Durch die Nocturngasse

Die nächsten drei Wochen vergingen fast wie im Flug. Harry hatte sich fast die ganze Zeit bei den Dursleys seinen neuen Feuerblitz II angesehen und war oft bei Mrs. Figg und Sirius zu Besuch. Dort hat er sich mit ihr über alles mögliche unterhalten, auch über Quidditch, denn Mrs. Figg war ein, zu Harrys Überraschung großer Quidditch Fan. Die Dursleys wussten nach wie vor nichts von Mrs. Figgs wahrer Identität. Sie wunderten sich zwar, warum Harry so oft bei ihr war, sagten aber nichts weiter dazu. Überhaupt hatte keiner von den Dursleys in den letzten drei Wochen auch nur ein Wort zu Harry gesprochen... Sie taten so, als ob Harry nicht da wäre. Harry dachte sich, dass Sirius ihnen vielleicht einen kleinen Besuch abgestattet hätte... Er verschwendete aber keine weiteren Gedanken mehr daran, denn es war Harry mehr als recht, wenn die Dursleys ihn so behandelten. Doch eine Woche vor Schulanfang gab es etwas, was Harry Sorgen bereitete. Er musste noch seine neuen Schulbücher in der Winkelgasse kaufen. Doch wie sollte er dort hinkommen? Onkel Vernon würde ihn wohl kaum hinfahren, dachte Harry. Aber einen Versuch war es wert. "Onkel Vernon..." sagte Harry unsicher, nachdem er das Wohnzimmer betreten hatte, in dem die ganze Familie Dursley saß. Onkel Vernon hob den Kopf, Tante Petunia und Dudley jedoch würdigten Harry keines Blickes. "Ähm... Onkel Vernon... ich... ich muss mir noch meine neuen Schulbücher kaufen..." flüsterte Harry fast. "Meinst du... meinst du könntest..." "Was könnte ich?" polterte Onkel Vernon. "Von mir bekommst du kein Geld! Sieh zu wie du dir deine Bücher selber beschaffst!" "Aber Onkel Vernon, ich... wollte dich nur fragen ob..." "NEIN!" schrie Onkel Vernon aufgebracht. "Und nun, wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich gerne meine Zeitung lesen! Verschwinde... SOFORT!" Harry sah ein, dass es keinen Sinn mehr machte weiter auf Onkel Vernon einzureden. "Na gut" sagte er leise, ohne dass ihn jemand hören konnte "Noch zwei Jahre, dann bin ich kein minderjähriger Zauberer mehr. Das alles wird euch dann ja so leid tun!" Als minderjähriger Zauberer durfte man in den Ferien nicht zaubern, und wie gerne hätte Harry dieses Verbot gebrochen, um den Dursleys eins auszuwischen. Harry machte auf dem Absatz kehrt und schritt die Treppen nach oben in sein Zimmer. "Ach Hedwig..." sagte Harry traurig zu seiner Schneeeule gewandt "Ich glaube keiner hat so viel Pech mit seiner Familie wie ich..." Er sah aus dem Fenster. Der Himmel war wunderbar blau und klar. Harry besah sich seinen Besen und dachte wie so oft, wenn er allein in seinem Zimmer saß an den Tag mit Sirius, Ron und Hermine. "Wie soll ich denn jetzt in die Winkelgasse kommen, Hedwig?" fragte er, obwohl er wusste, dass er keine Antwort von ihr bekommen konnte. Harry streichelte sie sanft über das Gefieder.

