Gequältes Herz

Teil 2

Goku sah verwundert in Ririkas Gesicht. "Getrennt? Natürlich sind Chichi und ich getrennt, ich bin ja hier und sie ist zuhause."

Ririka strich sich eine Strähne aus der Stirn. "Ja, aber das hier ist amtlich. Ihr seid nicht länger mehr verheiratet. Du kannst dir jetzt eine andere Frau suchen und sie sich einen anderen Mann. Wer weiß", fügte Ririka mit einem Seitenblick auf Goku hinzu, "kann ja sein, dass sie sich in jemand anderen verliebt hat. Auf jeden Fall", sie faltete die Blätter sauber zusammen und gab sie ihm zurück, "bist du jetzt frei."

Der Saiyajin saß da wie vom Donner gerührt und starrte auf die Zettel in seinen Händen. "Soll das heißen, Chichi will mich nicht mehr zurück?"

"Genau!" Oob nickte und strahlte über das ganze Gesicht. "Du kannst jetzt für immer hier bleiben."

Goku stand auf und schob den Stuhl zurück. Die Papier noch immer in den Händen schritt er aus dem Speisezimmer.

"Wo willst du hin?", rief ihm Oob zu.

"Zu Chichi!", kam es zurück. "Sie muss mir erklären, was das zu bedeuten hat." Mit diesen Worten stürmte er aus dem Gasthof und flog davon, in Richtung seines Hauses.

.............

Als Chichi an den vorbereiteten Tisch trat, war sie äußerlich wieder ruhig. Irgendwie würde sie es schon schaffen, hier den Monat zu überstehen. Er wusste ja nicht, dass sie in seiner Nähe war, falls es ihm überhaupt etwas ausmachte.

Sie setzte sich und entfaltete die Serviette. Hoffentlich war das Essen bald fertig, sie hatte einen Bärenhunger. Da erklang aus der Küche ein dumpfes Poltern. Erschrocken sprang Chichi auf und eilte in die Küche. Die Wirtin stand gebückt am Küchentisch gelehnt und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Rücken.

"Haben Sie sich verletzt?", fragte Chichi besorgt.

Die Wirtin versuchte, sich aufzurichten. "Halb so schlimm", versuchte sie, ihre Schmerzen zu überspielen, "nur ein alberner Hexenschuss."

"Was heißt hier albern!", Chichi konnte nicht aus ihrer Haut. Sie half der Wirtin auf eine Bank in einem Nebenraum und rief nach deren Mann.

"Ach, lassen Sie nur, Kindchen", wehrte die Frau ab, "er muss sich doch noch schonen, ich will nicht, dass er sich Sorgen macht."

Chichis Magen knurrte vernehmlich und sie wurde rot vor Verlegenheit.

"Ich bin eine schlechte Wirtin", jammerte die Frau, "mein Gast muss hungern, nur weil ich." "Ich bin alt genug, um mich selbst zu versorgen", sagte Chichi energisch. "Überlassen Sie die Küche nur mir."

An einem Haken hingen ein paar saubere Schürzen. Vor den erstaunten Augen der Wirtin nahm sich Chichi eine davon und band sie sich um. "Ich bin älter als ich aussehe", grinste sie und war froh, etwas gefunden zu haben, das sie tun konnte. Wenn etwas über Kummer hinweghalf, das hatte sie in ihren vielen einsamen Stunden lernen müssen, dann war das Arbeit.

Die Ärmel hochgekrempelt marschierte sie ohne Zögern in die Küche. Das meiste Gemüse war schon geschnitten, das Fleisch bereits mariniert. Sie musste wirklich nicht mehr viel machen. Die Pfannen waren rasch gefunden, das Öl stand bereit und der Reiskocher musste nur noch eingeschaltet werden. In Windeseile hatte Chichi die Speisekammer entdeckt und mit entzücktem Gesicht spähte sie in die irdenen Gewürztöpfe, Fässer und Bottiche. Hier fehlte es an nichts. Ein wenig von diesem und etwas von jenem und ein paar Tropfen hiervon. Der Duft, der wenig später durch den Raum zog, lockte den Ehemann der Wirtin aus seinem Bett. Der grauhaarige Mann mit dem rundlichen Gesicht und dem struppigen Schnurrbart sog den Geruch tief ein und wunderte sich nicht wenig, eine junge, hübsche Städterin anstelle seiner Angetrauten den Kochlöffel schwingen zu sehen. Er erschrak, als sich Chichi als zahlender Gast vorstellte und ihn zu seiner Frau führte, die sich noch immer vergeblich bemühte, wieder hoch zu kommen.

"Das muss sich der Arzt anschauen", sagte er schaufend. "Doktor Sunizir wohnt im dritten Haus am Marktplatz, das mit den blauen Schwertlilien im Garten."

Chichi strich sich durch die Haare, die sie unter eine weiße Papierhaube gesteckt hatte, ehe sie mit dem Kochen begonnen hatte. "Gut, ich mache rasch das Essen fertig, dann sause ich los und bringe den Arzt her."

Es bedurfte einiger Überredungskunst, ehe Chichi den alten Mann an einen Tisch gelotst hatte. Sie legte noch zwei weitere Gedecke auf und sorgte dafür, dass das Essen warm gehalten wurde. Dann erst nahm sie Haube und Schürze ab, strich sich das Haar glatt und schlüpfte in ihre Straßenschuhe.

Ein Glück, dass es bis zum Haus des Arztes wirklich nur ein paar Schritte waren.

