Hinweis: Diese Arbeit darf nicht, in welcher Form auch immer, für
kommerzielle Zwecke benutzt werden. Ich habe keine Autorisation von Takaya
Natsuki oder Hana to Yume Comics. Es dient nur dem Zweck, von anderen
Personen gelesen zu werden.
Vorwort des Autors: Ich weiß noch nicht so besonders viel über Fruits Basket. Also, wenn irgendetwas nicht mit den tatsächlichen Charakteren übereinstimmt, dann killt mich, bitte, nicht! Die Geschichte ist auch in der Englischen Übersetzung zu lesen.
Wertung: ab 13 (variiert je nach Kapitel)
No Regrets
I: Der See
Er hatte sich noch nie so einsam gefühlt wie in den letzten zwei Monaten. Obwohl er sie jeden Tag sah und mit ihr redete und herumalberte wie vorher auch, so fühlte er sich doch schrecklich allein. Sie war nur übers Wochenende bei ihrer Freundin gewesen, damals, vor zwei Monaten, aber er hatte in diesen paar Tagen herausgefunden, dass jede Stunde, jede Minute ohne sie unerträglich war. Und er hatte sich eingestehen müssen, dass er sich lange Zeit belogen hatte. Er hatte sich vorgemacht, dass ihm nicht mehr an ihr läge als an jedem anderen Menschen auch. Zwar träumte er nachts von ihr; tagsüber erwischte er sich manchmal dabei, dass er sie heimlich aus dem Augenwinkel betrachtete, aber er konnte sich immer mit der Entschuldigung vertrösten, dass sie der einzige weibliche Bewohner des Hauses war.
Doch seit jenem Wochenende hatte er es aufgegeben, sich selbst zu belügen. Aber war es jetzt besser geworden? Eher im Gegenteil: seit zwei Monaten schleppte er sich nun von Tag zu Tag, unfähig, ihr sein Liebe zu gestehen. Er wollte ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzten, wollte sie nicht verlieren. Er war ihr aus dem Weg gegangen. Er konnte nicht mehr mit ihr alleine sein, weil er immer den Drang verspürte, sie zu berühren. Das durfte nicht passieren.
Nun trug er seine Last mit sich herum und hoffte, dass niemand es ihm anmerken würde.
Und so war es auch heute wieder gewesen. Als er nach der Schule nach Hause gekommen war, hatte er das Haus verlassen vorgefunden. Erst war er überrascht, da normalerweise viel los war im Sohma-Haus, aber diese Ruhe war eine willkommene Abwechslung.
Weil es so furchtbar schwül und drückend war, dass er vom Sitzen allein schon nassgeschwitzt war, hatte er sich erst einmal unter die Dusche gestellt um ein bisschen abzukühlen. Und da ausnahmsweise niemand da war, der überraschenderweise ins Bad kommen könnte, hatte er sie Tür nicht abgeschlossen. Vielleicht hatte er auch ein winzigkleines bisschen gehofft, dass sie nach Hause kommen könnte.
Die kühlen Wassertropfen perlten an seinem Oberkörper ab. Es tat so gut, endlich ein wenig abzukühlen. Er wünschte sich sehnlichst, nicht allein zu sein. Es wäre wirklich sehr schön, jetzt mit ihr unter der Dusche zu stehen, ihren nackten Körper neben seinem zu spüren, sie zu streicheln und zu küssen. Vielleicht könnte er sogar ... Er drehte an dem Knopf für kaltes Wasser, um nicht noch mehr über sie zu phantasieren. Nein, das würde ihre Ehre verletzen, das würde ihr einfach nicht gerecht. Und doch ging sie ihm nicht aus dem Kopf. Sie war so lieb, so natürlich im Umgang mit all den männlichen Wesen, die sie Tag für Tag umringten. Wenn sie doch nur ein wenig für ihn empfinden würde wie er für sie. Wäre das nicht wie der Himmel auf Erden? Er drängte den Gedanken beiseite, damit er die Dusche nicht noch kälter stellen musste.
Als er sich nach einer Viertelstunde unter der kühlen Dusche abtrocknete, war das Haus immer noch wie ausgestorben.
Hatte er anfangs noch die Stille im Haus für angenehm befunden, so fiel ihm jetzt die Decke auf Kopf. Diese Ruhe war nervtötend, und die schwüle Hitze war auch keinen Deut besser.
Raus. Raus, er musste raus aus dem Haus.
So zog er sich schnell ein paar Sachen über und trat aus dem Haus. Keine Menschenseele war weit und breit. Er überlegte kurz, in welche Richtung er gehen sollte, dann entschied er sich dafür, zu See hinunter zu gehen. Wenn die Hitze noch unerträglicher werden sollte, dann könnte er sich darin abkühlen. Wahrscheinlich wäre das etwas befriedigender als die Dusche, deren Wirkung jetzt schon wieder nachließ.
Nun ging er langsam den Waldpfad entlang und hing seinen Gedanken nach. Die Gegenwart der Bäume machte die Hitze erträglicher, nicht aber seine quälenden Gedanken. Was, was konnte er nur tun? Seine Gedanken kreisten nur um sie und seine Gefühle zu ihr. Aber wie sollte er ihr zeigen, wie viel sie ihm bedeutete, ohne sie zu verletzen oder ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen? Was sollte er nur tun? Er hatte sich nie zuvor so schrecklich gefühlt.
Mit Akitos Verhalten konnte er leben. Wenn sein Cousin sich mit ihm schlagen wollte, dann war das auch in Ordnung. Das waren Gefühle und Situationen, die er nahezu gewöhnt war. Aber nun stand er vor einer unlösbaren Frage.
Und was wäre, wenn sie seine Liebe akzeptieren würde? Würden sie es vor Akito geheim halten müssen? Er musste an Hatori denken, und wie dessen große Liebe geendet hatte. Würde er in der Lage sein, etwas wie das zu ertragen? Auf der anderen Seite hatte Akito es auch geduldet, dass sie nicht nur ihr Geheimnis kannte, sondern auch noch mit ihnen in einem Haus wohnte.
Und dann war dann noch sein Cousin. Würde er es hinnehmen, dass sie ein Paar wären? Shigure würde sich seine dummen Kommentare sicherlich nicht verkneifen können.
Aber soweit war es ja noch gar nicht. Sie wusste nichts von seiner Liebe, und er wusste nicht, wie er es ihr sagen sollte.
Völlig in seinen Gedanken verloren lief er weiter den Pfad entlang.