14 "Hedwig!" schrie er auf einmal, so das sie aufgeregt durchs Zimmer flatterte "oh, Entschuldigung! Mrs. Figg oder Sirius könnte mit mir in die Winkelgasse fahren!" Und so schnappte sich Harry das Blatt Pergament, auf dem seine neuen Bücher aufgelistet waren und machte auf den Weg hinaus aus dem Haus der Dursleys direkt zu Mrs. Figg. Vor der Haustür angelangt klopfte er. Mrs. Figg öffnete die Tür. Sie hatte rote Lockenwickler im Haar. "Oh, Harry, mein Lieber. Komm rein, komm rein!" forderte sie ihn auf. "Einen kleinen Moment nur noch bitte! Ich habe diese Lockenwickler aus dem Muggelfernsehen bestellt. Sie nannten diese Dinger Zauberlockenwickler... Mal sehen, ob sie wirklich zaubern können..." und sie schritt ins Badezimmer davon. Im Wohnzimmer saß Sirius auf einer Couch und sah Harry lächelnd an. "Hallo, Harry." sagte er. "Wie siehst du denn aus? Was ist passiert?" "Onkel Vernon" antwortete Harry knapp. "Was ist mit ihm" fragte Sirius. "Aach, nichts besonderes. Es ist schon wieder in Ordnung..." "Ich habe ihm doch gesagt er soll dich in Ruhe lassen!" "Das tut er auch. Zumindest so lange, bis ich ihm etwas sage." "Mach dir nichts draus, Harry! Im nächsten Sommer wirst du wahrscheinlich schon bei mir leben können!" sagte Sirius glücklich. "WAS? Ist das dein ernst? Mann, das wär' klasse" rief Harry fröhlich. "Versprechen kann ich noch nichts, aber ich habe heute mit Cornelius Fudge und Albus Dumbledore gesprochen. Die beiden waren äußerst zuversichtlich." Erklärte Sirius. "Wahnsinn! Ach ja, Da fällt mir gerade ein..." Harry zog ein Blatt Pergament hinter seiner Bücherliste hervor. "Kannst du mir das noch schnell unterschreiben?" "Was ist das?" fragte Sirius misstrauisch. "Eine Einverständniserklärung für einen Ausflug im nächsten Schuljahr." Antwortete Harry. "Die Schulausflüge in Hogwarts sind immer etwas ganz besonderes." Sagte Sirius und unterschrieb das Blatt. "Es wird dir gefallen!" Im nächsten Moment kam Mrs. Figg ins Wohnzimmer gestürmt. Ihre Frisur sah aus, als wäre sie rückwärts durch eine Hecke gezogen worden. Harry und Sirius mussten sich das lachen verkneifen und logen "Wunderschön, Arabella!" "Finde ich auch" sagte sie und setzte sich zu ihnen. "Die Muggel wissen wie man auch ohne Zauberei auskommen kann!" Harry wagte gar nicht, sich die Frisur noch einmal anzusehen, denn dann hätte er laut losprusten müssen. Stattdessen fiel ihm ein, weshalb er eigentlich her gekommen war. "Was ich euch noch fragen wollte" sagte er "Könnte einer von euch mit mir heute in die Winkelgasse fahren? Ich muss noch meine neuen Schulbücher besorgen." Er wedelte mit der Bücherliste. "Das trifft sich gut. Ich müsste sowieso noch ein paar Besorgungen machen" sagte Mrs. Figg und sah Sirius an "Unser Sirius isst nämlich für mindestens drei. Da komme ich mit dem Einkaufen gar nicht mehr hinterher..." "Klasse!" rief Harry und bemühte sich nicht auf Mrs. Figgs Turmfrisur zu starren. "Von mir aus können wir gleich los!", sagte Mrs. Figg. "Sirius, bleibst du hier?"

