Warum?

Als Severus die Große Halle betrat, beachtete ihn kaum einer. Dass er zu spät zum Essen kam, war inzwischen Gewohnheit geworden und vermisst hatte ihn bisher selten einer. Es störte ihn überhaupt nicht, dass die meisten Schüler ihn hassten. Im Gegenteil, er wollte es so. Sie hatten so das Bestreben es ihm beweisen zu müssen und sie versuchten ihm alles mehr als Recht zu machen. Schließlich wollten sie es nicht riskieren, mehr Punkte als nötig abgezogen zu bekommen. So hielt er es jedenfalls mit den Gryffindors und Hufflepuffs und Ravenclaws. Die Slytherins nahmen bei ihm eine Sonderstellung ein. Nicht nur, weil er selbst einmal ein Slytherin gewesen und nun Hauslehrer war und alles versuchen würde, den Hauspokal zu gewinnen. Nein, auch weil die meisten Eltern dieser Schüler nicht zögern würden, ihn umzubringen, waren sie doch alle miteinander Todesser und hassten ihn sowieso für seinen Verrat. Aber konnte es ihnen einer verdenken? Severus war einer der engsten Vertrauten von Voldemort gewesen. Dieser Umstand schrie förmlich Loyalität. Ihm hätten alle bedingungslos ihr Leben anvertraut. Sie waren der Meinung gewesen, dass, wenn er einen von ihnen verraten würde, es für die Sache wäre und nicht für Dumbledore, diesem Muggelfanatiker. Natürlich, die Potters waren tot, sowie es von Anfang an geplant war. Nur Harry hatte überlebt. Und er hatte Voldemort gestürzt. Jedenfalls glaubten sie, dass die Eltern sein Ziel gewesen war. Dass die Potters einen Sohn hatten, hatten zu dem Zeitpunkt nur wenige gewusst. Peter war einer von ihnen. Und da es Peter gewusst hatte, wusste es auch der Dunkle Lord. Und dieser wusste, das dieser Junge seinen Untergang bedeutete. Nur dachte er, dass es erst später sein würde. Wenn Harry die Schule abgeschlossen und Auror geworden wäre. Nicht als kleines, hilfloses Baby.

"Professor?"

Severus sah von seinem Teller auf und blickte direkt in die grauen Augen von Draco Malfoy. Das erinnerte ihn daran, dass heute Abend dessen Vater auf einen "Besuch" bei ihm vorbeikommen würde. Lucius verstand unter "Besuch" plötzlich im Zimmer stehen, ein bisschen Small Talk betreiben, Severus ins Bett zerren und dann von früher zu reden. Und am nächsten Morgen, wenn Severus aufwachte, lag er allein im Bett. In der Nacht von seinem Liebhaber heimlich verlassen. Ein kleiner Seufzer kam ihm über die Lippen. Gern würde er mal aufwachen und neben sich keinen leeren Platz vorfinden. Die nackte, warme, samtne Haut des Mannes, dem er seit der Schule verfallen war, auch wieder einmal nach dem Aufwachen spüren. Draco sah genauso aus wie sein Vater, als dieser nach Hogwarts ging. Mittelgroß, kräftig gebaut, blondes - schon längeres - Haar, intensive graue Augen, die einem in einem zärtlichen Augenblick alles vom Himmel versprachen und in einem Wütenden einen niederstreckten. Wenn der Besitzer dieser unglaublich schönen Augen in einer nachdenklichen Stimmung war, dann erinnerten sie an einen wolkenbehangenen Himmel im Winter. Einem solchen Himmel wie heute. Die Augen von Draco versuchten arrogant zu blicken, aber sie schafften es nicht wirklich. Sie sahen aus ... wie der Himmel über ihnen. Grau. Wolkenbehangen.

"Was ist Draco?"

"Ich hätte da ein kleines Problem, worüber ich gerne mit ihnen sprechen würde..."

"Um was handelt es sich?"

"Es handelt sich um nichts, was man in einer gefüllten Halle erörtern sollte. Könnten wir uns vielleicht treffen? Wo wir ungestört sind?"

"Kommen sie in einer halben Stunde in mein Büro, dann werde ich mich mit ihnen befassen."

"Danke Professor."

