Gequältes Herz Teil 3
Chichi sah Tana an und die junge Frau nickte. "Das klingt gut!", sagte sie. Chichi war erleichtert. Lange hatte sie überlegt, welche Köstlichkeiten sie für das Fest zubereiten wollte. Von einer Vielzahl exotischer Häppchen, wie Ririka sie letztes Jahr geboten hatte, war sie rasch abgekommen. Die Leute hier würden sich lieber satt essen, und außerdem würde Goku dabei sein, der hatte ja immer Hunger für zehn.
Somit kam nur eines in Frage: "Also gefüllter Ochse am Spieß, gefüllte Truthähne und Spanferkel. Dazu Fisch vom Grill und Grillkartoffeln, sowie Berge von Reis."
"Damit werden alle zufrieden sein", versicherte Tana. "Wir sind eben kein nobles Haus wie das von Ririka."
Dem musste Chichi zustimmen. Sie verstand zwar vom Kochen so einiges, aber sie war kein Chefkoch für exquisite Speisen. Leckere Hausmannskost musste eben reichen. Nachdem sie die benötigten Zutaten für doppelt so viele Gäste wie letztes Jahr aufgelistet hatte, ging sie damit zum Bürgermeister.
Dem fielen fast die Augen aus dem Kopf. "Was? Das alles?" "So schlimm ist es nicht", sagte Chichi. Sie hatte ihr Haar zu einem dicken Zopf geflochten und diesen hochgesteckt, damit er bei der Arbeit nicht im Weg war. Sie wusste, dass dies sie älter machte, aber in den Verhandlungen mit dem gierigen und zugleich geizigen Bürgermeister war es nicht von Nachteil. "Immerhin stehen weder Kaviar, noch Hummer oder Trüffel auf meiner Liste, oder?"
"Aber", der Bürgermeister fischte ein Tuch aus seiner Hosentasche und fuhr sich damit über das rote Gesicht, "aber da steht etwas von den Kosten für 20 Reiskocher, 10 Angler und 15 Hilfskräfte."
"Ich wüsste nicht, wie wir ohne genügend Fisch und Reis die Leute satt kriegen sollen." Chichi zuckte mit den Achseln. Sie war es gewohnt zu feilschen und zu verhandeln. Nicht umsonst hatte sie für ihr mageres Haushaltsbudget stets die besten Teile des Sonderangebotes noch mal verbilligt ergattert.
"Das meine ich nicht!" Der Bürgermeister knallte die Liste auf die lackierte Schreibtischoberfläche. "Wir haben hier im Dorf doch genügend Haushalte mit Reiskochern, und eine reihe alter Herren, die das Angeln lieben. Unsere Frauen würden es sicher als Ehre betrachten, an das Festmahl mit Hand an zu legen. Diese drei Posten können wir uns sicher sparen." Er zückte einen Stift und machte sich auf dem Blatt die nötigen Notizen. "Dann wären da die Schweine, Truthähne und die drei Ochsen, ... ich kenne ein paar Bauern, denen täte ein Beitrag zur Allgemeinheit nicht schlecht und außerdem könnten sie ihre Abhofprodukte bewerben." Zwei weitere Notizen. "Dann das Geschirr, ... Pappteller und Becher genügen, dann geht zumindest nichts zu Bruch."
Als er fertig war, betrugen die Kosten nur noch ein Zehntel der von Tana und Chichi geschätzten Summe. Der Bürgermeister war zufrieden und Chichi war es auch. Es würden genügend Hände zu ihrer Unterstützung da sein, nur so konnte ihr Plan gelingen.
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"Noch immer keinen Appetit, Goku?", fragte Ririka besorgt und stellte den Korb mit den Köstlichkeiten vor ihn auf den Tisch. Seit er von seiner vergeblichen Suche zurück gekommen war, hatte er zwar nach wie vor mit Oob trainiert, aber von seinem Schwung und seiner Fröhlichkeit war nicht viel geblieben. Ririka ärgerte es, dass er so sehr an seiner reizlosen Frau zu hängen schien. Am Abend aß er immer seinen Teller leer, aber er zeigte mit keiner Mine ob es ihm auch geschmeckt hatte. So konnte sich Ririka des Eindrucks nicht erwehren, dass sie Goku genauso Sägespäne mit Soße hätte vorsetzen können.
Goku warf einen Blick in den Korb und griff sich eines der Sandwiches heraus. In zwei Bissen hatte er es verdrückt, ohne zu wissen, ob es mit Thunfisch oder Salami belegt gewesen war. Da Oob dem Turnier entgegen fieberte, hatten sie es sich angewöhnt im Garten hinter dem Gasthof zu trainieren, wo Ririka einen Kampfring gemäß den Turnierregeln hatte aufbauen lassen. "Du wirst keine Gegner haben, die dir auch nur im mindesten das Wasser reichen können", hatte Goku im Hinblick auf das letzte Turnier gesagt. "Also feilen wir an der Kontrolle deiner Kraft, damit du niemanden aus Versehen tötest." Und Gokus Gedanke, dabei in der Nähe des Gasthofes zu trainieren wirkte sich dämpfend auf Oobs Übereifer aus. Schließlich wusste der Kleine, was ihm blühte, sollte er auch nur ein Fenster zertrümmern.
Ririka war das nur recht, so konnte sie die Trainingspausen nützen, um Goku zu verwöhnen. Ihr Pech war nur, dass er es nicht zu bemerken schien. Zwar war er immer freundlich und dankbar, aber er schien weder ihr Makeup, noch ihre neue Frisur oder den offenherzigen Ausschnitt ihres neuen Kleides zu sehen.
Vielleicht würde er eher auftauen, wenn sie über das Einzige sprach, das ihn zu interessieren schien, das Kämpfen. "Wie ich gehört habe, sind sie in Sandberg schon fleißig dran, den Ring zu zimmern. Vielleicht sollte man mal hingehen und sich das aus der Nähe ansehen. Wäre doch möglich, dass sie ein paar Maße geändert haben. Sollen wir vielleicht heute Abend..."
Sie hatte noch nicht fertig gesprochen, da war Goku bereits aufgesprungen. "Heute Abend?" Er schüttelte den Kopf. "Einzelheiten sieht bei Tageslicht am besten. Sag Oob er soll sich aufwärmen, bis ich zurückkomme!"
Damit flog er davon. Oob, der kurze Zeit später aus dem Gasthof kam, sah sich vergeblich nach seinem Trainer um. Seine Mutter hockte etwas frustriert dreinblickend auf dem Rand des Ringes und futterte ein Roastbeefsandwich. Als sie seinen hungrigen Gesichtsausdruck bemerkte hielt sie ihm den Korb hin. "Iss du den Rest!"
"Goku?", fragte Ob zwischen zwei Bissen. Seine Mutter glitt von ihrem Sitzplatz, strich sich die Falten ihres weiten Rockes glatt und seufzte. "Der macht einen Erkundungsflug. Du sollst dich aufwärmen. Ich muss mich um die Gäste kümmern."
Man sah ihr an, dass sie mit ihrem Latein so ziemlich am Ende war. Noch war sie nicht zum Äußersten gegangen, aber wenn Goku sich weiter so stur stellte....
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Weit von den beiden Dörfern entfernt, schultere Bulma ihren Rucksack und überprüfte ein letztes Mal ihre Frisur. "Du siehst gut aus, Mädchen", lächelte Nasumi, Lumias Mutter. "Ist es wirklich okay, dass ich ihre Sachen trage?", fragte Bulma und strich sich über die weiche blaue Wildlederjacke.
"Wer soll die Sachen sonst tragen?", gab Nasumi zurück und wischte sich kurz über die feuchten Augen. "Ich hätte sie schon lange an einen Secondhandladen verkaufen können, aber irgend etwas hat mich abgehalten. Mein Gefühl sagt mir, dass es gut ist die Sachen dir zu überlassen. Du hast so viel für Lumia getan, ohne deine Unterstützung hätte sie nie die teuren Fernkurse belegen können. Auf diese Weise kann ich mich endlich erkenntlich zeigen und außerdem ist es sehr nett, dass du hier wohnen bleibst, obwohl die Unterkunft bescheiden ist."
"Ach das..." Bulma wurde kurz rot, "das tue ich hauptsächlich für mich. Ich habe meiner Familie diese Nummer hier angegeben und wenn jemand anruft ..." "Könnte ich doch jederzeit sagen, in welchem Hotel du wohnst", meinte Nasumi. "Streite es nicht ab, du willst mir alten Frau nur ein bisschen Gesellschaft leisten."
"So alt bist du nicht!" Bulma und Nasumi waren beim Frühstück überein gekommen, sich zu duzen, weil sich Bulma trotz ihres jungen Körpers Lumias Mutter dem Alter her nahe fühlte. Bei der Erinnerung an ihre eigene Einsamkeit und das trotz eines Mannes und zweier Kinder im Haus, stieg wieder Wut und Schmerz in ihr hoch. Nein, sie würde alles dafür tun, dass Nasumi sich einsam fühlte. Niemand würde ihr je Lumia ersetzen können. Doch nach Nasumis Erzählung war ihr Mann schon kurz nach Lumias Geburt gestorben und so hatte sich Bulma zum Ziel gesetzt, dass sie nicht eher nach Hause zurückkehren würde, bis dass Nasumi einen netten Mann gefunden hatte.
Auf dem Weg vom Haus zur Universität sah sie sich unauffällig um, ob nicht der eine oder andere nette Jungeselle oder Witwer in Nasumis Alter in der Nähe anzutreffen war. Doch ihr begegneten vor allem Hausfrauen und junge Leute. Kurz vor der Universität schließlich beschloss sie, die Suche für heute bleiben zu lassen, jetzt stand ihr Wichtigeres bevor. Der Gebäudekomplex des Campus befand sich mitten in einem sehr großzügig angelegten Park. Scharen von Studenten strömten über den breiten, gepflasterten Hauptweg auf das Verwaltungsgebäude zu.
Da Bulma sich noch ein wenig sammeln wollte, schlug sie einen Seitenweg ein, den sonst niemand zu benützen schien. Da sie den ganzen Vormittag Zeit hatte, schlenderte sie gemütlich zwischen Blutahorns, Ginkobäumen und verstreuten Springbrunnen auf ihr Ziel zu. An einer Biegung schließlich nahm Bulma den Rucksack ab und kramte die Papiere hervor, die ihre Einschreibung bestätigten. Gleich würde sie ihren Studentenausweis abholen und sich endlich für jene Vorlesungen und Kurse eintragen lassen, die sie schon immer mal hatte besuchen wollen. Ihr Vater war ein genialer Erfinder, aber immer ein lausiger Lehrer gewesen. Ihre eigene Stärke lag in der Praxis, aber von Theorie hatte sie nie viel mitbekommen. Das alles würde sich nun ändern. Das alles war Teil ihres neuen Lebens. Gerade als sie den Rucksack wieder schultern wollte, wurde sie von hinten angerempelt und stolperte.
