettel. "Wir haben einen genauen Plan aufgestellt, wer wann was mit dir machen kann. Glaubst du, du schaffst es?" Usagi sah ihre erwartungsvollen Gesichter. "Denkt ihr, es hat einen Sinn?", fragte sie zaghaft. "Willst du kampflos aufgeben?", wollte Haruka wissen. "Das wäre ziemlich feige, Prinzessin." Usagi biss sich auf die Lippen. Sie hatte nicht viel Hoffnung, aber ihre Freundinnen hatten sich soviel Mühe gegeben und damals auf dem Mond war sie auch elegant, gebildet und wunderschön gewesen. Wenn sie sich nur fest genug darauf konzentrierte, konnte sie es vielleicht schaffen. "Ich versuche es", sagte sie. "Womit wollen wir anfangen?" "Willst du überhaupt nichts mehr essen?", fragte Usagis Mutter tags darauf. "Du kommst so spät nach Hause und willst schon wieder weg?" "Ja", gähnte Usagi, "Minako wartet auf mich bei der Schule. Meine Hausaufgaben habe ich schon gemacht, keine Angst. Ein wenig Sport wird mit gut tun, sagst du selbst ja auch immer. Bis dann!" Sie nahm ihre Sporttasche und lief aus dem Haus. Es war erst der zweite Tag ihres Programms, aber schon jetzt fühlte sie sich total ausgelaugt und erschöpft. Gestern hatte sie bis spät in die Nacht hinein noch eines von Amis Büchern gelesen, nach der Schule hatte Haruka auf sie gewartet, um mit ihr auf dem Weg zum Tempel über gutes Benehmen zu reden. Nach der üblichen Lernerei hatte Ami sie von vorn bis hinten über das Buch ausgerfragt, dann musste sie mit Michiru verschiedene alte Instrumente ausprobieren bis sie eines fanden, dessen Klang zu ihr passte, wie Michiru es ausdrückte. Dann kam Rei mit ihrer Lektion, wie trage ich einen Kimono, anschließend hatte sie mit Makoto ein einfaches Reisgericht gekocht, und jetzt war Minako an der Reihe. Sie hatte dem Schulwart die Erlaubnis abgerungen, abends noch in der Turnhalle sein zu dürfen, unter der Vorrausetzung, dass sie alle Geräte sauber wieder weg räumten und das Licht löschten. Minako war nicht weniger streng als ihre anderen "Lehrer". Sie zeigte Sailormoon wie man Seile am schnellsten hoch klettert und Stangen erklimmt, sie Saltos und Räder mit und ohne Sprungbrett. Usagi war voller blauer Flecken, als Minako endlich Mitleid mit ihr hatte und die Übungsstunde für beendet erklärte. Mehr tot als lebendig wankte sie nach Hause, fiel ins Bett und zog das nächste von Amis Büchern heran, wobei sie vergeblich dagegen ankämpfte, nicht schon bei der Einleitung einzuschlafen.
Ein Gutes hatten die Anstrengungen jedenfalls. Sie schlief wie ein Stein, ohne von Mamoru zu träumen. "Wir haben Glück, dass eure Schule wegen dem Rohrbruch für eine Woche geschlossen ist", sagte Rei drei Wochen später zu Usagi. "Du hast schon eine Menge gelernt, jetzt geht es zum Endspurt. Hier ist der Plan, den wir für dich aufgestellt haben. Da Ami ebenfalls frei hat, wird sie besonders viel mit dir üben können." Usagi unterdrückte ein Stöhnen. Sie hatte in den letzten Wochen so wenig geschlafen, dass ihr das Aufstehen mit jedem Tag schwerer fiel. "Ich weiß nicht, ob ich das noch lange durchstehe", sagte sie müde. "Du musst. Wenn du jetzt aufgibst, ist alles umsonst gewesen." Rei sah sie mit echter Besorgnis an. Das Programm hatte Usagi ziemlich zugesetzt. Sie hatte ein paar Kilo abgenommen und ihr Gesicht war blass. "Isst du zu Hause auch genug?", fragte Rei. "Du kennst mich doch, ich bin ein Vielfraß", sagte Usagi scherzhaft. Die Wahrheit verschwieg sie. Am Morgen zwang sie sich meist zu einem ordentlichen Frühstück, aber ihre Pausenmahlzeiten verschenkte sie und am Abend aß sie nur ein paar Bissen. Obwohl sie keine Albträume mehr hatte, konnte sie nicht aufhören, an Mamoru zu denken. Trotz all der anderen Dinge, die sie lernen musste, hatte sie stets das Gefühl, dass er irgendwo in ihrer Nähe sei. Manchmal, wenn sie eine schwierige Aufgabe bewältigt hatte, ertappte sie dabei, wie sie sich umdrehte, um sie Mamoru zu zeigen. Doch er war nicht da, niemals. Selbst zu der Zeit, als sie und Mamoru sich nicht besonders leiden konnten, waren sie sich mehrmals in der Woche über den Weg gelaufen. Jetzt war Usagi ängstlich darauf bedacht, alle Straßen und Plätze zu meiden, in denen sie ihm begegnen könnte. Dabei ersehnte sie nichts mehr, als in seine Augen zu blicken, und die Liebe darin leuchten zu sehen wie früher. Aber er durfte sie um keinen Preis für wankelmütig halten oder für schwach. "Ich gehe jetzt wohl besser", sagte sie zu Rei. "Minako erwartet mich in einer Stunde im der Turnhalle. Bis morgen." "Bis morgen", sagte Rei. Sie blickte Usagi zweifelnd hinterher. "Was denkst du?", fragte Makoto, die neben sie getreten war. "Wird sie es schaffen?"
"Wir hätten ihr vielleicht mehr Pausen gönnen sollen", meinte Rei. "Sie ist wirklich fertig. Ich denke nicht, dass sie noch lange durchhält." "Aber was hätten wir sonst tun können, um ihr zu helfen?", fragte Ami, die hinter den beiden stand.
