Manchmal braucht es doch ein Wunder... Manchmal braucht es doch ein Wunder…


Disclaimer: Ich besitze weder die Charaktere, die Serie oder die Rahmenhandlung von Digimon. Ich wünschte ich tät's, aber leider ist es nur ein Traum. Weder verdiene ich mit diesen Geschichten Geld oder irgendetwas anderes. Ich mach's alleine wegen der Erfahrung und aus Spaß.


Charaktere :

Iwakomo Rena – 15 (Okt):

Geboren in Deutschland, wurde später von ihrem Stiefvater adoptiert und erhielt auf diesen Weg den Namen Iwakomo. Zwischenzeitlich lebte sie mit ihren Eltern in Deutschland, Frankreich und zuletzt in Amerika, bevor ihr Stiefvater nach Japan versetzt wurde. Einige ihrer besten Freunde sind Catherine Dupré, Tachikawa Mimi und Sybil Reynolds.


Takaishi Takeru 15 (Okt) Izumi Koushiro 17 (Nov) Tachikawa Mimi 18 (Aug)

Takenouchi Sora 18 (Feb) Ishida Yamato 18 (Mar) Yagami Hikari 15 (Dez)

Yagami Taichi 18 (Jan) Inoue Miyako 16 (Jan) Ichijouji Ken 16 (Okt)

Hida Iori 13 (Nov) Kido Jyou 20 (Feb) Motomiya Daisuke 16 (Jul)

Catherine Dupré 16 (Apr) Sybil Reynolds 16 (Mai) Hisashi Tomoki 13 (Dez)


Eltern :

Rena Stiefvater Takeo Mutter Kohana

Takeru/Yamato Vater Hiroaki Mutter Natsuko

Großvater Jacques (fiktiv)

Mimi Vater Keisuke Mutter Satoe

Koushiro VATER Yukio MUTTER Akili

A-Vater Nasami A-Mutter Yoshie

Taichi/Hikari Vater Susumu Mutter Yuuko

Sora Vater Haruhiko Mutter Kiyoko

Iori Vater Hiroki Mutter

Großvater Chikara

Tomoki Mutter (fiktiv) Vater -verstorben-


Andere Charas:

Miyako Schwestern: Momoe Chizuru

Bruder: Mantarou

Jyou Brüder: Shin Shuu


Kapitel Wochentag

27 Sonntag, 02.09.07

28-31 Montag, 03.09.07

32 Dienstag, 04.09.07



Teil 6 – Der nächste Schritt



Kapitel 27 – Ein ruhiger Nachmittag...


Das Essen verläuft ohne großartige Unterhaltung, klar Takeru und die beiden Digimon erzählen ein paar Anekdoten aus deren früheren Abenteuern und Takerus Mutter gibt ihren Senf dazu, doch von einem komplexen Tischgespräch sind wir meilenweit entfernt. Doch genau das gefällt mir.


Es erleichtert mich ungemein, dass niemand wirklich versucht, Dads Aufenthaltsort herauszufinden... oder wieso er überhaupt weg ist. Jedoch sehe ich in Moms Augen immer diese Flamme der Neugier. Dad kann mir regelrecht leid tun... Wenn er nach hause kommt, dürfte er einiges zu erklären haben... Vielleicht wäre es doch besser, wenn ich sie vorbereite... Doch wie ? Schließlich ist es wirklich Dads Angelegenheit und wenn ich ihm das nähme, das wäre Dad gegenüber partout nicht gerecht... Das ist seine Geschichte... und nur er hat ein Recht, sie jemand anderen, selbst Mom, zu erzählen...


Als wir mit dem Essen fertig sind, wollen Takeru und ich zwar abräumen... doch unsere Mütter schmeißen uns und unsere Digimon regelrecht aus dem Esszimmer und übernehmen dieses...

„Was machen wir nun ?"

Auf diese Frage ernte ich von unseren Digimon sinisteres Funkeln in deren Augen... „Egal, was ihr unternehmen wollt... tut's ohne uns..." Und wie der Blitz sind sie in Richtung meines Zimmers verschwunden...

Takeru und ich stehen wie bestellt und nicht abgeholt da...

„Weißt du, was das eben war ?"

Keinen Schimmer... was in die zwei gefahren ist... „Gute Frage... nächste Frage..."

Mein blondstrubbliger Freund lacht daraufhin kurz... „Okay... Was wollen wir beide unternehmen ?"

Eine berechtigte Frage... „Keine Ahnung... bisher habe ich nichts konkretes geplant..."


Schlagartig werde ich an meinem Arm aus dem Haus gezerrt... Okay, er braucht mich nicht wirklich zu zerren... ich würde ihm blindlings in einem Abgrund folgen... wenn er nur dabei wäre... Verdammt... mich muss es wirklich erwischt haben... Doch muss ich zugeben, dass er was an sich hat, was einem den Verstand bewölkt... Und wenn ich bedenke, dass ich meine Hände nicht von ihm lassen kann... da wird mir schon schwummrig...

Was hat mein blonder Engel hier, was andere nicht haben... Anscheinend eine Menge, es ist genauso wie Dad gesagt hat, Takeru ist nicht ‚er'... nicht mein Vater... Es ist einfach unmöglich, in Takeru diesen kranken Mann zu sehen...

„Rena ?"

Was ? Oh... „Ja ?"

„Wie war das mit der Telepathie ? Hat's dir gefallen ?"

Eine gute Frage... doch irgendwie ist die Antwort nicht so schwer, wie ich es mir vorgestellt habe...

„Ja... auch wenn es etwas verwirrend war... Kannst du dir vorstellen, dass ich sogar Veemons Kommentare vermisse ?"

Dafür ernte ich ein leichtes Lächeln...

„Das kann ich... mehr als du glaubst..." Wie meint er denn das ? „... Ich muss dir etwas gestehen... etwas, was selbst mein Bruder oder Iori nicht wissen..." Jetzt kommt's... Hat er vorhin vielleicht ein wenig geflunkert ? „... Ich hatte doch Iori vorhin von meiner Nähe zu Patamon erzählt... doch habe ich etwas zurückgehalten... Du und Veemon seid nicht die einzigen mit dieser Verbindung..."

Wieso überrascht es mich nicht ? Wahrscheinlich liegt's an den vielen Kleinigkeiten, die sich in meinem Hinterkopf eingenistet hatten... „Irgendwie überrascht's mich nicht..."

Jetzt erhalte ich einen recht überraschten Blick Takerus... „Wie... woher ?"

Mal seh'n, ob ich hoch pokern kann... ach nee... „Mir sind einige Kleinigkeiten aufgefallen... Ob nun während deines Erklärungsversuchs mit Iori oder die Beziehung, die du und Patamon habt... auch deine Reaktion, als Veemon und ich feststellten, dass unsere Verbindung abgebrochen ist... halt Kleinigkeiten..."

Das einzige, was mein blonder Engel loslässt, ist ein ungläubiges Lachen... „Du bist ja besser als Koushiro... Und du nimmst's mir nicht übel, dass ich vorhin die Wahrheit ein wenig gedehnt habe ?"

Eigentlich eine blöde Frage... wie könnte ich ihm etwas krumm nehmen... nicht mit seinem Lächeln und diesen Augen... Hinzu kommt, dass er nicht unbedingt in der besten Verfassung ist, um noch mehr Aufmerksamkeit zu ertragen... „Warum sollte ich ? Hätte ich von dieser allgemeinen Reaktion gewusst, dann hätte ich auch geschwiegen..."

Daraufhin lächelt Takeru leicht sinister... „Wenn du glaubst, dass das alles war, dann irrst du dich... Wenn Koushiro es herausfindet, dann wirst du wirkliche Probleme kennenlernen... Er wird sich nicht in Ruhe lassen, bevor er das Geheimnis hinter der Telepathie herausgefunden hat..."

Meint er das ernst ? Anscheinend... Doch soll es mich derzeit nicht berühren... Koushiro hat andere Sorgen... „Über die Brücke gehe ich erst, wenn sie erreiche... Aber eine andere Frage... Wie lange geht das schon bei euch ?"

„Ob du's glaubst, oder nicht... Das erste Mal, wo wir richtig Kontakt zueinander hatten, war Mittwoch, doch früher waren Pata und ich uns schon immer nahe gewesen... Daher war für uns dieser Wechsel nur ein kleiner..."

Hmm... Die müssen sich ja schon seit langem so vertraut sein... hoffentlich wird das auch irgendwann mit Veemon und mir so sein... wahrscheinlich wird's das auch...

Etwas irritiert mich aber... dieser komische Zufall, der Takeru und mich so zusammengebracht hat... und wie wir uns so ähneln... Ist das wirklich nur Zufall... oder hat da jemand seine Hand im Spiel ? Wahrscheinlich gibt's auf diese Frage keine richtige Antwort, nur Vermutungen... Naja... genug gegrübelt... Themawechsel...

„Wohin führst du mich eigentlich ?"

Mein Freund zuckt mit den Achseln... „Keine Ahnung... einfach mal raus..."

Das gefällt mir... einfach ein spontaner Schuss ins Blaue... „Auch eine Idee... Vielleicht kannst du mir dabei auch ein wenig von Odaiba zeigen... Orte, die nicht unbedingt dem alltäglichen Leben dienen..."

„Kein Problem... ich zeig's dir gerne..."

Oh Mann... ich könnte Stunden mit einem Fotoapparat und seinem Lächeln verbringen... einfach goldig...

„Ich revanchiere mich, wenn wir beide mal in New York oder Paris sein sollten..."

Ein Lichtblitz funkelt kurz in Takerus Augen... „Darauf komme ich gerne zurück, auch wenn Großvater etwas enttäuscht wäre..."

Was meint er denn damit ? Wieso bringt er denn seinen Großvater ins Spiel ? Sekunde... Da war doch etwas... Ich kann den Daumen nicht drauf festhalten... Am besten frage ich ganz unschuldig... „Wie meinst du das ?"

Mit einem Lächeln antwortet er mir... „Mein Großvater lebt in Paris... er ist ein wenig exzentrisch, aber sehr nett..."

Exzentrisch und nett ? Das klingt doch nach dem Bekannten von Cat... Wie war noch mal sein Name ?... Mist, wieso ist mir das denn nicht früher aufgefallen ?

„Jacques ist dein Großvater ?!?"

Dieses bestätigt er mit einem Nicken... „Jup... das ist er... Woher kennst du ihn ?"

Woher... „Cat hat ihn mir einmal vorgestellt... Exzentrisch, aber nett... diese Umschreibung passt zu ihm... Es wäre noch einfacher gewesen, wenn du dazugesagt hättest, dass er jedem mit einem Rock hinterherpfeift..."

Er muss einfach losprusten... „Das hätte ich vielleicht... muss am französischen Blut liegen..."

„Wahrscheinlich..." Das bedeutet aber auch, dass er ein Teil Franzose ist... das erklärt diese kleinen ‚Abweichungen' zu den normalen Japanern... diese westlichen Züge in seinem Gesicht... oder in dem seiner Mutter...

Und schon wieder haben wir etwas gemein... wir beide sind keine reinrassigen Japaner...


Der Nachmittag vergeht wie im Fluge, ich kann mich nur vage daran erinnern, wohin mein blonder Engel mich alles geschleppt hat... doch zwei Orte bleiben in Erinnerung... der Park, welchen wir schon zuvor besucht haben, und der Strand, an dem wir uns gerade befinden...

Die ganze Zeit über gingen wir händchenhaltend... nicht dass ich maule... ich maule wirklich nicht... doch langsam drängt sich mir der Verdacht auf, dass er vorsichtig einen Schritt in unserer Beziehung weiterführen will... Ich weiß zwar noch nicht, ob ich wirklich bereit dazu bin... und doch... es wird immer schwerer, sich ein Leben ohne ihn vorzustellen... Und genau das ist es, was mich ein wenig beunruhigt... dieser abrupte Wandel... in binnen einer Woche von der Eisernen Jungfrau zur einer blindlings verliebten... doch andererseits... es fühlt sich einfach so richtig an... so als ob wir nur aufeinander gewartet hätten...


„Weißt du, was irgendwie seltsam ist ?"

„Was meinst du, Rena ?"

„Mitten in Tokio gibt's doch einen solch hübschen Strand... Dagegen wirkt Liberty Island irgendwie armselig..."

Mit diesen Worten bringe ich meinen Freund ein wenig zum Lachen... „So toll ist er nun auch nicht... Liberty Island hat mir persönlich besser gefallen..."

Liegt wahrscheinlich daran, dass er nicht um die Ecke davon gelebt hat... So oft, wie Mom mich dorthin geschleppt hat... „Glaub mir, Liberty Island verliert schnell seinen Reiz... wenn man um die Ecke wohnt... Und wenn man dann noch die Touristen hinzuzählt... da lobe ich mir einen solch ruhigen, beschaulichen Strand..."

Der Blick, den ich ernte, ist einfach goldig... „So betrachtet... hast du natürlich Recht... Doch bedeutet mir dieser Strand nicht mehr so viel... zu viele schlechte Erinnerungen..."

Aus dem Unterton in seiner Stimme erkenne ich, welche Art von Erinnerungen er damit meint... Es muss irgendwas mit der H-Schlampe zu tun haben... Was soll ich nur machen... irgendwie gefällt mir der Strand... und wenn Takeru so nah am Wasser ist, da wirkt er nur umso wundervoller...

„Dann wird es wohl Zeit, ein paar neue zu sammeln..." Dem füge ich ein sinisteres Lächeln hinzu, bevor ich mich dran mache, meine Schuhe und Strümpfe auszuziehen...

Jetzt habe ich seine Neugier geweckt... „Was hast du vor ?"

Der Fisch ist an der Angel... „Nur ein wenig Spaß haben... mach mit, es wird bestimmt lustig..."

Takeru schüttelt zwar anfangs ungläubig den Kopf, doch dann folgt er meinem Beispiel und entkleidet seine Füße komplett...

Kaum haben wir beide unser Fußwerk halbwegs trocken verstaut, da stürme ich mit ihm Hand in Hand das Wasser...


Ich habe ja prophezeit, dass wir Spaß haben würden... und wir hatten es auch... Zwar haben wir überall auf unserer Kleidung etliche Wasserspritzer, doch im Nachhinein war's das allemal wert...

„Das sollten wir öfters machen..."

Ich kann ihm nur Recht geben... Das könnten wir wirklich... „Meine Rede... Und was hältst du jetzt von diesem Stand ?"

Dafür ernte ich ein Lachen, was selbst den mürrischsten Griesgram erheitern könnte... „Auf diese Idee konntest nur du kommen, oder ?"

Tja... Das ist halt mein Stil... gerne mal spontan sein... „War das eine Frage oder eher eine Feststellung ?" Dem füge ich einen leicht ironischen Blick hinzu...

Und noch ein Lacher... „'ne Feststellung... und es gefällt mir..."

Sekunde, hat er genau das gesagt, was ich verstanden habe ? Ich hoffe es... „Schön, dass es dir gefällt..."

Jetzt ist es wieder an Takeru, mich zu führen... doch anstelle, dass wir zu unseren Schuhen gehen, um sie anzuziehen, hebt er sein Paar auf, woraufhin ich dann meine in die freie Hand nehme...

Kaum sind wir damit fertig, ‚zerrt' er mich schon wieder weiter... Ich bin mal gespannt, was er jetzt vor hat...


Es dauert gute fünf, zehn Minuten, die wir am Stand weitergehen... doch dann sehe ich es... ein wunderschöner Felsen, der leicht von Wasser umspült ist... dieser ist groß genug, so dass sich zwei, drei Menschen darauf hinsetzten und die Füße im Wasser baumeln lassen können...

Wir lassen unsere Schuhe und Stümpfe in der Nähe ‚fallen' und bewegen uns in Richtung des Felsens...

„Ein wundervoller Ort..."

Anstelle einer Antwort erhalte ich nur Meeresrauschen... und Möwenkreischen... eine wundervolle Atmosphäre...

Wir setzten uns nebeneinander auf den Stein... noch immer händchenhaltend... Es ist einfach nur schön und beruhigend... schön beruhigend... Ein Blick aufs Wasser gerichtet lässt ein Segelschiff am Horizont erblicken... zwar habe ich keine Ahnung, was für ein Typ... doch wen interessiert's ?


Es vergehen etliche Minuten, die wir nur in ruhiger Zweisamkeit verbringen... Irgendwann habe ich mich entschlossen, meinen Kopf an Takerus Schulter anzulehnen... ich konnte einfach dieser Stimmung nicht entfliehen... und ich musste meinen Gefühlen einfach freien Lauf lassen... und was soll ich sagen ? Ich bereue nicht einmal eine Sekunde davon... viel eher, dass ich es nicht schon früher gemacht habe...

Ich spüre einfach alles von Takeru... seinen leicht erhöhten Puls, eine ruhige Atmung, die leicht salzige Luft, die uns umgibt, den leichten Windhauch, der mir Takerus ‚Duft' in die Nase drückt... einfach ein Traum, das ist es... einfach ein Traum...

Irgendwann lösen sich unsere Hände... auch wenn nur, um diese dann um die Schulter des Partners zu legen... so lässt's sich leben... ich könnte noch Stunden so verbringen... Stunden...


Und anscheinend vergehen auch selbige... Erst als es anfängt, zu dämmern, da realisiere ich erst, wie lange wir hier verbracht haben müssen... Aber ganz ehrlich, nichts davon ist vergeudete Zeit... nichts...

Und doch... langsam sollten wir wohl aufbrechen... unsere ‚Familien' müssen sich langsam Sorgen um uns machen... so lange unterwegs und kein Lebenszeichen... Ich meine... Wenn es jetzt anfängt zu dämmern, da muss es schon weit nach 21 Uhr sein... und morgen haben wir ja wieder Schule...

„So sehr ich auch wünschte, wir könnten hier die Ewigkeit verbringen..." Schon allein für diesen Satz ernte ich einen leichten Stoßseufzer... „Langsam sollten wir wohl zurück..."

„Bevor wir gehen... Ich habe da eine Frage..."

„Dann schieß los..."

Es dauert einige Momente, bis Takeru fortfährt... „Ist Rena eigentlich dein richtiger Name, oder ist es eine Kurzform ?"

Irgendwie seltsam, dass er ausgerechnet jetzt danach fragt... „Rena steht eigentlich für Serena... jedoch verwende ich den schon seit Ewigkeiten nicht mehr..."

„Schlechte Erinnerungen ?"

Ironisch, nicht ? „Ja... sehr schlechte..."

„Dann wird's wohl Zeit, dass du neue, schöne sammelst..." Es ist schon seltsam, wie sich in der letzten Zeit so häufig diese Ideen als Bumerang erweisen... „Du hast mir neue, schöne Seiten von diesem Stand gezeigt... dann ist es jetzt an mir, dir neue, schöne Seiten von deinem Namen zu zeigen... Du weißt gar nicht, wie viel ich dir schulde... Diese Woche ist die schönste seit Ewigkeiten für mich geworden... und..."

Anstelle, dass er seine Ausführungen weiterführt, verstummt mein blonder Engel einfach... Anscheinend wollte er mehr sagen und schafft es einfach noch nicht, diese Worte rauszubringen... Ich weiß selbst nicht, ob ich schon bereit dafür wäre... auch wenn mir mein Herz etwas anderes flüstert...

„Du weißt nicht, wie viel ich dir schulde... du hast mir soviel gezeigt, was ich vorher nicht mal erahnen konnte... damit meine ich nicht nur die ganze Digiwelt... und Veemon... Es gibt so vieles, was mir die letzte Woche gebracht hat... es bedeutet mir so viel... du bedeutest mir so viel..."

Ich glaube es nicht... Ich, die Eiserne Jungfrau, habe diese Worte gesagt... Entweder ich bin einfach nur krank... oder... mich hat's total erwischt... Wenn ich wetten müsste, dann täte ich's auf die zweite Möglichkeit...

