Sugizo sah auf die Uhr und lächelte. Teru war spät dran. Er hätte schon vor
über einer Stunde von der Arbeit zurück sein müssen. Aber das war in
Ordnung. Der schwarzhaarige Mann war sicher bei Tonomura. Er wusste, was
Teru für den Gitarristen mit den orange gefärbten Haaren empfand. Und nach
dem, was er in der letzten Nacht gesehen und gehört hatte, war es nur zu
wahrscheinlich, dass die beiden nun zusammen waren. Sugi hoffte nur, dass
Teru am Abend einigermaßen rechtzeitig kam. Schließlich wollte er den
Jungen 'retten', er hatte gesagt, dass sie den Kleinen diese Nacht zum
Vampir machen würden. Und dann wäre es besser, wenn er dann auch da war.
Der Mann mit den pinkschwarz gefärbten Haaren war nicht bereit, das - wenn auch minimale - Risiko für Teru ganz alleine einzugehen. Auch wenn es bei hochstehendem Vollmond am günstigsten war, einen Vampir zu erschaffen - ein gewisses Risiko bestand immer. Es konnte immer mal etwas schief gehen. Es war immer sicherer, wenn noch ein weiterer Vampir dabei war, um nach dem Rechten zu sehen und im Notfall einzugreifen.
Der einzige Grund, warum Sugi sich bereit erklärt hatte, Teru bei dieser Aktion zu unterstützen, war, dass sie seit gut sechs- oder siebenhundert Jahren die besten Freunde waren. Und er wusste, dass Teru für ihn dasselbe tun würde, wenn es notwendig sein sollte.
"Wo bleibt eigentlich Teru? Sollte er nicht schon längst wieder zurück sein?", fragte Shuichi, ,der gerade die Küche betrat.
"Oh, du bist wieder wach!" Sugizo sah den pinkhaarigen Jungen mit hochgezogener Augenbraue an. Der Kleine schlief im Moment enorm viel. Er hatte so seine Zweifel, ob er die kommende Nacht überstehen würde. "Bist du sicher, dass du das heute nacht machen willst? Es ist gefährlich. Besonders in deinem momentanen Zustand.", meinte er besorgt zu Shuichi. "So, wie es dir im Moment geht, können wir für nichts garantieren."
Shuichi nickte entschlossen. "Ich bin mir auf jeden Fall sicher. Es besteht eine Chance, dass es gut geht. Das Risiko bin ich bereit, einzugehen. Ich vertraue Teru. Und Teru vertraut Ihnen. Also kann eigentlich nichts schief gehen."
Sugihara blinzelte erstaunt. Der Junge war anscheinend voller Optimismus. Der Mann mit den pinkschwarz gefärbten Haaren bewunderte das. Er bewunderte auch Teru dafür, dass sein Optimismus scheinbar durch nichts gebrochen werden konnte. "Wir werden sehen, ob wirklich alles gut geht. Sobald der Mond aufgeht, können wir schon mal mit den Vorbereitungen anfangen. Aber dafür muss Teru dann erst mal da sein.", meinte er.
"Wo ist er eigentlich?", wollte Shindou wieder wissen.
"Bei seinem Freund, nehme ich an."
"Sein Freund?"
"Hisashi."
"Eh?" Shuichi kratzte sich am Hinterkopf. "Sind die beiden zusammen?"
"Ich denke schon." Sugizo grinste. "Es sah mir heute morgen jedenfalls ganz danach aus."
"Heute morgen?"
"Ich hatte letzte Nacht einen Auftritt. Und als ich von dort zurückkam, habe ich die beiden gesehen."
"Ach so. Gestern abend sah es nämlich überhaupt noch nicht danach aus."
"Bist du sicher?" Sugizo zwinkerte dem Jungen zu. "Gestern abend waren sie vielleicht noch nicht zusammen. Aber wenn du genau darauf geachtet hast, dürfte dir aufgefallen sein, dass die beiden mehr als nur Freundschaft verbindet."