***************************************************
Was war nur passiert? Warum benahm er sich so merkwürdig ihr gegenüber? Es fing vor zwei Monaten an. Nach einem Wochenende bei Hana-chan war sie zurück ins Sohma-Haus gekommen, und seitdem verhielt er sich so komisch. Zwar tat er so, als sei alles wie vorher, aber irgendetwas war anders. Vielleicht die Art, wie er lachte, oder wie er sie ansah, wenn sie zufällig in seine Richtung blickte. Sie wurde einfach nicht mehr schlau aus ihm.
Tohru war auf dem Weg nach Hause von ihrem Halbtagsjob im Hotel. Glücklicherweise war es noch früh. Manchmal musste sie den Weg durch den grusligen Wald im Dunkeln zurücklegen, doch diesmal war es noch hell, allerdings machte ihr die Hitze zu schaffen. Sie schwitzte ganz fürchterlich. Hoffentlich würde heute Abend ein Gewitter dem Leiden ein Ende setzen. Zumindest dem physischen Leiden. Ihre Sorgen würden allerdings bleiben.
Sie öffnete die Haustür: "Tadaima!" Es kam keine Antwort. Sie stutzte ein wenig, weil es so ruhig im Haus war. Normalerweise tönte der Fernseher, Yuki und Kyou stritten, oder Shigure streunte durch die Zimmer und suchte nach Inspiration. Immer war irgendetwas los hier. Aber heute war es vollkommen still. Da fiel ihr ein, dass Shigure einen Termin mit Mit-chan hatte. Aber wo waren Kyou und Yuki? Leicht irritiert ging sie in ihr Zimmer und legte ihre Kleidung ab. Sie überlegte kurz, ob sie duschen sollte, aber dann kam ihr eine bessere Idee: der kleine See im Wald. Der würde erfrischend kühl sein, genau das Richtige für so einen heißen Sommertag. Außerdem war er so abgelegen, dass sicher niemand dort sein würde. So zog sie sich ein luftiges Kleid an, schnappte sich ein Handtuch und ging durch die Hintertür in den Wald. Der kleine Pfad lag schattig unter den Bäumen, es war schon eine Wohltat, ihn entlangzugehen.
Ihre Gedanken kehrten zu ihm zurück. Was war wohl an jenem Wochenende geschehen? Sie war sich sicher, dass sie ihre Liebe zu ihm, die sie schon sehr lange hegte, gut versteckt hatte. Was sollte sie auch sonst tun? Sie war so dankbar, dass sie wieder ein Zuhause hatte, dass sie dieses nicht durch ein kompliziertes Verhältnis mit einem ihrer Mitbewohner aufs Spiel setzen wollte. Es war ihr genug, ihn jeden Tag um sich zu haben. Was könnte sie sich mehr wünschen? Er war so ein lieber Mensch, so rücksichtsvoll und zuvorkommend. Oder hatte sie sich doch irgendwie verraten? Hatte sie irgendetwas Unüberlegtes gesagt, dass ihn beleidigt oder in Verlegenheit gebracht hatte? Sie konnte sich zwar nicht erinnern, aber manchmal war ihr Mund schneller als ihr Kopf, und sie hatte die unübertreffliche Gabe, sich durch schnelle Rede in Verlegenheit zu bringen.
Oh, nein, das wäre ja schrecklich! Wenn sie ihn nun verloren hatte? Was, wenn er sie nun hasste und nur im Haus duldete, weil die anderen so sehr an ihr hingen? Konnte das möglich sein?
Sie wusste, dass sie im Grunde genommen nur geduldeter Gast war. Sie wusste zwar nicht, warum Akito dies zuließ, was für einen Plan er für sie hatte, aber sie war sich sicher, dass sie eines Tages nach Hause kommen würde, und Hatori würde mit ernstem Gesicht auf sie warten. Er würde ihr all ihre glücklichen Erinnerungen an die Sohmas nehmen, all ihre glücklichen Erinnerungen an IHN. Daher kostete sie jeden Tag mit Kyou, Yuki und Shigure aus, als wäre es der letzte in ihrer Mitte.
Sie wünschte sich nichts sehnlicher als IHN zu berühren, seine Stimme zu hören und ihn einfach nur anzusehen. Sein schönes Gesicht, die ausdrucksstarken Augen, seine feinen Hände gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Selbst jetzt, wo sein Verhalten ihr gegenüber so komisch geworden, ja teilweise fast abweisend war, so konnte sie doch nicht ihre Liebe zu ihm abstellen. Sein Lachen klang manchmal sehr künstlich, auch lachten seine Augen nicht mit. Er vermied jede Berührung mit ihr, als hätte sie eine ansteckend Krankheit. Natürlich konnte er nicht wissen, wie sehr er sie damit verletzte. Auch fiel ihr auf, dass sie seit diesen zwei Monaten kein einziges Mal mehr mit ihm allein gewesen war. Vorher hatte er sie manchmal vom Hotel abgeholt. Oder sie hatten zusammen in seinem kleinen Garten gearbeitet. Einmal hatte er versucht, ihr beim Kochen zu helfen. Sie hatte ihm Pilze zum Schneiden gegeben, und er hatte sich fast die ganze Hand dabei abgehackt. Er war mit zwei linken Händen geboren. Es war ihm furchtbar peinlich gewesen, dass sie ihn verbinden musste, wo er ihr doch hatte Arbeit abnehmen wollen. Aber sie war sehr glücklich gewesen, dass er Zeit mit ihr verbrachte. Hinterher hatte er ihr nur zugesehen, wie sie das Abendessen zubereitete und mit ihr herumgealbert. Damals war sein Lachen echt gewesen, aus ganzem Herzen, und seine Augen hatten gefunkelt. Oh, wie hatte sie diese Momente genossen.
Doch diese Zeit war jetzt wohl vorbei. Sie merkte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und sie nahe daran war, zu weinen.
***************************************************
Völlig in Gedanken versunken war er am See angekommen, der jetzt mit seinem kühlen Nass lockte. Es war kein besonders großer See, mit etwa zwanzig kräftigen Schwimmstößen war man schon am anderen Ufer. Aber er lag nur zehn Minuten Fußweg entfernt vom Sohma-Haus mitten im Wald. Die Bäume reichten bis auf fünf Meter ans Ufer heran, das mit Gras bewachsen war.
Es war so abgeschieden hier, dass er keine Badehose mitgebracht hatte. Es würde keiner hierher kommen, also würde es auch keinen stören, wenn er nackt badete.
Er zog seine Sachen aus und legte sie sorgfältig über einen großen Stein, damit sie nicht schmutzig würden. Langsam watete er ins Wasser, das seine Füße kalt umspielte. Da hatte er wirklich eine gute Idee gehabt. Um keinen Kälteschock zu bekommen ging er nur langsam weiter und benetzte seine Haut mit dem erfrischenden Seewasser. Dann ließ er sich sanft ganz hineingleiten. Ach, was für eine Wohltat! Herrlich! Mit seinen starken Armen durchpflügte er den See.
