Thaddäus´ Fun Paradise



Am einunddreißigsten Oktober war der nächste Termin für einen Hogsmeade Besuch. Fast jeder Schüler ab der dritten Klasse wollte diese Gelegenheit nutzen, um ein Wenig auszuspannen. Die letzten Tage vor diesem Mittwoch liefen vor allem im Unterricht sehr unruhig ab. Es wurde von Tag zu Tag schwerer, und vor allem Professor McGonagall ging an diesen Tagen härter denn je vor. Sie mussten einen Stuhl in einen Hund verwandeln, was natürlich nur Hermine und Siney auf Anhieb schafften. Doch nach einer viertelstunde hatten auch Harry und Ron den Dreh raus, und am Ende dieser schweren Stunde hatten es fast alle bis auf Neville geschafft. Bei ihm verwandelte sich der Stuhl nur zur Hälfte, so dass letztendlich eine auf Hundepfoten-laufende Holzlehne durch den Klassenraum wuselte. Alle kringelten sich vor Lachen, doch Professor McGonagall fand das überhaupt nicht lustig und gab Neville eine Unmenge Extra-Hausaufgaben auf. "Oh mein Gott", stöhnte er, "wie soll ich das denn alles schaffen? Ich will doch übermorgen noch mit nach Hogsmeade!" Harry war in seinem Leben erst einmal in so einer Passage gewesen, wie auch das Thaddäus' Fun Paradise eine war und dass, als die Dursleys ihn nirgendwo abschieben konnten, als sie mit Dudley und dessen Freund einen Ausflug machen wollten. Und obwohl er die meiste Zeit von Dudley geärgert wurde, war er von dem riesigen Glaskomplex, in dem sich so was wie eine kleine Stadt für sich befand vollauf begeistert gewesen. Es gab dort alle Läden die man sich nur denken konnte, und unter einem glasüberdachten Teil gab es sogar einen kleinen Freizeitpark gewesen, mit kleineren Karrussels, Schießbuden und ähnlichen Dingen. Harry fragte sich, wie wohl so was in der Zaubererwelt aussehen würde... Endlich kam der langersehnte Mittwoch, und die Spannung unter den Schülern stieg ins unermessliche an. Die Schüler der ersten und zweiten Klassen waren ziemlich enttäuscht, dass sie noch nicht mit durften. Doch Hermine munterte eine kleine Erstklässlerin der Gryffidors im Gemeinschaftsraum damit auf, dass das Festmahl zu Halloween am Abend auch supertoll sei. Daraufhin stolzierte die Kleine zu ihren Freundinnen, und nach kurzer Zeit war ihre Enttäuschung verflogen. Lächelnd trat Hermine zu Ron und Harry zurück. "Hermine, die Seelentrösterin!", kicherte Ron und erhielt daraufhin Hermines Ellbogen in die Rippen, was ihrem Grinsen nach aber wohl eher freundschaftlich gemeint war. "Naja, mir tun diese Krümel halt leid", erklärte sie "alle Welt redet von Hogsmeade, ist doch klar dass die Knirpse da auch hinwollen!". Und mit diesen Worten ging sie hinüber zu Neville der am Tisch saß und an seiner Feder kaute, weil ihm nichts einfiel, und half ihm bei seinen vielen Extra- Hausaufgaben, die er von Professor McGonagall aufbekommen hatte.

80 "Mann, sie ist echt dir perfekte Vertrauensschülerin", sagte Ron geistesabwesend und starrte Hermine nach. "Lieb, nett, fleißig, schlau, hilfsbereit." "...und eigentlich ziemlich hübsch, oder?", brachte Seamus Finnigan den Satz von Ron zu Ende. Er stellte sich zwischen Harry und Ron, welcher blitzschnell aus seinen Gedanken gerissen wurde und Seamus seltsam anstarrte. "Hey, keine Angst, Ron, ich mache sie dir schon nicht streitig!", grinste Seamus. Doch Ron war bis zum Haaransatz rosa angelaufen und funkelte Seamus giftig an. "Was redest du denn für Blödsinn, Seamus! Ich will nichts von Hermine, falls du das gerade damit meintest!", zischte er ihm zu. "Mann, ist doch nicht schlimm!", antwortete Seamus leise und blickte auf seine Armbanduhr. "Oh, verdammt, ich muss los... habe mich verabredet!" Er machte sich auf den Weg zum Portraitloch der fetten Dame, kehrte dann aber plötzlich noch mal um und kam zu Harry und Ron zurück. "Übrigens... ich habe mich mit Sally-Anne Perks, der Vertrauensschülerin von Slytherin verabredet, Ron", flüsterte er. "Frag doch einfach mal Hermine ob sie..." "ZISCH AB!", fauchte Ron, seine Gesichtsfarbe nahm schon ein dunkelrosa an, doch irgendwie klang das nicht wirklich wütend, fand Harry. "Was der nur glaubt...?" murmelte Ron kopfschüttelnd. Doch Harry war sich irgendwie sicher, das Seamus gar nicht mal so Unrecht hatte. Es war auch ihm aufgefallen, dass Ron ständig verträumt Hermine anblickte und auch ziemlich oft von ihr redete. Naja, dachte er, warum eigentlich auch nicht? Unwillkürlich musste er an Cho Chang denken, die nun in ihrem letzten Hogwarts Jahr war. Er spürte, wie er rot anlief, und sah grinsend zu Ron herüber, der ihn ebenfalls angrinste, und beide brachen in lautes Gelächter aus. Pünktlich um zwei Uhr nachmittags machten sich Harry, Ron und Hermine auf den Weg in die Große Halle. An dem großen Eingangstor herrschte schon ein dichtes Gedränge, es schien, als würden alle Schüler auf den Weg nach Hogsmeade sein. Für einen kuren Moment sah er Siney zusammen mit Parvati Patil, deren Zwillingsschwester Padma aus Ravenclaw, Lavender Brown und, wie Harry grinsend feststellte, auch mit einigen Jungen. Siney entdeckte auch ihn, lächelte, winkte ihm kurz zu und verschwand dann mit den Anderen im Gedränge. "Ich bin wirklich gespannt, wie der neue Laden in Hogsmeade aussieht", sagte Harry zu Ron, als plötzlich Seamus Hand in Hand mit Sally-Anne Perks auf sie zugehuscht kam und Ron etwas ins Ohr flüsterte. "Oder lade sie zu einem Butterbier in die Drei Besen ein", flüsterte er und zwinkerte Ron zu. Und zu Harrys großer Überraschung lächelte Ron und zwinkerte Seamus zurück.