Shuichi dachte darüber nach. Gestern hatte er sich nicht allzu viel dabei gedacht, aber Hisashi's Reaktion, als er - Shindou - mit Teru aus dem Schlafzimmer gekommen war, konnte wirklich ein wenig Eifersucht gewesen sein. Auch die Blicke, die der Gitarrist mit den orange gefärbten Haaren dem schwarzhaarigen Mann zugeworfen hatte, hatten eigentlich Bände gesprochen.
"Also ist es dir auch aufgefallen.", bemerkte Sugizo.
Shindou nickte bedächtig. "Zunächst eigentlich nicht. Aber jetzt, wo Sie das sagen, und ich genauer darüber nachdenke, schon."
Sugihara grinste zufrieden. "Ich hab doch gewusst, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist. Man muss kein Vampir sein, um zu merken, dass die beiden bis über beide Ohren ineinander verliebt sind!"
"Aber wird Teru nicht traurig sein, wenn Hisashi einmal stirbt? Oder ist er auch ein Vampir?", fragte Shuichi vorsichtig.
"Nein, Hisashi ist ein Mensch."
"Oh.", murmelte der pinkhaarige Junge. "Wieso macht Teru ihn denn nicht auch zum Vampir? Dann könnten die beiden doch für immer zusammen bleiben!"
"Das geht nicht."
"Was geht nicht? Ihn zum Vampir zu machen oder mit ihm zusammen zu bleiben?"
"Teru kann nur eines von beidem. Entweder mit Hisashi zusammen sein oder ihn zum Vampir machen. Beides geht nicht."
"Warum nicht?"
"Weil Vampire untereinander keine tiefere Beziehung eingehen dürfen. Es ist verboten. Und außerdem tödlich für mindestens einen von beiden."
Shuichi war ehrlich geschockt. Das hatte er gar nicht gewusst. Das bedeutete, dass Teru Hisashi verlieren würde. Früher oder später auf jeden Fall. Es sei denn, er nahm es in Kauf, Hisa zwar bei sich zu haben, aber nicht mit ihm zusammen sein zu können. Er konnte sich gut vorstellen, dass es für Teru nicht gerade einfach war. Es war immer hart, jemanden zu verlieren, den man liebte. Egal wie alt man war. Aber wenn man von vornherein wusste, dass man mit dem geliebten Menschen nur eine - für Vampire recht kurze - gewisse Zeit gemeinsam verbringen konnte, war das mit Sicherheit noch viel schwerer. Shindou schluckte. Das Problem würde er selbst auch haben - mit Yuki.
"Was ist los, Kleiner? Stimmt etwas nicht?", fragte Sugi mit einem Anflug von Besorgnis in der Stimme. "Jetzt kipp mir hier bloß nicht um! Sonst können wir das Ganze vergessen und Teru dreht mir den Hals um!"
Verwirrt sah Shuichi auf. Er war so sehr in Gedanken versunken gewesen, dass ihm gar nicht aufgefallen war, dass er sich an der Wand hatte herabgleiten lassen und nun auf dem Boden saß. Langsam hob er eine Hand und berührte sein Gesicht. Seine Wangen waren nass. Tränen...? Er hatte gar nicht bemerkt, dass er weinte... Er wusste nicht einmal genau, warum. Wahrscheinlich weil er einerseits Teru bedauerte, und andererseits traurig war, nicht für immer mit Yuki zusammen sein zu können. Und wohl auch darüber, dass das Schicksal so ungnädig und grausam war.
"Es geht schon... alles in Ordnung...", murmelte der Junge leise und schniefte. Er suchte in seinen Taschen nach einem Taschentuch, fand aber keins. Sugizo stand auf und nahm die Küchenrolle von der Halterung an der Wand, die er dann Shuichi reichte.
"Arigatou..."
"Doumo." Sugi setzte sich wieder an den Tisch und seufzte. Langsam konnte Teru wirklich nach Hause kommen. Der Mann mit den pinkschwarz gefärbten Haaren hatte ein wenig Mitleid mit dem Jungen, der wirklich höllische seelische Qualen zu durchleiden schien. Aber er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er den Kleinen trösten und aufmuntern sollte. Das war viel eher Teru's Aufgabe. Der Sänger mit den schwarzen Haaren hatte mit so etwas mehr Erfahrung. Schließlich beschäftigte er sich schon seit langem mit Sterblichen und konnte mit so etwas besser umgehen.
