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Heilung?
Aragorn war sofort bei ihr gewesen, und sie hatte sich schnell wieder gefangen und mit Entsetzen das Geschehen um Legolas verfolgt.
Noch immer spürte sie die Energie, mit der Molari sie niedergestreckt hatte, doch sie war froh, sich ihr entgegengestellt zu haben. Denn schließlich hatte es ja dazu geführt, daß Thranduil ihnen nun doch Glauben schenkte.
Langsam stand sie auf. Der König der Waldelben hatte sich wieder auf seinen Platz gesetzt und starrte gedankenverloren vor sich hin. Auch die anderen setzten sich jetzt wieder und warfen einander fragende Blicke zu.
Wer bitte ist Molari? hörte sie Pippin leise fragen.
Keine Ahnung. flüsterte Merry, aber wir werden es sicher gleich erfahren. Er deutete auf Thranduil, der sich jetzt aufrichtete und Aragorn zuwandte.
Verzeiht mir, daß ich Euch nicht geglaubt habe. sagte er entschuldigend, Doch ich hatte wirklich nichts bemerkt. Er sah zu Arwen. Er hat sich völlig normal verhalten.
Arwen nickte. Das war ja auch ihr Ziel. Sie wollte seinen Einfluß auf Euch nutzen, um Euch langsam von ihren Plänen zu überzeugen. Doch das ist nun gescheitert.
Thranduil verzog mismutig den Mund. Auf Kosten von Legolas. Er sah zur Tür, durch die die Wachen seinen Sohn weggebracht hatten.
Was wollt Ihr jetzt mit ihm tun?
Ich weiß es nicht. Er sah wieder zu Arwen. Molari hat ihn noch immer unter ihrer Kontrolle. Das müssen wir beenden.
Thranduil hob seinen Stab und betrachtete ihn nachdenklich. Ich werde sie aus ihm vertreiben. Sie darf keine Sekunde länger in ihm verweilen. Er sah zu Aragorn. Molari war eine Dienerin Melkors. Sie kennt jede Mixtur und jedes Mittel, um den Geist eines Elben gefangenzuhalten oder zu vernichten. Und je länger sie seinen Körper beherrscht, desto weniger Hoffnung bleibt, daß er selbst ihn wieder übernehmen kann. Wenn er überhaupt noch dazu in der Lage ist.
Aragorn nickte bedächtig. Wie wollt Ihr sie aus ihm vertreiben?
Es gibt ein Elexir, eine Droge, die genau das bewirkt, was Molari Legolas scheinbar angetan hat: Völliger Verlust des eigenen Willens. Und dazu gibt es ein Gegenmittel. Allerdings hat es noch niemand ausprobiert.
Arwen spürte den Zwispalt, in dem sich Thranduil befand. Auch sie wußte, daß es ein fast aussichtsloses Unterfangen war, zumal sie, seit sie Legolas hier wiedergesehen hatte, keinerlei Anzeichen von seinem eigenen Ich gespürt hatte. Es schien nicht mehr existent zu sein.
Es könnte sein Ende bedeuten. sagte sie leise.
Ich weiß. sagte der König. Doch das muß ich riskieren. Es gibt keine andere Möglichkeit. Denn auch die dicksten Gitter im Kerker werden Molari nicht lange davon abhalten können, ihre dunklen Pläne weiter zu verfolgen. Wir dürfen keine Zeit verlieren.
***
Aragorn hatte erwartungsvoll mitangesehen, wie Thranduil seine Vorkehrungen getroffen hatte. Er wußte, daß es ihm nicht leichtfiel, seinen eigenen Sohn einer solchen Prozedur zu unterziehen, doch keiner von ihnen hätte es gewagt, ihn davon abzubringen. Sie alle wußten, daß es der einzige Weg war, um Legolas helfen zu können. Entweder war es seine Rettung oder sein Tod.