"Hallo, Doktor Sunizir?", rief sie durch die offen stehende Tür, "es gibt einen Fall für sie?" Sie hörte wie sich Schritte näherten und dann ging weiter drin im Haus eine weiß gestrichene Türe auf und ein attraktiver Mann um die dreißig mit lebhaften, grünen Augen und verstrubbelten, kaffeebraunen Haaren stand ihr gegenüber.

"Hallo", sagte er lächelnd und sah sie verwundert an, "Sie müssen die junge Städterin sein, die bei Surima und Cheny Quartier bezogen hat. Ich bin Janin Sunzizir, wie kann ich Ihnen helfen?" Seine Stimme hatte ein wunderbar warmes Timbre und seine verschmitzte Art zu lächeln, ließ ihn jünger erscheinen als er war, Chichi schätzte ihn auf Anfang dreißig.

Als sie ihm in knappen Worten das Problem schilderte, wurde er schlagartig ernst. "Warten Sie bitte einen Augenblick, ich hole meine Tasche!" Und schon war er hinter der weißen Türe verschwunden. Es dauerte wirklich nur ein paar Atemzüge, ehe er wieder in den Flur trat. "Ich habe schon die längste Zeit befürchtet, das Surima es irgendwann übertreiben wird", seufzte er, während sie über den Platz zum Gasthof liefen. "Sie und Cheny führen den Gasthof jetzt schon in der achten Generation und da ihre einzige Tochter mit einem gelackten Städter schon vor Jahren auf und davon ist, wird es wohl die letzte Generation sein."

Im Gasthof angekommen, entschuldigte sich Chichi rasch, nachdem sie den Arzt zu Surima geführt hatte. Er nickte nur, seine ganze Konzentration galt der Patientin. Eine Spritze später half er der alten Frau in den Speisesaal, wo Chichi soeben die dampfenden Schüsseln vom Seriverwagen auf den Tisch stelle. "Das riecht ja verboten gut", sagte er mit einem anerkennenden Blick auf die appetitlich angerichteten Happen.

"Bitte setzen sie sich doch", sagte Chichi und als er ihre Schürze und Haube verwundert musterte, fügte sie hinzu, "ich bin froh, dass ich helfen kann. Etwas Arbeit tut mir gut und vertreibt die Spinnweben aus meinem Kopf."

Doktor Sunizir ließ sich nicht lange bitten und wie die beiden alten Leute kostete er zunächst vorsichtig von jedem Gericht. Doch dann langten sie alle kräftig zu und im Nu waren alle Platten leer. Chichi sorgte für Nachschub und war froh, dass sie beim Probieren in der Küche bereits ihren Hunger gestillt hatte.

"Also ich denke, Sie kochen mindestens ebensogut wie Ririka", sagte der Arzt, als auch vom Nachschlag kein Krümel mehr übrig war. "Beachtlich für eine so junge Dame."

Chichi wollte das Kompliment abwehren, vor allem da sie sich trotz ihres Äußeren nicht so jung fühlte, aber dann lächelte sie nur und dankte ihm. Ihre Familie zuhause futterte zwar auch immer die Teller leer, aber den dreien wären auch gegrillte Fische genug gewesen und zu den Gourments konnte man sie schwerlich zählen.

Auch Surima und Cheny hieben in die gleiche Kerbe und die alte Frau betonte, dass sie noch nie so gut gegessen hatte. Ein seltsames Gefühl der Wärme machte sich in Chichi breit. Sie wurde hier gebraucht. Natürlich, ihr Vater brauchte sie auch und Goten vielleicht ebenfalls, ein klein wenig zumindest... Aber diese beiden waren im Moment gut versorgt, um Goten kümmerten sich Gohan und Videl, und ihr Vater war in dem Kurhotel wirklich von kompetenten Kräften umgeben. Diese beiden alten Leute jedoch und ihr Gasthof, der von Tradition und liebevoller Mühe sprach, die brauchten sie wirklich. Hier gab es niemanden, der sich um die drei gekümmert hätte. Chichis Entschluss stand fest. Sie würde diesen Gasthof wieder zum Leben erwecken und sich um diese beiden alten Leute kümmern.

Während sie fleißig jedem einen Nachschlag auf den Teller schaufelte, fragte sie sich im Stillen, wie es wohl Bulma ginge...

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"Plopp!" Der Hubschrauber lag sauber verpackt als Kapsel Nr. 324 auf dem Rasen. Bulma bückte sich und hob ihn auf.

Die Anreise wäre geschafft. Da nicht mehr genug Zeit gewesen war, für alle ihre neuen Kleider eine Kapsel zu entwickeln, musste sie ihr Gepäck wohl oder übel mit Muskelkraft zu dem Hotel bringen, wo sie noch gestern Abend ein Zimmer reserviert hatte.

Trotz der großen und gut ausgelasteten Universität war die Stadt selber eher klein und nachdem sie jemanden gefunden hatte, der ihr den Weg beschrieb erreichte sie das Hotel in einer Stunde. Sie hatte es bewusst vermieden, Lumia telefonisch vorzuwarnen, denn sie wollte das Mädchen überraschen. Nachdem sie eingecheckt hatte, duschte sie, zog sich um und machte sich auf den Weg zu Lumias Haus. Unterwegs erstand sie einen Stadtplan und nachdem sie diesen konsultiert hatte, fand sie ohne Probleme den Weg zu dem kleinen Häuschen etwas abseits der großen Straßen. Als sie die Klingel betätigte, öffnete sich die Türe, aber statt eines fröhlichen jungen Mädchens mit roten Strubbelhaaren, Brille und lebhaften grünen Augen, so hatte sie auf dem letzten Foto ausgesehen, das sie Bulma geschickt hatte, stand eine bleiche, magere Frau in den mittleren Jahren vor ihr.