Die drei sahen sich an, doch keine wusste eine Antwort. Vielleicht lag es an der Müdigkeit, vielleicht war Usagis Sehnsucht nach Mamoru einfach zu groß, jedenfalls nahm sie ohne es zu merken den Weg, der dicht an Mamorus Schule vorbei führte. Plötzlich hörte sie seine Stimme und erschrak. Eilends versteckte sie sich hinter ein paar Mülltonnen. Keine Sekunde zu früh, Mamoru bog gerade um die Ecke und er war nicht allein. Yuri hatte sich bei ihm eingehakt und die beiden unterhielten sich angeregt. Wie sie so vertraut miteinander sprachen, schnitt es tief in Usagis wunde Seele. Yuri sah wieder einmal himmlisch aus und Mamoru schien bester Laune zu sein. Offenbar war ihm die Trennung von Usagi nicht sehr nahe gegangen.
Von der anderen Seite näherten sich ebenfalls Schritte. "Hallo Matao", sagte Yuri und blieb genau vor den Mülltonnen stehen, während Mamoru ein paar Schritte weiter ging, um sich ein Schaufenster anzusehen. Usagi hielt den Atem an. Um keinen Preis durfte sie sich verraten. "Lange nicht gesehen, Yuri. Was machst du in Tokio?", fragte eine Männerstimme.
"Ich werde Mamoru Chiba heiraten." Usagi zuckte zusammen. "Ah, ich kenne ihn von der Schule her. Ihr werdet sehr gut zusammen passen.Wann ist die Verlobung?" "In einer Woche. Mamoru muss sich erst noch seiner Verflossenen entledigen." "Ah, die kleine dumme Blonde mit den Odangos, die so laut lachen und sich so peinlich aufführen kann. Ich habe mich immer gewundert, was er an findet. Du hast Klasse und Stil, was man von Mamorus Ex nicht gerade behaupten kann." Die drei entfernten sich von Usagis Versteck, sodass ihr der Rest der Unterhaltung entging. Aber sie hatte genug gehört. Während sie darauf wartete, dass die drei außer Sicht waren, ging in ihrem Inneren eine Verwandlung vor. Der Schmerz, die Taubheit, die Angst, all das wurde hinweg gespült von dem unbändigen Wunsch, allen zu beweisen, dass sie mehr war als ein dummes Schulmädchen, das man mit einem Schulterzucken abschob. Als hätte sie eine Tür aufgestoßen, strömte neue Kraft in ihren müden Körper, neue Frische in ihren erschöpften Geist. Sie hatte noch eine Woche Zeit. Die Chibas würden sich wundern... "Das wird deine letzte Woche, Chemaron", sagte Geddhan kichernd und legte sich die Zutaten für ein neues, scheußliches Rezept zurecht. "Wie schade, dass du nicht einmal weißt, dass dein jämmerliches Leben in einer Woche vorbei sein wird. Ist alles bereit, ihr fünf Atem des Todes?"
"Wir haben mit Herrscherin Clonith gesprochen, König Geddhan. Die Ewig Finstere wartet auf den Ruf des Ringes, um mit euch die Erde in Besitz zu nehmen." "Sie muss nicht mehr lange warten, nur noch eine Woche, eine einzige Woche", murmelte Geddhan und begann mit der neuen Beschwörung. Der Tag der Entscheidung war da. Yuri, Mamoru, seine Großtante und sein Großonkel fanden sich beim Tempel ein. "Wo bleibt das Mädchen?", fragte Manako ungeduldig, "kann sie nicht einmal heute pünktlich sein?"
"Vielleicht wartet sie drin auf uns", sagte Mamoru. "Sie kommt ganz sicher. Gehen wir hinein."
In dem Raum, wo sie auf Reis Großvater warten sollten, standen zwei der alten Instrumente. An einem von ihnen saß ein blondes Mädchen in einem traumhaft schönen Kimono uns spielte eine einfache, aber zu Herzen gehende Melodie. Mamoru zuckte er zusammen. Das Lied des Sternenmedaillons, Usagis Lied! Das Mädchen hob den Kopf und Mamoru blieb der Mund offen stehen. War das wirklich Usagi? Statt den beiden Odangos trug sie ihr Haar in einem tradionellen Knoten und in dem blassen Gesicht wirkten ihren Augen riesig und sehr dunkel. Als sie sich erhob tat sie es geschmeidig und ihre Begrüßung war formvollendet. Sicher bewegte sie sich in den Holzschuhen und jede kleine Geste wirkte sparsam und geschmeidig. Yuuichirou brachte Schalen und Tee und Usagi begann mit der Zubereitung als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als noble Gäste zu bewirten.
Die Großtante sah nicht mehr ganz so überlegen drein und Yuri war sogar ein klein wenig blass um die Nase. Da sie so in die Rolle der Gäste gedrängt wurden, konnte Yuri weder eines der Instrumente ergreifen, noch Usagi vom Platz der Gastgeberin schubsen, um das Können der Jüngeren in den Schatten zu stellen. Mamoru vergaß alle guten Manieren und ging zwei Schritte auf Usagi zu, doch da packte ihn sein Großonkel und hielt ihn zurück. "Sie wird unseres Namens niemals würdig sein", sagte er überheblich und räuspterte sich. "Wo bleibt der Oberpriester?" In diesem Moment hörte man draußen Yuuichriou schreien. Alle eilten hinaus und sahen mit Ensetzen, wie eine menschenähnliche Gestalt aus dunkelrotem Rauch Yuuichirou in eine Ecke drückte, während zwei andere Monster aus gelbem und schwarzem Rauch aus dem Nichts ein schwarzes Tor erscheinen ließen, das eine unheimliche Sogwirkung hatte. Mamorus Großonkel wurde sofort davon erfasst und verschwand in der schwarzen Öffnung. Die anderen konnten sich an Sträuchern und Pfosten fest halten. Mamorus Großtante schrie aus Leibeskräften. Usagi sah aus den Augenwinkeln, ihre Freundinnen, die sich in Reis Zimmer versammelt hatten herbeieilen. Michiru und Haruka waren auch dabei. Dank ihres Trainings mit Minako konnte sie dem Sog stand halten. Mamorus Großtante war weniger glücklich. Sie verlor den Halt und rutschte auf das Tor zu. Mamoru versuchte, sie zu packen, aber dadurch geriet er ebenfalls gefährlich nahe an den Sog. Die Erinnerung an den Untergang des Mondkönigreiches stieg in Usagi hoch, sie sah wieder die Szene vor sich, als Prinz Endymion von Metallias Kraft in den Himmel hoben wurde.
