Titel: Harry Potter und der Erbe von Slytherin

Autor: Luka

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Altersbeschränkung: 12

Inhalt: Kapitel 12: Sie gehen in die Kammer des Schreckens. Erinnerungen werden wach. Werden sie etwas finden?

Disclaimer: Die vorliegende Geschichte ist eine FanFiction zu Harry Potter. Dies zu schreiben macht in erster Linie mir Spaß und liegt fern jedes kommerziellen Gedankens. Dies zu lesen soll allen Spaß machen, die eine neue Geschichte von Harry Potter haben wollen. Sie sollen das tun können ohne eine müde Mark auszugeben. Alle Charaktere gehören Joanne K. Rowling, bis auf die, die in der Geschichte noch entwickelt werden müssen und die nicht von JKR sind. ( So z.B. Helene Baumann und Henri Perpignan der in dieser Geschichte auch wieder eine, wenn auch nicht so wichtige Rolle spielt)

12. In der Kammer des Schreckens

Hermine ließ einen tiefen Seufzer hören, als Harry ihr und Ron von den Ereignissen der letzten Nacht erzählte. Ron grinste.

„Du hast immer ein Glück.", stellte er fest. „Und was nun? Ich meine, gehen wir heute in die Kammer des Schreckens?"

Harry nickte.

„Lass es uns nach dem Mittagessen tun. Dann ist wenig los, und wir können unentdeckt in das Mädchenklo im dritten Stock kommen."

Alle waren einverstanden, und so zogen sie am frühen Nachmittag, mit Tarnumhang, dem Pergament von Hermine und Zauberstäben bewaffnet hinauf in den dritten Stock. Harry hatte einer unbestimmten Eingebung folgend in seinem Koffer nach dem Arachno Xylografen gekramt, den Hagrid in der Höhle des Drachen gefunden und Harry geschenkt hatte. Schon in der Klosterruine, als Harry Lord Voldemort gegenüber stand, hatte dieses magische Instrument mit seinen Spinnenfäden ausgezeichnete Dienste getan.

 Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass der Flur leer war, huschten sie zu der Tür, die zum Mädchenklo der Maulenden Myrthe führte und verschwanden darin. Myrthe saß auf dem Waschbecken und betrachtete ihr durchscheinendes, blasses Gesicht in einem fleckigen und fast blinden Spiegel. Als die drei Freunde das Klo betraten, wandte sie ihren Kopf von ihrem Spiegelbild ab und sah sie mit wasserklaren Augen erstaunt an.

„Ach ihr seid es!", sagte sie in dem vertrauten, weinerlichen Tonfall, den sie alle kannten. „Kommt ihr mich auch mal wieder besuchen? Ihr lasst euch immer ganz schön viel Zeit. Aber an die Myrthe braucht man ja nicht zu denken. Sie ist euch viel zu langweilig. Stimmt's?"

„Ach Myrthe, was soll das?", fragte Harry, der sich jetzt nicht auf eine Diskussion mit ihr einlassen wollte. „Wir sind doch erst vor drei Wochen bei dir gewesen. Außerdem kannst du uns doch auch einmal besuchen, wenn dir langweilig ist. Wieso sollen immer nur wir kommen?"

„Das habe ich doch schon mal versucht, aber überall heißt es immer ‚Schaut mal, da kommt wieder die Maulende Myrthe!', und dann lachen alle über mich oder laufen weg, weil sie nichts mit mir zu tun haben wollen!"

„Könnte das vielleicht daran liegen", fragte Ron und auch ihm war anzumerken, das er sich etwas genervt fühlte, „dass du ständig so herumjammerst?"

„Ron! Lass sie in Frieden!", sagte Hermine.

„Genau!", rief Myrthe schrill. „Lass mich in Frieden. Ständig muss jemand auf mir herum hacken! Aber mit Myrthe kann man es ja machen."

„Was will sie denn?", ereiferte sich Ron. „Wir kommen herein, haben nicht einmal Zeit, ‚Hallo' zu sagen und werden direkt angepampt. Auch wenn sie ein Geist ist, könnte sie wenigstens höflich sein."

„Komm, Ron, lass gut sein.", sagte Harry und fasste ihn am Arm. „Wir haben heute wichtigeres zu tun."

Myrthe hatte gerade noch überlegt, ob sie ein paar Sturzbäche von Tränen fallen lassen sollte. Jetzt wurde sie neugierig. Sie hob eine Augenbraue und fragte:

„Was wollt ihr machen? Wieder einen Zaubertrank brauen?"