15 Er nickte und Harry stand auf und ging zur Tür. "Wir nehmen das Auto" sagte Mrs. Figg "Ich habe kein Flohpulver mehr." Und so stiegen die beiden in Mrs. Figgs kleines Auto. Diese hatte ein paar Schwierigkeiten, denn ihre Haare wurden von der Decke des Wagens wieder plattgedrückt. Zum Glück, dachte Harry, denn er glaubte, wenn er mit Mrs. Figg so durch die Winkelgasse gelaufen wäre, wäre es noch Aufsehen erregender gewesen, als mit dem Riesenhaften Hagrid. Flohpulver zu benutzen war keine schöne Art zu reisen, dachte Harry, doch es war ein Traum im Vergleich zu Mrs. Figgs Fahrkünsten. Harry wurde hin und hergeschaukelt, stieß sich andauernd den Kopf und hüpfte auf und ab. Mrs. Figg erzählte ihm während der ganzen Fahrt davon, für was für eine tolle Idee sie das Einkaufen vom Fernsehapparat hielt. Er hörte ihr nicht zu, schnappte allerdings ein paar Wortfetzen auf, wie "spart einfach Zeit... super bequem... man kann dabei Lockenwickler ins Haar drehen..." Nach einer unendlich langen Autofahrt waren die beiden endlich vor dem Tropfenden Kessel zum stehen gekommen und verließen den Wagen. "Arabella!", rief eine vertraute Stimme aus dem inneren des Tropfenden Kessels. "Hallo Remus!", rief Mrs. Figg und schritt auf einen Zauberer zu, den Harry sofort als Professor Lupin, seinen diesjährigen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste erkannte. "Oh, du hast Harry mitgebracht?" fragte Professor Lupin. "Hallo, mein Lieber. Wie geht es dir?" "Danke gut." Antwortete Harry knapp. Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte plötzlich wieder Professor Lupin, seinen einstigen Lieblingslehrer vor sich zu haben. Doch während Harry in Gedanken vertieft war, waren Mrs. Figg und Professor Lupin bereits in ein Gespräch versunken. "Ich geh' dann mal meine Bücher besorgen." rief Harry Mrs. Figg zu, die daraufhin stumm nickte und sich dann wieder zu Professor Lupin beugte. Um in die Winkelgasse zu kommen musste man nur auf den Hinterhof des Tropfenden Kessels gehen und eine Wand öffnen, indem man gegen einen bestimmten Stein tippte. Daran, wie dies zu tun war, konnte sich Harry noch sehr gut erinnern. Das plötzliche Öffnen der Wand war eine der ersten Dinge der Zaubererwelt, die ihn ins Staunen versetzte. Noch unglaublicher allerdings war der Anblick hinter der Mauer. Überall waren kleine und große Geschäfte, die alles verkauften, was das Zaubererherz begehrt. Die Winkelgasse war einer von Harrys liebsten Orten. Doch zum Staunen hatte Harry heute keine Zeit. Er zog eine Liste aus einer seiner Taschen, entfaltete diese und las:

Schüler der sechsten Klasse benötigen: Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 6 Monica Good: Apparieren - nah und fern Chelsea Shark: Magie innerhalb der magischen Elemente Morven Magpie: Phantastische Vogelwesen Nicolas Flamel: Die frühe Alchemie und Wissenschaft magischer Steine

Beim letzten Namen auf der Liste stockte Harry der Atem. Nicolas Flamel?

16 Über Nicolas Flamel hatte Harry schon im ersten Schuljahr eine Menge erfahren. Er war der Besitzer des einzig bekannten Stein der Weisen, einem Stein der dem Benutzer ein ewiges Leben und Reichtum schenkt. Lord Voldemort selbst hatte damals versucht an diesen Stein zu kommen, doch Harry hatte dies mit Hilfe seiner Freunde Ron und Hermine verhindern können. Danach wurde der Stein zerstört, was auch bedeutete, dass Nicolas Flamel sterben muss. Allerdings war er bereits über 600 Jahre alt. Harry jedenfalls war auf Flamels Buch besonders gespannt, aber auch die anderen Bücher auf seiner Liste hörten sich mehr als spannend und schwierig an. Erst jetzt realisierte Harry, dass er bereits das sechste Schuljahr besuchen und bald seine Zaubererausbildung abgeschlossen haben wird. Diesen Gedanken mochte Harry gar nicht, denn er hatte noch keine Ahnung, was er nach seiner Schulzeit anstellen würde. Während Harry an all den verlockend aussehenden Läden zur Gringotts Zaubererbank vorbeikam hielt er Ausschau nach Ron und Hermine, mit denen er sich doch heute in der Winkelgasse treffen wollte. Er traf einige andere Schul und Klassenkameraden, doch von Ron und Hermine war noch nichts zu sehen.