"Was wollte er denn?", fragte Hermine und sah überrascht Sally-Anne nach, die mit Seamus an der Hand ebenfalls in der Menge verschwand. "Ooch... nichts...", log Ron und lief purpurrot an. Endlich kam die Erlaubnis von den Lehrern dass sie losgehen durften. Sie machten sich über das Hogwarts Gelände auf den Weg zum steinernen Eingangstor, und nach einem kurzem Fußmarsch erreichten sie das Dorf Hogsmeade. Schon von weitem sahen sie das Thaddäus' Fun Paradise. Doch Geschäft, Laden oder auch Einkaufszentrum war eigentlich nicht das richtige

81 Wort für das, was sich ihnen dort bot: Ein riesiger, verzierter Gebäudekomplex, und über dem aus, so glaubten sie, verzauberten Eingangstor aus glitzerndem Glas schwebte in riesigen, grell-neon-leuchtenden Lettern: "Thaddäus` Fun-Paradise!" Von überall hörte man ein "WAAAAHNSINN" und "IRRE" und "VOLL KRASS", und alle liefen begeistert auf den Eingang zu, vor dem sich schon eine lange Schlange gebildet hatte, weil nicht alle auf einmal durch das schon riesige Tor passten. Harry bekam (wie so ziemlich jeder) den Mund vor Staunen nicht mehr zu. Allein dieses äußere Erscheinen war nichts gegen das, was er schon mal mit der Familie Dursley gesehen hatte... Plötzlich knuffte Ron ihm in die Seite. "Drück mir jetzt die Daumen, Harry", flüsterte er ihm nervös ins Ohr. Harry wusste im ersten Moment nicht, was Ron damit meinte, doch er lächelte schließlich, als Ron sich noch einmal räusperte und dann zu Hermine umdrehte. Diese stolperte fast über ihre eigenen Füße, weil sie nicht die Augen von Thaddäus´ Fun Paradise lassen konnte. Schnell legte Harry ein paar größere Schritte vor, um nicht direkt neben Ron und Hermine zu stehen und gesellte sich zu Justin Finch-Fletchley und dessen Freunden aus Hufflepuff, die den riesigen Gebäudekomplex bestaunten. Harry tat so, als würde auch er das Fun-Paradise bestaunen, schielte jedoch zu Ron und Hermine herüber und spitzte die Ohren... "Was meinst du, wird ziemlich voll darin sein, oder? Was... was hältst du davon, wenn... wenn...", stotterte Ron, "...wenn... Ich lade dich zu einem Butterbier ein, einverstanden?" Harry nahm war, dass Ron dunkelrot angelaufen war, aber das war fast bleich im Gegensatz zu der Farbe, die Hermines Gesicht angenommen hatte, doch sie begann zu strahlen. "Oh... total gerne." lächelte sie Ron nervös an. "Wollen wir. wollen wir, ähm." Ron schien sich nicht sicher zu sein, was er denn jetzt fragen wollte, doch Hermine hatte wohl seine Gedanken erraten und sie führte seinen Satz unsicher zu Ende. "...Harry nicht... nicht mitnehmen...?", fragte sie zaghaft. "Ja, genau das meinte ich!", sagte Ron erleichtert und lächelte unsicher Hermine an. "Wir können ihn ja nicht hier alleine stehen lassen...", sagte Hermine und kam mit strahlendem Gesicht und leichten, federnden Schritten auf Harry zu, der sich schnell umdrehte und so tat, als hätte er nichts von Rons Einladung mitbekommen. "Ähm... Harry?", fragte sie. "Wir wollen jetzt erst auf ein Butterbier in die Drei Besen, weil es da vorne noch so voll ist". Sie deutete auf das Fun- Paradise, in das immer noch die Schülermenge strömte. "Kommst du mit?" "Ja, klar", antwortete Harry, und sie gingen zusammen in die kleine Kneipe, die nur mäßig voll war. Sie bestellten bei Madam Rosmerta, der Wirtin, ihr Butterbier und setzten sich an einen freien Tisch. Wie Harry amüsiert bemerkte, lächelten sich Ron und Hermine ständig unsicher an. Zufrieden nippte er an seinem Butterbier, als Madam Rosmerta zu ihnen kam. Na, ihr drei", sagte sie, "nicht in Thaddäus´ Fun Paradise?" Sie sah ein wenig traurig aus. "Nö, zu voll!", antwortete Ron. "Wir gehen nachher rein, wenn es dort ein wenig leerer wird..." "Und hier wieder voller!", beendete Hermine den Satz und sah Madam Rosmerta fragend an. "Ist es schon die letzten Tage so... na ja, etwas leerer hier drinnen?", fragte

82 sie vorsichtig. Madam Rosmerta seufzte und nickte. "Ja, leider... aber ich bin schon am überlegen... habe da schon so eine Idee... was haltet ihr davon, wenn ich dort in diesem Fun Paradise ein kleines, zweites Lokal eröffne? Dass ich dort dann zwar auch Met und Butterbier verkaufe, aber größtenteils große, bunte, fruchtige Cocktails anbiete? Ich sammle nämlich schon seit längerer Zeit die verrücktesten Cocktail-Rezepte, so welche die blubbern oder bunten Nebel spucken oder so... was haltet ihr davon?" Harry fand diese Idee super. Allein der Gedanke an einen nebelspuckenden Cocktail weckte sein Interesse. "Ja, das ist eine klasse Idee!", sagte er und Madam Rosmerta strahlte, als auch Hermine und Ron zustimmend nickten. "Dort habe ich dann nicht nur die Dorfbewohner und Hogwarts-Schüler als Kunden, sondern Leute aus ganz Großbritannien und vielleicht sogar aus der ganzen Welt! Stellt euch vor, in dem Fun Paradise gibt es nämlich einen Bereich, in dem es rund dreißig Kamine gibt, die alle an das Flohpulvernetz angeschlossen sind! Somit können Besucher aus aller Welt kommen..." Und so unterhielten sich die Vier noch eine ganze Weile, bis eine große Welle Schüler in die Drei Besen kam, um nach dem Fun Paradise Besuch noch ein heißes Butterbier zu trinken. Harry entdeckte ein paar Jungen aus Ravenclaw die ihm zuwinkten. "Hey, Harry! Wart ihr schon drin? Das ist echt der reinste Wahnsinn... total irre!", rief Donald Matthews, ein Siebtklässler aus dem Quidditch Team der Ravenclaws. "Nein", rief Harry zurück, "aber wir machen uns jetzt sofort auf den Weg. Ich kann es nämlich so langsam kaum noch aushalten!" Madam Rosmerta hatte jetzt alle Hände voll zu tun, um den Schülern ihr Butterbier zu bringen, und sie sah ziemlich erfreut aus, als eine weitere Menge Schüler den Pub betrat. Die meisten waren mit Tüten und Taschen irgendwelcher Läden (zweifellos aus dem Fun Paradise) beladen, und ließen sich lärmend nieder. Und so riefen Harry, Ron und Hermine die Wirtin zum Zahlen, da sie dann anschließend ebenfalls endlich in das Fun Paradise gehen wollten. Nachdem Harry sein Butterbier bezahlt hatte, wandte sich Madam Rosmerta Ron und Hermine zu. "Das... das geht beides an mich!", stotterte Ron verlegen und kramte mit purpurrotem Gesicht zwei Sickel aus seiner Tasche, während Madam Rosmerta abwechselnd Ron und Hermine ansah und verschmitzt lächelte. Nachdem die Getränke bezahlt waren, machten sich die drei Freunde auf den Weg zu Thaddäus Fun Paradise! Es war einfach nur atemberaubend, stellte Harry fest. Der Eingang war nicht aus glitzerndem Glas wie sie erst dachten, sondern aus klaren, verzauberten Wasser, das einen schillernden Torbogen ergab, ohne auf die darunter hergehenden Leute zu tropfen. Doch das war bei weitem nicht das einzig Unfassbare! Als sie durch den glitzernden Torbogen in das Gebäude eintraten, stockte ihnen der Atem... "WAHNSINN!!!", rief Harry begeistert, drehte sich um die eigene Achse und bestaunte diese neue, fabelhafte Umgebung, die er sich nie auch nur im Traum so vorgestellt hatte. Das schon imposante Äußere schien fast nichts gegen das zu sein, was sich ihnen hier bot: überall standen und schwebten grell-leuchtende, verzauberte Läden mit den unvorstellbarsten Waren ("Das eigene Freibad inklusive Sprungturm aus Glas zum Zusammenklappen - NUR HIER!"...); bunte, fantastische lebendige Skulpturen aus Licht, Feuer und Nebelschwaden; schaum-sprudelnde Fontänen-