„Nein, Myrthe, wir wollen noch einmal in die Kammer des Schreckens.", erklärte Harry.

„Waaas?", rief Myrthe und wurde noch durchscheinender, als sie ohnehin schon war. „Ihr wollt doch nicht wieder zu diesem Monster, da unten?"

„Der Basilisk ist doch tot.", sagte Hermine. „Es gibt keine Gefahr mehr."

Harry ging hinüber zum Waschbecken.

„Wie war das damals noch? Ist schon lange her.", fragte er. „Kannst du mal etwas beiseite rücken, Myrthe?"

Myrthe sah ihn beleidigt an, schwebte dann aber in die Höhe und blieb über dem Waschbecken stehen. Harry untersuchte es. Langsam kam ihm wieder die Erinnerung. Auf der Seite des kupfernen Wasserhahns fand er die Gravur einer winzigen Schlange. Harry konzentrierte sich. Er musste dieser kleinen Schlange in Parsel einen Befehl geben.

„Mach auf!", sagte er, aber nichts rührte sich. Es war unheimlich schwierig für ihn, Parsel zu sprechen, ohne dass eine lebende Schlange in der Nähe war. Wieder konzentrierte er sich auf die winzige Gravur und stellte sich vor, dass es ein lebendes Tier war. Er holte tief Luft und zischte:

„Mach auf!"

Da begann der Wasserhahn zu glühen, und als er hell wie eine Lampe leuchtete, versank das Waschbecken mit einem lauten Knarren in der Wand und gab eine breite Öffnung frei. Dahinter verschwand ein dickes Rohr in der Dunkelheit, breit genug, dass selbst Hagrid hinein gepasst hätte.

Harry drehte sich um.

„Kommst du mit?", fragte er Myrthe, die hinter ihm schwebte und neugierig zugesehen hatte, was er dort tat. Sie streckte beide Hände von sich.

„Iiiiich? Da hinunter? Niemals!", sagte sie entrüstet.

„Gut, wundere dich nicht, wenn es dir langweilig wird.", sagte Harry trocken. Dann sah er Ron und Hermine auffordernd an und fragte:

„Wollen wir?"

Die Beiden nickten ernst. Harry griff in den oberen Rand des Rohren und schwang seine Beine hinein. Es folgte eine brausende Höllenfahrt durch eine spiegelglatte, steile Röhre, die sich in einer weiten Spirale in die Tiefe wand. Hinter sich hörte er Ron einen erstickten Jauchzer ausstoßen.

„Mann, Harry, ich wusste gar nicht mehr, dass das hier so steil hinunter geht.", japste er,  „Ich fürchte du musst gleich höllisch schnell beiseite springen, sonst knall ich auf dich drauf!"

„Warum hast du nicht gewartet?", schrie Harry hinauf. Dann verlor er den Boden unter seinem Hintern, schwebte eine hundertstel Sekunde durch die Luft und prallte auf dem klitschnassen, steinernen Boden eines Ganges auf. Instinktiv warf er sich noch im Fallen auf die Seite und sein Kopf schlug so hart auf, dass er einen Augenblick benommen liegen blieb. Nur Sekunden später schoss Ron aus dem Rohr und plumpste neben Harry auf den Boden.

„Alles in Ordnung, Harry?", fragte er besorgt, als er im Schein seiner Zauberstabspitze Harry auf dem Boden liegen und sich nicht rühren sah. Mühsam hob Harry den Kopf, quälte sich ein grinsen ab und stemmte sich auf die Ellenbogen.

„Mann, das war knapp!", keuchte er. „Warum hast du nicht gewartet?"

In diesem Moment rauschte es im Rohr und wenige Augenblicke später fiel ihnen Hermine entgegen. Sie landete auf ihren Füßen und stand direkt neben Harry, der jetzt langsam wieder zu Verstand kam und sich aufrichtete.

„Oh, was ist passiert?", fragte sie.

„Ron, dieser Tollpatsch!", murmelte Harry. „Er ist mir fast ins Kreuz gesprungen und ich habe mir den Schädel angehauen!"

„Lass sehen, Harry!", sagte Hermine und zog ihren Zauberstab, den sie mit „Lumos" anknipste. „Ach, das ist nicht weiter schlimm. Vielleicht wird es noch nicht einmal eine Beule."

„Danke für die Anteilnahme.", bemerkte Harry. Er zog nun selber den Zauberstab und ließ ihn leuchten.