Nachdem Harry seine Taschen in der Gringotts Bank mit klimpernden Zaubergeld gefüllt hat machte er sich als erstes auf den Weg zu Flourish & Blotts, dem Geschäft, in dem Harry seine Bücher kaufen konnte. "Harry!" hörte er plötzlich eine Stimme hinter sich und wirbelte herum. "Ist das nicht der Wahnsinn! Ich wusste gar nicht, dass Nicolas Flamel ein Buch geschrieben hat! Ich meine, ich weiß natürlich alles über ihn, aber das... Ich habe mir all meine Bücher schon letzte Woche gekauft, weil ich es gar nicht mehr erwarten konnte sie zu lesen. Besonders Magie innerhalb der magischen Elemente hat es mir angetan, aber Phantastische Vogelwesen ist auch nicht schlecht. Dir wird es bestimmt gefa-" "Hermine jetzt halt doch mal die Luft an!" sagte Ron, der mit offenem Mund neben ihr stand aufgebracht. "Hat sich kein bisschen geändert, unsere Hermine..." "Hallo erst mal ihr beiden." meldete sich Harry zu Wort. "Hallo" sagte Hermine und Ron gleichzeitig. "Ich gehe gerade meine Bücher holen, ja?" sagte Harry. "Hey warte! Ich komme mit!" rief Ron hinterher. "Ich habe meine Bücher nämlich noch nicht... Ich habe in den Ferien besseres zu tun als Schulbücher zu lesen!" Ron grinste Hermine an, doch diese hatte die Nase beleidigt emporgestreckt. "Wenn sie doch nur nicht so eine Streberin wäre..." sagte Ron zu Harry. "Das hat uns schon einige Male sehr geholfen!" erwiderte Harry zu Hermines Verteidigung. Die beiden waren vor Flourish & Blotts angekommen und betraten das Geschäft. "Ich hätte gerne folgende Bücher..." fing Harry an, doch er wurde jäh durch einen Aufschrei unterbrochen. "Was zum..." "Sieh mal Harry! Nein, Hermine!" schrie Ron und deutete nach draußen. Harry sah, wie Hermine von einer vermummten Gestalt weggezerrt wurde. Sie schrie und versuchte sich wild umhertretend aus dem Griff des Mannes zu befreien. Die Menschen auf der Straße starrten wie gebannt auf das, was sich vor ihren Augen abspielte. "Warum tut denn keiner was?" schrie Harry.

17 "Bin ich lebensmüde?" schrie ein kahlköpfiger kleiner Zauberer aus der Menge zurück. "Lassen sie mich durch!" rief Harry und bahnte sich durch die Masse an Umstehenden. "Harry, nicht!" schrie Ron ihm nach, doch Harry hatte ihn nicht mehr gehört. Er versuchte stattdessen die Gestalt Hermines in der Menge auszumachen. "Sie sind dort langgelaufen." rief der Besitzer eines Ladens neben Flourish & Blotts. "Danke." rief Harry knapp und machte sich so schnell ihn seine Beine tragen konnten auf in die gezeigte Richtung. Wenn ich doch nur meinen Besen hier hätte, dachte Harry. Er bog um eine Ecke und konnte gerade noch erkennen, wie Hermine und ihr Entführer um eine andere Ecke bogen. Eilends rannte er ihnen nach, bis er durch den Zusammenstoß mit einer anderen Person aufgehalten wurde. "Verflucht!" schrie der Mann. "Oh, ähm... Harry! Was machst du denn hier?" Es war Professor Lupin, der, wie Harry auffiel sehr missgelaunt und ängstlich dreinsah. "Entschuldigen sie, Professor, aber ich habe jetzt keine Zeit, ich muss..."