"Mamoru! Nein!", schrie sie. Ihre Blicke trafen sich und sie erkannte, dass er genau wie sie an damals dachte. In diesem Moment erfasste der Sog ihn mit voller Kraft, und er trieb auf das Tor zu.
Yuri sah zu, wie Mamoru in die Finsternis gerissen wurde. Sie biss die Zähne zusammen und klammerte sich fester um den Pfosten. Usagi hörte ihre Freundinnen rufen. Doch alles was zählte war Mamoru. Sie würde ihn nicht allein lassen. Noch einmal schrie sie seinen Namen, dann lies sie los und der Sog spülte sie hinter Mamoru durch das schwarze Tor. Dann schloss es sich mit einem Knall. Yuri und Yuuichirou knallten mit den Köpfen an die Treppe und verloren das Bewusstsein. Usagis Freundinnen starrten entsetzt auf die Stelle, wo eben noch das schwarze Tor gewesen war.
"Wir müssen ihr nach!", sagte Haruka. "Hier ist etwas sehr Übles im Gange."
Ami hatte ihren Computer aufgeklappt und Rei sondierte mit ihrer übersinnlichen Wahrnehmung die Umgebung. "Ein Raum-Zeit Tor", sagte Ami, "ich kann es vielleicht wieder herstellen, aber ich bin mir nicht klar, wohin es führt." "Die Macht die dahinter steckt, ist sehr mächtig und sehr böse", murmelte Rei. "Irgend etwas an ihr kommt mir so vertraut vor." "Sie hat eine ähnliche Signatur wie jene von Metallia", sagte Ami. "Aber wir haben das Königreich des Dunkeln doch vernichtet", sagte Minako. "Das hier ist älter und mächtiger", erklärte Ami. "Vielleicht eine verwandte, böse Kraft." "Was immer es ist", sagte Makoto, "wir werden es aufhalten." Aber man sah ihr an, dass die Erinnerung an den Kampf damals auf dem Nordpol ihr ziemlich zusetzte. "Wir sind auch noch da", sagte Michiru. "Wir lassen die Prinzessin nicht im Stich." "Verwandeln wir uns", sagte Harkua. "Nur so haben wir eine Chance." Da Yuri und Yuuichirou noch für eine Weile außer Gefecht sein würden, konnten sie sich unbesorgt in ihre Sailorform verwandeln. Merkur setzte sogleich ihren Visor und den Computer ein, um ihre Berechnungen durchzuführen. Die Minuten verstrichen. Mars, Uranus und Jupiter wurden immer unruhiger. Endlich kam Merkur zu einem Ergebnis. "Wenn uns Neptun und Uranus unterstützen", sagte sie, "kann eine Vereinigung aller Sailorkräfte auch ohne Sailormoon das Tor wieder öffnen." "Dann warten wir nicht länger", sagte Harkua. Sie fassten einander and er Hand, jede rief ihren Planeten an und ihre Auren funkelten in den Farben ihrer Macht. Als sie ihre Kräfte vereinigten, sammelte sich die Macht in einem funkelnden Ball, der genau dort explodierte, wo das Tor gewesen war. Die schwarze Öffnung erschien und sie wurden vom Sog erfasst und in das Tor gerisssen. Hinter ihnen schloss es sich wieder. Ende des 2. Teils
"Was ist nur heute mit dir los, Usagi?", fragte Ami am folgenden Nachmittag. "Keine einzige deiner Aufgaben stimmt." "Ja, und du hast keines von Makotos Sandwiches angerührt", fügte Rei hinzu. "Bist du krank?"
Usagi, die lustlos über ihren Büchern saß, schüttelte stumm den Kopf. "Dann hat es etwas mit Mamoru zu tun?", fragte Minako. "Appetitlosigkeit ist ein Zeichen von Liebeskummer." Statt einer Antwort begannen Usagis Tränen zu fließen. "So schlimm kann es nicht sein", tröstete Makoto sie, während sie mit den anderen hilflose Blicke tauschte, "egal worüber ihr euch gestritten habt, es kommt alles wieder in Ordnung." "Wir", schnüffelte Usagi, "wir haben uns nicht gestritten. Es ist weil ich ... weil ich ihn nicht mehr sehen darf!" "Hat er dir das gesagt?", fragte Rei erstaunt. "Nein, seine ... seine Großtante. Wir ... haben eine Abmachung. Ich will nicht egoistisch sein, aber es tut so weh!", schluchzte sie. "Welche Großtante und was ist das für eine Abmachung?", fragte Ami vorsichtig. Nach und nach schüttete ihnen Usagi ihr Herz aus. "Das sind aber keine sehr freundlichen Verwandten, die Mamoru da hat", meinte Makoto. "Ich sollte mal vorbeigehen und denen was erzählen. Du bist nicht fein genug, ha! Du bist eine wiedergeborene Prinzessin und eine zukünftige Königin." "Lass den Unsinn, Makoto", sagte Rei, "du weißt genau, dass wir niemandem davon erzählen können. Es muss eine andere Lösung geben. Sag, Usagi, hast du diese Yuri schon gesehen? Könnte ja sein, dass sie nicht halb so hübsch ist, wie Mamorus Großtante behauptet hat." Usagi rieb sich die roten Augen. "Meinst du?", fragte sie halb zweifelnd, halb hoffnungsvoll.
