Hogwarts im Schnee glich einem geheimen Ort in einem verzauberten Märchen,
verzerrt in der matten Wintersonne und gleichsam eingehüllt in einen Aura
von Wärme. Ein Ort, eine Heimat.
Deirdre, die das Bild noch in ihrem Kopf hatte, stand erschauernd vor Malfoy Manor und legte den Kopf in den Nacken, um an der Fassade aufzusehen. Es war ein trotziges Gebäude aus dunkelgrauen, grob behauenen Steinen, die sich in monströser Gleichförmigkeit übereinander auftürmten. Zinnen schmückten das Dach und wenn man genau gegen den sich mit tiefhängenden, Schnee tragenden Wolken bedeckenden Himmel sah, konnte man die Fratzen von Wasserspeiern erkennen, die verächtliche Blicke auf die Ankommenden warfen.
Draco umfasste ihre Hand, und sie erschrak beinahe. Er warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu. Wenn man einmal hinter seine Fassade sah, war er eigentlich ein verlorener Junge, der weder sich noch seinen Platz gefunden hatte. Das machte es doppelt schwierig, ihn zu hintergehen. Er konnte charmant sein, aufmerksam, fast so wie jeder Junge seines Alters. Doch urplötzlich, von einer Minute zu anderen, wurde er wieder der Sohn seines Vaters, ein despotischer Rassist ohne Gefühle.
Ein paar Hauselfen entluden die Kutsche mit den zwei Geisterpferden, die sich nach Ende der Fahrt in Luft aufgelöst hatten. Mit geduckten Köpfen eilten sie zwischen dem schwarz lackierten Gefährt mit dem Familienwappen der Malfoys und einer verborgen gelegenen Tür hin und her. Deirdre sah nachdenklich, dass sie anscheinend große Angst hatten, irgendeine Art von Lärm zu verursachen. Dann bemerkte sie eine flinke Bewegung hinter den Rädern der Kutsche und erkannte eine altbekannte Gestalt, die sie aus neugierigen Augen beobachtet. Glipp war ihr gefolgt. Ihr kleiner Elfenverbündeter. Mit einem Mal fühlte sie sich ein wenig sicherer. Und wie zum Zeichen, dass sie nicht allein war, tauchte für eine Zehntelsekunde der Kopf eines großen, schwarzen Hundes in den nahen Büschen auf.
An Dracos Hand betrat sie das Haus durch das große Eichenportal. Die Halle war ganz in schwarzem Marmor gehalten, mit dunklen Holztreppen und kostbaren Teppichen veredelt. Ein magischer Kronleuchter hing halterlos knapp unterhalb der Decke und schwankte leicht hin und her, um den Ankommenden das jeweils beste Licht zu bieten. In der Mitte der Halle stand ein Butler, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Der kleine, gebeugte Mann strahlte eine unnahbare Würde aus und erklärte mit einer rostig klingenden Stimme:
"Sie werden im Salon erwartet, Master Draco, Miss Zarathus. Ich darf bitten."
Eine Hauselfe öffnete ihnen diensteifrig die Tür. Der Salon war verschwenderisch ausgestattet mit schweren Möbeln, bestickten Wandbehängen und als Prunkstück einem riesigen Kamin, der zusätzlich zum trüben Tageslicht den Raum ausleuchtete. Lucius Malfoy lehnte entspannt am Kamin, ein funkelndes Kristallglas mit Wein in der einen Hand. Seine stechenden Augen richteten sich unverwandt auf die Neuankömmlinge und Deirdre fühlte sich begutachtet wie ein Stück Vieh während einer Auktion.
Narcissa Malfoy thronte, einer Königin gleich, auf eine Chaiselongue und lächelte huldvoll. Ihr blondes Harr war zu einer hübschen Frisur aufgesteckt und sie trug ein protziges Kleid, so als wolle sie gleich am ersten Abend klarstellen, wie reich und mächtige ihre Familie war.
"Vater, Mutter", begann Draco. "Ich darf Euch Miss Deirdre Zarathus vorstellen, eine Schulfreundin."
Lucius Malfoy setzte sich in Bewegung und streckte Deirdre die Hand entgegen, die sie fest drückte.
