Warum?

Severus sah aus dem Fenster der Heulenden Hütte. Draußen tobte ein Schneesturm. Sie waren zu spät. Ob sie überhaupt noch kommen würden, war fraglich. Aber er würde noch eine Weile sitzen bleiben. Vielleicht ließ der Schneesturm noch nach und er konnte zum Schloss ohne von einer Schneewehe eingekesselt zu werden. Als Severus am Morgen aufgewacht war, war er wieder allein gewesen. So wie die vielen Male davor. Und wie die vielen Male davor hatte er stumme Tränen der Verzweiflung vergossen. Bevor er nach Hogwarts zur Schule ging hatte er nie Freunde gehabt. Seine Eltern hatten ihm nie wirklich Beachtung geschenkt. Seinen großen Bruder hatte er nie kennen gelernt. Dieser war gestorben, bevor Severus begreifen konnte. Seine Mutter hatte das nie verkraftet. Sie saß den lieben langen Tag in einem Schaukelstuhl und starrte aus dem Fenster. Der Vater war zu beschäftigt, um sich um seinem Sohn zu kümmern. Severus konnte sich nicht erinnern, dass sein Vater ihm je zum Geburtstag gratuliert oder mit in den Zoo genommen oder ihm etwas aus seiner Jugend erzählt hatte. Dann kam er nach Hogwarts. Dort lernte er Lucius kennen. Das erweckte dann die Aufmerksamkeit des Vaters. Natürlich. Schließlich handelte es sich um einen Malfoy. Severus und Lucius wurden schnell das, was man Freunde nennen konnte. Lucius sprach, Severus hörte zu. Manchmal widersprach er auch, um Lucius wieder auf den Boden der Tatsachen zu bekommen. Der blonde Junge war ein Träumer gewesen. Aber er war reich und gewohnt, das zu bekommen, was er wollte. Egal auf welchem Wege. Aber er gab Severus das, was dieser brauchte. Wärme. Geborgenheit. Ein Zuhause. Nur in seinen Armen fühlte er sich wohl. Meist verachtete sich Severus selbst, dass er einen solchen Menschen liebte und brauchte, aber auch dass konnte nichts an dem Umstand ändern, dass er es tat. Und deshalb tat es so weh, dass er ihn wieder verriet. Vielleicht würde er es verstehen. Aber wohl eher nicht. Mit Grauen sah Severus in die Zukunft. Sollte es zum finalen Kampf kommen müsste er sich offen auf die "Gute" Seite stellen. Gegen Lucius. Ihn vielleicht töten. Oder von ihm getötet werden. Die zweite Möglichkeit war noch die Bessere. Dann war sein erbärmliches Leben wenigstens zu Ende. Und er müsste nicht mehr morgens allein aufwachen.

"Gott, ist das kalt draußen. Ich hoffe, ich hab dich nicht zu lange warten lassen?"

"Ich hätte so schnell die Hütte nicht verlassen. Aber warum sagst du ich? Wo ist Remus?"

"Zuhause. Letzte Nacht war Vollmond und er ist noch zu schwach um in einem solchen Sturm zu bestehen."

"Diesen Worten entnehme ich, dass du bei ihm wohnst."

"Ja. Trotzdem bitte ich dich nicht das Ministerium darüber zu informieren."

"Habe ich gesagt, dass ich das tun würde?"

"Nein, aber ich traue es dir zu."

"So schlecht denkst du also über mich. Das macht mich traurig. Ich dachte, wir wären "Freunde"."

"Ach tatsächlich? Wie kommst du auf diese Idee?"

"Ehrlich gesagt: gar nicht."

"Das ist der Severus wie ich ihn kenne und hasse."

"Oh danke schön! Und mir ist eine Freude dir ins Gesicht sagen zu müssen, dass du der abartigste Mensch bist, den ich kenne."

Belustigt grinsten sie sich an und reichten sich die Hände zur Begrüßung.

"Du hast einen kräftigen Handgriff."

"Oh danke! Jahrelanges Quidditchtraining."

"Du musst doch seit Jahren aus dem Training sein..."

"Nein, wenn wir artig waren, durften wir in Askaban eine Runde spielen."

"Wirklich?"

"Nein. Ich wollte nur einen Witz machen."

"Oh. Bilde dir einfach ein, dass ich gelacht habe. Okay?"