Sugizo vergrub das Gesicht in beiden Händen. Auf was hatte er sich hier nur eingelassen? Teru hatte ihn darum gebeten, aufzupassen, dass dem Jungen nichts passierte. Aber dass er ihn auch noch trösten sollte, hatte er nicht gesagt.
"Ist etwas nicht in Ordnung mit Ihnen?", fragte Shuichi vorsichtig, als er sich zu Sugizo an den Tisch setzte. Die Küchenrolle hatte er wieder in die Halterung an der Wand gehängt. Ein Stück davon zerknüllte er in seiner Hand.
Sugi sah zu ihm auf. "Machst du dir etwa Sorgen um mich?", fragte er erstaunt. "Warum? Du bist doch hier derjenige, dem es nicht gut geht."
"Das mag sein...", erwiderte Shindou. "Aber wenn andere Probleme haben, kann ich meine eigenen Sorgen auch für eine Weile zurückstecken."
'Der Junge ist wohl tatsächlich so außergewöhnlich wie Teru meint.', dachte Sugihara. Er grinste. "Du erinnerst mich irgendwie an Teru...", meinte er.
"Eh?"
"Ja... Du bist ihm wirklich recht ähnlich. In deinem schier unerschütterlichen Optimismus genau so wie in deiner Sorge um andere. Teru kümmert sich genau so wenig um sich selbst, wenn er dafür anderen helfen kann."
Shindou dachte einen Moment lang darüber nach. Was Teru's Optimismus anging, konnte er nicht wirklich viel dazu sagen. Schließlich kannte er den Mann praktisch nicht. Oder zumindest kaum. Und was seine Hilfsbereitschaft betraf... "Ich habe schon immer viel für andere getan und versucht zu helfen, so gut es ging. Auch wenn es oft genug vorgekommen ist, dass man mir nicht geglaubt hat, dass ich das dann wirklich für andere getan habe, und nicht für mich..." Der Junge musste schlucken. Er dachte daran, wie Yuki ihn damals als Lügner beschimpft hatte, als er Mika's Angebot abgelehnt hatte. Und er trotzdem versucht hatte, ihre Bitte, Yuki zu helfen, zu erfüllen.
"Was hast du?", fragte Sugizo. "So schlecht ist es doch nicht, anderen helfen zu wollen. Ich helfe Teru ja auch. Und ich erwarte keine Gegenleistung von ihm."
"Das ist ja auch etwas anderes."
"Wieso das?", wollte Sugi wissen. "Ich verstehe nicht, was du meinst."
"Das ist ganz einfach.", erklärte Shuichi. "Sie helfen Teru, weil er Ihr bester Freund ist. Das ist ganz natürlich. Das würde jeder tun."
Sugizo nickte. "Da hast du Recht. Einem Freund hilft man immer. Egal ob Mensch oder Vampir."
"Eben. Würden Sie ihm auch helfen, wenn Sie nicht so gut mit ihm befreundet wären? Wenn Sie ihn gerade erst kennen gelernt hätten?"
"Natürlich! Er ist ein Vampir! Und Vampire helfen einander nun einmal!"
"Und wenn er keiner wäre? Oder Sie?"
Diese Frage brachte Sugihara ernsthaft zum Grübeln. Über so etwas hatte er bisher noch nicht nachgedacht. Und das, obwohl er nun auch schon seit einigen Tausend Jahren als Vampir auf dieser Welt weilte. "Hm... Ich weiß nicht... Aber ich denke, nicht..." Sugi seufzte. "Ich bin nun einmal nicht so ein Menschenfreund wie Teru. Und auch nicht so ein gutmütiger Trottel."
Shuichi nickte. So etwas hatte er sich schon fast gedacht.
"Es kommt aber eigentlich auch immer ganz auf die jeweilige Situation an.", fuhr Sugizo fort.