"Was zum Teufel..", schimpfe sie und drehte sich um. Vor ihr stand ein junger Mann mit verstrubbelten, honiggoldenen Haaren, dessen leicht verwirrte, graugrüne Augen den Boden zwischen ihnen absuchten. "Wo ist sie nur..", murmelte der Student und kniff die Augen zusammen. Neugierig geworden schluckte Bulma ihren Ärger hinunter und folgte seinem Blick. Nach ein paar Augenblicken entdeckte sie die Brille im Gras und hob sie auf. "Suchst du das?"
Erst jetzt sah er sie an und lächelte erleichtert. "Ja, danke!" Sie reichte ihm die Brille und er setzte sie mit einem Seufzer auf. Sein Blick wurde klar und scharf. "Tut... tut mir leid, dass ich dich angerempelt habe, aber ich habe es eilig..." Damit wollte er an ihr vorbei, doch da waren schon eilige Schritte zu hören. "Er muss da vorne sein", sagte eine helle Mädchenstimme.
"Genau", stimmte ihr eine etwas dunklere Stimme zu. "So leicht kommt er uns nicht davon. Erst soll er uns den Campus zeigen und dann sehen wir weiter."
"Denkst du nicht, dass wir zu aufdringlich sind, Imai?", fragte eine dritte Stimme. "Nur weil Cano der Sohn von Professor Shido ist, sollten wir ihn nicht so in die Enge treiben."
"Du bist gut", ereiferte sich die erste Stimme. "Wenn wir uns nicht beeilen, schnappt ihn sich noch eine andere und wir schauen durch die Lappen. Sein Vater ist nicht umsonst Mitbegründer der Universität und schwimmt in Geld."
Bulma sah den gehetzten Ausdruck im Gesicht des blonden Studenten und gab den Weg frei. Doch dieser schien den Gedanken an Flucht aufgeben zu haben. Statt dessen trat er ganz nah an sie heran, und da er gut einen Kopf größer war, hatte er keine Mühe ihr Gesicht genau zu studieren. "Du bist sehr schön", sagte er und es klang als neutrales Kompliment, fast als wäre sie eine Blume. Sein nächster Satz war schon weit weniger neutral. "Entschuldige bitte..." Ehe sie wusste, was er im Sinn hatte, fasste er sie an den Schultern, zog sie an sich und küsste sie. Just da bogen die drei Verfolgerinnen um die Ecke, sahen die Szene und erstarrten. Bulma, die vor Schreck einen Moment lang nicht reagiert hatte, registrierte, dass sein Kuss alles andere als eine Verführung war, er war vielmehr kühl und unbeholfen, fast ein Hilferuf. So zögerte sie lange genug, um das falsche Bild zu unterstreichen.
"Verflucht!", zischte Imai und drehte sich auf der Stelle um. Ihre beiden Freundinnen folgten ihr und kaum waren sie außer Sichtweite, da riss sich Bulma los und knallte Cano ihre flache Hand ins Gesicht.
"Aua!" Er trat zurück und rieb sich die gerötete Stelle. "Ich habe mich doch entschuldigt." "Ich mag es nicht, benutzt zu werden", sagte Bulma kühl und hob ihren Rucksack auf. "Und jetzt entschuldige mich."
Damit drehte sie ihm den Rücken zu und ging mit raschen Schritten quer über den Rasen, um auf den Hauptweg zu gelangen. "So warte doch!" Er holte sie ein und ging neben ihr her. "Es tut mir wirklich leid", sagte er ehrlich zerknirscht. "Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen, ich war einfach in Panik..." Ein rascher Blick in sein Gesicht überzeugte Bulma, dass er die Wahrheit sagte. "Okay, Entschuldigung akzeptiert", sagte sie und wedelte mit der Hand. "Würdest du mich bitte in Ruhe lassen und mir nicht nachlaufen?"
"Sorry", er lachte verlegen und fuhr sich durch die Haare, "aber wir haben das gleich Ziel. Soll ich dich vorgehen lassen? Ich kann dir aber auch zeigen, wo alles ist, so als Entschuldigung. Mein Vater", er zögerte, "mein Vater ist Professor Shido, daher kenne ich mich hier gut aus."
"Shido?", Bulma runzelte die Stirn, "der Professor Shido, der mit seiner Theorie über die Krümmung der Realität in Kombination mit einem Zeitparadoxon so viel Aufsehen erregt hat?"
"Ja, er unterrichtet hier Quantenmechanik, aber das wird dich kaum interessieren." "Und ob mich das interessiert." Sie hielt ihm die Liste mit den Kursen hin, das rote X bei der Quantenmechanik war nicht zu übersehen. "Besuchst du den Kurs auch?"
"Ich?" Er lachte. "Nein, ich werde mich für kreative Physik anmelden. Die Vorträge meines alten Herrn kenne ich schon auswendig und beide Veranstaltungen finden gleichzeitig statt."
Bulma seufzte. "Leider. Kreative Physik hätte mich auch interessiert. Aber ich schätze, der Kurs wird nächstes Semester wiederholt." Da fiel ihr ein, dass sie sich ja nur für ein Semester frei genommen hatte. Jetzt, da die Universität zum Greifen nahe war, bedauerte sie insgeheim nicht mehr Zeit zu haben. Andererseits . ihr fehlten die Kinder und natürlich Vegeta. Sie hätte ihnen gern von Luminas Tod erzählt. doch .. wäre sie getröstet worden? Bei dem Gedanken blieb ein bitterer Nachgeschmack. Irgendwie . irgendwie fehlte ihr der Glauben daran, dass ihre Familie sich sonderlich um ihren persönlichen Schmerz gekümmert hätte. Hauptsache, das Essen stand pünktlich auf dem Tisch, Hauptsache, man hatte genügend Taschengeld und durfte am Abend länger ausbleiben.
"Da drüben ist der Eingang zu den Büros", sagte Cano fröhlich. Bulma schüttelte den Kopf, um ihre düsteren Gedanken loszuwerden. Ihre Familie war wohlbehalten zuhause. Bestimmt würde sich in den nächsten Tagen Vegeta bei ihr melden und ihr wütend befehlen, zurückzukommen. Ganz bestimmt. Sie würde nicht vergessen sein.. Mit diesem positiven Gefühl schritt sie beschwingt die Treppen hinauf. Bis es soweit war, würde sie die Zeit hier genießen, dieses Stück Jugend, das sie sich selbst zum Geschenk gemacht hatte.
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"Und jetzt langsam loslassen!" Doktor Sunizir rieb sich die Stirn und schob seinen Strohhut zurück. In der Hand hielt er den Plan für den Ring. "Hmm." Irgendetwas kam ihm daran nicht so richtig vor. "Was soll den das?", hörte er hinter sich eine nicht ganz unbekannte Stimme. Sunizir drehte sich um. "Ah, der Bezwinger aller!", grinste er. "Wie gefällt dir unser Ring, Goku?"
Der Saiyajin kratze sich am Kopf. "Ich habe schon in vielen Ringen gekämpft, die Platten, die Größe, es passt alles, aber was der Fahnenmast in der Mitte soll."
Der Arzt schlug sich auf die Stirn. "Das also ist es!" Er hielt den Plan ins Licht, sodass Goku ihn sehen konnte. "Der stammt vom Bürgermeister. Ich hätte mir gleich denken können, dass da etwas faul dran ist."
"Das kriegen wir rasch in Ordnung!" Goku sprang auf den Ring, spazierte zu dem Fahnenmast, den die stärksten Männer des Dorfes gerade eben unter viel Ächzen und Schwitzen im Loch in der Mitte des Ringes versenkt hatten, und hob den hohen Holzpfahl locker mit einer Hand heraus. Da er nicht so recht wusste, was er damit tun sollte, sah er Sunizir fragend an. Dieser hatte ihn mit offenem Mund beobachtet, genauso wie die verschwitzten Männer, von denen die meisten in Gedanken davon Abstand nahmen, sich für das Turnier eintragen zu lassen.
"Ab besten hier drüben", sagte Sunizir, nachdem er sich von der Verblüffung erholt hatte. "Hier ist ausreichend Platz dafür."
"Gut." Ohne erkennbare Mühe rammte Goku den Fahnenmast in die weiche Erde außerhalb des Ringes. "Was soll denn das?" Der Bürgermeister kam daher gewieselt und starrte Goku und den Arzt anklagend an. "Ich habe doch extra alles so abmessen lassen, dass die Flagge unseres Dorfes..." "Unser Dorf hatte keine Flagge bis Sie auf die Idee gekommen sind eine machen zu lassen", schnitt ihm Sunizir das Wort ab. "Goku hat völlig richtig gehandelt. Dieser Holzpflock gehört keinesfalls mitten in den Ring. Wenn sie diesen hässlichen Fetzen Stoff unbedingt flattern lassen wollen, Herr Bürgermeister, dann kann man ihn da drüben genauso gut sehen."
"Aber, ... aber..." Man sah dem Bürgermeister förmlich an, wie sehr er danach lechzte, seinem Dorf und somit seiner eigenen Position einen übertrieben großartigen Anstrich zu geben. "Sie wollen doch nicht, dass ihr schöner Mast bei einem Kampf irrtümlich zu Bruch geht", warf Goku ein.
"Zu Bruch geht?" Der Bürgermeister sah den Mast an. "Das ist bestes Eisenholz, hart wie Stein und mindestens so schwer, hat man mir versichert. Den bricht niemand." "Das mit dem Eisenholz mag schon stimmen", grinste Sunizir, "aber erinnern sie sich an die Kämpfe im letzten Jahr?"
"Da war ich auf Dienstreise", erinnerte der Bürgermeister, "und auf den ganzen Tratsch darüber gebe ich nichts. Der da", er wies auf Goku, "mag hundertmal "Wundermann" heißen, aber außer dass er fliegen kann und rumbrüllen wie ein Stier ..."
Mit einem Seufzer nahm der Arzt seinen Hut ab. "Mal sehen... ah ja..." Er zeigte auf den mannshohen Felsen auf der anderen Seite des Baches. "Goku, könntest bitte..." Der Saiyajin nickte und setzte mit einem gewaltigen Sprung über den Bach hinweg. Die alten Herren, die dort eifrigst beim Angeln saßen, ließen um ein Haar ihre Angelruten fallen, als er so plötzlich neben ihnen auftauchte. "Entschuldigt..."
Mehr sagte er nicht, als seine Handkante auf den Felsen niederfuhr und diesen mit einem kaum hörbaren Knacksen in zwei Teile spaltete. Dem Bürgermeister sackte die Kinnlade nach unten. "Wie ...?"
Aber Goku war noch nicht fertig. Wieder und Wieder hagelte es Schläge auf den Felsen (sehr zarte Schläge, nach Gokus Maßstäben, er wollte ja nicht, dass herum fliegende Steinsplitter die alten Herren trafen) und als er endlich zurücktrat, war von dem Felsen nur noch ein Haufen faustgroßer Brocken übrig.
"Sind Sie immer noch der Meinung, dass Ihr Fahnenmast in die Mitte des Ringes gehört?", fragte Sunizir. "Ich habe sagen hören, dass Oob inzwischen längst zu Ähnlichem imstande ist und im Gegensatz zu Goku, der nur ehrenhalber eine Runde mit dem Sieger kämpfen wird, muss Oob mehrmals in den Ring steigen."
Der Bürgermeister klappte den Mund zu und schluckte. "Der Mast sieht wirklich besser aus, hier draußen, meinen Sie nicht auch?"