Sirius nickte. Er sah in Severus Augen weshalb der Mann nicht lachen konnte. Jemand, der lange nichts mehr zu lachen hatte, der schaffte es auch jetzt bei einem kleinen Witz nicht mehr. Ihm ging es oft genauso. Aber dank Remus fand er langsam sein sonniges Gemüt wieder, was er als Schüler an Hogwarts inne hatte. Remus. Er war seine Sonne, sein Mond, seine Luft, sein Wasser. Er war alles für Sirius. Schon in der Schule war es so gewesen. James war Sirius' bester Freund gewesen. Remus der liebste. Und aus Freundschaft ist mit der Zeit mehr geworden. Aber er hatte es Remus nie gesagt. Aus Angst abgelehnt zu werden. Dann, nach Askaban, hatten sie sich wiedergetroffen. Ihre Freundschaft wieder aufgenommen. Sich lange Briefe geschrieben. Und in einem schrieb er es. Ganz klein. In den letzten Satz: Ich liebe dich mehr wie einen Freund. Als Harry von seiner schmerzenden Narbe geschrieben hatte, war Sirius gleich aufgebrochen und hatte zwischendurch bei Remus Quartier gesucht. Und seit der Auferstehung Voldemorts lebte er ganz bei einem Geliebten. Und lernte wieder lachen. In einer Zeit, wo man wirklich lachen musste, um nicht zu verzweifeln. Aber Severus sah aus, als sei er schon fast verzweifelt. Sirius fühlte den Schmerz in den Augen. Und er machte sich Sorgen. Sorgen, dass Severus eine Dummheit begehen würde. Dass er ganz zum Dunklen Lord zurückkehren würde. Nur um wieder eine Familie zu haben. Eine Familie, der er ganz angehörte. Um bei Lucius zu sein. Die Anziehung die Lucius auf Severus ausübte hatte Sirius schon damals im Zug gespürt. Auf ihrer ersten Fahrt nach Hogwarts. Es war, als hätten sich die beiden gesucht und gefunden.

"Und? Warum sind wir hier?"

"Weil wir alte Freunde sind, die nichts Besseres zu tun haben, als im größten Schneesturm überhaupt, in einer Hütte zu sitzen, in der es gnadenlos zieht."

"Mir ist nicht nach Scherzen zumute."

"Warum?"

"Das geht dich einen Scheißdreck an!"

"Ach. Tut es das? Was bleibt uns den noch viel außer einem Scherz? Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich liebe mein Leben und die Welt, wie sie jetzt ist. Ich würde gerne Beides behalten. Da es aber nicht so aussieht, dass ich das könnte, koste ich mein Leben noch aus und mache Scherze!"

"Du liebst dein Leben, wie es ist? Du wirst vom Ministerium verfolgt für ein Verbrechen, was du nicht begangen hast. Du musst dich verstecken, lebst auf der Flucht. Kannst deinen Patensohn nicht öffentlich besuchen. Musst es heimlich machen. Was ist das für ein Leben?"

"Dafür liebe ich und werde geliebt! Wie viele Menschen können das von sich behaupten? Kannst du es? Liebst du? Wirst du geliebt?"

"Hier geht es nicht um lieben und geliebt werden. Hier geht es um die Tatsache, dass mir nicht nach Scherzen zumute ist, während der Lord seine Truppen sammelt. Während er kurz davor ist seine alte Machtstellung wieder zu erlangen. Und wir nur zuschauen müssen, beinahe tatenlos, da das Ministerium uns jede Hilfe verweigert, weil Fudge ein solcher Feigling ist."

"Vergiss Fudge! Er war schon immer ein Schlappschwanz. Nicht umsonst war er in Hufflepuff. Wir brauchen das Ministerium nicht. Die alten Kämpfer sind bereits alle versammelt. Die neuen werden bereits von ihnen unterrichtet. Harry, Ron und Hermine verbringen Stunden damit, sich Lichtmagie anzueignen. Und sie machen Fortschritte. Dumbledore steht in ständigen Kontakt mit den Riesen. Remus kümmert sich um die Werwölfe. Das einzigste Problem ist noch Askaban und die Dementoren. Solange sie nicht abgezogen sind, könnten wir wirklich in Schwierigkeiten kommen. Aber auch das wird nur noch eine Frage der Zeit sein."

"Dumbledore versucht schon seit Monaten, dass sie von ihrem Posten abgezogen werden. Bis jetzt hat es nicht geklappt. Der Lord wird demnächst in Askaban einmarschieren und alle befreien, die ihm noch nützen können. Die Dementoren wird er auch gleich noch mitnehmen. Und diese werden sich mit Vergnügen - wenn sie so etwas empfinden können - auf die Menschheit stürzen. Nein Sirius, mir ist nicht nach Scherzen zumute. Unsere Welt wird untergehen. Und wir mit ihr."

