Elgin Tuspak, der cardassianische Botschafter auf Empok Nor, gab dem neuen
Attaché das PADD mit seinen Anweisungen. Der junge Mann war kein
vollwertiger Ersatz für Erein Kovat - noch nicht. Er würde sich sicher noch
verbessern, wenn er sich erst richtig eingearbeitet hatte. Kovat war
exzellent gewesen, was kein Wunder war, wenn man seine Ausbildung beim
Obsidian Order bedachte. Nun, die Sache hatte nur einen kleinen
Schönheitsfehler gehabt... Tuspak wischte die Gedanken beiseite. Er hustete
kurz, bevor er sich erhob, um in sein Quartier zu gehen. Er würde für
seinen neuen Attaché einen Übungsplan ausarbeiten, inklusive einiger Holo-
Trainigsprogramme. Die Verhandlungen mit Botschafter Sarek, während der
Kriege mit der Föderation, wären eine ausgezeichnete Übung.
Tuspak trat auf den Gang vor dem Konferenzraum, der sich auf der zweiten
Ebene des Promenadendecks befand, und ging in Richtung des Turboliftes. Ihn
fröstelte. Er würde die Ops kontaktieren und sie darauf hinweisen, dass die
Umwelteinstellungen nicht funktionierten. Während er auf den Turbolift
wartete, hustete er erneut. Wahrscheinlich hatte er sich bereits eine
Erkältung zugezogen. Tuspak beschloss, in der Krankenstation vorbeizugehen,
um sich von Dr. Mera'ahl behandeln zu lassen. Der Turbolift hielt, und
Tuspak stieg ein. Es war eng, und Tuspak hatte Schwierigkeiten, zu atmen.
Er war froh, als der Lift eine Ebene tiefer hielt, und er ihn verlassen
konnte. Aber seine Atemprobleme wurden nicht besser.
Tuspak hustete erneut und versuchte tief durchzuatmen - ohne Erfolg. Nervös
sah er sich um. In welche Richtung lag nur die Krankenstation? Tuspak
röchelte und griff sich an die Kehle. Er versuchte um Hilfe zu rufen, aber
er bekam kein Wort heraus. Er spürte, wie ihm schwindelig wurde, und machte
ein paar Schritte in die Mitte der Promenade. Dann wurde ihm schwarz vor
Augen.

"Eine Dosis Tripdozin!" Dr. Mera'ahl sah auf die Kontrollanzeige des Bio-
Betts. Nachdem der Arzthelfer das Mittel verabreicht hatte, atmete Mera'ahl
auf. Der Patient würde überleben.
Ihre Assistentin reichte ihr ein medizinisches PADD. Dr. Mera'ahl sah
darauf und nickte. "Das hatte ich mir gedacht - eine Lähmung der Atemwege."
Sie sah zu Botschafter Tuspak, der auf dem Bio-Bett lag und sich langsam
von seinem Erstickungsanfall erholte. "Ich frage mich nur, was diese
Lähmung ausgelöst hat!" Dann sah sie zu ihrer Assistentin. "Wir werden
einen umfangreichen Scan der Lunge und Gewebeproben vornehmen."

*** ***

"Anan, das Essen ist fertig!" Anan hörte die Stimme seiner Mutter und erhob
sich langsam von seinem Bett. Als er die Treppe hinunter ins Erdgeschoss
ging, hörte er die aufgeregten Stimmen seiner Schwestern. In gewissem Sinne
war er froh, dass Liyan und Ulani nach Prime gegangen waren um zu
studieren. Als noch alle fünf seiner Schwestern im Haus gelebt hatten, war
das Geschnatter noch schlimmer gewesen. Aber Liyan hatte vor drei Jahren
mit einer erstaunlichen Sturheit durchgesetzt, dass sie im zarten Alter von
16 allein nach Prime City gehen durfte, um Botanik zu studieren - dass sie
ein Stipendium bekommen hatte, war ein ausgezeichnetes Argument gewesen.