"Ich bin ganz Reis Meinung", sagte Minako, "ehe du dir die Seele aus dem Leib weinst, sollten wir uns diese Yuri einmal anschauen." In diesem Moment hörte man Stimmen und Schritte näherkommen. Usagi zuckte zusammen. "Das ist Mamorus Großonkel", flüsterte sie, als eine Männerstimme energisch den Oberpriester zu sprechen wünschte. Im Nu klebten ihre vier Freundinnen an der Tür. Rei zog sie ein kleines bisschen auf, sodass sie durch den Spalt nach draußen schauen konnten. Auf dem Hof stand Yuuichirou, den Besen in der Hand, und schaute mit offenem Mund auf das schlanke Mädchen neben Mamorus Großonkel und der Großtante. "Was muss er sie so anstarren, als wäre sie ein Weltwunder!", murmelte Rei verärgert, ehe sie das Mädchen genauer betrachtete. Dann allerdings schluckte sie schwer. Yuri, eine andere konnte es nicht sein, war etwa einen halben Kopf kleiner als Yuuichirou. Ihre langen schwarzen Haare hatten einen wunderschönen Blauschimmer und hingen ihr bis auf die Hüften herab. Ihr Gesicht mit den großen, schwarzen Augen und dem winzigen, roten Mund und der kleinen Nase schien direkt aus einem alten Märchenbuch zu stammen. Dazu trug sie den schönsten Kimono, den Rei je gesehen hatte und wie sie ihn trug...! Usagi, trat neben ihre Freundinnen, um auch einen Blick auf ihre Konkurrentin zu werfen. Bei Yuris Anblick sank ihr Herz. "Sie ist schön wie eine Göttin. Ich werde Mamoru an sie verlieren", flüsterte sie mutlos und neue Tränen flossen. "Sie ist wirklich umwerfend", sagte Rei, worauf ihr Minako einen Stoß in die Rippen verpasste.
"Schönheit ist nicht alles", versuchte Ami, die schluchzende Usagi zu beruhigen, "wahrscheinlich hat diese Yuri andere Fehler." "Genau", stimmte ihr Makoto zu. "Wie wäre es, wenn du deine Sachen packst und einen langen, schönen Spaziergang machst? Wir nehmen inzwischen diese Yuri unter die Lupe. Wir laden sie auf eine Tasse Tee ein, während der Großonkel mit Reis Großvater redet." Ehe Usagi sich versah, schob Rei sie durch die Hintertür ins Freie. Einen langen Spaziergang, aber wohin? Es gab kaum einen schönen Platz in der Nähe des Tempels, wo sie nicht schon mit Mamoru gewesen war, wo nicht eine Bank oder der Gesang eines Vogels sie an die schönen Stunden zu zweit erinnerte.
Sie ging einfach los und versuchte, an andere Dinge zu denken, an das neue Sailor V Comic, an Naru und wie sie ihren Bruder Shingo ein bisschen ärgern könnte. Doch immer wieder kehrten ihre Gedanken zu Mamoru zurück. Ob er diese wunderschöne Yuri schon getroffen hatte? Ob er überhaupt noch an sie, Usagi, dachte? Als es dunkel zu werden begann, kehrte Usagi zum Tempel zurück. Leise öffnete sie die Tür zu Reis Zimmer. Ihre Freundinnen saßen noch immer um den Tisch. Bei Usagis Eintreten warfen sie sich betretene Blicke zu. "Nun?", fragte Usagi, "was habt ihr herausgefunden?" Zunächst blieb es ganz still. Schließlich fasste Rei sich als erste ein Herz. "Usagi", man merkte, es fiel ihr nicht leicht, das zu sagen, "Yuri ist das netteste, wohlerzogenste Mädchen, das ich je getroffen habe. Sie weiß sehr viel über jedes Thema und sie kann sogar die große Teezeremonie fehlerlos. Dabei spielt sie auch noch eines der alten Instrumente, die wir hier im Tempel haben." "Außerdem", jetzt sprach Ami und sie wagte es nicht, Usagi dabei ins Gesicht zu sehen, "spricht sie neben Englisch auch ausgezeichnet Französisch und Deutsch. Sie hat fast alle Bücher gelesen, die ich auch kenne. Offenbar ist sie bisher nur von sehr guten Privatlehrern unterrichtet worden, aber bei allen Tests, die sie mitgemacht hat, hat sie nie weniger als neunzig Prozent der Punkte erreicht." "Mir hat sie ein Rezept für Honigkekse gegeben, das sie sich selbst ausgedacht hat. Es klingt ziemlich kompliziert, aber das Ergebnis muss himmlisch schmecken", sagte Makoto. "Sie kennt sich im Sport prima aus", sagte Minako. "Sie weiß genau, wer welches Autorennen letztes Jahr gewonnen hat und schau, was sie mit meinem Haar gemacht hat." Ihr blondes Haar, das ihr sonst offen auf den Rücken herab hing, war zu einem sehr hübschen Gebilde aus Knoten und Zöpfen hochgesteckt worden. "Auch wenn sie häufig Kimonos trägt, scheint sie einen hervorragenden Riecher für Mode zu haben." "Also hat sie keine Fehler, keine Schwachstellen", fragte Usagi mit bebender Stimme.
Alle ihre Freundinnen schüttelten den Kopf. Sie warteten auf den nächsten Tränenausbruch, aber er kam nicht. "Damals, als sich Mamoru nach Chibi Usas Auftauchen von mir losgesagt hat, konnte ich es nicht verstehen. Wenn er mich jetzt für Yuri verlässt, weiß ich wenigstens, warum." Sie lächelte ihre Freundinnen an, es war ein unendlich trauriges Lächeln. "Das Leben wird weitergehen, die nächsten fünf Wochen und auch danach. Bis morgen." Damit schloss sie die Türe wieder und machte sich auf den Heimweg. Ihre Augen brannten aber es wollten keine Tränen mehr kommen. Ami, Rei, Makoto und Minako starrten noch lange auf die Bücher, ohne einen Buchstaben zu erkennen. "Hätten wir es ihr nicht schonender beibringen können?", fragte Minako schließlich.