"Entschuldigen Sie", sagte Bulma leicht verunsichert, "ich bin Bulma Briefs und würde gerne mit Lumia sprechen."

Die Frau riss die Augen weit auf. "Unmöglich, Frau Briefs ist doch älter als ich ...!" Bulma rieb sich verlegen den Hinterkopf. "Stimmt, bis vor kurzem war ich auch noch älter, aber das ist eine längere Geschichte." Sie kramte in ihrem Gedächtnis nach den letzten Briefwechseln und schnurrte ein paar bekannte Passagen herunter und obwohl die Frau immer noch den Kopf schüttelte, ließ sie Bulma letztendlich eintreten.

Das Innere des Hauses war gespenstisch still und Bulma wurde ein bisschen ungeduldig, da sie endlich Lumia treffen und mit ihr fachsimpeln wollte. Dennoch folgte sie Lumias Mutter ins Wohnzimmer, nahm Platz und wartete, bis diese den Tee auftrug.

Als sich Lumias Mutter endlich Bulma gegenüber setzte, fragte diese nochmals nach Lumia. "Lumia ...", die Mutter zog die Nase hoch und ihre Augen glänzten feucht, "unsere Lumia ist vor einem Monat von uns gegangen."

Wie vom Donner gerührt starrte Bulma die Frau an. Sie konnte es einfach nicht glauben. "Wie ... warum?", stammelte sie nach einigen Augenblicken geschockt.

Lumias Mutter schlang die knochigen Finger ineinander. "Es war ein dummer Unfall, ein Auto kam von der Straße ab, gerade an dem Tag, als Lumia sich in der Universität einschreiben wollte. Sie wurde voll erfasst und war auf der Stelle tot."

"Aber warum haben Sie mir nicht Bescheid gegeben? Sie müssen doch meinen letzten Brief bekommen haben!" Bulmas Herz tat weh, Lumia, seit sie das Mädchen über Internet kennengelernt hatte, war sie wie eine zweite Tochter für sie gewesen, ihre größte Hoffnung auf eine würdige Nachfolgerin. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, mit diesem Mädchen zusammen auf die Uni zu gehen, zusammen zu lernen, ihre Jugend ein zweites Mal zu erleben und sie voll auszukosten, gemeinsam mit Lumia. Und nun war alles anders, war alles zerstört.

Lumias Mutter führte Bulma auf den Friedhof, und zeigte ihr den Grabstein. Ein kleines Schild wies ihn als Lumias Grabstein aus, auf dem Stein selber stand natürlich nicht Lumia sondern ihr Totenname. Die Mutter stellte den hölzernen Eimer ab und nahm mit der Kelle ein bisschen Wasser daraus, um den Grabstein zu begießen. Bulma klatschte zweimal in die Hände und verneigte sich. Die Blumen in der schmalen Vase waren noch frisch und man sah, dass der Stein erst neulich errichtet worden war. Später saß sie noch Stunden mit Lumias Mutter zusammen, die ihr auch ein paar Fotos ihrer Tochter schenkte, darunter eines, das Lumia bei ihrem letzten Geburtstag zeigte, das rundliche Gesicht strahlend, mit Sommersprossen übersäht und die grünen Augen funkelten vor Freunde während sie die Kerzen auf der großen Torte, ausblies, auf die mit Zuckerguss, "Für unsere Lumia" geschrieben stand. Dieses Foto steckte Bulma in ihren neu gekauften Terminkalender, und da die ältere Frau sie so sehr darum bat, checkte sie noch am selben Tag aus dem Hotel aus, um wie eigentlich vorgesehen, das Gästezimmer neben dem von Lumia zu beziehen.

Auf diese Weise konnte sie Lumias Mutter etwas von ihrer Einsamkeit nehmen und war für ihre Familie wie vorgesehen erreichbar.

Als sie an diesem Abend von ihrem Fenster aus hinauf zu den Sternen blickte, dachte sie voll Sehnsucht an Vegeta und ihre Kinder und beneidete Chichi darum, dass sie ihrem Goku so nahe sein durfte...

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Goku landete nach gut vier Stunden Flug vor seinem Haus. Es wunderte ihn, dass es im Hühnerstall so still geworden war und auch die Fensterläden geschlossen waren.

Als er die Hand auf den Türknauf legte und vorsichtig drehte, rührte sich nichts. Abgeschlossen. Goku runzelte die Stirn und überlegte. Sollte er die Türe eintreten und das Haus durchsuchen? Wenn Chichi von wo auch immer zurück kam, würde sie mit ihm schimpfen, dass die Fensterscheiben klirrten. In diesem Augenblick bog von der Hauptstraße das Postauto ein und hielt vor der Eiinfahrt.

Goku kannte den Postboten gut und als dieser ein Bündel Briefe aus seiner Tasche zog und auf das Haus zu ging, begrüßte er ihn sichtlich erleichtert, ehe er nach Chichi fragte.

