### Ganz liebes Danke für alle Reviews! Wahnsinn, nach 2 Kapiteln schon 38 Reviews. Wir wissen gar nicht was wir sagen sollen. Wir sind fast sprachlos... So ganz aber dann doch nicht und so findet ihr am Ende des Kapitels die persönlichen Bemerkungen.

### Jetzt erst mal weiter mit der Geschichte!

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Hauch des Lebens

von: ManuKu und Salara

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~TEIL 3~

Es war still um diese späte Stunde in Lothlorien. Die fragilen Gänge waren zwar hell erleuchtet, wie alles in dieser magischen Heimstätte, doch kaum ein Elbe war zu sehen oder zu hören.

Der Bote stand mit gesenktem Haupt auf den Stufen und wartete. Ein Dutzend Elben hatten ihn an der Grenze zu Lothlorien freundlich, aber vorsichtig empfangen, wie es ihre Art war, und ihn ins Herz des Waldes eskortiert. Dann hatte man ihn plötzlich allein gelassen und nach der Herrin des Waldes geschickt, von der er schon so viel gehört hatte. Er zitterte innerlich, als er an all die Geschichten dachte, die er von Galadriel wusste. Sie vermochte selbst unter den Elben Unsicherheit auszulösen.

Als er schon glaubte, man hätte ihn vergessen, spürte er plötzlich die Anwesenheit einer großen Macht. Alle Gebilde in diesem Komplex des Waldes waren hell erleuchtet und von schimmernden Fäden durchwoben und es schien, als würden selbst die Pflanzen hier Licht aussenden. Und obwohl er es nicht für möglich gehalten hätte, wurde es plötzlich noch heller. Vor ihm schwebte eine Frau die Stufen herab, die direkt auf ihn zu kam und von einem überirdischen Leuchten umgeben zu sein schien. Der Blick des Boten wanderte langsam an ihrer Gestalt hinauf. Fast fürchtete er sich, ihr ins Gesicht zu sehen, doch er konnte seinen Blick auch nicht von ihr abwenden. Ihr Leuchten zog ihn magisch an. Sie trug keinen Schmuck, trotzdem ließ ihre Erscheinung keinen Zweifel daran, dass er vor einer wahren Königin stand.

Als er ihr endlich ins Gesicht sah, schlugen ihre Augen ihn in ihren Bann. Ihr Blau zog ihn an wie einen Wasserstrudel, der einen tiefer und tiefer hinabzog und gegen den er sich nicht wehren konnte. Er wusste in diesem Augenblick, dass sie, als sie in seine Augen gesehen hatte, bis auf seine Seele sah und den Grund seines Anliegens schon längst erkannt hatte.

„Du bringst mir Nachricht von König Thranduil." Ihre Stimme war leise und sie sprach mit einer melodischen Betonung, die einen innerlich vibrieren ließ. Es war eine Frage und gleichzeitig auch nicht.

Der Bote vertraute seiner Stimme noch nicht genug, um zu antworten. Also trat er einen Schritt vor und reichte ihr das gefaltete und gesiegelte Pergament des Königs.

Sie streckte ihre schmale Hand danach aus und ergriff die Botschaft. Dabei streiften ihre Hände die des Boten und mit einem Augenaufschlag sah sie ihn durchdringend an.

„Trauert nicht um euren Prinzen. Es gibt überall Hoffnung. Selbst in den kleinsten Dingen und Taten."

Der Bote sah erschrocken auf. Hatte sie laut gesprochen oder hatte er ihre Gedanken in seinem Kopf vernommen? Woher wusste sie um Prinz Legolas' Zustand?

Sie bedachte ihn mit diesem traurigen, wissenden Lächeln, das nur jemand besaß, dem all die Geschehnisse in Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart bewusst waren. Es war dieses Lächeln, das den Boten unbewusst aufatmen ließ. Lady Galadriel würde ihrem Prinzen helfen können. Sie war die Weiseste. Sie hatte viele tausend Jahre gelebt. Wer, wenn nicht sie, wusste, was zu tun war?

Doch als er sie wieder ansah, meinte er für einen ganz kurzen Augenblick, Hilflosigkeit in ihren Augen entdeckt zu haben. Doch es musste ein Irrtum sein, denn im nächsten Moment wandte sie sich ab und schritt die Stufen wieder hinauf. Sein Blick blieb wie hypnotisiert an ihr haften, bis sie in einem der Gänge verschwunden war.

***

Galadriel hatte die Nachricht Thranduils gelesen, obwohl sie schon wusste, was geschehen war. Es war einer der vielen möglichen Wege gewesen, die sie im Wasser der Orakelschale gesehen hatte.