Wenn sie an der besten Universität von Cardassia Prime studieren konnte,
warum sollte sie dann an eine der mittelmäßigen Hochschulen der Arawath
Kolonie gehen?
Ulani hatte letztes Jahr etwas ähnliches gesagt - zuzüglich des Arguments,
dass sie in Prime City eine große Schwester hatte, die auf sie aufpassen
konnte. Blieb nur zu hoffen, dass seine verbliebenen drei Schwestern auch
nach Prime gehen würden.
Anan betrat den Wohnbereich und setzte sich an den Tisch. Seine Schwester
Elandra sprach auf seinen Vater ein - es war offenbar die altbekannte
Diskussion. Sie wollte auf Prime studieren, und fing rechtzeitig an, ihren
Eltern das klarzumachen. Dabei war sie erst 14. Es würde noch zwei Jahre
dauern, bis sie gehen würde. Anan seufzte unmerklich in sich hinein.
Elandra war die Schwester, die er am wenigsten mochte, da sie sich ständig
einen Spaß daraus machte, ihn aufzuziehen. Seit Ulani fort war, die ihren
kleinen Bruder sehr gemocht hatte, und entsprechend gegen Elandra
vorgegangen war, wenn diese ihn piesackte, war es noch schlimmer geworden.
In diesem Moment beendete sein Vater den Redeschwall seiner Schwester mit
ein paar wohl gesetzten, aber energischen Worten, da Anans Mutter
eingetreten war, und eine große Suppenschüssel auf den Tisch stellte. Einen
Moment war es still - aber nur einen Moment.
"Vater, ich habe eine Auszeichnung für Fleiß bekommen!" Das war Asika. Sie
war drei Jahre jünger als Elandra und zwei Jahre älter als ihre jüngere
Schwester Danara, was sie ein wenig isolierte. Denn Elandra kümmerte sich
kaum um Asika - weil sie sie für zu jung hielt, um mit ihr etwas anfangen
zu können. Asika wiederum hatte keine Lust mit Danara zu spielen, weil
diese erst neun war. Und Asika der Meinung war, dass Kinder unter zehn
Jahren Babys waren. Und so behandelte sie Danara und Anan auch - was dazu
führte, dass Anan wenigstens ab und zu eine Verbündete hatte. Aber nicht
heute. Danara sprang auf und hielt ihrem Vater das PADD mit ihren
Jahresergebnissen hin. Obwohl es ihr eher um einen Kommentar ging, den ihr
Inquisitor darunter notiert hatte.
"Ich bin die Beste, in meinem ganzen Jahrgang!"
"Das hast Du schon 99 mal gesagt, seit Du nach Hause gekommen bist!" Anan
konnte das Gehabe seiner Schwestern kaum noch ertragen. Aber er hatte zu
leise gesprochen, als das irgend jemand Notiz davon genommen hätte.
"Das ist wunderbar, Danara," die ruhige Stimme seiner Mutter unterbrach wie
durch Zauberei das Durcheinander, "aber jetzt tu bitte das PADD weg, wir
wollen essen."
"Ich bin sehr stolz auf Euch. Auf Euch alle." Sein Vater sah in die Runde
und bedachte jeden mit einem freundlichen Blick. Auch Anan, obwohl er nicht
viel zu bieten hatte. Seine Jahresergebnisse waren nicht schlecht, aber sie
waren auch nicht exzellent. Er konnte zufrieden sein. Aber an seine
Schwestern kam er nicht heran. Insgeheim träumte Anan davon, eines Tages
alle fünf auszustechen. Eines Tages würde er etwas so Großartiges tun, dass
er die gesamte Aufmerksamkeit seiner Eltern haben würde. Wenigstens für
einen Tag sollten sie seine Schwestern vergessen und sich ausschließlich um
ihn kümmern. Anan seufzte nochmals leise in sich hinein, als seine Mutter
seinen Teller mit Suppe füllte. Der aufmunternde Blick, den sie ihm zuwarf,
ließ ihn sich etwas besser fühlen. Er wusste, dass seine Eltern auch auf
ihn Stolz waren. Er war schließlich nicht schlecht. Aber für Lob vor der
ganzen Familie reichte es eben nicht ganz.