„Was machen wir jetzt?", fragte Ron. Er leuchtete den Gang entlang. Es war muffig und feucht, von der Decke hingen Flechten herunter, die nur magischen Ursprungs sein konnten, denn hier unten herrschte normalerweise absolute Dunkelheit. Beim näheren Hinsehen jedoch erkannte man, dass die Flechten offensichtlich schon lange dort hingen, denn sie waren bereits mit einer dünnen Kalkschicht überzogen, wie Tropfsteine in einer Höhle. In der Ferne, kaum noch zu erkennen, lag ein hoher Haufen Geröll auf dem Boden und ließ nur einen schmalen Spalt zwischen dem Boden und der Decke des Tunnels offen.

„Schaut mal!", rief Ron. „Da haben wir damals Gilderoy Lockheart fertig gemacht, wisst ihr noch?"

Gilderoy Lockheart war im zweiten Schuljahr ihr Lehrer für die Verteidigung gegen die dunklen Künste gewesen. Lockheart war ein Aufschneider, wie man ihn suchen musste. Er hatte damals herumgetönt, dass nur er allein in der Lage sei, sich dem Monster in den Weg zu stellen. Ron und Harry hatten ihn durchschaut und gezwungen, mit hinunter in die Kammer des Schreckens zu kommen. Hier unten war es Lockheart gelungen, sich des Zauberstabes von Ron zu bemächtigen. Damit wollte er einen Gedächtnis-Zauber ausüben, um zu verhindern, dass all die Abenteuer, die er damals erlebt hatte, und über die er Buch um Buch gefüllt hatte, sich als Lügen herausstellten. Leider hatte er nicht bedacht, dass Rons Zauberstab bei dem Unfall mit der peitschenden Weide zerbrochen war und aus den meisten Zaubersprüchen mittlere Katastrophen machte. So war der Zauber nach hinten los gegangen und die Explosion hatte die Decke des Tunnels eingerissen.

„Ich glaube, er hat sich selber fertig gemacht.", sagte Harry. „Oder? Na, jedenfalls wissen wir jetzt wieder die Richtung, in die wir gehen müssen."

Langsam gingen sie auf den Steinhaufen zu. Ein bestialischer Gestank herrschte hier unten. Das Knirschen, das unter ihren Schritten immer lauter wurde stammte von unzähligen kleinen Knochenresten. Ratten hatten dem Basilisken über Hunderte von Jahren als Nahrung gedient. Harry leuchtete durch den Spalt. Nach nur einem Meter tat sich der Gang wieder auf. Hier lag ein großes rundes etwas, die gigantische Schlangenhaut, die der Basilisk abgestreift hatte. Die Haut war in sich zusammengefallen und hatte ihre Farbe geändert. Nur noch stellenweise leuchtete das ursprüngliche Grün unter einer dicken Schicht von braunem Moder und bläulichem Schimmel durch.

Angewidert verzog Harry das Gesicht. Der Gestank wurde fast unerträglich, es war eine Mischung aus Verwesung und Penizilin, das anscheinend von dem dichten Schimmelpelz ausging, der die Haut überzogen hatte. Harry zwängte sich durch den Spalt. Vorsichtig ging er an der Haut vorbei, schnell ein paar Schritte weiter, dann blieb er stehen und wandte sich um. Ron stand bereits auf der anderen Seite des Spaltes und hatte sein Licht auf die Schlangenhaut gerichtet. Jetzt kam auch Hermine.

„Ihh!", sagte sie mit Ekel im Gesicht. „Was ist denn das?"

„Das ist eine Haut vom Basilisken.", erklärte Harry. „Sie lag damals schon da." Hermine war nicht dabei gewesen, als Harry sich Tom Riddle gestellt und Ginny aus seinen Klauen befreit hatte. Sie hatte nach einer Begegnung mit dem Basilisken wie versteinert im Krankenflügel gelegen. Daher war alles hier unten neu für sie. Ihre anfängliche Neugier, die sie hier herunter getrieben hatte, wich blankem Ekel, als sie den Gestank wahrnahm.

„Hat das damals hier auch schon so gestunken?", fragte sie angewidert.

Harry schüttelte den Kopf.

„Kommt weiter. Ich glaube, da hinten wird die Luft besser!", sagte er und zog Ron am Ärmel. „Das muss daher kommen, dass hier alles vergammelt. Damals war die Luft wesentlich besser."