Aus irgendeinem Grund drehe ich mich zu Takerus Gesicht... und blicke in seine Augen... Diese sind nicht mehr so, wie vor gut einer Woche... nicht mehr so voller Depression... Nein, sie sind so voller Feuer, ein freudiges Feuer... ein Feuer, dass mich irgendwie ansteckt... Ich kann einfach seinen Augen nicht mehr widerstehen... ich kann ihm nicht mehr widerstehen...

Langsam nähern sich unsere Gesichter, bis wir nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind... Ich kann Takerus beschleunigten Atem spüren... dieser vermischt sich mit meinem... und es entsteht eine Atmosphäre, in die ich gerade eintauche...

Aus unerfindlichen Gründen schließe ich meine Augen und lasse mich vom Kommenden überraschen... Wenn diese Spannung einen umbringen könnte, dann wäre es ein wunderschöner Tod... doch das passiert nicht und ich spüre, wie wir uns ganz langsam immer näher kommen... immer näher...

Dann passiert es... seine Lippen berühren meine... und ich entschwinde in ferne Galaxien...


{A/N: So... ich habe festgestellt, dass sich in meiner Geschichte schwere Bugs eingeschlichen haben... oder besser ein schwerer... Ich gehe immer von 5 Tagen Schule aus und dass die Schultage bis mitten in den Nachmittag gehen... jedoch haben die Japaner das Vergnügen, auch am Samstag die Schulbank zu drücken... Die Schule der Digiritter gehört zu einem Pilotprojekt, die den Samstag frei haben, doch dafür werden die fehlenden Stunden auf die Woche verteilt. Schlechter sieht's für die Schulen von Kido Jyou und Hida Iori aus... sie müssen den normalen Stundenplan fahren...}


Zwischenspiel – Der Abend danach...


Ich kann's nicht glauben, dass das vorhin passiert ist... dieser Kuss... mein erster Kuss... Es fühlt sich so irreal an... und dann doch auch wieder so real... Insgesamt wurde mir sehr warm ums Herz... und es lief gleichzeitig ein kalter Schauder den Rücken hinunter... einfach fantastisch...

Im Nachhinein entschwindet alles, was nach der ersten Berührung unserer Lippen passiert ist... Am liebsten würde ich dieser Erinnerung mein restliches Leben widmen... und doch... ich will wissen, was jetzt passiert... wie es zwischen uns weitergeht...


Ich liege gerade auf meinem Bett, Veemon mit seinem, meinem, Buch lesend neben mir... Alles nach dem Kuss entschwindet leicht meinen Erinnerungen... nur der Kuss ist noch da... Ich weiß nicht, wie ich nach hause gekommen bin... oder wie Takeru und ich uns verabschiedet haben... all das wirkt im Gegensatz zu dem Kuss so nichtig, so unwichtig...

Ich versuche wirklich angestrengt, diese Erinnerungen zurückzurufen... und doch erhalte ich nur meine Gefühle während des Kusses... und dass Takeru nicht Rena... sondern Serena geküsst hat... Ob er wohl weiß, wie viel das mir bedeutet ? Dass er mir als Serena den ersten Kuss gegeben hat ?

Vielleicht ist es ihm jetzt noch nicht ganz klar... aber ich weiß, dass ich es ihm irgendwann einmal erzählen muss... ihm irgendwann mein schrecklichstes Geheimnis anvertrauen muss... Ob er dann für mich genauso empfinden wird ? Ich bin mir nicht sicher... und doch... fühle ich, dass ich nicht an ihm zweifeln muss... Dieses Gefühl stammt zur Abwechslung nicht von meiner Intuition... nein, dieses kommt von meinem Herzen...


„Rena, bist du nun bereit, von deinem Nachmittag zu erzählen ?"

Hmm ? Ach Veemon... mit dir habe ich noch ein Hünchen zu rupfen... Du sollst schwitzen... dafür... dass...

„Nicht bevor du mir erzählst, was das vorhin von euch beiden sollte ? Wolltet ihr beide uns verkuppeln, oder was war euer Plan ?"

Veemon schaut richtig verdutzt rein... ~ „Woher..." Dieses Wort spricht er ganz seicht aus, bevor er seine Frage unvollendet lässt... „Nein... Natürlich nicht... Wir... äh... wollten nur... öh... ja, ich wollte ihm nur deine Bücher zeigen... und wie toll sie sind..."

Also Schauspieler sollte Veemon nicht werden... selbst ein Tauber hätte diese Dehnung der Wahrheit erkannt... Haben diese beiden Schlingel doch glatt ein wenig beim Arrangieren mitgeholfen... Natürlich kann ich ihnen dafür nicht böse sein... wenn nichts zwischen Takeru und mir bestanden hätte, dann wäre auch nichts passiert... und doch... kriege ich dieses dumme Gefühl nicht los, dass sie mehr gemacht haben, als Takeru und mich allein zu lassen... Auch wenn ich nicht unbedingt ein Freund solcher ‚Hilfsaktionen' bin... schulde ich ihnen einen gewissen Dank...

„Und das soll ich glauben ?" Ich versuche, so ernst und wütend wie möglich auszusehen... selbst wenn es in meiner momentanen Stimmung unmöglich sein sollte...

Anscheinend hat mein Partner meinen ‚Bluff' durchschaut... er lächelt mich schief an... „Ja ?"

Was soll ich bloß mit ihm machen ? Lynchen oder Küssen ? ... Okay, zweiteres fällt weg... das wäre Takeru gegenüber nicht fair... Doch lynchen ?

„Heute werde ich's dir durchgehen lassen... doch wehe ich finde jemals heraus, dass du mich verkuppeln willst... dann..." Ich versuche, dem einen finsteren Blick hinzuzufügen... Betonung liegt auf ‚versuche'...

Anscheinend ist mein Bluff angekommen... oder Veemon blufft ebenfalls... „Habe verstanden..."

„Und bevor ich's vergesse... Danke..."

Der Anblick Veemons ist's mir wert gewesen... dieses ganze Theater...


Ein Blick auf meinen Wecker verrät mir, dass es wohl an der Zeit ist, schlafen zu gehen... Noch einmal kurz den Wecker kontrollieren und Licht ausschalten... dann... wird es wohl eine LANGE Nacht werden...

Selbst jetzt geht mir der heutige Tag nicht mehr aus dem Kopf... Es ist wie ein Traum... ein Traum, der langsam in Erfüllung geht...

Kapitel 28 – I don't like Mondays...


Ich hasse den Wecker... es wird wirklich Zeit, diesen gegen ein Radiowecker zu tauschen... definitiv... Weiß er denn nicht, dass ich einen solch wundervollen Traum hatte ? Dafür wird er zahlen !

Mit aller Kraft schmeiße ich den Wecker in Richtung Wand... wo er in seine Einzelteile zerfällt... Ups... da habe ich wohl mit Spatzen auf Kanonen geschossen... Na ja... jetzt komme ich nicht mehr umhin, mir einen neuen Wecker zu besorgen...

„Rena ? Geht's dir gut ?"

Ach Veemon... „Es geht... nur der Wecker hat mich auf dem falschen Fuß erwischt..."

Mit einem leichten Kichern antwortet mir Veemon... „Das sehe ich... Anscheinend brauchst du wohl jetzt einen neuen..."

„Wie wahr... wie wahr..."

Mein blauer Freund lächelt daraufhin... „Das war wohl die Idee dahinter, oder ?"

Wer weiß... wer weiß...


Na ja... die Morgentoilette vergeht ohne irgendwelche nennenswerten Zwischenfällen... außer, dass ich nur an eine bestimmte Person all die Zeit denken kann... blaue Augen... blondes, struppiges Haar... das süßeste Lächeln auf Erden... Irgendwie ist das schon leicht peinlich...

Als ich aus dem Bad, mit meiner Unterwäsche am Körper zurückkomme, finde ich ihn, wie er mein kleines Malheur aufräumt... es ist schon recht nett von ihm... das ist's... Kurz nachdem er mich so sieht, weiten sich seine Augen merklich...

Was ist denn mit ihm los ?

Ein Blick nach unten weist auf, dass ich mein Unterhemd im Bad vergessen habe... ich stehe doch glatt nur in BH, Größe unmerklich, und Schlüpfer... Das ist ja peinlich !!!

Irgendwie entfleucht mir ein Kreischer, bevor ich meinen Schrank stürme und das nächstmögliche Hemd rauskrame...


Ich muss gerade den Weltrekord im Anziehen gebrochen haben... so schnell war ich noch nie...

„Rena ?"

Oh ja... den habe ich doch glatt vergessen... „Liegt dir irgendwas auf dem Herzen ?"

Mir kommt ein leicht verlegener Anblick entgegen... Ihm scheint's nicht minder peinlich zu sein...

„Was war... denn das... ? Diese Narbe..."

Na toll... Eigentlich sollte es mein Geheimnis bleiben... aber was denke ich denn... wie sollte ich so was von ihm fernhalten können... Doch... musste diese Frage ausgerechnet heute kommen ?

Mit einem Stoßseufzer versuche ich, ihm zu antworten... „Sie ist eine schlechte Erinnerung..."

Anscheinend ist diese Antwort nicht gerade erleuchtend... was habe ich denn erwartet... diese Antwort hätte mich auch nicht befriedigt... „Hä ?" Jup... das ist die passende Reaktion meines Partners...

„Das ist das... letzte Geschenk... meines Vaters... meines leiblichen... Vaters..." Selbst jetzt fallen mir diese Worte schwer... Eigentlich sollte ich doch Übung darin haben... wie viele Psychiatern musste ich dieses schon erzählen... habe ich es erzählt...

Veemon kann nur noch unverständlich zwinkern... „Takeo ist nicht... dein... Vater ?"

Mit einem Kopfschütteln antworte ich ihm... „Nein, mein Stiefvater..." ...aber er war mir immer mehr ein Vater, als mein leiblicher es jemals war...

„Man lernt hier nie aus... Aber wieso... hast du..." ... es dir nie erzählt ?

„Veemon... es ist etwas sehr persönliches... halt etwas, was ich gerne anschneide... zu viele schreckliche Erinnerungen... Nur wenige wissen davon..."

Es sieht so aus, als ob er jetzt mein Problem erkennt... und hoffentlich schneidet er dieses Thema nicht noch einmal an... hoffentlich...

„Oh..."

Die restliche Zeit auf dem Zimmer vergeht ohne vieler Worte... anscheinend habe ich ihn wohl doch ein wenig zuviel zugemutet... Das ist aber auch ein Mist...

Genauso wie der erneute Blick in meinem Schrank... die neue Schuluniform ist früher gekommen, als erwartet... Das heißt... SKLAVENKLAMOTTEN...

Langsam kommt mir mein allwöchentliches Problem in den Sinn... Ich hasse Montage !!!


Es dauert nicht lange, bis Veemon und ich runterkommen... Im Esszimmer warten schon Mom und Dad mit dem Frühstück...

Recht geschwind setzen sich mein Partner und ich zu ihnen... und beginnen, das erste Brötchen zu schmieren...

Doch anscheinend soll es heute nicht mein Tag sein, das Brötchen, was ich gerade schmiere, rutscht aus meiner Hand und landet, wie üblich, mit der Butterseite auf dem Boden... ICH HASSE MONTAGE !!!

Das war's... wenn's schon wieder ein solcher Montag werden soll... dann gehe ich auf die übliche Routine ein... Zielstrebig gehe ich in die Küche und hole eine Schüssel mitsamt Milch und Frühstücksmüsli hervor... Das dürfte das einzige sein, was ich heute zum Frühstück essen kann... Montagssyndrom...

Bei der Rückkehr ins Wohnzimmer erhalte ich die allüblichen Blicke Moms und Dads... und unisono erhalte ich die üblichen Worte... „Es ist Montag..."

Nur ein einziger am Tisch versteht die Welt nicht mehr... Veemon...

Da meine Eltern nichts provozieren wollen, entgehe ich vorerst jeglicher Befragung... vorerst... Das wird sich wahrscheinlich heute Abend... oder spätestens morgen früh ändern...


Es dauert nicht lange, bis Mom und Dad ihr Geschirr in die Küche bringen und sich mit den üblichen Worten zur Arbeit aufmachen... Da Veemon und ich noch etwas Zeit haben... vorzugsweise ich... genießen wir die Zeit so gut es geht...

Ich kann nur hoffen, dass dieser Montag nicht so weitergeht, wie er angefangen hat...

Kaum sind wir beide mit dem Frühstück fertig, Veemon mit seinen Brötchen und ich mit meinem Müsli, da klingelt es an der Tür...

Ich versuche, so schnell wie möglich zur Tür zu eilen... doch komme ich nicht weit, da ich über meinen Stuhl stolpere und mit einem Satz den Boden küsse...

Veemon schaut mich daraufhin richtig verdutzt an... und hilft mir wieder auf die Beine... „Was war denn das ?"

„Ein typischer Montag... das ist's..."

Erneut tönt die Türklingel und ich mache mich so schnell, aber auch so vorsichtig, wie möglich auf den Weg zur Haustür...

Dort angekommen, öffne ich sie recht abrupt... und erblicke einen leicht geschockten und verlegenen Takeru...

„Guten Morgen..."


Hoffentlich wird der restliche Tag nicht so wie dieser Morgen... hoffentlich... aber was rede ich... selbst ein solcher Montag kann mir die Freude an einem weiteren Tag mit Takeru nicht vermiesen...

Nach kurzen Momenten der Stille holt er seine Tasche hervor und lässt seinen Partner ‚frei'... welcher sofort in Richtung meines Partners fliegt... Seiner Miene zu urteilen, hat er wohl dasselbe durchgemacht wie Veemon gestern...

Doch das tangiert mich peripher... wichtiger ist eher Takeru, der mit seiner Verlegenheit anscheinend den Weltrekord brechen will... Ich weiß nur nicht, was ich sagen soll... Dieser gestrige Tag... er geht mir einfach nicht aus dem Kopf... und jetzt... ich weiß einfach nicht, was ich tun soll... was aus uns wird...

Es ist ja nicht so, dass ich einfach vergessen könnte, was zwischen uns abgelaufen ist... nicht dass ich es überhaupt wollte... vielleicht war es auch ein wenig zu vorschnell von uns... ich wollte doch zuerst unsere Freundschaft aufbauen... und dann... ein Tag am Strand... und ich gehe glatt einen Schritt weiter...

Es hilft nichts... Egal wie es jetzt mit uns weitergeht... wenn wir aber nicht langsam losgehen, kommen wir zu spät zum Unterricht... Zwar würde es zu einem typischen Montag passen... aber unnötig Ärger mit den Lehrern anzufangen... das muss nicht sein...

„Lass uns losgehen..."

Als Antwort erhalte ich ein verständliches Nicken... Irgendwie ist er jetzt richtig verlegen... Was er wohl denkt ? Es muss schon ernst sein, wenn er so verlegen wirkt... Nur was soll ich bloß tun ?


Die erste Hälfte des Schulwegs gehen wir schweigend nebeneinander... bis... „Autsch..." ich stolpere... und erneut auf meiner Nase liege... ICH HASSE MONTAGE !!!

! „Rena..."

Manchmal hat solch ein Malheur auch einen positiven Seiteneffekt... neben all den negativen... Takeru ist über seinen Schatten gesprungen... und hilft mir wieder auf die Beine...

Doch spüre ich wie etwas warmes an meinem Gesicht herunterfließen/-tropfen... Anscheinend ist wohl mehr passiert, als bei meinem Sturz zuhause... und ein überprüfen mit einer Hand bestätigt diesen Verdacht... Blut... Und irgendwie glaube ich auch, dass es keine gute Idee wäre, meine Nase genauer zu untersuchen...

Nur Momente später reicht mit mein blonder Engel ein Taschentuch, welches ich dankend entgegennehme und sofort unter meine blutende Nase drücke...


Das hätte ich wohl lassen sollen... die Schmerzen sind höllisch... Das ist auch eine Art, um meine Theorie zu beweisen... doch sollte ich in Zukunft auf diese verzichten...

„Geht's ?"

Ich weiß nicht... Weder ein Ja noch ein Nein kämen einer korrekten Antwort nahe... „Es geht... aber in Zukunft sollte ich auf solche Stunts verzichten..."

Anscheinend ist mein Freund jetzt über seine Verlegenheit hinweg... auch wenn sein Gesicht jetzt voller Sorge ist...

„Ich bringe dich trotzdem zur Schulschwester... Es sieht fast so aus, als ob deine Nase gebrochen ist..."

Es sieht nicht nur so aus... den Schmerzen nach, wenn ich sie berühre, kann kaum was anderes vorliegen... „Das ist auch mein Verdacht..."

Vielleicht sollte ich mir öfters die Nase einschlagen... wenigstens kriege ich Takeru so wieder zurück in die Realität... und seinen Arm um meinen Rücken... Aber andererseits kann ich gut auf diese Schmerzen und den Blutverlust verzichten...

„Rena..." Irgendwie höre ich einen komischen Unterton aus seiner Stimme...

„Ja ?" Was er wohl will ?

„Wegen gestern..." Ich hab's geahnt... „... es tut mir leid..." Warum denn ? „... Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist..." Was soll ich denn dazu sagen ? „... Kannst du mir verzeihen ?"

Takeru... ich könnte dir nie böse sein... insbesondere nicht dafür... Nur wie sage ich's ihm, ohne zu aufdringlich zu wirken ? Hmm... Vielleicht...

„Was soll ich dir denn verzeihen ? Der gestrige Tag... das war der schönste... seit Ewigkeiten..."

Ohoh... war wohl ein wenig zu offen...

„Wirklich ?" Ein Hauch Verzückung ziert seine Stimme... richtig goldig...

~ „Wirklich..." Dieses eine Wort enthält mehr Emotionen, als ich es mir je hätte vorstellen können... und anscheinend hat dieses auch meinen blonden Engel mehr als vermutet berührt...

„Und... und es hat dir... wirklich... gefallen ?"

Du ahnst ja nicht wie sehr... Doch anstelle einer Antwort gebe ich ihm einfach nur ein Lächeln... das beste Lächeln, was ich mit dem Taschentuch vor meiner Nase rauskriege...

Und anscheinend reicht es... So eng hat er mich noch nie an sich gezogen... und was soll ich sagen... Das gefällt mir... absolut...


Manchmal sind Worte einfach überflüssig... und der restliche Weg bis zur Schulschwester ist eine solche Zeit... Zwar ernten wir seltsame Blicke von allen Seiten... doch wen interessiert's ?

Als die Schulschwester mein Taschentuch und mich sieht, zerrt sie mich regelrecht in ihr kleines Büro, wo sie erst mal meine Nase genauer begutachtet... Da die erste Stunde fast anfängt, schickt sie meinen Freund zu unserer Klasse...

„Wie hast du denn das angestellt ? Sehr wahrscheinlich ist deine Nase gebrochen... zumindest angeknackst..."

Was soll ich darauf schon antworten... die Wahrheit... „Ich wollte sehen, was stärker ist... die Straße oder meine Nase... Anscheinend hat die Straße gewonnen..."

Sie schaut mich daraufhin erst geschockt an... bevor sie anfängt zu kichern... „Oder in anderen Worten... du hast dich sprichwörtlich auf die Nase gelegt..."

Dem nicke ich einfach nur zu...

„Okay... was jetzt folgt, wird wahrscheinlich etwas schmerzen... Darf ich dir ein Schmerzmittel, Bambusstock oder ein Kendostab reichen ?"

Hä ? Kendostab ? Ich habe nicht einmal genug Zeit, um eine Antwort zu verfassen... Es folgt einfach nur ein höllischer Schmerz... ICH HASSE MONTAGE !!!!!


