Deirdre kam nur langsam wieder zu sich. Sie hatte keine Schmerzen, wie sie
es erwartet hatte, aber eine bleierne Müdigkeit lag über ihrem Körper, so
als würde die Erde sie zu sich rufen, dass sie auf immer ruhen könnte.
Dann schlug sie die Augen auf und erinnerte sich. An jene Minuten auf der Lichtung, in denen so viel geschehen war, dass ihr die Rückschau darauf den Atem stocken ließ. Dracos Vater war tot. Nicht, dass sie diesen Umstand wirklich bedauerte. Nur um Draco tat es ihr leid. Viel zu spät hatte sie begriffen, was sie ihm damit antat, ihn zu hintergehen.
Vor dem Fenster rauschte der Wind in den Spitzen der Bäume. Es schien, als würde es regnen, denn der Himmel war von dunklem Grau. Erst in diesem Moment verstand sie, dass sie zuhause war, in ihren eigenen Räumen im Haus ihrer Mutter und ihres Gefährten Asriel. Die vertrauten Möbel nahmen ihr ein wenig den Kummer, doch sie konnten sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ruhe, die sie nun genoss, nicht anhalten würde.
Deirdre setzte sich vorsichtig auf und bekämpfte den Schwindel, der sie dabei überfiel, mit reiner Willenskraft. Ihre Beine zitterten, als sie nach einer kleinen Weile aufstand und erst einmal zu dem großen Spiegel ging, der in einer Ecke stand. Ihr wirkliches Ich blickte ihr entgegen, bleich wie eine Tote. Es war zu knapp gewesen.
Sie ergriff den leichten Mantel, der auf einem Hocker neben ihrem Bett lag und legte ihn sich um die Schultern, um das kurze Hemd, das sie trug, zu verbergen. Auf nackten Füßen ging sie zum Ausgang und schob das Tuch, das die Türöffnung verborg, zur Seite. Eine Welle kühler Luft und Regen wurde ihr vom Wind entgegengetragen. Deirdre atmete tief ein, schlug die Kapuze des Mantels hoch und trat dann hinaus.
Die schwindelerregende Höhe, in der das Haus ihrer Mutter über dem Boden schwebte, bewegte sie kaum, als sie an die Brüstung der Plattform trat, die um das Haus lief und durch Hängebrücken mit den anderen Gebäuden in den Bäumen verbunden war.
Der Wald lag freilich da, so wie in ihren Erinnerungen. Doch sie meinte, in den Schwingungen der Luft eine kaum merkliche Veränderung zu spüren, eine Feindseligkeit, als würden Hass und Rache der Welt nun auch ihren Platz im Reich der Elfen finden.
Stimmen erklangen unweit von ihr und obwohl ihr kalt war, ging sie ihnen nach. Ihre Füße machten kaum ein Geräusch, als sie sich der Tür näherte, die sich in das Innere des Hauses öffnete Sie zuckte zusammen, als sie die Stimmen erkannte. Severus Snape unterhielt sich mit Asriel. Über sie. Die Stimme des Gefährten ihrer Mutter war unterkühlter, als sie es jemals von einem anderen Mann gehört hatte. Noch nicht einmal von Snape.
"Es war eine dringend nötige Entscheidung. Wir brauchten eine Antwort."
Snape schnaubte abfällig.
"Ihr habt sie, diese Antwort. Ich bin vor Euch gekrochen im Namen aller rechtschaffenen Zauberer, aber ihr hattet sie längst. Ihr wusstet, dass Ihr Euch nur mit uns verbünden konntet."
"Natürlich." Asriel lachte höhnisch. "Wir sandten Deirdre, weil wir darauf vertrauen konnten, dass ihre menschliche Natur sie irgendwann zu Voldemort führen würde. Sie war seit jeher ehrgeizig und wollte uns beweisen, dass sie eine der unseren ist. Es musste zu dieser Konfrontation kommen."
Für einen Moment herrschte Stille, doch Deirdre meinte, ihr Herz müsste so laut schlagen, dass es überall zu hören war. Ein Schmerz ballte sich in ihr zusammen, so tief und schneidend, dass es sie fast zerriss. Sie sank gegen die nächste Wand. Snapes nächste Worte hallten klar zu ihr hinaus.
"Ihr hättet sie geopfert, um zu erfahren, wie Voldemort auf einen Abkömmling der Elfen reagieren würde. Nun wisst Ihr es und könnt den nächsten schritt wagen. Das ist eine elegante Lösung. Deirdre dachte wahrscheinlich, sie würde zur Verständigung zwischen unsere Völkern beitragen."