"Es ist immer schön zu sehen, welch guten Geschmack Draco bei der Wahl seiner Freunde beweist." Lucius sprach das Wort "Freunde" in einer Art und Weise aus, die Deirdre kalte Schauer über den Rücken jagten. "Wie es der Zufall will, habe ich jüngst Ihren Großvater gesprochen. Er zeigt sich ebenfalls sehr angetan davon, eine solch reizende Enkelin zu haben. Nach dem Tod seines Sohnes bedeutend Sie ihm doppelt viel." Er hatte sie also überprüft. Und ihr Alibi, ihr Großvater, hatte auf Druck des Ministeriums mitgespielt. Wenn Lucius wüsste, wie sehr sie ihren Vater gehasst hatte und ihre Großeltern verachtete, hätte er sie im hohen Bogen aus seinem Haus geworfen. "Narcissa, meine Liebe."
Dracos Mutter schwebte heran und küsste Deirdre in französischer Weise dreimal auf die Wangen. Ein Hauch teures Parfum umgab sie und ihr Lächeln hätte mal liebevoll nennen können, wenn es auch ihre Augen erreicht hätte.
"Es freut mich, sehr, Miss Zarathus. Wollen wir zu Tisch?"
***
Die Tage vergingen in eintöniger Ruhe. Deirdre befand sich in ständiger Bereitschaft zur Flucht. Sie nutzte jede Gelegenheit, das Haus und seine Umgebung zu erkunden, stets verfolgt von den wachsamen Augen eines Hundes und einer kleinen Elfe. Glipp hatte es irgendwie geschafft, bei den Hauselfen der Malfoys unterzukommen, ohne dass sie ihn verrieten. Zum Glück fiel niemandem auf, dass es einen Diener mehr im Haus gab. Was Black anging, so fühlte sie seine Präsenz, doch er zeigte sich nicht mehr, da es riskant war, sich in ihrer unmittelbaren Nähe aufzuhalten.
Das Weihnachtsfest war furchtbar. Es mit Menschen zu verbringen, die man tief im Inneren verabscheute, pervertierte das Fest der Liebe und Freude ins Unermessliche. Der einzige Lichtblick war Draco, der sich seit seiner Rückkehr ständig mit seinem Vater stritt. Anscheinend hatte er sich entschlossen, nach seinem Abschluss allein ins Ausland zu gehen, was Lucius ganz und gar nicht gefiel. Am Morgen des ersten Weihnachtstages fand sie auf ihrem Nachttisch eine kostbare Rosenholzschatulle, die ein wunderschönes Silbercollier enthielt, sowie eine Karte von Draco, der darin noch einmal seine Zuneigung zu ihr bekräftigte. Der anfängliche Schrecken, er könne sie nachts gesehen- das Glühen war einfach nicht zu verstecken - oder den Iuvenius-Trank auf dem Tisch gefunden haben wurde ersetzt von jenen bohrenden Schuldgefühlen, die sie von Anfang an geplagt hatten.
Eines Morgens stand sie in dem Badezimmer, das sich an ihr Gästezimmer anschloss und bürstete ihre langen Haare mit Sorgfalt. Ihr erschöpftes Gesicht blickte ihr im Spiegel entgegen. Nach ihrem Zusammenbruch in Snapes Büro hatte sie nicht mehr geschlafen. Sie hatte diese lange Zeit nur überstanden, weil der Lehrer trotz aller Vorbehalte die Rezeptur verfeinert hatte und die geistigen Anforderungen nun etwas geringer waren als vorher. Trotz allem, ihr Körper rebellierte von Tag zu Tag mehr. Ihre Kräfte ließen nach, es wurde immer schwieriger, sich zu konzentrieren. Ein wenig Schlaf war alles, was sie sich wünschte. Doch die Gefahr, ertappt zu werden, war zu groß. Wäre sie keine Halbelfe, würde das alles keine Probleme bereiten. Doch ihr "Makel", wie es ihre Mutter immer bezeichnete, machte sie schwach.
Eine Bewegung hinter ihr ließ sie herumfahren. Draco stand in der Tür des Bades, die sie dummerweise offen gelassen hatte, und starrte sie vollkommen perplex an. Glipp klammerte sich an seinem Bein fest und versuchte, ihn aus dem Raum zu ziehen, doch umsonst.
