Samstag früh - der Angelausflug

Gimli stand im Fluß und warf seine Rute aus. Das Wasser ging ihm bis zu den Hüften. Ab und zu warf er einen Blick nach rechts, wo Legolas etwa 20 Meter entfernt, bis etwas über die Knie im Wasser stand und ebenfalls die Rute auswarf. Etwa gleich weit von Gimli entfernt, aber auf der linken Seite stand Celeborn und angelte, wie Legolas, ebenfalls still vergnügt vor sich hin. Alle drei trugen sie über ihrer normalen Kleidung diese ziemlich weiten Hosen, die die Elben als "Anglerhosen aus speziellem, wasserdichtem Elbenstoff" bezeichnet hatten. Alle drei sahen recht albern in diesen viel zu großen Beinkleidern aus – besonders Gimli, dem diese "Hosen" fast bis zum Kinn reichten. Aber immerhin konnte er den Bart mit hineinschieben, so dass die Gefahr, dass der Bart naß wurde, recht gering war. Allerdings schoß Celeborn den Vogel ab. Denn er hatte sich ein komisches Hütchen aufgesetzt, an dem lauter Angelhaken mit bunten Federn steckten.

Haldir war am Ufer geblieben und kümmerte sich darum, das Feuer in Gang zu halten. Ab und zu warf er prüfende Blicke auf die Angler oder in die Umgebung. Auch wenn es ein Männer-Weekend war und alle ihren Spaß haben sollten, sah er es nach wie vor als seine oberste Pflicht an, für die Sicherheit zu sorgen. Und das würde er auch tun, ob es dem Herrn Celeborn nun passte oder nicht. Deshalb sorgte er auch immer dafür, daß sein Bogen griffbereit in seiner Nähe lag.

Aragorn hingegen war auf die Jagd gegangen – sehr zum Unmut der drei Angler. Wollte der Dunedain damit etwa ausdrücken, dass er dem Anglerglück der Elben und des Zwergs nicht traute?

Gimli hing seinen Gedanken nach und musste unwillkürlich wieder daran denken, wie Legolas gelacht hatte, als der Zwerg in den Anglerhosen aus dem Zelt geschlurft kam. 'Blöder Elb! Sieht selbst nicht besser aus. Die hätten ja für mich auch eine Hose ein paar Nummern kleiner machen können. Wußten ja schließlich, dass ich diesmal mitkommen will', dachte er missmutig. Celeborn hatte zwar nicht laut gelacht, so wie Legolas, aber Gimli war das verräterische Zucken in den Mundwinkeln des Fürsten nicht entgangen – auch wenn dieser sich schnell abgewandt hatte. Nicht schnell genug für das scharfe Adlerauge eines Zwerges.

Gimli brummelte etwas unverständliches in seinen Bart, holte die Angelleine wieder ein und ging einige Schritte vor, um sich eine bessere Position zu suchen. Plötzlich trat er mit dem rechten Fuß ins Leere und konnte gerade noch verhindern, dass er ins tiefe Wasser geraten wäre. Schnell ging er ein-zwei Schritte zurück. 'Uhh', dachte er. 'Beinah wäre ich ziemlich naß geworden und die blöden Elben hätten sich wieder nicht eingekriegt vor Lachen.'

Dann kam ihm ein Gedanke...

Ein fieses Grinsen erschien auf Gimlis Gesicht, das jeden zur Vorsicht geraten hätte, wenn man es durch den dichten Bart hindurch hätte sehen können.

"Öhm... Legolas, könntest du mal bitte kurz kommen. Ich möchte dir was interessantes zeigen", flötete Gimli fröhlich zu dem jungen Elben rechts von ihm hinüber.

Aber Legolas, der gerade damit beschäftigt war, seine Angelschnur zu entwirren, die ein unübersichtliches Knäuel in seiner Hand bildete (wie hatte er das nur in so kurzer Zeit geschafft?), schaute nur kurz auf. "Ja, gleich. Ich kann grad nicht", rief der Elb und widmete sich wieder dem Chaosknäuel in seinen Händen.

Enttäuscht murmelte der Zwerg was über Elben, die nicht mal angeln können in seinen Bart, als von links die Stimme Celeborns ertönte: "Was ist denn da so interessantes?"

Gimli erschrak und zu allem Überfluß konnte er schon am Geplätscher des Wassers hören, dass der Elbenfürst auf ihn zukam.

"Och, nichts, Herr Celeborn. Gar nichts", versuchte er das nahende Unheil zu verhindern. Warum mussten Elben auch immer so verflixt neugierig sein?