Das verstand Shindou nun nicht so ganz. "Inwiefern kommt es denn auf die Situation an? Wenn jemand Hilfe braucht, oder ich einfach nur etwas für ihn tun kann, dann mache ich das auch!"
"Siehst du? Das ist das, was du mit Teru gemeinsam hast. Ihr helft jedem. Nur mit dem Unterschied, dass Teru ein wenig mehr Möglichkeiten hat, anderen zu helfen, als du sie im Moment hast."
Shuichi nickte. "Klar. Die Möglichkeiten eines einfachen Sterblichen sind begrenzt."
"Die Mittel eines Vampirs - selbst wenn er so alt und mächtig ist wie Teru - sind begrenzt. Zwar kann er mehr tun als andere, aber das heißt nicht, dass er deswegen allmächtig ist."
"Das habe ich auch nicht erwartet. Selbst das mächtigste Wesen hat seine Grenzen irgendwann erreicht."
Sugizo war ernsthaft erstaunt von dem Jungen. Also hatte er, als er zu J, Shinya, Inoran und vor allem Ryuichi gesagt hatte, der Junge wäre es anscheinend wert, gerettet zu werden, doch nicht so sehr übertrieben, wie er zunächst befürchtet hatte. Er war nur froh, dass die anderen nicht weiter danach gefragt hatten. So hatte er das wenigstens nicht näher erläutern müssen, was er zu dem Zeitpunkt ohnehin nicht gekonnt hätte.
Je mehr er von dem Jungen mitbekam, je besser er ihn kennen lernte, desto mehr hatte er das Gefühl, dass Teru mit dem Kleinen einen echten Glücksgriff getan hatte. Shuichi gehörte wirklich zu den ganz wenigen Menschen, die noch unschuldig und unverdorben waren. Auch wenn er nicht mehr lange ein Mensch bleiben würde...
Irgendwie fand Sugizo es schade, dass sie ihn zum Vampir machen würden. Er war nicht sicher, ob der Junge sein reines Herz auf Dauer behalten würde, wenn er mal den ersten Menschen getötet hatte. Aber wenn man bedachte, wie ähnlich er Teru war, brauchte er sich deswegen wohl weniger Sorgen zu machen. Teru war einer der ältesten Vampire, und dennoch hatte er es irgendwie geschafft, die Reinheit seines Herzens weitestgehend zu bewahren. Er war nicht so verdorben wie die meisten von ihnen. Sugi bewunderte ihn irgendwie dafür...
Der Mann mit den pinkschwarz gefärbten Haaren war nicht bereit, das - wenn auch minimale - Risiko für Teru ganz alleine einzugehen. Auch wenn es bei hochstehendem Vollmond am günstigsten war, einen Vampir zu erschaffen - ein gewisses Risiko bestand immer. Es konnte immer mal etwas schief gehen. Es war immer sicherer, wenn noch ein weiterer Vampir dabei war, um nach dem Rechten zu sehen und im Notfall einzugreifen.
Der einzige Grund, warum Sugi sich bereit erklärt hatte, Teru bei dieser Aktion zu unterstützen, war, dass sie seit gut sechs- oder siebenhundert Jahren die besten Freunde waren. Und er wusste, dass Teru für ihn dasselbe tun würde, wenn es notwendig sein sollte.
"Wo bleibt eigentlich Teru? Sollte er nicht schon längst wieder zurück sein?", fragte Shuichi, ,der gerade die Küche betrat.
"Oh, du bist wieder wach!" Sugizo sah den pinkhaarigen Jungen mit hochgezogener Augenbraue an. Der Kleine schlief im Moment enorm viel. Er hatte so seine Zweifel, ob er die kommende Nacht überstehen würde. "Bist du sicher, dass du das heute nacht machen willst? Es ist gefährlich. Besonders in deinem momentanen Zustand.", meinte er besorgt zu Shuichi. "So, wie es dir im Moment geht, können wir für nichts garantieren."
Shuichi nickte entschlossen. "Ich bin mir auf jeden Fall sicher. Es besteht eine Chance, dass es gut geht. Das Risiko bin ich bereit, einzugehen. Ich vertraue Teru. Und Teru vertraut Ihnen. Also kann eigentlich nichts schief gehen."