Sie hatte den Schmerz und die Verzweiflung des Königs aus den wenigen Zeilen herauslesen können und sie fand zwischen den Worten die Hoffnung, dass sie etwas gegen das Schicksal seines Sohnes tun könnte.

Traurig strich sie über das feine Pergament und faltete es wieder zusammen, dann stand sie entschlossen auf. Sie würde noch einmal in die Orakelschale sehen, um zu prüfen, ob das, was sie bisher gesehen hatte, weiterhin zutraf.

Lautlos bewegte sie sich über den Boden des Waldes, als sei es ein Teppich, der nur für sie gewebt worden war, und stieg die steinernen Stufen hinab, bis sie an der Quelle stand. Die Quelle floss direkt in der Mitte des Waldes und sie war ein magischer Ort des Suchens und des Findens, eine Stätte voller Antworten und weiterer Fragen.

Galadriel ergriff die silberne Karaffe und schöpfte etwas von dem Wasser.

Ihr Gesicht war ausdruckslos, als sie an die Orakelschale herantrat und sie langsam mit dem Wasser füllte. Sie wartete, bis sich das Wasser beruhigt hatte und die Schale wie ein Spiegel wirkte.

Sie dachte an Thranduil, Legolas und Düsterwald, als sie an den Rand trat und hineinsah. Der trübe Schleier, der auf dem Wasser lag, lichtete sich und die ersten Bilder offenbarten sich ihr.

Thranduil liegt auf dem Boden seines Thronsaals und aus seiner Brust ragt ein Pfeil.
Legolas, voller Trauer, kniet neben seinem toten Vater...

„Vergangenheit, die nie geschehen ist," flüsterte Galadriel und fuhr mit der Hand über die Wasseroberfläche.

Legolas liegt auf seinem Lager.
Ein blutiger Schulterverband ziert seinen nackten Oberkörper.
Seine Augen sind weit aufgerissen und seine Seele dahinter schreit qualvoll...

„Gegenwart, die ist," hauchte sie in die Kühle dieser späten Abendstunde hinein und fuhr mit der Hand ein weiteres Mal über die Schale, um auch die Zukunft zu sehen.

Aragorn steht verloren und unschlüssig vor seinem Heer aus bewaffneten Kriegern.
Hilfesuchend sieht er sich nach Elrond und den anderen Elben um,
die den Menschen in diesem aussichtslosen letzten Kampf zur Seite stehen...

„Zukunft, die nie sein darf," murmelte sie und schloss die Augen. Nun wusste sie, wie sie sich zu verhalten hatte. Ihre Aufgabe war es jetzt, zur Seite zu treten und sich nicht einzumischen. Der zukünftige König von Gondor musste seine eigenen Erfahrungen sammeln, um Stärke und Verantwortung zu erringen und so zu dem zu werden, was ihn später auszeichnen würde. Er musste lernen, sich von den Elben zu lösen und auf seine eigenen Stärken zu vertrauen.

Sie sah zu, wie das Wasser der Orakelschale langsam durch die kleine Öffnung am Boden sickerte, bis die silberne Schale wieder leer und glänzend vor ihr stand. Dann wandte sie sich ab.

Es war Zeit, sich für die Reise nach Düsterwald bereit zu machen. Sie würde keinen Boten schicken, denn es war ihre Aufgabe, Thranduil mitzuteilen, dass sie keine Hilfe bieten konnte. Vielleicht vermochte sie es jedoch, Legolas in seiner bisher schwersten Stunde beizustehen...

***

Nie zuvor war Legolas klar geworden, dass die Zeit, die ihm das ewige Leben bot, auch zu seinem schlimmsten Feind werden könnte.

Seit jenem schicksalhaften Moment im Thronsaal waren erst ein paar Tage vergangen, doch für den Elbenprinz, den die Geschehnisse in seinem eigenen Körper gefangen gesetzt hatten, war bald jede zeitliche Orientierung verloren gegangen.

Legolas hatte alles Erdenkliche versucht, um seiner Umgebung ein Zeichen zu geben, ihnen deutlich zu machen, dass noch immer sein denkendes, fühlendes Wesen hinter dem gleichmäßigen Herzschlag steckte, doch seine Bemühungen blieben vergeblich.

Sein Vater war an jenem Tag noch einmal an seine Seite zurückgekehrt, hatte sich zu ihm ans Bett gesetzt und ihn in seine Arme gehoben. 'Es tut mir so leid,' hatte er Legolas zugeflüstert, wieder und immer wieder, bis dieser geglaubt hatte, den Schmerz in der Stimme seines Vaters nicht länger ertragen zu können.