"Sie ist die Tochter meiner Frau und eines verdammten Menschen, und in meinen Augen ist es völlig gleichgültig, ob sie getötet worden wäre." Asriels Stimme war schleppend und hochmütig. "Sie war nur der Köder, den man fortwirft und nicht zurückerwartet. Ich halte nichts von Ihrem Volk, Professor Snape, aber ich verstehe die Notwendigkeit unserer Allianz."
Deirdre hatte genug gehört. Sie zog ihren Mantel fester um sich und ging.
***
Severus sah die leise Bewegung vor dem Fenster und wusste ganz genau, wer ihr Gespräch belauscht hatte. Asriel musterte ihn scharf aus wasserhellen Augen. Der Gefährte von Deirdres Mutter war ebenso bösartig wie scharfsinnig. Seit dem Ende des Tribunals und der Entscheidung über die Rolle der Elfen waren sie sich aus dem Weg gegangen, doch an diesem wolkenverhangenen Morgen waren sie aufeinandergetroffen. Und nun wusste Severus die Wahrheit.
Er nickte dem Elfen wortlos zu und wandte sich ab, erzürnt über Asriels Worte, obwohl sie ihn in keinster Weise betrafen. Durch den schmalen Korridor gelangte er auf den Rundgang, der an schönen Tagen von vielen Elfen genutzt wurde, nun jedoch verlassen dalag. Durch den Regen, der vom Wind zu ihm gedrückt wurde wie eine Bürde, die er zu tragen hatte, folgte er dem Geräusch der Schritte vor ihm, die mit einem Mal verklangen.
Er bog um eine Ecke und sah Deirdre. Sie stand an der Brüstung des Ganges, die Hände um das Geländer gekrallt. Völlig durchnässt starrte sie hinaus in den Wald voller tropfender Blätter, ihre Kapuze war ihr vom Gesicht fortgeweht worden. In diesem Gesicht, das wieder jener Erwachsenen gehörte, die er auf Hogwarts kennengelernt hatte, standen nicht etwa Tränen, wie er es erwartet hatte. Aus Deirdre sprach der Hass in seiner reinsten Form.
Sie bemerkte ihn und blickte auf. Aus ihren grünen Augen loderten ihm Gefühle entgegen, offen und ehrlich, wie er es noch nicht erlebt hatte. Bisher hatten sie immer auf unterschiedlichen Ebenen gestanden. Sie waren Feinde gewesen, Schülerin und Lehrer, Konkurrenten im Dienst des Ministeriums. Alles hatte sich nun verändert. Er hatte ihr Leben gerettet und sie in eine Welt gebracht, in der sie beide Fremde waren. Jetzt gab es keinen Unterschied mehr zwischen ihnen.
"Ich habe mich also nicht geirrt", sagte sie leise, aber mit fester Stimme. "Als ich Ihre Stimme hörte, dachte ich, es wäre ein böser Scherz."
"Das ist es auch", gab Severus zurück und verschränkte die Arme. Er ließ seinen Blick über sie wandern, von den nackten Füßen bis hin zu ihrem blassen Gesicht. Er hätte nicht gedacht, sie einmal so hilflos zu sehen, so verletzlich. Bisher war sie immer in allem unglaublich stark gewesen, im Ertragen der Nebenwirkungen des Trankes oder auch seiner Angriffe. "Albus hat mich hergeschickt, um von Ihrem Volk in die Knie zu gehen. Und es hat funktioniert. Ihre Leute werden uns unterstützen."
Deirdre lächelte kurz und bitter.
"Das sind nicht meine Leute. Ich wusste es immer, aber mir war ebenso klar, dass es keiner von ihnen verdient, von Voldemorts Untergebenen getötet zu werden. Deswegen bin ich gegangen." Sie raffte ihren Umhang enger um sich und schlug die Kapuze hoch. "Ich habe dieses Leben verlassen und wollte nicht wieder zurückkehren, in der Hoffnung, dass die Welt der Menschen das Richtige sein könnte." Sie zögerte für einen Moment, um ihre Stimme wieder in den Griff zu bekommen. "Ich gebe Ihnen einen Rat. Entscheiden Sie sich auch für eine Welt, zwischen der Anziehungskraft Voldemorts und der Güte Dumbledores. Wenn Sie es nicht tun, werden Sie genau das werden, was ich bin. Ein Köder, den man fortwirft."