Es dauert einige Minuten, bis der Schmerz nachlässt... Zwar ist es recht unangenehm... doch nichts, was mich wirklich beunruhigen könnte... Ich habe schon schlimmeres durchgestanden... Dagegen war das Richten und Verbinden der Nase nur ein billiger Abklatsch...

„So... das dürfte wohl reichen... Doch solltest du die nächste Woche etwas ruhiger treten... Sport nur als Zaungast und keine Schlägereien... Verstanden ?"

Diese Frau ist schon ein seltsamer Vogel... als ob ich mich mit dieser Nase auf eine Schlägerei einlassen würde... „Klaro..."

„Schön, dass wir uns verstehen... Hier die Bescheinigungen... Die eine ist für deinen Lehrer in der laufenden Stunde... und die andere für den Sportunterricht. Und nun ab in die Klasse..."

Seltsam ist kein Ausdruck... sie ist sehr skurril... aber recht nett...

Mit gemäßigten Tempo begebe ich mich in Richtung meiner Klasse... Japanisch... Zwar kann ich die Übung gebrauchen, doch... es ist kein Beinbruch, dass ich einen Teil des Unterrichts verpasse...


Es bedarf einiger Minuten, bis ich mein Ziel, den Klassenraum, erreiche... Glücklicherweise ist mir auf dem Weg kein weiteres Malheur widerfahren... Nicht dass ich maule... für heute habe ich genug Aufregung hinter mir...

Na ja... der Lehrer ist von meiner Abwesenheit nicht gerade begeistert... doch als er meine Nase und die Bescheinigung sieht, kann er mich nur auf meinen Platz schicken, wo schon mein blonder Engel auf mich wartet...

Ein Blick seinerseits reicht aus, um klarzustellen, dass er am Status meiner Nase und mir interessiert ist... Und genau das ist es, was ich so an ihm mag... er sorgt sich um mich... und das nicht nur oberflächig...

~ „Es ist nichts Schlimmes... nur halt kein Sport und keine Boxkämpfe die nächste Woche..."

Auf Boxkämpfe kann ich getrost verzichten... doch eine Woche ohne Sport... das wird nicht so lustig...

Mit einem Blick unseres Lehrers bringt er unsere Konzentration wieder auf seinen Unterrichtsstoff... egal wie langweilig dieser auch ist...

Ich weiß nicht, wie langweilig kann Unterricht überhaupt werden ? Der Japanisch-Lehrer scheint wohl auszuprobieren, wo die Schmerzgrenze liegt... Meiner Meinung nach ist er weit darüber... Selbst mein blonder Engel scheint meiner Meinung zu sein... Na ja... es hilft nichts, da müssen wir durch... zumindest noch einige Minuten für heute...


Man kann regelrecht spüren, wie sich die Stimmung in unserer Klasse aufheitert, als die Schulklingel den Unterricht beendet... Wäre da nicht diese blöde Hausaufgabe bis nächsten Montag, dann wäre es umso besser...

Der Lehrer will doch glatt von Zweierteams einen Aufsatz haben, worin wir das von ihm angesprochene Buch zusammenfassen... Das Problem... es ist ein ‚Meisterwerk japanischer Künste'... in klaren Worten, eine grottenlangweilige, kaum verständliche, Sammlung beschriebenen Papiers...

Wie schon erwartet, bilden Takeru und ich ein Team... wie so häufig in der letzten Zeit... Ein Gutes hat die Sache, wir haben einen weiteren Grund, um einen oder zwei gemeinsame Nachmittage zu verbringen...

„Und was ist es genau ?" Selbst jetzt höre ich diesen Hauch der Sorge in Takerus Stimme...

„Wahrscheinlich ist sie angeknackst oder gar gebrochen... Die Schwester war sich nicht ganz sicher... Wenn ich die Schmerzen bei der Verarztung betrachte, dann glaube ich an das zweite..."

„Scheint wohl nicht ganz dein Tag zu sein..."

Wenn er nur wüsste... „Ist's auch nicht... aber was soll's..."


Englisch... das ist ein Fach, wo ich natürlich meine Trümpfe ausspielen kann... Doch kommt's erstens anders und zweitens als man denkt...

Da die Lehrerin einen deftigen Frosch im Hals hat, verdonnert sie mich dazu, ihren vorbereiteten Unterrichtsstoff zu rezitieren... Das Problem... Bei meinen leicht schwachen Kanji-Kenntnissen und ihrer Sauklaue wird das eher zu einem Sisyphus-Akt als alles andere...

So zäh kam mir Englischunterricht noch nie vor... und so blamiert habe ich mich auch schon lange nicht mehr... Das Schlimmste waren jedoch meine zwei Lieblingsfreunde... Sie kicherten und scherzten all die Zeit herum... doch wird das wahrscheinlich nicht ganz ohne Folgen sein... wenn ich dem sinisteren Lächeln unserer Lehrerin und den mehrmaligen Notieren in ihrem roten Buch Glauben schenken darf...

Wären da nicht die aufmunternden Blicke Takerus... dann wäre ich wahrscheinlich verzweifelt... Doch seine Kraft leitete mich durch diese Höllenstunde und schlussendlich überstehe ich das Ganze...

Trotz allem kommt unsere Lehrerin am Ende nicht umhin, noch auf den Test am Freitag hinzuweisen... Wie schon an meiner alten Schule üblich erntet sie damit nur lautes Stöhnen... insbesondere vom speziellen Pärchen... Selbst Takeru scheint nicht allzu begeistert davon zu sein...

Doch daran lässt sich nichts ändern... Wenn am Freitag ein Test angesetzt ist, dann wäre wohl eine Übungsession angebracht.


Die Zeit zwischen Englisch und Geschichte vergeht fast wie im Fluge... Takeru ist die beste Ablenkung für langweilige Pausen... er und seine azurblauen Augen... Es ist schon höllisch schwer, nicht der magnetischen Anziehungskraft dieser zu verfallen... und den gestrigen Abend zu wiederholen... Doch sollten wir das während der Schulzeit und bei all den Anwesenden hier nicht unbedingt tun...

Und immer wieder kommt mir diese Frage in den Sinn... wie er es nur schafft, dass alles andere unwichtig erscheint... Ein Blick in diese funkelnden Augen und all die Peinlichkeit der letzten Stunde ist verflogen, der Sturz und die Nase vergessen...

Erst als unser Geschichtslehrer eintritt, kommen mir diese Erinnerungen wieder in den Sinn... auch wenn sie nur noch ein schwaches Abbild davon sind...

Der Unterricht scheint wie üblich zu beginnen... mit der Standartbegrüßung... Doch dann kommt etwas, womit ich nicht gerechnet habe...

„Bevor ich mit dem Unterricht fortfahre, möchte ich auf ein Projekt mehrerer Schulen Tokios hinweisen. Wie vielleicht aus der Presse bekannt, findet in gut einandhalb Monaten hier in Tokio ein Treffen mehrerer Nationen zum Entwicklung des Politischen Weltbilds ab..." Oh... Stimmt ja, das war auch einer der Gründe, wieso Dad hierher versetzt wurde. Das hatte ich beinahe vergessen... „... Dazu haben sich mehrere Schulen Tokios entschieden, mehrere Ausstellungen anzubieten. Unter anderem sind die Themen: ‚Aktuelles Politisches Weltbild', ‚Die Welt – Gestern und Heute' und ‚Zeitreise – 50 Jahre zurück'. Genau dafür suchen wir Freiwillige, die Themen/Projekte dazu ausarbeiten. Diese Arbeit soll auch nicht unhonoriert bleiben, je nach Aufwand und Thema werden Bonuspunkte verteilt, die sowohl zur Geschichts- als auch zur Politiknote hinzuaddiert werden. Das richtet sich nicht nur an Schüler, die drohen, das Klassenziel nicht zu erreichen, sondern auch an welche, die ihre Note gerne aufbessern wollen. Als weiteres sei noch eine Bemerkung hinzuzufügen, es soll ein schulübergreifendes Projekt werden, und folglich bilden sich die Teams auch aus Angehörigen von zwei oder mehreren Schulen. Und um gleich klarzustellen, es werden keine Riesenprojekte mit Multimedialen Inhalten erwartet... auch wenn diese partout nicht verboten sind... Falls sich jemand genauer dafür interessiert, dann kann man sich in den nächsten Pausen bei meinem Politik-Kollegen oder bei mir melden."

Ein Blick zu Takeru zeigt eindeutig sein Interesse an diesem Projekt... zwar weiß ich nicht, ob es direkt von ihm stammt, oder davon, dass er Dad beeindrucken will... aber egal woher genau er ist definitiv interessiert...


Während der ganzen Schulstunde wirkt mein blonder Engel, als ob er auf glühenden Kohlen säße... dieses brennende Interesse bestätigt nur mein Bild von ihm... Und wenn er sich freiwillig meldet... dann kann ich ihm nur zur Seite stehen...

Kaum ertönt die Schulklingel und der Lehrer beendet die Stunde, da steht mein Freund auf den Beinen...

„Warte auf mich..." Kaum hört er mich, da dreht er sich abrupt um und lächelt mich an... „Diesen Spaß lass ich mir doch nicht nehmen..."

Schon allein dafür ernte ich ein breiteres Lächeln... „Du willst es wirklich ?"

„Natürlich, du solltest nicht vergessen, dass ich ja regelrecht an der Quelle sitze..."

Dieses kommentiert mein Freund einfach nur mit einem Kichern...


„Damit ich's richtig verstehe, ihr beide habt Interesse an einem Projekt... Als Team ?"

„Als Team..."

Unser Lehrer mustert uns für einen Moment... „In Ordnung... Habt ihr irgendein Wunschgebiet ?"

Mein blonder Freund blickt mich an... Anscheinend soll ich wählen... Und da fällt mir ein passendes Thema ein, das wahrscheinlich noch nicht vergeben sein dürfte... „Europäische Union, entweder aktuelle Situation oder die Entwicklung in den Jahren seit der Entstehung..."

Takerus Augen funkeln, als ich dieses Thema angebe... und der Lehrer wirkt leicht irritiert...

„Interessantes Gebiet... egal, was ihr von den beiden Möglichkeiten nehmt... Kommt dann in der Mittagspause zu mir, dann suchen wir einen weiteren Schüler aus dem Pool der Freiwilligen aus... auch wenn die Auswahl für dieses Thema nicht unbedingt riesig ist..."

Wir würden zwar noch weiterreden, doch erscheint unser Politiklehrer und wir müssen auf unsren Platz zurück...


Die Politikstunde verläuft zur Abwechslung ohne irgendwelche besondere Zwischenfälle, wenn man davon absieht, dass der Lehrer nochmals auf diese Projekte verweist... Dabei blickt er mehrere Schüler demonstrativ an, als ob er sagen wollte, dass diese Schüler einen Push in den Noten gut gebrauchen könnten... Der Rest der Stunde hingegen ist recht uninteressant... halt nichts, was ich nicht schon von zuhause kenne... Takeru hingegen klebt regelrecht an den Lippen unseres Lehrers... entweder irgendwas hat sein politisches Interesse geweckt... oder... wer weiß...


Wie schon an den letzten Schultagen, verschlägt es uns, Takeru und mich, in der Mittagspause an den Tisch der anderen Digiritter... und wie auch in den letzten Tagen sitzen Sora und Yamato soweit wie möglich auseinander... dazwischen Taichi, und Koushiro.

Gerade dieser wirkt heute leicht daneben... er hat wohl den gestrigen Schock noch nicht ganz überstanden... Ken und Miyako betrachten diese irritierte Gestalt mit fragenden Gesichtern... Yamato wirkt fast so, als ob er sich in Grund und Boden schämen müsste und Taichi wirft mordlustige Blicke genau in dessen Richtung... Wer weiß, was hier passiert ist...

Kaum sitzen wir, stehe ich schlagartig im Zentrum des Interesses...

„Rena, was... ist denn mit dir passiert ?"

„Meine Nase schloss engen Kontakt zur Straße... zu engen..."

So viele ungläubige Blicke... Hoffentlich denken sie jetzt nichts Falsches... Aber selbst wenn... dann werden sie mich schon darauf ansprechen...

Ich komme nicht umhin, Koushiro genauer zu betrachten... er wirkt so richtig daneben, aber was sollte ich erwarten... Gestern hat sich sein ganzes Weltbild geändert... nicht nur, dass er jetzt seine Wurzeln kennt... ihm wurde auch klar, wie er Waise wurde... darum beneide ich ihn nicht...

Aber auch sonst ist die Stimmung eher leicht gedrückt... Wer weiß, was zuvor passiert ist... wer weiß...

Ich will gerade mein ‚Mittag' auspacken... da fällt mir ein, dass ich ja glatt vergessen habe, mir ein solches vorzubereiten... Ich hasse Montage !!!

„Rena, kein Appetit heute ?"

Takeru... Was soll ich nur mit dir machen ? „Das ist's weniger... ich habe nur vergessen, mir ein solches vorzubereiten..."

Dafür ernte ich einen reichlich verwunderten Blick meines Freundes... „Das ist wohl wirklich nicht dein Tag, oder ?"

Ich kann daraufhin nur meinen Kopf schütteln...

Das was nun kommt, hätte ich nicht erwartet, er nimmt sein Sandwich, bricht es in der Mitte und reicht mir eine Hälfte davon... Sowas nenne ich richtig süß...

Da es wahrscheinlich absolut keinen Nutzen hätte, dagegen vorzugehen, nehme ich diese Hälfte an mich... „Danke... das wäre aber nicht nötig gewesen..."

„Doch, das ist es..." Irgendwie überrascht mich seine Antwort überhaupt nicht... er ist einfach zu gut zu mir...

Diese Geste kann ich einfach nur noch mit einem Lächeln quittieren, woraufhin er mir golden zurücklächelt... Ich könnte doch glatt das Essen vergessen und von dem Blick in seinen Augen leben... so wunderschön ist das...

Und schon wieder werde ich von diesen Augen magisch angezogen... Ich könnte einfach alles vergessen und mich diesen ergeben... und doch... irgendwas hält mich zurück... Blicke... Blicke von den Digirittern... an unserem Tisch...

Wären diese nicht gewesen, dann... dann hätten Takeru... und ich... wahrscheinlich... diesem Drang... nachgegeben...

Es ist auch höllisch schwer, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren... doch solange wir so beobachtet werden... kann ich Takeru einfach nicht nachgeben... nicht dass ich nicht wollte... doch... es geht einfach nicht...

Mit größter Mühe breche ich unseren hypnotischen Blickkontakt... was irgendwie ein unerfülltes Gefühl in mein ausbreiten lässt... und doch... hier fühle ich mich so beobachtet...

Es hilft nur eins, ich muss mich von diesen Gedanken ablenken... und das versuche ich mit einem kräftigen Biss in die Sandwichhälfte...


Die nächsten Minuten vergehen ohne Worte aller Seiten... Ein Blick auf Takeru zeigt außerdem, dass er mindestens so rot ist, wie ich mich fühle... Aber ganz ehrlich, es hat nicht viel gefehlt... und... Ich will gar nicht erst daran denken... ansonsten bereue ich noch, dass ich nicht nachgegeben habe...

Da fällt mir noch etwas ein... hatten wir nicht noch einen Termin ? Ein Blick auf die Uhr verrät, dass wir langsam uns auf den Weg machen sollten...

„Takeru, ich glaube, wir müssen los..." Dabei zeige ich demonstrativ auf die Uhr...

„Oh... Habe ich doch glatt vergessen... Bis später, Leute..."

Er fasst eine meiner freien Hände und zerrt mich regelrecht vom Gemeinschaftstisch mit... Anscheinend hat er nur auf irgendeine gute Gelegenheit gewartet, um von den wartenden Geiern davoneilen zu können...

„Das war knapp..."

Wem sagt er das... „Und wie knapp..."

Kaum haben wir den Speisesaal verlassen, hält mein blonder Engel und schaut mir in die Augen...

„Weißt du, was ich am meisten bereue ?"

Irgendwie habe ich das dumme Gefühl, zu wissen, was er sagen will... ~ „Was ?"

Er schaut mir mit seinen azurblauen Augen in die meinen... ~ „Dass ich nicht nachgegeben habe..."

Oh ja... ~ „Das... tut mir auch leid..." Wenn wir das doch einfach nur nachholen könnten... aber wir können es doch... ~ „... Es ist jedoch noch nicht zu spät dazu..."

Bevor ich mich versehe, berühren sich unsere Lippen ganz sanft... und eine gewisse Spannung zuckt durch unsere Körper...

Kapitel 29 – Now I know why...


„Ach wie süß... meine perfektionistischen Turteltäubchen..."

Das ist ja peinlich... nicht nur, dass wir erwischt wurden... sondern, dass es ausgerechnet einer unserer Lehrer ist... Wie ein Blitz trennen sich Takerus und mein Gesicht, woraufhin sich eine Menge Blut in meinen Kopf staut...

Irgendwie ist es mir nicht möglich, unserem Kunstlehrer in die Augen zu blicken... der Boden knapp vor meinen Füßen ist weitaus interessanter... Die Putzfrau könnte ruhig ein wenig gründlicher reinigen... in den Rillen hat sich eine Menge Dreck angesammelt...

„Hey... Ihr braucht deswegen nicht gleich rot zu werden... Und wo ich euch gerade hier sehe... hattet ihr nicht noch eine Verabredung ?"

Was meint er damit ? ... Verdammt... Das haben wir doch glatt vergessen...

„Das Projekt..."

„Genau das... Wenn ihr's noch nicht wisst, ihr seid wahrscheinlich die einzigen Schüler aus dieser Schule, die daran teilnehmen wollen... Naja, sputet euch lieber, bevor mein Kollege es noch mit der Angst zu tun kriegt..."

Dieser Lehrer ist schon ein Fall für sich... Doch genau das macht ihn so sympathisch...

„Wir sind schon auf dem Weg..." Mit diesen Worten nimmt mich mein Freund an die Hand und zieht mich regelrecht in Richtung unseres Geschichtslehrers...


Dort angekommen, wartet dieser schon wie auf glühenden Kohlen... Bei unserem Erscheinen löst sich schlagartig diese angespannte Haltung und es formt sich ein kleines Lächeln...

„Das ist schön... Ich hatte schon Angst, ihr hättet euch nun doch anders entschieden..."

Ich weiß nicht, irgendwie kann ich meinen Puls nicht richtig beruhigen... „Das war's weniger, nur wurden wir ein wenig abgelenkt..."

Dafür ernte ich einen leicht seltsamen Blick, welcher für einige Momente aufrecht bleibt, bevor sich unser Lehrer wieder aufs Wesentliche konzentriert...

„Okay... Ich habe mich schon einmal nach einem weiteren Schüler für euer Projekt erkundigt... Wie schon vorhin vermutet, ist die Liste nicht gerade allzu lang, die sich um dieses Thema dreht... Um genau zu sein, da ist lediglich ein jüngerer Schüler aus Kawada. Dieser hat kein bestimmtes Thema angegeben, doch hatte als Wunsch irgendwas Europäisches oder Afrikanisches."

Hmm... Kawada... Das ist mit der U-Bahn eine gute halbe bis ganze Stunde entfernt... Es geht, doch... das dürfte ein ausgesprochener Aufwand werden...

„Brauchen wir unbedingt einen dritten Mann ?"

Daraufhin schüttelt unser Lehrer den Kopf... „Nicht unbedingt... doch geht es bei diesem Projekt auch ein wenig darum, wie Schüler unterschiedlicher Schulen zusammenarbeiten... halt eine gewisse soziale Komponente..."

Da ist schon was dran... Ein Blick zu meinem Freund zeigt mir, dass er anscheinend nichts gegen einen dritten Mann hat...

„Okay... Der Schüler aus Kawada hört sich schon interessant an... Wie treten wir in Kontakt ?"