*** ***

Glinn Daro streckte sich und seufzte leise. Sie arbeitete jetzt seit fast
zwei Tagen mit denselben Proben, aber sie hatte noch immer nicht
herausgefunden, um was für Bakterien es sich handelte. Ein paar Mal war sie
kurz davor gewesen, die Stammzellen einordnen zu können - hatte sie
gedacht. Dann war doch ein winziges Charakteristikum aufgetaucht, das ihr
einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Genau wie einen Moment
zuvor. Frustriert erhob Karlin Daro sich von ihrem Labortisch und
replizierte sich einen Becher Cardassianisches Ale.
Nachdenklich betrachtete sie die Datenreihen auf dem Computerbildschirm.
Wahrscheinlich war es das Beste, wenn sie ganz von vorn begann. Seufzend
stellte Glinn Daro ihren Becher ab und holte einige Laborschalen aus der
sterilen Kammer. Sie würde unterschiedliche Nährböden anlegen, um
herauszufinden, wie sich die Bakterien am besten entwickelten. Das würde
hoffentlich ein aufschlussreiches Verfahren sein. Als sie die letzte Schale
in den Umwelt-Simulator gestellt hatte, deaktivierte Daro die
Computerkonsole. Für heute hatte sie genug getan. Morgen würde sie die
Proben auswerten - bis dahin hatte sie in ihrem Quartier noch einiges für
die Ankunft ihres Mannes und ihrer Kinder vorzubereiten.

*** ***

Gilora Macet blinzelte und öffnete dann die Augen. Wohlig drehte sie sich
auf die andere Seite und sah zu Garak. Sie lächelte, während sie sein
schlafendes Gesicht betrachtete. Dann fuhr sie mit ihrem Zeigefinger über
sein Schlüsselbein und entlang seiner Brustridges bis zum Bauchnabel, wo
sie einen Moment verweilte, bevor sie mit der flachen Hand an seiner Seite
hoch strich, über die Schulter und den Arm entlang wieder nach unten. An
dem Lächeln, das nun auch auf sein Gesicht getreten war, erkannte sie, dass
er aufgewacht war. Also begann sie von vorn, diesmal mit dem anderen
Schlüsselbein. Beim Bauchnabel angelangt verweilte sie nur kurz, bevor ihre
Hand tiefer glitt.
"Du bist unersättlich, Gilora!" Murmelte Garak, noch immer mit
geschlossenen Augen. Wahrscheinlich hatte es vorwurfsvoll klingen sollen,
aber statt dessen hatte sein Tonfall eher etwas Bestätigendes, das Gilora
sagte, dass er nicht wollte, dass sie aufhörte. Sie lehnte sich vor und
flüsterte in sein Ohr: "Das hat Dich bisher auch nicht gestört."
Garak erwiderte nichts, sondern lächelte nur und zog sie fester an sich...

Danach blieb Gilora liegen, bis Garak aus der Dusche kam. Sie sah ihm zu,
wie er sich die Haare trocken rieb und frische Kleidung zurechtlegte. Dann
erhob sie sich mit einem leisen Seufzen um ebenfalls zu duschen. Als sie
fertig angezogen in die Wohneinheit kam, hatte Garak schon mit dem
Frühstück begonnen.
Er sah auf, als sie den Raum betrat. "Entschuldige, dass ich ohne Dich
angefangen habe. Aber ich habe gleich einen wichtigen Termin - der übrigens
auch Dich betrifft."
"Mich?" Gilora setzte sich und goss sich heißen Fischsaft ein. "Was ist es
denn?"
"Eigentlich solltest Du Dir das denken können."
Gilora stellte die Kanne ab und sah ihn an. "Meine erste Mission!" Ein
seltsames Gefühl ließ ihren Magen sich zusammen ziehen. Plötzlich war sie
nervös. "Kannst Du mir schon sagen, um was es geht?"
