Hinweis: Diese Arbeit darf nicht, in welcher Form auch immer, für kommerzielle Zwecke benutzt werden. Ich habe keine Autorisation von Takaya Natsuki oder Hana to Yume Comics. Es dient nur dem Zweck, von anderen Personen gelesen zu werden.

Wertung: ab 13 (variiert je nach Kapitel)

IV. Entdeckt

Er schaute auf seinen Wecker. Halb zwölf. Geduldig wartete er. Es würde schon kommen.

Und da war es: leise Schritte vor seiner Tür. Sie kamen von Yukis Zimmer und tappten über den Flur. Ein verstohlenes Klopfen, gefolgt von kaum hörbarem Flüstern. Eine Tür wurde geöffnet, die Schritte verstummten.

Seit einiger Zeit ging das schon so. Ein- bis zweimal in der Woche schlich sich Yuki in Tohrus Zimmer. Dass die beiden dort nicht für die Schule lernten war Shigure schon klar. Aber er hatte es bisher nicht über sich gebracht, weiter darüber nachzudenken. Immerhin war sein kleiner Cousin auch der kleine Bruder eines seiner besten Freunde. Und eine Liebesaffäre musste Akito gemeldet werden. Aber in dem Alter war es ja noch nicht einmal sicher, wie lange eine Liebe halten würde. Als er so alt gewesen war... Er kicherte. Ein wenig sehnsüchtig dachte er an die vielen Male, die er nachts durch das Fenster seines Zimmers entwischt war, um Mädchen zu besuchen. Und seine Eltern hatten sich immer gewundert, warum er so müde war. Später war er mit Ayame um die Häuser gezogen.

Ein wenig beneidete er Yuki. Dieser musste noch nicht einmal akrobatische Übungen machen, um zu seinem Mädchen zu gelangen.

Die beiden versteckten ihre Liebe wirklich gut. Sie waren schon immer viel zusammen gewesen, daher war ihm auch nichts besonderes aufgefallen. Im Nachhinein fielen ihm natürlich einige merkwürdige Dinge ein. Zum Beispiel waren beide leicht verlegen gewesen, als er nach seinem Ausflug mit Hatori und Ayame gefragt hatte, ob sie das Wochenende auch gut genutzt hätten. Andererseits hatte er aber auch absichtlich gefragt, nur um die beiden verlegen zu machen. Tohru trug eine Halskette mit einem kleinen Anhänger daran. Und sie waren immer sehr erschöpft und atemlos, wenn sie aus Yukis kleinem Garten zurückkehrten.

Wahrscheinlich hätte er bis heute nichts davon bemerkt wenn er nicht vor drei Wochen im Traum eine Inspiration gehabt hätte, die er sofort niederschreiben musste. Als er dann gerade sein Schlafzimmer verlassen wollte, um in sein Büro zu gehen, hatte er leise Schritte auf dem Flur bemerkt. Sicherlich war das Baka Neko, der wieder einmal die halbe Nacht beleidigt auf dem Dach gesessen hatte. Er wollte schon die Tür öffnen und den nächtlichen Schleicher darauf hinweisen, dass er morgen in die Schule gehen musste, da waren die Schritte verstummt. Und merkwürdigerweise lag Kyous Zimmer am anderen Ende des Flurs. Da war doch etwas anderes im Gange!

Die nächsten Nächte hatte er sich hinter seiner Tür auf die Lauer gelegt, um herauszufinden, was da in seinem Hause hinter seinem Rücken vorging. Und er hatte folgendes in Erfahrung bringen können: Yuki schlich sich meist gegen halb zwölf, wenn im Hause normalerweise alle schliefen, aus seinem Zimmer und verschwand hinter Tohrus Tür. Gegen fünf Uhr morgens ging dann das Schauspiel in die umgekehrte Richtung. Dies passierte nicht jede Nacht, aber alle zwei oder drei Nächte waren die leisen Schritte zu hören.

