Chapter 4:

Am nächsten Morgen wurde Sara davon wach, dass etwas Schweres auf ihr lag. Sie rollte das Etwas zur Seite, und wollte weiter schlafen, als sie aufschreckte. Dwayne lag neben ihr. Hatten sie etwa? Nein das konnte nicht sein. Sie hatten zwar nachher doch Alkohol getrunken, aber doch nicht so viel. Vorsichtig lugte sie unter die Bettdecke; und atmete auf.
Unterwäsche! Beruhigt kuschelte sie sich wieder in die Federn. Dann war's ja gut. Sie war gerade wieder eingedöst, als jemand die Tür aufriss. Ein Schrei ertönte. Es war Saras Gastmutter Sheryl. Dwayne wachte von dem Geschrei auf und schaute sich schlaftrunken um. Bevor er oder Sara irgend etwas erklären konnten, hatte Sheryl Dwayne gepackt, die Treppe runtergeschleift und rausgeworfen. Dann stürmte sie wieder hoch und fing an Sara anzuschreien. Sie redete so schnell, das Sara nur die letzten Worte verstand; ihr stockte der Atem. *...Nach Hause schicken!* Nein! Sie konnte jetzt nicht gehen, sie wollte nicht weg...

*Judith! Aufstehen! Es ist schon nach sieben! Du verpasst deinen Kurs!* *Was?* Judith fuhr erschrocken aus den Federn. Verschlafen blickte sie auf den Wecker auf ihrem Nachttisch. Mist! Vergessen einzuschalten. Jetzt musste sie sich aber beeilen. Heute war ihr erster Tag an der Sprachenschule und direkt zu spät kommen würde keinen sonderlich guten Eindruck machen. Warum hatte sie sich diesen Kurs auch freiwillig angetan? Sara war da schlauer gewesen. Die hatte von Anfang an jegliches Lernen oder sonstige Tätigkeiten abgelehnt. Einfach nur relaxen, hatte sie gemeint.
In Gedanken versunken (kommt bei ihr irgendwie ziemlich häufig vor) lief Judith ins Badezimmer und machte sich fertig. Fünf Minuten später saß sie am Frühstückstisch.
Kelly war mit dem Essen bereits fertig und las die Zeitung. *Wie traurig. Heute steht überhaupt kein Artikel über dich und deine Freundin drin.* Sie nippte an ihrem Kaffee. *Was ist passiert? Habt ihr die Reporter vermöbelt?* Judith schüttelte den Kopf und schluckte den letzten Bissen ihres Toastes. *Nein. Sowas würden wir doch niemals tun.* Sie grinste. Ein paarmal war sie wirklich kurz davor gewesen einem dieser aufdringlichen Lackaffen ordentlich eine zu scheuern. *Vielleicht haben die einfach das Interesse an uns verloren. Aber zu was anderem. Wie weit ist es bis zur Schule?* *Viertelstunde zu Fuß. Aber Mum fährt uns mit dem Wagen.* Kelly faltete die Zeitung wieder ordentlich zusammen.
*Genau!* Mary (die Gastmutter) kam die Treppe hinunter. *Seid ihr fertig mit frühstücken? Wir müssen nämlich los.* Judith und Kelly nickten. Sie schnappten sich ihre Tasche und folgten Mary zur Garage.
Die Fahrt dauerte keine fünf Minuten. Mary setzte die beiden Mädchen vor der Schule ab, rief Judith noch *Viel Erfolg.* zu und verschwand wieder. *Das ist also deine Schule.* Judith versuchte Smalltalk mit Kelly. *Yep! Aber die Sprachenschule ist im zweiten Gebäude. Da drüben!* Ihre Gastschwester deutete über eine Rasenfläche. *Du musst dich da im Sekretariat melden. Die regeln dann den Rest.* Damit ließ sie Judith stehen. *Im Sekretariat melden. Okay!* Sie machte sich auf den Weg zum zweiten Gebäude.
Unterwegs klingelte ihr Handy. *Ja?* *Sie... sie will mich nach Hause schicken!* Eine völlig hysterische und verzweifelte Sara war am anderen Ende. *Sara! Was ist los? Wer will dich nach Hause schicken?* *Sheryl. Meine Gastmutter.* *Wieso das denn?* *Na ja. Dwayne hat hier ...* *Sag es nicht... Er hat bei dir übernachtet. Deine Gastmutter hat's mitgekriegt, fühlte sich hintergangen und ist ausgetickt.* Judith seufzte. Das Sara das auch nie lernen würde. Wie oft hatte sie schon aus diesem oder ähnlichen Gründen im Schlamassel gesteckt. *Genau!* Sara schluchzte. *Und jetzt soll ich meine Koffer packen und morgen zurück fliegen. Gerade jetzt wo Dwayne und ich - und überhaupt... Wenn Sheryl das ernst meint, spring ich aus dem Fenster.* Sie wurde wieder hysterisch.
*Nicht aufregen. Warte ne halbe Stunde, bis die Tante sich wieder beruhigt hat und rede noch mal mit ihr. Wahrscheinlich hat sie das gar nicht so gemeint.* *Und wenn doch?* *Wenn doch, rufst du Dwayne an und redest mit ihm darüber. Vielleicht kann er da was drehen. Wenn es keinen anderen Ausweg gibt, wenden wir uns eben an die Presse. Irgend etwas wie: *Heartless mother tries to destroy the dreamcouple* oder so ähnlich. Alles kein Problem.* Judith erreichte das Gebäude der Sprachschule. *Okay. Danke!* Sara klang wieder halbwegs normal. *Was war eigentlich...* Ihre Freundin unterbrach sie. *Sara! Später, okay? Ich hab in drei Minuten Unterrichtsbeginn und weiß immer noch nicht genau wo ich hin muss. Wir sehen uns heute Nachmittag. Bye!* Judith schaltete das Handy aus, steckte es zurück in ihre Tasche und betrat dann das Schulgebäude.