"Wir werden siegen Severus. Du musst nur daran glauben und dafür kämpfen."

"Wofür kämpfen? Es gibt nichts für dass es sich zu kämpfen lohnt."

"Gibt es nichts, für das du dein Leben opfern würdest? Dass du mit jeder Faser deines Körpers liebst?"

"Doch..."

"Aber?"

"Es gibt jemanden, den ich über alle Maßen liebe. Aber am Ende werde ich ihn bekämpfen müssen. Nicht beschützen."

"Lucius?"

"Ja. Er ist mein Leben. Er gibt mir die Kraft zum Leben. Wenn er erfährt, dass ich ihn wieder verrate, die Sache, für die er lebt, verrate, dann wird er mich umbringen. Und du sagst mir, ich soll glauben und kämpfen? Dafür, dass ich am Ende sterbe? Umgebracht von dem einen Mann, den ich liebe? Den Einzigsten ich je geliebt habe?"

"Aber du bist doch noch auf unserer Seite. Das bist du doch? Also kämpfst du doch schon. Für das, an das du glaubst."

"Ja, vielleicht. Warum muss es nur immer die verschiedenen Seiten geben? Warum Gut und Böse? Reicht es denn nicht, dass wir leben? Müssen wir auch noch kämpfen?"

"Beschwer dich nicht bei mir. Ich habe mir dieses Leben nicht ausgesucht."

"Ich weiß."

"Na also."

Schweigend stierten sie eine Weile in die Luft und hingen ihren Gedanken nach. Severus musste an den letzten Abend denken.

"Gestern war der junge Malfoy bei mir."

"Was wollte er?"

"Er hat mich um Rat gefragt."

"Was ist daran Besonderes? Du bist sein Hauslehrer."

"Ja."

"Also, was wollte er? Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen."

"Er weiß nicht, ob er das will, was sein Vater will. Dass er ein Todesser wird."

"Er weiß nicht, ob er ein Todesser werden soll?"

"Nein. Das könnte zu einem Problem werden."

"Wie man es nimmt. Er wäre bestimmt ein starker Kämpfer auf unserer Seite."

"Könnte sein. Wenn er überhaupt zum Kämpfen kommt, könnte er das wirklich werden. Ich muss zurück zum Schloss. Ich muss noch die morgige Stunde vorbereiten."

Eilig verließ Severus die Hütte. Nachdenklich sah Sirius ihm nach.

"Ist morgen nicht Sonntag?

Der Professor ging nicht zum Schloss. Er ging in den Verbotenen Wald. Tiefer und immer tiefer. Bis zu einer Lichtung. Der magischen Lichtung. Mehrere Wege durchliefen diesen Platz und bildeten ein Pentagramm. In der Mitte stand eine Gruppe von vier Steinen. Ein jeder symbolisierte ein Element. Feuer. Wasser. Luft. Erde. Aber sie symbolisierten auch die vier Gründer von Hogwarts, erkennbar war es an den eingeritzten Tieren auf den Steinen. Dachs. Adler. Löwe. Schlange. Alle vier hatten ein Element gehabt, dass sie besonders gut beherrschten. Rowena Ravenclaw konnte Stürme entfesseln, die Bäume ausrissen. Helga Hufflepuff ließ die Erde erzittern, wenn es von Nöten war. Godric Gryffindor brannte alles Alte nieder, damit Neues Platz hatte. Und Salazar Slytherin fühlte sich dem Wasser, dem Reinigenden, zugehörig. Die Lichtung war der magischste Ort an Hogwarts. Durch ihre Mitte floss ein kleines Bächlein und eine Ignis Floris, eine Feuerblume, wuchs hier. Ihre Blütenblätter waren flammenrot und sie war einst aus Asche entstanden. Zusammen mit der Erde aus dem Bachbett, in der ihre Wurzeln steckten und der sie umgebenden Luft bildete die Ignis Floris eine magische Einheit, die Singularis Unitas. Alle vier Elemente waren in ihr vereinigt. Das Pentagramm hielt die Kraft, die von der Singularis Unitas ausging, in Grenzen. Alle Zauber, die hier ausgeübt werden, werden hundertfach verstärkt. Deswegen war der Wald auch verboten. Wenn nur ein Schüler auch nur in die Nähe dieser Lichtung kommen und auch nur Zaubern üben würde, könnte das unaussprechliche Folgen haben, die keiner vorhersehen würde. Severus war gern hier. Besonders wenn er glaubte, dass alle Kraft ihn verlassen habe und er sich leer und erschöpft fühlte. Dann ging er hierher und spürte, wie ihn Wärme durchströmte und ihn wieder mit Leben füllte. Hierher ging er zum Nachdenken und manchmal schien es ihm, als wisperten die Geister der Begründer Hogwarts in sein Ohr. Godrics Stimme war fest und klar. Helga klang mütterlich. Wahrscheinlich war sie von etwas breitere Statur und sehr liebevoll, wenn auch streng zu ihren Schülern gewesen. Rowena klang verführerisch und schön. Salazar wie eine Schlange. Leise und zischend. Seine Stimme war einlullend und verführerisch, versprach einem Alles, was man sich wünschte. Severus wusste, dass er dieser Stimme nicht vollkommen vertrauen durfte. Ebenso, wie er Lucius nicht vollkommen vertrauen durfte. Aber Beide waren so schön und fühlten sich so sicher an. Warm. Strahlten Geborgenheit aus. Es war einfach sich ihnen ganz und gar hinzugeben. Aber es gab noch andere Gründe, weshalb Severus oft hier war. Nicht nur wegen der Stimme. Viele Jahre war es her, der Tag an dem er ein Todesser geworden ist. Die Tage davor waren so ereignisreich, dass es für Jahre gereicht hätte. Erst der Vorfall an der Peitschenden Weide...