Wenn er bloß ein Wort darüber verlieren könnte! Er genoss es wirklich, andere in Verlegenheit zu bringen. Yuki wurde dann immer ärgerlich, Kyou drohte ihm Prügel an, Hatori konterte mit alten Geschichten, und Tohru sah verlegen zu Boden und wurde rot. Herrlich. Er kicherte wieder.

Wie gut hätte er dumme Bemerkungen über Yukis nächtliche Besuche bei Tohru machen können, wenn die Situation nicht so ernst wäre. Aber er wollte erst einmal abwarten. Vielleicht würde sich das Problem auch von selbst lösen. Immerhin waren beide noch sehr jung. An Heirat war noch nicht zu denken. Und trotzdem würde Akito sehr, sehr zornig werden, wenn er erst später davon erführe, dass hinter seinem Rücken etwas vorging.

Shigure wusste nicht, was Akito damit bezweckte, Tohru bei ihm wohnen zu lassen. Er hatte schon hin und her überlegt, aber es war ihm nach wie vor ein Rätsel. Nicht, dass er etwas dagegen hätte. Ihm war Tohru ans Herz gewachsen. Das Haus war sauber wie nie zuvor, es gab köstliches Essen, und vor allem kamen Tohrus Freundinnen manchmal zu Besuch. Hanajima war etwas unheimlich, aber Uotani war echt süß. Auch gab es ihm die Gelegenheit, unter irgendeinem Vorwand in Tohrus Schule zu gehen. Und da gab es so viele hübsche Schülerinnen, dass er sich kaum satt sehen konnte. Wenn doch die Schuluniformen etwas kürzer wären! Er seufzte sehnsüchtig.

Nein, diese Träumereien mussten warten. Entschlossen schob er diese Gedanken beiseite. Er musste eine Lösung für die Sache mit Yuki und Tohru finden.

Akito hasste Tohru, auch wenn er ihr erlaubt hatte, ihre Erinnerungen zu behalten und im Sohma-Haus zu wohnen. Shigure mochte sich gar nicht ausmalen, wie er sie behandeln würde, wenn die Affäre ans Licht käme. Und Yuki hatte auch schon sehr unter Akito gelitten.

Auf der anderen Seite war Shigure dem Familienoberhaupt gegenüber loyal eingestellt. Er mochte es nicht, wenn er Geheimnisse vor Akito hatte. Damals, als sie sich vor Tohru in Tiere verwandelt hatten, war er sofort zu ihm gegangen. Allerdings war ihm Tohru damals noch völlig fremd gewesen. Heute war sie ein Mitglied seines Haushaltes.

Sie hatte einige positive Veränderungen in den Persönlichkeiten der Juunishi bewirkt. Vor allem zwischen Kyou und Yuki herrschte nicht mehr so eine feindliche Stimmung. Kyou war mehr und mehr gesellschaftsfähig geworden. Yuki wirkte entspannter. Hatori lächelte öfter. Und Momiji hatte regelrecht einen Narren an ihr gefressen.

Oh, natürlich war Yuki entspannter. Er bekam ja auch eine regelmäßige Spezial-Dosis Tohru. Shigure kicherte. Er fragte sich, wie weit die beiden mittlerweile gekommen waren. Ob sie wohl schon...

Er war wieder vom Thema abgekommen. Das hier war zu wichtig, als dass er über das Sexleben seines Cousins phantasieren sollte.

Hatori war wahrscheinlich das schlimmste Beispiel für das tragische Ende einer Beziehung. Er hatte schlimm unter Akitos Reaktion gelitten. Nicht nur körperlich.

Seit Akito Oberhaupt des Clans war hatte die Zahl der Eheschließungen bei den Sohmas rapide abgenommen. Jetzt, da er darüber nachdachte, fiel Shigure auf, dass sämtliche Juunishi unverheiratet waren. Nicht nur die Kinder, sondern auch die, die eigentlich längst hätten in den Hafen der Ehe einlaufen können. Hatori war der letzte gewesen, der um eine Heiratserlaubnis angesucht hatte.