Jetzt ist es an unserem Lehrer, anzufangen leicht zu schwitzen... „Derzeit habe ich nur die Adresse... Die Namen wurden ‚seltsamerweise' nicht mit auf die Liste gestellt..." Unser Lehrer reicht Takeru einen Zettel... „... Ihr könnt gerne heute nach Kawada fahren und mit dem Schüler alles abklären, ansonsten wartet ihr bis morgen, dann dürfte ich die restlichen Daten zusammenhaben..."

Was machen wir ? Erneut ist ein Blick an Takeru gefragt... was wollen wir machen ?

„Ich denke, wir werden die erste Option wählen... auf diese Weise sehe ich die alte Gegend wieder..."

Dafür erntet mein blonder Engel zwei irritierte Blicke... einen von unserem Lehrer und einen von mir...

„Tut, was ihr nicht lassen könnt..." Er wirft einen Blick in ein Heft... „... und da ihr die letzte Stunde sowieso nur ‚Übungen' habt, könnt ihr gerne vorzeitig nach hause gehen... Hier eine Bescheinigung für euch..." Er reicht mir die Bescheinigung sowohl für Takeru als auch für mich... Ein netter und praktischer Zug von ihm...

Damit entlässt er uns, so dass wir beide noch rechtzeitig zu Mathe kommen...


Mathe und Bio... beides vergeht schon beinahe wie im Fluge... und seltsamerweise hat sich mein ‚Glück' nicht weiter eingemischt... der Vormittag war ja schon peinlich genug, geschweige denn das unvorhergesehene Treffen mit unserem Kunstlehrer... Hoffentlich war das auch alles vom Montagssyndrom... hoffentlich...

Wir, damit meine ich meinen blonden Engel und mich, sitzen regelrecht auf Lauerstellung und warten ungeduldig auf die Schulklingel... nicht, dass Bio langweilig ist... doch... derzeit gibt's interessanteres...

Fast schon eine Erlösung... genau das ist das langersehnte Klingeln für mich... Und als unser Lehrer uns sodann noch aus dem Unterricht entlässt, da spüre ich regelrecht den Stein... der sich löst...

Wie der Blitz packen sowohl mein blonder Engel als auch ich unsere Sachen und entschwinden aus dem Klassenraum... Einige Mitschüler schauend fragend in unsere Richtung... doch... niemand formuliert diese richtig aus...

Zumindest niemand, dessen Meinung zählt... „Heute schwänzen wir, nicht wahr ?" An sich könnten wir diesem Typen die ganze Geschichte erzählen... aber wozu ? Der Typ hat doch nicht alle Tassen im Schrank, wieso sollten wir uns mit seiner Meinung belasten ?

Es dauert nur wenige Minuten, bis wir den Hauptausgang erreichen... Und dort steht auch unser Geschichtslehrer... irgendwie überrascht's mich überhaupt nicht... „Ich wünsche euch noch viel Spaß mit dem Projekt..."

Wir können uns nur noch dafür bedanken und uns dann von ihm verabschieden, bevor wir die Schule verlassen...


„Wohin als erstes ?"

Mein blonder Engel schaut mir tief in die Augen... „Um's mit Miss Sophy zu sagen... The same procedure than every year..."

Woher kenne ich diesen Ausspruch nur… Miss Sophy... The same procedure... Ahh... ‚Dinner for one'...

„Du kennst ‚Dinner for one' ?"

Daraufhin zuckt er einfach nur mit den Achseln... „Hab ich mal in Frankreich gesehen, als ich bei meinem Großvater war..."

Ich kann einfach ein Kichern nicht unterdrücken... „Was soll ich bloß mit dir machen ?"

Jetzt ist es an Takeru, mit dem Kichern anzufangen... „Ich hätte da einige Ideen..." DAS kann ich mir nur zu gut vorstellen...

Wie schon auf dem Hinweg, können wir unsere Flossen nicht voneinander lassen... die Arme sind wieder um des anderen Schulter... so gefällt das Leben...


Verdammt !!! Das gibt definitiv eine Beule...

Wir wollten doch nur das Gebäude betreten, wo Takeru wohnt... und jemand... öffnet die Haustür abrupt und donnert diese gegen meinen Schädel... Ist dieser nicht schon malträtiert genug ? Wenigstens hat's nicht erneut meine Nase getroffen...

! „Rena !"

Aber wenigstens ist auf meinen blonden Freund Verlass... er reicht mir helfend eine Hand... zu dieser gesellt sich noch eine weitere... eine jüngere...

Es bedarf einige Sekunden, bis ich wieder klar sehe... und bemerke einen sehr entschuldigend dreinblickenden Iori... War er das mit der Tür ?

„Entschuldige... Das war nicht beabsichtigt..."

Na doll... wenigstens ist's niemand unbekanntes... oder noch schlimmer, einer von meinen zwei Spezialisten...

„Entschuldigung angenommen... es ist nur mein Schädel... und der kann's ab..."

Der arme Kleine... er weiß einfach nicht mehr, was er dazu sagen soll... Schon allein sein Blick ist all den Schmerz wert...


„So, Iori... heute wieder Kendo ?"

Es bedarf einiger Sekunden, bis sich der ‚Kleine' wieder zusammengerissen hat... „So ungefähr... Juri wollte heute zuschauen..."

Irgendwie ist's mir unmöglich, ein leichtes Grinsen zu unterdrücken... Junge Liebe... aber was rede ich denn...

„Sie will wohl den Meister bei der ‚Arbeit' zugucken... oder ?"

Aus Takerus Unterton höre ich einen leicht stichelnden Unterton... Und dieser verfehlt seine Wirkung nicht... Iori schießt ungefähr so stark das Blut in den Kopf, wie es vorhin bei Takeru und mir war... „Äh.. tja..."

„Du musst uns bei Gelegenheit mal gegenseitig vorstellen... Es kann ja nie schaden, die Freundin des besten Freundes kennenzulernen..."

Ich weiß nicht... wie rot kann ein Mensch überhaupt werden ? Iori scheint wohl zu versuchen, sich in einen Indianer zu verwandeln... Rothaut wird ihm nicht mal ansatzweise gerecht...

„Ähm... das mache... ich bestimmt..." Er setzt eine ‚dramatische' Pause an, um sich ein wenig zu beruhigen... „Da wäre noch etwas, Takeru..."

An seinem Blick erkenne ich, dass es um etwas Persönliches gehen soll... es wirkt so, als ob es ihm etwas peinlich wäre, ihn hier bei meiner Anwesenheit dieses zu fragen... egal, was für eine Frage es ist...

Mein blonder Engel denkt für einige Momente nach, bevor er mit einem Nicken ihm sagt... „Schieß los... Ich bin ganz Ohr..."

Und schon wieder verfällt der ‚Kleine' in eine Art der Verlegenheit...

„Du... hast mir doch von dem ‚Ort' erzählt..." Da nickt mein Freund einfach... Irgendwie habe ich das dumme Gefühl, dass ich nur zu gut weiß, von welchem Ort sie reden... „... Hast du jemand anderes auch davon erzählt ?"

Wenn ich mir meinen Freund so ansehe, da fällt mir ein seichtes Schwitzen seinerseits auf... Mein Verdacht scheint bestätigt zu sein... „Nicht vielen... Wieso fragst du ?"

Iori's Verlegenheit kann man fast schon mit einem Messer schneiden... „Tja... gestern wollte ich Juri diesen zeigen..." Was er wohl im Sinn hatte ? „... Tja... da war schon jemand..." Ohoh... „... Diese waren sogar für lange Zeit dort..." Ein kurzer Blick in Takerus Richtung räumt mit jedem möglichen Zweifel rigoros auf... „... Ähm... und als wir gerade nach Hause gehen wollten... tja... da küssten die sich sogar..." Oh Sch... „... Naja, ich wollte nur wissen, ob jemand anderes davon weiß, da er nicht allzu leicht zu finden ist..."

Oh weh... wir wurden doch glatt beobachtet... und das nicht von jemand unbekannten... Moment... die waren noch um die Zeit unterwegs ? Was haben sie für Eltern, die es ihren Kindern erlauben, allein... äh... zu zweien, so spät noch herumzuspazieren...

Ein Blick meinerseits in Takerus Richtung erwidert einen hilflosen seinerseits... Und anscheinend ist Iori Takerus Blick nicht entgangen... „Äh... Takeru... ist irgendwas nicht in Ordnung ?"

Pokern... Aber wie... „Tja... wie soll ich's sagen..." Takeru scheint wohl keine Ausrede parat zu haben...

„Wir wundern uns nur... dass Juri und du so lange unterwegs wart..." Ich hoffe inständig, dass es kein Fehler war...

Iori blinzeln einige Male... „So spät war es nicht... Sekunde... Woher weißt du... wie spät das war ?" Verdammt !!! Verplappert... Es folgen einige musternde Blicke des ‚Kleinen', bevor er fortfährt... ! „Das wart ihr ?"

HILFE !!!

Irgendwie schießt mir erneut mein Blut in Richtung Kopf... und es entfleucht mir ein hilfloser Blick in Richtung Takeru... der nicht minder rot und hilflos zu sein scheint... Peinlicher kann's kaum noch werden...


Und es ward peinlicher... Iori fängt an, hysterisch zu lachen... und meine Nase an zu bluten... Das ist nun wirklich nicht mein Tag... Es gibt definitiv Tage, an denen man sich vorher überlegen sollte, ob man überhaupt aufsteht...

„Rena... hier, nimm..."

Mein blonder Engel reicht mir ein Taschentuch... welches ich mit Freuden annehme und mir unter die Nase halte... „Danke, Takeru..."

„Das freut mich für euch beide... und für Juri und mich..."

Wie meint der Kleine das denn ? Das Erste macht noch Sinn... doch... wieso freut er sich denn für seine Freundin und sich ?

Er scheint wohl Takerus und meinen verwirrten Blick zu erahnen, mit einem Grinsen beantwortet er unsere ungestellten Fragen... „Taichi, Miyako und Yamato haben die Wette verloren... Jeder schuldet uns, mir, ein Essen..."

Sekunde... Sowohl der ‚Kleine' als auch die anderen haben auf Takeru und mich gewettet ? Dafür gibt's Saures... wenn meine Nase verheilt ist... oder vielleicht auch nicht... Wenn ich den sinistren Blick Takerus richtig deute... dann...

„Lauf !!"

Der ‚Kleine' schaut für einen Moment leicht irritiert zu seinem Freund... bevor er seinen Kendostab packt und geschwind davoneilt... Mein blonder Engel macht erst Anstalten, ihm zu folgen... doch... lässt schon nach wenigen Metern von ihm ab...

„Ich fass' es nicht... Die wetten doch glatt auf unser Privatleben... und dann noch mein Bruder..."

Irgendwie habe ich das dumme Gefühl, dass Yamato ein paar stressige Tage haben wird... doch hat er nichts geringeres verdient... Man fällt nicht ungestraft in des eigenen Bruders Rücken...

„Wir hätten wohl heute im Bett bleiben sollen..."

Dafür ernte ich einen leicht überlegenden Blick... „Vielleicht... doch... dann hättest du auch auf das hier verzichten müssen..."

Ehe ich mich versehe, ist Takerus Kopf in einer ähnlichen Position wie vorhin in der Mittagspause... Und ich muss zugeben, es ist ein guter, ein sehr guter, Grund dafür, dass wir heute Morgen aufgestanden sind...


Ich muss eingestehen, dass es mir richtig gefällt... doch... ich weiß nicht... irgendwas hält mich noch zurück... Ich will mich so gerne ihm gänzlich öffnen... und doch... ich kann's einfach nicht... Wie sehr wünschte ich, ich könnte ihm meine Gefühle ganz gestehen... doch...

Vielleicht sollte ich mich an Dads Ratschlag halten... mich einfach von meinen Gefühlen treiben lassen... Irgendwann werde ich bestimmt in der Lage sein, diesen Schritt zuende zu bringen... und fürs Erste reicht mir meine Situation jetzt... ein blonder Engel, der weiß, wie man die Lippen benutzt...


Im Gegensatz zu heute Mittag besinnen wir uns rechtzeitig, so dass wir nicht ‚erwischt' werden... einmal erwischt zu werden, reicht für einen Tag... und wenn man noch die Sache mit Iori hinzuzählt... das ist nun wirklich genug...

Hinzu kommt, dass wir noch etwas anderes zu tun haben, einen Trip nach Kawada, um den dritten ‚Mann' für unser Projekt zu treffen... Insgesamt kommt es mir nun so vor, als ob sich Takerus und mein Leben richtig verbinden... zuerst dieses Treffen, dann die Digiwelt, gefolgt von der Sache mit der Diplomatie... und jetzt... die ganzen Schulprojekte... die Hausaufgaben... Mehr und mehr Zeit verbringen wir zusammen... und es gefällt mir...

Und wenn ich bedenke, dass alles in nur einer Woche passiert ist... da wird mir leicht anders...


Bevor ich mich versehe, stehen Takeru und ich vor der Tür zu seinem Zuhause... Als wir sie betreten, geht er entgegen meiner Erwartung nicht in Richtung seines Zimmers, sondern entgegengesetzt dazu...

Es bedarf einiger Sekunden, um zu erkennen wohin genau... die Küche... Nur kurze Zeit später kommt er mit einem feuchten Handtuch zurück...

„Hier... für deinen Kopf..." Genau das richtige für den Moment... für meine Beule...

Ich nehme es dankend entgegen und bemerke, dass es leicht kühl ist... wahrscheinlich befindet sich ein Eiswürfel darin... Es ist aber schön, dass er mitdenkt... und meine verworrenen Gedankengänge schont... „Das habe ich gebraucht..."

Daraufhin ernte ich ein Lächeln seinerseits... „Gut... Wenn du dich für einen Moment gedulden könntest... ich gehe mich schnell umziehen..."

Wieso sollte ich nicht ? Schließlich sind wir doch extra deswegen hierher gekommen... „Kein Problem..."

Diese Zeit nutze ich, um mich ein wenig genauer in der Wohnung umzusehen... Wie schon beim letzten Besuch besticht sie durch schlichte Eleganz und Gemütlichkeit... Von der Ausstattung könnte sie nimmer mit meinem Heim mithalten... und doch... ich könnte mir ein Leben in solch einem Zuhause gut vorstellen...

Ich komme nicht umhin, ein wenig genauer zu gucken... besonders fallen mir einige Bücher auf, die entgegen meiner Erwartungen nicht in Japanisch sondern in Französisch zu sein scheinen, darunter Klassiker von allen möglichen Autoren wie zum Beispiel Karl May, Agatha Christie oder gar J.R.R. Tolkien in ihrer jeweiligen französischen Ausgabe... Das ist schon eine leicht seltsame Mischung... egal wie ich mich wende, irgendwie kommt das dumme Gefühl auf, dass diese Bücher nicht Takerus sind...

„Wie ich sehe, bestaunst du gerade die Lieblingsbücher meiner Mutter..."

Seiner Mutter... es überrascht mich nur wenig... obwohl mich eines doch irritiert... Natsuko liest den Herrn der Ringe ? „Alle ?"

Takeru kann nur ein wenig kichern... „Alle... Auf den Herrn der Ringe kam sie erst nachdem sie Patamon kennengelernt hat... die anderen waren allesamt Geschenke meines Großvaters..."

„Tja... man lernt nie aus..."

„Wie wahr, wie wahr... Hier..." Takeru zeigt mir eine cremefarbene Fischermütze... „Damit du nicht aussiehst, als ob du gerade aus einer Schlägerei gekommen bist..."

Der Junge hat Humor... und einen findigen Verstand... „Danke..."

Ich will die Mütze gerade nehmen, da zieht er sie regelrecht weg... „Ich mach das schon..." Ganz behutsam setzt er mir die Mütze auf den Kopf und richtet sie ein wenig... „Ich muss zugeben, sie steht dir..."

Seltsam... das letzte Mal, als Mimi mich dazu zwang, eine solche aufzusetzen, passte sie partout nicht zu meinem Haar... Aber... es könnte sein, dass mein neuer Haarstil besser dazu passt... Jetzt bin ich neugierig... ein Spiegel muss her...

Als ob Takeru meine Gedanken erraten hätte, führt er mich zu einem im Flur... Ich kann nur eingestehen, Takeru hat Recht... Sie steht mir wirklich... diese cremefarbene Mütze bildet regelrecht einen harmonischen Kontrast zu meinem schwarzen, schulterlangen Haar. „Wow... vielleicht sollte ich öfters Mütze tragen..."

„Vielleicht... doch gewöhne dich nicht allzu sehr an sie... die kann ich dir leider nicht schenken..."

So ein... lieber Trottel... ich hätte nie gewollt, dass er das macht... „Das sollst du auch nicht... aber du kannst mir beim Erwerben einer solchen helfen..."

Dafür ernte ich nur schallendes Gelächter... Gelächter, was den ganzen Weg zu meinem Zuhause anhält...


Zuhause angekommen, werden wir von Dad regelrecht willkommen geheißen... Dafür, dass sein Leben gestern komplett auf den Kopf gestellt wurde, geht's ihm recht blendend... Wenn ich's nicht besser wüsste, könnte man annehmen, dass es ihn überhaupt nicht berührte... doch... Ich weiß nur zu gut, dass es nur seine Professionalität als Diplomat ist, das diesen Anschein aufrecht erhält... Er ist definitiv ein Meister im Verstecken seiner Gefühle... doch... ich bin eine Meisterin in der Menschenkenntnis... mich legt er damit nicht rein... Andererseits... Dad braucht Luft... ich weiß nicht, wie ich reagieren würde...

„So ihr zwei, was treibt euch so früh nach Hause ?..." Dem Blick Dads entnehme ich, dass er jetzt meine Nase erkannt hat... „... Was ist denn mit dir passiert ? Gab's 'ne Schlägerei ?"

„Nicht ganz... ich habe nur engen Kontakt mit der Straße geschlossen... und einer Tür..." Dabei zeige ich auf die Beule, nachdem ich Takerus Mütze abgenommen und aufgehängt habe...

Das Gesicht Dads ist regelrecht Gold wert... und doch... verbleibt nicht die Zeit, dieses zu genießen... schließlich haben wir noch einiges heute Nachmittag vor... „Bevor ich's vergesse, wir müssen gleich wieder los... müssen wegen der Schule nach Kawada..."

„Schade... dann musst du wohl auswärts essen... Ich habe deiner Mutter versprochen, heute mit ihr auszugehen... du weißt schon... als Entschädigung..."

Naja... irgendwie muss er sich ja für letzten Dienstag revanchieren... So ist Mom...

„Ist schon gut..."


Kapitel 30 –Vergangenheiten...


Eines ist schon seltsam... von unseren Partnern ist nichts zu finden... nicht einmal ein Haar... oder so... Und da wir nicht die Zeit haben, um nach ihnen zu suchen, belasse ich's auch fürs Erste...

Ich beeile mich extra mit dem Umziehen, auch wenn eine Auswahl irgendwie nicht leicht fällt... Ich meine, was soll ich bloß anziehen ? Meine guten Sachen ? Wenn ich aber meinen heutigen Tag bedenke... dann lieber nicht...

Ich greife nach einer meiner kurzen Hosen mitsamt eines passenden Shirts... Dabei achte ich nicht wirklich auf die Farben... Dafür geht mir dieser verrückte Tag einfach nicht mehr aus dem Sinn... und damit meine ich nicht nur meine Nase oder meinen Schädel... viel mehr geht mir mein eigenes Verhalten durch den Kopf... Vor einer guten Woche hätte ich wahrscheinlich einen Jungen nicht mal näher als eine Armlänge an mich heran gelassen... und jetzt... jetzt kann ich Takeru nicht nahe genug sein... Das schlimmste daran... es gefällt mir...

Aber auch egal... Dad hatte schon Recht, als er sagte, dass sich alles von selbst regelt... Doch dass es so schnell von dannen geht... damit hätte ich nie gerechnet...


„Rena ?"