Am Nachmittag:
*Und was jetzt?* Sara kuschelte sich enger an Dwayne und ließ den Tränen freien Lauf. Hilflos sah der auf seine Freundin herunter. Wie konnte er sie nur wieder beruhigen. Da kam ihm eine, wie er fand, geniale Idee.
*Zieh doch einfach bei mir ein.* *Juchuhhh. Dwayne hat den Tag gerettet.* Judith hielt das alles für einen schlechten Witz. *Wirklich ein sehr konstruktiver Vorschlag. Und jetzt bitte wieder von Wolke sieben runtersteigen. Tagträume helfen uns nicht wirklich weiter.* Caleb nickte zustimmend. *Das du in so einer Situation noch Witze machen kannst. Bewundernswert.* *Ich dachte wenigstens du nimmst die Scheiße ernst. Wahrscheinlich ist es dir ganz egal wenn ich zurück muss.* Sara fühlte sich extrem verarscht. Doch Dwaynes Gesicht blieb ernst. *Das war kein Witz. Ich hab genug Platz in meiner Bude und wenn du nichts gegen die Rustikalität eines Singelhaushalts einzuwenden hast, kannst du gerne einziehen.* Sara fing an zu strahlen und fiel ihm um den Hals. *Ihr habt's ja eilig. Und nächste Woche ist die Hochzeit. Ist das erste Baby auch schon auf dem Weg?* Judith verdrehte die Augen. Sara lies sich davon nicht weiter stören. Mit so einem Kommentar hatte sie schon gerechnet. Sie kannte ihre Freundin ja.

*Bist du sicher das du das darfst? Hat da deine Mutter nicht auch noch was mitzureden?* Wild mit den Armen fuchtelnd lief Sheryl durch das Zimmer. Doch davon ließ sich Sara nicht irritieren. Sie packte seelenruhig weiter ihre Sachen. *Ich bin neunzehn und somit alt genug meine eigenen Entscheidungen zu Treffen. Es geht dich nichts an was ich mache und meine Mutter um Erlaubnis fragen muss ich auch nicht.* Sara schulterte ihre Tasche und lief die Treppe hinunter.
Dwayne stand hilflos unten im Hausflur und versuchte Lissy zu beruhigen. Die heulte seit Sara ihr eröffnet hatte, dass sie ausziehen würde. Sara gab Dwayne ihre Tasche und nahm die immer noch Schluchzende in den Arm. *Tut mir leid, aber mein Leben lass ich mir von deiner Mutter nicht verpfuschen. Ich meld mich bei dir.* Sie gab der Kleinen noch einen Kuss und zusammen mit Dwayne verließ sie das Haus.

Zur gleichen Zeit spazierten Judith und Caleb durch die Innenstadt (alles starrte, wie immer). Sie diskutierten über die Entscheidung die ihre Freunde gerade getroffen hatten. *Ich denke nicht ,dass das eine so gute Idee von Dwayne war. Was ist wenn die beiden sich zoffen?* Judith nickt abwesend.
Sie hatte überhaupt nicht richtig zugehört. Über zoffen machte sie sich keine Sorgen. Doch was war wenn Dwayne oder Caleb die Wahrheit herausfanden?