Garak schüttelte den Kopf. "Nein, das kann ich nicht. Es ist auch noch
nicht ganz sicher - deswegen der Termin. Aber es ist eine langfristige
Angelegenheit, mindestens ein halbes Jahr. Und - so oder so - weit fort von
Prime." Er sah Gilora forschend an.
"Gut! Also eine echte Herausforderung!" Gilora lächelte. "Muss ich mich
operieren lassen?"
"Nein, dass wird nicht nötig sein. Aber Du wirst Dich die nächsten Wochen
intensiv vorbereiten müssen, da wird nicht viel Zeit bleiben für..."
"...uns." Beendete Gilora den Satz für ihn.
Garak nickte. "Ein halbes Jahr ist eine lange Zeit." Es klang, als hätte er
lange über diesen Satz nachgedacht.
Gilora sah ihn an. Sie wusste, worauf er hinauswollte. "Sprich es ruhig
aus, Elim. Es ist aus mit uns. Ein halbes Jahr ist lang, vor allem über
eine weite Entfernung. Und sagtest Du nicht mindestens ein halbes Jahr? Wer
weiß, wann ich wiederkomme. Und ich will nicht hoffen, dass meine erste
Mission meine letzte ist!"
Garak lächelte. "Ich bin froh, dass Du es so siehst."
Gilora schmunzelte. "Was hast Du gedacht, dass ich drei Jahre lang hart
gearbeitet und als beste Absolventin abgeschlossen habe, um danach meine
Karriere aufzugeben und eine Familie zu gründen?"
"Nein, das habe ich nicht gedacht - und ich wäre mit Sicherheit auch der
falsche Kandidat für solche Pläne."
Gilora nickte und nahm sich ein Stück Brot. "Das stimmt." Sie sah ihn an.
"Es war doch von Anfang an klar, dass es nicht von Dauer sein würde."
Garak lächelte dieses unverbindliche Lächeln, bei dem Gilora nie ganz
sicher war, wie er es meinte. "Ich bin froh, dass wir uns so ähnlich sind."
Gilora glaubte einen Hauch von Wehmut in seiner Stimme zu hören, als er
hinzufügte: "Obwohl es das nicht leichter macht."
Sie lächelte ebenfalls, als sie zustimmte. "Nein. Das macht es nicht."
"Ich habe die Zeit mit Dir sehr genossen."
"Ich auch."
"Aber ein klarer Schnitt wird das Beste sein."
Gilora nickte. "Das denke ich auch. Es ist nicht gut, mit zu viel alten
Erinnerungen an eine neue Sache zu gehen."
Garak wischte sich mit seiner Serviette den Mund und lächelte sie an.
"Welch weise Worte, aus einem so jungen Mund"
Giloras Augen verengten sich, als sie ihre Serviette nach ihm warf. "Spotte
nicht!" Und schmunzelnd fügte sie hinzu als Garak sich duckte: "Ich weiß
lediglich, was gut für mich ist."
"Daran zweifle ich nicht, meine Liebe." Garak erhob sich. "Ich muss jetzt
los. Wir sehen uns heute Nachmittag in meinem Büro. Die genaue Uhrzeit
lasse ich Dir noch mitteilen. Dann werde ich Dir sagen können, was Deine
Mission beinhaltet." Er trat zu ihr, strich ihr eine lose Haarsträhne aus
dem Gesicht, beugte sich dann zu ihr hinunter und küsste sie auf den Mund.
"Genieß den Tag, Gilora. Es ist wahrscheinlich der letzte freie, den Du für
eine Weile haben wirst!"
Gilora lächelte. "Ich bin froh, wenn ich wieder etwas Sinnvolles zu tun
habe!"
Mit einem Schmunzeln ließ Garak sie los und verließ sein Appartement.