83 Springbrunnen; total verrückte Karrussels, sogar eine Achterbahn gab es, die unter die Erde ging und dort auch noch Loopings hatte... Es wimmelte nur von Besuchern, und so schlossen sich Harry, Ron und Hermine der Menge an und staunten sich fast die Augen aus den Köpfen. Fasziniert blieben sie vor einem gigantischen Becken stehen, das etwa schulterhoch mit bunt glitzernden Wasser und blubbernden Schaumblasen gefüllt war. Darüber erhob sich ein riesiges Wasserrutschen-Gebilde, das aber nur durch und durch aus (verzauberten) Wasser bestand und die verrücktesten Variationen hatte, wie Schrauben oder große Loopings. Viele Leute in Badesachen, die sie zweifellos aus welchen der umherstehenden und -schwebenden Läden gekauft hatten, tobten sich dort vergnügt aus. "Häh? Wie funktioniert das denn?", fragte Harry, "Es ist doch fast November! Und dieses Rutschenparadies ist unter freien Himmel!?" Verdutzt blickten sie zum ersten Mal an die Decke. Doch es war keine Decke zu sehen, sondern tatsächlich nur strahlend blauer Himmel... Obwohl es draußen schon dämmerte und ziemlich kalt war, als sie aus den Drei Besen kamen, schien dort über dem ganzen Spaßviertel die Sonne und verbreitete überall über ihren Köpfen eine wunderschöne, sommerähnliche Wärme.

"Ich denke mal, dass der Himmel magisch verändert ist!", sagte Hermine mit interessiertem Blick. "Ich würde echt gerne wissen, wie das gemacht wird... ob wir so was auch noch irgendwann mal lernen?" Harry guckte zu Ron herüber und verdrehte die Augen. Das ist typisch Hermine, dachte er nur. "Mensch Hermine", sagte er und lachte. "Wenigstens in der Freizeit kannst du ja mal die Schule für einen Augenblick vergessen!" Hermine sah ein wenig zweifelnd aus, als Ron zustimmend nickte, und öffnete den Mund um ihnen zu sagen, dass so etwas doch irgendwann wichtig werden könnte, doch dann schloss sie den Mund wieder. Sie lächelte die beiden an. "Ihr habt ja Recht!", rief sie fröhlich und zog sie lachend weiter. Überrascht sahen sich Harry und Ron an, sie hatten jetzt schon mit einer Moralpredigt über das Lernen und die Schule gerechnet. Sie waren noch nicht einmal durch das ganze Fun Paradise gekommen, als Harry auf seine Armbanduhr blickte und sich wunderte, wie die Zeit so schnell vergehen konnte. "Hey, Hermine! Ron! Wir müssen uns jetzt schon langsam auf den Heimweg machen!", rief er den anderen beiden zu. "In einer knappen Stunde fängt das Festessen in der Schule an. Lasst uns lieber gehen, bevor wir noch zu spät kommen!" Hermine sah ein wenig enttäuscht aus. "Aber wir haben doch noch nicht einmal alles gesehen, geschweige denn etwas gekauft!", sagte sie. Sie seufzte und sah sich ebenfalls wie Harry um, wo Ron abgeblieben war. Dieser kam plötzlich mit einer Blume in der Hand wieder, die er offensichtlich von einer Feuerfigur geschenkt bekommen hatte. Mit leicht rosa Gesicht und einem Lächeln drückte er die Blume Hermine in die Hand. Erfreut guckte Hermine erst die Blume und dann Ron an. "D-danke...", stotterte sie und lächelte Ron an. Harry kam sich auf einmal ein wenig überflüssig vor. Er räusperte sich kurz und erinnerte dann die beiden daran, dass sie jetzt gehen mussten. Langsam kehrten sie um und machten sich auf den Weg zum Ausgang. Doch plötzlich hörten sie von weiter hinten ein entsetztes Schreien;

84 Erschrocken drehten sie sich um und versuchten zu sehen, was geschehen war. "Was ist los? Was passiert da?", fragte Hermine mit bebender Stimme. Ron nahm ihre Hand und stellte sich auf Zehenspitzen um besser sehen zu können. Alle Menschen waren stehen geblieben, hatten sich umgedreht, pressten erst die Hände auf den Mund. Alles war für Sekunden totenstill in ihrer Nähe. Dann plötzlich ging es wie in einer Kettenreaktion los, alle schrieen panisch und rannten wild und kopflos durcheinander; einige (meist Kinder und Schüler) stürmten von Angst erfüllt in die Geschäfte, andere wieder rannten dem Ausgang entgegen; die Luft war erfüllt von Schreien, Kreischen und einem seltsamen Zischen das aus dem hinteren Teil des Parks zu ihnen drang. Und jetzt hörte Harry es auch ganz deutlich, und dieses Geräusch ließ seine Nackenhaare automatisch zu Berge stehen: Ein hohes Sirren durchschnitt die Luft, ein greller, grüner Lichtblitz erschien über der panischen, flüchtenden Menge, und noch mehr Menschen schrieen lauter und panischer. "Da läuft wohl jemand Amok..." mutmaßte Ron. Er, Harry und Hermine hielten sich aneinander fest und versuchten, nicht von der Menge umgerannt zu werden. Sie waren zwar beunruhigt, doch sie wollten gerne wissen, was dort hinten eigentlich los war. Doch schon kam die Antwort auf dieses Rätsel: "TODESSER!!!", schrie eine junge Frau die aus dieser Richtung gerannt kam. Ihre Nase blutete und ihr Hut fiel ihr beim Rennen vom Kopf, doch darum kümmerte sie sich erst gar nicht. "TODESSER!!!", wiederholte sie. "Dreißig oder vierzig Stück! Rennt weg! LAUFT! Sie räumen alles aus dem Weg was ihnen dazwischen kommt... !" Wenn die vorherige Stimmung panisch gewesen sein sollte, gab es für den jetzigen Zustand keine Beschreibung mehr. "WEG!", schrie Hermine, "Lauft!" hastig machten sie sich auf den Weg in Richtung Ausgang, was bei der treibenden Menge keine Schwierigkeit war. Viele Zauberer erschienen, um gegen die Todesser zu kämpfen, doch sie hatten große Schwierigkeiten vorwärts zu kommen, da sie von der Menge wieder nach hinten gedrängt wurden. "Todesser!" - "Vielleicht ist Du-Weißt-Schon-Wer hier?!" - "Oh mein Gott!" ... Alle riefen wild durcheinander und rannten ohne auf jemanden zu achten dem Ausgang entgegen. Harry versuchte verzweifelt Colin Creevy wieder auf die Beine zu helfen, der gestolpert war und von der Menge zertrampelt zu werden drohte. "Ich... habe mir eine Rippe gebrochen oder... so, ... da ist jemand reingetreten... das tut so weh...!", heulte dieser, er war leichenblass vor Angst und Schmerz. Hermine fasste Colin am Arm und zog ihn mit sich. "Los komm, Colin... nicht stehen bleiben, weiter...", keuchte Harry und kämpfte sich mit Ron, Hermine und Colin im Schlepptau nach vorne. Doch Colin war nicht zu beruhigen. "Wir müssen noch auf meinen Bruder warten... Dennis wollte sich noch etwas kaufen..." schrie er verzweifelt und bevor Hermine sich versah, hatte er sich losgerissen und versuchte sich zurück zu kämpfen. Doch Harry bemerkte, zu seiner großen Erleichterung, dass er schon nach wenigen Metern von einem erwachsenen Zauberer am Umkehren gehindert wurde. Hinter sich hörten sie prasselnde Funken, lautes Zischen, krachende und splitternde Glasscheiben und lautes entsetztes Schreien. "HOGWARTS-SCHÜLER SOFORT RAUS!" ertönte auf einmal eine magisch

