3. Blicke

Der Späher hatte eine Kutsche gemeldet. Alle hofften, das es die der Prinzessin sein würde, nur Legolas lies es recht kalt. Natürlich war es die Kutsche der Prinzessin, es musste so sein. Legolas hatte sich bisher noch nicht wirklich Sorgen gemacht, schließlich wusste er, das die Pfade durch den Düsterwald nicht die besten waren. Sicherlich hatten sie bei dem Sturm in der letzen Nacht halten müssen und in den schlammigen Wegen langsam fahren.

Er begab sich auch nur widerwillig von seinem Trainingsplatz weg, auf dem er seine Schwertkünste zu verbessern gesucht hatte, um die Prinzessin zu begrüßen. Er zog seine feine Garderobe an und folgte einem Diener zum Hof des Schlosses. Dort hatten sich bereits alle anderen Mitglieder der Königsfamilie versammelt. Erst nach einer Weile, in der Legolas gelangweilt mit seinem Fuß gewippt und sich nichts mehr gewünscht hatte, als dem ganzen förmlichen Quatsch hier zu entgehen, öffneten die Diener das riesige Tor und ließen eine gelbe Postkutsche ein.

"Oh mein Gott, oh mein Gott..."

"Halt die Klappe!"

"Macht dich das etwa nicht nervös, Anna? Gerade du, die du doch jetzt deinen Lie-"

"Halt die Klappe! Du machst mich nur auch noch nervös. Denk daran, wir sind edle Leute, wir sind vornehm und wissen uns zu benehmen. Also wage es nicht etwas zu erwähnen, das es hier noch gar nicht gibt, das könnte alles durcheinander bringen."

"Ich versuch's ja..."

OK, die Nervosität lies sich selbst durch gründliches Nachdenken und Mentales Meditieren nicht ganz vertreiben, aber sie musste einfach ihr bestes geben. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass das hier ihre einzige Chance war.

Die Kutsche fuhr in einem langen Kreis um einen Brunnen in der Mitte des Hofes, der an allen Seiten mit Blumenbeeten geschmückt war. Mein Gott, das wirkte ja eher wie Neuschwanstein (ich war noch nie da, aber ich denke mal, das es da nicht aussieht wie im tiefsten Mittelalter, oder?) und nicht wie eine echte, mittelalterliche Burg... aber ihr solltes recht sein.

Eine Postkutsche? Aber was-? Doch bevor er seinen Gedanken zu Ende denken konnte, rief ihnen der Kutscher etwas zu:

"Ich bringe euch die Prinzessin, mein König!"

Verwirrt sah Legolas seinen Bruder und dann Aragorn an. Aber sie zuckten beide nur mit den Schultern und warteten ab. Die Kutsche hielt mit einem Ruck und der Kutscher stieg hastig ab. Er eilte zum König und sprach in leisen Worten und darauf bedacht, deutlich und höflich zu sein- es machte Legolas immer wieder Freude, wie sich die Menschen anstrengten möglichst höflich zu sein- zu ihm:

"König, ich bin höchst erfreut und fühle mich geehrt einmal ihre hohe Bekanntschaft zu machen. Dort in meiner bescheidenen Postkutsche habe ich ihnen etwas mitgebracht. Auf meinem Weg, ich war auf dem Weg nach Düsterwald um meine Geschäfte zu machen, sah ich plötzlich zwei junge Damen am Wegrand stehen und ehe ich mich Versah wurde mir schlagartig klar: Das sind doch die hohe Prinzessin Meleth und ihre treue Dienerin! Und da hab ich-"

"In Ordnung, in Ordnung. Ich danke euch, das ihr die beiden sicher hier her begleitet habt und werde euch auch würdig dafür entlohnen. Ich denke die beiden Damen können uns persönlich berichten, warum sie nicht mit ihrer eigenen Kutsche angekommen sind."

Dann zeigte er einem Diener an den Kutscher wegzuführen.

Zwei andere Elben waren zu der Kutsche geeilt und hatten einen langen, blauen Teppich ausgelegt. Zwei Elben hielten die Pferde und zwei weitere holten bereits das Gepäck vom Dach. Ein letzter Elb öffnete die Tür der Kutsche.

Wieso dauerte das denn so lange? Und was redeten die da nur so lange?

"Wieso lassen die uns warten?"

Als hätte sie ihre Gedanken gelesen sprach Carina- oder Cebi- aus, was Anna beunruhigte.

