Gequältes Herz - Teil 4
Ririka hielt ihren Blick auf Gokus Gesicht gerichtet. Sie wusste, was er sah... eine Frau, Ende zwanzig, in der vollsten Blüte ihrer Weiblichkeit. Ririka war nicht wenig stolz darauf, dass ihre Haut immer noch straff und ihre Figur genau an den richtigen Stellen gerundet war. Goku war ein Mann ... und als ein Mann würde er nehmen, was sie ihm so freizügig anbot.
Gokus Augen wanderten über ihren Hals, ihr Dekolleté bis zu ihrer üppigen Oberweite. Er schluckte und zwei rote Flecke bildeten sich auf seinen Wangen, rasch sah er wieder nach oben in ihr Gesicht mit den vollen Lippen, die so verheißungsvoll lächelten.
"Goku", sagte sie. Ihre Stimme klang rauchig und sein Pulsschlag beschleunigte sich. "Goku, ich bin nicht nur Oobs Mutter, ich bin auch eine Frau. Ich habe Wünsche, Sehnsüchte und ich will dich."
Ganz nahe trat sie an sein Bett und da er wie erstarrt da lag, nahm sie seine Regungslosigkeit als Zustimmung. Ihre Hand strich über seine Wange und streifte dann das Leintuch von seinem halb aufgerichteten Oberkörper. Er trug nur eine Hose und die Wärme seiner Muskeln prickelte unter ihren Fingerspitzen. Sie beugte ihr Gesicht zu ihm herab und hauchte dicht an seinem Ohr. "Lass es uns tun, hier und jetzt ... heute nacht und immer wieder."
Die tierischen Instinkte der Saiyajins flammten auf und mit seine geschärften Sinnens spürte er jede Berührung doppelt so intensiv. Ihr Gesicht war im Halbdunkel verborgen, doch ihre Haut schimmerte seidig, und sie roch gut .... Er hob eine Hand und berührte ihre Schulter ... und mit einem Schlag, war die Erinnerung da.
Er stand mit dem Rücken zur Türe am Fenster des Schlosses auf dem Bratpfannenberg. Der Mond hing als schmale Sichel zwischen den Sternen und sein ganzer Körper war erfüllt von einer Nervosität, die er vor keinem Kampf gekannt hatte.
Es knarrte leise, als die Türe vorsichtig aufgedrückt wurde und Chichi eintrat. Goku konnte ihr Spiegelbild im Fenster sehen. Sie trug einen weißen, bestickten Morgenrock und ihr Haar hing ihr offen bis fast zur Taille herab. Sie starrte auf seinen breiten Rücken und schluckte heftig. Ihre Hände hatte sie vor ihrer Brust in einander geschlungen und ein scheues Lächeln zitterte um ihren Mund.
"Goku", ihre Stimme klang kein bisschen so forsch und sicher, wie noch vor kurzem, als sie im Saal mit ihrem Vater und seinen Freunden gescherzt hatte. "Goku, wenn ... wenn es noch zu früh ist, dann gehe ich wieder. Ich ..." er konnte spüren, das sie sich zu diesen Worten zwang, "ich habe dich schließlich in diese Heirat gedrängt und wenn du mehr Zeit brauchst, wenn du ... mich nicht attraktiv findest, dann ..."
Vergessen war ihr forsches, besitzergreifendes Verhalten während der Verlobung. Der feuchte Glanz in ihren Augen sagte alles und Goku drehte sich rasch um. "Chichi ... es ist nicht, dass ich dich nicht mag oder so..." Auch er rang um Worte, doch seine Offenheit siegte. "Chichi ich kenne dich schon lange, aber wir haben ja noch nie ..." Er wurde knallrot, zwang sich aber, weiter zu sprechen. "Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll, was von mir erwartet wird."
Seine Offenheit half Chichi ein wenig, ihre Nervosität zu besiegen. Da sie in Vorbereitung auf diese Nacht mehr als einen Liebesroman verschlungen hatte, kam sie sich erfahrener vor und sicherer. Obwohl, Dichtung und reales Leben waren zwei verschiedene Paar Schuhe. Mit einem tiefen Atemzug kam sie näher. "Goku, ich denke nicht, dass dies hier etwas mit "sollen" und "Erwartungen erfüllen" zu tun hat. Für mich ist das genauso neu wie für dich und ich hoffe, wenn wir einfach tun, was wir möchten, dann wird es gut gehen." Nun war sie nur noch einen halben Schritt von ihm entfernt. "Es gibt etwas, das ich schon lange tun möchte, aber ich habe mich nie getraut."
"Und das wäre?", fragte Goku, immer noch ein bisschen nervös, aber auch neugierig. "Das hier..." Sie streckte die Hände aus und knöpfte sein Hemd auf, streifte es ab und bestaunte seine Muskeln. "Ich habe deine Stärke immer bewundert, Goku", sagte sie rau und vorsichtig legte sie eine Hand auf jene Stelle seiner Brust, wo sein Herz wie rasend schlug. "Ich wünsche mir so, dass du mich auch bewunderst, wenigstens ein bisschen..."
Wie von selbst fassten Gokus Hände nach ihren Schultern. Ein zitternder Atemzug und Chichis bebende Hände zerrten den Knoten des Gürtels auf. Die weiße Seide blieb an seiner rauhen Haut kleben und glitt von ihren Schultern, als die Händen an ihren Oberarmen abwärts bewegte. Seine Augen weiteten sich, als sie in pfirsichfarbener Wäsche vor ihm stand. Die teure Spitze war ein Geschenk von Bulma gewesen, und Chichi kam sich ein wenig verrucht darin vor. "Gefalle ich dir ... Goku?", fragte sie mit brennenden Wangen. "Wenigstens ein bisschen?"
Der Saiyajin konnte nur nickten, da er kein Wort mehr herausbrachte. Ihr Anblick, scheu und verlockend zugleich, brachte jenen Damm in ihm zum Einsturz, hinter dem seine männlichen Gefühle auf der Lauer gelegen hatten. Ehe er sich versah, hatte er Chichi zum Bett gedrängt.
Ihr wurde ein wenig mulmig zumute, angesichts das Feuers in seinem bisher so unsicheren, naiven Blick. Vorsichtig legte sie eine Hand auf seine heiße Haut und liebkoste seine Schultern, was er mit einem heftigen Atemzug quittierte und nach der Schnalle seines Gürtels griff. Mit wenigen Handgriffen entledigte er sich seiner Kleidung und legte sich zu ihr. Über sie gebeugt, zerrte er die Träger des BH von ihren Schultern. Ihre Unterlippe zitterte, doch sie zuckte nicht zurück. Das tiefe Vertrauen und die Liebe in ihrem Blick jedoch brachten ihn wieder soweit zur Vernunft, dass er sich nicht wie ein Tier auf sie stürzte. "Was kommt jetzt?", fragte er nach ein paar Augenblicken des Zögerns. "Ich fühle mich ... so gar nicht wie ich selbst. Am liebsten würde ich ... aber, aber ich will dir nicht weh tun mit meiner Kraft."
Chichi lächelte jenes Lächeln, das allen Frauen eigen ist, wenn sie sich ihrer Macht über den Geliebten bewusst werden. "Tu was du willst", flüsterte Chichi, zog seinen Kopf zu sich herab und küsste ihn mit aller Glut und Zärtlichkeit, so wie sie es sich erträumt hatte. "Ich möchte diese Nacht niemals vergessen ..."
...........................................
Genau an diesen Moment musste Goku jetzt denken, als er knapp davor war, seinen Instinkten freien Lauf zu lassen. Er wusste noch genau, wie sich Chichi in dieser Nacht angefühlt hatte, wie sie nach Vanille und Pfirsich geduftet hatte, wie heiß und schnell ihre beiden Herzen geschlagen hatten... Warum hatte er das alles vergessen? Vielleicht weil es weniger schmerzte, wenn man sich nicht genau erinnerte, was man verloren hatte... Chichi ...
Sanft schob er Ririka zurück. "Es tut mir leid..." Sie zuckte zusammen als hätte er sie geschlagen. Er wies sie ab? "Warum?", fragte sie und versuchte, den samtigen Ton in ihrer Stimme zu halten. "Ist es wegen Chichi?"
Goku nickte. "Ja, sie würde mir eines mit der Bratpfanne überziehen, wenn sie das hier sehen würde." Ririka schüttelte den Kopf. "Du begreifst es noch immer nicht, wie?" Mit einem tiefen Atemzug bückte sie sich und hob den Morgenmantel auf. "Du denkst immer noch, dass sie dich liebt, auf dich wartet und dich zurück haben will." Sie lachte und ihre Stimme war auf einmal viel heller und schärfer. " "Du kannst mir leid tun..." Mit bebenden Händen schlang sie den Gürtel um ihre Mitte und verknotete ihn. "Irgendwann...", sagte sie und starrte dabei an ihm vorbei aus dem Fenster, ohne jedoch den Mond oder die Sterne zu sehen, "irgendwann wirst du aufwachen und begreifen, dass du umsonst wartest, umsonst hoffst und dann wirst du in ein tiefes, tiefes schwarzes Loch fallen und ganz allein sein..."