Ein Blick zu den anderen zeigte ihm, daß auch sie um die möglichen Konsequenzen dieses Vorhabens wußten. In den Augen der Frauen standen Tränen, und die Hobbits standen dicht beieinander, sich gegenseitig Halt gebend. Und auch er fühlte sich matt und hilflos. Er mußte in die Kräfte von Thranduil vertrauen, darin, daß er seinen Sohn von Molari befreien und ihn gleichzeitig vor ihrer Rache schützen konnte. Denn wenn sie ging, was würde sie davon abhalten, Legolas mit in den Tod zu nehmen? Doch würde sie überhaupt zerstört werden oder nur aus seinem Körper vertrieben? Er wußte es nicht, und er zweifelte, ob Thranduil das wußte.
Der König hatte alles vorbereitet. Niemand hatte den Kerker betreten dürfen, seit die Wachen Legolas dorthingebracht und eingeschlossen hatten. Und jetzt standen sie vor den Türen und sahen zweifelnd auf die Wunderwaffe, die Thranduil in diesem Moment auf den Boden stellte. Es war eine große Kugel aus Metall, in eine Art Gestell gehängt, an ihrer Oberseite eine kleine Einkerbung, in der sich eine ölige Flüssigkeit befand.
Das wird ihn erstmal beruhigen. erklärte Thranduil. Denn er wird sich sicher nicht freiwillig der Behandlung unterziehen. Öffnet die Türen.
Die Wachen schoben die schweren Holztüren nach außen und mit einer schnellen Bewegung stellte Thranduil die Metallkugel ins Innere des Kerkers. Dann zündete er mit einer Kerze die Flüssigkeit in der Einkerbung an und kam wieder zurück. Schnell, schließt die Türen. befahl er hastig.
Und dann hörten sie es. Aragorn hatte seine Zweifel gehabt, ob es nötig war, Legolas zu betäuben, doch die Geräusche, die in diesem Moment durch die schweren Türen an ihre Ohren drangen, schienen die Maßnahmen des Königs zu rechtfertigen. Legolas schien da drinnen regelrecht zu toben! Seine Schreie drangen bis zu ihnen nach außen, und gelegentlich konnten sie Wortfetzen seiner Flüche und Verwünschungen verstehen.
Es wird ihm nichts nützen. sagte Thranduil ruhig. In ein paar Minuten wirkt das Öl.
Aragorn sah besorgt zu Taina und Arwen. Sie stützten sich jetzt gegenseitig, und bei jedem Laut von Legolas zuckten sie erneut zusammen.
Er wird es schaffen. sagte er leise, doch seine Stimme klang längst nicht so zuversichtlich wie er beabsichtigt hatte.
Ich hoffe, sie tut ihm nichts an. flüsterte Arwen, und damit sprach sie das aus, was sie alle insgeheim fürchteten.
Nun, wir werden es gleich wissen. Thranduil deutete den Wachen, die Türen wieder zu öffnen, denn die Geräusche im Innern des Kerkers waren verstummt.
Sie traten ein und sahen Legolas, der hinter dicken Eisenstäben in der Ecke an die Wand gelehnt saß. Seine Arme hingen schlaff neben seinem Körper herab, doch sein Gesicht war zu einer höhnischen Fratze verzerrt..
Nun, Vater', ist das alles, was du zu bieten hast? keuchte er hämisch. Ein bißchen Rauch? Ich bin immernoch hier.
Ich weiß. Thranduil ging langsam auf die Gitter zu und öffnete sie an der dafür vorgesehenen Stelle. Sofort waren zwei Wachen neben ihm, die mit gezückten Dolchen auf Legolas zugingen.
Seid vorsichtig. ermahnte sie der König. Verletzt ihn nur, wenn es nicht anders geht.
Sie nickten und ließen Legolas keine Sekunde aus den Augen, während sie sich ihm weiter näherten.
Auch Aragorn ging hinter Thranduil her und beobachtete jede Regung des Elben, der kraftlos am Boden saß. Er rechnete jederzeit damit, daß er aufspringen und auf die Wachen oder seinen Vater losgehen würde, auch wenn es ihm eigentlich nicht möglich sein durfte. Die Luft roch nach Rauch, und der Geruch des Öls hinterließ ein Stechen in Aragorn's Nase. Auch ihm wurde jetzt ein wenig mulmig, und er versuchte, sich auf das Geschehen vor sich zu konzentrieren, um nicht auch in diesen passiven Zustand zu fallen.