85 verstärkte Stimme über der flüchtenden Menge, und kurz darauf erschien eine große Menge Lehrer, die anscheinend von dem Eindringen der Todesser gehört hatten und nun in das "Fun-Paradise" strömten um den anderen Hexen und Zauberern zu helfen, die Todesser zu bekämpfen. "Potter!?", hörte Harry plötzlich eine laute, besorgte Stimme. "Harry Potter? Hat jemand Harry Potter gesehen? Oder eine Siney Eldird?" Harry, Ron und Hermine sahen, wie Professor Lupin sich suchend vorwärts kämpfte und nebenbei andere Schüler anwies, zum Schloss zurück zu kehren. "Wo sind Potter und Eldird?" "Professor!", rief Hermine plötzlich. "Professor Lupin, Harry ist hier!" Er sah sie zweifelnd an. "Ist Siney Eldird nicht bei euch?", rief er besorgt und sah sich suchend um. Harry schüttelte den Kopf und warf den anderen beiden einen überraschten Blick zu. "Nein, tut uns leid, aber Siney war nicht mit uns unterwegs!", antwortete er. Warum war es für ihn so wichtig, dass vor allem auch Siney zum Schloss zurück kehrte, fragte sich Harry in Gedanken und betrachtete die anderen Lehrer, die sich mit gezücktem Zauberstab vorwärts kämpften. "Sagt Siney dass sie SOFORT zum Schloss zurück soll... und ihr anderen auch! McMillan... Malfoy, Crabbe, Goyle, Parkinson, Bulstrode... zum Schloss!", rief Lupin, er hatte anscheinend einige Schüler in der Menge gesichtet. Ernie McMillan, ein Hufflepuff aus ihrer Jahrgangsstufe, tauchte sofort auf, seine Miene war blass und geschockt. Doch Malfoy und seine Freunde lachten nur. "Ach ja?! Was sind das bloß für böse, böse Leute?" höhnte er, und Crabbe und Goyle gaben glucksend ihren Anteil bei. "Draco, geht hoch zum Schloss!", hörten sie plötzlich eine kalte Stimme hinter sich. Harry wirbelte herum und erblickte Snape, der sich mit strenger, seltsamer Miene nach vorne kämpfte. "Natürlich, Professor Snape", sagte Malfoy und schob sich mit einem gehässigen Blick auf Lupin an Harry, Ron und Hermine vorbei. Nach und nach kamen sie dem Ausgang näher, sie hatten ihn fast erreicht, als sich auf einmal der Himmel über dem "Fun-Paradise" verdunkelte. Die Sonne verschwand hinter schwarzen Nebelschwaden, die den blauen Himmel verschleierten, bis es fast ganz finster wurde. Die Menge wurde noch panischer, als man kaum noch etwas sah, die bunte, grelle Beleuchtung der vielen Geschäfte war zum größten Teil erloschen. Nur ab und zu durchzuckten besonders helle Blitze und Funken die Dunkelheit, was den heftigen Kampf zwischen Hexen und Zauberern gegen die Todesser verriet. Das seltsame Prasseln der Funken, das Splittern der Glasscheiben, das Zischen und Sirren der Flüche und das entsetzte Schreien aus der Menge... das alles klang in der Dunkelheit noch unheimlicher, empfand Harry. Plötzlich erhellte etwas blendend Grünes den Himmel, und Harry hielt sich im ersten Moment wie die meisten anderen die Augen zu; er hatte das Gefühl zu erblinden, wenn er direkt in das Leuchten blickte. Als sich seine Augen an das gleißende Licht gewöhnt hatten, blickte er vorsichtig gen Himmel. Auch die anderen wagten einen Blick - und erstarrten! Am Himmel hatte sich das grüne Etwas verformt... ein höllisches Gesicht formte sich, aus dessen Maul sich eine Schlange wand... DAS DUNKLE MAL war erschienen!

86 Jetzt war den flüchtenden Leuten alles egal, sie rannten ohne Rücksicht auf Verluste, stießen Menschen beiseite, traten um sich, boxten sich durch das Gewühl... Auch die Leute, die bis zum letzten Moment nicht an einen Angriff von Voldemorts Anhängern geglaubt hatten, wurden jetzt von dem Dunklen Mal überzeugt und sahen zu, dass sie vorwärts kamen. "HALT!", kreischte Hermine auf einmal und drehte sich suchend um, den Blick auf die Erde gerichtet. "Ich... ich glaube, ich bin auf etwas draufgetreten... auf... etwas Weiches!" Und ehe Harry oder Ron sie festhalten konnten, bückte sie sich. Die flüchtenden Menschen nahmen darauf keine Rücksicht, sie liefen weiter und versuchten über Hermine hinweg zu steigen. Ein entsetztes Schreien, das eindeutig Hermines Stimme war, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Harry versuchte gemeinsam mit Ron Hermine wieder hoch zu ziehen, da sie dachten, dass die Leute in ihrer Panik auf sie drauf trampelten, doch den wahren Grund für ihr Schreien entdeckten sie nun selber. Harry spürte Übelkeit in sich aufsteigen, als er es sah; er dachte sich jeden Moment übergeben zu müssen... Hermine war auf etwas draufgetreten, und zu ihrem Entsetzen war es ein Mensch gewesen... Hermine starrte mit versteinerte Miene in das blutende, seltsam eingedellte Gesicht des jungen Zauberers, der dort auf der Erde lag, die Augen weit geöffnet... Es gab keinen Zweifel, dass er tot war... er war von der panischen Menschenmasse zu Tode getrampelt worden.. Mit einem ekelerregenden Gefühl im Bauch zogen sie Hermine mit sich, die ihren Blick nicht mehr von dem toten Zauberer lassen konnte. Doch anscheinend hatten die Anderen nichts davon gemerkt, sie stürzten weiter nach vorne, und schon bald war die Leiche wieder unter den Füßen der Masse verschwunden... Harry schloss nur noch die Augen und ließ sich nach vorne treiben, er hörte Hermine wimmern und schluchzen und wie Ron versuchte sie zu beruhigen. "Hermine, das war nicht deine Schuld", sagte er ihr eindringlich. "Er war bestimmt schon lange vorher tot, du konntest ihm schon gar nicht mehr helfen!!!" Harry sagte gar nichts, er befürchtete dass er sich übergeben müsste, wenn er auch nur den Mund öffnete. Immer wieder erschien vor seinem geistigen Auge der Anblick des toten jungen Mannes, seine weit geöffneten Augen, das blutverschmierte Gesicht im unheimlichen grünen Licht, diese seltsamen Dellen im... im zerbrochenen Schädel... Harry keuchte und versuchte tief Luft zu holen und die Welle von Übelkeit zu verdrängen. Er nahm wahr, dass auch Ron wie Hermine elend aussah.. Plötzlich hörte er neben sich ein Keuchen und blickte zur Seite. Siney lief mit Padma im Schlepptau neben ihm her, ein kleiner blutender Riss zog sich an ihrer Schläfe entlang. "Harry... besser... verschwinden...!", keuchte sie außer Atem. "Gerade... DU!" Er starrte beunruhigt Siney an, denn sie schien das sehr ernst zu meinen. "Wieso?", fragte er, "Wieso gerade ich? Was läuft hier eigentlich, und weißt du darüber Bescheid?" Doch Siney sah ihn nur ernst an. "Die Todesser!", sagte sie und sah sich um, als ob jemand etwas zu viel hören könnte. Doch in dem Lärm achtete keiner darauf, außer Hermine und Ron, die aufmerksam gelauscht hatten. "Die Todesser"; wiederholte sich Siney, "Sie suchen anscheinend irgendwen! Es kann ja sein, dass sie auf der Suche nach dir sind! Ich weiß es nicht, aber vielleicht..."