Eine einsame Träne perlte über ihre blasse Wange und Goku begriff. "Du redest von Sammel, nicht wahr? Von Oobs Vater." Ein schwaches Lächeln stahl sich auf ihre bemalten Lippen. "Stimmt. Ich weiß, was es heißt, zu warten und zu warten ... umsonst zu warten..."
"Oob sagte, sein Vater sei in den Bergen verunglückt." "Ein Steinschlag hat ihn in den Tod gerissen. Genau vor meinen Augen. Ich sehe es immer noch vor mir, wie er mich zurückstößt und dann ... und dann..." Mehr und mehr Tränen begannen zu fließen und ihre Schultern bebten. Unbeholfen richtete sich Goku auf und legte seine Arme um sie. So hatte es Chichi bei Gohan immer gemacht, und es schien zu helfen. Das Schluchzen wurde leiser. "Danke." Sie machte sich von ihm los und rieb sich die roten Augen. "Es ist zwar schon über zehn Jahre her, aber ich vermisse ihn immer noch." Sie sog tief die Luft ein und schenkte ihm ein zitterndes Lächeln. "Du wärst Oob ein guter Vater. Der Junge braucht dich und ohne deine Auftritte wäre mein Gasthof vielleicht schon bankrott. Ich mag dich auch, Oob und ich, wir wären beide froh, wenn du für immer bei uns bleiben würdest. Denk darüber nach, bitte."
Damit drehte sie sich um und tappste genauso leise und vorsichtig hinaus, wie sie gekommen war. Goku ließ sich auf sein Kissen fallen und seufzte. Es war ja nicht so, dass er einen anderen Platz hätte, wo er hin wollte. Zumindest jetzt im Moment nicht. Frauen! Warum mussten sie immer alles so kompliziert machen? Es dauerte lange, bis er wieder einschlafen konnte.
.........................
Der Abt des Klosters des Zornigen Drachen schreckte aus dem Schlaf hoch, als der Boden unter seinem Bett zu zittern begann. "Ein Erdbeben?" Schlaftrunken kletterte er aus dem Bett und wankte auf dem unsicheren Boden zum Fenster. Nur mit Mühe gelang es ihm, das hohe, schmale Fenster zu öffnen und einen Blick nach draußen zu werfen. Seltsam, die alten Pinien, welche den Weg zum Kloster säumten, standen völlig ruhig.
"Herr Abt, Herr Abt!" Jemand hämmerte wie wild an seine Türe. Der alte, gebeugte Mann warf seine orange Kutte über und zog den Riegel zurück.
"Was ist da los?", fragte er. Noch ehe einer der Mönche, welche sich vor seiner Türe versammelt hatten, etwas sagen konnte, fegte ein unheilvoller Windstoß durch den Gang. Bleich und Grau im Gesicht, drängten sich die Mönche noch enger zusammen. Der Abt kniff die buschigen Brauen zusammen und seine dunklen Augen suchten im Halbdunkel des Ganges nach der Ursache dieser negativen Strömung, welche seinen Mönchen so zusetzte.
Eine hochgewachsene Gestalt schälte sich aus dem Schatten, ein dumpfroter Schimmer umgab ihn. "Hanakir?" Der Abt machte einen Schritt auf den jungen Mönch zu.
"Nein, geht nicht näher!" Einer der älteren Mönche hielt ihn zurück. "Das ist nicht mehr Hanakir..." Der Angesprochene legte den Kopf in den Nacken und lachte. Dem Abt lief es kalt über den Rücken. Das war nicht eine Stimme, das waren viele in einer ... und nicht eine davon war menschlich ..... "Wer oder was bist du?", verlangte er zu wissen und stellte sich vor seine Mönche. "Wer hat dich gerufen?"
"Der schwächliche Narr hat gedacht, UNS benutzen zu können", kam es aus Hanakirs Mund. "Doch nun werden WIR ihn benutzen bis WIR einen besseren Körper gefunden haben. Seine Erinnerung zeigte UNS, dass sich die Stärksten bald unweit von hier auf einem Turnier messen werden. Diese Gelegenheit, jenen Körper zu erlangen, mit dem WIR die Herrschaft über diese Welt dem schwächlichen Gott entreißen können, der über sie gebietet."
"Legion...", es war nicht klar, welcher der Mönche zuerst den gefürchteten Namen aussprach, aber sie alle wiederholten ihn flüsternd. "Legion..." Der, der ehemals Hanakir gewesen war, nickte mit breitem Grinsen. "Erkennt was ich bin, fürchtet mich und unterwerft euch mir!"
Die zitternden Mönche wichen weiter und weiter zurück. Einige umklammerten verzweifelt ihre Ketten mit den polierten, hölzernen Perlen, geflüsterte Gebete wurden laut und lauter. Der Abt selbst hatte sich breitbeinig vor dem Fleisch gewordenen Unheil aufgebaut und rezitierte mit hallender Stimme heilige Worte. Die Aura des alten Mannes begann schwach, golden zu leuchten je inniger die Mönche beteten desto stärker wurde das Licht, das sie bald alle umstrahlte.
Die Legion in Hanakirs Hülle stand spöttisch lächelnd vor ihnen und der verächtlich zuckender Mund bewies, was die Verkörperung es Bösen von dem letzten, verzweifelten Aufbäumen der Klosterbewohner hielt. Doch so lächerlich waren ihre Gebete nicht. Ausgehend vom Abt leckte eine Zunge goldenen Lichts über den Fußboden.
Hanakir hob den Fuß und wollte sie zertreten, doch kaum kam seine düstere Aura mit jener hellen in Berührung, sprühten zornige Funken und mit einem Schmerzenslaut sprang Hanakir zurück. "Ihr lächerlichen Würmer, ihr wagt es mir, der Legion der Finsternis Unbehagen zu bereiten." Er hob beide Hände und streckte die Handflächen der Gruppe der Betenden entgegen. "Dafür zertrete ich euch!" Ein breiter Lichtstrahl von der Farbe getrockneten Blutes zuckte auf die Mönche zu. Sie packten ihre Ketten fester, schlossen die Augen und beteten mit aller Kraft. Ihre vereinte Aura strahlte und der gierige Strahl prallte von dieser Wand aus Licht ab. Mit einem Schrei tiefster Wut, lenkte Hanakir den Strahl an die Decke und mit einem dumpfen Donnern brach das ganze Gewölbe in sich zusammen. War das Licht der Mönche auch ein Schutz gegen die finstere Macht an sich, so war es kein Schild, welcher Mauersteine und Balken aufzuhalten vermochte. Sie wurden allesamt unter Mörtel, Stein und Holz begraben und die Wolke aus Staub schluckte ihre verzweifelten Schmerzensschreie, die dann auch bald verstummten. Nur das Lachen der Legion hallte durch die Überreste des Klosters...
............................
"So, das wäre der letzte", seufzte Chichi und legte die Nadel mit dem Küchengarn zur Seite. Seit dem frühesten Morgen war sie mit ihren Helfern bei der Arbeit. Heute war endlich der große Tag. Jedes Kin und jeder Greis hatte eine Aufgabe zugeteilt bekommen. Dennoch blieb die Hauptarbeit an ihr hängen.
"Kann ich los?", fragte eines der Mädchen und sah hinauf zur Küchenuhr. "Ich muss mich noch für die Modenschau herrichten."
"Als ob du viel Chancen hättest", spöttelte ein anderes. "Wenn Ririka wieder in einem ihrer teuren Fummel auftaucht siehst du daneben wie eine Vogelscheuche aus." Die anderen lachten und die Angesprochene streckte ihnen die Zunge heraus. "Als ob ihr bessere Chancen hättet. Schon die Jahre zuvor hat Ririka immer und immer wieder den meisten Applaus und die meisten Blumen bekommen. Es ist einfach sinnlos, gegen sie antreten zu wollen." Die anderen Frauen nickten. "Also, ich will trotzdem mitmachen, auch wenn ich gegen Ririka wie ein Mauerblümchen wirke. Man hat sonst kaum Gelegenheit, mal ein richtig schönes Kleid zu tragen und sich nobel herzurichten."
Da war was dran und so wehrte es ihr niemand, als sie die Hände wusch und die Küche verließ. "Wie ist es mit dir, Chichi?", fragte Tama und sah sie an. "Du bist die hübscheste hier und du hättest sicher eine Chance."
"Genau!", hieb eine andere Frau in die gleiche Kerbe. "So was hübsches wie dich, hatte unser Dorf schon lange nicht mehr. Du solltest die Männer mal reden hören. Du hast nicht nur dem Doktor den Kopf verdreht."
"Dem Doktor?" Chichi sah erstaunt hoch und fing dabei Tamas Blick auf. Ihr entging auch nicht der Schatten, der trotz des Lächelns über das Gesicht der jungen Frau glitt. Aha. So standen die Dinge also. "Ich finde, dass ihr lieber Tama gut zureden solltet. Immerhin ist sie eine aus diesem Dorf und außerdem nicht weniger hübsch als Ririka."