Der Arzt verkniff sich eine ironische Antwort und nickte nur. "Da haben Sie ja so recht, vor allem wenn Sie dann die Eröffnungsrede halten. Ist sie denn schon fertig?" "Du lieber Himmel... die Rede!" Der Bürgermeister griff sich an die Stirn und nach einem flüchtigen Nicken in die Richtung der arbeitenden Männer lief er zurück zu seinem Büro. "Das war echt schlau von Ihnen, Doktor", sagte eine helle Stimme. Tama lachte. "Ich hoffe nur, er redet nicht stundenlang, sonst werden unsere Gäste einschlafen ehe das Turnier beginnt."
"So einfallsreich ist er Gott sei Dank nicht", grinste Sunizir. "Und wie oft muss ich dir noch sagen, dass du mich duzen kannst?" Er fing Gokus fragenden Blick auf und stellte Tama vor. "Das ist die Tochter unserer Wirtsleute und einer der guten Geister, die dafür sorgen werden, dass keiner hungrig nach Hause geht."
Wie auf das Stichwort hin, begann Gokus Magen zu knurren. Tama zog die Augenbrauen hoch und der Arzt beeilte sich, ihr Goku vorzustellen. "Das ist der Wundermann von dem alle reden. Sein Name ist Goku und er wird eine Ehrenrunde mit dem Turniersieger kämpfen. Er hat vorhin den Felsen dort zu Kiesel verarbeitet und hätte sich einen Imbiss verdient."
"Dann ist es uns natürlich eine ganz besondere Ehre, ihn in unser bescheidenes Gasthaus einzuladen", lächelte Tama. Dieser Goku hatte wirklich tolle Muskeln und sein schwarzes Haar strotzte förmlich vor Gesundheit und Kraft. Dazu kam diese Ausstrahlung von großem Ernst und kindlicher Offenheit, die sofort die mütterliche Seite in Tama ansprach. Sunizir beobachtete ihr Lächeln mit einem Stirnrunzeln. Er konnte nicht sagen warum, aber ihn störte es, dass Tama so weiche, große Augen bekam. Früher hatte sie ihn so angesehen, damals als sie noch ein Kind war. Nun war sie eine sehr schöne, junge Frau und ihre Interessen hatten sich offenbar gewandelt. Mit einem Räuspern unterbrach er Tamas Flirtversuch. "Goku, das Wirtshaus ist dort drüben. Du wirst es kaum wieder erkennen. Seit Chichi dort das Ruder führt .."
Mit einem Schlag war Goku ein anderer. Seine Hände packten die Schultern des Arztes mit schmerzhaftem Griff und die Intensität seines Blickes brannte sich in dessen erschrocken geweitete Augen. "Chichi? Eine neue Köchin namens Chichi? Schwarze Haare, über vierzig und ständig nörgelnd?"
"Langsam, Goku! Sie tun dem Doktor ja weh!" Auch Tama war ein wenig erschrocken. "Chichi hat blauschwarze Haare, ist etwa so alt wie ich und sie ist sehr nett, sie nörgelt kaum!" Das Feuer in Gokus Blick erlosch augenblicklich. "Also nur der gleiche Name...", murmelte er und fuhr sich durch die Haare während sich der Arzt die schmerzenden Schultern rieb. "Ich kann wohl von Glück sagen, dass du nicht mit voller Kraft zugepackt hast, Goku", sagte er und musterte den Saiyajin verwundert. "Warum bringt dich der Name Chichi so aus der Fassung."
"Meine Frau ..." er räusperte sich, ".. meine geschiedene Frau heißt so und ich dachte ..." "Du dachtest, sie wäre hier?" Sunizir schüttelte den Kopf. "Dann würde sie doch mit dir reden wollen und wäre längst bei Ririka ins Haus geschneit, oder?"
"Das stimmt!", hieb Tama in die gleiche Kerbe. Echt schade, dass dieser knackige Typ noch immer an dieser anderen Chichi hing. Es würde wohl noch eine Weile dauern, ehe er wirklich wieder zu haben wäre. Mit einem Seufzen hakte sie den Gedanken ab, sie hatte wirklich andere Sorgen, als sich schon wieder einem Fremden an den Hals zu werfen. Zu bitter hatte sie für ihren letzten Irrtum bezahlen müssen. Dennoch, er tat ihr leid, wie er da so enttäuscht vor ihr stand. "Komm doch mit, Goku", sagte sie, ohne viel zu denken, auf das Du wechselnd. "Ein gutes Essen bringt dich auf andere Gedanken." Sein Blick hellte sich auf und er nickte. Zu dritt spazierten sie über die Wiese auf die Straße und zum Gasthof. Als Suninzir die Türe öffnete und der Essensduft aus dem Speisesaal Gokus Nase umschmeichelte, wurde ihm gleich der Mund wässrig. Das waren keine noblen Sandwiches, keine delikaten Happen für Verwöhnte, das roch nach Reis und Curry, nach sehr viel Reis und Curry. Tama entschuldigte sich, da sie in der Küche helfen wollte und Sunizir fand mit Mühe noch einen Tisch für zwei Personen, an den er Goku bat.
"Ah, da bist du ja, Tama!", empfing Chichi ihre beste Helferin. "Wir haben jede Menge Gäste." "Und einen ganz besonderen dazu", sagte Tama und band sich die Schürze um, ehe sie nach dem Messer griff, um noch mehr Karotten und Zwiebeln zu schneiden. "Den Doktor?", fragte Chichi und kostete die Sauce.
Tama lachte. "Das wäre ihm recht, wenn er als VIP behandelt würde." Ihr Messer sauste gleichmäßig und stetig auf das Gemüse herab und kaum waren die Schüssel voll, trug sie diese zu Chichi hinüber, die bereits das Fleisch für die nächsten Portionen anröstete. "Nein, ich meine den Wundermann, diesen netten Kerl namens Goku."
Der Kochlöffel hielt inne. Chichis Augen starrten auf die Pfanne, aber sie sahen nicht die feingeschnittenen Rindfleischstreifen oder die Karotten und Zwiebeln, welche darauf warteten auch in die Pfanne zu wandern. Nur mit äußerster Anstrengung gelang es Chichi ihrer Stimme einen neutralen Klang zu verleihen. "Bekommt er bei Ririka nicht genug zu essen?"
"Na hör mal, Chichi!" Tama schüttelte den Kopf. "Das ist doch DIE Gelegenheit zu demonstrieren, dass sich der Wundermann lieber bei uns satt isst, als dem feinen Haus dort oben. So wie er aussieht, verdrückt er eine Menge."
Sie konnte das geisterhafte Lächeln nicht sehen, das für einen Moment über Chichis Gesicht huschte. "Da könntest du recht haben", murmelte Chichi kaum hörbar und gab sich einen Ruck. "Dann wollen wir mal dafür sorgen, dass er nicht hungrig aus dem Haus geht. Das wäre denkbar schlechte Publicitiy, oder?" Sie zwinkerte Tama zu und diese nickte eifrig. "Das ist die richtige Einstellung!" Die beiden Frauen rollten die Ärmel hoch und gingen ans Werk. Nachdem endlich die neu Riesenportion fertig war, wischte sich Chichi den Schweiß vom Gesicht. "Das wäre geschafft, hoffentlich macht ihn das satt."
"Er ist ja nicht allein", sagte Tama. "Der Doktor sitzt da draußen und die anderen Gäste..." "... die haben schon genug gehabt", sagte Sumira, Tamas Mutter, die gerade den Servierwagen mit den leeren, benutzten Tellern hereinschob. "Sind noch Kirschpastetchen im Kühlschrank?"
"Klar doch!", Tama riss den Kühlschrank auf und nahm ein Tablett voller kleiner Törtchen heraus. "Die sind wirklich sehr schön geworden!", lobte ihre Mutter und Tama blühte förmlich auf. Chichi freute sich. Süßspeisen waren bei ihren Männern noch nie sehr hoch im Kurs gestanden, daher waren Kuchen und Torten nicht ihre Stärken. Umso besser, dass Tama es offenbar liebte zu backen. Sie lernte auch mit Feuereifer, was Chichi ihr über das Kochen beibringen konnte. Es war abzusehen, dass sie sehr bald in der Lage sein würde, die Küche alleine zu führen. Obwohl Chichi als Tamas Lehrerin stolz darauf war, blieb das wehmütige Gefühl, bald nicht mehr gebraucht zu werden. Ein Platz mehr, an dem sie dann überflüssig war.
"Ach ja, Chichi", sagte Tama, während sie ihrer Mutter half den Kaffee aus der Maschine in die bauchigen Kannen zu füllen und die Törtchen auf die Teller anzurichten, "weißt du, dass du den gleichen Namen hast wie die Exfrau von dem Wundermann?"
"Wirklich?" Chichis Hand zitterte unmerklich, als sie den nächsten Schöpflöffel Reis auf den größten Teller klatschte, der im Haus zu finden war. "Was für ein Zufall. Woher weißt du das denn?" "Der Doktor hat deinen Namen erwähnt und Goku, so heißt der Wundermann nämlich, wäre fast ausgerastet. Er hat nämlich gedacht, dass du sie wärst, bis ich ihm erzählt habe wie jung du bist, hat er eingesehen, dass du eine andere sein musst."
"Ach so..." Mehr sagte Chichi nicht. In ihr stritt sich Enttäuschung mit Erleichterung. Ihr Vater hatte Goku nichts von ihrer Verjüngung erzählt. Er wusste nicht wer sie war und wie sie jetzt aussah. Natürlich durfte er sie nicht sehen, sonst würde er sich erinnern... erinnern an das Turnier, wo sie ihn herausgefordert hatte und wo sie sich verlobt hatten. Wehmut durchzog ihr Herz, Wehmut und Reue. Wenn sie nicht so über beide Ohren in Goku verliebt gewesen wäre, hätte sie bemerkt, wie falsch es war, ihn zu einer Heirat zu drängen, die er aus Gutmütigkeit und Ehrlichkeit geschehen ließ. Ihr Rückzieher damals war auch nur halbherzig gewesen, und wie erhofft, hatte er auf der Einhaltung seines Wortes bestanden. Kein "Ich liebe dich." Kein einziges ... das sie nicht aus ihm hatte heraus locken müssen, indem sie ihn zuerst umarmte, ihn küsste, ihm gestand was sie fühlte. Er war wie er war und sie war zufrieden gewesen, mit dem was sie sich nahm ... bis vor kurzem. Jetzt, da ihre Kinder groß waren, da sie nicht mehr als Glucke gebraucht wurde, jetzt, in der Zeit, wo sich Paare vom Elterndasein wieder dem Paardasein zuwenden sollten, um die gemeinsamen Jahre zu genießen, da grinste sie die Leere in ihrem Herzen an, verhöhnte sie und hielt ihr vor, dass es nie ein Liebespaar Chichi und Goku gegeben hatte. Sie unterdrückte den traurigen Seufzer und schöpfte fleißig von dem Curry, bis der Teller randvoll war.