"Tut mir leid, leid", jammerte der Elf. "Konnte nicht verhindern es!"
Draco fasste sich in dem Moment, in dem die kleine Stimme erklang.
"Was ist hier los? Was - wer bist Du?" Er blickte starr auf Deirdres spitze Ohren, die von ihrer unvollendeten Frisur enthüllt wurden. "Sag es mir! Was geht hier vor?"
Deirdre schluckte. Ein Moment der Unachtsamkeit hatte alles zerstört. Jetzt musste sie sich aus dem drohenden Unglück herausreden.
"Draco", sagte sie sanft, aber bestimmt. "Glaub mir, ich wollte Dich nicht täuschen, aber -."
"Wie konnte ich nur so blind sein?" Er wirkte sichtlich erschüttert. "Wieso - die Ohren - was?"
Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, fehlten ihm anscheinend die Worte. Das nutzte sie aus, indem sie die Flucht nach vorn antrat.
"Ich bin eine Halbelfe, Draco. Und keine Schülerin. Ich arbeite im Auftrag des Zaubereiministeriums." Ihre Worte in der Stille klangen seltsam hohl. "Meine Aufgabe ist es zu beobachten, welche Schüler sich als potentielle Todesser entpuppen könnten."
"Und deswegen hast Du Dich in Slytherin und bei mir eingeschlichen." Das klang eher wie eine nüchterne Feststellung als eine Anklage. Schließlich schüttelte Draco den Kopf und verließ den Raum. Deirdre seufzte. Typisch Mann. Erst einmal auf Abstand gehen. Aber das war im Moment einfach nicht zu akzeptieren. Sie eilte ihm hinterher und wies Glipp mit einer knappen Geste an, sich zurückzuziehen. Der Hauselfe huschte mit einem besorgten Blick davon. Draco riss das Fenster auf und ließ die scharfe, kalte Winterluft herein. Er blickte kurz zu ihr, als sie sich neben ihn stellte und in die trübe Landschaft aus blattlosen Bäumen und grauem Schnee hinaussah. "Du hältst mich sicher für den größten Idioten der Zaubererwelt, oder?" erkundigte er sich bitter.
"Glaub mir, ich fühle mich genauso schlimm wie Du2, meinet sie ehrlich, hatte aber nicht viel Hoffnung, dass er ihr glaubte. "Was wirst Du jetzt tun? Es liegt bei Dir."
"Dachtest Du an irgendetwas in der Richtung "zu meinem Vater laufen oder Voldemort alarmieren"? Es tut mir leid, da muss ich Dich enttäuschen. Dies hier ist meine Sache." Seine ebenmäßigen Züge verhärteten sich und in diesem Moment wirkte er erwachsener als jemals zuvor. "Du hast mich betrogen, nicht meinen Vater. Zumindest noch nicht. Und ich werde es auch nicht zulassen. Das, was Du getan hast, ist geschehen, weil Du von mir dachtest, ich könnte ein Todesser sein. Wie mein Vater. Aber der Grund Deines Handelns war keine Sorge, sondern Profilierungssucht. Heute sage ich Dir eines ganz klar: Ich bin zwar der Sohn meines Vaters und ich teile vieler seiner Ansichten, aber ich bin nicht sein Abbild. Ich bin kein Todesser und werde es vielleicht auch niemals sein." Nach dieser langen Rede zögerte er einen Moment, so als sei er erstaunt darüber, dass es seine Worte gewesen waren. "Ich denke, Du solltest morgen dieses Haus verlassen. Nicht, weil ich fürchte, Du könntest jemanden ausspionieren. Sondern weil Du mich getäuscht hast."
Nachdem er geendet hatte, ging er aus dem Zimmer, hoch aufgerichtet. Deirdre war betroffen, doch zur selben Zeit auch erleichtert. So selbstbewusst und entschlossen war er ihr selten erschienen. Vielleicht hatte er den richtigen Weg gefunden.
Sooo, liebe Leser, das hier ist Teil 6, den ich eigentlich erst nach 8 Reviews hatte schreiben wollen. Aber nette Reviews können einen umstimmen! Danke dafür!