Skeptisch sah Severus Draco hinterher. Was würde der Junge ihm erzählen? Nie zuvor war der malfoy'sche Sprössling zu ihm gekommen, um mit ihm zu reden. Es würde mit Sicherheit ein interessantes Gespräch werden, er musste nur aufpassen, Draco zur rechten Stunde wieder wegzuschicken. Schließlich wollte Lucius heute kommen. Und Severus spürte, dass, was der Junge auch immer auf dem Herzen haben möge, der Vater sollte kein Zeuge dieses Gespräches werden. Kurz vor der Zeit verließ er die Große Halle und ging zu seinem Büro. Draco wartete bereits auf ihn.

"Mr. Malfoy, treten sie ein."

"Ja, Professor."

Der Professor schloss das Büro auf, betrat es und ging durch den Raum zu einer weiteren Tür.

"Ich hoffe, es stört sie nicht, ihr kleines Problem in meinem Zimmer zu erörtern. Ich hatte einen anstrengenden Tag und ein Sessel ist bequemer als ein Stuhl."

"Nein Professor, es stört mich nicht. Ganz im Gegenteil, es ehrt mich aufs..."

"Hör auf mit deiner Schleimerei und sag mir lieber, was du mir sagen willst. Ich habe besseres zu tun als mir ihre 'Nettigkeiten' anhören zu müssen. Das kann ich auch im Unterricht."

"Na- na- natürlich, Professor."

Draco sah Severus, der es sich mit einem Glas Rotwein auf einem Sessel bequem gemacht hatte, noch etwas zögerlich an. Ob er auch einen Sitzplatz angeboten bekommen würde? Es sah nicht so aus. Er würde sich jetzt nicht dazu herablassen seinen Lehrer zu reizen, indem er sich einfach irgendwohin setzte. Der sah ihn mit einem fragenden Blick an. Was um Himmelswillen, was wollte der junge Malfoy von ihm?

"Nun?"

"Entschuldigen sie, Professor. Ich habe darauf gewartet, dass sie mir das Wort erteilen würden..."

Eine schwarze Augenbraue hob sich.

"Also... wissen sie, mein ganzes Leben erzählte mir mein Vater von seiner Jugend und wie er ein Todesser geworden ist und dass, wenn Harry Potter nicht gewesen wäre, ich auch einer geworden wäre. Mich hatten diese Geschichten nie wirklich berührt, müssen sie wissen. Natürlich war ich von den Geschichten begeistert, die mir Vater erzählt hatte. Er kann gut erzählen. Vielleicht wissen sie das ja. Auf jeden Fall, der Dunkle Lord war tot, glaubte man jedenfalls und ich dachte, ich müsste mich nicht wirklich damit auseinandersetzen. Ich habe mir oft vorgestellt ein Todesser zu sein und an Vaters Seite zu kämpfen, aber nun, wo es so weit ist... nun ja, ich habe Angst davor. Angst Menschen umzubringen. Angst zu versagen. Angst nicht so zu sein, wie es alle erwarten. Angst kein Todesser sein zu wollen. Angst einer zu sein. Verstehen sie, was ich meine?"

Der Professor verstand es nur allzu gut. Vor Jahren hatte er die gleichen Ängste gehabt. Angst zu versagen, Angst zu töten, Angst ein Todesser zu sein. Doch ihm wurde die Entscheidung abgenommen. Durch eine Begebenheit, die nach Sirius' Aussage ein Versehen war. Trotz des Vorabends hatte Severus immer noch Zweifel, ob sein alter Feind die Wahrheit gesprochen hatte. Natürlich, dass die Eltern von ihm gestorben waren, dass hatte Severus schon gehört. Zwar erst viele Tage später, aber er hatte es erfahren. Und er konnte verstehen, dass Sirius ärgerlich darüber war, dass er ihn hatte ärgern wollen und dass er mit ihm ein Duell abhalten wollte. Aber dass er vergessen hatte, dass Vollmond war, das hielt Severus für mehr als unwahrscheinlich.

"Natürlich. Aber was wollen sie jetzt von mir? Dass ich ihre Hand halte und sage: Es wird alles gut? Und: sie werden schon den für sie günstigen Weg gehen? Tut mir leid, das kann ich nicht. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt. Ich weiß nicht, ob es ihnen auf der einen oder anderen Seite besser ergehen wird. Ich weiß weder wer in diesen Kampf siegen noch wer in ihm verlieren wird. Das wird alles die Zukunft entscheiden. Natürlich entscheiden wir die Zukunft, indem wir uns für die eine oder andere Möglichkeit entscheiden, die uns das Leben vorgibt. Manchmal scheint der eine Weg einfacher. Doch das muss nicht bedeuten, dass er es ist oder bleibt. Wer bequem ist, der wird diesen Weg nehmen. Das werden nicht Wenige sein. Der Andere ist länger, steinig und schwer zu laufen und auch hier wird es einige geben, die auf den bequemen Weg wechseln. Aber die, die es bis zum Ende schaffen durchzuhalten, die werden vielleicht diesen Kampf lebend überstehen. Und nun muss ich sie bitten zu gehen. Ich erwarte Besuch."