Ein kleinerer Teller für den Doktor kam daneben und sie musste Tama nicht zweimal bitten, die Teller zu den beiden zu tragen. Im sicheren Schatten der Küchentüre, schielte sie durch den Spalt nach draußen in den Speisesaal, wo Sumira inzwischen den Nachtisch und den Kaffee verteilt hatte und Tama die beiden Teller soeben vor Goku und Sunizir hin stellte. "Lasst es euch schmecken", sagte das junge Mädchen. Die beiden Männer ließen sich nicht lange bitten und schaufelten das Curry nur so in sich hinein. "Das ist gut!", lobte Goku mit vollem Mund und Doktor Sunizir nickte dazu. "Ja, Chichi hat sich mal wieder selbst übertroffen."
Goku verschluckte sich fast am nächste Bissen und erst ein tiefer Schluck aus dem Wasserglas half ihm. "Also das ist wirklich fast wie das, was meine Chichi gemacht hat. Es ist ein bisschen schärfer als ihres, aber genauso gut."
Die Beobachterin schluckte und kniff die brennenden Augen zusammen. Ja, sie hatte extra etwas mehr Curry verwendet und auch Kartoffeln hinein geschnitten, die sie sonst eher weg ließ. Es sollte einen Unterschied geben, aber dass er sich an ihr Curry zuhause noch so gut erinnerte ... Mit einem Ruck schloss sie die Küchentüre und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Nur nicht schwach werden, nur nicht hinaus stürmen und ihm um den Hals fallen. Es war schwer, seine Stimme zu hören, sein Gesicht zu sehen und wissen, dass wenige Schritte sie beide trennten. Er erinnerte sich an ihre Kochkunst, aber das war nicht genug, das war bei weitem nicht genug...
Sie hörte nicht mehr, wie Sunizir erwiderte: "Dann ist deine Chichi auch eine tolle Köchin." Er hielt inne und runzelte die Stirn, "Aber hast du nicht etwas von Scheidung gesagt?" Goku ließ die Gabel sinken. "Ja..." In knappen Worten erzählte er von dem Brief und von dem Telefonat. "Wieso kann sie nicht einfach zuhause auf mich warten? Was ist so schlimm daran, dass ich hier trainiere und sie derweil sich um Goten kümmert? Es ist ja nicht das erste Mal..."
Lagsam kaute Sunizir den letzten Bissen und schluckte, ehe er antwortete. "Da ich deine Chichi nicht kenne, kann ich wirklich nur raten, Goku. Sie hat vielleicht einfach die Nase voll davon, allein zu sein. Wenn Goten wie du mir mal erzählt hast, schon ein Teenager ist, dann treibt er sich vor allem mit Gleichaltrigen herum, nicht wahr? Dann hat deine Chichi also Zeit für sich, Zeit die sie gerne mit dir verbringen würde, nur du bist nicht da. Kann gut sein, dass jemand andrer deinen Platz an ihrer Seite eingenommen hat."
Goku hatte seinen Teller auch geleert und bat Tama, um einen Nachschlag. Die nahm den Teller und verschwand fröhlich lächelnd in der Küche. Der Saijajin wandte sich wieder Sunizir zu. "Das hat Ririka auch gesagt. Sie meinte, dass Chichi mich hat fallen lassen, weil sie einen neuen Mann wollte." Seine Hand ballte sich zur Faust. Aus irgendeinem Grund hatte Goku diesen Gedanken nicht an sich heran lassen wollen. Es war nicht möglich. Wer sollte das schon sein? Er und Chichi, sie waren doch schon so lange zusammen gewesen.... Es war einfach nicht richtig, dass sie und ein anderer ... Entschlossen schüttelte er den Kopf. "Davon hat sie am Telefon nichts gesagt. Also gibt es keinen anderen." Da kam Tama mit dem frisch gefüllten Teller zurück und nichts war wichtiger, als dieses köstliche Essen.
Wenig später verließen er und Sunizir zusammen das Restaurant und Goku flog zurück zu Ririkas Gasthof. "Wo bist du so lange gewesen?", fragte sie ihn, kaum dass er die Eingangshalle betrat. "Oob hat alle Übungen gemacht und auf dich gewartet. Das Essen wäre auch schon längst fertig."
Verlegen kratzte Goku sich am Hinterkopf. "Ich werde mich bei Oob entschuldigen und eine Extrarunde einlegen. Zum Essen brauche ich nichts mehr, ich bin bereits satt." Damit schritt er an ihr vorbei. "Satt?" Ririka zog die Brauen zusammen und stemmte die Fäuste in die Hüften. "Wo hast du besser gegessen als hier bei mir?", rief sie ihm nach. "Im anderen Gasthof. Die haben dort ein Curry, das ist sagenhaft."
Sie schluckte. Bislang hatte sie geglaubt, ihn allein durch ihre Kochkunst halten zu können. Aber wenn er so einfache Dinge wie Curry ihrer exquisiten Küche vorzog, dann ... dann wäre es Zeit für eine neue Strategie.
Währenddessen hatte sich Chichi wieder gefasst und damit begonnen, die Küche aufzuräumen. Die versprochene neue Hilfe würde erst morgen mit der Arbeit beginnen und es war noch so viel zu tun und zu planen. Allein für das Abendessen heute wurden wieder an die dreißig Gäste erwartet. Der Gasthof war im Aufwind.
Als der Tag sich dem Ende zuneigte und die letzten Gäste satt und zufrieden abgezogen waren, überließ Chichi die restliche Arbeit Tama und ihrer Mutter, und verließ den Gasthof, um ihre letzten Vorbereitungen für das andere Vorhaben zu treffen.
Außer Sichtweite des Dorfes, setzte sie sich auf einen Stein und stecke ihren Zopf zu einem festen Knoten auf, ehe sie Schritt für Schritt die Übungen machte, die sie schon ihr Vater gelehrt hatte. Wie erwartet war sie kein bisschen außer Atem und sie spürte, dass tief in ihr noch Reserven lagen, die sie erst einsetzen würde, wenn die Zeit gekommen war. Goku und Oob würden sich noch wundern...
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"Das ist nun die letzte", sagte Deffel und trat von dem Pentagramm zurück. Die Flamme der schwarzen Kerze brannte ruhig, genauso wie Hanakir es verlangt hatte. Dieser schrieb die letzten Symbole in die Zacken des Sternes und nickte zufrieden. "Damit müsste es gelingen."
"Bist du dir ganz sicher, dass dies die Sache wert ist?", bohrte Deffel ein letzte Mal nach. "Die Unterlagen sind etwas dubios und woher willst du das Opfer bekommen, das du brauchst, um die Kräfte der Legion auf dich zu übertragen?"
"Nun ja", Hanakir beschwerte die Ecken des Pergamentes mit Steinen, sodass die beschriebene Seite vor ihm ausgebreitet blieb, als er die Arme hob. Die gebogene Klinge des rostigen, alten Opfermessers, welches er aus dem Fundus des Klosters entwendet hatte, war in dem schummrigen Licht kaum zu sehen. "Was diese Stelle hier betrifft, so verstehe ich sie nicht ganz", sagte er und winkte Deffel heran.
Mit einem Seufzen kniete sich dieser neben ihn auf den staubigen Boden, stütze sich auf seine Arme und schielte auf das Pergament. "Wie kannst du bei der Dunkelheit überhaupt etwas sehen? Ich hole eine Fack...llllllgh!" Blut quoll aus seinem Mund und ergoss sich auf das Papier. Mit einem hohlen Lachen zog Hanakir das Messer aus Deffels Rücken und begann mit grausiger Freude die Zauberformeln zu rezitieren. "Wa.. um..?", gurgelte Deffel und seine schwabbeligen Arme zitterten. Ohne darauf einzugehen stach Hanakir erneut zu und dieses Mal traf er das Herz. Mit brechenden Augen sackte der dicke Mönch vor seinem besessenen Mitbruder zusammen. Wo sein Blut über die Schriftzeichen geflossen war, leuchteten diese feurig auf.
Zufrieden drehte Hanakir das Messer in der Wunde hin und her, bis auch das letzte Schriftzeichen sein Geheimnis preisgab. Ein Ruck und der nun wertlose Körper des dicken Mönchs rollte zur Seite. Nun lag das Pergament in seiner schaurigen Pracht vor Hanakir. Ohne Mühe las er die Zeichen und jene, die darunter verborgen gewesen waren. Die Symbole des Pentagramms fingen an zu glosen und kaum hatte Hanakir die letzte Silbe der Beschwörung gesprochen, entzündeten sich rußigrote Flammen. Die schwarzen Kerzen schmolzen und ihr Wachs formte neue Zeichen, die in drohendem Weiß glühten. Ein kalter Wind fegte durch das Gewölbe, aber er vermochte nicht, das dämonische Feuer zu löschen. Im Gegenteil, er fachte es noch mehr an. In der Luft über dem brennenden Pentagramm erschienen die grün schimmernden Umrisse von massigen Körpern, gelb glühende Augen suchten in der Dunkelheit nach einem Opfer, giftiger Geifer tropfte von mächtigen Hauern auf den Boden und fraß sich zischend in den Stein.
Hanakir senkte die Arme und lachte schrill. "Willkommen, Schlüssel zur Macht. Willkommen, Legion der Schatten."
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Goku schreckte aus seinem Schlaf hoch und rieb sich die Augen. War da nicht eben ein Ausbruch einer grauenhaften Aura gewesen? Boshaftigkeit und Macht, wie er sie seit dem Ende des bösen Boo nicht mehr gespürt hatte. Er setzte sich auf und schlug das Laken zurück. Doch jetzt, da er seine Sinne treiben ließ, war da nichts mehr, es war so plötzlich erloschen wie es erschienen war. Vielleicht doch nur eine Erinnerung, ein böser Traum.
Mit einem Seufzer ließ er sich wieder auf das Bett fallen und zog das Laken zurecht. Oob hatte ihn ganz schön gefordert, sauer wie der kleine gewesen war. Aber es hatte sich gelohnt, alle würden sie staunen, wie weit der Junge es in der Zeit seit dem letzten Turnier gebracht hatte. Goku wälzte sich herum und schloss die Augen.
Da näherten sich leise, tappende Schritte. Ganz vorsichtig glitt die Türe auf. Goku drehte den Kopf und blinzelte in das helle Rechteck des Türrahmens. Ririka stand dort in ihrem langen, seidenen Morgenmantel, den nur ein Gürtel zusammenhielt. Es war nicht zu übersehen, dass sie darunter nichts trug.
"Goku", sagte sie und trat ein. Hinter sich zog sie die Türe wieder zu. Verwundert tastete Goku nach dem Lichtschalter. "Nein!", entfuhr es ihr und sie kam auf ihn zu.
"Ist was mit Oob?", fragte Goku verschlafen und zog die Hand verwundert vom Lichtschalter zurück. "Oob, Oob ... siehst du sonst nichts?", fragte Ririka und leichte Bitterkeit mischte sich in ihren honigsüßen Tonfall. Nun stand sie vor Goku, die Hand an der Schleife, welche den Gürtel zusammenhielt. "Ich bin nicht wegen Oob hier... sondern wegen uns...". Mit der einen Hand schraubte sie das Licht der Nachttischlampe gerade so weit hoch, dass ihre Gestalt in ein schwaches, warmes Leuchten gehüllt wurde, mit der anderen zog sie Schleife auf. Der Morgenmantel fiel zu Boden.
Ende des dritten Kapitels.