Sekunde... bin ich doch glatt wieder in meinen Gedanken versunken... Scheint neuerdings eine Gewohnheit von mir geworden zu sein... „Ja ?"

„Dauert's noch lange ? Wenn wir nicht bald losziehen, dann dürfte es etwas spät werden..."

Oh ja... ich sollte mir wirklich abgewöhnen, zu tagträumen, wenn ich dringendes zu erledigen habe... „Bin ‚schon' fertig..."

Mit diesen Worten verlasse ich sodann mein Zimmer... vor dessen Tür schon mein blonder Engel auf mich wartet... Anstelle von ‚Das hat lange gedauert' erhalte ich nur ein Lächeln... ein goldiges Lächeln...

„Takeo sagte, unsere Partner sein ‚im Tempel des Todes'... Du weißt nicht zufällig, wo das sein sollte ?"

‚Tempel des Todes'... Oh ja... schließlich ist dieser Name meine Erfindung... Mit einem Nicken antworte ich ihm... „Unser Dachboden..."

Hoffentlich fragt er nicht nach... aber wen will ich verarschen... „Wieso heißt er denn ‚Tempel des Todes' ?"

War doch klar... oder ? „Ich habe ihn so benannt... jedes Mal, wenn ich dort war, kam ich mehr tot als lebendig da wieder heraus... Noch Fragen ?"

Takeru kann einfach nicht anders als kichern... „Nachdem ich deinen heutigen Tag erlebt habe..." Dabei zeigt er auf meine malträtierten Körperteile... „... kann ich's mir nur zu gut vorstellen..."

Dafür ‚kann' ich ihn nicht ungestraft davonkommen lassen... Mit einem gezielten Handgriff zerre ich an seinem Shirt so, dass er ‚recht behutsam' auf seinen Allerwertesten fällt... Dummerweise hat er sich so an mich festgehalten, dass ich ihm unfreiwillig in Richtung Boden folge... Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen... und ich stürze mich regelrecht so auf ihn, dass ich meinen blonden Engel auf den Boden mit meinen Körper festnagel...

Ich war zwar meinem blonden Engel schon früher (irgendwie klingt's komisch) nah... doch so nah... das ist so... so... seltsam... nein... so ungewohnt... so... knisternd, so wundervoll... Und dann noch diese Augen, dieser Blick... der hat so etwas magisches an sich, etwas hypnotisches... ich könnte mich glatt ihm hingeben...

... und doch... dieser Schatten... diese Erinnerung...

Nein... nicht Takeru... er würde mir nie weh tun... niemals... nicht er...

Der Schmerz... dieser Abend... diese Erinnerung...


Das Messer... diese stählerne Klinge... fast genauso groß wie mein Hals, an dem es gehalten wird... Ein Laut... nein... das letzte Mal gab's Schmerzen... schlimme Schmerzen... und mit jedem Laut... wurde es mehr... schlimmer... Wie das letzte Mal reißt er mein Kleid herunter... und... berührt mich... Schmerzen...


„Rena !"

Was ist hier los ?

Ich vernehme einen Stoßseufzer... „Geht's dir gut ?"

Diese Stimme... Takeru... „Was ist passiert ?"

Mit einem Hauch Sorge vernehme ich... „Keine Ahnung... erst tollten wir herum... und dann..."

... und dann... der Alptraum... Kann ER mich nicht irgendwann einmal in Ruhe lassen ?!? Das ist nicht fair... Halt, konzentriere dich, Rena...

Einatmen, Ausatmen...

„Rena, bist du noch da ?"

Oh... „Ja... es waren nur schlechte Erinnerungen." ... nur Erinnerungen...

Anscheinend habe ich meinen blonden Engel neugierig gemacht... doch... seinem Blick entnehme ich, dass er mir in diesem Punkt meinen Freiraum lässt... „Wenn du's sagst... Doch wenn du darüber reden willst, ich bin immer ganz Ohr..."

Nickend werfe ich ihm einen dankenden Blick zu... er ist in vielen Belangen so wie Dad... genauso fürsorglich und doch so diplomatisch...


Es vergehen noch gute ein, zwei stille Minuten, bis wir uns wieder aufrappeln und langsam zum Abmarsch fertig machen. Und wie schon zuvor, setzt er mir seine Fischermütze auf den Kopf, bevor wir uns in Richtung Haustür aufmachen... doch kommen wir nicht ungestört dort an...

Wie der Blitz kommt Dad angeschossen...

„Wollt ihr los ?"

Dumme Frage... „Natürlich..."

Ich kenne diesen Gesichtsausdruck... den er aufhat, während er in Richtung seiner Brieftasche greift... typisch Dad... „Damit ihr schick essen gehen könnt..." Dabei reicht er mir einen recht ‚hübschen' Schein...

Wäre Takeru nicht dabei, würde ich wahrscheinlich mit Dad darüber ‚streiten'... doch... was soll's... wenn Dad darauf besteht... was soll ich machen... Und ein Essen mit Takeru dürfte nicht zu verachten sein...


Und kaum haben wir die Tür durchschritten, dreht sich mein blonder Engel zu mir um...

„Dein Vater ist schon ein eigenartiger Vogel..."

Wenn Takeru nur wüsste... Mit einem Kichern antworte ich ihm... „Wie wahr... wie wahr..."

Und wenn ich bedenke, wie viel Geld Dad mir zugesteckt hat... da wird mir leicht anders... An was für ein Restaurant hat Dad gedacht ? Vielleicht das Ritz ? Inklusive Hin- und Rückflug ? Okay, das ist ein wenig übertrieben... doch...

„Weiß dein Vater denn nicht, dass das Geld für ein Essen der gesamten Gruppe inklusive Digimon reicht ?"

„Wahrscheinlich weiß er's... er versucht schon seit langem, mein Taschengeld zu erhöhen... und da ich jedes Mal ablehne, nutzt er halt solche Gelegenheiten..."

Dieser ungläubige Blick, denn ich bei Takeru ernte, ist mindestens genauso viel wert...

„Du lehnst Taschengelderhöhungen ab ? Da bist du wohl die einzigste hier in Japan..."

„Vielleicht... doch was nutzt mir Geld, wofür ich keine Verwendung habe ? Sparen macht keinen Sinn, da, soweit ich Dad kenne, er sowieso schon ein Sparbuch für mein Schulabschluss angelegt hat..." ... geschweige denn für meine Hochzeit...

Nur ein leichter Seufzer entfleucht meinem Freund... bevor wir die U-Bahn-Station erreichen...


Die Fahrt ist alles andere als unangenehm oder langweilig... Okay, selbst ein „Titanik"-Marathon mit Takeru wäre alles andere als langweilig... Einfach nur Händehalten und das Anlehnen meines Kopfes auf seiner Schulter ist ablenkend genug...

So lässt's sich leben... Zweisamkeit inmitten der Masse...


Eigentlich schade, dass die Fahrt nur eine gute halbe Stunde beschlägt... mehr Zeit hätte partout nicht gestört...

Doch was soll's... in nur wenigen Momenten sind wir schon aus der U-Bahn-Station entschwunden und landen in einer Einkaufspassage... War da nicht noch etwas ? ... Ach ja... DER WECKER !!!

„Ähm... Takeru ?"

Der Blondschopf blickt mich grinsend an... „Ja ?"

„Ich müsste noch schnell einen neuen Wecker kaufen... du weißt nicht zufällig, wo wir am schnellsten einen solchen kriegen ?"

Daraufhin denkt Takeru für kurz nach... „Natürlich weiß ich das richtige Geschäft... Aber wieso brauchst du einen neuen ?"

Autsch... „Wie soll ich sagen... mein alter hatte heute morgen einen kleinen... äh... Unfall..."

Mein blonder Engel imitiert Mr. Spock und zieht wie ein Vulkanier eine Augenbraue hoch... „Wie ein kleiner ‚Unfall' ?"

Das musste ja kommen... „Sagen wir's mal so... er hatte heute mich auf dem falschen Fuß erwischt... und nicht überlebt..."

Takeru kann nicht anders und muss kichern... dabei weicht er ‚demonstrativ' von mir zurück... „Erinnere mich bitte, dass ich niemals auf deine schlechte Seite gelange..."

Ich kann einfach nicht anders und muss diabolisch grinsen... „Du bist der erste, der's erfährt, falls du doch auf dieser landen solltest..."

Mein Freund kann nicht anders und erwidert einen Hundeblick... „Das habe ich befürchtet..." ...und fängt an lauthals zu lachen...


Zielstrebig führt er mich zu einem Elektrowarengeschäft, wo ich im Schaufenster den niedlichsten Wecker sehe, den ich jemals erblicken konnte... ein kleiner goldener Drache, der ein wenig an Veemon erinnert und laut Beschreibung sowohl als Radiowecker als auch als normaler Wecker verwendet werden kann... einfach perfekt... Selbst der Preis stimmt...

„Der gefällt dir, oder ?"

Anscheinend hat mein blonder Engel meine Gedanken erkannt... „Und wie..."

„Das kann ich mir vorstellen... wäre er blau, könnte man ihn glatt als eine Kopie Veemons halten..."

Ich zerre fast schon meinen Freund mit in den Laden, wo ich mir den ersten Verkäufer schnappe, der mir zwischen die Finger kommt... Es stellt sich sogar heraus, dass dieser Wecker das letzte Exemplar ist, was noch zu erwerben ist... laut Verkäufer gibt's keine mehr davon in ganz Tokio... Vielleicht ist das heute doch kein typischer Montag...


„So... sind noch irgendwelche Einkäufe zu erledigen ?"

Da gäbe es noch etwas... doch das muss nicht heute sein... „Nichts von allergrößter Wichtigkeit... Woll'n wir dann ?"

Takeru holt aus seiner Tasche den Zettel hervor, den uns der Lehrer vorhin gegeben hat...

„Hmm... Lass mich mal kurz nachdenken... Die Adresse kommt mir irgendwie bekannt vor... und ich glaube, ich kann mich an die Strasse erinnern... Folge mir einfach..."

Und ich folge ihm... Dabei durchqueren wir ein wenig die Gegend...

Plötzlich hält mein blonder Engel... direkt vor einer Schule... „Ist es schon so lange her ?"

Ich weiß, wann Fragen überflüssig sind... und jetzt sind sie's...

„Rena... das ist die Schule, auf der ich früher ging... Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es eine gute Zeit war... aber... anfangs war's das nicht..."

Ich kenne dieses Gefühl... nur zu gut... „Was war passiert ?"

Mein Freund schluckt einmal kurz... „Zwei Sachen... die Scheidung meiner Eltern... und Rowdys in meiner Klasse... die hatten mir das Leben zur Hölle gemacht..." Urplötzlich beginnt er leicht zu kichern... „... nach dem Abenteuer in der Digiwelt war's andersrum..."

Das möchte ich mir nur zu gerne vorstellen... diesen Gesichtsausdruck bei den Schlägern, als klein Takeru sich plötzlich wehrte... „Deren Gesichtsausdruck muss Gold wert sein..."

„Das war er auch... dieser hat für so vieles entschädigt..."

Sein Grinsen zeigt genau, wie viel diese Erinnerung ihm wert ist... Wahrscheinlich wäre's das für mich auch... Solche Erinnerungen sind's, die das Leben so lebenswert machen...

„Okay, dann wollen wir mal weiter..." Bevor er jedoch aussprechen kann, lege ich meinen Arm um seine Schulter... dieses Mal kommt er mir nicht so einfach davon... Und anscheinend gefällt's meinem Freund auch mehr...


Der nächste Halt... das öffentliche Basketballfeld der Schule...

„Dieses ist wohl einer meiner liebsten Orte hier... Hier habe ich meinen ersten Korb geworfen... und etliche weitere... Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie viele Nachmittage ich hier verbracht habe..."

Das kenn' ich... Es gab eine Zeit, da kannte ich den Basketballplatz besser als die Umgebung, in der ich lebte... egal ob nun in Frankreich oder später in Amerika... aber hauptsächlich galt's für die Zeit in Amerika... „Da haben wir wohl einiges gemein..." Da fällt mir auf, dass auf dem Feld einige Leute spielen... vielleicht sind auch ein paar von Takerus alten Freunden dabei... vielleicht... „... Eine Frage, von denen hier ist nicht zufällig jemand ein damaliger Freund deinerseits ?"

Daraufhin blinzelt mein Freund einige Male... „Da habe ich, ehrlich gesagt, noch gar nicht darauf geachtet..."

Jetzt kann ich auch etwas vom Feld hören, wo ich mich nicht mehr auf meinen Freund konzentriere... Da fällt mir dieser dunkelblonde Junge in Ioris Alter auf. Dieser trägt eine hellblaue Turnhose mit einem weißen Shirt und hat irgendwas Vertrautes an sich...

„Entschuldigt, dass ich schon los muss..."

„Aber das Training..."

„Ich weiß... wir spielen diesen Freitag... doch kann ich nicht bleiben... Schule geht halt vor..."

„Schade..."

Jetzt kann ich einen Blick auf die Augen des Jungen werfen... sie sind grün... doch da ist irgendein Glanz in ihnen... dieser kommt mir irgendwie vertraut vor... Zeitgleich spüre ich etwas von meiner Seite... aus Takerus Richtung... und ein Blick in dessen Richtung offeriert ein Lächeln, dass jede miese Laune verfliegen lässt...

Es dauert noch einige Momente, bis dieser Junge an uns vorbei geht... er scheint wohl sehr stark in seine Gedankenwelt versunken zu sein... ihm scheint wohl Takerus Blick entgangen zu sein... und anscheinend gefällt das meinem Freund überhaupt nicht...

! „Hisashi Tomoki... Du gehst einfach vorbei, ohne wenigstens ‚Guten Tag' zu sagen ?"

Anscheinend ist das wirklich einer von Takerus alten Freunden... Dieser Junge dreht sich mit einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck abrupt in unsere Richtung...

„Gu...guten Tag... wer..." Plötzlich weiten sich dessen Augen ins Unermessliche... anscheinend hat er jetzt wohl meinen Freund erkannt...

! „Takeru ?"

Zwar kann ich Takerus Grinsen nur erahnen... doch so wie ich ihn kenne, wird's einer der besseren Sorte sein... „Jup..." Manchmal ist mein Freund einfach nur eine Schote... dieses ‚Jup' wirkt irgendwie total unangebracht... und doch so passend...

Es dauert nur wenige Momente, bis sich die beiden wie zwei Bären umarmen... selbst dieser Größenunterschied stört sie nicht einmal eine Sekunde... Wenn ich's nicht besser wüsste, könnte ich glatt eifersüchtig werden... Vielleicht sollten Takeru und ich unsere Umarmung ein wenig mehr ausweiten... vielleicht...

„Verdammt lange her, dass ich dich gesehen habe..." Dieser Kommentar scheint wohl meinem Freund ein wenig an die Nieren zu gehen... ich bemerke, wie er leicht zusammenzuckt...

„Ich war verhindert..." Geschickt umgeht er die ungestellte Frage... aber anscheinend kennt der ‚Kleine' meinen Freund einfach zu gut...

„Da ist bestimmt mehr dahinter... vielleicht sogar deine Freundin hier..."

Mir unerklärlich ist es, wieso mir auf diesen einfachen Kommentar hin mein Blut in Richtung Kopf schießt... Ich bin doch Takerus Freundin... also wieso...

Mein blonder Engel seufzt für einen Moment... „Nicht ganz... aber diese Geschichte möchte ich lieber für mich behalten..." Sein Unterton macht nur zu sehr deutlich, wie wichtig das für ihn ist... „... und bevor ich's vergesse, darf ich dir Iwakomo Rena vorstellen ?..." Kurz darauf dreht sich mein Freund zu mir um... „Rena, das ist Hisashi Tomoki, wohl mein einzig wahrer Freund hier in Kawada..."

Wie's sich gehört, reiche ich dem Kleinen die Hand... Oh... Das ist doch Japan... Aber nichtsdestotrotz nimmt er sic und schüttelt die meine... Anscheinend kennt er diesen westlichen Brauch...

„Du kommst wohl nicht aus Japan..." Das ist mehr eine Feststellung als eine Frage... dieser Kleine scheint pfiffiger zu sein, als man ihm von außen ansehen kann... Dabei lässt er meine Hand langsam gehen... „Ich würde ja gerne noch ein wenig plaudern, doch erwarte ich noch zuhause Gäste..."

„Kein Problem unsererseits... wir müssen auch weiter... Seh'n wir uns ?"

„Bestimmt..." Der ‚Kleine' wendet sich an Takeru... „Es war schön, die mal wiederzusehen..." Dann wendet er sich in meine Richtung... „...und dich kennenzulernen." Jetzt blickt er uns beide an... „Bis die Tage dann..."

Und mit diesen Worten entschwindet er geschwind...


Kaum hat Tomoki unser Sichtfeld verlassen, legt mein Freund seine Hand um meine Schulter, worauf ich mit einer ähnlichen Gäste antworte... und geht langsam weiter...

„Irgendwie schade, dass wir nicht genug Zeit hatten..."

„Dann nehmen wir sie uns doch irgendwann demnächst..."

Mein blonder Engel blickt mich daraufhin einfach nur leicht verwundert an... „Du willst mitkommen ?"

Ich kann nur einen alten, abgedroschenen Spruch erwidern... „Deine Freunde sind auch meine Freunde..."

Takeru kann einfach nur noch lächeln... „Danke..."


Der folgende Fußmarsch von gut 5-10 Minuten vergeht ohne vieler Worte... Worte wären auch irgendwie fehl am Platz gewesen... Da erreichen wir ein Hochhaus, wovor Takeru abrupt hält...

„Da sind wir... irgendwie kommt mir dieser Komplex bekannt vor..."

Wer weiß... „Wohntest du vielleicht früher hier ?"

Takeru kann einfach nur seinen Kopf daraufhin schütteln... „Nein, unser Zuhause war ein Block weiter in dieser Richtung..." Dabei zeigt er leicht nach Rechts...

„War ja auch nur ein Versuch... es wird dir bestimmt wieder einfallen..."

Ein Lächeln kann er sich nicht verkneifen... „Auch wahr... wir müssen in Apartment 437, mehr gibt die Adresse nicht her..."

„Das reicht doch..."

Mit diesen Worten gehen wir gemeinsam in Richtung Haustür, die seltsamerweise nicht verschlossen ist... und nur wenige Sekunden später stehen wir vorm Fahrstuhl.

Es dauert nur wenige Momente, bis sich dieser öffnet und wir ihn betreten können. Die wenigen Sekunden bis zum Erreichen des 4. Stocks vergehen recht schnell und ohne Zwischenfälle... was sollte auch schon in einem Fahrstuhl passieren...

Kaum haben wir diesen dann verlassen fällt mein Blick nach Rechts, wo ich durch Zufall die Zahl 437 an einer Tür lese...

„Ich habe das Apartment gefunden." Dabei zeige ich in die Richtung der Tür...

Irgendwie sträuben sich meine Nackenhaare... eine Vorahnung... irgendwas wird gleich passieren... manchmal nervt meine Intuition... und doch...

Ehe wir uns versehen, haben wir die Tür erreicht... seltsamerweise ist kein Namensschild an der Tür zu finden, wie es sonst immer üblich ist... wahrscheinlich ist's heruntergefallen oder wurde von jemanden entfernt...

Das stört uns aber nicht... wieso auch... und Takeru betätigt die Klingel...

Nach wenigen Sekunden öffnet jemand die Tür... dieser Jemand hat dunkelblondes Haar, grüne Augen und einen extrem verwirrten Blick, der sich auf meinen Freund fixiert... Takeru andererseits blickt genauso in die Richtung dieser Person...

Und ich muss einfach anfangen, lauthals loszulachen...

Kapitel 31 – Ein Schulprojekt und ein seltsames Essen...


Der Blick der beiden ist einfach unbezahlbar... und ich ärgere mich ungemein, dass ich keine Kamera mitgenommen habe...