Shigure kannte Akito schon seitdem dieser ein Kind gewesen war. Dass dieser jünger war als er, machte den Umgang mit ihm etwas leichter. Auch hatte Shigure ein bisschen Mitleid mit dem kränkelnden Clanoberhaupt. Er war mehr oder weniger ans Haus gefesselt und konnte nur hinaus, wenn sein Gesundheitszustand es erlaubte. Und um diesen war es meist nicht besonders gut bestellt. Trotzdem waren seine Launen unerklärlich und unvorhersehbar. Und Shigure wollte sich lieber nicht zum Objekt eines Wutausbruchs machen.

Also musste er einen Kompromiss finden. Wenn er zu Akito ging, dann würde Tohru zumindest das Haus verlassen müssen, wenn nicht etwas Schlimmeres auf sie wartete. Aber er musste zu Akito gehen, das stand fest. Früher oder später würde die Affäre unweigerlich ans Licht kommen. Und wenn Akito es von jemand anderem erfuhr, was in Shigures Haus vor sich ging, dann würde selbst auf Shigure eine gesalzene Strafe warten. Und darauf konnte er gut verzichten.

Was also tun? Gab es einen Mittelweg? Vielleicht sollte er sich erst einmal mit Yuki selbst unterhalten und herausfinden, wie ernst die Lage war. Wenn es nur Herumexperimentieren von Teenagern war, dann könnte er sich den Gang zum Familien-Oberhaupt sparen.

Aber er wusste noch nicht einmal, wann genau die Sache angefangen hatte. Er war sich ziemlich sicher, dass es zumindest seit seinem Trip mit Ayame und Hatori zwischen den beiden mehr als Freundschaft gab. Und dieser war nun schon zwei Monate her. Wenn die Affäre nun doch schon länger lief? Dann war das doch etwas Ernstes. Ja, er musste definitiv mit Yuki reden.

Nach diesem Entschluss musste er sich noch über einen geeigneten Zeitpunkt Gedanken machen. Eigentlich wäre es am Besten, sich so bald wie möglich darum zu kümmern. Je früher der Zeitpunkt desto schneller waren die Schmerzen hinterher vergessen, sollte es zum Schlimmsten kommen.

Vielleicht sollte er aber vorher noch ein paar Nachforschungen anstellen bezüglich der Intensität der Affäre zwischen Yuki und Tohru. Wenn es nur eine reine Sex-Geschichte war, dann lohnte sich die Aufregung nicht. Wahre Gefühle waren allerdings etwas Anderes. Wahre Gefühle bedeuteten eine ernste Liebes-Beziehung. Und somit auch den Gang zu Akito, der dann über die Zukunft der beiden entscheiden musste.

Gleich morgen wollte er sich in Yukis Zimmer umsehen. Dort würde er schon etwas finden. Vielleicht Liebesbriefe (überhaupt nicht gut!), Pornoheftchen (gut, dann wäre es wirklich nur das Experiment am lebenden Objekt) oder ähnliches.

Als er, Shigure, so jung gewesen war, hatte er mit Vorliebe am lebenden Objekt experimentiert. Seine Tier-Form war dabei sehr von Vorteil gewesen. Welches Mädchen streichelte nicht gern einen Hund? Und er hatte es ausgekostet, die Unarten der anderen Hunde zu imitieren. Hunde schnüffelten gerne an anderen Leuten, Hunde schauten fremden Frauen unter den Rock, Hunde verirrten sich ab und zu. Zum Beispiel in Umkleidekabinen...

Shigure kicherte. Das war ein Spaß gewesen! Er hatte nur auf der Hut sein müssen, sich nicht zu früh zurückzuverwandeln. Aber so waren ihm Anatomie und Duft der Frauen schon früh bekannt gewesen.