"Deine Frau?", der Postbote lachte, "sag nur, du weißt nicht, dass sie auf den Bratpfannenberg gezogen ist. Ihre Post wird seit mehreren Wochen dorthin umgeleitet. Das hier sind Briefe an deine Söhne." Der Postbote warf einen Blick auf das große Haus, in dem Son Gohan mit seiner Familie lebte. "Leider sind sie immer noch nicht zurück gekommen. Vor zwei Tagen hing schon ein Zettel an der Türe, dass sie bis auf Weiteres verreist sind und erst in ein etwa zwei Wochen zurück kommen werden. Schau nur mal den Stapel von Zeitungen vor der Türe an, sie hätten wirklich daran denken sollen, sie vorher abzubestellen."

Da Goku nicht nach langen Gesprächen zumute war und er dachte, dass Goten seinen Bruder und dessen Familie zu einem Besuch bei Mr. Satan begleitet hätte, verabschiedete er sich rasch und flog Richtung Bratpfannenberg davon.

Der Postbote seufzte und rieb sich die Stirn. "Sie sind schon eine seltsame Familie, die Sons", murmelte er und schritt zu Gohans Haus, um die Briefe durch den Briefschlitz an der Hautüre auf den wachsenden Stapel dahinter fallen zu lassen.

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Chichi rieb sich die Stirn und seufzte. Es war ein gutes Stück Arbeit gewesen, aber jetzt glänzte die Eingangshalle wie neu. Die beiden alten Herrschaften waren in ihren Privaträumen untergebracht und hatten den Auftrag, sich die nächsten drei Tage nur zum Essen blicken zu lassen.

Nachdem dieser Punkt erledigt war und ungeachtet der Proteste der beiden, hatte Chichi einen Arbeitsplan aufgestellt, der sie rund um die Uhr beschäftigen würde. Sie blickte zu der großen Standuhr hinüber. Ja, sie war noch im Plan. Jetzt fehlten nur noch ein paar Blumen und die Halle wäre gleich ein Stück freundlicher. Ein Seitenblick zu den schweren, Samtvorhängen, die in ihren Augen nur unnötige Staubfänger bildeten, ließ sie einen weiteren Punkt auf ihre "Noch-zu-erledigen-Liste" setzen.

Es klopfte an der Eingangstür und noch ehe sie sich hin bemühen konnte, flog diese auf und ein Berg Blumen kam auf zwei Beinen herein gewankt.

Sprachlos starrte Chichi auf die blühende Pracht.

"Überrascht?", erklang es hinter den üppigen Sträußen aus Margariten, Gladiolen, Lupinien, Rosen und Goldregen.

"Doktor Sunizir?", fragte Chichi und lachte. "Sind die für mich?"

"Nun ja...", sie konnte hören, wie verlegen er war, "irgendwie muss ich mich doch für das vorzügliche Essen bedanken und da Sie erwähnten, dass ein paar Blumen die Atmosphäre verbessern würden ..." "..haben Sie ihren eigenen Garten für mich geplündert." Chichi war gerührt. Sie half ihm, die Blumen in die Küche zu tragen, durchsuchte die Kästen nach ein paar Vasen und arrangierte fröhlich summend die Blumen.

"Ich muss zurück in meine Praxis", sagte er nachdem er ihr geholfen hatte, die Blumen zurechzuschneiden. "Könnte es sein, dass Sie am Abend wieder..."

"...kochen?", fragte sie und zwinkerte ihm zu.

Er nickte eifrig wie ein kleiner Junge. "Ich habe schon lange nicht mehr so gut gegessen und ich werde allen im Dorf sagen, wie vorzüglich sie kochen können. Heute Abend haben sie den Saal voller Gäste."

"Oje!" Chichi ließ die rosa Gladiole fallen, die sie gerade in die schwere Bodenvase hatte stecken wollen. "Wenn soviele Leute kommen, schaffe ich das alles keinesfalls allein."

"Könnte ich helfen?", erklang es von der Tür her. Zwei Köpfe schnellten herum und musterten eine junge Frau mit dickem, braunem Zopf und hellgrauen Augen, die ihren schweren Koffer abstellte. "Du lieber Himmel, ein Gast!", Chichi rieb sich rasch die Hände an einem Tuch sauber und wollte zur Rezeption eilen, doch Janin Sunizir hielt sie zurück. "Du bist die kleine Tana, nicht wahr?", fragte er die junge Frau.

Diese riss die Augen weit auf. "Doktor Sunizir?", fragte sie verstört und Tränen stiegen ihr in die Augen. "Sie kennen mich noch?"

"Aber klar doch. Du hast mir geholfen, Tabletten zu sortieren, damals als wir die Epidemie hatten und ich frisch aus der Universität kam und vor Nervosität kaum noch meinen Namen wusste, nicht wahr?" Sie nickte nur und rieb sich die feuchten Augen. "Dass sie sich daran noch erinnern..."

"Fräulein Chichi", sagte er und wies auf die junge Frau, "Das ist Tana, die Tochter von Surima und Cheny, Tana, das ist Chichi, die sich so rührend um deine Eltern gekümmert hat."

Chichi fühlte einen scharfen Stich. Gerade hatte sie einen Platz entdeckt, wo sie gebraucht wurde und wo sie sich nützlich fühlte und schon musste sie ihn wieder abtreten an jemanden, der ältere Rechte hatte. Doch ihrem erfreuten Lächeln sah keiner der beiden diesen Schmerz an. "Herzlich Willkommen", sagte sie und schüttelte Tana die Hand. "Ich bin sehr froh, wenn mich jemand ablöst und das Kommando übernimmt."

