Sonntag früh

Am nächsten Morgen waren unsere drei Helden als erstes wach, was wohl in erster Linie daran lag, dass ihre Kleidung noch immer ziemlich naß und die Nacht damit nicht sehr gemütlich war.

Aber es war ein wunderschöner Sonnentag. Also legten sie ihre Kleidung – mal wieder – zum Trocknen aus. Aragorn, der – als cleverer Ex-Waldläufer – das Bündel mit seiner Ersatzkleidung so geschickt gepackt hatte, dass der Inhalt trocken geblieben war, zog sich grinsend um, während Gimli und Legolas in Unterhosen in der Sonne hockten.

Haldir und Celeborn schliefen recht ausgiebig und irgendwann beschloß Aragorn, dass es nun genug sei. Also schlüpfte er ins Zelt. Die beiden schliefen tatsächlich noch – Haldir in Celeborns Arme eingekuschelt – und fasst tat es dem Dunedain etwas leid, das Paar zu wecken. Aber andererseits meldete sich ein kleiner Teufel in seinem Hinterkopf, der ihn darauf hinwies, dass es unfair war, wenn diese Beiden gemütlich ausschliefen, während die anderen Drei so eine ungemütliche Nacht hatten. Also schnappte er sich Gimlis Helm, füllte ihn mit Wasser und beförderte dieses mit Schwung ins Zelt.

Mit einem zweistimmigen entsetzten Aufschrei fuhren die beiden Elben in die Höhe. Etwas orientierungslos schauten sie sich um und erspähten den hinterhältigen Angreifer. Ein kurzer Blick zur gegenseitigen Verständigung und schon stürzten sich die beiden nassen Elben blitzschnell auf den König von Gondor, dem es nicht mehr gelang, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Lachend zerrten sie Aragorn aus dem Zelt und schleppten ihn zum Bach. So sehr sich Aragorn auch sträubte, gegen die kräftigen Elben hatte er keine Chance und kurze Zeit später saß er laut fluchend mitten im Wasser. "Super, jetzt sind auch meine letzten Klamotten naß", motzte er und stand auf.

Gimli hatte das ganze grinsend beobachtet und auch Legolas hatte nicht einen Finger gerührt, um Aragorn zu helfen. Nun räusperte sich der Zwerg. "Meine Herren Elben, wollt ihr euch nicht wenigstens irgend etwas anziehen?" Peinlich berührt wandte er sich wieder ab.

Celeborn und Haldir schauten an sich herunter, dann sich gegenseitig an – und lachten wieder. "Warum? Es badet sich doch nackt am Besten", rief Celeborn und gemeinsam stürzten sie sich in die Fluten, dabei Aragorn, der sich gerade ans Ufer gerettet hatte, mit sich reißend.

Da er nun sowieso schon naß war, nahm er das recht gelassen und beschäftigte sich lieber mit mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, mal den einen, mal den anderen Elben unterzutauchen.

Gimli beobachte das ausgelassene Herumgetolle kopfschüttelnd. Das dort sollten stolze Elben sein? Ein König (okay, kein Elb), noch ein König, und ein Hauptmann? "Die spinnen, die Elben", murmelte er in seinen Bart, während er ein Feuer anzündete, um das Frühstück zuzubereiten.

Legolas hatte sich derweil wieder angezogen und ans Ufer gesetzt und schaute den Dreien belustigt zu. Aber als er bemerkte, dass Haldir ihm interessierte Blicke zuwarf und anfing mit Aragorn und Celeborn zu tuscheln, zog er es vor, sich im Wald in Sicherheit zu bringen. Er hatte keine Lust, so wie Aragorn, auch noch ins Wasser geworfen zu werden. Also begab er sich lieber auf die Jagd.

Als die fünf einige Zeit später – wieder angekleidet - beim Frühstück ums Feuer saßen, hielt es Gimli nicht mehr aus. "Herr Celeborn", polterte er los, "findet Ihr es nicht unangemessen, was Ihr letzte Nacht da mit Haldir gemacht habt?"

Celeborn sah verwundert von seinem Teller auf. "Wieso? Was meint Ihr?"

"Ihr wisst schon was ich meine", beharrte Gimli, die Tritte ignorierend, die er von Aragorn und Legolas, zwischen denen er saß, kassierte, "Ihr seit verheiratet und trotzdem treibt ihr es mit .... ähm... anderen."

Aragorn verdrehte die Augen und Legolas stöhnte auf. Dieser Zwerg war die Taktlosigkeit in Person.

Aber Celeborn schien sich in keinster Weise angegriffen zu fühlen. Stattdessen schaute er den Zwergen an, als ob er noch immer nicht verstehen würde, wo dessen Problem lag. "Sicher bin ich verheiratet. Na und?"

Jetzt verdrehte Gimli die Augen. "Aber so was tut man nicht, wenn man verheiratet ist", belehrte er den Herrn des Waldes.

"Tut man nicht?", fragte dieser irritiert und schaute fragend zu Aragorn. Doch dieser zuckte nur entschuldigend mit den Schultern und schüttelte leicht den Kopf.

