„Ich habe meinen alten Namen vor langer Zeit in Kioto weggeworfen..."
Himura Kenshin, Rurouni Kenshin- Episode 15
Er wurde geweckt durch das Zwitschern der Vögel. Sein Kopf zuckte hoch und seine Hand fuhr zum Griff des Schwertes, das gegen seine Schulter lehnte. Angespannt und heftig atmend sah er sich um, um herauszufinden, woher das Schwerterklirren stammte, das er im Halbschlaf gehört hatte. Er schloss die Augen und atmete tief ein, um sich zu beruhigen.
„Es war nur ein Traum. Nur wieder ein Alptraum." Kenshin nahm mehrere tiefe Atemzüge. Langsam beruhigte sich sein rasendes Herz wieder, auch wenn die Bilder immer noch in seinem Kopf herumschwirrten.
--- Er war wieder in Kioto gewesen, die Straßen rot vom Blut derer, die er getötet hatte. Es war eine dunkle Nacht mit einem blutroten Vollmond, Shinsengumi umzingelten ihn. Sie alle waren versessen darauf, ihn zu töten, oder zumindest so schwer zu verwunden, dass sie ihn festsetzen konnten. Obwohl sie keine wirkliche Chance gegen ihn hatten, waren sie dumm genug es zu versuchen, sogar nachdem er sie davor gewarnt hatte. Immer noch konnte Kenshin ihre überraschten Gesichter sehen, als sie aufgeschlitzt wurden, und immer noch konnte er das Leid in seinem Herzen spüren, als er sie fallen sah. Er drehte sich um und lief die Straße hinab, vorsichtig, um nicht in das Blut zu treten, das den Boden bedeckte. Das Blut seiner Opfer sollte ihn nie körperlich berühren, auch wenn er es bei jedem Mord seine Seele beflecken fühlte.
„Ich hoffe ihr findet Glück im nächsten Leben.", flüsterte er ihnen zu als er zwischen den auf der Straße verstreuten Körpern hindurchging. Sein Kopf war gesenkt, und sein Herz voll mit dem Leid und dem Schmerz, den er jedes Mal wahrnahm wenn er gezwungen war zu töten.---
Kenshin blinzelte mehrmals, der Traum verblasste langsam, während er sich bereit machte weiterzuziehen. Er versicherte sich, dass das Feuer völlig gelöscht war und verwischte jegliche Spuren seines Aufenthalts. Er wusste, dass Leute nach ihm suchten, Leute der neugeformten Meiji-Regierung. Auch wenn er sich nicht sicher war, weshalb sie nach ihm suchten, eines wusste er ganz sicher: er wollte von niemandem gefunden werden. Nicht von seinem Meister Hiko, der ihm klar erklärt hatte, dass er, wenn er ging, es besser nicht wagen sollte zurückzukehren. Nicht von seinen Feinden, die ihn töten wollten. Und auch nicht von der Regierung, die er geholfen hatte zu schaffen. Er wollte weder in die Gefechte verwickelt werden, die immer noch stattfanden, noch einen Regierungsposten dafür, dass er unzählige Morde begangen hatte.
Deshalb hatte er sich für dieses abgelegene Gebiet entschieden, um den Winter hier zu verbringen. Es war weit weg von den Hauptschauplätzen der Kämpfe, vielleicht hatte man hier noch nicht von ihm gehört. Und wenn in den Bergen um dieses Tal der Schnee fiel, war es völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Niemand würde ihn hier finden.
„Keiner weiß, wohin ich ging, und keiner weiß das ich hier bin, außer Mazumoto. Ich sollte hier eine Weile sicher sein, wenn ich nur vorsichtig genug bin mich nicht zu verraten. Hier weiß niemand, wer ich bin, und mit etwas Glück werden sie mich nicht erkennen."