Der Blick des Zwergs flog zwischen dem unerbittlich herannahenden Celeborn und dem noch immer hingebungsvoll an seiner Angelschnur herumknotenden Legolas hin und her. Die Chance, dass Legolas in die Falle tappte, war inzwischen bei Null angelangt, die Chancen für Celeborn dagegen standen ziemlich gut.

"Was gibt es denn so interessan....?", wiederholte Celeborn gerade, dann war er auch schon im Wasser verschwunden.

Gimli registrierte mit großen Augen, dass das Loch doch um einiges tiefer war, als er angenommen hatte. Der ganze Elbenfürst war, mehr oder weniger aufrecht stehend, darin verschwunden. Nur noch sein Angelhütchen dümpelte auf dem Wasser und wurde von der Strömung rasch davongetragen. Eigentlich hatte Gimli nur bezweckt, dass Legolas das kalte Wasser in die wasserdichte Hose schwappte, aber das hier wäre sogar noch viiiel besser gewesen – wenn es Legolas und nicht Celeborn erwischt hätte.

"CELEBORN!!"

Der entsetzte Aufschrei Haldirs riß den Zwerg aus der Erstarrung. Schnell wandte er sich um. Haldir raste gerade mit großen Sprüngen auf ihn zu und stürzte sich in den Fluß um Celeborn zu retten, während Legolas mit offenem Mund und großen Augen und dem Angelschnurknäuel in der Hand dastand und nur fassungslos auf das Chaos starrte.

In dem Moment tauchte der Elbenfürst prustend wieder auf und ruderte wild mit den Armen. "Tief", japste er. "Ganz schön tief hier!"

Haldir hatte Celeborn inzwischen erreicht und half ihm dabei, auf eine flachere Stelle zu kommen, da diese praktischen Elben-Angelhosen durch den sehr dichten Stoff nun eher eine Gefahr für den Elben darstellte, in dem sie ihn – jetzt wo sie voller Wasser waren - nach unten zogen. Aber mit Haldirs Hilfe und dem beherzten Zupacken des Zwergs, der sich wieder gefangen hatte, gelang es schließlich, den Herrn des Waldes in Sicherheit zu bringen und ihn von diesen furchtbaren Hosen zu befreien.

Kurze Zeit später saßen die Drei pitschnass am Ufer und starrten auf den Fluß.

"Das war ja eine Überraschung", unterbrach Celeborn als erster das Schweigen. "Hätte nicht gedacht, dass es da so tief sein kann."

Irgendwie hatte Gimli das Gefühl, dass nichts, aber auch gar nichts den Fürsten aus der Fassung bringen konnte.

"Aber sagt mir Herr Gimli", fuhr Celeborn fort, "was war denn da nun so Interessantes gewesen? Ich hoffe, ich habe es nicht verjagt."

Auch Haldir schaute recht neugierig.

Gimli schlug sich im Geist die Hand vor die Stirn. Aber bevor er etwas sagen konnte, wurde ihm das von Legolas abgenommen, der inzwischen die ins Wasser gefallenen Angeln eingesammelt hatte und nun auch zu den drei nassen Helden hinzukam.

"Das kann ich Euch ganz genau sagen, Herr Celeborn", knurrte der Elb und Gimli registrierte beunruhigt, dass Legolas ziemlich wütend aussah. "Gimli wollte, dass ICH in das Loch trete." Er schaute den Zwerg wütend an. "Stimmt doch oder? Du hättest es lustig gefunden, wenn ich ins Wasser gefallen wäre."

Celeborn und Haldir schauten von einem zum anderen. Trotz des gewaltigen Bartes konnte jeder gut erkennen, wie der Zwerg rot anlief und außerordentlich schuldbewusst aussah. "Wußte ich doch nicht, dass da so ein tiefes Loch ist", murmelte Gimli halbherzig.

"Warum hätte Gimli das denn tun sollen? Ich denke, ihr seit Freunde...", fragte Celeborn verständnislos.

"Was weiß ich", brummte Legolas und setzte sich neben Haldir. "Vielleicht ist er sauer, dass ich bei den letzten beiden Kämpfen mehr Feinde getötet habe als er."

"Ich? Sauer?", ereiferte sich Gimli empört. "Was kann ich denn dafür, dass die Orks auf der anderen Seite der Schlucht standen und nur deine Pfeile dahinreichten?"

Legolas lachte nur leise.

"Hey, warum hat mir denn keiner gesagt, dass ihr baden gehen wollt?", ertönte die beleidigte Stimme Aragorns hinter den Vieren.

Fortsetzung folgt.