Er schwamm ans gegenüberliegende Ufer und wieder zurück. Das Wasser war fast zu kalt, und er wollte sich erst einmal ein wenig aufwärmen, bevor er noch einmal hineinging.
Er schwamm zum Ufer, und als er wieder festen Boden unter seinen Füßen spürte, watete er langsam aus dem Wasser. Er war fast bei dem Stein mit seinen Kleidern angekommen, neben dem er sich hinsetzen wollte, um sich trocknen zu lassen, als er eine Gestalt im Schatten der Bäume am Ufer bemerkte. Wer könnte das sein? Hier kam doch sonst niemand her. Die Person kam näher, und er erkannte sie. Wie erstarrt vor Schreck blieb er stehen. Oh nein! Hatte sie ihn gesehen? Er war völlig nackt! Wie peinlich!
Doch sie kam näher ohne ihren Schritt zu verlangsamen. Vielleicht hatte sie ihn noch gar nicht bemerkt. Schnell hob er seine Kleidung auf und bedeckte seine Blöße. Warum ausgerechnet sie?
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"Honda-san?" Sie schreckte aus ihren Gedanken und versuchte, durch den Tränenschleier vor ihren Augen zu sehen. Ihre Füße hatten sie anscheinend zum See getragen, während sie vor sich hingegrübelt hatte. Am Seeufer stand ER, praktisch nackt, nur mit einer Hand seine Kleidung vor seine edelsten Teile haltend. Sie geriet in Panik. Was sollte sie nur tun? Zwar hatte sie sich so danach gesehnt, wieder einmal mit ihm alleine zu sein, aber diese Situation war furchtbar peinlich.
Sie hatte nur noch einen Gedanken: weg hier! Schnell drehte sie sich um und lief in Richtung Wald zurück.
"Honda-san! Warte!"
Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Also behielt sie ihren Schritt bei.
"HONDA-SAN! Warte doch einen Augenblick!"
Warum musste sie ausgerechnet jetzt auftauchen? Peinlich war gar kein Ausdruck für diese Situation! Aber vielleicht war es ein Wink des Schicksals? Vielleicht sollte er diese Gelegenheit nicht vorbeiziehen lassen.
Sie blieb stehen, mit dem Rücken zu ihm.
"Warte, bis ich mich angezogen habe, bitte! Ich muss mit dir reden!"
Weil sie nicht wusste, was sie sonst machen sollte, blieb sie stehen. Was hatte er nur mit ihr zu besprechen? Wollte er ihr sagen, dass sie sich in Zukunft von ihm fernhalten sollte? Das wäre das Schrecklichste, was ihr passieren könnte. Sie flehte innerlich, dass es nicht so sein würde. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Er sollte nicht merken, dass sie geweint hatte.
"Honda-san, bitte, komm her!"
Er hatte sich in Eile seine Hose übergestreift. Das Hemd war nicht zugeknöpft, und sie konnte seine helle Haut darunter erkennen. Langsam ging sie in seine Richtung.
Er zeigte auf einen großen Stein neben sich. "Setz dich, bitte."
Sie ließ sich auf dem Stein nieder. Er setzte sich rechts neben ihr auf den Boden.
Für einen Moment war es ganz still. Jetzt merkte sie erst, dass kein Vogel im Wald sang und es völlig windstill war.
Innerlich machte sie sich auf das Schlimmste gefasst.
Leise begann er zu reden.
"Honda-san, ich weiß, dass ich dir in letzter Zeit aus dem Weg gegangen bin. Ich will nicht, dass du denkst, dass ich dich nicht mehr um mich haben möchte. Es ist nämlich das völlige Gegenteil davon. Ich ..." Würde er es wirklich sagen können?
"... ich ..." Seine Stimme versagte. Aber nun war er schon so weit gekommen. Wenn er diese Gelegenheit verstreichen ließ, dann würde er vielleicht nie wieder den Mut aufbringen können, mit ihr zu reden. Er nahm sich mit aller Kraft zusammen. "Ich liebe dich, Tohru!"
Was? Von allen Dingen, die er ihr hätte sagen können, was dies etwas, was sie nun wirklich nicht erwartet hatte. Sie war sprachlos, aber in ihrem Körper war die Hölle los. Ein heißer Schauer lief ihr den Rücken hinunter und sie merkte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Sie wurde so rot wie eine reife Tomate. Was sollte sie nur antworten? Ich liebe dich auch? Das wäre eine schiere Untertreibung. Sie wollte ihm so viel sagen, wie sehr sie ihn auch liebte, wie sehr sie in letzter Zeit gelitten hatte...
"Ich weiß, das war jetzt überraschend für dich. Aber, bitte, sei mir nicht böse. Das war sehr egoistisch von mir. Ich hätte es dir nicht sagen sollen. Gomen nasai."
Oh nein! Er missinterpretierte ihr Schweigen! Sie wollte so viel sagen, dass sie nicht wusste, wo sie anfangen sollte. Ihre Gedanken liefen Amok, sie konnte einfach nicht mehr klar denken. Sie war überwältigt von seinem Geständnis. Was sollte sie nur sagen, um ihm klarzumachen, dass sie ihn auch liebte? Oh nein, sie musste etwas sagen. Sie öffnete den Mund...
"Entschuldige, Honda-san. Es war ein Fehler. Ich hätte es dir nicht sagen sollen. Das Beste ist, ich gehe jetzt."
"Nein!!" Erstaunt sah er sie an. Sie war rot vor Verlegenheit, in ihren Augen glitzerten Tränen. "Nein, bleib hier! Geh nicht weg! Nie wieder!"
Tränen liefen ihr nun über die Wangen. Sollte sie es wagen? Sie nahm allen Mut zusammen.
"Ich liebe dich auch, Yuki-kun." flüsterte sie.
Er sah sie überrascht an. Hatte er richtig gehört?
"Ich liebe dich auch. Schon seit sehr langer Zeit. Aber ich konnte es dir einfach nicht sagen. Du mir zu wichtig, als dass ich dich mit einem blöden Liebesgeständnis verlieren wollte. Es war mir genug, in deiner Nähe zu sein. Aber du hast dich so merkwürdig benommen in letzter Zeit. Ich wusste wirklich nicht, was los war. Du warst so abweisend. Ich dachte schon, du hasst mich!"