"Es ist besser, wenn sie auf das Schlimmste vorbereitet ist", sagte Rei und wischte sich über die Augen. "Ich werde mir Mamoru vorknöpfen", sagte Makoto düster. Das wirst du nicht", sagte Ami bestimmt, und alle sahen sie erstaunt an, "er muss sich von ganz allein für Usagi entscheiden und nicht, weil du oder jemand anderer ihn bearbeiten. Alles andere wäre falsch." Makoto wollte erst auffahren, dann aber sanken ihre Schultern herab. Sie hieb mit all ihrem Frust auf den Tisch. "Wenn sie wenigstens geweint hätte!" Sie zog ein Taschentuch hervor und schneuzte sich. "Irgend etwas müssen wir doch für sie tun. Wir sind ihre Freundinnen!" Die anderen nickten, doch in ihren Gesichtern stand deutlich die Ratlosigkeit. Wie konnten sie Usagi helfen? ::::::::::::::::::::::::::::::::: Im unterirdischen Gewölbe, der Hexenküche des Magierkönigs, waren seine fünf dunklen Diener versammelt, um von ihrer Suche zu berichten. "Wir haben alle Länder der Erde abgesucht, König Geddhan", sagte der oberste der fünf. Er sah aus wie ein Mensch, nur dass sein Körper aus fettigem, schwarzem Rauch zu bestehen schien. Sein Gesicht war immer in Bewegung, seine Züge verschwammen und bildeten sich neu. Die anderen glichen ihm aufs Haar bis auf die Farbe des Rauches. Von giftigem Schwefelgelb, schlammigem Erdbraun, gewitterdunklem Grau und dem Rot getrocknetem Blutes reichte die Farbpalette der fünf Atem des Todes, wie sie sich nannten. Sie boten einen sehr unheimlichen Anblick, doch Geddhan war Schlimmeres gewohnt. Der fünfte Atem des Todes sprach weiter: "Wir fanden die Inkarnation eures Feindes in einer Stadt, die Tokyo heißt. Noch ist er frei. Ein Wort und wir werden ihn zu euch bringen." "Gut. Was ist mit dem Ring der Tore?", fragte Geddhan drängend. "Wir konnten ihn nicht finden." "Das gibt es nicht. Wenn Chemaron ihn vernichtet hätte, würde ich es gespürt haben, Ewiger Schlaf oder nicht." "Der Ring der Tore war bis vor kurzem im Besitz seiner Inkarnation", bestätigte der fünfte Atem des Todes. "Wo immer er jetzt ist, eine große Kraft muss ihn abschirmen." "Nun gut. Chemaron wird mir sagen können, was er mit dem Ring gemacht hat. Da er in dieser Inkarnation ein normaler Mensch ist, kann es sein, dass er Familie hat. Schnappt euch also auch alle Menschen, die ihm viel bedeuten, seine Frau, seine Kinder." "Jetzt sofort, König Geddhan?" Geddhan überlegte. Der Wunsch sich zu rächen war sehr stark, aber er hatte so lange gewartet, es sollte perfekt sein. "Nein. Ich habe noch einige Vorbereitungen zu treffen. Wir geben ihm noch etwas Zeit, sein geringes Leben auszukosten, ehe wir die Schlinge um seinen Hals zuziehen, aber dann ....." "Kind, so geht das nicht weiter!" Usagis Mutter machte sich ernsthafte Sorgen. Gestern Abend wollte Usagi nichts essen und heute morgen rührte sie nicht einmal ihren Toast an. "Was ist nur los mit dir?"
"Gar nichts", sagte Usagi und zwang sich zu lächeln, "ich denke nur, ich sollte wieder mal abnehmen. In letzter Zeit habe ich einfach zuviel gefuttert." "Nimm wenigstens dein Pausenpaket mit", sagte ihre Mutter und hielt ihr den rosa Beutel hin. "Zu Mittag wirst du einen riesen Hunger haben." "Vielen Dank, Mama", Usagi gab ihr einen raschen Kuss. "Bis heute abend." Da sie diese Nacht so wenig geschlafen hatte wie die Nacht davor, war sie heute einmal nicht zu spät dran. Zwar fühlte sie sich todmüde, aber sie würde nicht schlafen, nicht nach diesen quälenden Träumen, in denen sie zusehen musste, wie Mamoru Yuri zur Frau nahm, während sie hinter einer dicken Glasscheibe stand, durch die er sie nicht rufen hörte. Mehr tot als lebendig stolperte sie nach der letzten Stunde aus dem Schulhaus. Ob sie beim Tempel wieder Yuri begegnen würde? Sie kam um die Ecke und rannte genau in Yuri hinein. "Entschuldige vielmals", sagte sie mit einigen Verbeugungen, nahm ihre Schultasche und wollte weiter. "Warte", sagte Yuri. Sie hatte wirklich eine sehr musikalische Stimme. "Du musst Usagi sein, die Exfreundin von Mamoru." Usagi straffte die Schultern. "Noch hat Mamoru sich nicht entschieden." "Ich denke doch", sie sagte es nicht einmal unfreundlich, "es tut mir leid, dass ich es bin, die es dir sagen muss, aber wir haben uns gestern getroffen und uns sofort gut verstanden. Ich denke, wir werden ein sehr gutes, zufriedenes Leben zusammen führen. Er weiß was er seinem Namen schuldig ist und ich weiß es auch. Er hat dich nicht erwähnt und das sagt ja wohl alles. Versuch, ihn zu vergessen. Es gibt noch viele andere nette junge Männer in dieser großen Stadt. Darunter werden genug sein, die keine so hohen Ansprüche an ihre zukünftige Frau stellen." Mit einem höflichen Nicken verabschiedete sie sich und schritt davon. War Usagis Herz vorher wund gewesen, so war es jetzt taub und leer. Sie spürte, wie sich neue Tränen in ihren Augen sammelten, aber sie schluckte den Kloß hinunter. Weinen würde ihr jetzt nicht mehr helfen. Beim Tempel angekommen stellte sie erstaunt fest, dass nicht nur die übliche Runde, sondern auch Michiru und Haruka