Aber wie lange kannst du dich sicher fühlen? Über kurz oder lang werden sie herausfinden, wer du bist, und wir werden wieder weiterziehen müssen. Das kalte Flüstern des Hitokiri in seinem Geist ließ Kenshin einen Schauer den Rücken herunter rieseln.
Die Worte ignorierend, klopfte er den Schmutz von seiner abgetragenen und ausgeblichenen Kleidung. Er versuchte, die Stimme bei Seite zu schieben und die Wahrheit zu verdrängen, die der Hitokiri in ihm sprach.
Du weißt das ich recht habe, und dennoch glaubst du immer noch an diesen Unsinn vom Hitokiri, der nicht tötet.
„Ich bin ein Rurouni, kein Hitokiri. Hitokiri Battosai ‚starb' bei Toba und Fushimi. Ich habe einen Schwur geleistet, und ich beabsichtige ihn auch zu halten!", dachte er entschlossen, während er weiterlief.
Du vergisst, das ich ein Teil von dir bin. Ich weiß genau, dass wir diese Männer vor einem Monat töten wollten!
Kenshin konnte nicht verleugnen, dass diese Worte wahr waren. Für einen Moment hatte selbst er ihr Blut fließen sehen wollen, aber er hatte sich und den Hitokiri davon abgehalten.
„Aber ich habe es nicht getan, und das ist der Unterschied zwischen uns. Ich habe einen Schwur geleistet, nie wieder zu töten, und ich habe dieses Schwert angenommen. Ich werde mein Wort halten." Wieder versuchte er, die Stimme verdrängen.
Egal was du tust, es wird immer Leute geben, die dir nicht vergeben können. Und ich werde immer bei dir sein. Du kannst versuchen, mich hinter der Maske des Rurouni zu verstecken, aber die Wahrheit ist, dass du im Grunde deines Herzens ein Hitokiri bist. Nichts kann diese Tatsache ändern. Am Ende werden die Leute immer erfahren, mit wem sie es zu tun haben. Du wirst mich nicht für immer wegsperren können! flüsterte die Stimme, als sie langsam verhallte.
„Aber ich werde es trotzdem versuchen. Ich werde einen Weg finden, dich zu kontrollieren, anstatt dass du mich kontrollierst."
Kenshin schüttelte den Kopf, um ihn wieder zu klären und konzentrierte sich stattdessen auf die Straße vor ihm. Es war mehr ein Trampelpfad als eine wirkliche Straße. Je weiter er dem Weg folgte, desto dünner wurden die Bäume, bis er den Waldrand erreicht hatte. Dort blieb er für einen Moment stehen und nahm das Bild in sich auf, das sich ihm bot.
Um ihn herum standen hohe Berge, als würden sie das Tal beschützen. Das Tal selbst war in eine Decke aus Nebel gehüllt, so dicht, dass er außer vagen Konturen nichts erkennen konnte. In seiner Nähe schien ein kleines Dorf zu sein. Er konnte den Rauch von mehreren Feuerstellen riechen und hörte Leute, die einander riefen.
„Der Hof ist etwas außerhalb des Dorfes, hat Mazumoto gesagt." Kenshin sah sich nach einem Weg um, der ihn zu dem Dorf und dem Bauernhof dahinter führen würde. „Hoffentlich hatte er Recht damit, dass sie Hilfe brauchen. So spät im Jahr kann ich sonst nirgendwo hin."
*
Die Nacht war hereingebrochen, und Kenshin saß auf der Veranda des Hauses der Hirayoshis. Die ersten Sterne tauchten am Himmel auf. Er wandte seine Augen nicht von ihnen ab, auch als er die zwei jüngsten Hirayoshi- Kinder nach ihm rufen hörte. Er lächelte leicht, als er ihre aufgeregten Stimmen vernahm, und fragte sich erneut, warum Kinder stets versuchten, seine Freunde zu werden. Wohin er auch ging, und wo er auch blieb, die Kinder folgten ihm immer. Es war nicht anders gewesen, als er heute morgen angekommen war.