"Niemals!", Tana hob abwehrend die Hände, "wie komme ich, treulose Tochter dazu, mich hier einmischen zu wollen." Bitterkeit erklang aus ihren Worten. "Wie geht es meinen Eltern?"

"Ihrem Alter gemäß ganz gut", sagte Janin und winkte ihr, ihm zu folgen. "Sie werden überglücklich sein, dich wieder zu sehen."

Chichi blickte den beiden nach und schluckte. Obwohl Tana nicht so geklungen hatte, als wollte sie das Szepter hier an sich reißen, war sie sich nicht sicher, was nun auf sie zukommen würde. Gerade als sie die große Bodenvase mit den Gladiolen am Aufgang der Treppe hinstellte und die Blumen ein letztes Mal umarrangierte, hörte sie aus ihren Zimmer den Klingelton eines Handy.

"Ob das Bulma ist?", fragte sie sich halblaut und rannte die Treppe hoch. Trotz der Eile war sie kein Bisschen außer Atem, als sie den Anruf entgegen nahm. "Hallo? Hallo?"

"Chichi? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?!"

"Papa?"

"Wer sonst? Wie kommst du nur auf die hirnverbrannte Idee, dich von Goku scheiden zu lassen?"

Heftig schluckend ließ sich Chichi auf ihr Bett fallen. "Woher ... woher weißt du davon? Hat Bulma etwa...?"

"Von wegen Bulma!" Sie hörte wie ihr Vater tief Luft holte, "Goku selbst hat es mir gesagt."

"Goku?" Chichis Herz machte einen Sprung. Das närrische Ding... sie hatte doch einen Schlussstrich ziehenwollen... "Goku hat dich angerufen?"

"Natürlich nicht!", fauchte ihr alter Herr. "Er ist selbst hergekommen, die Adresse hat von dem Zettel, den ich für den Briefträger an das Eingangstor geklebt habe. Nun, er hat ihn mitgenommen und jetzt werden sich die Briefe zum Himmel stapeln, aber was soll's. Wichtig ist nur, dass er hergefunden hat. Gerade jetzt steht er zwei Schritte neben mir und versteht die Welt nicht mehr."

Verdammt, warum musste ihr Herz so rasen, nur weil er sie suchen gegangen war? "Es ist ganz einfach", zwang sie sich in sachlichem Ton zu sagen. "Ich habe mich von ihm scheiden lassen."

"Und warum?" Der Rinderteufel schien es nicht fassen zu können. "Nur weil er ab und zu über die Stränge schlägt?"

"Vater, das verstehst du nicht", Chichi umklammerte das Handy so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. "Ich habe nur offiziell anerkannt, was schon lange Sache gewesen ist. Goku will frei sein. Das ist er jetzt. Ich hoffe", sie holte tief Luft und kämpfte gegen neue Tränen an, "ich hoffe, er ist glücklich."

Am anderen Ende war es einen Moment ganz still. Dann fragte eine neue Stimme. "Willst du mich zwingen, das Training aufzugeben?"

Goku! Chichis Lippen formten seinen Namen, doch kein Ton kam aus ihrer Kehle. Obwohl sie dagegen ankämpfte rannen ihr die Tränen über die Wangen. Wie sehr hatte sie diesen warmen Klang vermisst. Wenn er jetzt neben ihr gestanden hätte, dann ... Doch er war weit fort und er konnte ihre Tränen nicht sehen.

Mühsam rang sie den Kummer nieder, atmete tief durch und sagte: "Wie kommst du auf diese Idee, Goku? Im Gegenteil. Ich mache es dir leichter. Es wird niemand mehr verzweifelt auf dich warten, dir Vorwürfe machen und dich ausschimpfen. Das ist dir doch recht so, oder?"

Wiederum war es still. Ein bitteres Lächeln spielte um ihre zitternden Lippen. Was hatte sie erwartet? Dass er sagte, er würde ihre Schimpferei vermissen? Dass er sie bat, zurückzukommen? "Schon gut, Goku", sagte sie mit erzwungener Gelassenheit, als er weiter stumm blieb. "Ich weiß, wie sehr ich dich mit meinem Jammern und meinen Ohnmachtsanfällen genervt habe. Das ist jetzt alles vorbei. Du bist frei. Für immer."

Mit diesen Worten unterbrach sie die Verbindung und schaltete das Handy aus. Pech für Bulma, wenn sie jetzt anrufen wollte. Aber ... aber ... Chichi legte sich auf die Decke und vergrub ihr Gesicht im Kissen, während ihre zarten Schultern von heftigen Schluchzern geschüttelt wurden...

Wie lange sie so gelegen hatte, vermochte sie nicht zu sagen. Es war jedenfalls schon dämmrig draußen, als jemand an ihre Türe klopfte. "Fräulein Chichi? Geht es ihnen gut?"

Chichi wälzte sich herum und sprang eilig aus dem Bett. "Doktor Sunizir?" Ihre Stimme klang rau vom vielen Weinen und sie wusste, dass sie mit dem zerrauften Haar und den rotgeweinten Augen einfach schrecklich aussah.

"Tana hat mich geholt, da sie einfach nicht mehr aufgetaucht sind und sie Sie schluchzen gehört hat. Soll ich ihnen ein Beruhigungsmittel da lassen?"

"Nicht nötig!" Sie drehte den Wasserhahn auf und wusch sich rasch die Tränenspuren aus dem Gesicht. Ein paar Striche mit der Bürste, die Schürze gerade gezogen und sie sah wieder repräsentabel aus. Jedenfalls so halbwegs.