87 Sie sprach nicht weiter, doch Harry konnte sich schon seinen Teil denken. Hermine allerdings starrte Siney nur abweisend an. "Warum musst du ausgerechnet jetzt Angst und Schrecken verbreiten, davon haben wir doch im Moment mehr als genug!" sagte Hermine mit zitternder Stimme. Harry merkte, dass sie sich sehr wohl im Klaren darüber war, dass diese Möglichkeit nicht ganz unrealistisch schien, doch anscheinend wollte sie diesen Gedanken verdrängen. "Hermine", sagte Siney mit einem besorgten Blick," es ist wirklich gefährlich! Ich will das auch nicht wahrhaben, glaube mir, aber ich weiß.... ich denke, dass wir mit Allem rechnen müssen!" Harry schaute nickend zu Hermine herüber, die wenig beruhigt zu sein schien. Sie schaute Siney mit bösen Augen an, doch dann schüttelte sie den Kopf. "Tut mir leid, Siney" sagte sie nur matt und versuchte ein Lächeln, das ihr aber voll misslang. "Das meinte ich nicht so...!" Siney nickte nur, doch dann sah sie sich erschrocken um. Erst jetzt fiel Harry auf, dass Padma, die Zwillingsschwester von Parvati, nicht mehr neben ihnen herlief. "Siney, Hermine, Harry... Ron..wartet!" hörten sie nun Padma rufen. Siney blieb stehen und ließ sich ein wenig zurücktreiben, um Padma mit sich zu ziehen, die immer wieder nach hinten gedrängt wurde. Langsam wurde der Druck um Harry herum schwächer, sie waren offensichtlich dem Ausgang nahe. Endlich rannten sie durch das Wassertor, hinaus ins Freie, wo sie erst einmal tief Luft holten. Sie machten sich sofort auf den Weg zurück zum Schloss, doch nach einigen Metern musste Harry stehen bleiben. Seine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, sie schienen seine Last nicht mehr tragen zu wollen und er ließ sich erschöpft zu Boden gleiten. Hermine tat es ihm sofort gleich. "Nur ein paar kurze Augenblicke", schnaufte sie und legte den Kopf auf die Knie. Harry schaute sich um und entdeckte, dass sich viele Leute einfach hingesetzt hatten, sie nahmen die kalte Abendluft schon gar nicht mehr richtig wahr, ebenso wenig die feuchte Erde, auf der sie saßen, denn sie waren zu erhitzt und erschöpft von dem eben Erlebten. Überall trösteten sich die Menschen, manche liefen wie verstört nur durch die Gegend, andere diskutierten mit einem Blick der Unfassbarkeit das Chaos... Es war seltsam, fand Harry, einfach nur seltsam. Und wieder kehrten seine Gedanken zu dem toten jungen Zauberer zurück. Wie viele wohl das gleiche Schicksal erlitten hatten? Oder wie viele durch Flüche gestorben waren? Das hohe Sirren des tödlichen Avada Kedavra Fluches klang ihm jetzt noch in den Ohren... Sie blieben noch eine Zeit lang so sitzen, bis sie sich auf den Weg zurück zum Schloss machten.

Als sie die Schule erreichten, wurden sie gleich in die Große Halle gewiesen. Stumm setzten sie sich auf ihre Plätze, zu geschockt und erschöpft um die festliche Dekoration zu genießen. Keiner kümmerte sich um die vielen kleinen echten Fledermäuse, die wie immer zu Halloween durch die Halle flogen, ebenso wie um die riesigen, von Hagrid gezüchteten Kürbissen, in denen Kerzen flackerten. Noch nicht einmal die Erst und Zweitklässler interessierten sich noch für die Dekoration, andere Schüler hatten ihnen schon längst von dem grausigen Zwischenfall im Thaddäus´ Fun Paradise erzählt. Mit offenen Mündern lauschten sie den Schilderungen der Schüler, die im "Fun-Paradise" waren. Die Stimmung in der Großen Halle war von matt und erschöpft bis zu total hysterisch, viele zitterten noch, schluchzten oder schauten nur leer in die Luft.

88 "Wie vielen von uns Schülern wohl was passiert ist?", fragte Harry gedankenverloren. "Oder auch den Lehrern?" Er sah sich um und bemerkte, dass nur Hagrid und ein paar weitere Lehrer am Tisch saßen, die sie nicht richtig kannten. Ron zuckte mit den Schultern. Nach und nach erschienen auch die meisten anderen Schüler, und die leeren Plätze an den vier langen Haustischen verringerten sich zusehends. Und endlich, nach einer endlosen Zeit, so schien es Harry, kamen die Lehrer zurück, als letztes Professor Dumbledore. Seine Augen waren nicht fröhlich, er zwinkerte und winkte niemandem zu; er war einfach... einfach anders! Fast jeder hatte das wohl bemerkt, und eine seltsame, nervöse Stille trat ein. Jeder wollte neue Informationen, über die Todesser, über Mitschüler... An den Haustischen waren noch einige Plätze frei. Harry schaute nun auch zum Lehrertisch. Alle Lehrer standen und viele sahen erschöpft und fertig, aber auch wütend und traurig aus. Vor allem Professor McGonagall sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. "Ob... ob es wohl auch schlimmer verletzte oder auch... auch tote Schüler gibt?", murmelte Hermine leise. Sie blickte den Gryffindor Tisch entlang. Neben ein paar wenigen Mitschülern, die sich nicht all zu persönlich kannten, fehlten an ihrem Tisch Lavender und Seamus und die Creevy Brüder, wobei sie bei Colin schon halb wussten, was er hatte. In der Großen Halle begann ein unangenehmes Tuscheln und Wispern, denn die Lehrer standen immer noch, kein einziger hatte sich hingesetzt, auch wenn einige so aussahen, als wenn sie dies am liebsten auf der Stelle getan hätten. Plötzlich schlug die große Eingangstür auf, und Mme Pomfrey, die Hogwarts Krankenschwester, trat mit einer größeren Menge Schüler hinter sich in die Halle. Einige von ihnen hatten ein dickes Pflaster im Gesicht oder einen bandagierten Arm oder Fuß, andere wiederum schienen schon von kleineren Blessuren geheilt. Sie verteilten sich alle auf ihre Plätze, und bei den Gryffindors kehrten fast alle bis auf Lavender, Seamus, Dennis Creevy und zwei weiteren Viertklässlern zurück. Jeder der Schüler starrte gebannt zu Mme Pomfrey, die mit ernster Miene zu Dumbledore trat und sich leise mit ihm unterhielt, wobei die umsitzenden Lehrer zuhörten. Harry sah, wie Professor McGonagall die Hand vor den Mund presste und jetzt wirklich so aussah, als wenn sie gleich weinen würde. Überrascht guckte er zu Ron und Hermine, die das wohl auch bemerkt hatten und ziemlich betroffen dreinblickten. Auch die anderen Schüler schienen zu merken, dass etwas nicht in Ordnung war und das Wispern begann wieder wie ein wütender kleiner Wespenschwarm. "Und, Colin, geht's wieder?", fragte er Hermine leise und mitfühlend, und Harry wandte den Blick vom Lehrertisch ab. Doch Colin starrte nur auf den leeren Platz seines Bruders. "Wo... wo ist Dennis?", flüsterte er entsetzt. "Dennis... wo ist er? Das kann doch wohl nicht sein..." Er sah sich verstört um, ob sein kleiner Bruder vielleicht woanders saß, doch er konnte ihn nirgends entdecken. "Bestimmt ist er oben im Krankenflügel...", versuchte Ron den zitternden Jungen zu besänftigen, doch er schüttelte nur den Kopf. "Nein... Dennis ist nicht im Krankenflügel...", sagte er mit seltsam schriller Stimme, "...ich habe ihn dort nicht gesehen! Aber so eine Lavender von euch ist da... hat sich den Fuß verknackst und sich erschreckt, als einer der... der Todesser ihr was gesagt hat oder so..." Harry wechselte einen bedeutungsschweren Blick mit Ron und Hermine,