Teil 7 wird ziemlich dramatisch, versprochen! Es gibt Mord und Totschlag! Und eine Menge Snape!
Deirdre, die das Bild noch in ihrem Kopf hatte, stand erschauernd vor Malfoy Manor und legte den Kopf in den Nacken, um an der Fassade aufzusehen. Es war ein trotziges Gebäude aus dunkelgrauen, grob behauenen Steinen, die sich in monströser Gleichförmigkeit übereinander auftürmten. Zinnen schmückten das Dach und wenn man genau gegen den sich mit tiefhängenden, Schnee tragenden Wolken bedeckenden Himmel sah, konnte man die Fratzen von Wasserspeiern erkennen, die verächtliche Blicke auf die Ankommenden warfen.
Draco umfasste ihre Hand, und sie erschrak beinahe. Er warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu. Wenn man einmal hinter seine Fassade sah, war er eigentlich ein verlorener Junge, der weder sich noch seinen Platz gefunden hatte. Das machte es doppelt schwierig, ihn zu hintergehen. Er konnte charmant sein, aufmerksam, fast so wie jeder Junge seines Alters. Doch urplötzlich, von einer Minute zu anderen, wurde er wieder der Sohn seines Vaters, ein despotischer Rassist ohne Gefühle.
Ein paar Hauselfen entluden die Kutsche mit den zwei Geisterpferden, die sich nach Ende der Fahrt in Luft aufgelöst hatten. Mit geduckten Köpfen eilten sie zwischen dem schwarz lackierten Gefährt mit dem Familienwappen der Malfoys und einer verborgen gelegenen Tür hin und her. Deirdre sah nachdenklich, dass sie anscheinend große Angst hatten, irgendeine Art von Lärm zu verursachen. Dann bemerkte sie eine flinke Bewegung hinter den Rädern der Kutsche und erkannte eine altbekannte Gestalt, die sie aus neugierigen Augen beobachtet. Glipp war ihr gefolgt. Ihr kleiner Elfenverbündeter. Mit einem Mal fühlte sie sich ein wenig sicherer. Und wie zum Zeichen, dass sie nicht allein war, tauchte für eine Zehntelsekunde der Kopf eines großen, schwarzen Hundes in den nahen Büschen auf.
An Dracos Hand betrat sie das Haus durch das große Eichenportal. Die Halle war ganz in schwarzem Marmor gehalten, mit dunklen Holztreppen und kostbaren Teppichen veredelt. Ein magischer Kronleuchter hing halterlos knapp unterhalb der Decke und schwankte leicht hin und her, um den Ankommenden das jeweils beste Licht zu bieten. In der Mitte der Halle stand ein Butler, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Der kleine, gebeugte Mann strahlte eine unnahbare Würde aus und erklärte mit einer rostig klingenden Stimme:
"Sie werden im Salon erwartet, Master Draco, Miss Zarathus. Ich darf bitten."
Eine Hauselfe öffnete ihnen diensteifrig die Tür. Der Salon war verschwenderisch ausgestattet mit schweren Möbeln, bestickten Wandbehängen und als Prunkstück einem riesigen Kamin, der zusätzlich zum trüben Tageslicht den Raum ausleuchtete. Lucius Malfoy lehnte entspannt am Kamin, ein funkelndes Kristallglas mit Wein in der einen Hand. Seine stechenden Augen richteten sich unverwandt auf die Neuankömmlinge und Deirdre fühlte sich begutachtet wie ein Stück Vieh während einer Auktion.
Narcissa Malfoy thronte, einer Königin gleich, auf eine Chaiselongue und lächelte huldvoll. Ihr blondes Harr war zu einer hübschen Frisur aufgesteckt und sie trug ein protziges Kleid, so als wolle sie gleich am ersten Abend klarstellen, wie reich und mächtige ihre Familie war.
"Vater, Mutter", begann Draco. "Ich darf Euch Miss Deirdre Zarathus vorstellen, eine Schulfreundin."
Lucius Malfoy setzte sich in Bewegung und streckte Deirdre die Hand entgegen, die sie fest drückte.