Sie folgten dem Tunnel, der kein Ende nehmen wollte. Ihre Schatten wirkten riesenhaft in dem spärlichen Licht, das kaum ausreichte, die nächsten zehn Meter des Ganges zu beleuchten. Die Schritte hallten dumpf von den feuchten Wänden wider. Tatsächlich wurde die Luft etwas erträglicher, aber auch hier war sie abgestanden und muffig, wie Harry sie nicht in Erinnerung hatte. Dann, endlich, nach vielen Schritten über zerbrechende Knochenreste,  kamen sie an eine Biegung und standen plötzlich vor einer glatten Felswand, die durch das Relief zweier ineinander geflochtenen Schlangen verziert wurde. Die Schlangen hatten Augen aus glasklaren, grünen Smaragden und sie wirkten, als würden sie die Drei unentwegt anstarren.

„Öffnet!", zischte Harry mit hohler Stimme. Die Schlangen begannen sich zu entflechten und ein kleiner Spalt tat sich zwischen ihnen auf. Die beiden Hälften der Wand glitten geräuschlos zur Seite und gaben den Weg in eine unendlich große und stockdunkle Halle frei. Ein Schwall übelriechenden Verwesungsgeruchs kam ihnen entgegen.

„Das ist ja kaum auszuhalten!", schimpfte Hermine.

Sie leuchtete hinein. Mit einem Mal schrie auf, als sie das gigantische, mit vermoderten Fleischresten behangene Gerippe des Basilisken in der Halle zwischen hohen, schlangenumrankten Säulen liegen sah.

„Der ist ja riesig!", stieß sie hervor. Das Echo ihrer Stimme wurde von den Wänden zurückgeworfen, wie in einer mittelalterlichen Kathedrale. „Und den hast du besiegt? Harry, hätte ich gewusst, was du damals mitgemacht hast, ich wäre vor Angst gestorben!"

„Da kann ich ja froh sein, dass du es nicht gewusst hast. Wer hätte sonst Richard den Gelehrten für mich gelesen..." Harry grinste schwach. Im Licht der Zauberstäbe wirkte sein Grinsen eher gespenstisch.

„Kein Wunder, dass es hier so stinkt.", bemerkte Ron mit zugehaltener Nase. „Wenn man bedenkt, dass dieses Vieh drei Jahre Zeit hatte, in aller Gemütlichkeit zu vergammeln."

„Damals, als ich hier gewesen bin", sagte Harry nachdenklich, „hat die Halle ganz schwach geleuchtet, wie hat er das nur hinbekommen?"

„Wer?", fragte Ron.

„Tom Riddle!", antwortete Harry. "Vielleicht hat er es mit Parsel geschafft. Lasst es mich mal versuchen..."

Er trat durch das Tor in die Halle. In dem Moment begann ein leichtes vibrieren, ganz sacht und kaum zu spüren, und im Hintergrund schälte sich, nur wie eine Ahnung, eine riesenhafte Statue aus der Dunkelheit. Die Wände begannen in einem giftigen grün zu glimmen, gerade ausreichend, um einen Eindruck von dem Raum zu bekommen. Eigenartigerweise war die Kammer im Gegensatz zum Tunnel absolut trocken und der Fußboden mit einer dünnen Staubschicht bedeckt.

„Das ist die Kammer des Schreckens!", sagte Harry fast feierlich. „Da vorne, am Fuß der Statue habe ich Ginny gefunden."

Jetzt kamen auch Ron und Hermine herein und gemeinsam schritten sie langsam und um sich blickend durch die Halle.

„Ich glaube, jetzt gibt es keine Gefahr mehr", sagte Harry. Er deutete mit dem Zauberstab in die Höhe der Statue und beleuchtete den torgroßen Mund, der jetzt verwaist und leer stand. Er wurde umrahmt von einem faltigen und affenartig aussehenden Gesicht, dessen Augen tot und starr auf sie herunter blickte. Es zeigte einen alten Zauberer, dessen Bart fast bis zum Boden reichte. „Da oben hat der Basilisk gewohnt."

„Meinst du, du kannst mehr Licht machen?", fragte Hermine. „Ich würde mir diese Halle gerne etwas genauer anschauen.

„Ich müsste es versuchen.", antwortete Harry. Er hob seinen Kopf. Hier, in der Umgebung von unzähligen in Stein gehauenen Schlangen fiel es ihm nicht schwer, Parsel zu sprechen.

„Mehr Licht!", zischelte es aus seinem Mund und tatsächlich schwoll das grüne Glimmen etwas an.