*
Er hatte den Bauernhof gerade erreicht, als die Morgensonne den Nebel vertrieben hatte. Während er sich umsah, fühlte er plötzlich an den Hof seiner Eltern erinnert, als er ein Kind war. Für einen kurzen Moment blitzte die Erinnerung an seine Kindheit auf, dann war sie wieder verschwunden. Als nächstes kam ihm der „Hof" in den Sinn, den er in Otsu „besessen" hatte, aber er unterdrückte rasch die Erinnerung und blickte sich genauer stattdessen um. Er befand sich auf einem wohlhabenden Bauerngehöft. Während er sich nach jemandem umsah, der ihn zum Besitzer dieses Hofes bringen konnte, spürte er plötzlich ein Zupfen an seinem Ärmel. Er blickte nach unten und direkt in die Augen eines etwa fünfjährigen Mädchens mit dunklen Haaren und Augen. Er lächelte.
„Hallo, Kleine.", sagte er freundlich, als er sich hinkniete um auf ihrer Augenhöhe zu sein. „Wohnst du hier?"
Das Mädchen nickte und sah ernst zu ihm herauf.
„Würdest du mich zu meinem Vater bringen?"
Ein weiteres stummes Nicken, und das Mädchen hatte seine Hand genommen. Er stand auf um mit ihr zu gehen, und sie zupfte wieder an seinem Ärmel.
„Hübsch," sagte sie und deutete auf sein Haar, das der Wind in sein Gesicht trieb.
Er lächelte sie an, und für einen Moment liefen sie schweigend. Das Mädchen hing an seiner Hand und brabbelte vor sich hin. Kenshin entspannte sich ein wenig, auch wenn sein Herz immer noch in seiner Brust hämmerte. Es mochte abwegig sein, aber es bestand dennoch die Chance, das sie ihn erkennen und wegschicken würden. Die Chance bestand und würde immer bestehen.
„Ich sollte versuchen, so unbedrohlich wie möglich zu wirken," dachte er als er die unschuldige und friedliche Maske des Rurouni aufsetzte.
Auf halbem Weg zum Haus blieb das Mädchen stehen und zupfte wieder an seinem Ärmel. „Müde... hoch, bitte.", bat sie, die Arme nach ihm ausgestreckt.
Kenshin lächelte und hob sie vorsichtig hoch. Das Mädchen kicherte, dann fasste sie nach seinem Haar, das er jetzt im Nacken zusammengebunden trug. Es war etwas kürzer, denn Anfang des Jahres hatte er es in einem vergeblichen Versuch, Verfolger abzuschütteln, abgeschnitten. Jetzt war es gerade lang genug, um es in einem kurzen Pferdeschwanz zu tragen.
Vorsichtig berührte das Mädchen sein Haar und lächelte ihn an, und ihr Lächeln schien Kenshin so hell wie die Mittagssonne.
„Hübsches Rot!" sagte sie mich einem Kichern, als sie sich eine Handvoll schnappte und über ihr Gesicht rieb.
Kenshin versuchte sich nicht zu bewegen, damit sie es ihm nicht aus Versehen ausriss. Das Mädchen kicherte, dann sah sie in seine Augen. Ihre eigenen weiteten sich überrascht.
„Oh! Hübsche, hübsche Augen. Traurige Augen..." Plötzlich umarmte sie ihn, und Kenshin erstarrte. Das Mädchen schien es nicht zu bemerken.
„Alles besser," sagte sie und nickte, um diese Tatsache zu bestätigen. „Jetzt alles besser."
Kenshin wünschte sich, seine Sorgen könnte mit so einer einfachen Geste genommen werden.
„Wie heißt du, Kleine?" „Runiko.", antwortete sie, als sie wieder nach seinem Haar fasste und sanft daran zupfte.