"Ich?" Tama wurde knallrot im Gesicht. "Aber ich ..." "Doch, da hat Chichi nicht unrecht", sagte die eine Frau entschieden. "Wir haben ganz vergessen, dass aus dem Küken ein Schwan geworden ist." "Aber ich habe doch nichts anzuziehen... und meine Haare...." Tama wehrte sich so gut sie konnte. "Das mit dem Kleid überlass nur mir", machte Chichi der Diskussion ein Ende. "Ihr kommt hier soweit ohne mich zurecht, oder?"
Die Helferinnen nickten. "Aber klar doch, ist ja alles vorbereitet." "Und ich sorge für den Rest", erklang Sumiras Stimme vom Eingang her. "Auf der Festwiese sind wir so gut wie fertig mit den Aufbauten. Mein Mann wacht über das Buffet, damit keiner der Dorfleute heimlich nascht."
Chichi bedankte sich und packte die noch immer widerstrebende Tama bei der Hand. "Wenn du deinem Doktor zeigen willst, dass du eine Frau und kein Kind mehr bist", sagte sie halblaut zu ihr, dann must du mithelfen." Sogleich sträubte sich Tama viel weniger und als sie vor Chichis Zimmer angekommen waren und diese sich zu ihr umdrehte, griff Tama nach Chichis Hand.
"Chichi, denkst du wirklich ... er ... er wird mich endlich sehen, richtig ansehen?" Sie fasste nach ihrem dicken Zopf und der unsichere Blick in ihren hellgrauen Augen rief in Chichi mütterliche Gefühle wach. "Und ob!", bekräftigte Chichi, schloss ihre Zimmertüre auf und schubste Tama hinein. "Erst einmal wirst du dich duschen und dir die Haare waschen. Ich schaue in der Zwischenzeit durch, was ich an Kleidern habe und wenn du fertig bist, verpasse ich dir einen neuen Schnitt."
Eine gute halbe Stunde später trafen sich graue und dunkle Augen im Spiegel. "Hast du sowas schon öfter gemacht?", fragte Tama zweifelnd, als Chichi entschlossen die Schere zückte und eine der nassen Braunen Strähnen zwischen die Finger klemmte. "Ich habe zwei Söhne und wir hatten nie viel Geld", sagte Chichi mit einem ermutigendem Lächeln, "also bin ich ihre Friseuse gewesen."
"Aha...", Tama klang nicht sonderlich überzeugt, aber die Ältere ließ ihr keine Zeit, sich weitere Gedanken zu machen. Eine Strähne nach der anderen musste dran glauben und unter Tamas besorgten Blicken häuften sich die braunen Spitzen auf dem Fußboden. Endlich, es schien eine Ewigkeit gedauert zu haben, trat Chichi einen Schritt zurück und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. "Das hätten wir", sagte sie und legte die Schere zur Seite, um nach Bürste und Föhn zu greifen. "Jetzt noch der letzte Schliff."
Tama starrte in den Spiegel ohne mehr wahrzunehmen, als ihr etwas blasses Gesicht mit den übergroßen, grauen Augen. Weitere Minuten verstrichen, dann verstummte das Summen des Föhns. "Jetzt schau dich an!", forderte Chichi und ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Mit einem tiefen Atemzug, hob Tama den Blick , wich etwas vom Spiegel zurück, um sich mit mehr Distanz zu sehen und schluckte. "Das ... das bin ich?" Sie hob die Hand und die junge Frau im Spiegel mit den etwas mehr als Schulterlangen, weich fallenden braunen Locken tat dasselbe.
"Nächster Schritt ist das Kleid", sagte Chichi und verbarg nur ungenügend ihre Genugtuung und Freude über Tamas Staunen. Als sie den Kleiderschrank öffnete, fiel gleich ihr erster Blick auf jenes Kleid, das sie sich in einem Anfall von überschäumender Freude über ihre neue Jugend gekauft hatte. Nicht dass es ihr normaler Stil war, aber es hatte ihr einfach gefallen. Ein etwas trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie das Kleid herausnahm und Tama unters Kinn hielt. "Wir haben die gleiche Größe, es wird dir stehen."
"Aber...aber...", Tamas Hand strich über die honiggoldene Seide. "Das ist bestimmt irre teuer gewesen, wenn es schmutzig wird oder einen Riss bekommt..." "Dann wird es gereinigt und genäht", sagte Chichi mit ihrem Sinn fürs Praktische. "Ich hoffe nur, dass dir auch die Schuhe passen."
Eine gute halbe Stunde später, längst hatten sich am Fuß der Treppe alle versammelt, die gerade nichts zu tun hatten, ging die Zimmertüre auf und Chichi trat heraus, eine wunderschöne Tama an der Hand führend. "Jetzt zier dich nicht so!"
Ein Raunen ging durch die Gruppe und Sumira wischte sich ein paar Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln. Eilends brachte sie einen weit fallenden, grauen Umhang mit Kapuze, der das Kleid und die Frisur bis zum großen Auftritt schützen würde. Zufrieden übergab Chichi Tama der Obhut ihrer Mutter und lief zurück ins Zimmer um sich für ihre eigene Aufgabe zurecht zu machen.
Auf der Wiese rings um den Ring herrschte bereits ein dichtes Gedränge, die Gäste warteten auf die Modenschau, die ihnen wie jedes Jahr das Warten auf das eigentliche Turnier verkürzen würde. Wetten wurden abgeschlossen, wer wohl dieses Jahr die meisten Blumen und den meisten Applaus bekommen würde.
"Du bist bestimmt die allerschönste", sagte Oob und sah seine Mutter bewundernd an. Ririka strich den Rock ihres dunkelblauen Kleides glatt und lächelte. "Danke, mein Sohn, aber es sind jede Menge hübscher Mädchen da, die viel jünger sind als ich. Bestimmt bin ich nicht die schönste von allen..." Bei diesen Worten schielte sie zu Goku hinüber, der nur ein paar Schritte entfernt an seiner Krawatte zerrte. Am liebsten wäre er wie immer in seinem Kampfanzug gekommen, aber Ririka hatte ihn so lange gedrängt bis er sich widerstrebend in den Anzug und das Hemd hatte zwängen lassen, das sie für ihn besorgt hatte.
Da er für dererlei Dinge keinen Blick hatte, fiel ihm nicht auf, dass die Farbe seines Anzuges genau dieselbe war wie die des Kleides und dass Oob denselben Anzug ein paar Größen kleiner trug. Auf jeden Fremden machten die drei auf den ersten Blick das perfekte Bild einer harmonischen Familie. Zu Ririkas Leidwesen schien Goku ihr sorgfältig gemachtes Äußeres nicht wahrzunehmen. Sein Blick wanderte in freundlicher Gleichgültigkeit über ihre glänzenden Haare, die bemalten Lippen und mit Rouge betonten Wangenknochen. "Du siehst nett aus", sagte er und Ririka packte den Griff ihres Sonnenschirmes fester. Sie hatte Stunden damit zugebracht, sich auf das Vorteilhafteste zu stylen alles, was er dazu zu sagen hatte, war "nett".
"Mama, sieht aus, als ob es gleich mal anfängt. Du solltest zu den anderen gehen", drängte Oob. Son Goku nickte dazu. "Je schneller das erledigt ist, desto schneller können die Kämpfe beginnen." "Schon gut", zischte frustriert und spannte ihren Schirm auf. Ein tiefer Atemzug und mit königlichem Lächeln schritt sie über den Rasen zur Schlange der wartenden Mädchen hinüber. Die vorwiegend männlichen Zuschauer, die sich bereits um den Ring geschart hatten, wichen bereitwillig zurück, als Goku und Oob sich näherten, sodass diese beiden problemlos einen Platz in der vordersten Reihe bekamen.
Da es offiziell nur eine Modenschau war, gab es keine Reihung und keine Preise. Dennoch war die vergangenen Jahre hindurch immer klar gewesen, dass im Falle einer Reihung die Krone stets Ririka auf die Haare hätte gedrückt werden müssen.
Ririkas Blick streifte ihre Konkurrenz und sie lächelte nicht unzufrieden. Ja, ein paar der jungen Dinger hatten sich im vergangenen Jahr gemausert und die eine oder andere sah nicht unvorteilhaft aus. Dennoch waren die Kleider meist altmodisch, die Sommersprossen zu dicht, die Nase zu groß oder die Haare zu stumpf, kurzum, es gab niemanden, der ihr den Rang ablaufen konnte. Soeben kam die wohl letzte Teilnehmerin herbei geeilt, ach Gott, das Kind litt offenbar unter Schüchternheit so wie sie Gesicht und Kleid unter Umhang und Kapuze verbarg. Hoffentlich wurde das arme Ding nicht ausgebuht.
"Nur nicht nervös sein, Kleine", sagte Ririka gönnerhaft halblaut zu ihr. "Es soll doch alles nur ein Spaß für die Zuschauer sein und auch für uns." Ein flüchtiges Lächeln blitzte im Schatten der Kapuze und Ririka musste sich anstrengen, um das leise geflüsterte "Vielen Dank", zu hören.