Chichi sah Tana an und die junge Frau nickte. "Das klingt gut!", sagte sie. Chichi war erleichtert. Lange hatte sie überlegt, welche Köstlichkeiten sie für das Fest zubereiten wollte. Von einer Vielzahl exotischer Häppchen, wie Ririka sie letztes Jahr geboten hatte, war sie rasch abgekommen. Die Leute hier würden sich lieber satt essen, und außerdem würde Goku dabei sein, der hatte ja immer Hunger für zehn.
Somit kam nur eines in Frage: "Also gefüllter Ochse am Spieß, gefüllte Truthähne und Spanferkel. Dazu Fisch vom Grill und Grillkartoffeln, sowie Berge von Reis."
"Damit werden alle zufrieden sein", versicherte Tana. "Wir sind eben kein nobles Haus wie das von Ririka."
Dem musste Chichi zustimmen. Sie verstand zwar vom Kochen so einiges, aber sie war kein Chefkoch für exquisite Speisen. Leckere Hausmannskost musste eben reichen. Nachdem sie die benötigten Zutaten für doppelt so viele Gäste wie letztes Jahr aufgelistet hatte, ging sie damit zum Bürgermeister.
Dem fielen fast die Augen aus dem Kopf. "Was? Das alles?" "So schlimm ist es nicht", sagte Chichi. Sie hatte ihr Haar zu einem dicken Zopf geflochten und diesen hochgesteckt, damit er bei der Arbeit nicht im Weg war. Sie wusste, dass dies sie älter machte, aber in den Verhandlungen mit dem gierigen und zugleich geizigen Bürgermeister war es nicht von Nachteil. "Immerhin stehen weder Kaviar, noch Hummer oder Trüffel auf meiner Liste, oder?"
"Aber", der Bürgermeister fischte ein Tuch aus seiner Hosentasche und fuhr sich damit über das rote Gesicht, "aber da steht etwas von den Kosten für 20 Reiskocher, 10 Angler und 15 Hilfskräfte."
"Ich wüsste nicht, wie wir ohne genügend Fisch und Reis die Leute satt kriegen sollen." Chichi zuckte mit den Achseln. Sie war es gewohnt zu feilschen und zu verhandeln. Nicht umsonst hatte sie für ihr mageres Haushaltsbudget stets die besten Teile des Sonderangebotes noch mal verbilligt ergattert.
"Das meine ich nicht!" Der Bürgermeister knallte die Liste auf die lackierte Schreibtischoberfläche. "Wir haben hier im Dorf doch genügend Haushalte mit Reiskochern, und eine reihe alter Herren, die das Angeln lieben. Unsere Frauen würden es sicher als Ehre betrachten, an das Festmahl mit Hand an zu legen. Diese drei Posten können wir uns sicher sparen." Er zückte einen Stift und machte sich auf dem Blatt die nötigen Notizen. "Dann wären da die Schweine, Truthähne und die drei Ochsen, ... ich kenne ein paar Bauern, denen täte ein Beitrag zur Allgemeinheit nicht schlecht und außerdem könnten sie ihre Abhofprodukte bewerben." Zwei weitere Notizen. "Dann das Geschirr, ... Pappteller und Becher genügen, dann geht zumindest nichts zu Bruch."
Als er fertig war, betrugen die Kosten nur noch ein Zehntel der von Tana und Chichi geschätzten Summe. Der Bürgermeister war zufrieden und Chichi war es auch. Es würden genügend Hände zu ihrer Unterstützung da sein, nur so konnte ihr Plan gelingen.
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"Noch immer keinen Appetit, Goku?", fragte Ririka besorgt und stellte den Korb mit den Köstlichkeiten vor ihn auf den Tisch. Seit er von seiner vergeblichen Suche zurück gekommen war, hatte er zwar nach wie vor mit Oob trainiert, aber von seinem Schwung und seiner Fröhlichkeit war nicht viel geblieben. Ririka ärgerte es, dass er so sehr an seiner reizlosen Frau zu hängen schien. Am Abend aß er immer seinen Teller leer, aber er zeigte mit keiner Mine ob es ihm auch geschmeckt hatte. So konnte sich Ririka des Eindrucks nicht erwehren, dass sie Goku genauso Sägespäne mit Soße hätte vorsetzen können.
Goku warf einen Blick in den Korb und griff sich eines der Sandwiches heraus. In zwei Bissen hatte er es verdrückt, ohne zu wissen, ob es mit Thunfisch oder Salami belegt gewesen war. Da Oob dem Turnier entgegen fieberte, hatten sie es sich angewöhnt im Garten hinter dem Gasthof zu trainieren, wo Ririka einen Kampfring gemäß den Turnierregeln hatte aufbauen lassen. "Du wirst keine Gegner haben, die dir auch nur im mindesten das Wasser reichen können", hatte Goku im Hinblick auf das letzte Turnier gesagt. "Also feilen wir an der Kontrolle deiner Kraft, damit du niemanden aus Versehen tötest." Und Gokus Gedanke, dabei in der Nähe des Gasthofes zu trainieren wirkte sich dämpfend auf Oobs Übereifer aus. Schließlich wusste der Kleine, was ihm blühte, sollte er auch nur ein Fenster zertrümmern.
Ririka war das nur recht, so konnte sie die Trainingspausen nützen, um Goku zu verwöhnen. Ihr Pech war nur, dass er es nicht zu bemerken schien. Zwar war er immer freundlich und dankbar, aber er schien weder ihr Makeup, noch ihre neue Frisur oder den offenherzigen Ausschnitt ihres neuen Kleides zu sehen.
Vielleicht würde er eher auftauen, wenn sie über das Einzige sprach, das ihn zu interessieren schien, das Kämpfen. "Wie ich gehört habe, sind sie in Sandberg schon fleißig dran, den Ring zu zimmern. Vielleicht sollte man mal hingehen und sich das aus der Nähe ansehen. Wäre doch möglich, dass sie ein paar Maße geändert haben. Sollen wir vielleicht heute Abend..."
Sie hatte noch nicht fertig gesprochen, da war Goku bereits aufgesprungen. "Heute Abend?" Er schüttelte den Kopf. "Einzelheiten sieht bei Tageslicht am besten. Sag Oob er soll sich aufwärmen, bis ich zurückkomme!"
Damit flog er davon. Oob, der kurze Zeit später aus dem Gasthof kam, sah sich vergeblich nach seinem Trainer um. Seine Mutter hockte etwas frustriert dreinblickend auf dem Rand des Ringes und futterte ein Roastbeefsandwich. Als sie seinen hungrigen Gesichtsausdruck bemerkte hielt sie ihm den Korb hin. "Iss du den Rest!"
"Goku?", fragte Ob zwischen zwei Bissen. Seine Mutter glitt von ihrem Sitzplatz, strich sich die Falten ihres weiten Rockes glatt und seufzte. "Der macht einen Erkundungsflug. Du sollst dich aufwärmen. Ich muss mich um die Gäste kümmern."
Man sah ihr an, dass sie mit ihrem Latein so ziemlich am Ende war. Noch war sie nicht zum Äußersten gegangen, aber wenn Goku sich weiter so stur stellte....
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Weit von den beiden Dörfern entfernt, schultere Bulma ihren Rucksack und überprüfte ein letztes Mal ihre Frisur. "Du siehst gut aus, Mädchen", lächelte Nasumi, Lumias Mutter. "Ist es wirklich okay, dass ich ihre Sachen trage?", fragte Bulma und strich sich über die weiche blaue Wildlederjacke.
"Wer soll die Sachen sonst tragen?", gab Nasumi zurück und wischte sich kurz über die feuchten Augen. "Ich hätte sie schon lange an einen Secondhandladen verkaufen können, aber irgend etwas hat mich abgehalten. Mein Gefühl sagt mir, dass es gut ist die Sachen dir zu überlassen. Du hast so viel für Lumia getan, ohne deine Unterstützung hätte sie nie die teuren Fernkurse belegen können. Auf diese Weise kann ich mich endlich erkenntlich zeigen und außerdem ist es sehr nett, dass du hier wohnen bleibst, obwohl die Unterkunft bescheiden ist."
"Ach das..." Bulma wurde kurz rot, "das tue ich hauptsächlich für mich. Ich habe meiner Familie diese Nummer hier angegeben und wenn jemand anruft ..." "Könnte ich doch jederzeit sagen, in welchem Hotel du wohnst", meinte Nasumi. "Streite es nicht ab, du willst mir alten Frau nur ein bisschen Gesellschaft leisten."
"So alt bist du nicht!" Bulma und Nasumi waren beim Frühstück überein gekommen, sich zu duzen, weil sich Bulma trotz ihres jungen Körpers Lumias Mutter dem Alter her nahe fühlte. Bei der Erinnerung an ihre eigene Einsamkeit und das trotz eines Mannes und zweier Kinder im Haus, stieg wieder Wut und Schmerz in ihr hoch. Nein, sie würde alles dafür tun, dass Nasumi sich einsam fühlte. Niemand würde ihr je Lumia ersetzen können. Doch nach Nasumis Erzählung war ihr Mann schon kurz nach Lumias Geburt gestorben und so hatte sich Bulma zum Ziel gesetzt, dass sie nicht eher nach Hause zurückkehren würde, bis dass Nasumi einen netten Mann gefunden hatte.
Auf dem Weg vom Haus zur Universität sah sie sich unauffällig um, ob nicht der eine oder andere nette Jungeselle oder Witwer in Nasumis Alter in der Nähe anzutreffen war. Doch ihr begegneten vor allem Hausfrauen und junge Leute. Kurz vor der Universität schließlich beschloss sie, die Suche für heute bleiben zu lassen, jetzt stand ihr Wichtigeres bevor. Der Gebäudekomplex des Campus befand sich mitten in einem sehr großzügig angelegten Park. Scharen von Studenten strömten über den breiten, gepflasterten Hauptweg auf das Verwaltungsgebäude zu.
Da Bulma sich noch ein wenig sammeln wollte, schlug sie einen Seitenweg ein, den sonst niemand zu benützen schien. Da sie den ganzen Vormittag Zeit hatte, schlenderte sie gemütlich zwischen Blutahorns, Ginkobäumen und verstreuten Springbrunnen auf ihr Ziel zu. An einer Biegung schließlich nahm Bulma den Rucksack ab und kramte die Papiere hervor, die ihre Einschreibung bestätigten. Gleich würde sie ihren Studentenausweis abholen und sich endlich für jene Vorlesungen und Kurse eintragen lassen, die sie schon immer mal hatte besuchen wollen. Ihr Vater war ein genialer Erfinder, aber immer ein lausiger Lehrer gewesen. Ihre eigene Stärke lag in der Praxis, aber von Theorie hatte sie nie viel mitbekommen. Das alles würde sich nun ändern. Das alles war Teil ihres neuen Lebens. Gerade als sie den Rucksack wieder schultern wollte, wurde sie von hinten angerempelt und stolperte.
"Was zum Teufel..", schimpfe sie und drehte sich um. Vor ihr stand ein junger Mann mit verstrubbelten, honiggoldenen Haaren, dessen leicht verwirrte, graugrüne Augen den Boden zwischen ihnen absuchten. "Wo ist sie nur..", murmelte der Student und kniff die Augen zusammen. Neugierig geworden schluckte Bulma ihren Ärger hinunter und folgte seinem Blick. Nach ein paar Augenblicken entdeckte sie die Brille im Gras und hob sie auf. "Suchst du das?"