„Ich sollte dich wieder zu deinen Eltern bringen, Runiko-chan." Sie nickte zustimmend, und er lief wieder los. Innerlich aber fragte er sich, ob es ihm gelingen würde, sie zu überzeugen ihn bleiben zu lassen, und wie lange er das überhaupt konnte.
*
Es stellte sich heraus, das die Hirayoshis nicht Runikos Eltern, sondern ihre Großeltern waren. Ihre Eltern waren beide tot, und sie und ihre Geschwister waren Waisen. Ihr Vater hatte in Toba und Fushimi gekämpft und war an seinen Wunden gestorben, ihre Mutter war bereits zwei Jahre davor von einer Krankheit dahingerafft worden. Runiko und ihre Geschwister wurden von den Eltern ihres Vaters aufgezogen.
Kenshin runzelte nachdenklich die Stirn. Vor seinem inneren Augen sah er wieder die blutgetränkte, mit dem Rauch der Gewehre und Kanonen verhangene Erde, die Toba und Fushimi gewesen war. Er konnte sich nicht erinnern, jemals mit jemandem namens Hirayoshi die Klingen gekreuzt zu haben. Aber er war sich manchmal unsicher über die Namen einiger der Männer, die er getötet hatte, auch wenn er sich an jeden Kampfschauplatz und jedes Gesicht erinnerte.
„Am besten ich erwähne gar nicht, dass ich in Toba und Fushimi war. Es würde nur unnötige Fragen nach sich ziehen."
Er hatte ihnen seinen wahren Namen gesagt, denn er hielt es für das Beste, in diesem Punkt nicht zu lügen. Sonst aber hatte er ihnen nur wenig erzählt, außer dass er ein Rurouni auf der Suche nach einer Bleibe war, und das Mazumoto ihm von dem Hof erzählt hatte. Sie hatten seine Hilfe gern angenommen und seine Geschichte akzeptiert, ohne weiter nachzufragen. Kenshin war dankbar dafür, denn er hatte schon unangenehme und schmerzhafte Fragen befürchtet.
Er senkte den Kopf und hörte, wie Runiko und ihr jüngerer Bruder Toma versuchten, sich an ihn heranzuschleichen. Obwohl er über ihre Possen lächelte, zeigte er nicht, dass er von ihrer Gegenwart wusste. Hinter sich konnte er sie flüstern hören, und hätte fast gelacht.
„Leise, Toma, oder er wird uns hören!", befahl Runiko mit der ganzen Autorität einer älteren Schwester.
Toma hielt ihr den Mund zu und schlich sich auf Zehenspitzen näher an Kenshin heran. Kenshins Lächeln wurde breiter, und er schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. Sein Haar verdeckte sein Gesicht und er stellte sich schlafend. Einen Moment, bevor sie ihn ansprangen, konnte er spüren, wie sie sich anspannten. Sie packten ihn an den Armen und quietschten vor Lachen, dass Kenshin lächeln musste.
„Wir haben ihn, Toma!"
„Los, halt ihn fest!"
Kenshin zuckte zusammen, als sie sich an seine Arme hängten, und gab einen überraschten Laut von sich. Seine Augen weiteten sich, und verlegen grinsend rieb er sich den Hinterkopf.
„Ihr habt mich erschreckt, Toma-chan und Runiko-chan!" Er lächelte wieder, und sie lachten.
Dann nahm er ihre Hände und stand auf. „Ihr solltet schon lange im Bett sein."
Gemeinsam gingen sie ins Haus, wo ein Diener Kenshin die Beiden abnahm und in ihre Zimmer brachte. Toma drehte sich noch einmal um und winkte ihm zu. Kenshin lächelte und winkte zurück. Für einen Moment fühlte er sich entspannt und friedlich. Aus einem Grund, den er selbst nicht kannte, riefen Kinder immer diese Reaktion in ihm hervor.