"Natürlich Professor. Sie haben mir eben einiges zu Denken gegeben. Ich bin froh, mich ihnen anvertraut zu haben. Danke, dass sie sich die Zeit genommen haben. Darf ich mir eine Frage erlauben?"

"Frag. Vielleicht werde ich sie beantworten."

"Eigentlich sind es zwei. Die erste ist, ob wir uns nicht vielleicht noch mal ... ausführlicher unterhalten können, wenn sie keinen Besuch erwarten."

"Natürlich. Und die zweite?"

"Für welchen Weg haben sie sich entschieden?"

"Gehen sie bitte."

Severus sah Draco nach, als dieser seine Gemächer verließ. Die ganze Zeit hatte er auf die Frage gewartet. Für sich wusste er, wie er sie beantworten sollte. Zurückgekehrt in die Dienste des Dunklen Lords, um wieder für Dumbledore zu spionieren. Diesmal allerdings musste Severus sich erst wieder hocharbeiten. Diesmal war er keiner aus dem engsten Kreis. Lucius war sicher wieder ganz weit vorn. Karkaroff hingegen war inzwischen tot. Nur wenige Tage nach seiner Flucht hatte Severus die Nachricht erhalten. Eine schwarze Eule brachte ihm den schweren Briefumschlag. Asche fiel heraus, als er ihn öffnete. Asche und ein Bild von Karkaroff. Das Bild bewegte sich nicht. Eine Leiche bewegt sich nicht auf Bildern. Auch nicht auf magischen. Das Dunkle Mal auf Severus' Arm hatte bestialisch geschmerzt. Der letzte von ihnen, der das Quartett um Voldemort komplettiert hatte, war Barty Crouch Jr. gewesen. Er war von ihnen der jüngste gewesen. Aber in Stärke stand er ihnen in nichts nach. Über ein halbes Jahr war es nun schon her, dass der Dementor ihm den Kuss gegeben hatte. Fudge war schon immer ein Stümper gewesen. Ein Stümper und ein Feigling. Im Laufe der letzten Monate hatte sich nichts daran geändert. Verkroch sich im Ministerium und tat, als hätte die Auferstehung Voldemorts nie stattgefunden.

"Du schaust so traurig. Hast du mich schon vermisst?"

Lucius war da. Still und heimlich war er wieder aufgetaucht und hatte sich hinter den Sessel von Severus gestellt. Spöttisch waren sein Lächeln und seine Augen.

"Wann richtest du deine Gemächer endlich traditionell in Grün und Silber ein?"

"Was hast du gegen meine Einrichtung?"

"Versteh mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Schwarz. Aber du bist der Hauslehrer von Slytherin. Da ist ein wenig Grün nicht fehl am Platze."

Severus sah sich um. Seine Sitzgarnitur (zwei Sessel und eine Couch, aus dem 18./19. Jahrhundert stammend) war mit schwarzem Samt bezogen, die Schränke und der Schreibtisch aus schwarzem Holz (schwarze Eiche, wächst nur im verbotenem Wald). Das Bett, welches im hinteren Teil des Zimmers stand, war aus dem gleichen Holz. Die Bezüge schwarze Seide. Die Vorhänge bildeten die einzigste Ausnahme. Sie waren silbrig leuchtend. Durch einen Zauber konnte keiner Einblick in das Bett nehmen, dafür konnte man aber von innen alles sehen.

"Mir gefällt meine Einrichtung. Du kannst gerne gehen, wenn es dir nicht passt."

"Nein. Ich habe mich daran gewöhnt."

Die Arme von Lucius fuhren über den Brustkorb des Anderen.

"Du weißt, dass ich nicht gehen kann. Du hältst mich fest."

"Tatsächlich? Wenn ich morgens aufwache, ist davon nicht so spüren. Dann bist du weg. Und ich allein. Dann halte ich gar nichts mehr fest. Nur die noch warme Decke."

"Aber ich komme doch immer wieder."

"Aus reiner Gewohnheit. Weil deine Frau dich nicht befriedigen kann. Es gibt so viele Gründe, warum du wieder kommst. Aber nicht aus Liebe zu mir."

"Das ist nicht wahr."