Als sie die Türe öffnete, glitt Janins Blick besorgt über ihr abgekämpftes Gesicht, dem trotz freundlichem Lächeln der Kummer noch anzumerken war.

"Ich weiß, ich sollte wahrscheinlich nicht stören...", sagte er zögernd, doch Chichi schüttelte den Kopf. "Ist schon in Ordnung", sagte sie und zog die Schürzenbänder fester zu. "Es lohnt sich nicht über vergossene Milch zu heulen." Ihr Blick war wieder klar und fest. "Wie geht es den beiden alten Leuten, hoffentlich haben sie vor Freude keinen Herzschlag bekommen...."

Janin lachte. "Das nicht gerade, aber sie sind natürlich überglücklich, dass das verlorene Schaf wieder zuhause ist. Tana lässt übrigens durch mich ausrichten, dass sie sich keinesfalls der Leitung des Gasthofes gewachsen fühlt, aber gerne als Hilfsköchin Ihnen zur Hand gehen würde..."

Chichi warf einen Blick auf die Uhr, die auf ihrem Nachtkästchen stand. "Dann wird es höchste Zeit, dass ich mich um das Abendessen kümmere." Wie es schien war dies hier immer noch ein Platz wo sie gebraucht wurde und ... obwohl sie es sich nicht eingestand, glomm im hintersten Winkel ihres Herzens immer noch ein winziger Funken der Hoffnung, dass er sie finden würde, wenn sie hier blieb, dass er sie in die Arme reißen und ein leidenschaftlicher Kuss sie allen Kummer vergessen lassen würde... Doch diesen Funken verbarg sie gut, auch vor sich selbst.

Stark, sie wolle stark bleiben und aus sich selber etwas sein, nicht immer nur sein Heimchen am Herd, die Glucke seiner Kinder, die stets zurückblieb, weil sie so bequem und unwichtig war wie ein paar ausgelatschter Pantoffeln...

Entschlossenen Schrittes marschierte sie die Treppe hinab in die Küche, wo Tana sie herzlich begrüßte. Es gab viel Arbeit und viel zu bedenken und so blieb ihr an diesem Abend keine Zeit für müßige Grübeleien ...

......................

Goku starrte verdutzt auf den Hörer, aus dem nur noch ein Tuten klang. "Sie hat aufgelegt!", sagte er mit einem immer stärker werdenden Gefühl der Verwirrung. "Warum will sie nicht mit mir reden? Und was soll das Gerede von Freiheit? Sie hat mich doch niemals eingesperrt, ich konnte doch immer gehen und kommen wie ich wollte."

Der Rinderteufel seutzte. Er hätte sich lieber zurückgelehnt und ein gutes Buch gelesen, aber sein Exschwiegersohn war von dieser Situation eindeutig überfordert.

"Sieht so aus, als wäre es ihr tatsächlich ernst mit der Scheidung, Goku", brachte er die Sache auf den Punkt. "Da kenne sich jemand mit Frauen aus. Erst tun sie so, als wollten sie ihren Ehemann wieder zurück holen, dann lassen sie ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. Offenbar hast du sie einmal zu oft aus eigenem Willen im Stich gelassen, Goku."

Goku setzte sich auf das Sofa in dem luxuriös ausgestatteten Zimmer und rieb sich am Hinterkopf. "Ich kann also nicht mehr in das Haus zurück, wo wir zusammen gewohnt haben, richtig?"

"Vielleicht. Vielleicht überlässt Chichi dir das Haus aber auch und kommt wieder zu mir zurück. Vielleicht findet sie aber auch jemand anderen und zieht in sein Haus. Keine Ahnung wie es genau weiter geht."

In Gokus Kopf schwirrte alles. Dennoch war ein Satz des Rinderteufels besonders hängen geblieben. "Du sagst, sie wollte zu mir, um mich zurück zu holen?"

Der Rinderteufel nickte. "Sie hat sogar heraus gefunden, wo Oob wohnt."

DerSaiyajin stand auf. "Wenn sie dort ist, finde ich sie. Und wenn ich sie gefunden habe, wird sie nicht einfach so das Gespräch beenden können. Sie wird es mir erklären müssen, bis ich es verstehe." Mit diesen Worten öffnete er die Balkontür, trat hinaus an das schmiedeeiserne Gitter und flog davon.

Sein Exschwiegervater sah ihm nach und murmelte: " Das wird aber ziemlich lange dauern..." Dann weiteten sich seine Augen und er schlug sich an die Stirn. "Ich Hornochse! Ich habe vergessen, im zu sagen, dass Chichi wieder jung geworden ist und eine neue Frisur hat. Jetzt wird er sie nicht erkennen, selbst wenn er sie findet..."

............................ Es war schon sehr spät, als Goku bei Oob eintraf. Der Junge sah ihn erwartungsvoll an und auch dessen Mutter wartete bereits gespannt auf Gokus Bericht.

Nach einem üppigen Abendessen, bei dem Goku allerdings dieses Mal fast die Hälfte des Essens nicht anrührte, setzte sich der Saiyajin alleine auf das Dach, ohne große Erklärungen abzugeben. Obwohl Ririka gern ein paar Worte gehört hatte, beließ sie es dabei, denn Gokus Appetitlosigkeit und sein Schweigen sagten ihr genug. Offenbar war es wirklich aus mit seiner Ehe. Je schneller der Saiyajin diesen Punkt seines Lebens abhakte, desto besser. Daher hinderte sie Oob daran, Goku aufs Dach zu folgen und ihn mit seinen Fragen zu löchern. Sie würde ihm die Zeit geben, die er brauchte, um sich auch innerlich von seiner Frau zu trennen und bereit zu sein für ein neues Leben. Dann würde sie zur Stelle sein und die Leere in seinem Herzen ausfüllen.