"Es tut mir leid. Wirklich. Aber ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich habe nicht gewusst, wie sehr ich dich damit verletzt hatte. Ich konnte nicht mehr mit dir alleine sein, weil ich dachte, dass Tohru-san merken würde, was ich für sie empfinde. Ich wollte unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Es tut mir sehr, sehr leid."
"Jetzt ist es nicht mehr so schlimm. Jetzt kann ich ja wieder bei dir sein."
Yuki lächelte sanft. Mit seiner rechten Hand drehte er ihren Kopf in seine Richtung und sah ihr tief in die Augen. "Tohru-san, ich liebe dich von ganzem Herzen!" - "Ich liebe dich auch von ganzem Herzen, Yuki-kun."
Glücklich nahm er ihre Hand in die seine. Sie war warm und weich. Es war wundervoll, sie endlich berühren zu können. Schweigend saßen sie am Seeufer und genossen die Gegenwart des anderen. Die Hitze war immer noch schlimm, aber es war ein leichter Wind aufgekommen, der es ein bisschen erträglicher machte.
Er drückte ihre Hand und lächelte glücklich, als sie zurückdrückte. Er fühlte sich leicht wie eine Feder und wenn er jetzt zurück nach Hause ginge würden seine Füße sicherlich kaum den Boden berühren. Er fragte sich, ob es ihr wohl genauso ginge.
Der Wind wurde immer stärker und mit einem kritischen Blick zum Himmel sah er schwarze Wolken über den Bäumen. Die Sonne schien noch und beleuchtete den Wald am anderen Seeufer. Die Konturen der Bäume hoben sich wie ausgeschnitten vor dem dunklen Hintergrund ab. Ein Schwarm Tauben zog über dem Wald seine Kreise und erschien in diesem merkwürdigen Licht wie funkelndes Silber, das am Himmel schwebt. Wie hypnotisiert sah er sich dieses Naturschauspiel an.
Keiner von beiden sagte etwas aus Angst, die Magie zu zerstören.
Da durchfuhr ein Blitz wie ein scharfzackiges Schwert den schwarzen Himmel. Yuki merkte, wie Tohru vor Schreck zusammenzuckte.
"Ich glaube, wir gehen besser nach Hause, bevor es anfängt zu regnen!" sagte er. "Hai! Schnell, lass uns gehen!"
Hand in Hand liefen sie über den Waldpfad, den sie kurz zuvor einzeln hergekommen waren. Viel hatte sich geändert in der letzten halben Stunde. Beide waren traurig und mit Liebeskummer zum See gegangen, und nun merkten sie kaum den Boden unter den Füßen vor lauter Glück. Sie waren noch nicht weit gekommen, als die ersten dicken Tropfen auf das Blätterdach über ihnen platschten.
"Hayaku!!! Wir werden durchnässt sein, bevor wir den Waldrand vor dem Sohma- Haus erreicht haben!" Sie rannten, so schnell sie ihre Beine tragen konnten. Über ihnen öffnete der Himmel seine Schleusen und ein Platzregen kam hernieder. Es blitzte und donnerte, das Gewitter kam immer näher. Als Yuki und Tohru schließlich an der Hintertür des Hauses angekommen waren, waren sie bis auf die Knochen durchnässt. Schnell schoben sie die Tür auf und rannten hinein. "Shi-san? Kyou-san? Ist irgend jemand hier?" Es kam keine Antwort. Also war immer noch niemand zu Hause.
Nach Atem ringend standen sie zitternd vor plötzlicher Kälte im Wohnzimmer und Wasser tropfte von ihrer nassen Kleidung auf den Fußboden.
Jetzt erst merkte er, dass ihr durchweichtes Kleid mehr oder weniger an ihrem Körper klebte. Unfähig, wegzusehen, betrachtete er sie von oben bis unten. Er bemerkte ihre kleinen, festen Brüste, die sonst immer verborgen waren, den flachen Bauch, die sanften Schwünge ihrer Hüfte. Er konnte sich kaum zurückhalten, sie jetzt sofort mit auf sein Zimmer zu nehmen und ihr dort die nassen Kleider auszuziehen.
"Ano, wir sollten uns etwas Trockenes anziehen, sonst erkälten wir uns noch!" sagte Tohru, leicht gerötet. Hatte sie seine Blicke bemerkt?
Yuki fasste ihr unter das Kinn und hob ihren Blick zu sich hoch. "Warte noch einen Augenblick." Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sanft ihre Wange. Seine Lippen berührten kaum ihre Haut. Tohru wurde rot und drehte ihren Kopf zur Seite. Doch er drehte ihn langsam wieder zurück. Wieder beugte er sich hinunter, aber diesmal hatte er ein anderes Ziel. Er drückte seine Lippen ganz leicht auf ihre.
Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, sie zu küssen! Ein wohliger Schauer lief ihm den Rücken herunter und er hatte Armeen von Schmetterlingen im Bauch.
Er merkte, wie sie zuerst ein wenig überrascht protestieren wollte, aber dann erwiderte sie den Druck auf seinen Lippen. Die Zeit des Schmerzes und der Entbehrung war endlich vorbei. Endlich hatten sie sich gefunden.
Überrascht registrierte er, dass sie ihre Lippen öffnete. Etwas weiches, warmes liebkoste seinen Mund. Er öffnete ihn und ihre Zungen trafen sich. Seine Hormone spielten verrückt. Ihm wurde zu heiß, obwohl er pudelnass war und eben noch gefroren hatte. Er drückte sie an sich, um ihren Körper an seinem zu spüren. Ihre Wärme, ihr Duft raubten ihm fast die Sinne.
Puff. Eine Rauchwolke erschien. Es war ein kurzes Vergnügen. Aber das war es mehr als wert gewesen.
Tohru erwachte wie aus einer Trance und wurde kirschrot. "Oh, ich sollte nun wirklich meine Kleidung wechseln." Verlegen blickte sie weg. "Und den Boden sollte ich auch besser putzen. Du kannst deine Kleidung direkt in die Waschmaschine werfen."
"Arigatoo, Tohru-san!" Er hatte nie gedacht, einmal glücklich zu sein, wenn er sich in eine Maus verwandelte. Doch diesmal war es anders. Ab jetzt war alles anders. Er hatte sie so nah an sich gehabt wie selten zuvor. Und er spürte immer noch ihren Kuss auf seinen Lippen. "Arigatoo!"
"Ach, das ist doch gar nichts. Ich muss meine Kleidung ja auch waschen, und ich muss nur kurz mit einem Putztuch über den Boden wischen. Das ist doch wirklich keine Arbeit." Sie verschwand durch die Tür und ging die Treppe hoch.
Yuki lächelte in sich hinein. Das war wieder typisch Tohru. Aber es war auch einer der Gründe, warum er sich in sie verliebt hatte.