Er wollte eben in sein Zimmer zurückkehren, als er ganz in der Nähe eine Gegenwart spürte, eine kraftvolle Aura, die ihm seltsam bekannt vorkam. Kenshins Augen verengten sich und nahmen einen goldenen Glanz an. Alarmiert überprüfte er die Halle mit seinen kampferprobten Sinnen, seine Hand am Griff seines Schwertes. Doch so plötzlich wie die Aura aufgetaucht war, so plötzlich war sie wieder spurlos verschwunden. Der Hitokiri in ihm war aus seinem Schlummer aufgeschreckt.
Jemand ist uns gefolgt. Wie müssen ihn finden, bevor er uns findet!
Kenshin ignorierte die Stimme, überprüfte die Umgebung jedoch noch einmal, bevor er in sein Zimmer zurückkehrte. Jetzt war nichts mehr zu spüren, aber für einen Moment hatte es geschienen....
Jemand beobachtete uns! Er weiß... Battosais Stimme hallte in seinem Kopf wieder, als er sich auf der Fensterbank niederließ und die Augen schloss, um sich wieder zu beruhigen.
„Niemand weiß es und niemand kann uns gefolgt sein. Es ist sicher hier." Er schob die Stimme beiseite, aber Battosai weigerte sich, still zu sein.
Wenn wir nichts tun, wird er uns finden. Wir sollten ihn suchen, jetzt, bevor es zu spät ist!
„Ich sollte hier bleiben. Wir wissen nicht, ob er immer noch hier ist, wir wissen noch nicht einmal, wer ‚er' überhaupt ist. Ich habe versprochen, hier auszuhelfen, und ich werde mein Wort halten, egal was du sagst.", dachte er entschlossen.
Battosai murrte widerspenstig, bevor er mit einem letzten Gedanken in die Dunkelheit zurückglitt.
Was passiert, wenn Hirayoshi-san herausfindet, wer du bist? Du weißt ganz genau, dass wir dann gezwungen sein werden, zu gehen. Was, wenn es das ist, was der Feind will?
„Hirayoshi wird keinen Grund haben zu vermuten, dass ich nicht das bin, was ich zu sein scheine. Ich werde noch vorsichtiger sein als bisher. Und wenn der Feind mich aus der Reserve locken will... diesen Gefallen werde ich ihm nicht tun." Er öffnete seine violetten Augen und sah aus dem Fenster. Dann glitt sein Blick zu seinem Sakkabato, dass an seinem üblichen Platz gegen seine Schulter lehnte. „Und das bedeutet kein Schwerttraining."
Bei dem Gedanken runzelte er die Stirn. Wenn er hier blieb, würde er für mehrere Monate nicht trainieren können, und in dieser Zeit würden seine Fähigkeiten nachlassen. Deshalb übten alle Samurai täglich, um ihre Fähigkeiten scharf zu halten. Aber nach diesem letzten Ereignis würde er das nicht riskieren. Der Hitokiri rührte sich wieder.
„Ich habe keine andere Wahl. Wenn ich über den Winter hier bleiben will, muss ich alle Abzeichen des Krieges beiseite legen. Dazu gehören morgendliches Schwerttraining, und dazu gehört auch, mein Schwert in der Öffentlichkeit zu tragen.
Das können wir nicht tun! Ohne Schwert sind wir schutzlos! Wir brauchen ein Schwert um uns sicher zu fühlen, sogar ein Schwert mit so einer idiotischen Klinge, wie du es trägst.
„Es ist das einzige, was ich tun kann. Ich muss hier ausruhen. Zumindest eine Weile muss ich an einem Ort bleiben, bevor ich weiterziehe. Ich brauche etwas Frieden, und werde tun was nötig ist, um ihn zu finden, auch wenn es nur vorrübergehend ist. Ich brauche Zeit um nachzudenken."