Severus wollte etwas sagen, aber er konnte es nicht. Er verstand sie plötzlich wie er sich selbst verstand. Deirdre hatte ihre Rolle als Mittlerin zwischen Menschen und Elfen fast mit dem Leben bezahlt, dieselbe Gefahr, die ihm jedes Mal drohte, wenn er sich zu dem Treffen der Todesser begab.
"Mir wird nichts anderes übrigbleiben", antwortete er nach einer ganzen Weile, in der er einfach nur dem Fall des Regens gelauscht hatte. Erstaunlich, wie leicht ihm die Worte über die Lippen kamen, fast, als, hätten sie in seinem Inneren auf ihre Befreiung gewartet. "Sirius Black hat meine Tarnung auffliegen lassen. Draco weiß Bescheid und wenn ich mich nicht irre, dann wird er nicht zögern, es allen zu erzählen. Er verachtet mich."
"Das tut mir Leid, Professor." Deirdre drehte sich plötzlich zu ihm und blickte ihn an. Ihr Blick war voll ehrlichen Mitgefühls. "Ich wollte niemals jemandem schaden, vor allem nicht Draco. Ich habe ihn sehr gern. Und ich wollte auch Ihnen nicht schaden."
"Es ist wohl zu spät für Eure Vorsätze." In Severus Absicht lag es, sarkastisch und bitter zu klingen, doch es gelang ihm nicht. Stattdessen starrte ihn Deirdre völlig überrascht an, weil in seiner Stimme Verzweiflung lag. Im selben Moment erkannte er, dass er vor dem Nichts stand. Im Kreis Voldemorts, der trotz aller Grausamkeit ein Stück Normalität seines Lebens geworden war, war er nun nicht mehr willkommen. Und die Zauberer? Auch zu ihnen hatte er nie gehört, zu ihrem guten und gerechten Kosmos.
Nichts geschah. Der Zauber des Elfenreichs um sie herum verblasste im Angesicht der dunklen Vorahnung, die ihn befiel. Er würde zurückkehren. Und Deirdre mit ihm, dessen war er sich sicher. Und dann? Was würden die Elfen in dem Kampf gegen den dunklen Lord ausrichten? Möglicherweise war es schon zu spät und die Armee der Untoten fiel über Hogwarts her wie ein Schwarm gieriger, blutsaugender Heuschrecken.
Der Regen fiel und der Himmel war dunkel wie Asche. Dann wandte sich Deirdre ab und ging davon. Er folgte ihr nicht.
Dann schlug sie die Augen auf und erinnerte sich. An jene Minuten auf der Lichtung, in denen so viel geschehen war, dass ihr die Rückschau darauf den Atem stocken ließ. Dracos Vater war tot. Nicht, dass sie diesen Umstand wirklich bedauerte. Nur um Draco tat es ihr leid. Viel zu spät hatte sie begriffen, was sie ihm damit antat, ihn zu hintergehen.
Vor dem Fenster rauschte der Wind in den Spitzen der Bäume. Es schien, als würde es regnen, denn der Himmel war von dunklem Grau. Erst in diesem Moment verstand sie, dass sie zuhause war, in ihren eigenen Räumen im Haus ihrer Mutter und ihres Gefährten Asriel. Die vertrauten Möbel nahmen ihr ein wenig den Kummer, doch sie konnten sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ruhe, die sie nun genoss, nicht anhalten würde.
Deirdre setzte sich vorsichtig auf und bekämpfte den Schwindel, der sie dabei überfiel, mit reiner Willenskraft. Ihre Beine zitterten, als sie nach einer kleinen Weile aufstand und erst einmal zu dem großen Spiegel ging, der in einer Ecke stand. Ihr wirkliches Ich blickte ihr entgegen, bleich wie eine Tote. Es war zu knapp gewesen.
Sie ergriff den leichten Mantel, der auf einem Hocker neben ihrem Bett lag und legte ihn sich um die Schultern, um das kurze Hemd, das sie trug, zu verbergen. Auf nackten Füßen ging sie zum Ausgang und schob das Tuch, das die Türöffnung verborg, zur Seite. Eine Welle kühler Luft und Regen wurde ihr vom Wind entgegengetragen. Deirdre atmete tief ein, schlug die Kapuze des Mantels hoch und trat dann hinaus.
Die schwindelerregende Höhe, in der das Haus ihrer Mutter über dem Boden schwebte, bewegte sie kaum, als sie an die Brüstung der Plattform trat, die um das Haus lief und durch Hängebrücken mit den anderen Gebäuden in den Bäumen verbunden war.