"Doch. Du liebst mich nicht. Du liebst nur dich selbst. Und du tust alles nur um deiner Selbstwillen. Oder vielleicht noch für den Lord."

"Das tue ich nicht. Wenn es nach dem Lord ginge, wärst du schon lange tot. Ich bin zu ihm gegangen und habe für dich gesprochen. Dass ich dich zurück auf unsere Seite bringen würde. Das du wieder einer von uns werden würdest. Er wollte nicht. Ich habe alles getan, damit er dich wieder in unseren Kreis aufnimmt. Tagelang hat er mich dem Cruciatusfluch unterworfen. Nur um zu sehen, wie ernst es mir damit war..."

"Ich unterlag auch diesem Fluch. Jede Nacht hat er mich heimgesucht. Wochen ... nein, monatelang konnte ich kaum schlafen."

"Alles habe ich getan, damit er dich verschont und nicht tötet. Und wie dankst du es mir? Du behauptest, ich würde dich nicht lieben. Sondern nur mich selbst."

"Es tut mir leid. Aber man wird verbittert, wenn man jeden Morgen aufwacht und das Bett neben einem ist leer."

"Irgendwann wirst du aufwachen und ich werde neben dir liegen. Aber zur Zeit bin ich sehr stark beschäftigt. Der Lord sammelt seine Streitkräfte. Die Vampire haben sich uns schon angeschlossen. Bald werden wir die Lestrangs befreien können. Die Dementoren werden sich uns anschließen. Sie gieren nach den Gefühlen der Menschen. In anderen Ländern wird ebenfalls zum Kampf gegen das "Licht" gerüstet. Nur diese eine Schlacht muss geschlagen werden und wir können die Welt formen, wie sie uns gefällt. Du könntest Schulleiter von Hogwarts werden. Die dunkeln Künste unterrichten. Nicht nur die Verteidigung. Es würden nur noch Reinblüter hier zur Schule gehen."

"Was ist, wenn wir geschlagen werden?"

"Geschlagen?"

"Ja. Unsere Gegner sind Dumbledore. Black. Lupin. Potter..."

"Dumbledore ist ein alter Mann. Black wird von Ministerium gejagt. Solange sie Peter nicht haben, gilt er als schuldig. Lupin ist ebenfalls kein Problem. Wenn das Ministerium Black findet, werden sie Lupin gleich mitnehmen. Ich verwette meinen Besitz, dass er Black Unterschlupf bietet. Das kommt Hochverrat gleich. Und was Potter angeht. Der Junge ist erst 15 Jahre alt. Was soll der uns schon für eine Gefahr sein? Mein Sohn wird sicher mit Leichtigkeit mit ihm fertig."

"Potter ist erst 15, aber in ihm stecken die Kräfte von zwei der stärksten Zauberer, die es zu ihren Lebzeiten gab. Er hat den Lord schon einmal zu Fall gebracht. Wer sagt, dass er es nicht noch einmal schafft? Du kennst ihn nicht. Du hast ihn noch nicht im Unterricht erlebt. Seine Zauberkraft ist immens. Auch wenn er bis jetzt noch nicht gelernt hat sie zu hundert Prozent einzusetzen, er hat Potential genauso stark - wenn nicht gar stärker - zu sein wie der Lord."

"Aber, wie du gesagt hast, er kann seine Kräfte noch nicht zu hundert Prozent einsetzen. Er ist noch nicht stärker als der Lord. Bei seiner Auferstehung konnte er Potter berühren ohne Schmerz zu empfinden. Der Junge allerdings litt höllischste Schmerzen. Und wenn du mal zurückdenkst, der Junge hat immer nur durch Zufälle überlebt. Aber jetzt lass uns ein anderes Thema anschneiden. Oder ganz aufs Reden verzichten."

Inzwischen hatte Lucius auf die Lehne von dem Sessel, auf dem Severus saß, bequem gemacht. Seine Hand knöpfte bereits den Mantel des Lehrers auf, der sich nicht davon beirren ließ und seinen Rotwein trank.

"Möchtest du mir nicht auch ein Glas anbieten?"

"Nein. Dazu müsste ich erst eine neue Flasche aufmachen. Du würdest ein halbes Glas trinken, deinen Spaß haben und morgen wieder verschwunden sein. Und da ich es nicht ertrage, allein zu sein, würde ich den Rest gleich nach dem Aufwachen trinken. Soll ich Alkoholiker werden?"

"Dann lass mich wenigstens von deinen Lippen die letzten Tropfen schmecken."