...................

"Das war mal wieder wunderbar", seufzte Janin und schob den leeren Teller zur Seite. "Noch ein Bissen mehr und ich platze." Er blinzelte träge zum Bürgermeister hinüber, der soeben die Gabel niederlegte und nach der Serviette griff. "Habe ich Ihnen zuviel versprochen, Herr Fagui?"

Der Angesprochene strich sich über den vollen Bauch und schüttelte den Kopf. "Keine Silbe, Doktor. Das ist das beste Essen, das ich hier jemals gegessen habe." Rasch warf er einen entschuldigenden Blick zu Surima hinüber, die ihm seinen Ausspruch aber kein bisschen übel nahm. "Sie sind zu jung, um sich noch an das Essen meiner Großmutter zu erinnern", sagte sie und nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas, "die konnte ähnlich gut kochen. Leider haben weder meine Mutter noch ich ihr Talent geerbt, daher ..." Sie sah kurz zu Tana hinüber, welche mit einem Servierwagen zwischen den voll besetzten Tischen kurvte und die leeren Teller einsammelte. "...daher sind wir froh, dass eine so großzügige und begabte Person uns ersetzt."

Tana zuckte kurz zusammen und sah zur Seite, um dem Blick ihrer Mutter nicht begegnen zu müssen. Es hatte einen heißen Kampf gegeben, in dessen Folge Tana gestanden hatte, die Fachschule, für die sich ihre Eltern das Geld wirklich vom Mund abgespart hatten, niemals abgeschlossen zu haben. Alle Zeugnisse, die sie kurz vor ihrem Untertauchen noch nach Hause geschickt hatte, waren Fälschungen gewesen, um ein letztes Mal Geld von ihren Eltern zu bekommen. Der Typ, für den sie das alles getan hatte, hatte sich jedoch nach einiger Zeit als Halunke herausgestellt, sie geschlagen und gezwungen für einen Hungerlohn in verschiedenen billigen Kneipen mal Kellnerin, mal Bardame, mal Köchin oder Küchenhilfe zu spielen, gerade was so anfiel. Tana hatte eine harte Lehre durchgemacht und war sehr froh, wieder nach Hause gekommen zu sein, auch wenn es noch nicht reichte, um das Vertrauen ihrer Eltern wieder in vollem Maße zurück zu gewinnen. Sie wollte dafür arbeiten, das hatte sie sich vorgenommen und daher muckte sie nicht auf, egal wie weh die Worte auch taten.

In der Küche trocknete Chichi ihre Hände ab und stellte das letzte Schälchen mit ihrem speziellen Erdbeerschaum bereit. Sie hätte nie erwartet, dass so viele Gäste kommen würden. Ein Glück, dass der Doktor sie vorgewarnt hatte. Ihm war es ja auch zu verdanken, dass der halbe Ort gekommen war, um die Kochkunst der Städterin zu testen. Und so leer wie die Teller zurückkamen, war der Test positiv ausgefallen. Tana brachte den nächsten Geschirrstapel und prompt surrte die Zeituhr des Geschirrspülers zum wohl fünften Mal an diesem Abend. "Lass mich das machen", sagte Tana, als Chichi sich nach dem fertig gewaschenen Geschirr bücken wollte. Die beiden waren rasch überein gekommen, sich beim Vornamen zu nennen. Chichi nickte und ließ sich auf einen Sessel fallen, während Tana das Geschirr ausräumte und dann die Geschirrkörbe wieder neu bestückte. Als der nächste Waschgang anlief, nahm Tana noch die letzen Desserts mit nach draußen. Etwa eine halbe Stunde später, ging die Küchentür erneut auf und Tana kam mit den geleerten Schälchen zurück. "Sie haben alle sofort bezahlt", lachte sie und schwenkte ihre dicke Geldbörse. "Jetzt haben wir genug für neue Zutaten und den Stoff für neue Vorhänge."

"Ich möchte mich bedanken", ertönte die Stimme des Bürgermeisters von der Türe her. Er war mit dem Doktor im Schlepptau Tana gefolgt. "Das war ein vorzügliches Mahl und ich hätte da eine Bitte..."

Die erschöpfte, aber zufriedene Köchin stemmte sich hoch und strich eine Strähne ihres blauschwarzen Haares aus dem Gesicht. "Womit kann ich Ihnen helfen, Bürgermeister?", fragte sie, da sie die dicke, goldene Kette mit dem Ortswappen um seinem Hals sehr wohl bemerkte.

"Es geht um das Zehndörferfest übernächste Woche", sagte der Bürgermeister.

Chichi sah den Doktor fragend an und dieser beeilte sich, es ihr zu erklären: "Jedes Jahr gibt es ein Fest, bei dem sich die Leute von zehn Dörfern, den dreien aus diesem Tal und noch sieben weitere aus drei anderen Tälern in der Gegend treffen. Es wird jedes Jahr von einem anderen Dorf ausgerichtet und da ist die Bewirtung der vielen Gäste sehr wichtig, weil auch immer viele Touristen kommen und soviel Werbemöglichkeit einfach nicht verschenkt werden darf."