Haldir sagte lieber auch nichts, sondern sondierte höchst fasziniert das Essen auf seinem Teller, als sähe er es gerade zum ersten Mal.

Celeborn lächelte nun. "Herr Gimli, habt Ihr etwa wirklich gedacht, dass wir Elben total monogam sind? Die ganze Ewigkeit hindurch? Ich meine: E-w-i-g-k-e-i-t... Ist euch klar, wie lange das ist? Und wie lange Galadriel und ich schon verheiratet sind?"

"A.... aber trotzdem", stotterte Gimli beharrlich. "Ich meine, die Herrin Galadriel... Was würde sie denn dazu sagen?"

Celeborns Lächeln wuchs in die Breite. "Wir haben das, was Ihr wohl eine offene Ehe nennen würdet. Und, ja, sie weiß Bescheid."

Gimli schnappte nach Luft. "Wollt Ihr damit sagen, dass die Herrin Galadriel etwa auch...?" Fassungslos riß er die Augen auf.

Celeborn zuckte gleichmütig mit den Schultern. "Nun ja, in den letzten tausend Jahren nicht mehr so häufig, aber hin und wieder.... Sicher."

Man konnte es regelrecht klirren hören, als Gimlis Weltbild in Scherben zerbarst und er verfiel in ein langes Schweigen. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf. "Elben", murmelte er. Dann schaute er Legolas an. "Du etwa auch?"

Legolas schaute ihn verdutzt an. "Ich bin doch gar nicht verheiratet."

"Aber wenn du es wärest", bohrte Gimli weiter, "würdest du dann auch mit anderen ins Bett gehen? Mit Frauen und Männern?"

Legolas dachte darüber nach und antwortete dann: "Ich weiß nicht. Am Anfang, also so in den ersten Jahrhunderten sicher noch nicht. Wahrscheinlich. Aber irgendwann... Ich meine, ist doch normal. Immer nur dieselbe Person im Bett wird doch auf die Dauer langweilig. Und ein bisschen Abwechslung frischt das Eheleben sicher auch auf."

Celeborn nickte dazu bekräftigend. "Genau was ich meine", bestätigte er.

"Machen das alle Elben so?", fragte Gimli mit schwacher Stimme."

"Ich glaub schon", nickte Celeborn. "Zumindest soweit ich weiß. Ist ja nicht so, dass man dauernd darüber redet."

"Nicht?", fragte Gimli überflüssigerweise.

"Nicht!", fauchte Legolas genervt. "Könnten wir jetzt vielleicht endlich das Thema wechseln, Kurzer?"

"Ach, ist dir wohl peinlich, was? Langes Elend, du", knurrte der Zwerg.

"Mir peinlich? Ich bin doch nicht so verklemmt wie du!", gab Legolas zurück und schon waren die beiden wieder mitten im am Vorabend durch den Brand so abrupt unterbrochenen Streit.

"Dein Vater hat meinen Vater damals ohne Grund eingesperrt", keifte Gimli wütend und völlig am Thema vorbei.

"Oh bitte", winkte Legolas genervt an. "Mußt du jedes Mal diese alte Geschichte ausbuddeln? Das ist mindestens 60 Jahre her. Und ich war damals noch nicht mal dabei."

"Na und? Es geht ums Prinzip", beharrte Gimli. "Dein Vater war unfair!"

"Der wird schon seine Gründe gehabt haben", fauchte Legolas zurück. "Meines Wissens nach haben dein Vater und seine Kumpane die Herbstfeiern gestört und mein Volk angegriffen!"

"Angegriffen?", polterte Gimli. "Sie waren nur 13 (und ein Hobbit) hatten sich in eurem blöden Wald verirrt, waren fast verhungert und haben nur Hilfe gesucht."

"Pah, als ob ein Zwerg jemals Hilfe bei Elben suchen würde", winkte Legolas ab.

"Sicher haben sie...." Gimli stutzte und sein Zwergenstolz regte sich. "Äh..., auch wieder wahr. Okay, der Punkt geht an dich."

"Sag ich doch", triumphierte Legolas. "Dein Vater und seine Kumpels wollten meine Leute angreifen. Also hör auf herumzukeifen und laß das Thema endlich ruhen."

"Ich keife solange ich will – und wenn ich es will, hau ich dir auch eine runter, du Elben-Rüpel!" Gimli hopste vor Wut inzwischen auf und ab.

"Ach ja?" Legolas verschränkte die Arme und schaute mit süffisantem Grinsen auf den Zwerg herab. "Soll ich mich dafür bücken oder willst du auf einen Stuhl steigen?"

"Dafür brauch ich keinen Stuhl", grinste Gimli hinterhältig – und trat Legolas mit Wucht gegen's Schienbein.

Legolas jaulte auf, bückte sich und hielt sich das schmerzende Schienbein. "Das war unfair!", beschwerte er sich.

"Aber wirkungsvoll", erwiderte Gimli grinsend und verpasste dem Elben, der sich nun mit ihm in Augenhöhe befand, eine – wenn auch etwas halbherzige, weil nicht ernstgemeinte – Ohrfeige. "Siehst du, ich brauche keinen Stuhl."