Erst jetzt sah er sie an und lächelte erleichtert. "Ja, danke!" Sie reichte ihm die Brille und er setzte sie mit einem Seufzer auf. Sein Blick wurde klar und scharf. "Tut... tut mir leid, dass ich dich angerempelt habe, aber ich habe es eilig..." Damit wollte er an ihr vorbei, doch da waren schon eilige Schritte zu hören. "Er muss da vorne sein", sagte eine helle Mädchenstimme.
"Genau", stimmte ihr eine etwas dunklere Stimme zu. "So leicht kommt er uns nicht davon. Erst soll er uns den Campus zeigen und dann sehen wir weiter."
"Denkst du nicht, dass wir zu aufdringlich sind, Imai?", fragte eine dritte Stimme. "Nur weil Cano der Sohn von Professor Shido ist, sollten wir ihn nicht so in die Enge treiben."
"Du bist gut", ereiferte sich die erste Stimme. "Wenn wir uns nicht beeilen, schnappt ihn sich noch eine andere und wir schauen durch die Lappen. Sein Vater ist nicht umsonst Mitbegründer der Universität und schwimmt in Geld."
Bulma sah den gehetzten Ausdruck im Gesicht des blonden Studenten und gab den Weg frei. Doch dieser schien den Gedanken an Flucht aufgeben zu haben. Statt dessen trat er ganz nah an sie heran, und da er gut einen Kopf größer war, hatte er keine Mühe ihr Gesicht genau zu studieren. "Du bist sehr schön", sagte er und es klang als neutrales Kompliment, fast als wäre sie eine Blume. Sein nächster Satz war schon weit weniger neutral. "Entschuldige bitte..." Ehe sie wusste, was er im Sinn hatte, fasste er sie an den Schultern, zog sie an sich und küsste sie. Just da bogen die drei Verfolgerinnen um die Ecke, sahen die Szene und erstarrten. Bulma, die vor Schreck einen Moment lang nicht reagiert hatte, registrierte, dass sein Kuss alles andere als eine Verführung war, er war vielmehr kühl und unbeholfen, fast ein Hilferuf. So zögerte sie lange genug, um das falsche Bild zu unterstreichen.
"Verflucht!", zischte Imai und drehte sich auf der Stelle um. Ihre beiden Freundinnen folgten ihr und kaum waren sie außer Sichtweite, da riss sich Bulma los und knallte Cano ihre flache Hand ins Gesicht.
"Aua!" Er trat zurück und rieb sich die gerötete Stelle. "Ich habe mich doch entschuldigt." "Ich mag es nicht, benutzt zu werden", sagte Bulma kühl und hob ihren Rucksack auf. "Und jetzt entschuldige mich."
Damit drehte sie ihm den Rücken zu und ging mit raschen Schritten quer über den Rasen, um auf den Hauptweg zu gelangen. "So warte doch!" Er holte sie ein und ging neben ihr her. "Es tut mir wirklich leid", sagte er ehrlich zerknirscht. "Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen, ich war einfach in Panik..." Ein rascher Blick in sein Gesicht überzeugte Bulma, dass er die Wahrheit sagte. "Okay, Entschuldigung akzeptiert", sagte sie und wedelte mit der Hand. "Würdest du mich bitte in Ruhe lassen und mir nicht nachlaufen?"
"Sorry", er lachte verlegen und fuhr sich durch die Haare, "aber wir haben das gleich Ziel. Soll ich dich vorgehen lassen? Ich kann dir aber auch zeigen, wo alles ist, so als Entschuldigung. Mein Vater", er zögerte, "mein Vater ist Professor Shido, daher kenne ich mich hier gut aus."
"Shido?", Bulma runzelte die Stirn, "der Professor Shido, der mit seiner Theorie über die Krümmung der Realität in Kombination mit einem Zeitparadoxon so viel Aufsehen erregt hat?"
"Ja, er unterrichtet hier Quantenmechanik, aber das wird dich kaum interessieren." "Und ob mich das interessiert." Sie hielt ihm die Liste mit den Kursen hin, das rote X bei der Quantenmechanik war nicht zu übersehen. "Besuchst du den Kurs auch?"
"Ich?" Er lachte. "Nein, ich werde mich für kreative Physik anmelden. Die Vorträge meines alten Herrn kenne ich schon auswendig und beide Veranstaltungen finden gleichzeitig statt."
Bulma seufzte. "Leider. Kreative Physik hätte mich auch interessiert. Aber ich schätze, der Kurs wird nächstes Semester wiederholt." Da fiel ihr ein, dass sie sich ja nur für ein Semester frei genommen hatte. Jetzt, da die Universität zum Greifen nahe war, bedauerte sie insgeheim nicht mehr Zeit zu haben. Andererseits . ihr fehlten die Kinder und natürlich Vegeta. Sie hätte ihnen gern von Luminas Tod erzählt. doch .. wäre sie getröstet worden? Bei dem Gedanken blieb ein bitterer Nachgeschmack. Irgendwie . irgendwie fehlte ihr der Glauben daran, dass ihre Familie sich sonderlich um ihren persönlichen Schmerz gekümmert hätte. Hauptsache, das Essen stand pünktlich auf dem Tisch, Hauptsache, man hatte genügend Taschengeld und durfte am Abend länger ausbleiben.
"Da drüben ist der Eingang zu den Büros", sagte Cano fröhlich. Bulma schüttelte den Kopf, um ihre düsteren Gedanken loszuwerden. Ihre Familie war wohlbehalten zuhause. Bestimmt würde sich in den nächsten Tagen Vegeta bei ihr melden und ihr wütend befehlen, zurückzukommen. Ganz bestimmt. Sie würde nicht vergessen sein.. Mit diesem positiven Gefühl schritt sie beschwingt die Treppen hinauf. Bis es soweit war, würde sie die Zeit hier genießen, dieses Stück Jugend, das sie sich selbst zum Geschenk gemacht hatte.
...............
"Und jetzt langsam loslassen!" Doktor Sunizir rieb sich die Stirn und schob seinen Strohhut zurück. In der Hand hielt er den Plan für den Ring. "Hmm." Irgendetwas kam ihm daran nicht so richtig vor. "Was soll den das?", hörte er hinter sich eine nicht ganz unbekannte Stimme. Sunizir drehte sich um. "Ah, der Bezwinger aller!", grinste er. "Wie gefällt dir unser Ring, Goku?"
Der Saiyajin kratze sich am Kopf. "Ich habe schon in vielen Ringen gekämpft, die Platten, die Größe, es passt alles, aber was der Fahnenmast in der Mitte soll."
Der Arzt schlug sich auf die Stirn. "Das also ist es!" Er hielt den Plan ins Licht, sodass Goku ihn sehen konnte. "Der stammt vom Bürgermeister. Ich hätte mir gleich denken können, dass da etwas faul dran ist."
"Das kriegen wir rasch in Ordnung!" Goku sprang auf den Ring, spazierte zu dem Fahnenmast, den die stärksten Männer des Dorfes gerade eben unter viel Ächzen und Schwitzen im Loch in der Mitte des Ringes versenkt hatten, und hob den hohen Holzpfahl locker mit einer Hand heraus. Da er nicht so recht wusste, was er damit tun sollte, sah er Sunizir fragend an. Dieser hatte ihn mit offenem Mund beobachtet, genauso wie die verschwitzten Männer, von denen die meisten in Gedanken davon Abstand nahmen, sich für das Turnier eintragen zu lassen.
"Ab besten hier drüben", sagte Sunizir, nachdem er sich von der Verblüffung erholt hatte. "Hier ist ausreichend Platz dafür."
"Gut." Ohne erkennbare Mühe rammte Goku den Fahnenmast in die weiche Erde außerhalb des Ringes. "Was soll denn das?" Der Bürgermeister kam daher gewieselt und starrte Goku und den Arzt anklagend an. "Ich habe doch extra alles so abmessen lassen, dass die Flagge unseres Dorfes..." "Unser Dorf hatte keine Flagge bis Sie auf die Idee gekommen sind eine machen zu lassen", schnitt ihm Sunizir das Wort ab. "Goku hat völlig richtig gehandelt. Dieser Holzpflock gehört keinesfalls mitten in den Ring. Wenn sie diesen hässlichen Fetzen Stoff unbedingt flattern lassen wollen, Herr Bürgermeister, dann kann man ihn da drüben genauso gut sehen."
"Aber, ... aber..." Man sah dem Bürgermeister förmlich an, wie sehr er danach lechzte, seinem Dorf und somit seiner eigenen Position einen übertrieben großartigen Anstrich zu geben. "Sie wollen doch nicht, dass ihr schöner Mast bei einem Kampf irrtümlich zu Bruch geht", warf Goku ein.
"Zu Bruch geht?" Der Bürgermeister sah den Mast an. "Das ist bestes Eisenholz, hart wie Stein und mindestens so schwer, hat man mir versichert. Den bricht niemand." "Das mit dem Eisenholz mag schon stimmen", grinste Sunizir, "aber erinnern sie sich an die Kämpfe im letzten Jahr?"
"Da war ich auf Dienstreise", erinnerte der Bürgermeister, "und auf den ganzen Tratsch darüber gebe ich nichts. Der da", er wies auf Goku, "mag hundertmal "Wundermann" heißen, aber außer dass er fliegen kann und rumbrüllen wie ein Stier ..."
Mit einem Seufzer nahm der Arzt seinen Hut ab. "Mal sehen... ah ja..." Er zeigte auf den mannshohen Felsen auf der anderen Seite des Baches. "Goku, könntest bitte..." Der Saiyajin nickte und setzte mit einem gewaltigen Sprung über den Bach hinweg. Die alten Herren, die dort eifrigst beim Angeln saßen, ließen um ein Haar ihre Angelruten fallen, als er so plötzlich neben ihnen auftauchte. "Entschuldigt..."
Mehr sagte er nicht, als seine Handkante auf den Felsen niederfuhr und diesen mit einem kaum hörbaren Knacksen in zwei Teile spaltete. Dem Bürgermeister sackte die Kinnlade nach unten. "Wie ...?"
Aber Goku war noch nicht fertig. Wieder und Wieder hagelte es Schläge auf den Felsen (sehr zarte Schläge, nach Gokus Maßstäben, er wollte ja nicht, dass herum fliegende Steinsplitter die alten Herren trafen) und als er endlich zurücktrat, war von dem Felsen nur noch ein Haufen faustgroßer Brocken übrig.
"Sind Sie immer noch der Meinung, dass Ihr Fahnenmast in die Mitte des Ringes gehört?", fragte Sunizir. "Ich habe sagen hören, dass Oob inzwischen längst zu Ähnlichem imstande ist und im Gegensatz zu Goku, der nur ehrenhalber eine Runde mit dem Sieger kämpfen wird, muss Oob mehrmals in den Ring steigen."
Der Bürgermeister klappte den Mund zu und schluckte. "Der Mast sieht wirklich besser aus, hier draußen, meinen Sie nicht auch?"