"Ich glaube kaum, dass dies der richtige Ort für sie ist, Mr. Potter! Sie sollten schleunigst zurück in die Winkelgasse gehen." Sagte Professor Lupin mit ruhigem Ton. Er deute auf ein kleines Messingschild über ihm und Harry, auf dem in schwarzen Lettern stand: Nocturngasse. "Professor, ich wollte nicht... Hermine! Sie ist..." stammelte Harry. "...ist sicher bei den anderen und besorgt ihre Schulsachen Mr. Potter. Es tut mir leid. Ich weiß, das die Nocturngasse interessant für Schüler in deinem Alter ist, Harry, aber ich muss dich zurück in die Winkelgasse mitnehmen! Komm bitte, Harry, sonst bin ich gezwungen Professor Dumbledore zu informieren." "Professor Lupin, sie verstehen nicht!" schrie Harry beinahe. "Ich versteh sehr wohl! Wahrscheinlich jugendlicher Leichtsinn. Es ist gefährlich in der Nocturngasse, Harry! Glaub mir doch. Und nun folge mir bitte endlich! Ich habe noch anderes zu tun!" Professor Lupin schien nicht er selbst zu sein und Harry sah ein, dass er keine Chance hatte, also folgte er ihm widerwillig zurück zu Flourish & Blotts. "Warum waren sie eigentlich in der Nocturngasse, Professor?" fragte Harry auf dem Weg. Er war immer noch von Wut und Angst um Hermine erfüllt. "Ich, weil... weil... ähm... Im Auftrag von Hogwarts! Aber das geht sie gar nichts an! So, da wären wir. Sehen sie, dort ist ja auch ihr Freund Ron. Nun denn." Sagte Professor Lupin. "Werde ich mich von ihnen verabschieden!" Und er schritt mit wehendem Umhang davon. "Wo ist Hermine?" stieß Ron hervor. "Und was war denn mit dem los?" "Ich weiß es nicht" antwortete Harry. "Er hat mich nicht in die Nocturngasse gehen lassen!" "In die Nocturngasse?" wiederholte Ron. "Ja, dort ist der Typ mit Hermine hingelaufen!" sagte Harry. "Das hört sich gar nicht gut an!" sagte Ron. "Das muss ein Anhänger von du- weißt-schon-wem gewesen sein... Keiner traut sich etwas gegen sie zu tun. Die Leute denken, wenn so etwas passiert du-weißt-schon-wer sei nicht weit..." "So etwas passiert öfter?" fragte Harry ungläubig.

18 "Du scheinst bei den Dursleys ja überhaupt nichts mitzubekommen..." sagte Ron noch ungläubiger. "Natürlich. So etwas passiert fast jeden Tag. Aber warum ausgerechnet Hermine...?" "Wir müssen irgendwie in die Nocturngasse kommen, Ron!" sagte Harry bestimmend. "Mensch Harry, das ist viel zu gefährlich!" stieß Ron ängstlich hervor. "Ron, Hermine ist dort und wer weiß, was gerade mit ihr passiert!" erwiderte Harry. "Du hast Recht! Los! Kommst du irgendwie an den Tarnumhang?" fragte Ron. "Nein, leider! Meine Sachen sind noch bei den Dursleys...! sagte Harry kopfschüttelnd. "So ein Mist!" rief Ron. "Meinst du, wir sollten es noch einmal versuchen, einfach so dort hinzugehen. Ich meine Lupin wird diesmal ja wohl nicht dort sein, oder?" "Nein, lieber nicht. Das ist zu gefährlich. Lupin sagte er würde Dumbledore informieren. Ich frage mich was Lupin in der Nocturngasse zu suchen hatte..." sagte Harry. Harrys Gedanken kreisten um Hermine und was sie wohl gerade durchmachten musste. Auch Ron schien nachdenklich zu sein. Sie überlegten, wie sie in die Nocturngasse kommen konnten. Nach einiger Zeit ließ Ron eine Vorschlag hören. "Harry, damals, vor dem zweiten Schuljahr bist du doch auch in die Nocturngasse gekommen!" sagte er. "Da sind wir doch mit Flohpulver gereist und ich habe Winkelgasse nicht richtig ausgesprochen..." "Und du bist in der Nocturngasse gelandet, nicht wahr?" fragte Ron. "Du sagst einfach, du würdest gerne noch kurz mit zu uns nach Hause kommen. Fred und George besuchen und so weiter. Wir husten einfach ein bisschen, sagen Nocturngasse statt Fuchsbau und schon sind wir da wo wir hinwollen!" "Ist deine Familie denn auch hier irgendwo?" wollte Harry wissen. "Ja, Ginny und meine Mutter." Sagte Ron. "Mit wem bist du eigentlich da?" "Mit Mrs. Figg" sagte Harry. "Kannst du sie fragen, ob du mit zu uns kommen darfst?" fragte Ron. "Ja klar!" sagte Harry. "Ich mache mich gleich auf die Suche nach ihr. Und du suchst deine Mutter, klar? Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier!" "Viel Glück!" rief Ron noch. "Dir auch!" rief Harry zurück.

