02: Nie mehr allein

Als die Gruppe nach vielen schweißtreibenden Kämpfen am Ende des Waldes angelangt waren, beschlossen sie, bevor sie den Wald von Macalania endgültig verließen, eine Rast zu machen.

„Aber Lord Braska, unbedingt im Wald?" fragte Auron eher besorgt als kritisch, doch Jecht ließ sich schon auf den weichen Erdboden fallen.

„Wenn es nach dir ginge, würden wir nie rasten. Hast es wohl eilig, was?"

Auron starrte ihn böse an. Was hatte dieser... Eindringling schon für eine Ahnung. Auron konnte keine Rast mit Braska lang genug sein, aber Jecht konnte natürlich nicht wissen warum.

Wenn sie es tatsächlich bis Zanarkand schafften, würde Braska die Kunst der hohen Beschwörung erlernen und damit Sin bezwingen... doch man konnte sie nicht überleben, nicht einmal Braska mit all seinem Willen konnte das nicht.

Braska würde sterben. Das war eine Tatsache.

Etwas später hatte Braska auf magische Weise ein Lagerfeuer entzündet und begann sich daran die Hände zu wärmen. Jecht lag immer noch auf dem Boden und sah mittlerweile zu den Sternen hinauf. Auron hockte wortlos neben ihm. Er schraubte den Deckel seines großen Wasserbehälters ab und nahm einen Schluck.

„Du hast es mitbekommen," sagte Jecht plötzlich und drehte seinem Freund den Kopf zu. „Eigentlich wollte ich dich später darum bitten, aber... falls du jemals in mein Zanarkand kommst, kümmere dich bitte um meinen Sohn Tidus. Er ist eine echte Heulsuse, weiß gar nicht, wie er ohne Daddy zurechtkommt... Ich weiß zwar gar nicht, was aus ihm und seiner Mutter inzwischen geworden ist, aber hol ihn bitte eines Tages auf jeden Fall hierher."

Auron sah ihn an und runzelte die Stirn. „Warum holst du ihn nicht selbst?"

„Ich glaube nicht, dass ich zurück nach Zanarkand kann."

„Und warum glaubst du dann, dass ich es schaffe?"

„Weil du in vielerlei Hinsicht besser bist als ich."

Diese Worte überraschten Auron. Jecht schien es ernst zu meinen. Flüchtig drehte er sich zur Seite, um Braska aus dem Augenwinkel zu erhaschen. Der Summoner war eingeschlafen. Auron musste lächeln.

„Dein... Zanarkand... ist es so wie wir es in Guadosalam in den Erinnerungen gesehen haben?" fragte er langsam.

„Yeah, da war es noch richtig cool."

„Warst du im Abyssum?"

„Ähm..." Jecht sah aus, als sei ihm die Frage unangenehm.

„Ich... äh... hab mich nicht getraut. Find du es für mich raus."

Jecht hatte also tatsächlich Angst, dass seine Familie längst tot war. Wenn Zanarkand wirklich...

Auron lehnte sich gegen einen Felsen. „Ich werde jetzt schlafen. Lass bitte das Feuer für Braska an."

Rasch waren die beiden Guardians eingeschlafen.

Auron wurde als Erster wach. Er weckte Braska und Jecht, den einen allerdings etwas sanfter als den anderen.

„Wir stehen früher auf als gut für uns ist!" grummelte Jecht. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal ausgeschlafen hatte. „Ein Blitzballspieler brauch' Ruhe um seine Körperbereitschaft wieder herzustellen!!"

„Tja," erwiderte der Schwertkämpfer fast schnippisch, „Eine Garde ist mit der nötigen Bereitschaft bereits gesegnet. Man nennt sie auch "Disziplin"."

Braska rückte seufzend seine prächtige Kopfbedeckung zurrecht. Immer das selbe. Ständig mussten die beiden zanken. Der Summoner war sich zwar sicher, dass sie es nicht ernst meinten, aber es konnte schon störend wirken.

Jecht wirkte aber tatsächlich müder als sonst.