Soeben trat der Bürgermeister in den Ring, räusperte sich und bat um Ruhe. Als er ein Büschel eng beschriebener Blätter aus der Tasche zog und tief Luft holte, gähnte Goku unverhohlen in Erwartung einer tödlich langweiligen Rede. Der Bürgermeister erinnerte sich noch an die Kraftdemonstration beim Aufbau des Rings und disponierte rasch um. Die Rede würde er in der Gemeindeversammlung zum Besten geben, hier war kurz und knapp gefragt und so danke er lediglich allen fürs Kommen, erklärte das Fest für eröffnet und bat um die Teilnehmerliste für die Modenschau.
Namen um Namen las er laut vor, die jungen Damen traten in den Ring, spazierten ringsum, drehten sich und knicksten zum Abschluss. Die Männer klatschten freundlich und ab und zu rief einer ein Kompliment oder warf eine Blume. Erst als Ririka an der Reihe war, kam Bewegung ins Publikum. Der Applaus übertraf die vorigen um das Dreifache. Sonnig lächelnd stand Ririka im Blumenregen, der auf sie herab prasselte, denn fast jeder, der noch eine Blume in der Hand hielt, warf sie ihr zu. Oob stellte sich auf seine Sitz, um die gelbe Rose, die er extra dafür mitgenommen hatte zu den anderen zu werfen. Er musste Goku erst anstoßen, ehe dieser die rote Rose, die Ririka ihm gegeben hatte, Oobs Blume hinterher warf. Es dauerte eine Weile ehe alle Blumen aufgesammelt worden waren, drei Arm voll wurden in einen großen Korb gelegt und Ririka überreicht, die ihn hoheitsvoll ihrem Sohn zum Tragen übergab.
Doktor Sunizir, der auch die ganze Zeit unter den Zuschauern gesessen war, hatte einen ganzen Strauß gelber Margeriten mitgebracht und jedem Mädchen eine davon zugeworfen. Natürlich hatte er Ririka auch mit einer bedacht. Nun besah er sich die fünf Blüten, die noch übrig waren und überelgte, was er wohl mit den restlichen anfangen sollte.
"Als letzte Teilnehmerin der Modenschau bitten wir nun Tama, die Tochter von Sumira und Jeney in den Ring", sagte der Bürgermeister laut und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sunizir horchte auf. Tama mache mit? Erst jetzt schenkte er der Gestalt im Umhang einen genaueren Blick. Die ärmste starb ja offensichtlich vor Verlegenheit. Mit einem nachsichtigen Lächeln rief er ihr zu: "Trau dich, Tama, hier frisst dich niemand!"
Tama hörte seine Ruf und biss die Zähne zusammen. Er sah immer noch das kleine Kind in ihr. Sie straffte die Schultern und trat in den Ring. Mit einer eleganten Geste, die sie einmal in einem Film gesehen hatte, warf sie den Umhang ab. Ein Ah und Oh ging durch die Menge. Dann war es einen Moment ganz still, ehe Goku als erster applaudierte (er wollte, dass endlich die Kämpfe los gingen) und sogleich fielen alle Zuschauer ein. Niemand konnte leugnen, dass dieser Applaus noch viel stürmischer war als jener bei Ririka. Wer noch eine Blume hatte, warf sie, aber es waren natürlich nicht viele, da die meisten schon an Ririka gegangen waren. Dennoch klopfte Tamas Herz vor Glück. Niemand lachte sie aus und in den Gesichtern ringsum war ehrliche Bewunderung und keineswegs Mitleid zu lesen.
Janin Sunizir stand wie festgewurzelt immer noch an der gleichen Stelle und starrte die junge Frau im Ring an. "Wo habe ich nur meine Augen gehabt?", fragte er sich halblaut. "Die kleine Tama ..." "Sie ist längst nicht mehr klein", sagte ein junger Bursche neben ihm. "Das ist eine klasse Braut, wenn ich Glück habe, ist sie noch frei."
Dem Arzt war, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen. Dieser Trampel und seine, ja, seine zauberhafte Tama? Niemals. Er rückte seine Krawatte zurecht, die er zur Feier des Tages trug und schritt zum Ring. Seine Augen trafen jene Tamas und die goldenen Funken im stürmischen Grau fesselten ihn, sodass er sich am Riemen reißen musste, um eine Gratulation zu murmeln, während er ihr die Blumen entgegen hielt. Tamas Herz machte einen Luftsprung, als sie das begehrliche Funkeln in seinen Augen gewahrte. Jetzt endlich sah er nicht mehr das Kind in ihr. Sie beugte sich herab und nahm die Blumen an. Ihre Hände berührten sich und sie beide zuckten zurück, als sie die Spannung spürten, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte. "Du ... du bist erwachsen geworden", brachte er stockend heraus und lächelte sie an. Sie bekam rote Wangen und nickte, da sie ihrer Stimme nicht traute. Als sie alle Blumen aufgesammelt und den Ring verlassen hatte, wartete er bereits auf sie, um ihr den Strauß abzunehmen und sie ins Gasthaus zurück zu geleiten. Einige Junggesellen versuchten, sie anzusprechen und einzuladen, aber der Doktor funkelte jeden an, sodass diese eingeschüchtert zurück wichen.
"Kommen wir nun zum Höhepunkt des Festes", sagte der Bürgermeister und sogleich wandte sie die Aufmerksamkeit der Menge wieder dem Ring zu. "Zuerst möchte ich alle Teilnehmer bitten, sich vor dem Ring zu versammeln!"
Ein Wink und eine Schachtel mit einem Loch oben, sowie eine Tafel wurden herangeschafft. Oob stand auf und entledigte sich seiner feinen Kleider unter denen er einen braunen Kampfanzug trug. "Jetzt bin ich bald an der Reihe", sagte er aufgeregt. Seine Mutter, die sich inzwischen von ihrer "Niederlage" erholt hatte, freute es, dass Goku Oob väterlich die Hand auf die Schulter legte und ihm gut zusprach. "Du kennst doch alle von letztem Jahr noch", sagte Goku. "Du weißt, dass sie dir nicht das Wasser reichen können. Du musst nur drauf achten, dass du vor Aufregung keinem zu viele Knochen brichst und dass der Ring ganz bleibt."
"Ich passe auf, Goku", versprach Oob und lief nach vorn. Die kräftigsten Männer aus den umliegenden Dörfern traten nach vorn. Doch Gokus Aufmerksamkeit galt keinem der Dorfhelden, sondern einem Mönch, der sich mit gesenktem Kopf etwas abseits hielt. Goku erinnerte sich noch an ihn, das war Hanakir, jener Mönch, der in der Endrunde trotz aller Gegenwehr von Oob aus dem Ring befördert worden war. Er hatte sich verändert ... irgendwie. Gokus Nackenhaare stellten sich auf und es kribbelte in seinen Fingerspitzen. Sein Gespür für Kampfeskraft schlug noch nicht an, aber eine Vorahnung war da. Oob würde aufpassen müssen.
"Sind alle versammelt?", fragte der Bürgermeister und begann halblaut zu zählen. "Nein, ich gehöre auch dazu!", meldete sich eine helle Stimme. Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine schlanke, weibliche Gestalt vor den Männern. Sie trug einen hautengen nachtblauen Kampfanzug und eine Halbmaske verdeckte ihr Gesicht. Das schwere, blauschwarze Haar hing lose bis auf die Hüften herab und tanzte bei jeder Bewegung wie ein geheimnisvoller Schleier um ihre Schultern.
"Wer bist du denn?", fragte der Bürgermeister verdutzt. "Ich kann mich nicht an eine Frau auf der Liste erinnern." "Sieh ganz unten nach. Ich habe meine Bewerbung erst später eingereicht", sagte sie ruhig. Der Bürgermeister kniff die Augen zusammen und hob die Liste bis fast an die Nase, weil er aus Eitelkeit heute seine Lesebrille zuhause gelassen hatte. "Sochinchi?" "Genau. Das bin ich."
"He Mädchen!", rief ein besonders bulliger Typ. "Das ist kein Maskenball, geh nach Hause, bevor du dir weh tust!" Sochinchi erhob sich geschmeidig, trat an einen der Felsen heran, die überall auf der Wiese auch als Sitzplätze genutzt wurden und ließ ohne einen Kampfesruf oder sonstige Vorbereitungen ihre Handkante darauf sausen. Nicht nur einmal, sondern wieder und wieder. Es knackte, splitterte und staubte. Am Ende lag ein Haufen faustgroßer Steinbrocken anstelle des Felsens auf der Wiese. Die Zuschauer applaudierten und dem großmäuligen Muskelprotz standen dicke Schweißtropfen auf der Stirn. Gokus Augen begannen zu leuchten. Sah ganz so aus, als bekäme es Oob gleich mit zwei Gegenern zu tun, die ein Level über dem standen, was letztes Jahr geboten worden war. Das würde noch interessant werden.