Später, als er mit Ayame und Hatori um die Häuser zog, hatte sich dieses Wissen als sehr vorteilhaft erwiesen. Er hatte schon von weitem ausmachen können, welches Mädchen willig war, mit ihm die Nacht zu verbringen. Ayame hatte auch davon profitiert, da Mädchen selten allein ausgingen. Nur Hatori war meistens brav in sein eigenes Bett gegangen. Shigure seufzte sehnsüchtig. Diese Zeiten waren leider vorbei.

Die meisten Frauen in seinem Alter waren verheiratet oder in festen Händen, Schülerinnen interessierten sich selten für ihn. Auch waren Abende mit Ayame und Hatori selten geworden. Hatori hatte einen ernsten Beruf ergriffen, der ihn viel in Anspruch nahm. Ayame grübelte fast nur noch über seinen Entwürfen. Wenn er wenigstens mal etwas Sinnvolles entwerfen würde, wie, zum Beispiel, extrakurze Schuluniformen. Aber die Fummel, die Ayame fabrizierte, waren nichts für Shigures simples Gemüt.

Extrakurze Schuluniformen... der Gedanke gefiel ihm wirklich. Dann müsste er sich nicht einmal mehr anstrengen, unter die Röcke zu spähen. Das wäre wie der Himmel auf Erden! Mit diesen Gedanken schlief er ein, ein Grinsen auf den Lippen.

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"Ittekimasu!" Die Tür fiel hinter seinen drei Mitbewohnern ins Schloss. Jetzt konnte er sich ungestört in Yukis Zimmer an die Arbeit machen.

Er öffnete die Tür. Yukis Zimmer war erstaunlich ordentlich. Er musste wirklich aufpassen, dass er alles wieder so hinterließ, damit es nicht auffiel, dass er in fremden Zimmern schnüffelte.

Wo sollte er anfangen? Die Schublade für Unterwäsche war der wahrscheinlichste Aufbewahrungsort für Heimlichkeiten. Also an die Arbeit. Leicht beschämt hob er vorsichtig Unterhose um Unterhose. Nichts. Er grübelte. Vielleicht gab es eine lose Diele im Fußboden. Er kroch über den Boden und klopfte die Fußbodenbretter ab. Auch Fehlanzeige. Sein Blick fiel auf den Kleiderschrank. Dort? Er schob die Kleiderhaken hin und her. Auch auf dem Boden war nichts.

Enttäuscht gab er auf. Hier war nichts. Nicht der kleinste Hinweis. Er ließ den Blick durchs Zimmer schweifen. Hier gab es außer dem Futon keine Möglichkeit mehr, etwas zu verstecken. Oh, das Futon hatte er noch nicht durchsucht. Er hob die Matratze hoch. Oh, da lag etwas! Kleine Päckchen. Er nahm eines davon in die Hand, um es eingehender zu betrachten.

Hahahaha! Unwillkürlich musste er lachen. Sein kleiner Cousin versteckte Kondome unter seinem Futon! Das hatte er ihm gar nicht zugetraut! Na ja, aber Kondome zu verstecken hieß nicht gleich, dass sie auch zu benutzen. Also war das kein wirkliches Indiz für den Grund der nächtlichen Wanderungen.

Und nun? Er sah auf die Uhr. Erst kurz vor Mittag. Also hatte er noch mehr Zeit. Und das Schnüffeln in fremden Sachen hatte ihm Spaß gemacht. Warum also jetzt aufhören? Die Affäre involvierte zwei Personen. Sollte er vielleicht auch Tohrus Zimmer durchsuchen? Nein. Tohru war ein Mädchen. Ihre Sachen gingen ihn nichts an. Andererseits war es vielleicht besonders interessant, gerade weil sie ein Mädchen war. Mädchen bewahrten alles Mögliche auf. Ein kurzer Blick in Zimmer konnte wohl nicht schaden.