„Konntest du nicht schlafen?" fragte Braska, ehrlich besorgt.

„Sagen wir es so..." erwiderte der Blitzballer langsam und kratze seine Bartstoppeln, „Nicht gut. Mich quälten ein paar Fragen."

Auron verdrehte die Augen. „Nicht schon wieder dieser Kinderkram!"

Jecht sah ihn gereizt an.

„Wuff! Immer bissig, was?"

Braska versuchte es nun mit einer schlichtenden Geste. „Komm schon Jecht. Erzähl es uns. Auron ist so früh aufgestanden, dass er sogar schon zusammenpacken konnte und es ist wirklich noch früh! Die Sonne ist ja noch nicht einmal richtig aufgegangen."

„Entschuldigung, Lord Braska."

Auron machte eine unterwürfige Geste, wie ein Hund, der geschlagen wurde.

Braska rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Na na, übertreib es nicht."

Jecht räusperte sich. „Nun denn... es geht um das was du gesagt hast, als ihr mich aus dem Gefängnis entlassen worden bin.

‚Ein unnützer Summoner, ein Mann der behauptet, er käme aus Zanarkand und der junge Kämpfer, der die Tochter des hohen Priesters abblitzen ließ... was meintest du damit?"

Auron knurrte. Ihm gefiel der Ton und das Thema nicht.

„Nunja..." Braska lachte verlegen. „Ich war der erste Summoner, der die erste Prüfung, die das Summoner werden darstellt, nach zwei Tagen freiwillig abgebrochen hat. Das hat meinen Ruf auch nach dem Bestehen nicht gerade verbessert. Normalerweise würde jeder der den Willen besitzt, ein Summoner zu werden, eher in der Kammer der Asthra zugrunde gehen als freiwillig herauszukommen... wenn man allerdings eine Garde hat, die nach 24 Stunden völlig außer sich vor Angst anfängt an der Tür zu hämmern, dann verliert man die Konzentration schon mal etwas. Außerdem war es viel zu heiß..."

Auron verzog keine Miene, als Jecht ihn breit angrinste. „An der Tür hämmern, ja?"

„Der zweite Punkt ist schnell erklärt... es ist schon etwas verwunderlich, dass du behauptest aus Zanarkand zu kommen... man hätte dich für krank halten können, also noch ein Verrückter im Schlepptau des nutzlosen Braska..."

„Und," fuhr der Summoner fort, „Dann war da noch die Angelegenheit mit Auron und der Tochter des Oberpriesters von Bevelle. Der Oberpriester befehligt jeden Primas und steht somit direkt unter Lord Maika, dem Herrschaftsführer von Spira.

Er hatte eine recht hübsche Tochter mit Namen Sue. Hübsch und anhänglich."

Braska lachte kurz, sehr zum Ärgernis des eh schon verlegenen Auron.

„Tja, nachdem er wohl schon länger in Bevelle von ihr tyrannisiert worden war, bat er inständig darum, mich begleiten zu dürfen... Aber erst bat sie ihn, sie zu heiraten. Keiner in ganz Bevelle hätte den Zorn des Oberpriesters auf sich ziehen wollen..."

„Das war auch nicht meine Absicht," verteidigte Auron sich monoton. „So ein Biest hätte niemand heiraten wollen."

„Aber Auron! Es ist schlimm genug, dass sie dich von selbst fragen musste! Dann hast du auch noch so kaltherzig nein gesagt wie möglich, das habe ich gemerkt!"

Auron zuckte mit den Schultern. „Kann sein."

Jecht grinste schon wieder.

Der stille Schwertkämpfer rückte das Band seines kurzen Zopfes zurrecht und bedeute Braska, dass es nun Zeit sei, zu gehen.

„Es wird kühler," bemerkte der Summoner nach einiger Zeit schweigendem Wanderns. „Und die Monster bleiben aus..."

Auron nickte. „Das heißt, wir kommen der Eisregion näher. Und somit auch dem Eistempel von Macalania."