Ende des vierten Teils
Ririka hielt ihren Blick auf Gokus Gesicht gerichtet. Sie wusste, was er sah... eine Frau, Ende zwanzig, in der vollsten Blüte ihrer Weiblichkeit. Ririka war nicht wenig stolz darauf, dass ihre Haut immer noch straff und ihre Figur genau an den richtigen Stellen gerundet war. Goku war ein Mann ... und als ein Mann würde er nehmen, was sie ihm so freizügig anbot.
Gokus Augen wanderten über ihren Hals, ihr Dekolleté bis zu ihrer üppigen Oberweite. Er schluckte und zwei rote Flecke bildeten sich auf seinen Wangen, rasch sah er wieder nach oben in ihr Gesicht mit den vollen Lippen, die so verheißungsvoll lächelten.
"Goku", sagte sie. Ihre Stimme klang rauchig und sein Pulsschlag beschleunigte sich. "Goku, ich bin nicht nur Oobs Mutter, ich bin auch eine Frau. Ich habe Wünsche, Sehnsüchte und ich will dich."
Ganz nahe trat sie an sein Bett und da er wie erstarrt da lag, nahm sie seine Regungslosigkeit als Zustimmung. Ihre Hand strich über seine Wange und streifte dann das Leintuch von seinem halb aufgerichteten Oberkörper. Er trug nur eine Hose und die Wärme seiner Muskeln prickelte unter ihren Fingerspitzen. Sie beugte ihr Gesicht zu ihm herab und hauchte dicht an seinem Ohr. "Lass es uns tun, hier und jetzt ... heute nacht und immer wieder."
Die tierischen Instinkte der Saiyajins flammten auf und mit seine geschärften Sinnens spürte er jede Berührung doppelt so intensiv. Ihr Gesicht war im Halbdunkel verborgen, doch ihre Haut schimmerte seidig, und sie roch gut .... Er hob eine Hand und berührte ihre Schulter ... und mit einem Schlag, war die Erinnerung da.
Er stand mit dem Rücken zur Türe am Fenster des Schlosses auf dem Bratpfannenberg. Der Mond hing als schmale Sichel zwischen den Sternen und sein ganzer Körper war erfüllt von einer Nervosität, die er vor keinem Kampf gekannt hatte.
Es knarrte leise, als die Türe vorsichtig aufgedrückt wurde und Chichi eintrat. Goku konnte ihr Spiegelbild im Fenster sehen. Sie trug einen weißen, bestickten Morgenrock und ihr Haar hing ihr offen bis fast zur Taille herab. Sie starrte auf seinen breiten Rücken und schluckte heftig. Ihre Hände hatte sie vor ihrer Brust in einander geschlungen und ein scheues Lächeln zitterte um ihren Mund.
"Goku", ihre Stimme klang kein bisschen so forsch und sicher, wie noch vor kurzem, als sie im Saal mit ihrem Vater und seinen Freunden gescherzt hatte. "Goku, wenn ... wenn es noch zu früh ist, dann gehe ich wieder. Ich ..." er konnte spüren, das sie sich zu diesen Worten zwang, "ich habe dich schließlich in diese Heirat gedrängt und wenn du mehr Zeit brauchst, wenn du ... mich nicht attraktiv findest, dann ..."
Vergessen war ihr forsches, besitzergreifendes Verhalten während der Verlobung. Der feuchte Glanz in ihren Augen sagte alles und Goku drehte sich rasch um. "Chichi ... es ist nicht, dass ich dich nicht mag oder so..." Auch er rang um Worte, doch seine Offenheit siegte. "Chichi ich kenne dich schon lange, aber wir haben ja noch nie ..." Er wurde knallrot, zwang sich aber, weiter zu sprechen. "Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll, was von mir erwartet wird."
Seine Offenheit half Chichi ein wenig, ihre Nervosität zu besiegen. Da sie in Vorbereitung auf diese Nacht mehr als einen Liebesroman verschlungen hatte, kam sie sich erfahrener vor und sicherer. Obwohl, Dichtung und reales Leben waren zwei verschiedene Paar Schuhe. Mit einem tiefen Atemzug kam sie näher. "Goku, ich denke nicht, dass dies hier etwas mit "sollen" und "Erwartungen erfüllen" zu tun hat. Für mich ist das genauso neu wie für dich und ich hoffe, wenn wir einfach tun, was wir möchten, dann wird es gut gehen." Nun war sie nur noch einen halben Schritt von ihm entfernt. "Es gibt etwas, das ich schon lange tun möchte, aber ich habe mich nie getraut."
"Und das wäre?", fragte Goku, immer noch ein bisschen nervös, aber auch neugierig. "Das hier..." Sie streckte die Hände aus und knöpfte sein Hemd auf, streifte es ab und bestaunte seine Muskeln. "Ich habe deine Stärke immer bewundert, Goku", sagte sie rau und vorsichtig legte sie eine Hand auf jene Stelle seiner Brust, wo sein Herz wie rasend schlug. "Ich wünsche mir so, dass du mich auch bewunderst, wenigstens ein bisschen..."
Wie von selbst fassten Gokus Hände nach ihren Schultern. Ein zitternder Atemzug und Chichis bebende Hände zerrten den Knoten des Gürtels auf. Die weiße Seide blieb an seiner rauhen Haut kleben und glitt von ihren Schultern, als die Händen an ihren Oberarmen abwärts bewegte. Seine Augen weiteten sich, als sie in pfirsichfarbener Wäsche vor ihm stand. Die teure Spitze war ein Geschenk von Bulma gewesen, und Chichi kam sich ein wenig verrucht darin vor. "Gefalle ich dir ... Goku?", fragte sie mit brennenden Wangen. "Wenigstens ein bisschen?"
Der Saiyajin konnte nur nickten, da er kein Wort mehr herausbrachte. Ihr Anblick, scheu und verlockend zugleich, brachte jenen Damm in ihm zum Einsturz, hinter dem seine männlichen Gefühle auf der Lauer gelegen hatten. Ehe er sich versah, hatte er Chichi zum Bett gedrängt.
Ihr wurde ein wenig mulmig zumute, angesichts das Feuers in seinem bisher so unsicheren, naiven Blick. Vorsichtig legte sie eine Hand auf seine heiße Haut und liebkoste seine Schultern, was er mit einem heftigen Atemzug quittierte und nach der Schnalle seines Gürtels griff. Mit wenigen Handgriffen entledigte er sich seiner Kleidung und legte sich zu ihr. Über sie gebeugt, zerrte er die Träger des BH von ihren Schultern. Ihre Unterlippe zitterte, doch sie zuckte nicht zurück. Das tiefe Vertrauen und die Liebe in ihrem Blick jedoch brachten ihn wieder soweit zur Vernunft, dass er sich nicht wie ein Tier auf sie stürzte. "Was kommt jetzt?", fragte er nach ein paar Augenblicken des Zögerns. "Ich fühle mich ... so gar nicht wie ich selbst. Am liebsten würde ich ... aber, aber ich will dir nicht weh tun mit meiner Kraft."
Chichi lächelte jenes Lächeln, das allen Frauen eigen ist, wenn sie sich ihrer Macht über den Geliebten bewusst werden. "Tu was du willst", flüsterte Chichi, zog seinen Kopf zu sich herab und küsste ihn mit aller Glut und Zärtlichkeit, so wie sie es sich erträumt hatte. "Ich möchte diese Nacht niemals vergessen ..."
...........................................
Genau an diesen Moment musste Goku jetzt denken, als er knapp davor war, seinen Instinkten freien Lauf zu lassen. Er wusste noch genau, wie sich Chichi in dieser Nacht angefühlt hatte, wie sie nach Vanille und Pfirsich geduftet hatte, wie heiß und schnell ihre beiden Herzen geschlagen hatten... Warum hatte er das alles vergessen? Vielleicht weil es weniger schmerzte, wenn man sich nicht genau erinnerte, was man verloren hatte... Chichi ...
Sanft schob er Ririka zurück. "Es tut mir leid..." Sie zuckte zusammen als hätte er sie geschlagen. Er wies sie ab? "Warum?", fragte sie und versuchte, den samtigen Ton in ihrer Stimme zu halten. "Ist es wegen Chichi?"
Goku nickte. "Ja, sie würde mir eines mit der Bratpfanne überziehen, wenn sie das hier sehen würde." Ririka schüttelte den Kopf. "Du begreifst es noch immer nicht, wie?" Mit einem tiefen Atemzug bückte sie sich und hob den Morgenmantel auf. "Du denkst immer noch, dass sie dich liebt, auf dich wartet und dich zurück haben will." Sie lachte und ihre Stimme war auf einmal viel heller und schärfer. " "Du kannst mir leid tun..." Mit bebenden Händen schlang sie den Gürtel um ihre Mitte und verknotete ihn. "Irgendwann...", sagte sie und starrte dabei an ihm vorbei aus dem Fenster, ohne jedoch den Mond oder die Sterne zu sehen, "irgendwann wirst du aufwachen und begreifen, dass du umsonst wartest, umsonst hoffst und dann wirst du in ein tiefes, tiefes schwarzes Loch fallen und ganz allein sein..."