Er ging ans andere Ende des Flurs. Zögernd stand er vor der Tür zu Tohrus Zimmer. Für kurze Zeit kämpfte er noch mit sich selbst, doch seine Neugier siegte. Er trat ins Zimmer und wurde von weiblichem Wohlgeruch eingehüllt. Allerdings mischte sich ein feiner Hauch von Yukis Geruch in diesen Duft. Shigure verzog sein Gesicht.

Shigure ging zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Er wiederholte die Prozedur wie in Yukis Zimmer. Und wieder fand er nichts. Und hier wollte er nun wirklich nicht in der Schublade für Unterwäsche suchen. Oder doch? Nein, er war doch ein erwachsener Mann! Andererseits hatte es ihn schon immer ein bisschen interessiert, wie Tohrus Unterhosen aussahen.

Und wieder hatte die Neugier gesiegt. Diesmal war sein Ausdruck allerdings ein anderer als bei Yukis Unterwäsche. Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Das hier machte richtig Spaß! Säuberlich zusammengefaltet lagen Tohrus Höschen in der Schublade. Die meisten waren aus weißer Baumwolle, manche waren zartrosa. Vorsichtig hob er einen Stapel hoch. Na, was lag denn da? Etwas kleines, schwarzes, das etwas einsam und fehl am Platze aussah. Shigure legte den Stapel Baumwollhöschen beiseite, um seine Neuentdeckung zu betrachten.

Oh ja, das kam ihm bekannt vor. Manchmal hatten die Mädchen, mit denen er nach Hause gegangen war, etwas ähnliches getragen. Dieses Teil schrie förmlich danach, ausgezogen zu werden. Schwarze Spitze, mehr Luft als Stoff. Ein süßer kleiner String-Tanga. Trug Tohru wirklich so etwas? Sicherlich hatte sie es sich extra für Yukis nächtliche Besuche angeschafft. Shigure kicherte. Yuki war schon ein Glückspilz!

Er legte die Höschen vorsichtig wieder zurück in die Schublade, um auch unter den anderen Stapeln nachzusehen. Aber außer BHs und anderer Unterwäsche fand er auch hier nichts. Schrieben die sich keine kleinen Liebesbriefe? Wie unromantisch!

Vielleicht auch hier unter dem Futon? Er lüftete die Matratze an. Nichts.

Enttäuscht verließ er den Raum. Den ganzen Morgen hatte er nach etwas gesucht, was ihm weiterhelfen könnte. Aber außer Kondomen bei Yuki und ein bisschen Reizwäsche bei Tohru hatte er nichts gefunden. Was nun?

Er könnte beobachten, ob die Kondome unter Yukis Futon mit der Zeit verschwänden. Das wäre ein sicheres Zeichen dafür, dass sie benutzt würden. Und was würde das aussagen? Eigentlich auch nichts. Wenn sie allerdings nicht benutzt würden, dann war das ein sicheres Zeichen dafür, dass sich die Affäre zwischen Yuki und Tohru nicht nur um Sex drehte.

Also gut. Er würde den das Kondom-Versteck in der nächsten Zeit im Auge behalten. Und dann würde er entscheiden, was zu tun sei.

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Seit über einer Woche lugte er nun jeden Morgen, wenn niemand im Haus war, unter Yukis Futon. Aber die Anzahl der Kondome war gleich geblieben. Jetzt musste er sich auf ein Gespräch mit Yuki vorbereiten.

Doch auf einmal wusste er gar nicht mehr, ob das wirklich so eine gute Idee war. Er war hin- und hergerissen zwischen Loyalität zu Akito und Zuneigung zu Yuki. Aber es half alles nichts. Er musste seinen Plan durchziehen.