dort versammelt waren. "Ich habe die beiden zufällig in der Stadt getroffen", sagte Ami. "Wir wissen alles", sagte Michiru und sah Usagi voll Mitgefühl an. "Wir sind gekommen, um dir zu helfen." "Danke, aber mir kann nichts und niemand mehr helfen. Ich habe eben Yuri getroffen. Sie sagt, Mamoru habe sich schon entschieden, für sie." "Das glaube ich nicht", sagte Rei, "egal wie toll Yuri ist, Mamoru bricht so eine wichtige Entscheidung nicht übers Knie. Er hätte es dir selbst gesagt, genauso wie damals als er diese Albträume hatte. Er würde sich nie feige drücken." "Wir sind dieser Yuri auch begegnet", sagte Haruka und lächelte Usagi an, "also ich finde, dass du noch immer viel süßer bist als sie." Sie zwinkerte. Usagi wurde ein wenig rot und erwiderte das Lächeln. Haruka hatte einen unwahrscheinlichen Charme, wenn sie es darauf anlegte. "Hör mal zu, Usagi", sagte Rei. "Wir haben gründlich darüber nachgedacht. Wahrscheinlich wird Mamoru die Entscheidung so lange vor sich her schieben, wie er nur kann. Mein Großvater hat gesagt, dass die Chibas erst eine Woche vor dem eigentlichen Termin mit Braut und Bräutigam wieder hier erscheinen werden. Das gibt dir vier Wochen Zeit." "Zeit wofür? So zu werden wie Yuri? Das schaffe ich nicht einmal in vier Monaten." "Das wissen wir auch", sagte Minako, "es kommt nur darauf an, dass Mamoru sieht, was in dir steckt. Beweise Mamoru, dass du ihm eine genau so gute Frau sein kannst wie Yuri, wenn du erst einmal so alt bist wie sie, und Yuri ist schon siebzehn. Verstehst du?" Usagi nickte langsam. "Wir alle werden dir dabei helfen", sagte Ami. "Ich habe dir ein paar Bücher mitgebracht. Du wirst sie lesen und wir werden darüber reden." "Ich zeige dir, wie man einen Kimono trägt und die Teezeremonie durchführt", sagte Rei. "Bei mir kannst du Kochen lernen, jeden Tag wenn du möchtest", bot ihr Makoto an. "Ich mache mit dir ein extra Training", sagte Minako, "abends, wenn die Turnhalle leer ist. Du wirst in Topform sein, wenn ich mit dir fertig bin."
"Ich kann auch diese alten Instrumente spielen", sagte Michiru, "es ist gar nicht so schwierig, du wirst sehen." "Meine Familie gehört zu dem erlauchten Kreis, zu dem sich auch die Chibas zählen", sagte Haruka. "Ich habe lernen müssen, wie man sich in Geselltschaft zu benehmen hat, was man anzieht und so weiter. Eigentlich war ich sehr froh, als ich endlich von dort weg kam und mein eigenes Leben führen konnte. Aber vergessen habe ich nichts." "Und wie soll ich das alles schaffen?" "Mit viel Fleiß, starkem Willen und wenig Schlaf", sagte Ami und reichte Usagi einen Zettel. "Wir haben einen genauen Plan aufgestellt, wer wann was mit dir machen kann. Glaubst du, du schaffst es?" Usagi sah ihre erwartungsvollen Gesichter. "Denkt ihr, es hat einen Sinn?", fragte sie zaghaft. "Willst du kampflos aufgeben?", wollte Haruka wissen. "Das wäre ziemlich feige, Prinzessin." Usagi biss sich auf die Lippen. Sie hatte nicht viel Hoffnung, aber ihre Freundinnen hatten sich soviel Mühe gegeben und damals auf dem Mond war sie auch elegant, gebildet und wunderschön gewesen. Wenn sie sich nur fest genug darauf konzentrierte, konnte sie es vielleicht schaffen. "Ich versuche es", sagte sie. "Womit wollen wir anfangen?" "Willst du überhaupt nichts mehr essen?", fragte Usagis Mutter tags darauf. "Du kommst so spät nach Hause und willst schon wieder weg?" "Ja", gähnte Usagi, "Minako wartet auf mich bei der Schule. Meine Hausaufgaben habe ich schon gemacht, keine Angst. Ein wenig Sport wird mit gut tun, sagst du selbst ja auch immer. Bis dann!" Sie nahm ihre Sporttasche und lief aus dem Haus. Es war erst der zweite Tag ihres Programms, aber schon jetzt fühlte sie sich total ausgelaugt und erschöpft. Gestern hatte sie bis spät in die Nacht hinein noch eines von Amis Büchern gelesen, nach der Schule hatte Haruka auf sie gewartet, um mit ihr auf dem Weg zum Tempel über gutes Benehmen zu reden. Nach der üblichen Lernerei hatte Ami sie von vorn bis hinten über das Buch ausgerfragt, dann musste sie mit Michiru verschiedene alte Instrumente ausprobieren bis sie eines fanden, dessen Klang zu ihr passte, wie Michiru es ausdrückte. Dann kam Rei mit ihrer Lektion, wie trage ich einen Kimono, anschließend hatte sie mit Makoto ein einfaches Reisgericht gekocht, und jetzt war Minako an der Reihe. Sie hatte dem Schulwart die Erlaubnis abgerungen, abends noch in der Turnhalle sein zu dürfen, unter der Vorrausetzung, dass sie alle Geräte sauber wieder weg räumten und das Licht löschten. Minako war nicht weniger streng als ihre anderen "Lehrer". Sie zeigte Sailormoon wie man Seile am schnellsten hoch klettert und Stangen erklimmt, sie Saltos und Räder mit und ohne Sprungbrett. Usagi war voller blauer Flecken, als Minako endlich Mitleid mit ihr hatte und die Übungsstunde für beendet erklärte. Mehr tot als lebendig wankte sie nach Hause, fiel ins Bett und zog das nächste von Amis Büchern heran, wobei sie vergeblich dagegen ankämpfte, nicht schon bei der Einleitung einzuschlafen.