Eine einsame Träne perlte über ihre blasse Wange und Goku begriff. "Du redest von Sammel, nicht wahr? Von Oobs Vater." Ein schwaches Lächeln stahl sich auf ihre bemalten Lippen. "Stimmt. Ich weiß, was es heißt, zu warten und zu warten ... umsonst zu warten..."
"Oob sagte, sein Vater sei in den Bergen verunglückt." "Ein Steinschlag hat ihn in den Tod gerissen. Genau vor meinen Augen. Ich sehe es immer noch vor mir, wie er mich zurückstößt und dann ... und dann..." Mehr und mehr Tränen begannen zu fließen und ihre Schultern bebten. Unbeholfen richtete sich Goku auf und legte seine Arme um sie. So hatte es Chichi bei Gohan immer gemacht, und es schien zu helfen. Das Schluchzen wurde leiser. "Danke." Sie machte sich von ihm los und rieb sich die roten Augen. "Es ist zwar schon über zehn Jahre her, aber ich vermisse ihn immer noch." Sie sog tief die Luft ein und schenkte ihm ein zitterndes Lächeln. "Du wärst Oob ein guter Vater. Der Junge braucht dich und ohne deine Auftritte wäre mein Gasthof vielleicht schon bankrott. Ich mag dich auch, Oob und ich, wir wären beide froh, wenn du für immer bei uns bleiben würdest. Denk darüber nach, bitte."
Damit drehte sie sich um und tappste genauso leise und vorsichtig hinaus, wie sie gekommen war. Goku ließ sich auf sein Kissen fallen und seufzte. Es war ja nicht so, dass er einen anderen Platz hätte, wo er hin wollte. Zumindest jetzt im Moment nicht. Frauen! Warum mussten sie immer alles so kompliziert machen? Es dauerte lange, bis er wieder einschlafen konnte.
.........................
Der Abt des Klosters des Zornigen Drachen schreckte aus dem Schlaf hoch, als der Boden unter seinem Bett zu zittern begann. "Ein Erdbeben?" Schlaftrunken kletterte er aus dem Bett und wankte auf dem unsicheren Boden zum Fenster. Nur mit Mühe gelang es ihm, das hohe, schmale Fenster zu öffnen und einen Blick nach draußen zu werfen. Seltsam, die alten Pinien, welche den Weg zum Kloster säumten, standen völlig ruhig.
"Herr Abt, Herr Abt!" Jemand hämmerte wie wild an seine Türe. Der alte, gebeugte Mann warf seine orange Kutte über und zog den Riegel zurück.
"Was ist da los?", fragte er. Noch ehe einer der Mönche, welche sich vor seiner Türe versammelt hatten, etwas sagen konnte, fegte ein unheilvoller Windstoß durch den Gang. Bleich und Grau im Gesicht, drängten sich die Mönche noch enger zusammen. Der Abt kniff die buschigen Brauen zusammen und seine dunklen Augen suchten im Halbdunkel des Ganges nach der Ursache dieser negativen Strömung, welche seinen Mönchen so zusetzte.
Eine hochgewachsene Gestalt schälte sich aus dem Schatten, ein dumpfroter Schimmer umgab ihn. "Hanakir?" Der Abt machte einen Schritt auf den jungen Mönch zu.
"Nein, geht nicht näher!" Einer der älteren Mönche hielt ihn zurück. "Das ist nicht mehr Hanakir..." Der Angesprochene legte den Kopf in den Nacken und lachte. Dem Abt lief es kalt über den Rücken. Das war nicht eine Stimme, das waren viele in einer ... und nicht eine davon war menschlich ..... "Wer oder was bist du?", verlangte er zu wissen und stellte sich vor seine Mönche. "Wer hat dich gerufen?"
"Der schwächliche Narr hat gedacht, UNS benutzen zu können", kam es aus Hanakirs Mund. "Doch nun werden WIR ihn benutzen bis WIR einen besseren Körper gefunden haben. Seine Erinnerung zeigte UNS, dass sich die Stärksten bald unweit von hier auf einem Turnier messen werden. Diese Gelegenheit, jenen Körper zu erlangen, mit dem WIR die Herrschaft über diese Welt dem schwächlichen Gott entreißen können, der über sie gebietet."
"Legion...", es war nicht klar, welcher der Mönche zuerst den gefürchteten Namen aussprach, aber sie alle wiederholten ihn flüsternd. "Legion..." Der, der ehemals Hanakir gewesen war, nickte mit breitem Grinsen. "Erkennt was ich bin, fürchtet mich und unterwerft euch mir!"
Die zitternden Mönche wichen weiter und weiter zurück. Einige umklammerten verzweifelt ihre Ketten mit den polierten, hölzernen Perlen, geflüsterte Gebete wurden laut und lauter. Der Abt selbst hatte sich breitbeinig vor dem Fleisch gewordenen Unheil aufgebaut und rezitierte mit hallender Stimme heilige Worte. Die Aura des alten Mannes begann schwach, golden zu leuchten je inniger die Mönche beteten desto stärker wurde das Licht, das sie bald alle umstrahlte.
Die Legion in Hanakirs Hülle stand spöttisch lächelnd vor ihnen und der verächtlich zuckender Mund bewies, was die Verkörperung es Bösen von dem letzten, verzweifelten Aufbäumen der Klosterbewohner hielt. Doch so lächerlich waren ihre Gebete nicht. Ausgehend vom Abt leckte eine Zunge goldenen Lichts über den Fußboden.
Hanakir hob den Fuß und wollte sie zertreten, doch kaum kam seine düstere Aura mit jener hellen in Berührung, sprühten zornige Funken und mit einem Schmerzenslaut sprang Hanakir zurück. "Ihr lächerlichen Würmer, ihr wagt es mir, der Legion der Finsternis Unbehagen zu bereiten." Er hob beide Hände und streckte die Handflächen der Gruppe der Betenden entgegen. "Dafür zertrete ich euch!" Ein breiter Lichtstrahl von der Farbe getrockneten Blutes zuckte auf die Mönche zu. Sie packten ihre Ketten fester, schlossen die Augen und beteten mit aller Kraft. Ihre vereinte Aura strahlte und der gierige Strahl prallte von dieser Wand aus Licht ab. Mit einem Schrei tiefster Wut, lenkte Hanakir den Strahl an die Decke und mit einem dumpfen Donnern brach das ganze Gewölbe in sich zusammen. War das Licht der Mönche auch ein Schutz gegen die finstere Macht an sich, so war es kein Schild, welcher Mauersteine und Balken aufzuhalten vermochte. Sie wurden allesamt unter Mörtel, Stein und Holz begraben und die Wolke aus Staub schluckte ihre verzweifelten Schmerzensschreie, die dann auch bald verstummten. Nur das Lachen der Legion hallte durch die Überreste des Klosters...
............................
"So, das wäre der letzte", seufzte Chichi und legte die Nadel mit dem Küchengarn zur Seite. Seit dem frühesten Morgen war sie mit ihren Helfern bei der Arbeit. Heute war endlich der große Tag. Jedes Kin und jeder Greis hatte eine Aufgabe zugeteilt bekommen. Dennoch blieb die Hauptarbeit an ihr hängen.
"Kann ich los?", fragte eines der Mädchen und sah hinauf zur Küchenuhr. "Ich muss mich noch für die Modenschau herrichten."
"Als ob du viel Chancen hättest", spöttelte ein anderes. "Wenn Ririka wieder in einem ihrer teuren Fummel auftaucht siehst du daneben wie eine Vogelscheuche aus." Die anderen lachten und die Angesprochene streckte ihnen die Zunge heraus. "Als ob ihr bessere Chancen hättet. Schon die Jahre zuvor hat Ririka immer und immer wieder den meisten Applaus und die meisten Blumen bekommen. Es ist einfach sinnlos, gegen sie antreten zu wollen." Die anderen Frauen nickten. "Also, ich will trotzdem mitmachen, auch wenn ich gegen Ririka wie ein Mauerblümchen wirke. Man hat sonst kaum Gelegenheit, mal ein richtig schönes Kleid zu tragen und sich nobel herzurichten."
Da war was dran und so wehrte es ihr niemand, als sie die Hände wusch und die Küche verließ. "Wie ist es mit dir, Chichi?", fragte Tama und sah sie an. "Du bist die hübscheste hier und du hättest sicher eine Chance."
"Genau!", hieb eine andere Frau in die gleiche Kerbe. "So was hübsches wie dich, hatte unser Dorf schon lange nicht mehr. Du solltest die Männer mal reden hören. Du hast nicht nur dem Doktor den Kopf verdreht."
"Dem Doktor?" Chichi sah erstaunt hoch und fing dabei Tamas Blick auf. Ihr entging auch nicht der Schatten, der trotz des Lächelns über das Gesicht der jungen Frau glitt. Aha. So standen die Dinge also. "Ich finde, dass ihr lieber Tama gut zureden solltet. Immerhin ist sie eine aus diesem Dorf und außerdem nicht weniger hübsch als Ririka."