Dann bemerkten sie herannahende Schritte, dann wie die Kutsche an einer Seite nach unten gedrückt wurde, wahrscheinlich weil jemand auf ihr Dach stieg. Und schließlich wurde langsam und sanft die Tür geöffnet und jemand reichte ihr seine Hand.

Freundlich nickend nahm sie diese an und lies sich hinaushelfen. Sie erblickte erst nur eine Reihe von Leuten, deren Gesichter sie nicht kannte und geriet für einen kleinen Augenblick in Panik. Dann aber erblickte sie Aragorn und neben ihm stand... Ohne es beabsichtigt zu haben fasste sie die Hand des Dieners enger, als sie es aber bemerkte lies sie die Hand leicht erschrocken los. Nagut, jetzt bloß nicht aufregen. Hier gibt es nichts, weswegen man nervös sein müsste.

Sie blickte wieder zu der Königsfamilie und schluckte. Irgendwie hatte sie das unwohle Gefühl, das ihr schwindlig wurde. Sah der Prinz etwas überrascht aus, oder bildete sie sich das ein?

Nein, das bildete sie sich nur ein. Ein so stolzer Elb würde sich nie eine Gefühlsregung anmerken lassen, wenn er hohen Besuch erwartete. Oh mein Gott, der war vielleicht sexy...

Ja, sicher, sie sah das auch jeden Abend bevor sie schlafen ging, aber immer hatte sie doch gewusst, das er nur eine Figur war, die auf ein paar Bildern und in den Köpfen der Menschen existierte und nicht im echten Leben. Aber jetzt- er war dort, wahrhaftig, lebend. Und sie würde mit ihm reden können. Sie würde ihn hei-

....

Sche***, daran hatte sie ja gar nicht gedacht... Aber, Moment mal, wer war eigentlich der junge Mann der neben Legolas stand? Hatte der etwa einen Bruder...?

Die Tür der Kutsche öffnete sich und der Diener half der jungen Prinzessin hinaus. Schon wollte Legolas seinen Blick wieder abwenden, doch dann sahen ihn plötzlich zwei Augen direkt an und er war nicht mehr gewillt, sich abzuwenden. Er sah nicht einmal ihren Körper an. Nicht ihr Kleid, ihren Schmuck, nicht einmal ihr gesamtes Gesicht. Er blickte nur in ihre Augen. Sie sah einen Moment etwas benommen aus, doch eine Sekunde später bereits lag in dem Ausdruck ihrer Augen etwas, das Legolas kaum zu beschreiben vermochte.

Es war etwas wissendes, und doch war dort eine gewisse Neugier. Als würde sie wissen wollen, ob sich ihr Wissen bestätigen würde. Dort lag Stolz, die Gewissheit, etwas besonderes zu sein. Ein Glanz war in ihnen, als hätten die Engel zwei Sterne vom Himmel geholt und sie in den unendlichen Tiefen des Meeres versenkt. Ein tiefes Blau, in dessen unendlichen Weiten etwas aufblitzte.

Plötzlich wand sie sich ab und blickte sich um. Und es dem Prinz, als hätte er plötzlich etwas verloren, das ihm das Leben ermöglichte. Als hätte man ihm etwas weggerissen, als hätte man ihm etwas genommen.

Dann waren sie wieder da und die so schnell in ihm aufgestiegene Verzweiflung verschwand sofort. Wieder fingen ihn diese Augen und er bemerkte nach den hellen Sternen in ihren Augen zu suchen, um sie fest zu halten.

Schließlich war sie bei ihnen angekommen und stellte sich zu erst vor den König. Sie verneigte sich höflichst und auch der König verneigte sich vor ihr und gab ihrer Hand einen kurzen Kuss. Danach stand er wieder auf und begrüßte sie förmlich:

"Prinzessin Meleth! Wir sind erfreut sie endlich, nach so langer Zeit der Sorge um ihr Wohlergehen, hier begrüßen zu dürfen. Ich hoffe es wird ihnen hier im Schloss gefallen. Nun aber will ich ihnen nicht länger vorenthalten, weswegen sie hier sind. Das hier neben mir", er deutete auf Legolas und Neogas, "sind meine beiden Söhne. Legolas, der ältere von beiden und Neogas, euer Bräutigam."

Am liebten wäre sie sofort Tod umgefallen. Aber, aber... das...