„Noch mehr Licht!", befahl er und das Glimmen wurde heller, bis es zu einem schwachen, unwirklichen Leuchten gewachsen war. Jetzt konnten sie mühelos die Halle überblicken. Ein steinerner säulenbewehrter Gang führte wie ein Wandelgang in einem Kloster um das Geviert. Säulen, die über und über mit steinernen Schlangen verziert waren, stützten die hohen kahlen Felswände, die sich zur Decke hin im grün leuchtenden Nichts zu verlieren schienen. Die Statue, die allem Anschein nach Salazar Slytherin darstellte, stand mit dem Rücken an die Stirnseite der Halle gelehnt. Der Boden war mit hellen und dunklen Steinplatten gepflastert. Sie stellten ein eigenartiges Ornament dar, das allerdings von unten her nicht überblickt werden konnte. Die Drei schritten, staunend um sich blickend, durch den Saal. Ron schien besonders beeindruckt von der Statue, denn er blieb davor stehen und betrachtete sie eingehend. Hermine jedoch hatte begonnen, das Ornament abzuschreiten. Nachdem sie den dunklen Platten ein paar Meter gefolgt war, kam sie zu Harry zurück

„Mensch, Harry!", sagte sie und fasste ihn am Arm. „Das Ornament, weißt du was es sein könnte?"

„Meinst du...?"

„Ja, ich bin mir fast sicher. Es ist das Ornament von der vierhundertsten Tafel aus der Decke der Bibliothek. Kannst du mich mit dem Schwebezauber ein wenig hoch heben?"

„Oh, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Wir müssten es versuchen..."

„Tu mir einen Gefallen, Harry.", sagte Hermine mit bittender Stimme. „Brüll das ‚leviosa' nicht so. Ich möchte nicht wie ein Filibuster Feuerwerkskörper hochgehen"

„Erinnerst du dich vielleicht, dass ich das ganz gut konnte?", fragte Harry grimmig. „Also..."

Er zog seinen Zauberstab aus dem Ärmel und richtete ihn auf Hermine.

Wingardium leviosa", sagte er gelassen und hob langsam den Stab. Hermine schwebte in die Luft. Als sie etwa fünf Meter über dem Boden erreicht hatte, fragte Harry:

„Reicht die Höhe?"

„Ja", rief sie hinunter. „Ich habe recht gehabt. Es ist wirklich das gleiche Ornament. Kannst du mich mal ein bisschen nach rechts schweben lassen?"

Harry schwenkte den Zauberstab und ließ Hermine langsam durch den Raum gleiten. Sie hatte ihr Pergament herausgekramt und entrollt. Sie verglich Linie mit Linie. Jetzt suchte sie in ihrer Tasche nach einem Stift. Sie hatte immer einen Kugelschreiber bei sich, den sie als Werbegeschenk aus der Praxis ihrer Eltern bekommen hatte. Hermine fand es zwar aufregend, nach alter Zauberer Sitte zu leben, aber einige Erfindungen der Muggel fand sie einfach ungemein praktisch. Mit dem Kugelschreiber begann sie Korrekturen auf das Pergament zu malen. Schließlich rollte sie es wieder zusammen, steckte den Kugelschreiber weg und rief zu Harry hinunter:

„Kannst mich wieder runter lassen."

Harry senkte seinen Zauberstab und Hermine landete sanft. Dann hob er den Zauber mit ‚Finite' auf.

„Und, hast du noch etwas entdeckt?", fragte er. Hermine schüttelte den Kopf.

„Nicht direkt. Ein paar Dinge sind anders, als in der Deckenplatte, aber nicht besonders erwähnenswert." Sie zeigte Harry das Pergament.

„Tja, jetzt müssten wir nur noch den Eingang zu den Gängen finden.", sagte er. Sie schritten die Halle ab. Jeder nahm sich einen Teil des Säulenbewehrten Wandelganges vor, klopfte an die Felswände, um einen Hohlraum zu finden, oder stampfte hin und wieder auf den Boden, um fest zu stellen, ob eine der Bodenplatten lose war. Nachdem sie den Raum einer intensiven Untersuchung unterzogen hatten, trafen sie sich wieder vor der Statue.

„Nichts!", sagte Ron.

Auch Harry und Hermine schüttelten den Kopf.

„Nicht einmal eine Wand, die mit geflochtenen Schlangen geschmückt ist, allen nur blanker Fels.", bestätigte Hermine.

„Nur die Säulen haben Schlangenornamente, aber ich glaube, wenn du sie Teilst, dann könnten die Wände einstürzen...", meinte Ron.

„Der einzige Ausgang ist dieses Tor.", stellte Harry fest. „Die Wände sind aus massivem Fels. Hm...  Ich glaube, Hermine, dieser Plan zeigt nicht die Kammer des Schreckens, sondern irgend einen anderen Ort."