"Ich?" Tama wurde knallrot im Gesicht. "Aber ich ..." "Doch, da hat Chichi nicht unrecht", sagte die eine Frau entschieden. "Wir haben ganz vergessen, dass aus dem Küken ein Schwan geworden ist." "Aber ich habe doch nichts anzuziehen... und meine Haare...." Tama wehrte sich so gut sie konnte. "Das mit dem Kleid überlass nur mir", machte Chichi der Diskussion ein Ende. "Ihr kommt hier soweit ohne mich zurecht, oder?"
Die Helferinnen nickten. "Aber klar doch, ist ja alles vorbereitet." "Und ich sorge für den Rest", erklang Sumiras Stimme vom Eingang her. "Auf der Festwiese sind wir so gut wie fertig mit den Aufbauten. Mein Mann wacht über das Buffet, damit keiner der Dorfleute heimlich nascht."
Chichi bedankte sich und packte die noch immer widerstrebende Tama bei der Hand. "Wenn du deinem Doktor zeigen willst, dass du eine Frau und kein Kind mehr bist", sagte sie halblaut zu ihr, dann must du mithelfen." Sogleich sträubte sich Tama viel weniger und als sie vor Chichis Zimmer angekommen waren und diese sich zu ihr umdrehte, griff Tama nach Chichis Hand.
"Chichi, denkst du wirklich ... er ... er wird mich endlich sehen, richtig ansehen?" Sie fasste nach ihrem dicken Zopf und der unsichere Blick in ihren hellgrauen Augen rief in Chichi mütterliche Gefühle wach. "Und ob!", bekräftigte Chichi, schloss ihre Zimmertüre auf und schubste Tama hinein. "Erst einmal wirst du dich duschen und dir die Haare waschen. Ich schaue in der Zwischenzeit durch, was ich an Kleidern habe und wenn du fertig bist, verpasse ich dir einen neuen Schnitt."
Eine gute halbe Stunde später trafen sich graue und dunkle Augen im Spiegel. "Hast du sowas schon öfter gemacht?", fragte Tama zweifelnd, als Chichi entschlossen die Schere zückte und eine der nassen Braunen Strähnen zwischen die Finger klemmte. "Ich habe zwei Söhne und wir hatten nie viel Geld", sagte Chichi mit einem ermutigendem Lächeln, "also bin ich ihre Friseuse gewesen."
"Aha...", Tama klang nicht sonderlich überzeugt, aber die Ältere ließ ihr keine Zeit, sich weitere Gedanken zu machen. Eine Strähne nach der anderen musste dran glauben und unter Tamas besorgten Blicken häuften sich die braunen Spitzen auf dem Fußboden. Endlich, es schien eine Ewigkeit gedauert zu haben, trat Chichi einen Schritt zurück und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. "Das hätten wir", sagte sie und legte die Schere zur Seite, um nach Bürste und Föhn zu greifen. "Jetzt noch der letzte Schliff."
Tama starrte in den Spiegel ohne mehr wahrzunehmen, als ihr etwas blasses Gesicht mit den übergroßen, grauen Augen. Weitere Minuten verstrichen, dann verstummte das Summen des Föhns. "Jetzt schau dich an!", forderte Chichi und ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Mit einem tiefen Atemzug, hob Tama den Blick , wich etwas vom Spiegel zurück, um sich mit mehr Distanz zu sehen und schluckte. "Das ... das bin ich?" Sie hob die Hand und die junge Frau im Spiegel mit den etwas mehr als Schulterlangen, weich fallenden braunen Locken tat dasselbe.
"Nächster Schritt ist das Kleid", sagte Chichi und verbarg nur ungenügend ihre Genugtuung und Freude über Tamas Staunen. Als sie den Kleiderschrank öffnete, fiel gleich ihr erster Blick auf jenes Kleid, das sie sich in einem Anfall von überschäumender Freude über ihre neue Jugend gekauft hatte. Nicht dass es ihr normaler Stil war, aber es hatte ihr einfach gefallen. Ein etwas trauriges Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie das Kleid herausnahm und Tama unters Kinn hielt. "Wir haben die gleiche Größe, es wird dir stehen."
"Aber...aber...", Tamas Hand strich über die honiggoldene Seide. "Das ist bestimmt irre teuer gewesen, wenn es schmutzig wird oder einen Riss bekommt..." "Dann wird es gereinigt und genäht", sagte Chichi mit ihrem Sinn fürs Praktische. "Ich hoffe nur, dass dir auch die Schuhe passen."
Eine gute halbe Stunde später, längst hatten sich am Fuß der Treppe alle versammelt, die gerade nichts zu tun hatten, ging die Zimmertüre auf und Chichi trat heraus, eine wunderschöne Tama an der Hand führend. "Jetzt zier dich nicht so!"
Ein Raunen ging durch die Gruppe und Sumira wischte sich ein paar Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln. Eilends brachte sie einen weit fallenden, grauen Umhang mit Kapuze, der das Kleid und die Frisur bis zum großen Auftritt schützen würde. Zufrieden übergab Chichi Tama der Obhut ihrer Mutter und lief zurück ins Zimmer um sich für ihre eigene Aufgabe zurecht zu machen.
Auf der Wiese rings um den Ring herrschte bereits ein dichtes Gedränge, die Gäste warteten auf die Modenschau, die ihnen wie jedes Jahr das Warten auf das eigentliche Turnier verkürzen würde. Wetten wurden abgeschlossen, wer wohl dieses Jahr die meisten Blumen und den meisten Applaus bekommen würde.
"Du bist bestimmt die allerschönste", sagte Oob und sah seine Mutter bewundernd an. Ririka strich den Rock ihres dunkelblauen Kleides glatt und lächelte. "Danke, mein Sohn, aber es sind jede Menge hübscher Mädchen da, die viel jünger sind als ich. Bestimmt bin ich nicht die schönste von allen..." Bei diesen Worten schielte sie zu Goku hinüber, der nur ein paar Schritte entfernt an seiner Krawatte zerrte. Am liebsten wäre er wie immer in seinem Kampfanzug gekommen, aber Ririka hatte ihn so lange gedrängt bis er sich widerstrebend in den Anzug und das Hemd hatte zwängen lassen, das sie für ihn besorgt hatte.
Da er für dererlei Dinge keinen Blick hatte, fiel ihm nicht auf, dass die Farbe seines Anzuges genau dieselbe war wie die des Kleides und dass Oob denselben Anzug ein paar Größen kleiner trug. Auf jeden Fremden machten die drei auf den ersten Blick das perfekte Bild einer harmonischen Familie. Zu Ririkas Leidwesen schien Goku ihr sorgfältig gemachtes Äußeres nicht wahrzunehmen. Sein Blick wanderte in freundlicher Gleichgültigkeit über ihre glänzenden Haare, die bemalten Lippen und mit Rouge betonten Wangenknochen. "Du siehst nett aus", sagte er und Ririka packte den Griff ihres Sonnenschirmes fester. Sie hatte Stunden damit zugebracht, sich auf das Vorteilhafteste zu stylen alles, was er dazu zu sagen hatte, war "nett".
"Mama, sieht aus, als ob es gleich mal anfängt. Du solltest zu den anderen gehen", drängte Oob. Son Goku nickte dazu. "Je schneller das erledigt ist, desto schneller können die Kämpfe beginnen." "Schon gut", zischte frustriert und spannte ihren Schirm auf. Ein tiefer Atemzug und mit königlichem Lächeln schritt sie über den Rasen zur Schlange der wartenden Mädchen hinüber. Die vorwiegend männlichen Zuschauer, die sich bereits um den Ring geschart hatten, wichen bereitwillig zurück, als Goku und Oob sich näherten, sodass diese beiden problemlos einen Platz in der vordersten Reihe bekamen.
Da es offiziell nur eine Modenschau war, gab es keine Reihung und keine Preise. Dennoch war die vergangenen Jahre hindurch immer klar gewesen, dass im Falle einer Reihung die Krone stets Ririka auf die Haare hätte gedrückt werden müssen.
Ririkas Blick streifte ihre Konkurrenz und sie lächelte nicht unzufrieden. Ja, ein paar der jungen Dinger hatten sich im vergangenen Jahr gemausert und die eine oder andere sah nicht unvorteilhaft aus. Dennoch waren die Kleider meist altmodisch, die Sommersprossen zu dicht, die Nase zu groß oder die Haare zu stumpf, kurzum, es gab niemanden, der ihr den Rang ablaufen konnte. Soeben kam die wohl letzte Teilnehmerin herbei geeilt, ach Gott, das Kind litt offenbar unter Schüchternheit so wie sie Gesicht und Kleid unter Umhang und Kapuze verbarg. Hoffentlich wurde das arme Ding nicht ausgebuht.
"Nur nicht nervös sein, Kleine", sagte Ririka gönnerhaft halblaut zu ihr. "Es soll doch alles nur ein Spaß für die Zuschauer sein und auch für uns." Ein flüchtiges Lächeln blitzte im Schatten der Kapuze und Ririka musste sich anstrengen, um das leise geflüsterte "Vielen Dank", zu hören.