89 als Colin Creevy weiterstammelte. "... und zwei Jungs aus meiner Klasse... aber Dennis war nicht dabei...!!!" Hermine zuckte mit den Schultern und sah die anderen hilflos an. An ihrem Gesichtsausdruck schien Harry ihre Gedanken lesen zu können. Sie dachte wohl wieder an den Anblick des toten Zauberers, denn ihr Gesicht verzog sich zu einer schmerzhaften Grimasse. Da ertönte plötzlich Dumbledores Stimme, und Harry sah sich aufmerksam um. "Seid bitte einmal für einen wichtigen Augenblick still!" Sofort erstarb auch das kleinste Wispern, es schien als hätte selbst die Zeit den Atem anzuhalten. "Wie ihr vorhin erfahren oder selber erleben musstet, hat uns heute ein schreckliches Ereignis tief erschüttert. Anhänger Lord Voldemorts..." fast alle Schüler aber auch einige Lehrer zuckten bei der Nennung des Namens zusammen, doch Dumbledore sprach mit langsamer, schwerer Stimme weiter "... sind heute in das "Fun-Paradise" in Hogsmeade eingedrungen und haben eine grauenvolle Aktion gestartet. Sie griffen alle Menschen an, die ihnen im Weg standen und verursachten eine große Panik, bei der auch viele Leute zu Schaden kamen." Harry hörte Hermine neben sich schlucken, und auch in seinen Gedanken tauchte das unheimliche Bild der Leiche des jungen Mannes auf. Er schüttelte sich, als wenn er diesen Anblick abschütteln und für immer vergessen wollte, doch das gelang ihm nicht recht. Er versuchte nun wieder Dumbledores Worten zu lauschen. "...viele Zauberer und Hexen, aber auch Schüler von Hogwarts wurden bei dem Angriff verletzt. Unter den vielen Besuchern gibt es einige... einige Tote zu beklagen" Entsetzt starrten sich die Schüler an. Colin Creevy war noch blasser als vorher und krallte seine Hände in die Tischplatte. "Unsere Schüler hatten zum größten Teil sehr viel Glück gehabt, alle ... fast alle jetzt noch fehlenden Schüler befinden sich im Krankenflügel", fuhr Dumbledore leise fort. "Fast alle" hatte er gesagt, und Harry sah sich mit einem schlechten Gefühl in der Magengegend um, er wollte nicht wissen, was jetzt kommen würde, aber Dumbledore sprach weiter, er sah fertig und um Jahre älter aus. "Doch leider müssen wir euch die schlimme Nachricht überbringen, dass ein Schüler von uns bei dem Überfall... sein Leben lassen musste!" sagte er mit traurigem Gesicht. Überall in der großen Halle waren erstickte Schreie zu hören, und Colin sah aus, als würde er jeden Moment tot umfallen, als Dumbledore weitersprach. "...er war erst in der dritten Klasse bei den Gryffindors, und doch versuchte sich Dennis Creevy noch tapfer gegen zwei Todesser zu wehren, denen er nicht mehr aus dem Weg gehen konnte. Im Angesicht des Todes versuchte er zu kämpfen, doch sein Entwaffnungszauber kam gegen die Todesflüche zweier ausgewachsener Zauberer nicht an. Er starb, mutig und in Todesangst, bereit sich zu wehren, obwohl die Lage schon hoffnungslos für ihn war, als die Todesser ihn entdeckten." Dumbledore machte eine kleine Pause und sah still zur Erde, bis er den Kopf hob und weitersprach. "In Ehren müssen wir Dennis Creevy für immer in unserer Erinnerung behalten. Er starb, so wie viele andere, unschuldig im Kampf gegen das Böse..." Alles war totenstill, ab und zu unterbrochen von einigen erstickten Schluchzern, und alle starrten wie gebannt zum Gryffindor Tisch auf Colin Creevy. Dieser sah aus, als ob er das eben Gehörte nicht glauben würde. Er starrte ins Leere, schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf und begann noch heftiger zu zittern. Dann plötzlich brach er

90 weinend und schreiend zusammen. Er fiel auf seine Knie und weinte, vergrub seinen Kopf in den Händen und schien seine Ohren zuhalten zu wollen, als wenn er es nicht gehört haben wollte. Sofort stürzten Harry und auch Hermine auf ihn zu, um ihn zu trösten. Sie sahen aus den Augenwinkeln, wie sich Professor McGonagall rasch vom Lehrertisch erhob und mit schnellen Schritten und wehenden Umhang auf sie zugeeilt kam. Sie kniete neben Colin nieder, Tränen rannen ihr über das sonst so strenge Gesicht. Harry fiel auf, dass er Professor McGonagall noch NIE hatte weinen sehen, auch nicht als Cedric Diggory vor zwei Jahren starb, und auch er verspürte plötzlich einen dicken Knoten im Hals. Alle Schüler waren wie gelähmt, keiner sagte etwas, vielen Mädchen rannen Tränen über die erschrockenen Gesichter. "Er... er hat sich gewehrt... Dennis hat sich gegen richtige, böse Zauberer gewehrt... er war doch sonst immer so ängstlich...", heulte Colin verzweifelt. "... ich bin so stolz auf ihn... er hat sich gewehrt... aber... aber warum er? Warum gerade er???" Die Tränen rannen ihm nur so übers Gesicht, und viele Mitschüler konnten ihre Tränen der Wut und des Entsetzens nicht länger zurückhalten. Harry sah wie Ginny, Rons kleine Schwester weinend ihr Gesicht in ihrem Umhang vergrub, er hörte ein leises Schluchzen neben sich, auch Hermine kämpfte mit den Tränen. Keiner wusste etwas zu sagen, als Professor McGonagall Colin in Arm nahm, und während sie ihn trösten wollte, selber schluchzte, ihre Tränen rannen ihr über das Gesicht. Harry schaute mit leicht verschwommenen Blick zum Lehrertisch hinauf, viele Lehrer sahen erschüttert aus, anscheinend hatte auch keiner von ihnen Professor McGonagall je richtig weinen gesehen. Dumbledore machte eine kleinen Bewegung mit seinem Zauberstab, und ein kleiner Lichtvogel entflog aus dessen Spitze und flog zu der großen Tür heraus. Kurze Zeit später erschien schon Mme Pomfrey die Colin zusammen mit Professor McGonagall aus der Halle geleitete. Alle waren wie versteinert. Mit stummen Blicken folgten sie den Dreien, bis sie aus der Tür verschwanden und Dumbledore wieder das Wort ergriff. "Erhebt eure Kelche zu Ehren von Dennis Creevy.", sprach er mit versteinerte Miene und hob seinen Kelch in die Höhe. Alle Schüler standen auf und erhoben ihre Kelche, sogar die Slytherins, auch wenn Malfoy leicht amüsiert aussah, empfand Harry. "Dennis Creevy" murmelten sie alle mit gesenkten Köpfen und nahmen wieder Platz. "Das Essen soll beginnen" sagte Dumbledore leise. Die Tische füllten sich mit den köstlichsten Speisen, doch niemand aß etwas. Zu sehr saß ihnen noch der Schock in den Gliedern. Harry, der bis jetzt starr ins Leere geblickt hatte, sah zu Ron auf. Dieser blickte ebenfalls ziemlich geistesabwesend. "Was hat denn Lavender?", hörte Harry Siney fragen. "... einen gebrochenen Fuß und einen Schock", antwortetet Hermine. "Sie liegt im Krankenflügel. Ich denke mal, dass Seamus auch dort ist, oder was sagt ihr dazu?" Harry zuckte mit den Schultern und sah auf seinen Teller. Er verspürte eine leichte Übelkeit in sich aufsteigen und schaute schnell wieder weg. Vor seinem inneren Auge ließ er das ganze Geschehen noch einmal in Revue passieren... Wie sie in den Drei Besen saßen und dann anschließend in "Thaddäus´ Fun- Paradise!!!" gegangen waren... Das große Staunen in dem Fun Park. Die faszinierenden Läden und Attraktionen, der strahlend blaue Himmel... Plötzlich der entsetzte Schrei, die unendlich lange aber doch so kurze Totenstille; dann die Panik,