Nächste Mal: Gelegenheit Wird ihre Liebe den Alltag im Sohma-Haus überleben?
Vorwort des Autors: Ich weiß noch nicht so besonders viel über Fruits Basket. Also, wenn irgendetwas nicht mit den tatsächlichen Charakteren übereinstimmt, dann killt mich, bitte, nicht! Die Geschichte ist auch in der Englischen Übersetzung zu lesen.
Wertung: ab 13 (variiert je nach Kapitel)
No Regrets
I: Der See
Er hatte sich noch nie so einsam gefühlt wie in den letzten zwei Monaten. Obwohl er sie jeden Tag sah und mit ihr redete und herumalberte wie vorher auch, so fühlte er sich doch schrecklich allein. Sie war nur übers Wochenende bei ihrer Freundin gewesen, damals, vor zwei Monaten, aber er hatte in diesen paar Tagen herausgefunden, dass jede Stunde, jede Minute ohne sie unerträglich war. Und er hatte sich eingestehen müssen, dass er sich lange Zeit belogen hatte. Er hatte sich vorgemacht, dass ihm nicht mehr an ihr läge als an jedem anderen Menschen auch. Zwar träumte er nachts von ihr; tagsüber erwischte er sich manchmal dabei, dass er sie heimlich aus dem Augenwinkel betrachtete, aber er konnte sich immer mit der Entschuldigung vertrösten, dass sie der einzige weibliche Bewohner des Hauses war.
Doch seit jenem Wochenende hatte er es aufgegeben, sich selbst zu belügen. Aber war es jetzt besser geworden? Eher im Gegenteil: seit zwei Monaten schleppte er sich nun von Tag zu Tag, unfähig, ihr sein Liebe zu gestehen. Er wollte ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzten, wollte sie nicht verlieren. Er war ihr aus dem Weg gegangen. Er konnte nicht mehr mit ihr alleine sein, weil er immer den Drang verspürte, sie zu berühren. Das durfte nicht passieren.
Nun trug er seine Last mit sich herum und hoffte, dass niemand es ihm anmerken würde.
Und so war es auch heute wieder gewesen. Als er nach der Schule nach Hause gekommen war, hatte er das Haus verlassen vorgefunden. Erst war er überrascht, da normalerweise viel los war im Sohma-Haus, aber diese Ruhe war eine willkommene Abwechslung.
Weil es so furchtbar schwül und drückend war, dass er vom Sitzen allein schon nassgeschwitzt war, hatte er sich erst einmal unter die Dusche gestellt um ein bisschen abzukühlen. Und da ausnahmsweise niemand da war, der überraschenderweise ins Bad kommen könnte, hatte er sie Tür nicht abgeschlossen. Vielleicht hatte er auch ein winzigkleines bisschen gehofft, dass sie nach Hause kommen könnte.
Die kühlen Wassertropfen perlten an seinem Oberkörper ab. Es tat so gut, endlich ein wenig abzukühlen. Er wünschte sich sehnlichst, nicht allein zu sein. Es wäre wirklich sehr schön, jetzt mit ihr unter der Dusche zu stehen, ihren nackten Körper neben seinem zu spüren, sie zu streicheln und zu küssen. Vielleicht könnte er sogar ... Er drehte an dem Knopf für kaltes Wasser, um nicht noch mehr über sie zu phantasieren. Nein, das würde ihre Ehre verletzen, das würde ihr einfach nicht gerecht. Und doch ging sie ihm nicht aus dem Kopf. Sie war so lieb, so natürlich im Umgang mit all den männlichen Wesen, die sie Tag für Tag umringten. Wenn sie doch nur ein wenig für ihn empfinden würde wie er für sie. Wäre das nicht wie der Himmel auf Erden? Er drängte den Gedanken beiseite, damit er die Dusche nicht noch kälter stellen musste.
Als er sich nach einer Viertelstunde unter der kühlen Dusche abtrocknete, war das Haus immer noch wie ausgestorben.
Hatte er anfangs noch die Stille im Haus für angenehm befunden, so fiel ihm jetzt die Decke auf Kopf. Diese Ruhe war nervtötend, und die schwüle Hitze war auch keinen Deut besser.
Raus. Raus, er musste raus aus dem Haus.
So zog er sich schnell ein paar Sachen über und trat aus dem Haus. Keine Menschenseele war weit und breit. Er überlegte kurz, in welche Richtung er gehen sollte, dann entschied er sich dafür, zu See hinunter zu gehen. Wenn die Hitze noch unerträglicher werden sollte, dann könnte er sich darin abkühlen. Wahrscheinlich wäre das etwas befriedigender als die Dusche, deren Wirkung jetzt schon wieder nachließ.
Nun ging er langsam den Waldpfad entlang und hing seinen Gedanken nach. Die Gegenwart der Bäume machte die Hitze erträglicher, nicht aber seine quälenden Gedanken. Was, was konnte er nur tun? Seine Gedanken kreisten nur um sie und seine Gefühle zu ihr. Aber wie sollte er ihr zeigen, wie viel sie ihm bedeutete, ohne sie zu verletzen oder ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen? Was sollte er nur tun? Er hatte sich nie zuvor so schrecklich gefühlt.
Mit Akitos Verhalten konnte er leben. Wenn sein Cousin sich mit ihm schlagen wollte, dann war das auch in Ordnung. Das waren Gefühle und Situationen, die er nahezu gewöhnt war. Aber nun stand er vor einer unlösbaren Frage.
Und was wäre, wenn sie seine Liebe akzeptieren würde? Würden sie es vor Akito geheim halten müssen? Er musste an Hatori denken, und wie dessen große Liebe geendet hatte. Würde er in der Lage sein, etwas wie das zu ertragen? Auf der anderen Seite hatte Akito es auch geduldet, dass sie nicht nur ihr Geheimnis kannte, sondern auch noch mit ihnen in einem Haus wohnte.
Und dann war dann noch sein Cousin. Würde er es hinnehmen, dass sie ein Paar wären? Shigure würde sich seine dummen Kommentare sicherlich nicht verkneifen können.
Aber soweit war es ja noch gar nicht. Sie wusste nichts von seiner Liebe, und er wusste nicht, wie er es ihr sagen sollte.
Völlig in seinen Gedanken verloren lief er weiter den Pfad entlang.
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Was war nur passiert? Warum benahm er sich so merkwürdig ihr gegenüber? Es fing vor zwei Monaten an. Nach einem Wochenende bei Hana-chan war sie zurück ins Sohma-Haus gekommen, und seitdem verhielt er sich so komisch. Zwar tat er so, als sei alles wie vorher, aber irgendetwas war anders. Vielleicht die Art, wie er lachte, oder wie er sie ansah, wenn sie zufällig in seine Richtung blickte. Sie wurde einfach nicht mehr schlau aus ihm.