Ein Gutes hatten die Anstrengungen jedenfalls. Sie schlief wie ein Stein, ohne von Mamoru zu träumen. "Wir haben Glück, dass eure Schule wegen dem Rohrbruch für eine Woche geschlossen ist", sagte Rei drei Wochen später zu Usagi. "Du hast schon eine Menge gelernt, jetzt geht es zum Endspurt. Hier ist der Plan, den wir für dich aufgestellt haben. Da Ami ebenfalls frei hat, wird sie besonders viel mit dir üben können." Usagi unterdrückte ein Stöhnen. Sie hatte in den letzten Wochen so wenig geschlafen, dass ihr das Aufstehen mit jedem Tag schwerer fiel. "Ich weiß nicht, ob ich das noch lange durchstehe", sagte sie müde. "Du musst. Wenn du jetzt aufgibst, ist alles umsonst gewesen." Rei sah sie mit echter Besorgnis an. Das Programm hatte Usagi ziemlich zugesetzt. Sie hatte ein paar Kilo abgenommen und ihr Gesicht war blass. "Isst du zu Hause auch genug?", fragte Rei. "Du kennst mich doch, ich bin ein Vielfraß", sagte Usagi scherzhaft. Die Wahrheit verschwieg sie. Am Morgen zwang sie sich meist zu einem ordentlichen Frühstück, aber ihre Pausenmahlzeiten verschenkte sie und am Abend aß sie nur ein paar Bissen. Obwohl sie keine Albträume mehr hatte, konnte sie nicht aufhören, an Mamoru zu denken. Trotz all der anderen Dinge, die sie lernen musste, hatte sie stets das Gefühl, dass er irgendwo in ihrer Nähe sei. Manchmal, wenn sie eine schwierige Aufgabe bewältigt hatte, ertappte sie dabei, wie sie sich umdrehte, um sie Mamoru zu zeigen. Doch er war nicht da, niemals. Selbst zu der Zeit, als sie und Mamoru sich nicht besonders leiden konnten, waren sie sich mehrmals in der Woche über den Weg gelaufen. Jetzt war Usagi ängstlich darauf bedacht, alle Straßen und Plätze zu meiden, in denen sie ihm begegnen könnte. Dabei ersehnte sie nichts mehr, als in seine Augen zu blicken, und die Liebe darin leuchten zu sehen wie früher. Aber er durfte sie um keinen Preis für wankelmütig halten oder für schwach. "Ich gehe jetzt wohl besser", sagte sie zu Rei. "Minako erwartet mich in einer Stunde im der Turnhalle. Bis morgen." "Bis morgen", sagte Rei. Sie blickte Usagi zweifelnd hinterher. "Was denkst du?", fragte Makoto, die neben sie getreten war. "Wird sie es schaffen?"
"Wir hätten ihr vielleicht mehr Pausen gönnen sollen", meinte Rei. "Sie ist wirklich fertig. Ich denke nicht, dass sie noch lange durchhält." "Aber was hätten wir sonst tun können, um ihr zu helfen?", fragte Ami, die hinter den beiden stand.
Die drei sahen sich an, doch keine wusste eine Antwort. Vielleicht lag es an der Müdigkeit, vielleicht war Usagis Sehnsucht nach Mamoru einfach zu groß, jedenfalls nahm sie ohne es zu merken den Weg, der dicht an Mamorus Schule vorbei führte. Plötzlich hörte sie seine Stimme und erschrak. Eilends versteckte sie sich hinter ein paar Mülltonnen. Keine Sekunde zu früh, Mamoru bog gerade um die Ecke und er war nicht allein. Yuri hatte sich bei ihm eingehakt und die beiden unterhielten sich angeregt. Wie sie so vertraut miteinander sprachen, schnitt es tief in Usagis wunde Seele. Yuri sah wieder einmal himmlisch aus und Mamoru schien bester Laune zu sein. Offenbar war ihm die Trennung von Usagi nicht sehr nahe gegangen.
Von der anderen Seite näherten sich ebenfalls Schritte. "Hallo Matao", sagte Yuri und blieb genau vor den Mülltonnen stehen, während Mamoru ein paar Schritte weiter ging, um sich ein Schaufenster anzusehen. Usagi hielt den Atem an. Um keinen Preis durfte sie sich verraten. "Lange nicht gesehen, Yuri. Was machst du in Tokio?", fragte eine Männerstimme.
"Ich werde Mamoru Chiba heiraten." Usagi zuckte zusammen. "Ah, ich kenne ihn von der Schule her. Ihr werdet sehr gut zusammen passen.Wann ist die Verlobung?" "In einer Woche. Mamoru muss sich erst noch seiner Verflossenen entledigen." "Ah, die kleine dumme Blonde mit den Odangos, die so laut lachen und sich so peinlich aufführen kann. Ich habe mich immer gewundert, was er an findet. Du hast Klasse und Stil, was man von Mamorus Ex nicht gerade behaupten kann." Die drei entfernten sich von Usagis Versteck, sodass ihr der Rest der Unterhaltung entging. Aber sie hatte genug gehört. Während sie darauf wartete, dass die drei außer Sicht waren, ging in ihrem Inneren eine Verwandlung vor. Der Schmerz, die Taubheit, die Angst, all das wurde hinweg gespült von dem unbändigen Wunsch, allen zu beweisen, dass sie mehr war als ein dummes Schulmädchen, das man mit einem Schulterzucken abschob. Als hätte sie eine Tür aufgestoßen, strömte neue Kraft in ihren müden Körper, neue Frische in ihren erschöpften Geist. Sie hatte noch eine Woche Zeit. Die Chibas würden sich wundern... "Das wird deine letzte Woche, Chemaron", sagte Geddhan kichernd und legte sich die Zutaten für ein neues, scheußliches Rezept zurecht. "Wie schade, dass du nicht einmal weißt, dass dein jämmerliches Leben in einer Woche vorbei sein wird. Ist alles bereit, ihr fünf Atem des Todes?"
"Wir haben mit Herrscherin Clonith gesprochen, König Geddhan. Die Ewig Finstere wartet auf den Ruf des Ringes, um mit euch die Erde in Besitz zu nehmen." "Sie muss nicht mehr lange warten, nur noch eine Woche, eine einzige Woche", murmelte Geddhan und begann mit der neuen Beschwörung. Der Tag der Entscheidung war da. Yuri, Mamoru, seine Großtante und sein Großonkel fanden sich beim Tempel ein. "Wo bleibt das Mädchen?", fragte Manako ungeduldig, "kann sie nicht einmal heute pünktlich sein?"
"Vielleicht wartet sie drin auf uns", sagte Mamoru. "Sie kommt ganz sicher. Gehen wir hinein."