„Das stimmt nicht.", sagte Ron. Harry und Hermine sahen ihn erstaunt an. Ron deutete nach oben.

„Da ist noch ein Loch.", sagte er. „Da, wo der Basilisk gewohnt hat."

„Hast recht. Daran habe ich gar nicht gedacht.", sagte Harry. „Natürlich, das liegt ja auch nahe. Der Basilisk hat den Zugang bewacht! Mensch Ron! Du hast es!"

„Dann lass uns mal nachschauen.", sagte Hermine, die jetzt eine spürbare Aufregung gepackt hatte. „Soll ich dich hinauf schweben lassen?"

Harry nickte. Hermine sprach den Schwebezauber und schickte Harry hinauf zu der Öffnung, die den Mund der Statue darstellte. Die Öffnung war groß genug, dass  ein erwachsener Mensch darin stehen konnte. Ein weitaus entsetzlicherer Gestank, als sie ihn beim Eintritt in die Halle ertragen mussten, quoll aus dieser Öffnung hervor. Harry landete auf der steinernen Zunge wandte sich erst einmal angewidert ab.

„Slytherin hat Mundgeruch.", rief er hinunter.

Dann nahm er allen Mut zusammen, atmete nur sehr flach, um möglichst wenig von dem Gestank mitzubekommen und ging ein paar Schritte in den Mund hinein. Er verengte sich nach zwei Metern zu einer Röhre, die jedoch breit genug war, dass jemand hinunter klettern konnte. Harry zog den Zauberstab und murmelte „Lumos". Er leuchtete in die Röhre, diese wand sich aber in einer engen Kurve, so dass er nicht weit blicken konnte.

„Ich muss in den Schlund klettern!", rief er hinaus. Unten hörte es sich so an, als würde die Statue sprechen. Harrys Stimme war seltsam verändert. Sie klang hohl und ein wenig unheimlich.

Er griff in seine Tasche und holte den Arachno Xylografen heraus. Dann sah er sich um, an welcher Stelle er einen Faden befestigen konnte und drückte, als er einen kleinen Vorsprung gefunden hatte, auf das Symbol, das einen dicken Spinnenfaden aus der Spitze des magischen Holzes schießen ließ. Er zog prüfend an dem Seil, das elastisch, aber absolut reißfest war. Vorsichtig ließ er sich in die roh aus dem Felsen gehauene Röhre hinab gleiten. An einigen Stellen war sie glitschig und mit einem ekelerregendem Schleim beschmiert. Langsam ließ sich Harry weiter hinab. Seinen leuchtenden Zauberstab hatte er zwischen die Zähne geklemmt. Mit beiden Händen hielt er sich am Spinnenseil fest und stieß sich mit den Füßen an der rauen Wand ab.

Nach ein paar Metern weitete sich die Röhre zu einer kleinen, runden Kammer, aus der es so entsetzlich stank, dass Harry sich fast übergeben musste. Er konnte in der Kammer stehen, aber seine Füße standen bis zu den Knöcheln in einer undefinierbaren, schillernden Masse, die verdächtig nach den Exkrementen des Basilisken aussah. Schnell leuchtete Harry in dem Raum herum. Er hatte die Form eines Eies, kein Ausgang war zu sehen, und Harry hatte nicht die geringste Lust, durch den Morast zu waten und zu prüfen, ob es unter den Exkrementen weiter ging. Als er anfing zu würgen, packte er schnell das Seil und hangelte sich durch den Schlund wieder nach oben. Mit jedem Meter wurde die Luft erträglicher. Als er wieder auf der Zunge stand, atmete er tief durch.

„Bah, was ist das ekelhaft!", rief er hinunter. „Da ist nur die Wohnkammer des Basilisken, kniehoch mit Basiliskenscheiße. Ekelhaft! Holst du mich wieder runter?"

Hermine belegte ihn wieder mit dem Schwebezauber und holte ihn sanft zum Boden der Halle zurück.

„Harry du stinkst!", grinste Ron und hielt sich demonstrativ die Nase zu. Harry sah an sich herunter. Angewidert betrachtete er seine Schuhe, die über und über mit der stinkenden Masse bedeckt waren.

„Ich glaube, die kann ich wegschmeißen!", sagte er.

„Quatsch!", meinte Hermine. „Da genügt ein leichter Reinigungszauber."

„Würdest du ihn bitte ausüben? Schnell?", sagte Harry. „Mir stinkt es!"

Hermine lächelte.