Der Wald lag freilich da, so wie in ihren Erinnerungen. Doch sie meinte, in den Schwingungen der Luft eine kaum merkliche Veränderung zu spüren, eine Feindseligkeit, als würden Hass und Rache der Welt nun auch ihren Platz im Reich der Elfen finden.
Stimmen erklangen unweit von ihr und obwohl ihr kalt war, ging sie ihnen nach. Ihre Füße machten kaum ein Geräusch, als sie sich der Tür näherte, die sich in das Innere des Hauses öffnete Sie zuckte zusammen, als sie die Stimmen erkannte. Severus Snape unterhielt sich mit Asriel. Über sie. Die Stimme des Gefährten ihrer Mutter war unterkühlter, als sie es jemals von einem anderen Mann gehört hatte. Noch nicht einmal von Snape.
"Es war eine dringend nötige Entscheidung. Wir brauchten eine Antwort."
Snape schnaubte abfällig.
"Ihr habt sie, diese Antwort. Ich bin vor Euch gekrochen im Namen aller rechtschaffenen Zauberer, aber ihr hattet sie längst. Ihr wusstet, dass Ihr Euch nur mit uns verbünden konntet."
"Natürlich." Asriel lachte höhnisch. "Wir sandten Deirdre, weil wir darauf vertrauen konnten, dass ihre menschliche Natur sie irgendwann zu Voldemort führen würde. Sie war seit jeher ehrgeizig und wollte uns beweisen, dass sie eine der unseren ist. Es musste zu dieser Konfrontation kommen."
Für einen Moment herrschte Stille, doch Deirdre meinte, ihr Herz müsste so laut schlagen, dass es überall zu hören war. Ein Schmerz ballte sich in ihr zusammen, so tief und schneidend, dass es sie fast zerriss. Sie sank gegen die nächste Wand. Snapes nächste Worte hallten klar zu ihr hinaus.
"Ihr hättet sie geopfert, um zu erfahren, wie Voldemort auf einen Abkömmling der Elfen reagieren würde. Nun wisst Ihr es und könnt den nächsten schritt wagen. Das ist eine elegante Lösung. Deirdre dachte wahrscheinlich, sie würde zur Verständigung zwischen unsere Völkern beitragen."
"Sie ist die Tochter meiner Frau und eines verdammten Menschen, und in meinen Augen ist es völlig gleichgültig, ob sie getötet worden wäre." Asriels Stimme war schleppend und hochmütig. "Sie war nur der Köder, den man fortwirft und nicht zurückerwartet. Ich halte nichts von Ihrem Volk, Professor Snape, aber ich verstehe die Notwendigkeit unserer Allianz."
Deirdre hatte genug gehört. Sie zog ihren Mantel fester um sich und ging.
***
Severus sah die leise Bewegung vor dem Fenster und wusste ganz genau, wer ihr Gespräch belauscht hatte. Asriel musterte ihn scharf aus wasserhellen Augen. Der Gefährte von Deirdres Mutter war ebenso bösartig wie scharfsinnig. Seit dem Ende des Tribunals und der Entscheidung über die Rolle der Elfen waren sie sich aus dem Weg gegangen, doch an diesem wolkenverhangenen Morgen waren sie aufeinandergetroffen. Und nun wusste Severus die Wahrheit.
Er nickte dem Elfen wortlos zu und wandte sich ab, erzürnt über Asriels Worte, obwohl sie ihn in keinster Weise betrafen. Durch den schmalen Korridor gelangte er auf den Rundgang, der an schönen Tagen von vielen Elfen genutzt wurde, nun jedoch verlassen dalag. Durch den Regen, der vom Wind zu ihm gedrückt wurde wie eine Bürde, die er zu tragen hatte, folgte er dem Geräusch der Schritte vor ihm, die mit einem Mal verklangen.
Er bog um eine Ecke und sah Deirdre. Sie stand an der Brüstung des Ganges, die Hände um das Geländer gekrallt. Völlig durchnässt starrte sie hinaus in den Wald voller tropfender Blätter, ihre Kapuze war ihr vom Gesicht fortgeweht worden. In diesem Gesicht, das wieder jener Erwachsenen gehörte, die er auf Hogwarts kennengelernt hatte, standen nicht etwa Tränen, wie er es erwartet hatte. Aus Deirdre sprach der Hass in seiner reinsten Form.
