Es war kein Zufall, und Glorfindel wusste genau, was Legolas sehen würde. Seit einigen Tagen hatte er Kontakt mit Rumil, Haldirs Bruder, mit dem ihm seit langem eine lose Freundschaft verband. Und Rumil war auch derjenige gewesen, der Glorfindel bei dessen letzten Besuch auf die Tatsache aufmerksam gemacht hatte, dass etwas geschah, was ihm Kopfzerbrechen machte.

Rumil hatte ihm erklärt, dass Haldir die Zeit nutzen würde, wenn Legolas in den Wald ging, um für sich zu sein. Und nun war Legolas hier... und Haldir würde dort sein, wohin er immer ging, wenn....

Wohin er ging, weil es ihn dorthin mit Macht zog. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Sonne schickte ihre letzten roten Strahlen auf Lorien, die die Haare der beiden silberblonden Elben aufglitzern ließen, dass sie fast unwirklich aussahen. Haldirs Augen waren geschlossen, und über ihn beugte sich sein Liebhaber. Beide waren nackt und schweißbedeckt, Haldirs Arme waren ausgestreckt und der andere hielt seine Handgelenke fest.

Glorfindel schob Legolas zu der Leiter hin, die in den unscheinbaren Talan führte. Zögernd kletterte der Prinz hinauf, um kreidebleich zu erstarren. Fast wäre er hinuntergefallen, doch Glorfindel hatte seine Arme ausgebreitet und hielt ihn fest.

Kein Wort sprach Legolas, denn er hatte genug gesehen.

Haldir und der Fürst des Goldenen Waldes persönlich.

Haldir und Celeborn.

Der Freund seines Vaters nahm ihn schweigend in den Arm.

"Ich brauche dein Mitleid nicht", sagte Legolas schließlich mit fester Stimme. "Ich werde Haldir verlassen, noch heute. Noch jetzt. Ich gehe."

Glorfindel nickte und ließ Legolas los. "Ich wollte, dass du es weißt. Dass du dich nicht weiter deinen Träumen hingibst, die früher oder später zerstört werden würden. Lieber jetzt als später, Legolas. Gehe, wohin dein Herz dich trägt - aber verlasse Lothlorien."

Legolas schluckte. Glorfindel würde ihn nicht in Tränen sehen, niemand würde ihn weinen sehen. Er wandte sich einfach ab und rannte zu dem Stall, in dem sein Pferd auf ihn wartete. Glorfindel sah nur noch, wie Legolas in wildem Galopp davonstieb.