Sugihara blinzelte erstaunt. Der Junge war anscheinend voller Optimismus. Der Mann mit den pinkschwarz gefärbten Haaren bewunderte das. Er bewunderte auch Teru dafür, dass sein Optimismus scheinbar durch nichts gebrochen werden konnte. "Wir werden sehen, ob wirklich alles gut geht. Sobald der Mond aufgeht, können wir schon mal mit den Vorbereitungen anfangen. Aber dafür muss Teru dann erst mal da sein.", meinte er.
"Wo ist er eigentlich?", wollte Shindou wieder wissen.
"Bei seinem Freund, nehme ich an."
"Sein Freund?"
"Hisashi."
"Eh?" Shuichi kratzte sich am Hinterkopf. "Sind die beiden zusammen?"
"Ich denke schon." Sugizo grinste. "Es sah mir heute morgen jedenfalls ganz danach aus."
"Heute morgen?"
"Ich hatte letzte Nacht einen Auftritt. Und als ich von dort zurückkam, habe ich die beiden gesehen."
"Ach so. Gestern abend sah es nämlich überhaupt noch nicht danach aus."
"Bist du sicher?" Sugizo zwinkerte dem Jungen zu. "Gestern abend waren sie vielleicht noch nicht zusammen. Aber wenn du genau darauf geachtet hast, dürfte dir aufgefallen sein, dass die beiden mehr als nur Freundschaft verbindet."
Shuichi dachte darüber nach. Gestern hatte er sich nicht allzu viel dabei gedacht, aber Hisashi's Reaktion, als er - Shindou - mit Teru aus dem Schlafzimmer gekommen war, konnte wirklich ein wenig Eifersucht gewesen sein. Auch die Blicke, die der Gitarrist mit den orange gefärbten Haaren dem schwarzhaarigen Mann zugeworfen hatte, hatten eigentlich Bände gesprochen.
"Also ist es dir auch aufgefallen.", bemerkte Sugizo.
Shindou nickte bedächtig. "Zunächst eigentlich nicht. Aber jetzt, wo Sie das sagen, und ich genauer darüber nachdenke, schon."
Sugihara grinste zufrieden. "Ich hab doch gewusst, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist. Man muss kein Vampir sein, um zu merken, dass die beiden bis über beide Ohren ineinander verliebt sind!"
"Aber wird Teru nicht traurig sein, wenn Hisashi einmal stirbt? Oder ist er auch ein Vampir?", fragte Shuichi vorsichtig.
"Nein, Hisashi ist ein Mensch."
"Oh.", murmelte der pinkhaarige Junge. "Wieso macht Teru ihn denn nicht auch zum Vampir? Dann könnten die beiden doch für immer zusammen bleiben!"
"Das geht nicht."
"Was geht nicht? Ihn zum Vampir zu machen oder mit ihm zusammen zu bleiben?"
"Teru kann nur eines von beidem. Entweder mit Hisashi zusammen sein oder ihn zum Vampir machen. Beides geht nicht."
"Warum nicht?"
"Weil Vampire untereinander keine tiefere Beziehung eingehen dürfen. Es ist verboten. Und außerdem tödlich für mindestens einen von beiden."
Shuichi war ehrlich geschockt. Das hatte er gar nicht gewusst. Das bedeutete, dass Teru Hisashi verlieren würde. Früher oder später auf jeden Fall. Es sei denn, er nahm es in Kauf, Hisa zwar bei sich zu haben, aber nicht mit ihm zusammen sein zu können. Er konnte sich gut vorstellen, dass es für Teru nicht gerade einfach war. Es war immer hart, jemanden zu verlieren, den man liebte. Egal wie alt man war. Aber wenn man von vornherein wusste, dass man mit dem geliebten Menschen nur eine - für Vampire recht kurze - gewisse Zeit gemeinsam verbringen konnte, war das mit Sicherheit noch viel schwerer. Shindou schluckte. Das Problem würde er selbst auch haben - mit Yuki.