„Cuida Dozo", sagte sie und richtete den Zauberstab auf Harrys Schuhe und Hosen. Der Dreck, der in dicken Fladen von seinen Schuhen getropft war, löste sich in Nichts auf. Ein paar Sekunden später glänzten die Schuhe wie neu, abgesehen von ein paar Schrammen, die sie in den letzen Monaten abbekommen hatten. So sauber waren sie, seit Harry sie von seinem Cousin Dudley in Empfang genommen und dick mit Zeitung ausgestopft hatte, weil sie Nummern zu groß waren, noch nie gewesen.

„Jetzt, wo du nicht mehr so stinkst", sagte Ron, und ein sarkastischer Unterton in seiner Stimme war nicht überhörbar, „kannst du uns ja erzählen, was du gesehen hast."

„Ich glaube, das was ich gesehen habe, hast du gerade gerochen. Mehr ist da oben auch nicht drin. Ich habe jedenfalls keinen weiteren Ausgang entdeckt. Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich keine große Lust hatte, mit den Fingern durch das Zeug zu wühlen, nur um festzustellen, dass darunter auch kein Ausgang ist."

„Was machen wir nun?", fragte Hermine. „Offensichtlich gibt es hier keine Gänge, die zu dem Plan passen."

„Wie wäre es, wenn wir diese Kammer mal vergessen, und uns den Tunnel anschauen, durch den wir gekommen sind?", fragte Ron. „Wir kennen ja nur ein Ende davon."

„Gute Idee.", sagte Harry. „Ich glaube auch, dass wir hier nichts mehr finden. Wenn das Buch aber da draußen in der Feuchtigkeit liegt, dann wird kaum noch etwas davon übrig sein. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn wir hier fündig geworden wären."

Sie verließen die Kammer des Schreckens. Das Schlangentor schloss sich lautlos hinter ihnen und sie standen wieder in der nasskalten Dunkelheit des Ganges, die nur spärlich von den Leuchtspitzen der Zauberstäbe erhellt wurde. Sie erreichten die verwesende Schlangenhaut und kletterten durch den Spalt im Trümmerhaufen. Hier war die Luft fast schon sauber zu nennen. In der Kammer und im Gang jenseits des Steinhaufens lag ständig der schwere Geruch der Verwesung. Hier aber roch es nach Moder und nahezu wie Waldboden, was nach den Geruchseindrücken der letzten Stunde als reine Wohltat angesehen werden konnte. Bald waren sie an dem Rohr vorbei gegangen, durch das sie aus dem Klo der Maulenden Myrthe gekommen waren, und tasteten sich nun vorsichtig weiter.

Der Gang lief eine unendliche Strecke gerade aus. Hatten sie den Verdacht gehabt, die Kammer des Schreckens lag unter dem See von Hogwarts, mussten sie jetzt, wenn sie ihr Richtungssinn nicht schon längst verlassen hatte, mitten unter dem verbotenen Wald sein. Die ganze Zeit stieg der Gang leicht an und sie mussten nach fast einer halben Stunde bestimmt einhundert Höhenmeter geschafft haben. Jetzt war es auch trocken und staubig geworden, und die Luft roch nicht mehr nach Moder. Wie tief waren sie unter der Oberfläche?

Plötzlich kamen sie an eine Kreuzung.

„Was machen wir nun?", fragte Harry.

„Lass uns mal auf den Plan schauen.", schlug Hermine vor.

Sie rollte das Pergament auseinander und leuchtete mit der Spitze des Zauberstabes darauf.

Wenn ich bloß wüsste, wo wir uns befinden...", murmelte sie und schüttelte den Kopf.

„Wie weit reicht denn dein Faden von diesem Achachnodingsda?", fragte Ron.

„Keine Ahnung.", sagte Harry „Müssten wir mal ausprobieren."

Ein plötzliches Knirschen ließ sie aufhorchen. Einer der abzweigenden Gänge schloss sich und es war nur noch ein Abzweig vorhanden.

„Was ist das denn?", fragte Harry verblüfft. „Wir haben doch gar nichts gemacht?"

„Schnell zurück in den Gang, aus dem wir gekommen sind!", rief Hermine. „Das ist bestimmt ein Verirrspiel!"

„Was ist ein Verirrspiel?", fragte Harry, als sie mit einem schnellen Schritt in den Gang getreten waren.

„Das funktioniert wie die Treppen in Hogwarts. Sie machen ständig neue Wege auf oder zu, so dass man sich garantiert verirrt, wenn man einmal dort hinein geraten ist, und sich nicht auskennt. Ich schätze, Slytherin wollte damit irgendetwas schützen. Wahrscheinlich hat er die Kreuzungen oder Abzweigungen mit Sprüchen geschützt, die nur er kannte."