//***//

Der junge Severus betrat die Hütte. Es war still. Sirius war wohl noch nicht da. Wenn er überhaupt kommen würde, der Feigling. In einem richtigen Zaubererduell würde er nicht überstehen. Besonders bei einem Gegner wie ihn. Der junge Mann sah sich in der Hütte um. Noch nie war er hier gewesen. In Hogsmeade ging das Gerücht um, dass hier einmal Räuber gehaust hätten und nun noch ihre Geister hier wohnten. Schreie der Qual ertönten nachts aus der Hütte. Severus gab nicht auf diese Gerüchte, aber ein wenig mulmig war ihm schon. Die Möbel waren zerfetzt, überall klebte altes Blut und ganze Haarbüschel. Und es war so still hier. Zu still. Sein Blick fiel auf eine Nebentür. Sie stand leicht offen. Er ging zu ihr und sah in den Raum daneben. Auf dem Boden lag ein Mensch.

"Entschuldige, kann ich dir helfen?"

Langsam hob sich der Kopf. Die Hände waren von langen Haaren bedeckt. Sie schienen sich zu verändern. Der ganze Körper veränderte sich. Das Gesicht drehte sich zu Severus. Auch das änderte sich bereits. Auch hier sprossen Haare und die Form veränderte sich. Trotzdem konnte er noch erkennen, wer es war. Remus Lupin. Vor ihm lag Remus Lupin, der schmächtige Lupin. Ein Gryffindor. Einer von den Freunden von Sirius. Der, mit dem man noch am ehesten ein Gespräch führen konnte. Der einem nicht in jedem Satz vorhielt, dass man ein Slytherin ist. Dem dieser Häuserkrieg nicht so wichtig ist. Und er verwandelte sich. In ein Tier. Ein Wolf! Er war ein Werwolf! Wie zur Salzsäule erstarrt, stand Severus da und starrte auf das Wesen vor ihm. Halb Mensch, halb Wolf. Er hörte nicht die Rufe von James, der den Gang entlanggerannt kam. Er hörte nicht, wie Remus ihm noch zurief, er solle rennen. Er sah, wie der nun vollständig verwandelte Wolf seine Muskeln anspannte und zum Sprung ansetzte. Wie er absprang. Genau auf ihm zu. Die Zähne gefletscht. Aber er konnte sich nicht bewegen. Plötzlich knallte der Wolf gegen die gegenüberliegende Wand. James zerrte Severus aus dem Zimmer. Aus der Hütte. Redete auf ihn ein. Aber er hörte ihn nicht. Der Junge sah seinen Retter verständnislos an. Dann fiel sein Blick auf Sirius, der an der Weide die Beiden erwartete. Sein Unverständnis schlug in Zorn um und er schrie ihn an. Schrie ihn an, dass er verantwortungslos sei. Das er ein Mörder sei. Das er ein verdammter Idiot sei. Und dann verpasste er ihm einen Kinnhaken. Severus hatte noch nie jemanden geschlagen, aber in dem Moment musste es sein. Und es war befreiend. Und fühlte sich gut an. Wütend drehte er sich um und ging zum Schloss. Unterwegs traf er auf McGonagall. Sie war zu dem Zeitpunkt schon ein paar Jahre auf Hogwarts um dort zu unterrichten. Auf seinen dringenden Bitten hin brachte sie ihn zu Professor Dumbledore. Der Professor unterhielt sich lange mit Severus und nahm ihm das Versprechen ab, Remus' Geheimnis nicht zu verraten. Das er sich nicht an Sirius rächen würde, konnte er nicht versprechen. Er wollte danach nicht schlafen gehen. Er konnte nicht mehr schlafen. Er ging wieder nach draußen. Er musste nachdenken. Er achtete nicht auf seine Schritte, er