Gilora sah ihm nach. Gedankenverloren leerte sie ihren Becher mit Fischsaft
und lehnte sich dann zurück. So schnell konnte also alles zuende sein. Beim
Aufwachen war sie noch Garaks Geliebte gewesen, und jetzt war sie nur noch
seine Agentin, die er auf eine Mission schickte. Aber es war richtig so.
Sie war nicht zum Orden gegangen, um sich einen Mann zu angeln. Sie wollte
eine Karriere - möglichst eine, die Garaks gleich kam. Aber nur, weil sie
ein ähnliches Leben wie er anstrebte, hieß das noch lange nicht, dass sie
ihres mit ihm gemeinsam verbringen wollte. Jeder wusste, dass Garak niemals
heiraten würde. Es gab viele Gerüchte über den Grund dafür.
Giloras eigene Vermutung war, dass Garak keine Lust hatte, eine dieser
Frauen aus der Oberschicht zu heiraten. Frauen, die Gilora zur genüge
kannte. Ihre Tante Sima war die schlimmste. Sie platzte vor Stolz darüber,
dass sie es geschafft hatte, einen Dukat zu heiraten. Auf der anderen Seite
lebten diese Art von Frauen noch immer in der Vorstellung, eine Art
Matriarchin zu sein - was das Leben für ihre Männer nicht angenehm machte.
Ihr Onkel Kemor war das beste Beispiel. Sicherlich war der Posten des
Präfekten von Bajor verlockend. Aber das ihr Onkel so gut wie nie auf
Cardassia war - und vor allem, dass er seine Familie nicht nach Bajor
geholt hatte, wie das jeder mittelrangige Gul tat - das sprach eine
deutliche Sprache. Eine solche Frau heiratete man, um seine Position zu
stärken. Um die Macht zweier Familien zu vereinen. Aber das hatte Garak
nicht nötig. Er war einer der mächtigsten Männer im Obsidian Order. Tains
Vertrauter und seine rechte Hand.
Genaugenommen hätte er sich den Luxus leisten können, eine Frau zu
heiraten, die er liebte. Aber dafür war Garak die Karriere zu wichtig. Eine
Familie bedeutete, dass man Rücksicht nehmen musste. Keine Under-Cover
Missionen auf Romulus, die Jahre dauern konnten. Keine von den Missionen,
bei denen man sich die Lorbeeren verdienen konnte, die für eine glanzvolle
Karriere beim Orden notwendig waren. Und das war genau der Grund, warum
Gilora ebenfalls keine Familie wollte.
Sie erhob sich vom Tisch und räumte das schmutzige Geschirr in den
Replikator und neutralisierte alles. Sie beobachtete, wie sich Teller und
Becher in funkelndes Licht auflösten. Trotzdem tat es weh. Sehr weh. Sie
fühlte sich Garak sehr nah. Als würden sie sich schon ewig kennen, als
wären ihre Seelen verwand. Sie konnte nur vermuten, dass er ähnliches
empfand. Sie hatte noch nie etwas davon gehört, dass er jemals zuvor eine
Affäre mit einer Studentin gehabt hätte. Mit anderen Agentinnen - ja, das
schon. Aber nicht mit einer Studentin. Und dazu noch aus seiner Gruppe.
Gilora konnte nur vermuten, dass er, ebenso wie sie, seine Gefühle
unterdrückt hatte. Bis sie ihre Prüfung hinter sich gehabt hatte. Es war
sicher kein Zufall gewesen, dass er am Abend vor dem Abschlussempfang zu
ihrem Lieblingsplatz gekommen war und ein persönliches Gespräch angefangen
hatte. Wenn sie ganz ehrlich war, war sie nur deshalb in den Park gegangen,
weil sie, tief in ihrem Inneren, auf eine solche Situation gehofft hatte.
Gilora schüttelte den Kopf und ging in die Schlafeinheit, wo sie begann
ihre Sachen zusammenzusuchen. Wenn Garak zurückkam, sollte er keine Spur
mehr von ihr finden - und sie wollte sich die Peinlichkeit ersparen noch
mal herzukommen, um etwas abzuholen, das sie aus versehen liegen gelassen
hatte.