Tohru war auf dem Weg nach Hause von ihrem Halbtagsjob im Hotel. Glücklicherweise war es noch früh. Manchmal musste sie den Weg durch den grusligen Wald im Dunkeln zurücklegen, doch diesmal war es noch hell, allerdings machte ihr die Hitze zu schaffen. Sie schwitzte ganz fürchterlich. Hoffentlich würde heute Abend ein Gewitter dem Leiden ein Ende setzen. Zumindest dem physischen Leiden. Ihre Sorgen würden allerdings bleiben.
Sie öffnete die Haustür: "Tadaima!" Es kam keine Antwort. Sie stutzte ein wenig, weil es so ruhig im Haus war. Normalerweise tönte der Fernseher, Yuki und Kyou stritten, oder Shigure streunte durch die Zimmer und suchte nach Inspiration. Immer war irgendetwas los hier. Aber heute war es vollkommen still. Da fiel ihr ein, dass Shigure einen Termin mit Mit-chan hatte. Aber wo waren Kyou und Yuki? Leicht irritiert ging sie in ihr Zimmer und legte ihre Kleidung ab. Sie überlegte kurz, ob sie duschen sollte, aber dann kam ihr eine bessere Idee: der kleine See im Wald. Der würde erfrischend kühl sein, genau das Richtige für so einen heißen Sommertag. Außerdem war er so abgelegen, dass sicher niemand dort sein würde. So zog sie sich ein luftiges Kleid an, schnappte sich ein Handtuch und ging durch die Hintertür in den Wald. Der kleine Pfad lag schattig unter den Bäumen, es war schon eine Wohltat, ihn entlangzugehen.
Ihre Gedanken kehrten zu ihm zurück. Was war wohl an jenem Wochenende geschehen? Sie war sich sicher, dass sie ihre Liebe zu ihm, die sie schon sehr lange hegte, gut versteckt hatte. Was sollte sie auch sonst tun? Sie war so dankbar, dass sie wieder ein Zuhause hatte, dass sie dieses nicht durch ein kompliziertes Verhältnis mit einem ihrer Mitbewohner aufs Spiel setzen wollte. Es war ihr genug, ihn jeden Tag um sich zu haben. Was könnte sie sich mehr wünschen? Er war so ein lieber Mensch, so rücksichtsvoll und zuvorkommend. Oder hatte sie sich doch irgendwie verraten? Hatte sie irgendetwas Unüberlegtes gesagt, dass ihn beleidigt oder in Verlegenheit gebracht hatte? Sie konnte sich zwar nicht erinnern, aber manchmal war ihr Mund schneller als ihr Kopf, und sie hatte die unübertreffliche Gabe, sich durch schnelle Rede in Verlegenheit zu bringen.
Oh, nein, das wäre ja schrecklich! Wenn sie ihn nun verloren hatte? Was, wenn er sie nun hasste und nur im Haus duldete, weil die anderen so sehr an ihr hingen? Konnte das möglich sein?
Sie wusste, dass sie im Grunde genommen nur geduldeter Gast war. Sie wusste zwar nicht, warum Akito dies zuließ, was für einen Plan er für sie hatte, aber sie war sich sicher, dass sie eines Tages nach Hause kommen würde, und Hatori würde mit ernstem Gesicht auf sie warten. Er würde ihr all ihre glücklichen Erinnerungen an die Sohmas nehmen, all ihre glücklichen Erinnerungen an IHN. Daher kostete sie jeden Tag mit Kyou, Yuki und Shigure aus, als wäre es der letzte in ihrer Mitte.
Sie wünschte sich nichts sehnlicher als IHN zu berühren, seine Stimme zu hören und ihn einfach nur anzusehen. Sein schönes Gesicht, die ausdrucksstarken Augen, seine feinen Hände gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Selbst jetzt, wo sein Verhalten ihr gegenüber so komisch geworden, ja teilweise fast abweisend war, so konnte sie doch nicht ihre Liebe zu ihm abstellen. Sein Lachen klang manchmal sehr künstlich, auch lachten seine Augen nicht mit. Er vermied jede Berührung mit ihr, als hätte sie eine ansteckend Krankheit. Natürlich konnte er nicht wissen, wie sehr er sie damit verletzte. Auch fiel ihr auf, dass sie seit diesen zwei Monaten kein einziges Mal mehr mit ihm allein gewesen war. Vorher hatte er sie manchmal vom Hotel abgeholt. Oder sie hatten zusammen in seinem kleinen Garten gearbeitet. Einmal hatte er versucht, ihr beim Kochen zu helfen. Sie hatte ihm Pilze zum Schneiden gegeben, und er hatte sich fast die ganze Hand dabei abgehackt. Er war mit zwei linken Händen geboren. Es war ihm furchtbar peinlich gewesen, dass sie ihn verbinden musste, wo er ihr doch hatte Arbeit abnehmen wollen. Aber sie war sehr glücklich gewesen, dass er Zeit mit ihr verbrachte. Hinterher hatte er ihr nur zugesehen, wie sie das Abendessen zubereitete und mit ihr herumgealbert. Damals war sein Lachen echt gewesen, aus ganzem Herzen, und seine Augen hatten gefunkelt. Oh, wie hatte sie diese Momente genossen.
Doch diese Zeit war jetzt wohl vorbei. Sie merkte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und sie nahe daran war, zu weinen.
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Völlig in Gedanken versunken war er am See angekommen, der jetzt mit seinem kühlen Nass lockte. Es war kein besonders großer See, mit etwa zwanzig kräftigen Schwimmstößen war man schon am anderen Ufer. Aber er lag nur zehn Minuten Fußweg entfernt vom Sohma-Haus mitten im Wald. Die Bäume reichten bis auf fünf Meter ans Ufer heran, das mit Gras bewachsen war.
Es war so abgeschieden hier, dass er keine Badehose mitgebracht hatte. Es würde keiner hierher kommen, also würde es auch keinen stören, wenn er nackt badete.
Er zog seine Sachen aus und legte sie sorgfältig über einen großen Stein, damit sie nicht schmutzig würden. Langsam watete er ins Wasser, das seine Füße kalt umspielte. Da hatte er wirklich eine gute Idee gehabt. Um keinen Kälteschock zu bekommen ging er nur langsam weiter und benetzte seine Haut mit dem erfrischenden Seewasser. Dann ließ er sich sanft ganz hineingleiten. Ach, was für eine Wohltat! Herrlich! Mit seinen starken Armen durchpflügte er den See.