ging einfach nur geradeaus. Er achtete nicht darauf, dass er durch den Verbotenen Wald ging. Er ging einfach nur den Weg entlang, den er eingeschlagen hatte. Den er in Zukunft noch oft einschlagen würde. Niemand stellte sich ihm in den Weg. Aber viele beobachteten ihn. Sahen, wie er - wie von magischen Fäden gezogen - sich seinen immer kürzer werdenden Weg zur Magischen Lichtung bahnte. Und sie ließen ihn durch, die Wesen des Waldes. Irgendetwas hielt sie davon ab, ihn - wie die Anderen, die den Weg gewählt haben - vom Weg abzubringen. Es war als sei es seine Bestimmung, dorthin zu gehen. Als würden die Begründer von Hogwarts ihn zu sich rufen. Auf der Lichtung angekommen umspülte ihn plötzlich ihre Kraft und sie sprachen zu ihm. Erzählten von ihrer Zeit, den Zeiten danach und die gegenwärtigen Zeit. Und Slytherin sprach auch von der zukünftigen Zeit. Von seinem Erben, der die Welt einer Revolution unterziehen würde, und dass er alles tun würde, um die Sorgen und Nöte von Severus für immer zu verbannen. Die Stimme war so verlockend. Und Lucius sprach doch nachts ähnliches von diesem Lord Voldemort.

"Mein Erbe issst der Lord Voldemort. Er kann dir zzzu mehr Macht verhelfen. Er kann dir helfen, dich an Sssiriusss zu rächen. Schließssse dich dem Lord an. Helf ihm, dir zzzzu helfen. Vertraue mir. Vertraue ihm. Vertraue Luccciusss."

Als Severus am nächsten Abend in Lucius Armen lag und dieser wieder vom Lord sprach, sah ihm Severus fest in die Augen.

"Lucius?"

Seine Stimme war nur ein Flüstern. Lucius sah ihn fragend an. Severus hatte ihn nie unterbrochen, wenn er vom Lord oder den Todessern sprach.

"Lucius, mach mich zu einem Todesser. Mach mich zu einem von euch."

"Ich habe schon befürchtet, du würdest mich das nie bitten."

Lucius küsste Severus sanft und lang. Dieser presste seinen Körper fest an ihn.

"Severus?"

"Ich liebe dich."

"Ich liebe dich auch. Lass uns nie auseinander gehen."

"Nein, nie."

"Lass uns immer zusammen bleiben. Egal was passiert."

"Egal was passiert. Wir werden immer zusammen bleiben. Nichts wird sich zwischen uns stellen."

"Nichts. Noch nicht einmal der Tod."

"Nicht einmal mehr der Tod."

//***//

Es war die schönste Nacht in seinem Leben gewesen. Zum ersten Mal hatte er sich Lucius hingegeben. Damals waren sie so jung gewesen. Sie wussten nicht, dass sie in der Zukunft viele Menschen umbringen würden. Dass Severus seinen Entschluss, Todesser zu werden, bereuen und die Seiten wechseln würde. Dass ihre Beziehung später nur durch Verrat weiterexistieren würde. Dass ihr Leben trostlos werden würde, da sie sich in jedem Augenblick nach dem Anderen verzehrten. Ein Rascheln riss Severus, der vor Salazars Stein kniete und die Linien der Schlange entlang strich, aus seinen Gedanken. Er sah wie sich zwei umgestürzte Bäume, die einen Weg verstellten und eigentlich den Blick auf die Lichtung verwehrten, sich aufrichteten und ein Schüler die Lichtung betrat. Severus glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Der Schüler, der wie in Trance den Weg entlang ging, war kein geringerer als Draco Malfoy.