Der Arzt verkniff sich eine ironische Antwort und nickte nur. "Da haben Sie ja so recht, vor allem wenn Sie dann die Eröffnungsrede halten. Ist sie denn schon fertig?" "Du lieber Himmel... die Rede!" Der Bürgermeister griff sich an die Stirn und nach einem flüchtigen Nicken in die Richtung der arbeitenden Männer lief er zurück zu seinem Büro. "Das war echt schlau von Ihnen, Doktor", sagte eine helle Stimme. Tama lachte. "Ich hoffe nur, er redet nicht stundenlang, sonst werden unsere Gäste einschlafen ehe das Turnier beginnt."
"So einfallsreich ist er Gott sei Dank nicht", grinste Sunizir. "Und wie oft muss ich dir noch sagen, dass du mich duzen kannst?" Er fing Gokus fragenden Blick auf und stellte Tama vor. "Das ist die Tochter unserer Wirtsleute und einer der guten Geister, die dafür sorgen werden, dass keiner hungrig nach Hause geht."
Wie auf das Stichwort hin, begann Gokus Magen zu knurren. Tama zog die Augenbrauen hoch und der Arzt beeilte sich, ihr Goku vorzustellen. "Das ist der Wundermann von dem alle reden. Sein Name ist Goku und er wird eine Ehrenrunde mit dem Turniersieger kämpfen. Er hat vorhin den Felsen dort zu Kiesel verarbeitet und hätte sich einen Imbiss verdient."
"Dann ist es uns natürlich eine ganz besondere Ehre, ihn in unser bescheidenes Gasthaus einzuladen", lächelte Tama. Dieser Goku hatte wirklich tolle Muskeln und sein schwarzes Haar strotzte förmlich vor Gesundheit und Kraft. Dazu kam diese Ausstrahlung von großem Ernst und kindlicher Offenheit, die sofort die mütterliche Seite in Tama ansprach. Sunizir beobachtete ihr Lächeln mit einem Stirnrunzeln. Er konnte nicht sagen warum, aber ihn störte es, dass Tama so weiche, große Augen bekam. Früher hatte sie ihn so angesehen, damals als sie noch ein Kind war. Nun war sie eine sehr schöne, junge Frau und ihre Interessen hatten sich offenbar gewandelt. Mit einem Räuspern unterbrach er Tamas Flirtversuch. "Goku, das Wirtshaus ist dort drüben. Du wirst es kaum wieder erkennen. Seit Chichi dort das Ruder führt .."
Mit einem Schlag war Goku ein anderer. Seine Hände packten die Schultern des Arztes mit schmerzhaftem Griff und die Intensität seines Blickes brannte sich in dessen erschrocken geweitete Augen. "Chichi? Eine neue Köchin namens Chichi? Schwarze Haare, über vierzig und ständig nörgelnd?"
"Langsam, Goku! Sie tun dem Doktor ja weh!" Auch Tama war ein wenig erschrocken. "Chichi hat blauschwarze Haare, ist etwa so alt wie ich und sie ist sehr nett, sie nörgelt kaum!" Das Feuer in Gokus Blick erlosch augenblicklich. "Also nur der gleiche Name...", murmelte er und fuhr sich durch die Haare während sich der Arzt die schmerzenden Schultern rieb. "Ich kann wohl von Glück sagen, dass du nicht mit voller Kraft zugepackt hast, Goku", sagte er und musterte den Saiyajin verwundert. "Warum bringt dich der Name Chichi so aus der Fassung."
"Meine Frau ..." er räusperte sich, ".. meine geschiedene Frau heißt so und ich dachte ..." "Du dachtest, sie wäre hier?" Sunizir schüttelte den Kopf. "Dann würde sie doch mit dir reden wollen und wäre längst bei Ririka ins Haus geschneit, oder?"
"Das stimmt!", hieb Tama in die gleiche Kerbe. Echt schade, dass dieser knackige Typ noch immer an dieser anderen Chichi hing. Es würde wohl noch eine Weile dauern, ehe er wirklich wieder zu haben wäre. Mit einem Seufzen hakte sie den Gedanken ab, sie hatte wirklich andere Sorgen, als sich schon wieder einem Fremden an den Hals zu werfen. Zu bitter hatte sie für ihren letzten Irrtum bezahlen müssen. Dennoch, er tat ihr leid, wie er da so enttäuscht vor ihr stand. "Komm doch mit, Goku", sagte sie, ohne viel zu denken, auf das Du wechselnd. "Ein gutes Essen bringt dich auf andere Gedanken." Sein Blick hellte sich auf und er nickte. Zu dritt spazierten sie über die Wiese auf die Straße und zum Gasthof. Als Suninzir die Türe öffnete und der Essensduft aus dem Speisesaal Gokus Nase umschmeichelte, wurde ihm gleich der Mund wässrig. Das waren keine noblen Sandwiches, keine delikaten Happen für Verwöhnte, das roch nach Reis und Curry, nach sehr viel Reis und Curry. Tama entschuldigte sich, da sie in der Küche helfen wollte und Sunizir fand mit Mühe noch einen Tisch für zwei Personen, an den er Goku bat.
"Ah, da bist du ja, Tama!", empfing Chichi ihre beste Helferin. "Wir haben jede Menge Gäste." "Und einen ganz besonderen dazu", sagte Tama und band sich die Schürze um, ehe sie nach dem Messer griff, um noch mehr Karotten und Zwiebeln zu schneiden. "Den Doktor?", fragte Chichi und kostete die Sauce.
Tama lachte. "Das wäre ihm recht, wenn er als VIP behandelt würde." Ihr Messer sauste gleichmäßig und stetig auf das Gemüse herab und kaum waren die Schüssel voll, trug sie diese zu Chichi hinüber, die bereits das Fleisch für die nächsten Portionen anröstete. "Nein, ich meine den Wundermann, diesen netten Kerl namens Goku."
Der Kochlöffel hielt inne. Chichis Augen starrten auf die Pfanne, aber sie sahen nicht die feingeschnittenen Rindfleischstreifen oder die Karotten und Zwiebeln, welche darauf warteten auch in die Pfanne zu wandern. Nur mit äußerster Anstrengung gelang es Chichi ihrer Stimme einen neutralen Klang zu verleihen. "Bekommt er bei Ririka nicht genug zu essen?"
"Na hör mal, Chichi!" Tama schüttelte den Kopf. "Das ist doch DIE Gelegenheit zu demonstrieren, dass sich der Wundermann lieber bei uns satt isst, als dem feinen Haus dort oben. So wie er aussieht, verdrückt er eine Menge."
Sie konnte das geisterhafte Lächeln nicht sehen, das für einen Moment über Chichis Gesicht huschte. "Da könntest du recht haben", murmelte Chichi kaum hörbar und gab sich einen Ruck. "Dann wollen wir mal dafür sorgen, dass er nicht hungrig aus dem Haus geht. Das wäre denkbar schlechte Publicitiy, oder?" Sie zwinkerte Tama zu und diese nickte eifrig. "Das ist die richtige Einstellung!" Die beiden Frauen rollten die Ärmel hoch und gingen ans Werk. Nachdem endlich die neu Riesenportion fertig war, wischte sich Chichi den Schweiß vom Gesicht. "Das wäre geschafft, hoffentlich macht ihn das satt."
"Er ist ja nicht allein", sagte Tama. "Der Doktor sitzt da draußen und die anderen Gäste..." "... die haben schon genug gehabt", sagte Sumira, Tamas Mutter, die gerade den Servierwagen mit den leeren, benutzten Tellern hereinschob. "Sind noch Kirschpastetchen im Kühlschrank?"
"Klar doch!", Tama riss den Kühlschrank auf und nahm ein Tablett voller kleiner Törtchen heraus. "Die sind wirklich sehr schön geworden!", lobte ihre Mutter und Tama blühte förmlich auf. Chichi freute sich. Süßspeisen waren bei ihren Männern noch nie sehr hoch im Kurs gestanden, daher waren Kuchen und Torten nicht ihre Stärken. Umso besser, dass Tama es offenbar liebte zu backen. Sie lernte auch mit Feuereifer, was Chichi ihr über das Kochen beibringen konnte. Es war abzusehen, dass sie sehr bald in der Lage sein würde, die Küche alleine zu führen. Obwohl Chichi als Tamas Lehrerin stolz darauf war, blieb das wehmütige Gefühl, bald nicht mehr gebraucht zu werden. Ein Platz mehr, an dem sie dann überflüssig war.
"Ach ja, Chichi", sagte Tama, während sie ihrer Mutter half den Kaffee aus der Maschine in die bauchigen Kannen zu füllen und die Törtchen auf die Teller anzurichten, "weißt du, dass du den gleichen Namen hast wie die Exfrau von dem Wundermann?"
"Wirklich?" Chichis Hand zitterte unmerklich, als sie den nächsten Schöpflöffel Reis auf den größten Teller klatschte, der im Haus zu finden war. "Was für ein Zufall. Woher weißt du das denn?" "Der Doktor hat deinen Namen erwähnt und Goku, so heißt der Wundermann nämlich, wäre fast ausgerastet. Er hat nämlich gedacht, dass du sie wärst, bis ich ihm erzählt habe wie jung du bist, hat er eingesehen, dass du eine andere sein musst."
"Ach so..." Mehr sagte Chichi nicht. In ihr stritt sich Enttäuschung mit Erleichterung. Ihr Vater hatte Goku nichts von ihrer Verjüngung erzählt. Er wusste nicht wer sie war und wie sie jetzt aussah. Natürlich durfte er sie nicht sehen, sonst würde er sich erinnern... erinnern an das Turnier, wo sie ihn herausgefordert hatte und wo sie sich verlobt hatten. Wehmut durchzog ihr Herz, Wehmut und Reue. Wenn sie nicht so über beide Ohren in Goku verliebt gewesen wäre, hätte sie bemerkt, wie falsch es war, ihn zu einer Heirat zu drängen, die er aus Gutmütigkeit und Ehrlichkeit geschehen ließ. Ihr Rückzieher damals war auch nur halbherzig gewesen, und wie erhofft, hatte er auf der Einhaltung seines Wortes bestanden. Kein "Ich liebe dich." Kein einziges ... das sie nicht aus ihm hatte heraus locken müssen, indem sie ihn zuerst umarmte, ihn küsste, ihm gestand was sie fühlte. Er war wie er war und sie war zufrieden gewesen, mit dem was sie sich nahm ... bis vor kurzem. Jetzt, da ihre Kinder groß waren, da sie nicht mehr als Glucke gebraucht wurde, jetzt, in der Zeit, wo sich Paare vom Elterndasein wieder dem Paardasein zuwenden sollten, um die gemeinsamen Jahre zu genießen, da grinste sie die Leere in ihrem Herzen an, verhöhnte sie und hielt ihr vor, dass es nie ein Liebespaar Chichi und Goku gegeben hatte. Sie unterdrückte den traurigen Seufzer und schöpfte fleißig von dem Curry, bis der Teller randvoll war.