"Was ist los, Kleiner? Stimmt etwas nicht?", fragte Sugi mit einem Anflug von Besorgnis in der Stimme. "Jetzt kipp mir hier bloß nicht um! Sonst können wir das Ganze vergessen und Teru dreht mir den Hals um!"
Verwirrt sah Shuichi auf. Er war so sehr in Gedanken versunken gewesen, dass ihm gar nicht aufgefallen war, dass er sich an der Wand hatte herabgleiten lassen und nun auf dem Boden saß. Langsam hob er eine Hand und berührte sein Gesicht. Seine Wangen waren nass. Tränen...? Er hatte gar nicht bemerkt, dass er weinte... Er wusste nicht einmal genau, warum. Wahrscheinlich weil er einerseits Teru bedauerte, und andererseits traurig war, nicht für immer mit Yuki zusammen sein zu können. Und wohl auch darüber, dass das Schicksal so ungnädig und grausam war.
"Es geht schon... alles in Ordnung...", murmelte der Junge leise und schniefte. Er suchte in seinen Taschen nach einem Taschentuch, fand aber keins. Sugizo stand auf und nahm die Küchenrolle von der Halterung an der Wand, die er dann Shuichi reichte.
"Arigatou..."
"Doumo." Sugi setzte sich wieder an den Tisch und seufzte. Langsam konnte Teru wirklich nach Hause kommen. Der Mann mit den pinkschwarz gefärbten Haaren hatte ein wenig Mitleid mit dem Jungen, der wirklich höllische seelische Qualen zu durchleiden schien. Aber er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er den Kleinen trösten und aufmuntern sollte. Das war viel eher Teru's Aufgabe. Der Sänger mit den schwarzen Haaren hatte mit so etwas mehr Erfahrung. Schließlich beschäftigte er sich schon seit langem mit Sterblichen und konnte mit so etwas besser umgehen.
Sugizo vergrub das Gesicht in beiden Händen. Auf was hatte er sich hier nur eingelassen? Teru hatte ihn darum gebeten, aufzupassen, dass dem Jungen nichts passierte. Aber dass er ihn auch noch trösten sollte, hatte er nicht gesagt.
"Ist etwas nicht in Ordnung mit Ihnen?", fragte Shuichi vorsichtig, als er sich zu Sugizo an den Tisch setzte. Die Küchenrolle hatte er wieder in die Halterung an der Wand gehängt. Ein Stück davon zerknüllte er in seiner Hand.
Sugi sah zu ihm auf. "Machst du dir etwa Sorgen um mich?", fragte er erstaunt. "Warum? Du bist doch hier derjenige, dem es nicht gut geht."
"Das mag sein...", erwiderte Shindou. "Aber wenn andere Probleme haben, kann ich meine eigenen Sorgen auch für eine Weile zurückstecken."
'Der Junge ist wohl tatsächlich so außergewöhnlich wie Teru meint.', dachte Sugihara. Er grinste. "Du erinnerst mich irgendwie an Teru...", meinte er.
"Eh?"
"Ja... Du bist ihm wirklich recht ähnlich. In deinem schier unerschütterlichen Optimismus genau so wie in deiner Sorge um andere. Teru kümmert sich genau so wenig um sich selbst, wenn er dafür anderen helfen kann."
Shindou dachte einen Moment lang darüber nach. Was Teru's Optimismus anging, konnte er nicht wirklich viel dazu sagen. Schließlich kannte er den Mann praktisch nicht. Oder zumindest kaum. Und was seine Hilfsbereitschaft betraf... "Ich habe schon immer viel für andere getan und versucht zu helfen, so gut es ging. Auch wenn es oft genug vorgekommen ist, dass man mir nicht geglaubt hat, dass ich das dann wirklich für andere getan habe, und nicht für mich..." Der Junge musste schlucken. Er dachte daran, wie Yuki ihn damals als Lügner beschimpft hatte, als er Mika's Angebot abgelehnt hatte. Und er trotzdem versucht hatte, ihre Bitte, Yuki zu helfen, zu erfüllen.