Er schwamm ans gegenüberliegende Ufer und wieder zurück. Das Wasser war fast zu kalt, und er wollte sich erst einmal ein wenig aufwärmen, bevor er noch einmal hineinging.
Er schwamm zum Ufer, und als er wieder festen Boden unter seinen Füßen spürte, watete er langsam aus dem Wasser. Er war fast bei dem Stein mit seinen Kleidern angekommen, neben dem er sich hinsetzen wollte, um sich trocknen zu lassen, als er eine Gestalt im Schatten der Bäume am Ufer bemerkte. Wer könnte das sein? Hier kam doch sonst niemand her. Die Person kam näher, und er erkannte sie. Wie erstarrt vor Schreck blieb er stehen. Oh nein! Hatte sie ihn gesehen? Er war völlig nackt! Wie peinlich!
Doch sie kam näher ohne ihren Schritt zu verlangsamen. Vielleicht hatte sie ihn noch gar nicht bemerkt. Schnell hob er seine Kleidung auf und bedeckte seine Blöße. Warum ausgerechnet sie?
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"Honda-san?" Sie schreckte aus ihren Gedanken und versuchte, durch den Tränenschleier vor ihren Augen zu sehen. Ihre Füße hatten sie anscheinend zum See getragen, während sie vor sich hingegrübelt hatte. Am Seeufer stand ER, praktisch nackt, nur mit einer Hand seine Kleidung vor seine edelsten Teile haltend. Sie geriet in Panik. Was sollte sie nur tun? Zwar hatte sie sich so danach gesehnt, wieder einmal mit ihm alleine zu sein, aber diese Situation war furchtbar peinlich.
Sie hatte nur noch einen Gedanken: weg hier! Schnell drehte sie sich um und lief in Richtung Wald zurück.
"Honda-san! Warte!"
Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Also behielt sie ihren Schritt bei.
"HONDA-SAN! Warte doch einen Augenblick!"
Warum musste sie ausgerechnet jetzt auftauchen? Peinlich war gar kein Ausdruck für diese Situation! Aber vielleicht war es ein Wink des Schicksals? Vielleicht sollte er diese Gelegenheit nicht vorbeiziehen lassen.
Sie blieb stehen, mit dem Rücken zu ihm.
"Warte, bis ich mich angezogen habe, bitte! Ich muss mit dir reden!"
Weil sie nicht wusste, was sie sonst machen sollte, blieb sie stehen. Was hatte er nur mit ihr zu besprechen? Wollte er ihr sagen, dass sie sich in Zukunft von ihm fernhalten sollte? Das wäre das Schrecklichste, was ihr passieren könnte. Sie flehte innerlich, dass es nicht so sein würde. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Er sollte nicht merken, dass sie geweint hatte.
"Honda-san, bitte, komm her!"
Er hatte sich in Eile seine Hose übergestreift. Das Hemd war nicht zugeknöpft, und sie konnte seine helle Haut darunter erkennen. Langsam ging sie in seine Richtung.
Er zeigte auf einen großen Stein neben sich. "Setz dich, bitte."
Sie ließ sich auf dem Stein nieder. Er setzte sich rechts neben ihr auf den Boden.
Für einen Moment war es ganz still. Jetzt merkte sie erst, dass kein Vogel im Wald sang und es völlig windstill war.
Innerlich machte sie sich auf das Schlimmste gefasst.
Leise begann er zu reden.
"Honda-san, ich weiß, dass ich dir in letzter Zeit aus dem Weg gegangen bin. Ich will nicht, dass du denkst, dass ich dich nicht mehr um mich haben möchte. Es ist nämlich das völlige Gegenteil davon. Ich ..." Würde er es wirklich sagen können?
"... ich ..." Seine Stimme versagte. Aber nun war er schon so weit gekommen. Wenn er diese Gelegenheit verstreichen ließ, dann würde er vielleicht nie wieder den Mut aufbringen können, mit ihr zu reden. Er nahm sich mit aller Kraft zusammen. "Ich liebe dich, Tohru!"
Was? Von allen Dingen, die er ihr hätte sagen können, was dies etwas, was sie nun wirklich nicht erwartet hatte. Sie war sprachlos, aber in ihrem Körper war die Hölle los. Ein heißer Schauer lief ihr den Rücken hinunter und sie merkte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Sie wurde so rot wie eine reife Tomate. Was sollte sie nur antworten? Ich liebe dich auch? Das wäre eine schiere Untertreibung. Sie wollte ihm so viel sagen, wie sehr sie ihn auch liebte, wie sehr sie in letzter Zeit gelitten hatte...
"Ich weiß, das war jetzt überraschend für dich. Aber, bitte, sei mir nicht böse. Das war sehr egoistisch von mir. Ich hätte es dir nicht sagen sollen. Gomen nasai."
Oh nein! Er missinterpretierte ihr Schweigen! Sie wollte so viel sagen, dass sie nicht wusste, wo sie anfangen sollte. Ihre Gedanken liefen Amok, sie konnte einfach nicht mehr klar denken. Sie war überwältigt von seinem Geständnis. Was sollte sie nur sagen, um ihm klarzumachen, dass sie ihn auch liebte? Oh nein, sie musste etwas sagen. Sie öffnete den Mund...
"Entschuldige, Honda-san. Es war ein Fehler. Ich hätte es dir nicht sagen sollen. Das Beste ist, ich gehe jetzt."
"Nein!!" Erstaunt sah er sie an. Sie war rot vor Verlegenheit, in ihren Augen glitzerten Tränen. "Nein, bleib hier! Geh nicht weg! Nie wieder!"
Tränen liefen ihr nun über die Wangen. Sollte sie es wagen? Sie nahm allen Mut zusammen.
"Ich liebe dich auch, Yuki-kun." flüsterte sie.
Er sah sie überrascht an. Hatte er richtig gehört?
"Ich liebe dich auch. Schon seit sehr langer Zeit. Aber ich konnte es dir einfach nicht sagen. Du mir zu wichtig, als dass ich dich mit einem blöden Liebesgeständnis verlieren wollte. Es war mir genug, in deiner Nähe zu sein. Aber du hast dich so merkwürdig benommen in letzter Zeit. Ich wusste wirklich nicht, was los war. Du warst so abweisend. Ich dachte schon, du hasst mich!"
"Es tut mir leid. Wirklich. Aber ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich habe nicht gewusst, wie sehr ich dich damit verletzt hatte. Ich konnte nicht mehr mit dir alleine sein, weil ich dachte, dass Tohru-san merken würde, was ich für sie empfinde. Ich wollte unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Es tut mir sehr, sehr leid."