Und wie sie sich einfach nur anblinzeln... keiner in der Lage, auch nur die entscheidende Frage oder den entscheidenden Satz zu formulieren...

Diese verrückte Situation hält für einige Sekunden, bis auch mein Freund anfängt, wie ein Verrückter loszulachen...

„... Jetzt..." Irgendwie schafft's mein favorisierter Blondschopf aufgrund seines Gelächter nicht mehr, seinen Satz zu vollenden... nicht dass ich nicht wüsste, was er sagen wollte...

„Jetzt... wissen wir... wieso... die Adresse... dir so bekannt... vorkam..." Keine Ahnung, wie ich's geschafft habe... doch zwischen meinen Lachern konnte ich diesen Satz unterbringen...

Langsam scheint wohl auch Takerus Freund endlich zu realisieren, was genau hier abgeht... „Ihr seid das mit dem Schulprojekt ?!?"

Das Beste an der ganzen Sache ist sein Gesicht... einfach zum Schießen...


Keine Ahnung, wie lange wir uns vor der Tür kaputtlachen... irgendwie habe ich mein Verhältnis zur Zeit dabei verloren... es könnten nur wenige Minuten sein oder auch eine viertel oder gar halbe Stunde... keine Ahnung...

Doch auch jede lustige Zeit muss zuende gehen... insbesondere wenn man eigentlich gar keine Zeit dafür hat... So geht's auch uns... langsam fängt sich jeder, auch wenn's höllisch schwer ist... Kaum hat der eine aufgehört zu lachen, bricht der andere wieder los und der Kreis beginnt von vorne... Und das geht solange, bis man vom ganzen Lachen schon richtige Schmerzen im Zwerchfell kriegt... so wie bei mir...


„Hätte ich das gewusst..."

So geht's wohl jedem hier, nicht nur unserem Gastgeber...

„Das konntest du nicht... selbst wir hatten keine Ahnung, zu wem wir überhaupt gehen... bis wir hier waren..."

Wenn mir nicht mein Zwerchfell schmerzen würde, hätte ich wahrscheinlich bei diesem Kommentar Takerus erneut angefangen, loszuprusten...

„Was mich ein wenig irritiert... wieso machst du überhaupt bei diesem Projekt mit ? Ich dachte, dir läge mehr am Sport... oder vielleicht Schreiben..."

Ich weiß nicht... das klingt doch irgendwie vertraut... das habe ich doch schon einmal gehört... Manchmal hasse ich Déjà-Vus...

Mein blonder Freund schüttelt nur leicht den Kopf... „Es ist nicht so einfach zu erklären... Sport ist zwar nett und eine gute Möglichkeit, Stress abzubauen... doch erfüllt mich das schon lange nicht mehr... und Schreiben... bei meinem Talent ?"

Daraufhin kichert der ‚Kleine'... „Auch wahr... habe doch glatt deine ersten Versuche vergessen... ich müsste noch ein paar irgendwo rumliegen haben..."

So verängstigt habe ich Takeru noch nicht gesehen... Sind diese Versuche ‚so' schlecht ? ! „Du hast was ???"

„Wollte nur sehen, wie du reagierst..." Er setzt einfach ein sinisteres Lächeln auf und antwortet... Entweder hat der ‚Kleine' Mut oder er weiß, was er sich herausnehmen darf...

Ich kann regelrecht den Stein hören, der gerade von Takerus Herzen fällt... ein tiefer, dumpfer Plumps... „Jag mir nie wieder soviel Angst ein... Verstanden ?"

Irgendwie ist diese Situation zu komisch... da hat der Kleine richtig gut geblufft und meinem blonden Engel regelrecht vorgeführt... Wahrscheinlich würde ich jetzt lauthals loslachen... doch... irgendwie hält mich etwas zurück...

„Okay... doch sollte ich dich warnen... meine Mutter hat irgendwo einige deiner ‚Versuche' versteckt... sie fand das einfach zu ‚niedlich'..."

Ist das nicht typisch ??? Genau so verhalten sich anscheinend alle Mütter... sie finden die lächerlichsten Sachen der Kinder und deren Freunde immer für ‚niedlich'... Wird mir das irgendwann auch einmal so gehen ?

Sekunde... was denke ich denn da gerade ? ... Jetzt ist's passiert, ich bin reif für die Klapse... wenn ich schon an so was denke, dann stimmt definitiv etwas nicht mit mir...

„Falls auch nur ein Blatt davon in Umlauf kommt... dann weißt du ja, was dir blüht..." Diesem Satz fügt mein Freund ein hinterhältiges Lächeln hinzu... Für mich ist ganz klar, dass er blufft... woher keine Ahnung...


Nachdem Tomoki ein paar Mal geschluckt hat, können wir endlich zum ‚Geschäft' kommen... zu unserem Projekt...

Dazu führt er uns in das Wohnzimmer, was ungefähr auf dem selben Standard wie bei Takeru ist. Und wie schon bei meinem Freund gefällt mir diese Einrichtung...

„Erstmal für Dumme... An welchem Thema wollen wir arbeiten ?"

Das ist ein wenig seltsam... Hat sein Lehrer ihn nicht informiert ? Wenn ich aber andererseits diese verrückte Planung bedenke, würde mich das nicht verwundern...

„Die Europäische Union war unser Vorschlag... Unklar waren wir uns, ob nun der geschichtliche Verlauf seit der Gründung oder vielleicht die derzeitige Situation behandeln sollten..."

Der Kleine wirkt geplättet... „Whoa... Da habt ihr euch ja etwas vorgenommen... Meint ihr wirklich, dass wir das schaffen können ?"

Daraufhin lächelt mein Freund einfach nur... „Da sehe ich wohl kaum ein Problem... Bei unseren Quellen dürften Informationen wohl kaum ein Problem sein..."

„Was für Quellen ?"

Wollen wir ??? Warum auch nicht... „Das... ist ein Geheimnis..."

Oh Mann... jetzt klinge ich fast schon wie Zellos... Na bravo, Mimi und ihre Animé…

"Kann's sein, dass du ein wenig zu viel Animé schaust ?"

Ich blicke daraufhin zu Takeru, er zu mir und wir zucken synchron mit den Achseln... „Na und ?"

Da kann unser Gastgeber einfach nur noch den Kopf schütteln... „Entschuldigt, dass ich überhaupt gefragt habe..."

Das war's... und schon wieder verfalle ich dem Lachen... und das bei meinem noch schmerzenden Zwerchfell...


So geht's auch noch die nächsten einandhalb Stunden weiter... irgendwie schaffe ich es doch noch, einen kleinen Einblick in die derzeitige Situation in der Europäischen Union zu geben...

„Eine Frage... woher weißt du das alles ?"

Was soll ich dazu schon sagen... „Das hat mit den Geschäften meines Stiefvaters zu tun... Da kriegt man schon einiges mit..."

Für einen Moment schaut mich mein Freund musternd an und beginnt sodann an zu grinsen... Anscheinend liebt er ebenfalls kleine Spielchen...

„Wieso habe ich das dumme Gefühl, dass das nicht alles ist ?"

Diese Frage klingt weniger, als ob er sie uns sondern eher sich selbst stellt... Er wird's schon früh genug rauskriegen... Nach wenigen Momenten schüttelt er den Kopf, als ob er ihn wieder klar bekommen wollte... und schaut auf die Uhr...

„Schon so spät ? Ich weiß zwar nicht, wann ihr wieder zuhause sein müsst... doch würde ich vorschlagen, ein weiteres Treffen für demnächst anzusetzen..."

Wie spät ist es eigentlich ? Ein Blick auf die Uhr verrät, dass es schon halb Sieben durch ist... eigentlich nicht gerade spät... doch müssen wir ja noch zurück via U-Bahn und noch irgendwo essen... dann dürfte es wirklich spät werden...

Mit einem Blick zu Takeru hole ich mir seine Erlaubnis, ein Angebot zu unterbreiten...

„Danke, dass du uns daran erinnerst... passt dir vielleicht Mittwoch oder Donnerstag ? Dazu könnte ich gerne meine Wohnung anbieten..."

Anscheinend möchte der Kleine sich vergewissern, ob Takeru damit einverstanden ist, zumindest schaut er musternd in dessen Richtung... Mein Freund lächelt einfach nur zurück...

„Mittwoch hört sich gut an... Nur kenn ich mich in Odaiba überhaupt nicht aus..."

Woher weiß er eigentlich... ach ja die Schule und Takeru... Frage geklärt...

„Am besten machen wir's ganz einfach..." Dabei kramt Takeru aus einer Tasche einen kleinen Fahrplan der U-Bahn heraus... was er nicht alles in den Taschen hat...

So sehr mich Takerus Wegbeschreibung interessiert... ach was soll's... ich kann Wegbeschreibungen einfach nicht ausstehen... meist schon am Anfang verliere ich den Faden und gen Schluss habe ich mich total verlaufen... Karten... Ob nun Landkarten oder Stadtpläne, sie nutzen mir überhaupt nichts... schon nach wenigen Blöcken weiß ich nicht mehr, wo ich bin...

Und ich hatte Recht, mich hat er schon früh verloren...

„... Da wärst du dann..."

Takerus kleiner Freund blinzelt einige Male... kein gutes Zeichen... „Ähh... kannst du das noch mal wiederholen... zum Mitschreiben ?"

Takeru schlägt sich literarisch gegen den Kopf... „Habe ich doch glatt vergessen... dein Orientierungssinn kann sich ja mit meinem Schreibtalent messen..."

„Hey !"

Anstelle einer Entschuldigung grinst mein Freund einfach nur... „Okay... machen wir's anders... Die Haltestelle weißt du ?"

„Soweit kam ich noch mit..."

„Okay... Du gehst einfach aus der U-Bahn-Station raus... keine Sorge, dieser hat derzeit nur einen begehbaren Ausgang... und wendest dich nach Rechts... dort siehst du in einiger Entfernung einen Gemischtwarenladen... keine Sorge, es gibt nur einen dort... gehe dort hin und warte dort... kurz nach 15.00 Uhr werden wir dich dort treffen... Ist das besser ?"

„Wesentlich... zum Glück habe ich mir dieses Mal alles Wesentliche aufgeschrieben..." Erst jetzt fällt mir der Block und der Stift bei dem Kleinen auf... woher er wohl beides so schnell hat ?

Kurz darauf schnappt sich mein Freund diesen Block und überprüft alles... „Noch immer diese Sauklaue... aber alles richtig..."

! „Takeru !!!"

Da war wohl mein blonder Engel ein wenig zu weit gegangen... oder auch nicht, als ich das sinistre Lächeln des Kleinen bemerke...

„Ich frage nachher meine Mutter mal, wo sie deine ‚Versuche' versteckt hat... ein paar Kopien dürften wohl angebracht sein..."

Ist das normal zwischen den beiden ? Sie kommen mir eher wie Brüder vor als wie Freunde...

Und nur wenige Sekunden später liegen sich beide wieder in den Armen... langsam wird mir das ein wenig zu... Ruhig, Rena... beruhige dich... Was ist denn bloß mit mir los ?


Ich weiß nicht, ich fühle mich irgendwie erleichtert, als wir endlich Tomoki nach einer relativ langen Verabschiedung verlassen... Das ist richtig seltsam...

„Rena... stimmt irgendwas nicht ?"

Eine gute Frage... „Ich weiß es nicht... Muss wahrscheinlich an diesem verrückten Tag liegen..."

„Vielleicht..."

Irgendwie verfangen sich wieder unsere Arme um des anderen Schulter... scheint schon ein richtiger Reflex geworden zu sein... Ich weiß noch nicht einmal, wie die Tasche mit dem Wecker in die andere Hand gelandet ist...

„Was machen wir nun ?" Eigentlich ist mir schon klar, wie die Antwort darauf lauten kann... entweder wir fahren jetzt zurück... oder wir gehen essen...

„Wollten wir nicht nach Hause ?"

Als Antwort kann ich nur leicht kichern... „Das schon... nur hast du etwas vergessen..."

Mein blonder Engel blickt mich fragend an... er scheint wohl nicht mehr zu wissen, was noch anlag...

„Dad wollte, dass wir noch essen gehen..." Dabei setzte ich mein breitestes Grinsen auf, was ich in meinem Repertoire finden kann...

„Ohh..." Schlagartig spüre ich eine mittelstarke Anspannung bei meinem Freund... Dieses scheint ihm leicht Unbehagen zu bereiten... und wenn ich's recht bedenke... mir wird nun auch leicht flau um die Magengegend... „Hatte... äh... ich total... vergessen... Wollen... wir wirklich ?"

Oh Mann... Muss er ausgerechnet diese Frage stellen ? Was soll ich denn schon darauf antworten... es ist verdammt schwer, passende Worte zu finden...


Reiß dich zusammen, Rena... Es ist doch nur ein Essen... nur ein Essen... ein gemeinsames Essen, nur wir zwei, ganz allein... Ob das Dad wohl geplant hat ? Anscheinend... er weiß nur zu gut, dass ich normalerweise nie fragen würde... nicht nach einem gemeinsamen Essen... ein Rendezvous... Ich denke mal, ich sollte ein paar Wörtchen mit ihm wechseln... wenn ich ihn wieder sehe...


„Rena ?"

Was ? Wie ? Wo ? ... Oh... bin ich wohl mal wieder in meinen Gedanken versunken... „Ja ?"

Wann haben wir eigentlich voneinander abgelassen ? Ich merke, wie mein Freund direkt vor mir steht und mich leicht nervös anblickt...

„Äh... ich weiß nicht... tja... ich würde gerne mit... dir essen gehen... aber nur, wenn du auch..." Während er sich für den ersten Teil richtig Zeit nimmt, schießt der letzte regelrecht wie ein Maschinengewehr aus seinem Mund heraus...

Ich weiß nicht, irgendwie - so verrückt es auch klingen mag - erregen mich seine Worte etwas... keine Ahnung warum...

„Natürlich... Natürlich würde ich gerne mit dir essen gehen..." Keine Ahnung... keine Ahnung, wie ich's schaffe, diese Worte so ruhig herauszukriegen, ohne ihm gleich um den Hals zu fallen...

Langsam mache ich mir selber Angst... Habe ich das wirklich gedacht ? ... Aber es fühlt sich so richtig an, so angenehm...

„... Du suchst das Restaurant aus... und Dad zahlt..."

Keine Ahnung... irgendwie musste ich diese Situation ein wenig auflockern... und nachdem wir beide anfangen zu kichern, scheint es mir auch gelungen zu sein...


Ohne vieler weiterer Worte begeben wir uns, mit dem Arm um des anderen Schulter, in Richtung U-Bahn-Station, wo wir in die passende Bahn Richtung Odaiba einsteigen...

Es ist schon irgendwie seltsam... wie kann man in solch überfüllten Bahnen überhaupt noch atmen ? Da gefiel mir die Métro in Paris um einiges besser... nicht so überfüllt...

Und doch hat dieses irgendwas... Takeru und ich werden gezwungen, eng aneinander zu rücken... Vielleicht sollten wir öfters um diese Zeit fahren... Aber nur vielleicht...


Kaum sind wir an der Odaiba'er U-Bahn-Station angekommen, zieht mein blondhaariger Partner mich regelrecht aus der Menschenmenge...

„Magst du italienisch ?"

Italienisch... Pasta und Pizza sind mein Ding... „Natürlich, wer mag das denn nicht ?"

Takeru grinst mir zu... „War nur eine Frage..." Da ist irgendwas... anscheinend kennt er jemanden... „Umso besser, dann woll'n wir mal..."

Wieder in der partnerischen Umarmung führt er mich leicht summend durch die Strassen...


... bis wir vor einem relativ kleinen Restaurant stehen... welches einen recht typischen Namen hat... „Luigis Pizzeria"... Dieses steht sogar in romanisierter Schreibweise auf dem Schild geschrieben... Japanisch steht nur an der Seite... „Italienische Spezialitäten"

„Der Laden macht zwar nicht allzu viel her... doch gibt's hier die besten Nudelgerichte und Pizzas..."

Wer weiß... zwar hat mir das Restaurant, was Sora mir letzte Woche gezeigt hat, auch sehr gut gefallen... doch... mal seh'n...


Wie's sich für ein Gentleman gehört, führt mein Freund mich ins Restaurant und hilft mir aus meiner Sommerjacke... zwar komme ich mir irgendwie unbeholfen dabei vor... doch zählt am Ende nur der Gedanke... er will gerne Gentleman sein, dann spiele ich halt mit... Danach führt er mich zu einem recht abgelegenen, freien Tisch, wo er mir sogar beim Hinsetzen behilflich ist... vielleicht schießt er ein wenig übers Ziel hinaus...

Ich will mich gerade meinem sich hinsetzenden Freund zuwenden, da sticht mir etwas ins Auge... regelrecht am anderen Ende des Restaurants sitzt eine mir recht bekannte orangehaarige Frisur entgegen... und ein Riesenschopf neben der ersteren... Könnten das Sora und... nein nicht Yamato... sondern... Taichi, genau Taichi, sein ?

Ich höre ein leichtes keuchen von mir gegenüber… und als ich in die Richtung blicke, bemerke ich, dass Takeru anscheinend meinen Blick gefolgt ist und jetzt leicht erschrocken dreinblickt… erschrocken ist vielleicht nicht das richtige Wort, doch fällt mir derzeit kein passenderes ein…

„Das war wohl nicht beabsichtigt... oder ?"

Mein blonder Engel schüttelt leicht den Kopf... „Nicht wirklich... Ich frage mich sowieso, was Sora und Taichi hier machen..."

Keine Ahnung... vielleicht sollte ich mal wieder ein wenig auf meine Intuition vertrauen... und blicke erneut in die Richtung der beiden... Für einen Moment spüre ich gar nichts... doch dann kommt's wie ein Hammerschlag... eine wütende, trauernde Aura... ausgehend von Sora...

„Ich weiß es auch nicht... doch scheint das kein normales Essen zu sein..."

Mein Freund blickt mich leicht fragend an... „Wie meinst du das ? ... Zwar fühlt sich irgendwas nicht richtig an..."

„Sora ist alles andere als glücklich und gelassen... ich verspüre Wut und Trauer aus ihrer Richtung..."

Jetzt blinzelt Takeru einige Male... „Wie meinst du das ?"

Ich blicke erneut zu den beiden und antworte dann mit einem Grinsen... „Es ist von Vorteil, wenn man leichte intuitive Fähigkeiten besitzt... doch wenn du diesen nicht vertraust... dann schau doch jetzt noch mal..."

Dieser Aufforderung kommt Takeru nach und sieht wahrscheinlich dasselbe wie ich... Sora hat ihren Kopf mit der Stirn auf Taichis Schulter gelegt, während Taichi anscheinend beruhigend auf sie einredet und ihr leicht mit den Armen auf den Rücken tatscht... Diese Szene kenne ich nur zu gut... So tröstete Dad mich immer, wenn ich nach einem Alptraum aufgewacht war und diesen nicht mehr vergessen konnte...

Aus Takerus Richtung erreicht mich ein Seufzer... „Wieso überrascht's mich nicht ?"

Sekunde... hat er genau das gesagt, was ich verstanden habe ? ... „Sekunde... wie meinst ‚du' denn das ?"

Erneut vernehme ich einen Stoßseufzer... „Dieses Mal hat er alles abgeschossen..."

Er ??? Mal nachdenken... ach ja... Yamato... Langsam fügt sich alles zu einem Bild zusammen... „Was hat dein Bruder angestellt ?"

Takeru schaut leicht gereizt in meine Richtung... auch wenn dieses nicht in meine Richtung gerichtet ist...

„Mein Bruder hat einen Vertrag in Amerika angenommen... ohne unsere Meinung einzuholen... Nur unser Vater wusste vorher bescheid..."