*************************************************** "Warum?" brüllte Yuki Shigure an. "Warum musst du damit zu Akito gehen? Jedes Mal, wenn mein Leben wie das eines normalen Menschen verläuft, jedes Mal, wenn ich glücklich bin, dann zerstört er alles! Das kann ich nicht mehr zulassen! Ich will Tohru nicht verlieren! Hast du mal darüber nachgedacht, was aus ihr wird, wenn Akito unsere Beziehung nicht duldet? Wo soll sie denn hin? Sie hat außer uns niemanden mehr, zu dem sie gehen kann!"

"Yuki-kun, ..."

"Nein! Wir habe unsere Beziehung nicht umsonst geheim gehalten! Ich habe es kommen sehen! Ich habe gewusst, dass du sofort zu Akito rennen würdest, wie ein kleines Kind, dass Eindruck schinden will!" Er schlug mit der Hand auf den Tisch. "Nein! Ich werde nicht zulassen, dass..."

"Yuki-kun, nun reg dich nicht auf, es..."

"Was? Ich soll mich nicht aufregen? Du fürchterlicher Egoist! Dir ist dein Einschleimen bei Akito wichtiger als unsere Freundin! Du kotzt mich an!" Mit diesen Worten stand er auf, drehte Shigure den Rücken zu und knallte die Tür hinter sich zu.

Er musste mit Tohru reden, aber zuerst musste er sich ein wenig abkühlen. Also stieg er die Leiter aufs Dach hinauf. Es war zwar bitterkalt, aber wenigstens hatte er hier seine Ruhe. Sein Atem formte kleine Dampfwölkchen vor seinem Mund. Er setzte sich und dachte nach.

Natürlich hatte es so kommen müssen. Insgeheim hatte er es schon erwartet. Es war zu lange gut gegangen. Doch er hatte einen Funken Hoffnung gehabt, dass Shigure anders reagieren würde. Nun war alles vorbei.

Bilder der letzten Jahre erschienen in seinem Kopf: Tohru, wie sie gerade bei ihnen eingezogen war. Tohru, wie sie ihn zum ersten Mal beim Vornamen genannt hatte. Tohru, wie sie in jedes nur mögliche Fettnäpfchen trat. Das Gewitter am See. Ihr erster Kuss. Das Kettchen, das er ihr geschenkt hatte, und das sie nun immer trug. Ihre erste Nacht alleine. Seine nächtlichen Ausflüge in ihr Zimmer.

Sollte das nun alles vorbei sein? Nein, nein, nein, nein! Er hatte sich geschworen, nicht so wie Hatori zu enden. Auch wenn das hieße, gegen den gesamten Clan zu kämpfen, er würde seine Liebe verteidigen! Er stand auf und hob die geballte Faust zum Himmel.

"Ich werde nicht klein beigeben! Niemals!"

Voller Kampfgeist stieg er wieder hinunter und klopfte leise an Tohrus Zimmertür.

"Ja?"

"Ich bin's, Yuki. Darf ich reinkommen?"

"Ja, komm rein."

Er betrat das Zimmer. Tohru saß auf ihrem Futon, ein Buch auf den Knien. Yuki setzte sich zu ihr und wusste auf einmal nicht mehr, wie er anfangen sollte. Nach einem Moment brach Tohru das Schweigen.

"Was ist los? Ist etwas Schlimmes passiert?"

"Shigure hat... Er hat alles herausgefunden."

Mit großen Augen sah sie ihn an. "Und was nun?"

"Natürlich will er zu Akito gehen und ihm davon erzählen. Aber das werde ich verhindern! Ich will nicht, dass wir getrennt werden! Ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen!"

"Wie willst du verhindern, dass Shigure zu Akito geht?"

"Ich weiß nicht. Aber irgendwie wird das schon gehen. Es wird einen Weg geben, ihn davon abzubringen."

"Bist du dir da sicher? Ich bin nämlich nicht deiner Meinung. Shigure wird auf jeden Fall hingehen."