"Aber wir sind nur zwei", wandte Chichi ein. "So sehr es mich auch schmeichelt, Tana und ich, wir können hier drin unmöglich hunderte Leute verköstigen."

"Das ist auch nicht so gedacht", erläuterte der Bürgermeister. "Gekocht wird im freien auf dem großen Platz beim Bach. Dort stellen wir Zelte auf und Jahrmarktsbuden für die jungen Leute. Dazu kommt natürlich die Arena für die Kämpfer."

"Welche Kämpfer?", fragte Chichi neugierig. "Ist das ein Fest oder ein Turnier?"

"Eigentlich ein Fest mit einem Turnier als Attraktion. Es gibt auch immer einen Schönheitswettbewerb der jungen Mädchen aus den Dörfern und eben auch ein kleines Kampfturnier. Bis vor einem Jahr haben sich immer die Mönche der beiden Klöster vom Nachbartal um den Sieg gerauft und er ging mal an das blaue Kloster der Singenden Neben und mal an das rote Kloster des Zornigen Drachen. Beides sind sehr bekannte Kampfschulen. Doch letztes Jahr war das Seestein, das dritte Dorf dieses Tales an der Reihe. Der Wundermann war gerade frisch angekommen und daher nicht zur Teilnahme berechtigt, aber er hat Oob angeleitet und der kleine hat ganz klar gewonnen. Dann haben Oob und der Wundermann sich einen Kampf geliefert, nur so zum Spaß und allen wurde klar, das der Wundermann Oob mit Leichtigkeit in die Wüste befördern konnte. Für die Mönche des Klosters war das natürlich eine noch viel größere Schmach. Sie haben den Wundermann herausgefordert, aber er hat abgelehnt, weil sie für ihn zu schwach wären. Allerdings hat er sich breittreten lassen, dieses Jahr gegen den Sieger des Turniers anzutreten, so als Ehrenrunde und damit mussten die Mönche sich zufrieden geben. Hier in unserem Dorf haben wir keine Kämpfer, die mehr als eine Runde überstehen würden. Doktor Sunizir weiß das, weil er sie regelmäßig behandelt. Aber wenn wir die bessere Bewirtung bieten, als vor einem Jahr Seestein unter Ririkas Leitung, dann haben wir auch eine Chance auf ein ordentliches Stück vom Touristenkuchen. Können wir auf sie zählen, Fräulein Chichi?"

Chichi ließ sich das ganze durch den Kopf gehen und sagte: "Wenn ich noch mehr Hilfe bekomme, kann ich mit entsprechender Ausrüstung und den nötigen Zutaten sicher etwas zaubern, das den Gästen schmeckt, aber...", ihr war eine Idee gekommen, "aber ich habe da eine Bedingung."

"Und die wäre?", bohrte der Bürgermeister nach. Es war ihm anzusehen, dass er alles tun würde, um seinem Dorf mehr Einnahmen aus dem Tourismus zu bescheren. Auch Doktor Sunizir und Jana sahen sie gespannt an. Chichi holte tief Luft und formulierte ihren Wunsch. Als sie fertig war, fügte sie noch hinzu: "Es muss unter uns bleiben, unter allen Umständen, versprecht ihr mir das?" Die drei nickten. "Bist du dir auch sicher?", fragte Tana kopfschüttelnd. "Das kann ganz schön ins Auge gehen und wenn es auffliegt..."

"Das lass meine Sorge sein", sagte Chichi entschlossen und hielt dem Bürgermeister die Hand hin. "Kommen wir ins Geschäft?"

"Ich brauche Sie", sagte der Bürgermeister mit säuerlicher Mine. "Da kann ich kaum wählerisch sein..." Und er schlug ein. ...........................................

Zur gleichen Zeit tief in der Gruft unterhalb des Klosters des Zornigen Drachen....

"Bist du sicher, dass dies die Lösung ist?", fragte der dicke Mönch seinen hünenhaften Ordensbruder, der sich über das von Ratten angefressene Schriftstück beugte.

"Weißt du eine bessere Möglichkeit zu übermenschlicher Kraft zu kommen", knurrte der Angesprochene.

"Du kennst die Antwort, Hanakir", murmelte der Dicke betreten und zog die orange Kutte enger an seinen schwabbeligen Körper. "Wenn nur der Abt es nicht herausfindet..."

"Wie sollte er", grunzte Hanakir. "Du hast die Schriftrolle ja an einem Ort gefunden, wo seit Jahrhunderten keiner aus unserem Orden mehr einen Fuß hingesetzt hat. Oder gab es Fußspuren im Staub, Deffel?"

Deffel schüttelte den Kopf. "Sonst hätte ich das Ding nicht angerührt. Ich meine, wer stellt heute noch Blätter aus Dämonenhaut her? Sowas ist seit Jahrhunderten aus dem Mode..."

"Schon weil es seit dem vorletzten Götterwechsel keine Dämonen mehr gibt, die in unserer Welt frei herumlaufen...", grinste sein Gegenüber. "Also vertrödeln wir keine Zeit, ich muss diese Kraft beherrschen bis zum Turnier. Dieses Mal werden Oob und dieser Goku dran glauben müssen..." Er lachte. Es war ein sehr schrilles Lachen, bei dem es Deffel kalt den Rücken hinunter rann. Für einen Moment glaubte er ein irres Funkeln in Hanakirs Augen zu sehen, doch er redete sich rasch ein, dass es nur an dem unsteten Licht der rußenden Fackeln lag...

Ende des zweiten Teils