„Dann sind wir eigentlich auf den richtigen Weg, können aber nicht weiter, weil wir uns hoffnungslos verirren würden. Habe ich recht?", fragte Harry.

„Wenn ich bloß wüsste, wo wir hier sind:", wiederholte Hermine und starrte wieder auf die Karte.

„Und wenn wir dein Teil da benutzen?", fragte Ron.

„Ich fürchte, der Faden zerreißt, wenn sich ein Gang schließt. Schau mal, das ist blanker Fels." Hermine deutete auf den Gang, der sich gerade geschlossen hatte.

„Und wenn wir da jetzt einfach so hineingehen?", fragte Harry.

„Dann verirren wir uns. Keine Chance, Harry. Wir würden nie mehr herausfinden."

„Tja, dann bleibt uns wohl nichts mehr, als hier aufzugeben.", sagte Harry niedergeschlagen. Ron und Hermine nickten stumm.

Sie machten sich auf den Rückweg. An der Mündung des Rohres ließ Harry einen Faden aus seinem Arachno Xylografen schießen, der sich irgendwo weiter oben verhakte. Er kletterte voraus, und als er nach etwa hundert Metern das Ende des Fadens erreicht hatte, machte er eine kurze Pause und schoss den nächsten Faden. Ron und Hermine blieben dicht hinter ihm. Harry staunte, dass das Spinnenseil das Gewicht aller drei aushielt.

Hier und da zweigten kleinere Röhren von der Hauptröhre ab, aber keine hatte die Größe, dass man vermuten konnte, dahinter lägen verborgene Gänge oder Verließe. Nur eine Röhre schien breit genug, dass man überhaupt in sie hineinklettern konnte, aber als Harry mit seinem Zauberstab hineinleuchtete, verlor sich der Lichtstrahl in der Unendlichkeit. Nach und nach erklommen sie Meter für Meter und nachdem sie fast eine Stunde geklettert waren und ihnen die Hände vom Greifen weh taten, erschien plötzlich gedämpftes Licht hinter der nächsten Kurve und ein paar Meter weiter plumpste Harry aus der Röhre heraus und landete auf dem Fußboden von Myrthes Klo.

„Endlich!", hörte er Ron aus der Röhre rufen. „Ich hätte schon fast gedacht, es nimmt kein Ende mehr. Nie mehr wieder da hinunter." Ächzend ließ er sich aus dem Rohr-Ende kullern und blieb schnaufend auf dem Boden liegen.

Wenige Augenblicke später kam Hermine nach.

„Ihr lebt ja noch", kicherte die quengelige Stimme von Myrthe, „Na, war es schön da unten?"

„Es hielt sich in Grenzen!", sagte Harry.

„Und? Habt ihr erreicht, was ihr wolltet?" wollte Myrthe wissen.

„Nein, leider nicht.", antwortete Hermine. „Wir sind an eine Stelle gekommen, wo wir uns nicht mehr weiter getraut haben."

„Warum nicht mehr weiter getraut?", fragte Myrthe und ließ eine leises, spöttisches Glucksen hören. „Habt ihr Angst vor dem Basilisken? Ich dachte, er sei tot..."

„Nein.", sagte Ron, „Vor so etwas haben wir keine Angst, so wie du, Myrthe. Aber sagt dir das Wort ‚Verirrspiel' etwas?"

„Oh, Ja!", antwortete Myrthe. „Das macht Spaß, ständig gibt es andere Wege und man findet nie mehr wieder heraus. Welch einen Vorteil hat man da als Geist. Man kann durch Wände gehen..."

„Heißt das, du warst schon dort unten?", fragte Ron. Ärger stieg in ihm herauf, weil er sich von Myrthe auf den Arm genommen vorkam.

„Nein, Ich habe mich noch nie nach dort unten getraut. Könnt ihr euch erinnern, was mit dem Fast Kopflosen Nick passiert ist, als er dem Basilisken begegnete? Ich wollte nie als Rauchgefüllte Luftblase enden! Ja, und seit dem der Basilisk tot ist, war ich auch nicht dort unten, wisst ihr, ich finde es einfach ungemütlich in diesen Gängen, obwohl es dort sehr interessant riechen soll..."

„Woher weißt du dann von dem Verirrspiel?", fragte Harry.

„Der dicke Mönch hat mir davon erzählt. Fragt ihn..."