Yuki spürte die Wut wieder in sich aufkeimen. Doch Tohru fuhr ruhig fort: "Das einzige, was wir tun können ist, ihm zuvorzukommen. Wenn wir selbst hingehen, dann wird er vielleicht nicht so wütend sein als wenn er es aus zweiter Hand erfährt."

"Auf welcher Seite stehst du eigentlich? Hast du nichts aus der Geschichte mit Hatori und Kana gelernt? Akito wird es niemals dulden, dass wir zusammenbleiben. Darüber hinaus wird er uns beide bestrafen, weil wir hinter seinem Rücken gehandelt haben. Willst du das?"

"Was haben wir denn für Alternativen? Sollen wir weglaufen und uns den Rest unseres Lebens verstecken? Ist dir das lieber? Das wäre doch wie eine Bestätigung für Akito! Und er wird uns sicher suchen lassen. Ich will kein Leben in ständiger Angst, entdeckt zu werden, führen."

"Was willst du dann?"

"Ich werde morgen früh zum Honke gehen und Akito aufsuchen. Dann werde ich sehen, wie er reagiert. Vielleicht ist es ja auch gar nicht so schlimm."

"Ich lasse dich nicht alleine gehen! Wir gehen zusammen hin. Hier geht es um uns. Um unsere Zukunft! Ich habe geschworen, dich zu beschützen!"

"Nein, ich gehe allein. Das ist besser, denke ich. Es soll nicht so aussehen, als ob ich Verstärkung brauche, um mit ihm zu reden. Wenn du mitkommst, dann könnte er meinen, ich könnte nicht für mich selbst sprechen."

"Du könntest Hatori bitten..."

"Nein. Das käme auf dasselbe heraus. Ich muss alleine gehen." Entschlossen sah sie ihm in die Augen.

"Gut. Wenn du dir so sicher bist, dann kann ich dich nicht hindern. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als zu warten."

"Danke. Bleibst du heute Nacht bei mir? Ich möchte nicht alleine sein, auch wenn ich mich auf das Gespräch vorbereiten muss. Und verstecken müssen wir uns auch nicht mehr. Ich brauche jetzt deine Nähe."

"Selbstverständlich bleibe ich bei dir. Wenn ich dir morgen schon nicht beistehen kann, dann zumindest heute Nacht."

"Danke."

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Tohru lag noch lange wach und überlegte, wie sie Akito gegenübertreten sollte. Yuki gab ihr Kraft, aber würde das reichen? Sie wollte ihn nicht verlieren! Um nichts in der Welt! Sie wollte mit ihm zusammen sein, was auch geschah.

Seine Nähe war tröstlich. Den ganzen Abend hatte er ihre Hand gehalten, ohne ein Wort zu sagen. Sie musste Akito morgen überzeugen können, dass ihre Liebe wichtig war. Sie durfte keine Schwäche zeigen. Schwächen wurden ausgenutzt.

"Okasan, habe ich wirklich die Kraft das durchzustehen?" leise sprach sie mit dem Bild ihrer Mutter, um Yuki nicht aufzuwecken. "Kann ich das wirklich? Er ist das Wichtigste in meinem Leben. Ich will nie wieder ohne ihn sein müssen! Warum ist das nur so schwer? Werde ich schaffen, was ich mir vorgenommen habe?"

Akitos Reaktion war nicht abzuschätzen. Tohru machte sich auf das Schlimmste gefasst, hoffte aber, dass es nicht dazu kommen würde. Sie hatte schon einmal gedacht, sie würde ihre Erinnerung verlieren müssen. Damals war es nicht soweit gekommen. Vielleicht auch diesmal. Spekulieren half nicht. Der morgige Tag würde zeigen, wie Akito reagierte. Und sie hatte einen wichtigen Grund, das Familienoberhaupt aufzusuchen.

Für Yuki. Für Yuki musste sie den Mut aufbringen, Akito entgegenzutreten. Für Yuki.