"Ich hoffte, du würdest das auf jeden Fall tun."

Sanft vereinigten sich beide zu einem langen Kuss. Wie sehr hatte Severus sich danach gesehnt, die samtnen Lippen von Lucius auf den seinen zu spüren? Wie sehr dessen Körper an den eigenen gepresst zu fühlen? Wie lange war es her, dass Lucius ihn - wie jetzt im Kusse vereinigt - vom Sessel in sein Bett führte und ihm da wieder und immer wieder, bis zur totalen Erschöpfung, zum Höhepunkt gebracht hatte? Drei Tage. Und doch schien es wie eine Ewigkeit. Er war süchtig nach den Küssen und Berührungen von Lucius. Er fühlte sich nur dann frei, wenn der Mann mit den grauen Augen nackt neben ihm lag, ihn fest im Arm hielt und leise zu ihm sprach. Es war in diesem Augenblick egal, was die Worte bedeuteten. Sie klangen gut. Warm. Beruhigend.

"Lucius?"

"Ja?"

"Kannst du nicht einmal hier bleiben bis ich aufgewacht bin? So wie früher, als wir noch in Hogwarts zur Schule gingen? Als wir am frühen Morgen so zusammen lagen und nicht gesprochen haben. Nur auf den Atem und den Herzschlag des Anderen gehört und uns geküsst haben? Ich vermisse diese Zeiten. Ich vermisse dich. Bitte, bleib hier."

"Es geht nicht. Ich habe morgen ein Treffen mit McNair. Dafür muss ich noch einige Vorbereitungen treffen."

"Schade."

"Bist du mir böse?"

"Nein. Dazu liebe ich dich zu sehr."

"Danke."

Schon wieder. Wieder hatte er es nicht gesagt. Und dann sollte Severus glauben, Lucius könne einen Anderen als sich selbst lieben? Nur einmal hatte er die Worte ausgesprochen.

"Ich vermisse sie auch."

"Hm?"

"Die Zeiten als wir auf Hogwarts zur Schule gingen. Damals hatten wir keine Verpflichtungen. Nur uns selbst. Denk nicht, dass ich diese Zeiten vergessen habe. Ich denke oft an sie zurück. Und gern. Am schönsten war die Nacht, als wir uns zum ersten Mal geliebt haben. In der du ein Todesser geworden bist. Weißt du noch?"

"Ja. Diese Nacht werde ich wohl aus verschiedenen Gründen nie vergessen. Die ganze Woche."

"Es war so schön. Endlich warst du mein. Ganz allein mein."

"Ja. Es war das einzigste Mal, dass du ..."

"Was? Was war das einzigste Mal, dass ich an diesem Abend gemacht habe?"

"Ach nichts. Vergiss es. Ich will jetzt schlafen. Weckst du mich, wenn du gehst? Wahrscheinlich nicht. Gute Nacht Lucius. Bis bald."

Severus schloss die Augen und war kurz darauf eingeschlafen.

"Gute Nacht Severus."

Lucius würde nicht schlafen. Er schlief nie, wenn er bei Severus war. Er hielt den Mann im Arm und strich ihm durchs Haar. Zugegebenermaßen war es manchmal etwas fettig, aber das nahm dem Mann nichts von seiner Schönheit. Der Körper war wohlgeformt, kein Gramm zuviel oder zu wenig. Die Augen waren dunkel wie die Nacht, man konnte sich in ihnen verirren. Die Lippen schmal und süß. Wie der Rotwein, den er immer trank. Rotwein war die einzigste Sünde die er sich gönnte. Er sah älter aus wie er ist, das stimmte schon, aber das lag wahrscheinlich daran, dass er in seinem Leben schon viel durchgemacht hatte. Den Anblick von Leichen hatte er nie ertragen. Deshalb hatte er sich auf Zaubertränke spezialisiert. In seinem Labor hatte er sich immer sicher gefühlt. Dort war er der Meister gewesen. Keiner konnte ihm dort etwas vormachen. Wie Lucius es doch immer genossen hatte, daneben zu sitzen und ihm bei der Zubereitung zuzusehen. Als der Morgen graute, stand er auf, zog sich an und kurz bevor er ging, setzte er sich noch einmal in das Bett. Seine Finger fuhren noch einmal durch das schwarze Haar und seine Lippen berührten die Stirn des Schlafenden. Dann ging er endgültig zur Tür, trat aus ihr heraus und schloss sie leise.

"Auch wenn du wieder für Dumbledore spionierst, Ich liebe dich."