Soeben trat der Bürgermeister in den Ring, räusperte sich und bat um Ruhe. Als er ein Büschel eng beschriebener Blätter aus der Tasche zog und tief Luft holte, gähnte Goku unverhohlen in Erwartung einer tödlich langweiligen Rede. Der Bürgermeister erinnerte sich noch an die Kraftdemonstration beim Aufbau des Rings und disponierte rasch um. Die Rede würde er in der Gemeindeversammlung zum Besten geben, hier war kurz und knapp gefragt und so danke er lediglich allen fürs Kommen, erklärte das Fest für eröffnet und bat um die Teilnehmerliste für die Modenschau.
Namen um Namen las er laut vor, die jungen Damen traten in den Ring, spazierten ringsum, drehten sich und knicksten zum Abschluss. Die Männer klatschten freundlich und ab und zu rief einer ein Kompliment oder warf eine Blume. Erst als Ririka an der Reihe war, kam Bewegung ins Publikum. Der Applaus übertraf die vorigen um das Dreifache. Sonnig lächelnd stand Ririka im Blumenregen, der auf sie herab prasselte, denn fast jeder, der noch eine Blume in der Hand hielt, warf sie ihr zu. Oob stellte sich auf seine Sitz, um die gelbe Rose, die er extra dafür mitgenommen hatte zu den anderen zu werfen. Er musste Goku erst anstoßen, ehe dieser die rote Rose, die Ririka ihm gegeben hatte, Oobs Blume hinterher warf. Es dauerte eine Weile ehe alle Blumen aufgesammelt worden waren, drei Arm voll wurden in einen großen Korb gelegt und Ririka überreicht, die ihn hoheitsvoll ihrem Sohn zum Tragen übergab.
Doktor Sunizir, der auch die ganze Zeit unter den Zuschauern gesessen war, hatte einen ganzen Strauß gelber Margeriten mitgebracht und jedem Mädchen eine davon zugeworfen. Natürlich hatte er Ririka auch mit einer bedacht. Nun besah er sich die fünf Blüten, die noch übrig waren und überelgte, was er wohl mit den restlichen anfangen sollte.
"Als letzte Teilnehmerin der Modenschau bitten wir nun Tama, die Tochter von Sumira und Jeney in den Ring", sagte der Bürgermeister laut und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sunizir horchte auf. Tama mache mit? Erst jetzt schenkte er der Gestalt im Umhang einen genaueren Blick. Die ärmste starb ja offensichtlich vor Verlegenheit. Mit einem nachsichtigen Lächeln rief er ihr zu: "Trau dich, Tama, hier frisst dich niemand!"
Tama hörte seine Ruf und biss die Zähne zusammen. Er sah immer noch das kleine Kind in ihr. Sie straffte die Schultern und trat in den Ring. Mit einer eleganten Geste, die sie einmal in einem Film gesehen hatte, warf sie den Umhang ab. Ein Ah und Oh ging durch die Menge. Dann war es einen Moment ganz still, ehe Goku als erster applaudierte (er wollte, dass endlich die Kämpfe los gingen) und sogleich fielen alle Zuschauer ein. Niemand konnte leugnen, dass dieser Applaus noch viel stürmischer war als jener bei Ririka. Wer noch eine Blume hatte, warf sie, aber es waren natürlich nicht viele, da die meisten schon an Ririka gegangen waren. Dennoch klopfte Tamas Herz vor Glück. Niemand lachte sie aus und in den Gesichtern ringsum war ehrliche Bewunderung und keineswegs Mitleid zu lesen.
Janin Sunizir stand wie festgewurzelt immer noch an der gleichen Stelle und starrte die junge Frau im Ring an. "Wo habe ich nur meine Augen gehabt?", fragte er sich halblaut. "Die kleine Tama ..." "Sie ist längst nicht mehr klein", sagte ein junger Bursche neben ihm. "Das ist eine klasse Braut, wenn ich Glück habe, ist sie noch frei."
Dem Arzt war, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen. Dieser Trampel und seine, ja, seine zauberhafte Tama? Niemals. Er rückte seine Krawatte zurecht, die er zur Feier des Tages trug und schritt zum Ring. Seine Augen trafen jene Tamas und die goldenen Funken im stürmischen Grau fesselten ihn, sodass er sich am Riemen reißen musste, um eine Gratulation zu murmeln, während er ihr die Blumen entgegen hielt. Tamas Herz machte einen Luftsprung, als sie das begehrliche Funkeln in seinen Augen gewahrte. Jetzt endlich sah er nicht mehr das Kind in ihr. Sie beugte sich herab und nahm die Blumen an. Ihre Hände berührten sich und sie beide zuckten zurück, als sie die Spannung spürten, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte. "Du ... du bist erwachsen geworden", brachte er stockend heraus und lächelte sie an. Sie bekam rote Wangen und nickte, da sie ihrer Stimme nicht traute. Als sie alle Blumen aufgesammelt und den Ring verlassen hatte, wartete er bereits auf sie, um ihr den Strauß abzunehmen und sie ins Gasthaus zurück zu geleiten. Einige Junggesellen versuchten, sie anzusprechen und einzuladen, aber der Doktor funkelte jeden an, sodass diese eingeschüchtert zurück wichen.
"Kommen wir nun zum Höhepunkt des Festes", sagte der Bürgermeister und sogleich wandte sie die Aufmerksamkeit der Menge wieder dem Ring zu. "Zuerst möchte ich alle Teilnehmer bitten, sich vor dem Ring zu versammeln!"
Ein Wink und eine Schachtel mit einem Loch oben, sowie eine Tafel wurden herangeschafft. Oob stand auf und entledigte sich seiner feinen Kleider unter denen er einen braunen Kampfanzug trug. "Jetzt bin ich bald an der Reihe", sagte er aufgeregt. Seine Mutter, die sich inzwischen von ihrer "Niederlage" erholt hatte, freute es, dass Goku Oob väterlich die Hand auf die Schulter legte und ihm gut zusprach. "Du kennst doch alle von letztem Jahr noch", sagte Goku. "Du weißt, dass sie dir nicht das Wasser reichen können. Du musst nur drauf achten, dass du vor Aufregung keinem zu viele Knochen brichst und dass der Ring ganz bleibt."
"Ich passe auf, Goku", versprach Oob und lief nach vorn. Die kräftigsten Männer aus den umliegenden Dörfern traten nach vorn. Doch Gokus Aufmerksamkeit galt keinem der Dorfhelden, sondern einem Mönch, der sich mit gesenktem Kopf etwas abseits hielt. Goku erinnerte sich noch an ihn, das war Hanakir, jener Mönch, der in der Endrunde trotz aller Gegenwehr von Oob aus dem Ring befördert worden war. Er hatte sich verändert ... irgendwie. Gokus Nackenhaare stellten sich auf und es kribbelte in seinen Fingerspitzen. Sein Gespür für Kampfeskraft schlug noch nicht an, aber eine Vorahnung war da. Oob würde aufpassen müssen.
"Sind alle versammelt?", fragte der Bürgermeister und begann halblaut zu zählen. "Nein, ich gehöre auch dazu!", meldete sich eine helle Stimme. Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine schlanke, weibliche Gestalt vor den Männern. Sie trug einen hautengen nachtblauen Kampfanzug und eine Halbmaske verdeckte ihr Gesicht. Das schwere, blauschwarze Haar hing lose bis auf die Hüften herab und tanzte bei jeder Bewegung wie ein geheimnisvoller Schleier um ihre Schultern.
"Wer bist du denn?", fragte der Bürgermeister verdutzt. "Ich kann mich nicht an eine Frau auf der Liste erinnern." "Sieh ganz unten nach. Ich habe meine Bewerbung erst später eingereicht", sagte sie ruhig. Der Bürgermeister kniff die Augen zusammen und hob die Liste bis fast an die Nase, weil er aus Eitelkeit heute seine Lesebrille zuhause gelassen hatte. "Sochinchi?" "Genau. Das bin ich."
"He Mädchen!", rief ein besonders bulliger Typ. "Das ist kein Maskenball, geh nach Hause, bevor du dir weh tust!" Sochinchi erhob sich geschmeidig, trat an einen der Felsen heran, die überall auf der Wiese auch als Sitzplätze genutzt wurden und ließ ohne einen Kampfesruf oder sonstige Vorbereitungen ihre Handkante darauf sausen. Nicht nur einmal, sondern wieder und wieder. Es knackte, splitterte und staubte. Am Ende lag ein Haufen faustgroßer Steinbrocken anstelle des Felsens auf der Wiese. Die Zuschauer applaudierten und dem großmäuligen Muskelprotz standen dicke Schweißtropfen auf der Stirn. Gokus Augen begannen zu leuchten. Sah ganz so aus, als bekäme es Oob gleich mit zwei Gegenern zu tun, die ein Level über dem standen, was letztes Jahr geboten worden war. Das würde noch interessant werden.
Ende des vierten Teils