91 Massenhysterie, die sich ins Unermessliche steigerte als es bekannt wurde, dass Todesser eingedrungen waren, die flüchtende Menge... Colin Creevy, mit gebrochener Rippe auf der Erde... der tote junge Zauberer, auf den Hermine getreten war... Hermines entsetztes Schreien, als sie die Leiche sah...diese weit aufgerissenen Augen des Mannes auf der Erde... Harry schluckte und schüttelte sich, als ob er diese Erinnerung loswerden wollte, doch sie klebte an ihm wie ein Magnet. Er schien noch immer das entsetzte, panische Schreien der Menschenmasse in den Ohren zu haben, und auch das hohe, unheimliche Sirren, das ganz bestimmt das Sirren des rasenden Todes, des Avada Kedavra Fluches war... Vielleicht war eben jenes Geräusch das letzte Geräusch in Dennis Creevys Leben gewesen als er noch zusammen mit Ron und Hermine überlegt hatte, was das wohl gewesen sein könnte... Immer wieder kam ihm das verweinte, gebrochene Gesicht Colins ins Gedächtnis. Was er jetzt wohl fühlen musste, wo doch sein kleiner Bruder so was wie sein bester Freund war... wie Colin den leeren Platz seines Bruders sah, und Ron ihn noch trösten wollte, doch Dumbledore ihnen die schrecklichste Vorahnung bestätigt hatte... Doch auf einmal zuckte Harry so heftig zusammen, dass Hermine ihn verwundert anstarrte. "Was ist los Harry?", fragte sie ihn matt. "Lavender!", flüsterte Harry leise. "Colin sagte, dass sie im Krankenflügel sei weil sie einen gebrochenen Fuß und einen Schock hätte... einen Schock, weil einer der Todesser sie erschreckt hatte... vielleicht hat einer von denen ihr etwas zu dem Angriff gesagt???" Ron starrte ihn aber nur zweifelnd an. "Meinst du, da ist was dran?", fragte er ihn. "Naja, wir können ja mal hoch in den Krankenflügel und sie besuchen, vielleicht kann sie uns ja wirklich etwas dazu sagen... Ich würde nämlich echt gerne wissen, warum die Todesser diese ganze Tat begangen haben". Hermine nickte zustimmend. "Lass uns nach dem Essen zu ihr hochgehen...", flüsterte sie. Doch gerade als Harry den Mund öffnete um zu sagen, dass vielleicht Siney was dazu wüsste, erhob sich Dumbledore abermals von seinem Platz um noch einige Worte an die Schüler zu richten. "Nun, da wir angesichts dieser schrecklichen Lage nicht wirklich etwas essen können, wie es mir scheint, würde ich das Essen jetzt gerne beenden. Ich bitte alle Vertrauensschüler, ihre Häuser in ihre Gemeinschaftsräume zu führen. Ich möchte heute Abend keinen, ich wiederhole: Keinen einzigen Schüler noch im Schloss herum stromern sehen! Die Leute, die eine Eule zu ihren Eltern oder an andere Angehörige schicken wollen...", dabei warf er Harry einen bedeutungsschweren Blick zu, "... sind gezwungen, dies morgen und mit Begleitung eines Lehrers zu tun". Er sah mit prüfender Miene in die Runde und fuhr mit seiner Rede fort. ".. und dass ihr jetzt Angst habt, dass sich Anhänger Voldemorts,,," wieder zuckten die Leute bei der Nennung dieses Namens zusammen,"...hier auf dem Hogwartsgelände befinden könnten - nun ja, ich kann diese Befürchtung leider nicht ganz dementieren, das man angesichts des heutigen Geschehens wieder mit allem rechnen muss." Sein Blick hatte einen Ausdruck von kalter Wut angenommen, als er dies sprach."... doch ich versichere euch, dass alles Erdenkliche getan wird, um euch Schutz und Sicherheit zu gewährleisten zu können. Das wird natürlich auch einige Unannehmlichkeiten mit

92 sich bringen, wie zum Beispiel die genaue Überwachung des Schlosses und seiner Schüler." Er sah sich am Lehrertisch um, ob es noch Fragen gab. Aber wie die meisten Schüler saßen sie nur stumm vor ihren gar nicht oder nur kaum angerührten Tellern. Harry erhaschte einen Blick auf Malfoy, der aber trotz allem gut zugelangt hatte als wäre nichts geschehen, ebenso seine Freunde Crabbe und Goyle. "Nun, dann geht jetzt bitte unter der Führung eurer Vertrauensschüler in eure Schlafsäle zurück", sagte Dumbledore abschließend, doch anscheinend hatte Snape noch was zu sagen, denn er ging zu Dumbledore und flüsterte ihm etwas zu und setzte sich wieder auf seinen Platz. "Ähm...ja, wie mir Professor Snape gerade mitteilte, ist die Vertrauensschülerin der Slytherins nicht mit hier anwesend, stattdessen bringt jetzt bitte Mr. Malfoy die Slytherin Schüler in ihren Gemeinschaftsraum", fügte Dumbledore hinzu. Harry blickte zu Malfoy, der mit gewichtiger Miene sich an seinem Tisch umsah, damit auch jeder wisse, dass er Malfoy sei. Langsam erhoben sch alle, um ihren Vertrauensschülern zu folgen. Hermine kam mit schnellen Schritten auf Harry und Ron zu. "Geht ihr alleine in den Krankenflügel zu Lavender", sagte sie. "Ich muss die anderen in den Turm bringen!" Harry stellte fest, dass Hermine ein wenig geschmeichelt aussah, doch er sagte dazu nichts, er nickte nur. Er und Ron schlossen sich erst ihren Gryffindor Mitschülern an, doch an der zweiten großen Marmortreppe gingen sie unauffällig geradeaus statt nach links zu ihrem Turm. Siney allerdings hatte es wohl gemerkt, denn sie sah sie an, hob zweifelnd eine Augenbraue aber lächelte schließlich. "Dieses Lächeln von Siney sah aber eher besorgt aus, fandest du nicht?", fragte Ron während sie den dunklen Gang entlang huschten. Da fiel Harry wieder ein, dass er Ron erzählen wollte, dass Siney auch eine seltsame Andeutung gemacht hatte, so dass sie eventuell auch etwas über die Angriffe im "Fun-Paradise" wüsste. Doch gerade als er den Mund öffnen wollte, sah er Professor Sprout um die Ecke kommen. Mit einer hastigen Bewegung krallte er sich an Rons Umhang und zog ihn mit sich in hinter eine Statue. "Was ist....", brachte Ron gerade noch überrascht hervor, als Harry ihm den Mund zuhielt und auf den Gang deutete, wo Professor Sprout entlang lief, den Zauberstab griffbereit in der Hand. Sie warteten, bis sie vorüber war und anscheinend hatte sie nichts von ihrer Anwesenheit mitbekommen. "Verdammt, das war knapp...", sagte Ron und sah sich zu Harry um. "Danke, Harry, ich wäre ihr doch glatt entgegen gelaufen..." Er grinste Harry an, der nur mit den Schultern zuckte und sich aufmerksam umsah. Sie traten wieder auf den nun verlassenen Gang hinaus und machten sich eilig auf den Weg in Richtung Krankenflügel. "Los, hier lang, hinter dem Wandteppich dort hinten ist eine Abkürzung!", zischte Ron Harry zu. "Woher weißt denn du das?" fragte Harry verblüfft. Er ging hinter Ron her, als sie schnelle Schritte hörten. Wie zu Salzsäuren erstarrt blieben sie stehen, sie wollten schnell hinter den Wandteppich, um nicht gesehen zu werden, doch ihre Beine wollten nicht gehorchen. Die Schritte kamen immer näher, und Harry dachte sein Herz bliebe stehen, als die Person um die Ecke trat. Es war niemand anderes als Snape! Mit