"Sagt mal", mischte sich Aragorn ein, "wie habt ihr zwei es eigentlich geschafft, euch zwei Jahre lang im Fangorn-Wald herumzutreiben, ohne euch gegenseitig umzubringen?"

Legolas seufzte und rieb sich das Schienbein. "Das frag ich mich auch. Es war wirklich eine Tortur mit diesem Zwerg. Dauernd dieses Gequengel: Der Wald ist so dunkel... Ich glaube, die Bäume leben alle und ich fühle mich beobachtet... Ich hab mir einen Splitter eingezogen... Das Moos ist so nass beim Hinsetzen... Der Baum hat sich beschwert, weil ich einen morschen Ast fürs Lagerfeuer abgebrochen habe.... blablabla", äffte er den Zwerg nach, der langsam aber sicher dunkelrot anlief. "Du blöder Elb", schnaufte er. "Da tut man dir einen Gefallen und lässt sich zwei ganze Jahre lang durch einen Wald schleifen und das ist dann der Dank. Warte es nur ab, bis wir in den Glitzernden Höhlen sind. Ich wette, dann werde ich mir jeden Tag elbisches Gejammer anhören dürfen."

"Da fall ich doch lieber mit dem Gesicht ins Klo meiner Katze, als mit dir noch mal so eine lange Reise zu machen. Dazu noch in Höhlen", fauchte Legolas wütend.

Gimli verzog entsetzt das Gesicht. "Aber du hast es verspro... - Du hast 'ne Katze?"

Dieser Themenwechsel brachte den Elben etwas aus dem Konzept. "Äh.... ja, wieso?"

"Was für eine?", hakte Gimli nach.

"Lorische Maincoon, warum?"

"Die sind ziemlich wertvoll", flüsterte Celeborn mit gewichtiger Miene in Aragorns Richtung. Haldir nickte zustimmend. "Und selten."

"Ich hab auch eine, eine Anorische Kurzhaar", sagte Gimli. "Sag mal, was machst du, wenn das Mistv.... ich meine das liebe Tierchen partou nicht ins Katzenklo machen will, sondern lieber deine Stiefel benutzt?" Dabei hatte er sich bei Legolas untergehakt, was bei dem Größenunterschied etwas seltsam aussah, und sie schlenderten in trauter Zweisamkeit in Richtung Waldrand.

"Oh das kenn ich", seufzte der Düsterwald-Elb, "also für gewöhnlich...."

Den Rest der Gebrauchsanleitung verstanden die zwei Elben und der Waldläufer nicht mehr, da Gimi und Legolas leiser geworden waren und sich bereits zu weit entfernt hatten.

Nach einer Schweigeminute, in der die Drei den Beiden nur verblüfft ob der unerwarteten Wendung hinterhergestarrt hatten, räusperte sich Aragorn. "Sagt mal, was war das denn eben?"

Celeborn zuckte nur mit den Schultern. "Katzenfreunde unter sich, würde ich sagen."

Haldir grinste. "Was sich liebt das neckt sich – heißt es nicht so?"

Aragorn schüttelte nur fassungslos den Kopf. "Die spinnen doch, die Beiden. Hätten die sich damals so aufgeführt, wären wir nicht mal bis nach Moria gekommen."

Haldir grinste etwas schief. "Soviel zur Freundschaft zwischen Elben und Zwergen. Ich fand dieses Wochenende bisher höchst amüsant, kurzweilig und aufschlussreich. Machen wir das nächstes Jahr wieder?"

Celeborn nickte begeistert. "Au ja. Gimli muß unbedingt wieder mitkommen."

Aragorn verdrehte nur die Augen, schwieg aber ansonsten.

Nachdem die beiden Quälgeister weg waren kamen Aragorn und Celeborn nach einigen Themenwechseln auf den schwierigen Job des König-seins zu sprechen und fachsimpelten eine Weile herum. Celeborn hatte zwar Jahrtausende lange Erfahrung, aber man stellte ziemlich schnell fest, dass elbische und menschliche Probleme nicht ganz dieselben waren und so beschloß man, wieder das Thema zu wechseln und lieber über die geliebten Ehefrauen abzulästern.

Das wiederum war Haldir anscheinend peinlich, weil er Galadriel viel zu sehr verehrte, als dass der treue Hauptmann hören wollte, dass die Königin schnarche wie ein Ork und ähnliche recht persönliche Details. Also erhob er sich und nahm seinen Bogen und den Köcher. "Ich werde mal nach dem Rechten sehen und vielleicht etwas erjagen", murmelte er mit roten Ohren und entschwand ebenfalls im Wald.

Aragorn, der gerade zum Besten gab, dass Arwen manchmal auch ganz schön sägen konnte, nickte nur. Celeborn bekam es, weil er so lachen musste, gar nicht mit.

Nach einer Weile kamen Latsch und Bommel (wie Aragorn Legolas und Gimli ins Geheim getauft hatte) in trauter Zweisamkeit wieder und setzten sich zu den beiden Königen, wobei sie sich leise darüber unterhielten, was sie alles in die Glitzernden Höhlen mitnehmen mussten.

Wird fortgesetzt...