Thranduil stand jetzt direkt vor seinem Sohn. Er sah zu, wie die Wachen seine Hände hoben und ihn unsanft zum Stehen hochzogen. Legolas ließ es geschehen, ohne sich zu wehren. Er ließ seinen Blick über jeden der Anwesenden gleiten, und Aragorn spürte, daß noch immer genügend Kraft von Molari in ihm war, um es mit ihnen aufzunehmen. Unwillkürlich spannte er sich an.
Legt ihn auf den Tisch. wies Thranduil die Wachen an. Und bindet ihn fest.
Muß das sein? hörte er Arwen's Stimme, doch Thranduil blieb hart.
Ihr werdet gleich sehen, warum.
Die Wachen zerrten Legolas zum Tisch, der in der Mitte des Raumes stand. Inzwischen hatte er ihre Absicht erkannt und fing nun doch an, sich zu wehren. Zum Glück der Wachen war er durch die Wirkung des Rauches zu nicht allzuviel Gegenwehr in der Lage. Doch gerade als sie ihn hinlegen wollten, stieß er einen der Elben mit einem kräftigen Tritt von sich und hatte so plötzlich eine Hand frei. Damit griff er nach dem Dolch des anderen Elben, doch Aragorn war schneller. Mit einer entschlossenen Bewegung drückte er Legolas' Hand nach unten, und die Wache nutzte die Gelegenheit, um die Hand mit einer Eisenkette am Tisch zu befestigen.
Ihr werdet büßen. keuchte er in einem letzten Aufbäumen, doch auch seine andere Hand war längst festgebunden.
Nein, Molari, du wirst büßen. Thranduil ging näher an Legolas heran und sah auf ihn herab. Dann zog er langsam etwas von hinter seinem Rücken hervor, dessen Anblick das Entsetzen in Legolas' Augen trieb.
Das ist der Moment des Abschiedes. verkündete der König kalt. Du wirst uns jetzt verlassen, Molari. Damit brachte er die Spritze dichter an Legolas' Arm.
Wenn du das tust, wird dein Sohn sterben. zischte Legolas, und einen kurzen Augenblick lang konnte Aragorn einen flehenden Ausdruck in den Augen des Elben sehen. Thranduil schien es auch zu sehen, denn er zögerte.
Achtet nicht darauf. drängte Aragorn. Das ist ein Trick. Wenn Legolas da noch irgendwo wäre, hätte er es Euch längst wissen lassen.
Ihr habt recht. Thranduil zwang sich, seine Augen von dem Gesicht seines Sohnes zu nehmen und führte die Nadel zu ihrem Bestimmungsort. Haltet ihn fest.
Der Einstich war kurz, und die beiden Wachen und Aragorn mußten Legolas festhalten, damit er den Arm nicht im letzten Moment wieder wegziehen konnte. Doch kaum hatte die durchsichtige Flüssigkeit die Spritze verlassen, hörte seine Gegenwehr auf und sein Körper sank kraftlos nach hinten auf die kalte Steinplatte.
sagte Thranduil leise. Das ist gut. Er beobachtete, wie sich der Körper seines Sohnes langsam entspannte, dann drehte er sich um und sah die anderen an.
Jetzt können wir nur noch warten und hoffen.
***
Taina hatte die letzten Minuten fassungslos zugesehen, wie Thranduil die Flüssigkeit in Legolas' Arm gespritzt hatte und nun auf eine Reaktion seines Sohnes wartete. Sie hatte nicht gewagt, näher heranzugehen, doch auch von ihrem Standort hinter dem König konnte sie sehen, daß sich Legolas seit Minuten nicht mehr bewegt hatte. Er lag mit geschlossenen Augen da und die einzige Bewegung war die seines Brustkorbes, der sich langsam hob und senkte.