"Es ist immer schön zu sehen, welch guten Geschmack Draco bei der Wahl seiner Freunde beweist." Lucius sprach das Wort "Freunde" in einer Art und Weise aus, die Deirdre kalte Schauer über den Rücken jagten. "Wie es der Zufall will, habe ich jüngst Ihren Großvater gesprochen. Er zeigt sich ebenfalls sehr angetan davon, eine solch reizende Enkelin zu haben. Nach dem Tod seines Sohnes bedeutend Sie ihm doppelt viel." Er hatte sie also überprüft. Und ihr Alibi, ihr Großvater, hatte auf Druck des Ministeriums mitgespielt. Wenn Lucius wüsste, wie sehr sie ihren Vater gehasst hatte und ihre Großeltern verachtete, hätte er sie im hohen Bogen aus seinem Haus geworfen. "Narcissa, meine Liebe."
Dracos Mutter schwebte heran und küsste Deirdre in französischer Weise dreimal auf die Wangen. Ein Hauch teures Parfum umgab sie und ihr Lächeln hätte mal liebevoll nennen können, wenn es auch ihre Augen erreicht hätte.
"Es freut mich, sehr, Miss Zarathus. Wollen wir zu Tisch?"
***
Die Tage vergingen in eintöniger Ruhe. Deirdre befand sich in ständiger Bereitschaft zur Flucht. Sie nutzte jede Gelegenheit, das Haus und seine Umgebung zu erkunden, stets verfolgt von den wachsamen Augen eines Hundes und einer kleinen Elfe. Glipp hatte es irgendwie geschafft, bei den Hauselfen der Malfoys unterzukommen, ohne dass sie ihn verrieten. Zum Glück fiel niemandem auf, dass es einen Diener mehr im Haus gab. Was Black anging, so fühlte sie seine Präsenz, doch er zeigte sich nicht mehr, da es riskant war, sich in ihrer unmittelbaren Nähe aufzuhalten.
Das Weihnachtsfest war furchtbar. Es mit Menschen zu verbringen, die man tief im Inneren verabscheute, pervertierte das Fest der Liebe und Freude ins Unermessliche. Der einzige Lichtblick war Draco, der sich seit seiner Rückkehr ständig mit seinem Vater stritt. Anscheinend hatte er sich entschlossen, nach seinem Abschluss allein ins Ausland zu gehen, was Lucius ganz und gar nicht gefiel. Am Morgen des ersten Weihnachtstages fand sie auf ihrem Nachttisch eine kostbare Rosenholzschatulle, die ein wunderschönes Silbercollier enthielt, sowie eine Karte von Draco, der darin noch einmal seine Zuneigung zu ihr bekräftigte. Der anfängliche Schrecken, er könne sie nachts gesehen- das Glühen war einfach nicht zu verstecken - oder den Iuvenius-Trank auf dem Tisch gefunden haben wurde ersetzt von jenen bohrenden Schuldgefühlen, die sie von Anfang an geplagt hatten.
Eines Morgens stand sie in dem Badezimmer, das sich an ihr Gästezimmer anschloss und bürstete ihre langen Haare mit Sorgfalt. Ihr erschöpftes Gesicht blickte ihr im Spiegel entgegen. Nach ihrem Zusammenbruch in Snapes Büro hatte sie nicht mehr geschlafen. Sie hatte diese lange Zeit nur überstanden, weil der Lehrer trotz aller Vorbehalte die Rezeptur verfeinert hatte und die geistigen Anforderungen nun etwas geringer waren als vorher. Trotz allem, ihr Körper rebellierte von Tag zu Tag mehr. Ihre Kräfte ließen nach, es wurde immer schwieriger, sich zu konzentrieren. Ein wenig Schlaf war alles, was sie sich wünschte. Doch die Gefahr, ertappt zu werden, war zu groß. Wäre sie keine Halbelfe, würde das alles keine Probleme bereiten. Doch ihr "Makel", wie es ihre Mutter immer bezeichnete, machte sie schwach.
Eine Bewegung hinter ihr ließ sie herumfahren. Draco stand in der Tür des Bades, die sie dummerweise offen gelassen hatte, und starrte sie vollkommen perplex an. Glipp klammerte sich an seinem Bein fest und versuchte, ihn aus dem Raum zu ziehen, doch umsonst.