93 gehässigen Lächeln starrte er sie an. "Potter, natürlich, wer auch sonst?! Aber das ist ja klar! Kaum wird alle Welt rebellisch gemacht, um für Sicherheit zu sorgen, denkt sich der berühmte Harry Potter: Mir passiert nichts!", flüsterte er sanft. "Bin ihm ja schließlich schon mal entkommen, warum sollte es diesmal anders sein?", versuchte er Harrys Stimme nachzuahmen. Harry spürte Wut in sich aufsteigen. "Das stimmt nicht!", stieß Harry wütend hervor. "Wir wollten in den Krankenflügel zu Lavender Brown!" Snapes lächeln steigerte sich in ein mörderisches Grinsen voller Schadenfreude. "Na, dann kommt mal mit, Potter und Weasley!", säuselte er. Ohne Frage, Snape würde sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen, dass er und Ron von der Schule entlassen würden. Doch Harry und Ron rührten sich nicht.

"Mitkommen habe ich gesagt!", bellte Snape. Er wartete, bis die beiden vor ihm gingen und wollte gerade losgehen, als sie laut und deutlich ein Geräusch hinter sich vernahmen. Snape drehte sich um und ging langsam und lauschend auf den Wandteppich zu. Mit einem Ruck riss er den Teppich zur Seite, und Harry hörte ein überraschtes Quietschen. Er stellte sich leise hinter Snape, um ebenfalls einen Blick in die Abkürzung, die zum Krankenflügel führte, zu erhaschen. Was sie dort sahen, ließ sie einen Moment ihre missliche Lage vergessen: Auf einem kleinen Stuhl an der Wand saß Seamus Finnigan, auf seinem Schoß Sally-Anne Perks, die Slytherin Vertrauensschülerin. Sie hatte ihren Pullover ausgezogen und saß, nur noch mit einem Hemdchen bekleidet auf Seamus´ Schoß, die Arme um seinen Hals geschlungen. Mit purpurrotem Gesicht stand sie auf und suchte auf der Erde nach ihrem Pullover, immer darauf bedacht sich vor Snape zu verstecken, der die ganze Szenerie mit einem seltsamen Blick betrachtete. Harry musste sich den Mund zuhalten, um nicht laut los zu prusten, so komisch war der Anblick der beiden und Snapes Gesichtsausdruck dazu. Langsam schien Snape seine Fassung wieder zu gewinnen. "Das gibt es doch wohl nicht!", bellte er und starrte die beiden an, Seamus saß immer noch auf dem kleinen Stuhl, starr vor Schreck über die unerwartete Störung von Snape. "Mrs. Perks, sind sie eigentlich noch ganz bei ihrem Verstand? Wissen sie überhaupt, was sie hier mit Finnigan tun?" "... ja, wir... haben das Fest vergessen... wir sind... schon ziemlich früh aus Hogsmeade zurückgekehrt und haben... und haben die Zeit vollkommen vergessen!" stotterte Sally-Anne und sah Snape unsicher an. Harry hatte so ein Gefühl, als wisse sie gar nicht, was sich in den letzten drei oder vier Stunden abgespielt hatte, denn sie guckte ziemlich dumm aus der Wäsche. Das hatte wohl auch Snape so gesehen. "Soll das etwa heißen, ihr wisst gar nichts??? Sie haben soeben in einer wichtigen Situation ihre Pflicht als Vertrauensschülerin nicht erfüllt! In einer sehr wichtigen Situation! Außerdem haben Sie zusammen mit Finnigan eine extreme Schulregel gebrochen!", donnerte Snape und starrte Sally-Anne außer sich vor Wut an. "Ich werde Sie jetzt, hier und auf der Stelle mitnehmen, um ihnen mit dem Einverständnis von Professor Dumbledore ihren Dienst als Vertrauensschülerin abzusprechen! Vollkommen verantwortungslos! Los, rauskommen!" sagte Snape aufgebracht. Dafür, dass er eine Schülerin seines Hauses beim Brechen einer Schulregel erwischte,

94 bestrafte er sie ziemlich hart, fand Harry. Es war für ihn keine Frage, dass Dumbledore angesichts die momentanen Lage Snapes Anforderung sofort nachkam. "Finnigan, 100 Punkte Abzug für Gryffindor- sofort hoch in euren Schlafsaal", funkelte Snape Seamus an und blickte dann weiter zu Harry und Ron. "Nach oben, habe ich zu euch gesagt! Und sagt diesem verdammten... Idioten, was hier überhaupt abläuft!" Er sah wieder zu Sally-Anne, die nun eher wie ein Häufchen Elend aussah. "Folgen sie mir, Mrs. Perks! Das wird noch Folgen für dieses verantwortungslose Verhalten haben..." Und mit diesen Worten schob er die jetzt entsetzt aussehende Sally-Anne vor sich her, während sich Harry und Ron Seamus schnappten und davon liefen. Sie waren so voller Glück, dass Snape sie nicht bestraft hatte, dass sie einen zweiten Anlauf zum Krankenflügel nicht wagen wollten. "Was ist denn überhaupt los?", fragte Seamus verwundert, und Harry und Ron erzählten ihm alles auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum, von dem Eindringen der Todesser in das "Fun-Paradise" bis zu der Mitteilung von Colin Creevys Tod. Sie erreichten schließlich den Gemeinschaftsraum, doch innerhalb dieses Weges hatte sich Seamus´ Verhalten von überrascht und locker zu total entsetzt gewandelt. Sie diskutierten nicht mehr lange, sondern sahen zu, dass sie ins Bett kamen. Von Colin Creevy war keine Spur, Harry vermutete dass er im Krankenflügel war. Er legte sich in sein warmes Bett, doch er hatte Angst vor dem Einschlafen und welche Albträume das mit sich bringen würde.





























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