Ein kleinerer Teller für den Doktor kam daneben und sie musste Tama nicht zweimal bitten, die Teller zu den beiden zu tragen. Im sicheren Schatten der Küchentüre, schielte sie durch den Spalt nach draußen in den Speisesaal, wo Sumira inzwischen den Nachtisch und den Kaffee verteilt hatte und Tama die beiden Teller soeben vor Goku und Sunizir hin stellte. "Lasst es euch schmecken", sagte das junge Mädchen. Die beiden Männer ließen sich nicht lange bitten und schaufelten das Curry nur so in sich hinein. "Das ist gut!", lobte Goku mit vollem Mund und Doktor Sunizir nickte dazu. "Ja, Chichi hat sich mal wieder selbst übertroffen."
Goku verschluckte sich fast am nächste Bissen und erst ein tiefer Schluck aus dem Wasserglas half ihm. "Also das ist wirklich fast wie das, was meine Chichi gemacht hat. Es ist ein bisschen schärfer als ihres, aber genauso gut."
Die Beobachterin schluckte und kniff die brennenden Augen zusammen. Ja, sie hatte extra etwas mehr Curry verwendet und auch Kartoffeln hinein geschnitten, die sie sonst eher weg ließ. Es sollte einen Unterschied geben, aber dass er sich an ihr Curry zuhause noch so gut erinnerte ... Mit einem Ruck schloss sie die Küchentüre und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Nur nicht schwach werden, nur nicht hinaus stürmen und ihm um den Hals fallen. Es war schwer, seine Stimme zu hören, sein Gesicht zu sehen und wissen, dass wenige Schritte sie beide trennten. Er erinnerte sich an ihre Kochkunst, aber das war nicht genug, das war bei weitem nicht genug...
Sie hörte nicht mehr, wie Sunizir erwiderte: "Dann ist deine Chichi auch eine tolle Köchin." Er hielt inne und runzelte die Stirn, "Aber hast du nicht etwas von Scheidung gesagt?" Goku ließ die Gabel sinken. "Ja..." In knappen Worten erzählte er von dem Brief und von dem Telefonat. "Wieso kann sie nicht einfach zuhause auf mich warten? Was ist so schlimm daran, dass ich hier trainiere und sie derweil sich um Goten kümmert? Es ist ja nicht das erste Mal..."
Lagsam kaute Sunizir den letzten Bissen und schluckte, ehe er antwortete. "Da ich deine Chichi nicht kenne, kann ich wirklich nur raten, Goku. Sie hat vielleicht einfach die Nase voll davon, allein zu sein. Wenn Goten wie du mir mal erzählt hast, schon ein Teenager ist, dann treibt er sich vor allem mit Gleichaltrigen herum, nicht wahr? Dann hat deine Chichi also Zeit für sich, Zeit die sie gerne mit dir verbringen würde, nur du bist nicht da. Kann gut sein, dass jemand andrer deinen Platz an ihrer Seite eingenommen hat."
Goku hatte seinen Teller auch geleert und bat Tama, um einen Nachschlag. Die nahm den Teller und verschwand fröhlich lächelnd in der Küche. Der Saijajin wandte sich wieder Sunizir zu. "Das hat Ririka auch gesagt. Sie meinte, dass Chichi mich hat fallen lassen, weil sie einen neuen Mann wollte." Seine Hand ballte sich zur Faust. Aus irgendeinem Grund hatte Goku diesen Gedanken nicht an sich heran lassen wollen. Es war nicht möglich. Wer sollte das schon sein? Er und Chichi, sie waren doch schon so lange zusammen gewesen.... Es war einfach nicht richtig, dass sie und ein anderer ... Entschlossen schüttelte er den Kopf. "Davon hat sie am Telefon nichts gesagt. Also gibt es keinen anderen." Da kam Tama mit dem frisch gefüllten Teller zurück und nichts war wichtiger, als dieses köstliche Essen.
Wenig später verließen er und Sunizir zusammen das Restaurant und Goku flog zurück zu Ririkas Gasthof. "Wo bist du so lange gewesen?", fragte sie ihn, kaum dass er die Eingangshalle betrat. "Oob hat alle Übungen gemacht und auf dich gewartet. Das Essen wäre auch schon längst fertig."
Verlegen kratzte Goku sich am Hinterkopf. "Ich werde mich bei Oob entschuldigen und eine Extrarunde einlegen. Zum Essen brauche ich nichts mehr, ich bin bereits satt." Damit schritt er an ihr vorbei. "Satt?" Ririka zog die Brauen zusammen und stemmte die Fäuste in die Hüften. "Wo hast du besser gegessen als hier bei mir?", rief sie ihm nach. "Im anderen Gasthof. Die haben dort ein Curry, das ist sagenhaft."
Sie schluckte. Bislang hatte sie geglaubt, ihn allein durch ihre Kochkunst halten zu können. Aber wenn er so einfache Dinge wie Curry ihrer exquisiten Küche vorzog, dann ... dann wäre es Zeit für eine neue Strategie.
Währenddessen hatte sich Chichi wieder gefasst und damit begonnen, die Küche aufzuräumen. Die versprochene neue Hilfe würde erst morgen mit der Arbeit beginnen und es war noch so viel zu tun und zu planen. Allein für das Abendessen heute wurden wieder an die dreißig Gäste erwartet. Der Gasthof war im Aufwind.
Als der Tag sich dem Ende zuneigte und die letzten Gäste satt und zufrieden abgezogen waren, überließ Chichi die restliche Arbeit Tama und ihrer Mutter, und verließ den Gasthof, um ihre letzten Vorbereitungen für das andere Vorhaben zu treffen.
Außer Sichtweite des Dorfes, setzte sie sich auf einen Stein und stecke ihren Zopf zu einem festen Knoten auf, ehe sie Schritt für Schritt die Übungen machte, die sie schon ihr Vater gelehrt hatte. Wie erwartet war sie kein bisschen außer Atem und sie spürte, dass tief in ihr noch Reserven lagen, die sie erst einsetzen würde, wenn die Zeit gekommen war. Goku und Oob würden sich noch wundern...
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"Das ist nun die letzte", sagte Deffel und trat von dem Pentagramm zurück. Die Flamme der schwarzen Kerze brannte ruhig, genauso wie Hanakir es verlangt hatte. Dieser schrieb die letzten Symbole in die Zacken des Sternes und nickte zufrieden. "Damit müsste es gelingen."
"Bist du dir ganz sicher, dass dies die Sache wert ist?", bohrte Deffel ein letzte Mal nach. "Die Unterlagen sind etwas dubios und woher willst du das Opfer bekommen, das du brauchst, um die Kräfte der Legion auf dich zu übertragen?"
"Nun ja", Hanakir beschwerte die Ecken des Pergamentes mit Steinen, sodass die beschriebene Seite vor ihm ausgebreitet blieb, als er die Arme hob. Die gebogene Klinge des rostigen, alten Opfermessers, welches er aus dem Fundus des Klosters entwendet hatte, war in dem schummrigen Licht kaum zu sehen. "Was diese Stelle hier betrifft, so verstehe ich sie nicht ganz", sagte er und winkte Deffel heran.
Mit einem Seufzen kniete sich dieser neben ihn auf den staubigen Boden, stütze sich auf seine Arme und schielte auf das Pergament. "Wie kannst du bei der Dunkelheit überhaupt etwas sehen? Ich hole eine Fack...llllllgh!" Blut quoll aus seinem Mund und ergoss sich auf das Papier. Mit einem hohlen Lachen zog Hanakir das Messer aus Deffels Rücken und begann mit grausiger Freude die Zauberformeln zu rezitieren. "Wa.. um..?", gurgelte Deffel und seine schwabbeligen Arme zitterten. Ohne darauf einzugehen stach Hanakir erneut zu und dieses Mal traf er das Herz. Mit brechenden Augen sackte der dicke Mönch vor seinem besessenen Mitbruder zusammen. Wo sein Blut über die Schriftzeichen geflossen war, leuchteten diese feurig auf.
Zufrieden drehte Hanakir das Messer in der Wunde hin und her, bis auch das letzte Schriftzeichen sein Geheimnis preisgab. Ein Ruck und der nun wertlose Körper des dicken Mönchs rollte zur Seite. Nun lag das Pergament in seiner schaurigen Pracht vor Hanakir. Ohne Mühe las er die Zeichen und jene, die darunter verborgen gewesen waren. Die Symbole des Pentagramms fingen an zu glosen und kaum hatte Hanakir die letzte Silbe der Beschwörung gesprochen, entzündeten sich rußigrote Flammen. Die schwarzen Kerzen schmolzen und ihr Wachs formte neue Zeichen, die in drohendem Weiß glühten. Ein kalter Wind fegte durch das Gewölbe, aber er vermochte nicht, das dämonische Feuer zu löschen. Im Gegenteil, er fachte es noch mehr an. In der Luft über dem brennenden Pentagramm erschienen die grün schimmernden Umrisse von massigen Körpern, gelb glühende Augen suchten in der Dunkelheit nach einem Opfer, giftiger Geifer tropfte von mächtigen Hauern auf den Boden und fraß sich zischend in den Stein.
Hanakir senkte die Arme und lachte schrill. "Willkommen, Schlüssel zur Macht. Willkommen, Legion der Schatten."
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Goku schreckte aus seinem Schlaf hoch und rieb sich die Augen. War da nicht eben ein Ausbruch einer grauenhaften Aura gewesen? Boshaftigkeit und Macht, wie er sie seit dem Ende des bösen Boo nicht mehr gespürt hatte. Er setzte sich auf und schlug das Laken zurück. Doch jetzt, da er seine Sinne treiben ließ, war da nichts mehr, es war so plötzlich erloschen wie es erschienen war. Vielleicht doch nur eine Erinnerung, ein böser Traum.
Mit einem Seufzer ließ er sich wieder auf das Bett fallen und zog das Laken zurecht. Oob hatte ihn ganz schön gefordert, sauer wie der kleine gewesen war. Aber es hatte sich gelohnt, alle würden sie staunen, wie weit der Junge es in der Zeit seit dem letzten Turnier gebracht hatte. Goku wälzte sich herum und schloss die Augen.
Da näherten sich leise, tappende Schritte. Ganz vorsichtig glitt die Türe auf. Goku drehte den Kopf und blinzelte in das helle Rechteck des Türrahmens. Ririka stand dort in ihrem langen, seidenen Morgenmantel, den nur ein Gürtel zusammenhielt. Es war nicht zu übersehen, dass sie darunter nichts trug.
"Goku", sagte sie und trat ein. Hinter sich zog sie die Türe wieder zu. Verwundert tastete Goku nach dem Lichtschalter. "Nein!", entfuhr es ihr und sie kam auf ihn zu.
"Ist was mit Oob?", fragte Goku verschlafen und zog die Hand verwundert vom Lichtschalter zurück. "Oob, Oob ... siehst du sonst nichts?", fragte Ririka und leichte Bitterkeit mischte sich in ihren honigsüßen Tonfall. Nun stand sie vor Goku, die Hand an der Schleife, welche den Gürtel zusammenhielt. "Ich bin nicht wegen Oob hier... sondern wegen uns...". Mit der einen Hand schraubte sie das Licht der Nachttischlampe gerade so weit hoch, dass ihre Gestalt in ein schwaches, warmes Leuchten gehüllt wurde, mit der anderen zog sie Schleife auf. Der Morgenmantel fiel zu Boden.
Ende des dritten Kapitels.