"Tut mir leid, leid", jammerte der Elf. "Konnte nicht verhindern es!"
Draco fasste sich in dem Moment, in dem die kleine Stimme erklang.
"Was ist hier los? Was - wer bist Du?" Er blickte starr auf Deirdres spitze Ohren, die von ihrer unvollendeten Frisur enthüllt wurden. "Sag es mir! Was geht hier vor?"
Deirdre schluckte. Ein Moment der Unachtsamkeit hatte alles zerstört. Jetzt musste sie sich aus dem drohenden Unglück herausreden.
"Draco", sagte sie sanft, aber bestimmt. "Glaub mir, ich wollte Dich nicht täuschen, aber -."
"Wie konnte ich nur so blind sein?" Er wirkte sichtlich erschüttert. "Wieso - die Ohren - was?"
Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, fehlten ihm anscheinend die Worte. Das nutzte sie aus, indem sie die Flucht nach vorn antrat.
"Ich bin eine Halbelfe, Draco. Und keine Schülerin. Ich arbeite im Auftrag des Zaubereiministeriums." Ihre Worte in der Stille klangen seltsam hohl. "Meine Aufgabe ist es zu beobachten, welche Schüler sich als potentielle Todesser entpuppen könnten."
"Und deswegen hast Du Dich in Slytherin und bei mir eingeschlichen." Das klang eher wie eine nüchterne Feststellung als eine Anklage. Schließlich schüttelte Draco den Kopf und verließ den Raum. Deirdre seufzte. Typisch Mann. Erst einmal auf Abstand gehen. Aber das war im Moment einfach nicht zu akzeptieren. Sie eilte ihm hinterher und wies Glipp mit einer knappen Geste an, sich zurückzuziehen. Der Hauselfe huschte mit einem besorgten Blick davon. Draco riss das Fenster auf und ließ die scharfe, kalte Winterluft herein. Er blickte kurz zu ihr, als sie sich neben ihn stellte und in die trübe Landschaft aus blattlosen Bäumen und grauem Schnee hinaussah. "Du hältst mich sicher für den größten Idioten der Zaubererwelt, oder?" erkundigte er sich bitter.
"Glaub mir, ich fühle mich genauso schlimm wie Du2, meinet sie ehrlich, hatte aber nicht viel Hoffnung, dass er ihr glaubte. "Was wirst Du jetzt tun? Es liegt bei Dir."
"Dachtest Du an irgendetwas in der Richtung "zu meinem Vater laufen oder Voldemort alarmieren"? Es tut mir leid, da muss ich Dich enttäuschen. Dies hier ist meine Sache." Seine ebenmäßigen Züge verhärteten sich und in diesem Moment wirkte er erwachsener als jemals zuvor. "Du hast mich betrogen, nicht meinen Vater. Zumindest noch nicht. Und ich werde es auch nicht zulassen. Das, was Du getan hast, ist geschehen, weil Du von mir dachtest, ich könnte ein Todesser sein. Wie mein Vater. Aber der Grund Deines Handelns war keine Sorge, sondern Profilierungssucht. Heute sage ich Dir eines ganz klar: Ich bin zwar der Sohn meines Vaters und ich teile vieler seiner Ansichten, aber ich bin nicht sein Abbild. Ich bin kein Todesser und werde es vielleicht auch niemals sein." Nach dieser langen Rede zögerte er einen Moment, so als sei er erstaunt darüber, dass es seine Worte gewesen waren. "Ich denke, Du solltest morgen dieses Haus verlassen. Nicht, weil ich fürchte, Du könntest jemanden ausspionieren. Sondern weil Du mich getäuscht hast."
Nachdem er geendet hatte, ging er aus dem Zimmer, hoch aufgerichtet. Deirdre war betroffen, doch zur selben Zeit auch erleichtert. So selbstbewusst und entschlossen war er ihr selten erschienen. Vielleicht hatte er den richtigen Weg gefunden.
Sooo, liebe Leser, das hier ist Teil 6, den ich eigentlich erst nach 8 Reviews hatte schreiben wollen. Aber nette Reviews können einen umstimmen! Danke dafür!
Teil 7 wird ziemlich dramatisch, versprochen! Es gibt Mord und Totschlag! Und eine Menge Snape!