"Jetzt ist es nicht mehr so schlimm. Jetzt kann ich ja wieder bei dir sein."
Yuki lächelte sanft. Mit seiner rechten Hand drehte er ihren Kopf in seine Richtung und sah ihr tief in die Augen. "Tohru-san, ich liebe dich von ganzem Herzen!" - "Ich liebe dich auch von ganzem Herzen, Yuki-kun."
Glücklich nahm er ihre Hand in die seine. Sie war warm und weich. Es war wundervoll, sie endlich berühren zu können. Schweigend saßen sie am Seeufer und genossen die Gegenwart des anderen. Die Hitze war immer noch schlimm, aber es war ein leichter Wind aufgekommen, der es ein bisschen erträglicher machte.
Er drückte ihre Hand und lächelte glücklich, als sie zurückdrückte. Er fühlte sich leicht wie eine Feder und wenn er jetzt zurück nach Hause ginge würden seine Füße sicherlich kaum den Boden berühren. Er fragte sich, ob es ihr wohl genauso ginge.
Der Wind wurde immer stärker und mit einem kritischen Blick zum Himmel sah er schwarze Wolken über den Bäumen. Die Sonne schien noch und beleuchtete den Wald am anderen Seeufer. Die Konturen der Bäume hoben sich wie ausgeschnitten vor dem dunklen Hintergrund ab. Ein Schwarm Tauben zog über dem Wald seine Kreise und erschien in diesem merkwürdigen Licht wie funkelndes Silber, das am Himmel schwebt. Wie hypnotisiert sah er sich dieses Naturschauspiel an.
Keiner von beiden sagte etwas aus Angst, die Magie zu zerstören.
Da durchfuhr ein Blitz wie ein scharfzackiges Schwert den schwarzen Himmel. Yuki merkte, wie Tohru vor Schreck zusammenzuckte.
"Ich glaube, wir gehen besser nach Hause, bevor es anfängt zu regnen!" sagte er. "Hai! Schnell, lass uns gehen!"
Hand in Hand liefen sie über den Waldpfad, den sie kurz zuvor einzeln hergekommen waren. Viel hatte sich geändert in der letzten halben Stunde. Beide waren traurig und mit Liebeskummer zum See gegangen, und nun merkten sie kaum den Boden unter den Füßen vor lauter Glück. Sie waren noch nicht weit gekommen, als die ersten dicken Tropfen auf das Blätterdach über ihnen platschten.
"Hayaku!!! Wir werden durchnässt sein, bevor wir den Waldrand vor dem Sohma- Haus erreicht haben!" Sie rannten, so schnell sie ihre Beine tragen konnten. Über ihnen öffnete der Himmel seine Schleusen und ein Platzregen kam hernieder. Es blitzte und donnerte, das Gewitter kam immer näher. Als Yuki und Tohru schließlich an der Hintertür des Hauses angekommen waren, waren sie bis auf die Knochen durchnässt. Schnell schoben sie die Tür auf und rannten hinein. "Shi-san? Kyou-san? Ist irgend jemand hier?" Es kam keine Antwort. Also war immer noch niemand zu Hause.
Nach Atem ringend standen sie zitternd vor plötzlicher Kälte im Wohnzimmer und Wasser tropfte von ihrer nassen Kleidung auf den Fußboden.
Jetzt erst merkte er, dass ihr durchweichtes Kleid mehr oder weniger an ihrem Körper klebte. Unfähig, wegzusehen, betrachtete er sie von oben bis unten. Er bemerkte ihre kleinen, festen Brüste, die sonst immer verborgen waren, den flachen Bauch, die sanften Schwünge ihrer Hüfte. Er konnte sich kaum zurückhalten, sie jetzt sofort mit auf sein Zimmer zu nehmen und ihr dort die nassen Kleider auszuziehen.
"Ano, wir sollten uns etwas Trockenes anziehen, sonst erkälten wir uns noch!" sagte Tohru, leicht gerötet. Hatte sie seine Blicke bemerkt?
Yuki fasste ihr unter das Kinn und hob ihren Blick zu sich hoch. "Warte noch einen Augenblick." Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sanft ihre Wange. Seine Lippen berührten kaum ihre Haut. Tohru wurde rot und drehte ihren Kopf zur Seite. Doch er drehte ihn langsam wieder zurück. Wieder beugte er sich hinunter, aber diesmal hatte er ein anderes Ziel. Er drückte seine Lippen ganz leicht auf ihre.
Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, sie zu küssen! Ein wohliger Schauer lief ihm den Rücken herunter und er hatte Armeen von Schmetterlingen im Bauch.
Er merkte, wie sie zuerst ein wenig überrascht protestieren wollte, aber dann erwiderte sie den Druck auf seinen Lippen. Die Zeit des Schmerzes und der Entbehrung war endlich vorbei. Endlich hatten sie sich gefunden.
Überrascht registrierte er, dass sie ihre Lippen öffnete. Etwas weiches, warmes liebkoste seinen Mund. Er öffnete ihn und ihre Zungen trafen sich. Seine Hormone spielten verrückt. Ihm wurde zu heiß, obwohl er pudelnass war und eben noch gefroren hatte. Er drückte sie an sich, um ihren Körper an seinem zu spüren. Ihre Wärme, ihr Duft raubten ihm fast die Sinne.
Puff. Eine Rauchwolke erschien. Es war ein kurzes Vergnügen. Aber das war es mehr als wert gewesen.
Tohru erwachte wie aus einer Trance und wurde kirschrot. "Oh, ich sollte nun wirklich meine Kleidung wechseln." Verlegen blickte sie weg. "Und den Boden sollte ich auch besser putzen. Du kannst deine Kleidung direkt in die Waschmaschine werfen."
"Arigatoo, Tohru-san!" Er hatte nie gedacht, einmal glücklich zu sein, wenn er sich in eine Maus verwandelte. Doch diesmal war es anders. Ab jetzt war alles anders. Er hatte sie so nah an sich gehabt wie selten zuvor. Und er spürte immer noch ihren Kuss auf seinen Lippen. "Arigatoo!"
"Ach, das ist doch gar nichts. Ich muss meine Kleidung ja auch waschen, und ich muss nur kurz mit einem Putztuch über den Boden wischen. Das ist doch wirklich keine Arbeit." Sie verschwand durch die Tür und ging die Treppe hoch.
Yuki lächelte in sich hinein. Das war wieder typisch Tohru. Aber es war auch einer der Gründe, warum er sich in sie verliebt hatte.
Nächste Mal: Gelegenheit Wird ihre Liebe den Alltag im Sohma-Haus überleben?