Als sie fertig war, sah sie sich noch einmal um. Schmerzlich wurde ihr
bewusst, dass sie noch nie zuvor in ihrem Leben so glücklich gewesen war,
wie während der letzten zwei Monate. Doch dann schüttelte sie das Gefühl ab
und verließ Garaks Appartement. In ihrem eigenen Quartier angekommen warf
sie die Tasche auf Rekelens leeres Bett und setzte sich auf ihres. Ihre
Freundin war vor ein paar Wochen aus dem gemeinsamen Quartier ausgezogen,
als sie einer Zelle zugeteilt worden war. Wie erwartet hatte Rekelen im
Mittelfeld der Gruppe abgeschlossen. Da sie in Garaks Gruppe gewesen war,
hatte sie nicht lange auf ihre Zuteilung warten müssen. Trotzdem schien es
nichts Großes zu sein. Gilora beschloss, sich mit ihrer Freundin zu treffen
um Neuigkeiten auszutauschen.
Nachdem sie sich vergewissert hatte, das Rekelen in ihrem Appartement war,
machte Gilora sich auf den Weg. Während sie durch die Gassen von Prime City
schlenderte, vorbei an den vertrauten Ecken, dem Sichtschirm, an einer der
hohen Hauswände, von dem gerade Gul Parmak einen militärischen Bericht
abgab, dem kleine Laden, wo sie mit Rekelen regelmäßig gewesen war um einen
Becher Rokassa Creme zu essen - oder um den Vorrat an Delavianischer
Schokolade aufzufüllen, vorbei an dem Haus, das Legate Polak gehörte, und
über dessen Inneneinrichtung sie stundenlang spekuliert hatten... Gilora
wurde bewusst, dass sie all das in wenigen Wochen nicht mehr sehen würde.
Vorfreude erfüllte sie. Wo würde Garak sie hinschicken? Was würde ihre
Aufgabe sein? Dass er einer frischen Absolventin als erste Mission einen so
großen Auftrag gab - er musste wirklich große Stücke auf sie halten. Dann
war sie bei dem Haus angekommen, in dem Rekelen wohnte. Es war in sechs
einzelne Appartements unterteilt, und Rekelen hatte eines im Erdgeschoss
zugeteilt bekommen.
Gilora hatte kaum den Türsummer betätigt, als sich die Tür auch schon
öffnete und Rekelen ihr um den Hals fiel.
"Gilora!"
"Rekelen, schön Dich zu sehen!"
"Das kannst Du laut sagen. Du hast Glück, dass ich da bin. Eigentlich hätte
ich heute ein Treffen mit meiner Zelle gehabt, aber unser Tutor hat es
verschoben. Wahrscheinlich hat einer von den anderen gepatzt. Ich habe da
so eine Vermutung, aber ich darf Dir natürlich keine Einzelheiten sagen."
"Natürlich nicht." Gilora wusste, dass Rekelen ins Geheim stolz war, dass
sie vor Gilora einer Zelle zugewiesen worden war. Trotzdem hatte Gilora
keinen Zweifel daran, dass ihre Freundin sich für sie freuen würde, wenn
sie ihr die große Neuigkeit mitteilte. "Ich bekomme meine erste Mission!"
"Tatsächlich? Oh, wie schön - aber das wurde auch langsam Zeit!"
"Ja, finde ich auch."
Rekelen führte ihre Freundin in die Wohneinheit und sie setzten sich auf
das Sofa.
"Und? Weißt Du schon etwas?"
"Es wird mindestens ein halbes Jahr dauern, und weit fort von Prime sein!"
"Oh!" Rekelen sah betroffen aus. "Ich meine, das ist toll. Das ist
unglaublich, solche Missionen bekommen normalerweise keine frischen
Absolventinnen!"
"Ich weiß. Garak ist gerade dabei die Einzelheiten zu klären. Heute
Nachmittag erfahre ich genaueres. Die nächsten Wochen muss ich mich
vorbereiten..." Sie machte eine Pause, als sie in das Gesicht ihrer
Freundin sah. "...Was ist denn, Rekelen?"