Ich weiß einfach nicht, was ich dazu sagen soll... doch etwas irritiert mich ein wenig... wieso wirkt Takeru nicht aufgebrauster ?

„... Wäre das unserm Vater nicht zufälligerweise letzte Woche Sonntag bei uns herausgerutscht... dann wüssten wir's noch immer nicht."

Jetzt wird mir alles klar... wieso Sora in der letzten Woche so entnervt war, wieso Taichi wie auf dem Kriegspfad wirkte... und wieso Dad Yamatos Namen kennt...

Da kommen aber neue Fragen auf... „Wie lange wussten die beiden das schon ?"

„Gute... drei Monate..." Ich spüre, wie Takeru selbst langsam traurig wird und seine Stimme bricht... Yamato hat hierbei wirklich ganze Arbeit geleistet...

Es hilft nichts... ich weiß nur zu gut, was ich unternehmen muss... Ich rücke mit meinem Stuhl neben ihn und fange an, ihn so zu trösten, wie Taichi es mit Sora eben getan hat...


Keine Ahnung, wie lange wir so beisammen sind... doch werden wir von einem Kellner jäh unterbrochen... Glücklicherweise hat Takeru sich ein wenig gefangen... auch wenn nicht genug, um klare Gedanken zu fassen...

Da ich keine Lust verspüre, großartig aus der Speisekarte zu suchen, bestelle ich einfach eine Portion Cannelloni und eine Lasagne mitsamt Softdrinks... Zwar gehört Wein zu einem guten italienischen Essen... doch sind wir hier in Japan... vorm 20. Lebensjahr brauche ich gar nicht erst zu fragen...

Aber wieso beschäftige ich mich gerade damit ? Gibt's nichts wichtigeres ? Wie zum Beispiel mein Freund hier ?


Langsam, aber stetig, fühle ich, wie Takeru sich mehr und mehr beruhigt... Es vergehen noch gute fünf Minuten, in denen ich ihn noch immer tröste... Wie lange hat er all diese Gefühle nur so aufgestaut ?

„Besser ?"

Es bedarf nur eines Nickens, um die Antwort zu verstehen...


Die nächsten Minuten vergehen in stiller Zweisamkeit... ein Blick zu den anderen Beiden verrät mir, dass dort anscheinend dasselbe abläuft wie hier... doch soll's mich für heute nicht weiter tangieren...

Dafür tangiert mich viel mehr der Kellner, der ein Tablett mitsamt unserem Essen bringt...

Nach wir uns endlich einig werden, wer von uns was essen will, können wir auch damit beginnen... anfangs recht ruhig...

Doch mit der Zeit lichtet sich die Stimmung und wir fangen an, ein wenig Smalltalk zu betreiben... keine Ahnung, worüber wir gerade reden... irgendwie entschwinden die Worte dorthin, woher sie stammen... Viel wichtiger sind seine azurblauen Augen, die mich ansehen, als ob... als ob was... ich finde einfach keine Worte dafür... für diese wunderschönen blauen Augen...

Wie schon mehrmals zuvor verfalle ich ihnen... mit Haut und Haar...


Als ich wieder zu Sinnen komme, sehe ich eine Gabel vor mir... mit einem Stück Lasagne...

Ich blinzele einige Male, bevor sich langsam der Schleier, der sich über mich gelegt hat, lichtet... „Willst du probieren ?"

Eigentlich würde ich so was nie machen... doch... ich kann einfach nicht anders... ich muss einfach auf sein Angebot eingehen... alles andere wäre ein Sakrileg...

Langsam öffne ich meinen Mund... es ist schließlich ein Spiel... und genauso langsam führt mein Freund mir seine Gabel zu mir... In diesem Tempo verbleibend, schließe ich den Mund, woraufhin Takeru das Spiel weiterführt und ganz behände die Gabel herauszieht...

Die Lasagne ist ein Traum... auch wenn der Geschmack wahrscheinlich nur eine untergeordnete Rolle hierbei spielt... Eigentlich für mich unüblich lasse ich sie ganz langsam auf meiner Zunge zergehen...

Jetzt ist's an der Zeit, den Spieß umzudrehen... Ich schneide ein Stück einer Cannelloni-Rolle ab und imitiere Takerus Aktion... „Jetzt bist du dran..."


Wer weiß... wir hätten wahrscheinlich das Spielchen bis in alle Ewigkeit weitergespielt... wäre uns nicht das Essen ausgegangen... Man muss halt aufhören, wenn's am schönsten ist...

„Weißt du was ?"

Mein blondhaariger Freund blickt mich leicht irritiert an... „Was ?"

Ich kichere für einen Moment... „Das hat Spaß gemacht..."

Jetzt ist's an Takeru, leicht zu kichern... leicht ist wahrscheinlich untertrieben... „Das hat's... sollten wir vielleicht noch mal machen..."

Takeru hat einen Punkt... einen dicken, fetten... „Bestimmt..." Daraufhin lächele ich einfach nur...

„Wo wir gerade bei gemeinsamen Unternehmungen sind..." Ich bin ganz Ohr... „Hast du zufällig Samstag Abend Zeit ?"

Bestimmt... „Bisher liegt noch nichts an... wieso fragst du ?"

Mein Freund spannt sich wieder leicht an... und wirkt erneut leicht verlegen...

„Ich bin zu einem Konzert eingeladen... und habe nicht das Bedürfnis, alleine hinzugehen..."

Was für ein Konzert ? ... Ich Trottel... ein Konzert seines Bruders... wahrscheinlich eine Art Abschlusskonzert...

„Natürlich gehe ich mit dir dort hin..."

Erneut höre ich einen Plumps... ein weiterer Stein, der von seiner Brust abfällt... und sein Gesicht ist von Verzückung gezeichnet... Wer weiß, wie ich reagieren würde, wenn ich Takeru zu etwas eingeladen hätte... und er hätte zugesagt... wahrscheinlich genauso...

Aus irgendeinem Grund verfangen sich erneut unsere Augen... Langsam wird's zur Gewohnheit...


Wer weiß, wie lange wir beide hier so starrend verbracht haben... nach einem Blick auf die Uhr wird mir jedoch leicht anders... es ist schon nach 21.00h... Wir sollten wohl langsam los...

Mit einer Handbewegung rufe ich nach dem Kellner, der sodann mit der Rechnung erscheint... Über den genauen Betrag mache ich mir keinen Kopf und hole den Schein hervor, den Dad mir vorhin gereicht hat. Da springt sogar noch ein nettes Trinkgeld für ihn raus... und doch erhalte ich noch einen recht beachtliches Rückgeld...

Beim Weg nach draußen fällt mir auf, dass nichts mehr von Taichi oder Sora zu sehen ist... wahrscheinlich sind sie schon früher gegangen...

Mit der Tasche in der einen Hand und um Takerus Rücken die andere, entschwinden wir langsam Richtung Heimat... Der Fußmarsch bis zu meiner Wohnung vergeht mal wieder in stiller Zweisamkeit, einfach nur angenehm...


Als ich dir Tür aufschließe, bemerke ich, dass keine Bewegung zu vernehmen ist... und da meine Eltern eigentlich um diese Zeit noch recht aktiv sind, nehme ich an, dass sie wohl noch nicht zurück sind...

„Dann... sehen wir uns morgen ?"

Tja... es ist mal wieder so weit... der Abschied naht... „Worauf du wetten kannst..."

Dafür ernte ich ein richtig süßes Lächeln... welchem ich nur mein bestes erwidern kann...

Und erneut zieht mich etwas in seine Richtung... keine Ahnung was... doch fällt's mir erst auf, als ich nur noch wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt bin... Und dann doch... nichts kann mich mehr zurückhalten... gar nichts... und nicht, dass ich wollte...

Sterne... der Himmel hat so viele, wunderhübsche Sterne... und einer muss derzeit wie eine Sonne strahlen... so wie ich mich derzeit fühle...


Wir werden erst durch ein Husten... beziehungsweise durch zwei... auseinandergerissen...

Als wir uns umdrehen, sehen wir zwei diabolisch grinsende Digimonpartner, die heute auf dem Hundeplatz schlafen werden... oder auch nicht...

„Takeru... ich glaube, wir sollten wohl langsam heim gehen... deine Mutter wartet bestimmt schon auf uns..."

Mein blonder Engel kann nur noch einen Stoßseufzer ablassen... „Hast ja Recht.... Wir seh'n uns, Rena, Veemon ?"

„Natürlich... morgen früh, gleiche Stelle, gleiche Welle..." Was soll ich denn sonst antworten ?

„Bis morgen..."

Patamon will gerade auf seinen Stammplatz fliegen, da schüttelt Takeru seinen Kopf... „Heute wirst du laufen, mein Freund..."

Tja... Rache kommt in kleinen Tüten... nicht wahr, Veemon ?

„Vee... liegt dir etwas an deinem Leben ?"

Den Blick, den ich ernte, ist einfach zu niedlich... „Ja..."

„Gut... dann lauf..."

Und er nimmt mich wörtlich... sehr wörtlich...


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Zwischenspiel – Résumé


Ich spiele das Spiel noch für eine gute halbe Stunde, in der ich fast schon nebenbei den neuen Wecker stelle und mich für die Nacht fertig mache. Fast schon zu höflich fragt mein blauer Freund, ob's dann wieder sicher für ihn ist... Ich lasse ihn noch ein paar Sekunden schwitzen, bevor ich ihn sinister anlächle... Danach muss ich ihn noch ein wenig über den heutigen Tag einweihen, wobei ich nach einigen Stellen meiner Geschichte ein süßes Lächeln seinerseits bemerke...

Darauf ist's an der Zeit, schlafen zu gehen...

Kapitel 32 – Der einsame Wolf


Musik... Rockmusik... Was ist denn hier los ?

Ach ja... der neue Wecker... wenigstens nicht mehr dieses grelle Piepen...

„Das waren die Teenage Wolves mit ihrem letzten großen Erfolg... Wo wir gerade bei den Teenage Wolves sind... Gerüchten zufolge werden sie am Samstag ihr letztes gemeinsames Konzert geben..." Nicht nur Gerüchten zufolge... „Wenn das stimmen sollte, dürfte das für viele Teenager ein bitteres Wochenende werden..." Oh Mann, ich bezweifle, dass Yamato hierbei an seine Groupies denkt... „Lassen wir uns einfach überraschen... Und nun für die trauernden Fans noch einen etwas älteren Hit dieser Gruppe... die gecoverte Version von ‚All Star'..."

‚All Star'... Ich kenne das Lied... zumindest im Original. Ironischerweise war das Lied damals unsere Mannschaftshymne...

Es hilft nichts... ich muss raus...


Ohne Veemon zu wecken - Wie schafft der Kleine das bloß ? Ich könnte das nicht... - entsteige ich dem Bett und verschwinde in Richtung Bad...

Die eigentliche Morgentoilette vergeht ohne größere Zwischenfälle... wenn ich mal davon absehe, dass ich eine neue Zahnbürste brauchen könnte... Aber das ist nur eine Kleinigkeit...

Kaum betrete ich erneut mein Zimmer, sehe ich Veemon auf meinem Bett schlaftrunken sitzend... Irgendwie sieht er so richtig niedlich aus... Aber auch egal... ich hole meine Sklavenklamotten aus dem Schrank und bekleide mich vollends... Wenn ich da noch bedenke, dass es sogar einige gibt, die sich so was freiwillig antun... Nee, daran will ich gar nicht erst denken...

„Morgen... Was hat es eigentlich mit diesen ulkigen Klamotten auf sich ? Sie stehen dir irgendwie überhaupt nicht..."

Er kann wohl Gedanken lesen...

„Dem stimme ich dir zu... ich würde auch lieber was anderes tragen... doch das erzähl mal den Lehrern..."

Mein kleiner blauer Freund kann nur noch seinen Kopf schütteln...

„Kann in dieser Welt nicht zur Abwechslung etwas einfach sein ?"

„Ich glaube nicht... Aber was soll's... wir sollten wohl lieber frühstücken gehen..."

Das brauche ich ihm nicht zweimal zu sagen... blitzschnell schüttelt er seine übrige Müdigkeit ab und tritt an meine Seite...


„Guten Morgen..." So ertönt's, als Veemon und ich das Esszimmer betreten. Meine Eltern scheinen regelrecht guter Laune zu sein... Irgendwas ist hier im Busch... Das gibt mir natürlich einen gewissen Rückhalt, wenn sie mir unangenehme Fragen stellen sollten.

„Guten Morgen." Ich versuche mal, so zu tun, als ob nichts vorgefallen wäre...

„So, wie war der Nachmittag in Kawada ?"

Manchmal frage ich mich wirklich, wieso Mutter manchmal so undiplomatisch sein kann...

„Wir waren nicht zum Vergnügen dort, es war für die Schule..." Ich versuche, meine anschwellende Röte mit dem Schmieren eines Brötchens zu verbergen.

„Für die Schule..." Dabei zwinkert sie mir verdächtig zu... Es gibt Tage, da frage ich mich, ob sie wirklich meine Mutter ist... so wie jetzt...

„Für die Schule !" Dem füge ich einen Blick hinzu, der klarmacht, dass ich nicht mehr darüber reden möchte...

„Siehst du Liebes ? Ich hatte doch gesagt, dass es für die Schule war..."

Dafür erntet Dad einen finsteren Blick... den ich nur zu gut kenne... Egal, wie sehr Mom vorgibt, auf Dad wütend zu sein... dieser Blick ist das Einzige, was in diesen Fällen wirklich dabei rumkommt... Kurz darauf setzt Dad den treuen Hundeblick auf... seine Spezialität in dieser Sache... Mom mag er zwar täuschen können... mich aber nicht...

Das hat aber auch einen gewissen Vorteil... wenigstens kommt die Beziehung zwischen Takeru und mir nicht zur Diskussion...

Ich nutze die Zeit lieber, mir meine Brötchen für die Pause zu schmieren... und mir etwas hinter die Kiemen zu schieben... ungefähr genauso wie mein blauweißer Partner neben mir...

Und anscheinend hat das das Interesse meiner Eltern geweckt... Sie schauen erst mich, dann Veemon und danach wieder mich an... und schütteln ungläubig den Kopf... Wer weiß, was die gerade denken...


Das restliche Frühstück vergeht glücklicherweise ohne Zwischenfälle... wenn man mal wieder von Moms Opfer an den Klogott absieht... Wenn ich's so recht bedenke... ist das eigentlich gar kein Zwischenfall mehr... viel mehr alltägliche Routine...

Es hilft aber nichts... als die Türklingel läutet, ist für mich das Frühstück zuende... seltsam daran ist lediglich, dass, falls es Takeru ist, er einige Minuten zu früh hier ist... Aber ganz ehrlich... das stört mich nicht mal die Bohne... Bei der Wahl zwischen einem zu frühen Takeru und dem Frühstück... gewinnt Takeru haushoch...

Und wie erwartet, steht mein blonder Freund vor der Haustür... breit grinsend... auf seinem Kopf trägt er seine berühmte Patamon-Mütze...

„Guten Morgen... Du bist heute aber früh..."

Dafür ernte ich ein breites Lächeln... „Auch dir erstmal einen guten Morgen... Ich weiß, dass ich früh bin, doch wollte Yama noch mit mir vor der Schule reden... und..."

Ich kann mir gut vorstellen, was er sich gedacht hat... trotz allem nagt seine vergangene Depression noch immer an ihm... wen verwundert's ? Mich nicht...

„Kein Problem meinerseits..." Ich blicke zu Takerus Partner, dem geflügelten Hamster – ich weiß, das war gemein... „Und Patamon... wenn du Hunger hast, da ist bestimmt noch etwas Frühstück im Esszimmer für dich übrig..."

Das brauche ich ihm nicht zweimal zu sagen... geschwind entschwindet er von seinem bequemen Sitzplatz in Richtung Essen...

„Manchmal verstehe ich ihn nicht... er hatte doch eben gerade erst ein Frühstück bei mir..."

Daraufhin kann ich nur mit den Achseln zucken... „Wer weiß... wahrscheinlich haben Digimon einen recht schnellen Metabolismus..."

Mein blonder Engel kichert leicht... „Wahrscheinlich..."

Ich schnappe meine Siebensachen mit einem Arm und Takeru mit dem anderen... und ich lasse mich von ihm leiten...


Unser Weg führt uns in Richtung Schule, doch bleiben wir am Eingang stehen...

„Das ist mal wieder typisch... erst ruft er mich so früh an, und dann ist er nicht mal pünktlich..."

Zwischen den beiden Brüdern scheint's derzeit wohl wirklich nicht ganz zu funken... jedoch kann ich mir dieses nur schwerlich vorstellen... ich bin schließlich noch Einzelkind... doch eins ist sicher, Takeru kann meine Unterstützung derzeit nur zu gut gebrauchen... und die gebe ich ihm... wenn auch nicht ganz uneigennützig...

Ich will gerade meinem Freund irgendwas entgegnen... keine Ahnung was... da kommt eine Figur auf uns zugerannt... Und es bedarf keine 273,58 Versuche, um zu erraten wer...

Man merkt regelrecht, dass er von meiner Anwesenheit nicht gerade begeistert ist... doch dem ist nicht zu helfen... ich richte mich nach Takeru, und der hält regelrecht meine Hand wie der letzte Halt an einer Klippe... Nein, Takeru will, dass ich ihm zur Seite stehe... und genau das ist's, was ich tun werde... ihm zur Seite stehen...

„Takeru... ich hatte gehofft... dass wir unter vier Augen reden könnten..."

Ich kapiere es nicht... wieso sagt er nicht gleich, dass ich aus seiner Sicht unerwünscht bin ? Ich hasse es, wenn ich aus diese Art behandelt werde...

„Nein, Yamato... Ich... ich habe keine Geheimnisse vor S... Rena..."

Takerus Bruder blinzelt einige Male... und gibt seufzend auf...

„Du sollst deinen Weg haben..." Ich bemerke, wie er mühsam nach den passenden Worten ringt... „Ich habe eine Bitte an dich..."

Jetzt kommt's... wieso habe ich so ein dummes Gefühl, dass diese Bitte irgendwas mit Sora zu tun hat ? Meine Vorahnung schlägt mal wieder zu...

„Um was geht's ? Mach's bitte schnell, ich will nicht zu spät zum Unterricht erscheinen..." Seine Stimme hat etwas ernsthaftes an sich...

Außerdem haben haben wir eigentlich noch genügend Zeit... doch... geht's wohl weniger darum... Takeru will's einfach hinter sich bringen...

Yamato wirkt von diesem Kommentar und dem Ton wohl etwas geschockt... jedoch fängt er sich relativ schnell wieder...

„Könntest du bitte... mit Sora... reden... sie geht mir einfach nur noch aus dem Weg..."

Was hat der I... nein, beruhige dich Rena... Aber im Ernst, was hat er denn erwartet ? Dass Sora einfach dankend sich vor ihm verbeugt ?

„Das werde ich nicht ! Das ist etwas, was du selbst erledigen musst..."

„Aber Takeru... sie redet nicht mehr mit mir... doch du..."

Ich spüre, wie Takeru sich anspannt, und meine Hand extrem dabei belastet... Gleich wird mein blonder Engel anscheinend explodieren...

„Yamato ! Dieses hast du dir selbst eingebrockt... ich werde nicht Soras Zorn entfachen, damit du den leichten Weg einschlagen kannst... Das ist etwas, das solltest du mit ihr selbst klären..."

Yamato versucht ihn zu unterbrechen... „Aber..."

„Kein ‚Aber'... Du kannst nicht einfach erwarten, dass sie alles ignoriert... Sie hat Gefühle wie jeder andere... und du hast diese einfach mit deiner Entscheidung verletzt... Finde einen anderen Weg, um mit ihr ins Reine zu kommen... suche jemanden, der dir helfen kann und will... Ich will nicht... Verdammt, wie konntest du glauben, dass sie dir noch vertrauen kann, nachdem du eine solche Entscheidung einfach über ihren Kopf hinweg gefällt hast ?! Ich weiß ja selbst nicht mehr... ob ich dir noch vertrauen kann..."