Sie bemerkte ihn und blickte auf. Aus ihren grünen Augen loderten ihm Gefühle entgegen, offen und ehrlich, wie er es noch nicht erlebt hatte. Bisher hatten sie immer auf unterschiedlichen Ebenen gestanden. Sie waren Feinde gewesen, Schülerin und Lehrer, Konkurrenten im Dienst des Ministeriums. Alles hatte sich nun verändert. Er hatte ihr Leben gerettet und sie in eine Welt gebracht, in der sie beide Fremde waren. Jetzt gab es keinen Unterschied mehr zwischen ihnen.
"Ich habe mich also nicht geirrt", sagte sie leise, aber mit fester Stimme. "Als ich Ihre Stimme hörte, dachte ich, es wäre ein böser Scherz."
"Das ist es auch", gab Severus zurück und verschränkte die Arme. Er ließ seinen Blick über sie wandern, von den nackten Füßen bis hin zu ihrem blassen Gesicht. Er hätte nicht gedacht, sie einmal so hilflos zu sehen, so verletzlich. Bisher war sie immer in allem unglaublich stark gewesen, im Ertragen der Nebenwirkungen des Trankes oder auch seiner Angriffe. "Albus hat mich hergeschickt, um von Ihrem Volk in die Knie zu gehen. Und es hat funktioniert. Ihre Leute werden uns unterstützen."
Deirdre lächelte kurz und bitter.
"Das sind nicht meine Leute. Ich wusste es immer, aber mir war ebenso klar, dass es keiner von ihnen verdient, von Voldemorts Untergebenen getötet zu werden. Deswegen bin ich gegangen." Sie raffte ihren Umhang enger um sich und schlug die Kapuze hoch. "Ich habe dieses Leben verlassen und wollte nicht wieder zurückkehren, in der Hoffnung, dass die Welt der Menschen das Richtige sein könnte." Sie zögerte für einen Moment, um ihre Stimme wieder in den Griff zu bekommen. "Ich gebe Ihnen einen Rat. Entscheiden Sie sich auch für eine Welt, zwischen der Anziehungskraft Voldemorts und der Güte Dumbledores. Wenn Sie es nicht tun, werden Sie genau das werden, was ich bin. Ein Köder, den man fortwirft."
Severus wollte etwas sagen, aber er konnte es nicht. Er verstand sie plötzlich wie er sich selbst verstand. Deirdre hatte ihre Rolle als Mittlerin zwischen Menschen und Elfen fast mit dem Leben bezahlt, dieselbe Gefahr, die ihm jedes Mal drohte, wenn er sich zu dem Treffen der Todesser begab.
"Mir wird nichts anderes übrigbleiben", antwortete er nach einer ganzen Weile, in der er einfach nur dem Fall des Regens gelauscht hatte. Erstaunlich, wie leicht ihm die Worte über die Lippen kamen, fast, als, hätten sie in seinem Inneren auf ihre Befreiung gewartet. "Sirius Black hat meine Tarnung auffliegen lassen. Draco weiß Bescheid und wenn ich mich nicht irre, dann wird er nicht zögern, es allen zu erzählen. Er verachtet mich."
"Das tut mir Leid, Professor." Deirdre drehte sich plötzlich zu ihm und blickte ihn an. Ihr Blick war voll ehrlichen Mitgefühls. "Ich wollte niemals jemandem schaden, vor allem nicht Draco. Ich habe ihn sehr gern. Und ich wollte auch Ihnen nicht schaden."
"Es ist wohl zu spät für Eure Vorsätze." In Severus Absicht lag es, sarkastisch und bitter zu klingen, doch es gelang ihm nicht. Stattdessen starrte ihn Deirdre völlig überrascht an, weil in seiner Stimme Verzweiflung lag. Im selben Moment erkannte er, dass er vor dem Nichts stand. Im Kreis Voldemorts, der trotz aller Grausamkeit ein Stück Normalität seines Lebens geworden war, war er nun nicht mehr willkommen. Und die Zauberer? Auch zu ihnen hatte er nie gehört, zu ihrem guten und gerechten Kosmos.
Nichts geschah. Der Zauber des Elfenreichs um sie herum verblasste im Angesicht der dunklen Vorahnung, die ihn befiel. Er würde zurückkehren. Und Deirdre mit ihm, dessen war er sich sicher. Und dann? Was würden die Elfen in dem Kampf gegen den dunklen Lord ausrichten? Möglicherweise war es schon zu spät und die Armee der Untoten fiel über Hogwarts her wie ein Schwarm gieriger, blutsaugender Heuschrecken.
Der Regen fiel und der Himmel war dunkel wie Asche. Dann wandte sich Deirdre ab und ging davon. Er folgte ihr nicht.