"Versteh das nicht falsch, ich freue mich für Dich, aber wir werden uns
endlos lang nicht sehen. Wir werden uns nicht einmal sprechen können..."
Plötzlich schien ihr etwas einzufallen "Und was ist mit Dir und Garak?"
Gilora zuckte mit den Schultern. "Was soll schon sein? Es ist aus. Wir
haben unsere Beziehung heute morgen beendet."
"Aber... ihr passt doch so gut zusammen!"
"Ja," erwiderte Gilora trocken, "bis auf die Tatsache, dass wir beide
lieber Karriere machen, als zu heiraten."
"So. Und deswegen muss er Dich gleich für ein halbes Jahr in die Ferne
schicken, um Eure Trennung zu überwinden?"
Gilora lachte. "Das ist doch Quatsch, Rekelen. Es war nur eine Affäre.
Meine Mission hat mit Sicherheit nichts damit zu tun!"
"Das glaubst Du!" Rekelen schien nicht überzeugt. "Ich glaube, er würde
nichts lieber tun, als Dich in einer Top-Zelle auf Cardassia
unterzubringen. Um dann zu gegebenem Zeitpunkt sein Junggesellendasein
aufzugeben. Aber da das das Ende seiner Karriere wäre, schickt er Dich
lieber weit weg."
Gilora sah ihre Freundin mit offenem Mund an. "Das ist kompletter Unsinn,
Rekelen. Gut, wir sind uns sehr ähnlich - deswegen sind wir ja auch
zusammen gekommen. Aber es war nie etwas Ernstes. Bei ihm nicht, und vor
allem bei mir nicht. Ich will Karriere machen, und ich werde heute
Nachmittag damit anfangen. Eine emotionale Beziehung mit Elim Garak wäre da
mehr als nur hinderlich."
Rekelen schüttelte den Kopf. "Wie Du meinst. Gib wenigstens zu, dass es weh
tut, und das Du ihn vermissen wirst."
"Das habe ich nie abgestritten!"
"Du bist sicher, dass Du ihn nicht wirklich liebst?"
"Ganz sicher!"
"Gut."
"Was ist denn, Rekelen?"
Rekelen sah sie unsicher an. "Ich weiß nicht, ob ich es Dir sagen sollte.
Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, weil ich immer dachte, dass Du und
Garak, also..."
"Was denn?"
"...Ich dachte immer, dass Du ihn wirklich liebst. Ich wollte Dir nicht weh
tun!"
"Womit weh tun?"
Rekelen zögerte einen Moment, dann sagte sie schnell und mit fester Stimme:
"Garak ist Schuld, dass ich beinah durch die zweite Jahresprüfung gefallen
wäre."
"Wie bitte? Wenn ich mich recht erinnere, hast Du Dir bei einem Deiner
nächtlichen Ausflüge eine Lungenentzündung eingefangen, die Dich fast einen
Monat lang vom Lernen abgehalten hat - nicht, dass Du ohne Lungenentzündung
viel gelernt hättest, aber..."
"Ja, das stimmt." Unterbrach Rekelen ihre Freundin. "Aber in dieser Nacht,
da..."
"Sag nicht, Du warst mit Garak verabredet!"
"Nein!" Rekelen sah sie überrascht an. "Was Du denkst, ...ich war mit Iloya
Etak verabredet. Wir haben uns im hinteren Teil an der Mauer getroffen,
und... naja, Du weist ja, wozu.

...

Author's Note: Ja - wir wissen wozu. Jeder, der an dieser stelle Verbindungen zieht, die er nicht genauer ausgeführt haben möchte, überspringe bitte das nächste Kapitel.
Es enthält zwar keine ausführlichen Sex-Szenen, aber ein paar Formulierungen, die das Zertifikat "zweideutig" eigentlich nicht verdienen.
Die sachliche Zusammenfassung der Ereignisse erfolgt zu beginn von Kapitel 5.