Nach zehn Minuten fand Harry Mrs. Figg, die den tropfenden Kessel noch immer nicht verlassen hatte. Er fragte sie, ob er mit zu den Weasleys könne. "Ich bin sowieso noch nicht ganz fertig hier" sagte Mrs. Figg, offenbar etwas angetrunken. "Geh ruhig. Du kannst morgen mit dem Flohpulver zu mir nach Hause reisen. Sag einfach 'Arabella Figgs Muggelhaus'" Und so machte sich Harry auf zum vereinbarten Treffpunkt, wo er auf Ron wartete. Da er noch immer nicht seine Bücher besorgt hatte, ging er auch noch einmal in die Buchhandlung und kaufte sich von jedem Buch auf seiner Liste zwei Exemplare. Ron hatte seine Bücher ja auch noch nicht bekommen. Kurz darauf erschienen Ron, Mrs. Weasley und Ginny, beladen mit Tüten vor Harry. "Hallo, mein Lieber!" begrüßte ihn Mrs. Weasley. "Du möchtest also mit zu uns?

19 Wunderbar. Mein Mann und die anderen werden sich sicher freuen. Nun aber schnell, ab nach Hause. Ron, hast du deine Bücher?" "Ich habe sie besorgt, Mrs. Weasley" sagte Harry. "Sehr schön. Das Geld gebe ich dir nachher. Los jetzt. Die Tüten sind schwer!" Und so machten sie sich auf den Weg in den Tropfenden Kessel, von wo aus sie mit Flohpulver reisen konnten. "Geh du vor, Mum!" sagte Ron. "Wenn deine Tüten so schwer sind..." "Na gut. Aber kommt rasch nach, ihr beiden! Los Ginny!" sagte Mrs. Weasley. "Zum Fuchsbau!" rief sie und verschwand. Auch Ginny rief "zum Fuchsbau" und weg war sie. "So" sagte Harry aufgeregt. "Los geht's! Was wird eigentlich deine Mutter sagen, wenn wir nicht bei euch zu Hause auftauchen?" "Dann sagen wir, wir haben noch ein wichtiges Buch vergessen und mussten später kommen." antwortete Ron. "Ich gehe vor" Er stieg in die Flammen, von wo aus sie reisten und sagte mit leicht zittriger Stimme "Nocturngasse" und verschwand in den Flammen. Harry trat hinterher murmelte "Nocturngasse" und kurz danach war auch er verschwunden. Im nächsten Moment fanden sich Harry und Ron in einer schmutzigen, schwarzen Gasse wieder. "Hier ist es ja noch viel unheimlicher, als ich dachte!" sagte Ron ängstlich. "Los! Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen Hermine finden!" rief Harry und die beiden gingen langsam durch die schmale Gasse, vorbei an Geschäften, die allesamt etwas mit schwarzer Magie zu tun hatten und an Leuten, die seltsam gekleidet waren, unheimlich oder gefährlich aussahen. Angst beschlich Harry und Ron. Angst, Hermine nicht zu finden, aber auch Angst ihnen selbst könnte in dieser grauenvollen Gegend etwas zustoßen. Hin und wieder sagte einer von beiden, er hätte etwas gesehen, was Hermine ähnlich sah, doch bisher hatten sie kein Glück. Stattdessen wurden sie von einem übelriechenden Zauberer abgesprochen, ob sie Interesse an einer Folterapparatur für Gnome hätten. Fast eine Stunde waren sie nun schon in der Nocturngasse und es wurde allmählich dunkel. "Wir werden sie nicht mehr finden!" sagte Ron hoffnungslos. "Wer weiß, vielleicht ist sie..." Doch in genau dem Moment hörten Harry und Ron laute Schreie und zuckten jäh zusammen. Sie wirbelten herum und schrieen wie aus einem Mund "Hermine!" Sie rannten, den Schreien folgend die Nocturngasse entlang. Die Schreie wurden mit jedem Schritt lauter und Harry spürte, dass Hermine nicht mehr weit entfernt sein konnte. Sie musste ganz nah sein.... Doch plötzlich blieb Harry stehen. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Es war, als wäre er zu Stein geworden. Er fiel zu Boden, sah um sich. Er erblickte ein Mädchen. Doch es war nicht Hermine. Seine Narbe schmerzte. Das Mädchen starrte ihn an. Er hörte wie Ron schrie. Er hörte noch immer Hermines Schreie. Er hörte Schreie in seinem Kopf... Was war hier los? Harry krümmte sich vor Schmerzen! "Nein!" schrie er. Und im nächsten Moment wurde Harry ohnmächtig.



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