Battosai murrte wieder, aber er zog sich in die Schatten zurück. Kenshin sah wieder zu den Sternen und fragte sich, ob es eine weise Entscheidung war, hier zu bleiben. Durch seine Anwesenheit brachte er Hirayoshi und seine Familie in Gefahr, und doch... er brauchte die Ruhe.
„Ich muss das tun. Ich muss hier bleiben. Die einzige andere Möglichkeit wäre, mir ein Bett im Schnee zu machen und zu versuchen, die nächste Stadt zu erreichen. Nein. Ich werde den ganzen Winter über hier bleiben. Ich werde meine Arbeit erledigen. Ich muss nur vorsichtig sein. Hier wird es nicht werden wie das letzte Mal."
Er schloss die Augen, sah wieder, was an dem letzten Ort geschehen war, an dem er versucht hatte länger zu bleiben, und schauderte bei dem Anblick. Die Einwohner hatten ihn und die Familie, die ihm geholfen hatte, aus der Stadt gejagt, als sie herausfanden, dass er der Hitokiri Battosai war. Er hatte versucht, den Masahiros zu einem neuen Wohnort zu verhelfen, aber sie hatten seine Hilfe zurückgewiesen. Als er wegging, hatten sie ihn verflucht und gedroht, die Polizei über seinen Aufenthaltsort zu informieren. Sie hatten ihre Drohungen wahr gemacht, und mehrere Wochen danach war er von der Polizei verfolgt worden.
„Und alles wegen einem Fehler. Ein Fehler, der sich hier nicht wiederholen darf."
Er hatte versucht, eine der Masahiro-Töchter vor einer Bande Yakuza zu beschützen, die sie belästigt hatten. Sie hatten sie nicht in Ruhe gelassen, auch nicht nachdem Kenshin sie gewarnt hatte. Weil sie ziemlich gut mit dem Schwert umgehen konnten, hatte er einige seiner bekannteren Techniken anwenden müssen um sie zu besiegen. Der Kampf endetet damit, dass alle Yakuza in verschiedenen Stadien der Bewusstlosigkeit am Boden lagen und Kenshins Augen golden glühten. Als er sich beruhigt hatte, drehte er sich um, und sah den älteren Bruder des Mädchens, der gerade aus dem Krieg zurückgekehrt war, dort stehen. Dessen überraschter Blick wandelte sich rasch zu rasender Wut, als er erkannte, wen er vor sicht hatte. Er schrie Battosais Namen und zog sein Schwert, um anzugreifen. Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte Kenshin den Mann entwaffnet, aber die Leute hatten ihn bereits gesehen.
„Ich werde nicht zulassen, dass das noch einmal passiert." Er blickte zu den Sternen. „Bitte lasst mich ein wenig Frieden finden. Das ist alles, was ich verlange. Wenn ich nicht ein bisschen Ruhen kriege, ist es egal ob ich gefunden werde."
Er schloss seine Augen und lehnte sich gegen den Fensterrahmen, sein Schwert ruhte am normalen Platz. Bald fiel er in einen unruhigen Schlaf mit Träumen von der Vergangenheit, einer dunklen, schattigen Gasse und um ihn herum der Geruch von Blut.
~~~
Glossary:
-chan: jap. verniedlichendes Anhängsel, für Kinder, Mädchen oder innerhalb von Liebespärchen
Yakuza: so was wie die lokale japanische Mafia
Otsu: Vorort von Kioto. Für alle, die die erste OVA bzw. die Bände 18/19 des Mangas nicht kennen; dort hat Kenshin als Tarnung mit Tomoe einen kleinen Bauernhof betrieben. Der Rest wäre ein Spoiler ^^
Goldene Augen: im Anime wird Kenshin's Wandlung zu Battosai dadurch gekennzeichnet, das sich die normalerweise violette Farbe seiner Augen zu einem glühenden Bernstein-Farbton ändert. Der Autor hat das so verwendet, und ich habe es übernommen.