In dem Raum, wo sie auf Reis Großvater warten sollten, standen zwei der alten Instrumente. An einem von ihnen saß ein blondes Mädchen in einem traumhaft schönen Kimono uns spielte eine einfache, aber zu Herzen gehende Melodie. Mamoru zuckte er zusammen. Das Lied des Sternenmedaillons, Usagis Lied! Das Mädchen hob den Kopf und Mamoru blieb der Mund offen stehen. War das wirklich Usagi? Statt den beiden Odangos trug sie ihr Haar in einem tradionellen Knoten und in dem blassen Gesicht wirkten ihren Augen riesig und sehr dunkel. Als sie sich erhob tat sie es geschmeidig und ihre Begrüßung war formvollendet. Sicher bewegte sie sich in den Holzschuhen und jede kleine Geste wirkte sparsam und geschmeidig. Yuuichirou brachte Schalen und Tee und Usagi begann mit der Zubereitung als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als noble Gäste zu bewirten.
Die Großtante sah nicht mehr ganz so überlegen drein und Yuri war sogar ein klein wenig blass um die Nase. Da sie so in die Rolle der Gäste gedrängt wurden, konnte Yuri weder eines der Instrumente ergreifen, noch Usagi vom Platz der Gastgeberin schubsen, um das Können der Jüngeren in den Schatten zu stellen. Mamoru vergaß alle guten Manieren und ging zwei Schritte auf Usagi zu, doch da packte ihn sein Großonkel und hielt ihn zurück. "Sie wird unseres Namens niemals würdig sein", sagte er überheblich und räuspterte sich. "Wo bleibt der Oberpriester?" In diesem Moment hörte man draußen Yuuichriou schreien. Alle eilten hinaus und sahen mit Ensetzen, wie eine menschenähnliche Gestalt aus dunkelrotem Rauch Yuuichirou in eine Ecke drückte, während zwei andere Monster aus gelbem und schwarzem Rauch aus dem Nichts ein schwarzes Tor erscheinen ließen, das eine unheimliche Sogwirkung hatte. Mamorus Großonkel wurde sofort davon erfasst und verschwand in der schwarzen Öffnung. Die anderen konnten sich an Sträuchern und Pfosten fest halten. Mamorus Großtante schrie aus Leibeskräften. Usagi sah aus den Augenwinkeln, ihre Freundinnen, die sich in Reis Zimmer versammelt hatten herbeieilen. Michiru und Haruka waren auch dabei. Dank ihres Trainings mit Minako konnte sie dem Sog stand halten. Mamorus Großtante war weniger glücklich. Sie verlor den Halt und rutschte auf das Tor zu. Mamoru versuchte, sie zu packen, aber dadurch geriet er ebenfalls gefährlich nahe an den Sog. Die Erinnerung an den Untergang des Mondkönigreiches stieg in Usagi hoch, sie sah wieder die Szene vor sich, als Prinz Endymion von Metallias Kraft in den Himmel hoben wurde.
"Mamoru! Nein!", schrie sie. Ihre Blicke trafen sich und sie erkannte, dass er genau wie sie an damals dachte. In diesem Moment erfasste der Sog ihn mit voller Kraft, und er trieb auf das Tor zu.
Yuri sah zu, wie Mamoru in die Finsternis gerissen wurde. Sie biss die Zähne zusammen und klammerte sich fester um den Pfosten. Usagi hörte ihre Freundinnen rufen. Doch alles was zählte war Mamoru. Sie würde ihn nicht allein lassen. Noch einmal schrie sie seinen Namen, dann lies sie los und der Sog spülte sie hinter Mamoru durch das schwarze Tor. Dann schloss es sich mit einem Knall. Yuri und Yuuichirou knallten mit den Köpfen an die Treppe und verloren das Bewusstsein. Usagis Freundinnen starrten entsetzt auf die Stelle, wo eben noch das schwarze Tor gewesen war.
"Wir müssen ihr nach!", sagte Haruka. "Hier ist etwas sehr Übles im Gange."
Ami hatte ihren Computer aufgeklappt und Rei sondierte mit ihrer übersinnlichen Wahrnehmung die Umgebung. "Ein Raum-Zeit Tor", sagte Ami, "ich kann es vielleicht wieder herstellen, aber ich bin mir nicht klar, wohin es führt." "Die Macht die dahinter steckt, ist sehr mächtig und sehr böse", murmelte Rei. "Irgend etwas an ihr kommt mir so vertraut vor." "Sie hat eine ähnliche Signatur wie jene von Metallia", sagte Ami. "Aber wir haben das Königreich des Dunkeln doch vernichtet", sagte Minako. "Das hier ist älter und mächtiger", erklärte Ami. "Vielleicht eine verwandte, böse Kraft." "Was immer es ist", sagte Makoto, "wir werden es aufhalten." Aber man sah ihr an, dass die Erinnerung an den Kampf damals auf dem Nordpol ihr ziemlich zusetzte. "Wir sind auch noch da", sagte Michiru. "Wir lassen die Prinzessin nicht im Stich." "Verwandeln wir uns", sagte Harkua. "Nur so haben wir eine Chance." Da Yuri und Yuuichirou noch für eine Weile außer Gefecht sein würden, konnten sie sich unbesorgt in ihre Sailorform verwandeln. Merkur setzte sogleich ihren Visor und den Computer ein, um ihre Berechnungen durchzuführen. Die Minuten verstrichen. Mars, Uranus und Jupiter wurden immer unruhiger. Endlich kam Merkur zu einem Ergebnis. "Wenn uns Neptun und Uranus unterstützen", sagte sie, "kann eine Vereinigung aller Sailorkräfte auch ohne Sailormoon das Tor wieder öffnen." "Dann warten wir nicht länger", sagte Harkua. Sie fassten einander and er Hand, jede rief ihren Planeten an und ihre Auren funkelten in den Farben ihrer Macht. Als sie ihre Kräfte vereinigten, sammelte sich die Macht in einem funkelnden Ball, der genau dort explodierte, wo das Tor gewesen war. Die schwarze Öffnung erschien und sie wurden vom Sog erfasst und in das Tor gerisssen. Hinter ihnen schloss es sich wieder. Ende des 2. Teils