Sie wußte nicht, ob das ein gutes Zeichen war, doch die Miene des Königs verriet ihr, daß er darauf wartete, daß Legolas wieder aufwachte. Doch es tat sich nichts. Die Zeit verging, und noch immer verharrten sie neben dem reglosen Elben, sahen gebannt auf ihn herab, in der Hoffnung, daß er irgendwann seine Augen öffnen würde.
Warum tut sich nichts? murmelte Thranduil vor sich hin. Er müßte jetzt gereinigt sein. Warum erwacht er nicht? Er hob seine Hand und kontrollierte den Puls seines Sohnes, dann drehte er sich um und sah Arwen fragend an.
Auch Taina drehte sich zu der Elbin um. Sie stand mit gesenktem Kopf da, dann hob sie den Blick und sah Thranduil an. Es gibt nur eine Erklärung dafür. sagte sie leise. Wenn Molari seinen Körper verlassen hat, und er ihn nicht wieder selbst in Besitz nimmt, heißt das, daß er es nicht kann. Sie sah zu Taina, zu Aragorn und dann wieder zu Thranduil.
Er kann es nicht? Warum? Die Stimme des Königs war ein heiseres Flüstern. Er, der mächtige König der Waldelben, war ratlos. wiederholte er.
Weil nichts mehr von ihm übrig ist. Arwen bahnte sich ihren Weg an Thranduil vorbei, hob ihre Hand und legte sie auf Legolas' Stirn. Hier ist nichts, was die Kontrolle wieder übernehmen könnte. erklärte sie traurig. Sie hat seinen Geist vernichtet.
Vernichtet. Das Wort hallte unbarmherzig in Taina's Kopf nach. Legolas vernichtet. Sie spürte eine kalte Hand, die sich unnachgiebig um ihr Herz schloß und ihr die Luft zum Atmen nahm. Sie wollte es nicht wahrhaben. Doch sobald sie wieder zu ihm hinübersah, sah sie Arwen's Worte bestätigt. Es war nichts mehr von ihm übrig. Nur noch eine leblose Hülle.
Das kann nicht sein. brachte sie erstickt hervor. Wir müssen einfach nur warten. Er wird schon wieder aufwachen. Er wird...
Arwen schüttelte den Kopf. Es ist vorbei.
Sie starrte die Elbin entsetzt an. Nein. Nein, nein, nein. Nein! Sie wollte schreien, wollte Arwen klarmachen, daß sie ihn noch nicht aufgeben sollte, doch sie stand nur da und fühlte, wie ihre Tränen unaufhaltsam über ihre Wangen liefen.
Arwen legte ihre Arme um sie und hielt sie fest. Wir müssen jetzt stark sein.
Wir müssen... Was? Taina konnte es nicht fassen. Wie konnte Arwen davon sprechen, stark zu sein? Wie konnten alle hier so dastehen, wo es doch keine Hoffnung mehr gab? Stark sein? Sie wollte nicht stark sein! Sie wollte nicht zusehen, wie er den Rest seines Lebens auf diesem Tisch liegen würde in diesem... Kerker!
Sie riß sich los und rannte hinaus. Sie stürmte die Treppen hoch und die Gänge entlang, in die Richtung, aus der sie gekommen war. Ziellos rannte sie durch steinige Gänge, vorbei an irritiert dreinblickenden Elben, bis sie schließlich nicht mehr konnte und außer Atem stehenblieb. Sie lehnte sich erschöpft gegen die Wand und ließ sich auf den Boden sinken.
Nein... Es durfte nicht vorbei sein. Nicht so. Dafür hatte sie nicht all das Leid ertragen, die Demütigungen seines Vaters, die endlosen Kämpfe mit sich selbst. Nein. Noch nie hatte sie daran geglaubt, daß es einen großen Plan im Leben gab, und auch jetzt weigerte sie sich, sich damit abzufinden, daß dies das Ende war, das für Legolas bestimmt war. Sie hatten noch so viel vorgehabt! Er hatte so viel vorgehabt!
Sie schlug mit dem Kopf nach hinten gegen die Steinmauer, dann vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen und begann, hemmungslos zu weinen.
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Ja, und wir ihr euch denken könnt, nähern wir uns nun langsam aber sicher dem..... Ende......! *schnüff*