"Was hast du?", fragte Sugizo. "So schlecht ist es doch nicht, anderen helfen zu wollen. Ich helfe Teru ja auch. Und ich erwarte keine Gegenleistung von ihm."
"Das ist ja auch etwas anderes."
"Wieso das?", wollte Sugi wissen. "Ich verstehe nicht, was du meinst."
"Das ist ganz einfach.", erklärte Shuichi. "Sie helfen Teru, weil er Ihr bester Freund ist. Das ist ganz natürlich. Das würde jeder tun."
Sugizo nickte. "Da hast du Recht. Einem Freund hilft man immer. Egal ob Mensch oder Vampir."
"Eben. Würden Sie ihm auch helfen, wenn Sie nicht so gut mit ihm befreundet wären? Wenn Sie ihn gerade erst kennen gelernt hätten?"
"Natürlich! Er ist ein Vampir! Und Vampire helfen einander nun einmal!"
"Und wenn er keiner wäre? Oder Sie?"
Diese Frage brachte Sugihara ernsthaft zum Grübeln. Über so etwas hatte er bisher noch nicht nachgedacht. Und das, obwohl er nun auch schon seit einigen Tausend Jahren als Vampir auf dieser Welt weilte. "Hm... Ich weiß nicht... Aber ich denke, nicht..." Sugi seufzte. "Ich bin nun einmal nicht so ein Menschenfreund wie Teru. Und auch nicht so ein gutmütiger Trottel."
Shuichi nickte. So etwas hatte er sich schon fast gedacht.
"Es kommt aber eigentlich auch immer ganz auf die jeweilige Situation an.", fuhr Sugizo fort.
Das verstand Shindou nun nicht so ganz. "Inwiefern kommt es denn auf die Situation an? Wenn jemand Hilfe braucht, oder ich einfach nur etwas für ihn tun kann, dann mache ich das auch!"
"Siehst du? Das ist das, was du mit Teru gemeinsam hast. Ihr helft jedem. Nur mit dem Unterschied, dass Teru ein wenig mehr Möglichkeiten hat, anderen zu helfen, als du sie im Moment hast."
Shuichi nickte. "Klar. Die Möglichkeiten eines einfachen Sterblichen sind begrenzt."
"Die Mittel eines Vampirs - selbst wenn er so alt und mächtig ist wie Teru - sind begrenzt. Zwar kann er mehr tun als andere, aber das heißt nicht, dass er deswegen allmächtig ist."
"Das habe ich auch nicht erwartet. Selbst das mächtigste Wesen hat seine Grenzen irgendwann erreicht."
Sugizo war ernsthaft erstaunt von dem Jungen. Also hatte er, als er zu J, Shinya, Inoran und vor allem Ryuichi gesagt hatte, der Junge wäre es anscheinend wert, gerettet zu werden, doch nicht so sehr übertrieben, wie er zunächst befürchtet hatte. Er war nur froh, dass die anderen nicht weiter danach gefragt hatten. So hatte er das wenigstens nicht näher erläutern müssen, was er zu dem Zeitpunkt ohnehin nicht gekonnt hätte.
Je mehr er von dem Jungen mitbekam, je besser er ihn kennen lernte, desto mehr hatte er das Gefühl, dass Teru mit dem Kleinen einen echten Glücksgriff getan hatte. Shuichi gehörte wirklich zu den ganz wenigen Menschen, die noch unschuldig und unverdorben waren. Auch wenn er nicht mehr lange ein Mensch bleiben würde...
Irgendwie fand Sugizo es schade, dass sie ihn zum Vampir machen würden. Er war nicht sicher, ob der Junge sein reines Herz auf Dauer behalten würde, wenn er mal den ersten Menschen getötet hatte. Aber wenn man bedachte, wie ähnlich er Teru war, brauchte er sich deswegen wohl weniger Sorgen zu machen. Teru war einer der ältesten Vampire, und dennoch hatte er es irgendwie geschafft, die Reinheit seines Herzens weitestgehend zu bewahren. Er war nicht so verdorben wie die meisten von ihnen. Sugi bewunderte ihn irgendwie dafür...