Erneut spüre ich diese Welle an aufgestauten Emotionen... genauso wie an dem Tag im Park, als er die Brillenschlange arm aussehen ließ...

„Aber Takeru..."

Er kapiert es einfach nicht... „Yamato... es wäre besser, wenn du Takeru jetzt in Ruhe ließest... Denk lieber mal darüber nach, was dir dein Bruder gerade erzählt hat..." Dem füge ich einen Blick hinzu, der selbst Leoparden sich in die Ecke verkriechen lassen würde...

Und anscheinend hat dieser auch Erfolg... Yamato lässt seinen Kopf niedergeschlagen fallen und entschwindet langsam in die Schule... Ich wünschte, ich hätte es nicht getan... aber andererseits... es ist wohl für Takeru das Beste...


Kaum hat Takerus Bruder uns verlassen, dreht sich mein blonder Engel zu mir... dabei fallen mir ein paar Tränen auf, die langsam sein Gesicht herabgleiten... Wie Dad mich damals umarme ich meinen blonden Freund und lasse ihn an meiner Schulter ausweinen... Das muss einfach zu viel für ihn gewesen sein...


Glücklicherweise erholt er sich rechtzeitig vor dem Unterricht, und wir können uns der Geschichts-Politik-Kombo widmen... Während des ganzen Unterrichts bei unserem Geschichtslehrer ernten wir von ihm zustimmende Blicke... und einen, der uns anzeigt, dass er nach dem Unterricht mit uns reden möchte... Der Rest der Geschichtsstunde vergeht sodann wie im Flug...

Kaum ertönt die Schulglocke, um das Ende der ersten Stunde bekannt zu geben, bittet der Lehrer uns, mit ihm vor den Klassenraum zu gehen...

„Ich hoffe, es gibt keine Probleme mit dem Projekt..."

Dem entgegnen wir beide mit einem Lächeln... „Keine Probleme, wir bleiben bei dem Projekt..."

Man merkt regelrecht, wie unserm Lehrer ein Stein vom Herzen plumpst... „Das klingt sehr gut... ich denke mal, ihr braucht keine weiteren Informationen mehr ?"

Da kann ich mir ein Kichern nicht mehr verkneifen...

„Sagen wir's mal so... Tomoki und ich kennen uns schon von früher..."

Der Blick unseres Lehrers spricht wahre Bände...

Leider kann man sowas nie lange genug genießen... als unser Politik-Lehrer auftaucht, endet unser ‚Gespräch'...


Die restlichen Vormittagsstunden vergehen beinahe wie im Fluge... Das Beste war jedoch, als unser Lieblingsfreund, die Brillenschlange, dasselbe wie ich gestern zu durchleben hatte... Oh Mann, der hat sich einen abgebrochen... selbst unsere Lehrerin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen... Den Kredit, den sie mir wegen meiner Kanji-Schwäche gegeben hat, wird sie wohl bei unserem ‚besten Freund' wohl nicht gewähren... Aber selbst das Gesicht meiner ‚liebsten Freundin', die H-Schlampe, ist Platin wert... Gold wäre eine Untertreibung bester Güte... Ich denke mal, sie hat sich in ihrem ganzen Leben noch nie so für jemanden geschämt...

Manchmal liebe ich Admiral Murphy... Das Gesetz der Gemeinheit gilt nicht nur für mich... sondern auch für andere...


Mittagspause... was gibt's schöneres, als mit einem guten Freund diese freie Zeit zu verbringen ? Vielleicht noch mit ein oder zwei Brötchen... aber viel mehr mit seiner Anwesenheit ?

Wir sind gerade auf dem Weg in den Speisesaal, um genau zu sein, zu dem Stammtisch... da fällt mir die Abwesenheit der meisten von den Anderen auf... lediglich ein besorgter Ken wartet dort auf uns...

„Takeru..."

Es bedarf keines Hellsehers, um festzustellen, dass irgendwas im Busch ist...

„Was ist los ?"

Genauso leicht spürt man die Sorge in Takerus Worten...

„Es geht um Sora... und..."

Wie aus einem Mund antworten wir gemeinsam... „Yamato..."

Takeru stellt dann noch die eigentliche Frage... „Wo..."

„Bei den Bäumen... die anderen versuchen, Sora vor einem Mord abzuhalten..."

So ernst ist die Lage ? ... Irgendwie verwundert mich das nicht... Sie muss eine Menge seitdem aufgestaut haben... und da sie ihm bisher bestmöglich aus dem Weg ging, dürfte das eigentlich nicht mehr überraschen...

„Ich hätte es wissen müssen... Verdammt !"

Schlagartig spannt sich Ken an... es ist fast so, als ob ihm eine schlimme Erinnerung hochgekommen wäre... Es dauert einige Momente, bis mir auffällt, dass Takeru los gerannt ist...

„Was..."

„Rena, bitte halte Takeru auf... er ist nicht er selbst... Ich... ich hätte es lieber... nicht erwähnen sollen..."

Wie meint er den ersten Part ? Ich denke, ich sollte wohl mal ein paar Worte mit ihm wechseln, wenn die ganze Chose vorbei ist... „Ich denke, wir sollten irgendwann mal miteinander reden..."

Ohne auf eine Antwort zu warten, eile ich meinem blonden Freund hinterher... dabei ist es mir egal, wie viel Aufregung das stiftet... Takeru ist mir wichtiger als alle Aufregung der Welt... viel wichtiger...


Es dauert nur einige Minuten, bis ich ihn eingeholt habe... noch rechtzeitig, bevor er im Schulhof die Bäume erreicht... es war ja auch nicht schwer, sein Ziel zu erraten... es gibt nur einen Ort in der Schule, wo Bäume stehen...

„Takeru..."

Keine Reaktion... er marschiert unentwegt weiter... Ich muss anscheinend stärkere Geschütze auffahren...

Alle Kraft zusammenreißend halte ich ihn fest und drehe ihn zu mir... Als erstes fallen mir seine Augen auf... diesen Blick hatte ich schon einmal gesehen... als dieser Dämon... dieser Devimon erschienen ist... Diesem Blick stand zu halten, fällt mir höllisch schwer... aber ich versuche mein Bestes... ich muss ihm schließlich helfen...

Es dauert jedoch nicht lange, bis sich Verwirrung in seinen Augen widerspiegelt... und Scham... Anscheinend ist für ihn heute Montag... ein Tag, an dem er wohl lieber im Bett geblieben wäre...

„Rena..."

Bevor er irgendwas sagt, was uns beiden wohl nicht gefallen dürfte, unterbreche ich ihn... „Ganz ruhig... es ist ja nichts passiert..." ...und nehme ihn in meine Arme... anscheinend meine Lieblingsgeste heute...

Es vergehen einige Minuten, bis Takeru sich wieder beruhigt hat... doch diese Zeit musste sein, egal was um uns herum geschieht... Er war einfach nicht in der Verfassung, um ihn einfach auf die Streithähne loszulassen...

Langsam formt sich in meinem Kopf noch ein weiterer Verdacht, was meinem Freund angeht... ich kenne diese Art der Reaktionen nur zu gut... litt ja selbst eine Zeit lang darunter... nur hatte ich andere Auslöser als Takeru...


Ihm regelrecht Halt gebend, führe ich meinem Freund zum Ort des Geschehens... Es ähnelt leicht einem Schlachtfeld... Sora wird von Taichi an einem Baum festgenagelt, während er auf sie einredet... Sie wirkt den Tränen sehr nahe... doch zeichnet sich ein Funken Wut in ihrem Gesicht ab...

Auf der anderen Seite hält sich Takerus Bruder die Arme schützend vor die Magengegend und ein roter Striemen verläuft quer über sein Gesicht... Sora muss regelrecht explodiert sein, wenn sie solche Spuren hinterlässt... An seiner Seite stehen sowohl Koushiro als auch Miyako, die Yamatos Wunden inspiziert...

Es bedarf keines Hellsehers, um zu erkennen, dass wir für ein Einschreiten zu spät erschienen sind... doch vielleicht ist's so auch besser... für alle Beteiligten...

Als Miyako mich erblickt, sieht man regelrecht, wie sie sich irgendwas auf der Zunge zurechtlegt... doch scheint alles zu verfliegen, als sie Takerus Verfassung erkennt...

Eins ist sicher... die derzeitige Situation ist auf die Dauer nicht haltbar... nicht einmal für alle Beteiligten von Nutzen... es wird Zeit, dass hier jemand ein wenig eingreift... Und wie auf Stichwort führt Taichi Sora vom Schauplatz... keine Ahnung wohin... Bevor er jedoch mit ihr ins Gebäude zurückkehrt, dreht er sich nochmals zu Yamato und schüttelt den Kopf... Für einen Laien mag das wie eine sinnlose Geste wirken... doch für mich... ist in dieser Geste viel mehr zu erkennen... So etwas wie... „Diesmal hast du's wirklich verbockt' oder etwas ähnliches... Danach entschwinden sie beide...


Ich denke, das ist der beste Zeitpunkt, um ein Aussprechen zwischen Takeru und seinem Bruder zu veranlassen... Beide sind für einen richtigen Streit einfach nicht in der Verfassung... der perfekte Augenblick...

Aber eins ist sicher... das ist etwas, was die beiden unter sich klären müssen... ohne Babysitter und ohne Zaungäste... Mit einem alles sagenden Blick deute ich den beiden anderen hier verbliebenen, dass sie uns alleine lassen möchten... und wie gewünscht, verlässt ohne vieler Worte Koushiro die Kampfarena... Miyako dagegen ist eine härtere Nuss... doch nachdem Ken einige Momente später auftaucht und sie mit einem ernsthaften Blick zurechtweist, verlässt sie uns ebenfalls...

Schlussendlich verbleiben nur noch Yamato, Takeru und ich...

„Takeru, Yamato... ich denke, ihr habt wohl einiges zu bereden..."

Dass sie Brüder sind, das wird mir schlagartig klar, als beide mir einen Blick zuwerfen nach dem Motto „Bitte nicht...". Sie haben mehr gemein, als man sonst bei Scheidungskindern kennt...

Es ist schon schwer, nicht loszuprusten oder zu grinsen... Die Situation bedarf keines solchen Malheurs – nein, ich muss ernst bleiben... für beide...

„Wollt ihr einfach alles aufgeben, was euch als Brüder verbindet ? Ist eure Sturheit, euer Stolz das wirklich wert ? Auch wenn Fehler begangen wurden, das Band als Geschwister, als Brüder, sollte so etwas überstehen... ihr habt doch schon etliches überstanden, wieso das nicht ?..." Ich weiß, dass ich pokere, hoffentlich wissen sie das nicht... „... Wenn ihr es nicht jetzt klärt, wann wollt ihr das dann ? Die Zeit rennt gegen euch, nicht für euch..."

Ich füge eine dramatische Pause hinzu... und betrachte die Reaktion auf den Gesichtern der Brüder... Sie sind voller Wut... nicht gegeneinander, auch nicht gegen mich... nein, gegen sich selbst... Anscheinend waren es die richtigen Worte...

„... Falls ihr mich braucht, ich bleibe in Sichtweite..."

Mit diesen Worten lasse ich sie beide allein und begebe mich in die Nähe des Eingangs...


Keine Ahnung... irgendwie bin ich neugierig... doch mein Verstand sagt mir eindeutig, dass es dumm wäre, zu versuchen, sie zu belauschen... deren Beziehung ist schon gespannt genug... und außerdem möchte ich nichts riskieren, was meine ‚Beziehung' zu Takeru gefährden könnte... Nein, so ist's besser...

„Na , Rena ? Spielst du Schlichter ?"

Als ich mich umdrehe, bemerke ich ‚meinen Cousin', der mich mit relativ ernstem Gesicht anblickt...

„So ungefähr... Ich konnte einfach nicht zusehen, wie die beiden Brüder so auseinanderbrechen... Was ich heute Morgen miterlebt habe, reicht mir..."

Koushiro blinzelt mich daraufhin irritiert an... „Wie ‚heute Morgen'..."

„Heute Morgen kamen sich die beiden schon einmal ins Gehege... Takeru sollte zwischen Yamato und Sora vermitteln... doch Takeru... wie soll ich's ausdrücken... erteilte ihm mit harschen Worten eine Abfuhr..."

Meinem ‚Cousin' entfleucht ein Seufzer... „Irgendwie geht wohl in der letzten Zeit einiges Schief... erst die Sache mit dem Pärchen, dann unsere Niederlagen in der Digiwelt und jetzt die ganze Sache mit Yamato... Warum..."

„Kennst du einen Admiral Murphy ?"

Koushiro denkt für einige Momente nach... „Ich habe irgendwann einmal etwas über einen solchen Admiral gelesen... doch weiß ich jetzt nicht, worauf du hinaus willst..."

Dem kann ich nur sinister grinsend entgegnen... „Von ihm stammt das Gesetz der Gemeinheit... Wenn etwas schief geht, dann geht's richtig schief..."

„Das Gesetz der Gemeinheit also... ja, das könnte hinkommen..."

Schweigend drehen wir uns beide wieder in die Richtung der Brüder... Man kann sehen, dass sie gerade ein relativ heftiges Wortgefecht haben... Es ist höllisch schwer, nicht nachzugeben... doch täte ich niemanden einen Gefallen, wenn ich's täte...

„Anscheinend geht's voran... ein gutes Zeichen..."

Koushiro hat irgendwie ein eigenwilliges Verständnis für Aussprachen... „Wie kommst du denn darauf ?"

„Du kennst die beiden einfach nicht gut genug... sie streiten sich, dann reden sie zumindest miteinander... sie sind einfach zu sehr Ishida, um anders zu reagieren... auch wenn Takeru mehr nach deren Mutter kommt... Du kannst mir jedoch vertrauen, wenn ich dir sage, dass es nicht mehr allzu lange dauern dürfte... vielleicht noch ein oder zwei Schläge in die Bauchgegend, dann dürfte deren Zwist vorbei sein..."

DAS ist eine seltsame Sichtweise... Aber da ist noch etwas anderes, was ich wissen muss... „Koushiro... kann es sein, dass Takeru leicht bipolar ist ?"

Als ich mich zu meinem ‚Cousin' drehe, bemerke ich geweitete Augen... „Woher... woher weißt du das ?"

Ich wusste es... er ist bipolar... er hat eine gespaltene Persönlichkeit... Ich hasse es, wenn ich Recht habe... Und schon wieder sind Takeru und ich uns ähnlicher geworden... „Ich habe damit meine Erfahrung... Wenn man weiß, wonach man schauen muss, dann ist es einfach... Und wenn ich raten müsste... es hat etwas mit Devimon und Patamons Tod damals zu tun, stimmt's ?"

Wäre Koushiro nicht schon zuvor geschockt gewesen, dann wäre er es wohl jetzt... „Verdammt... Das sollte doch..." Er beißt sich regelrecht auf die Zunge, damit er seinen Satz nicht beendet...

„Geheim bleiben ? Keine Angst, ich werde es niemanden weitererzählen... obwohl ich nicht versprechen kann, dass Veemon es nicht herausfindet..."

Langsam ändert sich Koushiros Zustand von geschockt zu verwirrt... „Wie meinst du das ? Liest er dein Tagebuch ?"

Er weiß es wohl noch nicht... „Sagen wir's mal so, es gibt Zeiten, da kennt er meine Gedanken sehr genau..."


Da fällt mir ein... wie geht es eigentlich unseren Streithähnen ?

Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie Yamato Takeru so hält, wie ich es heute schon mehrmals getan habe... „Anscheinend hattest du Recht... Deren Problem scheint wohl geklärt zu sein..."

„Gut... wenigstens ein Problem von Tausenden gelöst... Aber noch eine andere Frage... Dein Vater... mein ‚Onkel'..." Ich merke, wie er das Wort ‚Onkel' behutsam ausspricht, als ob er sich noch daran gewöhnen muss... „... hat mich heute zum Abendessen eingeladen... er wollte mich jemanden vorstellen... Weißt du, wer das sein könnte ?"

Anscheinend hatte ich vorhin Recht, dass da etwas im Busch war... vielleicht hätte ich doch etwas nachhaken sollen... „Leider nicht... wahrscheinlich ist es nur Mom... sie will dich bestimmt kennenlernen..."


Unser Gespräch wird durch die Schulglocke unterbrochen... Es ist Zeit, wieder zur Klasse zu gehen... Dazu warte ich jedoch darauf, dass Takeru zu mir stößt, was auch nach kurzen Momenten passiert...

Dabei ernte ich von ihm ein Wort... ein Wort mit viel Gefühl... „Danke..."


Der Rest des Schultags vergeht wie im Fluge... Takeru hat soviel Elan und Energie, dass wir in Chemie sogar unser Experiment in Rekordzeit beenden... und sogar schaffen, den Bericht in der Unterrichtszeit zu vollenden, während es die anderen als Hausaufgabe tun müssen... Und in Mathe rechnet er sogar unseren Lehrer an die Wand... Ihm geht's wirklich besser... es wirkt fast so, als ob niemals etwas zwischen ihm und seinem Bruder vorgefallen wäre...

Ist das so zwischen Geschwistern ? Ich weiß es nicht...


Wie schon die anderen Schultage zuvor vollenden wir den Schultag mit dem altbekannten Prozedere... wir gehen erst zu ihm, wo er sich seiner Schulsachen entledigt und sich in Privatkluft wirft, danach geht's zu mir... Aber egal, wie sehr ich mir wünschte, wir könnten heute einfach nur zusammen rumhängen, es geht einfach nicht... wir schreiben schließlich Freitag einen Test... und haben für Montag diese Japanischhausaufgabe...


Als wir mein Zuhause betreten, fällt mir diese übertriebene Stille auf... nicht einmal ein Geräusch klingt aus der Küche... und ein Zettel hängt am Spiegel...


Hallo, Rena... hallo, Takeru...


Wenn ihr diese Zeilen lest, sind Kohana und ich einen Gast abholen... Dadurch ergibt sich, dass sich unser Essen heute etwas verspätet... außerdem habe ich für nachher noch Koushiro eingeladen...

Es wäre sehr nett, wenn eure kleinen Freunde heute auf deinem Zimmer bleiben könnten... damit unser Gast keinen Schock fürs Leben kriegt...


Bis später dann,

Takeo


Dad kann manchmal sehr verwundernd sein... woher wusste er, dass Takeru hier sein würde... Okay, streiche die letzte Aussage... er gehört schon fast zum Inventar hier...

Doch wer ist dieser mysteriöse Gast ? Das macht keinen Sinn...

„Ich denke, unsere Lernsession wird wohl heute nicht so lang ausfallen... Ich sollte mich wohl rechtzeitig verabschieden, bevor deine Eltern mit dem Gast zurück sind..."

Mein blonder Engel scheint wohl meinen Dad noch nicht ganz zu verstehen... „Ich denke da etwas anders... Dad hat die Notiz auch an dich gerichtet... also erwartet er wohl, dass du nachher ebenfalls hier bist..."

Bevor wir beide uns der Lernsession in meinem Zimmer widmen, sehe ich, wie er ungläubig den Kopf schüttelt...


Während unsere Partner mal wieder vorm Computer sitzen und sich „Diablo 3" voll und ganz widmen, arbeiten Takeru und ich nahezu ununterbrochen für die Schule... nahezu deswegen, da wir hin und wieder kurze Pausen einlegen, wo wir Schulter an Schulter auf meinem Bett einfach nur unsere Partner beobachten, wie sie wie gebannt am Computer zocken...

Irgendwann gegen Sechs, gerade als wir mit unserer Lernsession für heute durch sind, hören wir an der Tür ein Klopfen... Nach einem Herein, betritt jemand mit grünen Haaren mein Zimmer...

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