Dann, unerwartet und mindestens ebenso schmerzlich, hatte Thranduil seinen Sohn wieder auf das Bett zurückgelegt, ihm ein letztes Mal über die Stirn gestrichen – und war gegangen. Seitdem hatte Legolas seinen Vater nicht mehr gesehen.

'Er hat dich aufgegeben...' flüsterte die hässliche Stimme der Furcht in seine Gedanken hinein und schien sich daran zu weiden, dass ein kleiner Teil von Legolas' Seele diese Möglichkeit nicht ganz von sich weisen konnte. 'Bald werden selbst die Diener nur noch widerwillig kommen...'

Es war dieser Moment gewesen, in dem Legolas zum ersten Mal unbändige Angst verspürt hatte und vor ihr in die Dunkelheit des Schlafes geflohen war.

Seither hatte der Prinz jedes Gefühl für die verstreichende Zeit verloren.

Er versuchte in den zunehmend kürzer werdenden Perioden des Wachseins seinen Verstand klar zu halten, indem er sich an jedes kleinste Detail seines langen Lebens zu erinnern versuchte, floh dann jedoch vor ihrer Lebendigkeit in die Finsternis des Schlafes, in der er die erzwungene Reglosigkeit nicht mehr wahrnehmen musste. Gelegentlich weckten ihn Bewegungen, doch nie waren es eigenständig vollbrachte. Es waren immer Diener, die ihn stumm und mit trauernden Mienen wuschen, ihn kämmten oder ihm mittels eines Löffels Wasser mit aufgelösten Lembas-Krümeln einflößten. Von allen Dingen hasste Legolas das am meisten, denn nicht einmal mehr etwas so Einfaches wie das Schlucken von Wasser lag in seinem bewussten Willen. Es waren die Reflexe, die die Nahrung ohne sein Zutun den Weg in seine Kehle finden ließen.

Gelegentlich unterbrach das Kommen eines Heilers die Eintönigkeit. Meist sah sich der Gelehrte die Schulterwunde an und legte einen neuen Kräuterverband darum, um anschließend wieder zu verschwinden – kopfschüttelnd, mit besorgter Miene und ohne ein Wort an Legolas zu richten.

Wann oder wie oft sich Tag und Nacht abgewechselt hatten, wusste Legolas nicht mehr zu sagen und es war ihm im Grunde auch gleichgültig geworden. Manchmal spielten Sonnenlichtreflexe an der Decke seines Zimmers, und dann stellte er sich vor, dass die Sonne auf ihn nieder schien, der Wind warm über seine Haut streichelte und es nichts Schöneres als einen Spaziergang durch den Schlossgarten gab. Jeden Weg beschritt er in seinen Gedanken so lange, bis er so etwas wie Glück in sich zu fühlen meinte und mit diesem Glücksgefühl in den Sinnen einschlief.

Gelegentlich, wenn der Prinz gerade wach war, glaubte er zu hören, dass sich die Tür zu seinem Zimmer öffnete und jemand in den Raum trat, doch da nie jemand zu ihm kam oder sich ihm sonst irgendwie bemerkbar machte, verwarf Legolas diese Geräusche schon bald als Einbildung und achtete nicht einmal mehr darauf, als er sie schließlich ein weiteres Mal zu vernehmen meinte.

***

König Thranduil öffnete – zum wohl zehnten Mal an diesem Tag – die Tür zum Zimmer seines Sohnes.

Seit dem Tod Damodins hatte der Elbenherrscher es nur ein einziges Mal übers Herz gebracht, sich seinem Sohn mehr als ein paar Schritte zu nähern, doch ein Blick in dessen leblose Augen war wie ein stummes Zeugnis seines Versagens gewesen. Er glaubte fest daran, dass es vielleicht schon einen Hinweis auf das Heilmittel gäbe, wenn er nur schneller gewesen wäre und Damodin das Messer hätte entwinden können. So jedoch schien ihn der Anblick seines hilflosen Kindes stets aufs Neue anzuklagen und der König brachte es seither nicht mehr fertig, sich Legolas mehr als ein paar Schritte zu nähern.

Die Heiler hatten ihm gesagt, dass sie nicht zufrieden mit dem Verlauf der Wundheilung waren. Sie machten nach jedem Verbandswechsel das ihnen unbekannte Gift dafür verantwortlich, und bis gestern hatte Thranduil ihrer Begründung sogar geglaubt.

Die zurückliegende Nacht hatte ihn jedoch zu einer neuen Sichtweise geführt.

Der König, der in seinen Gemächern vergeblich auf den Schlaf gewartet hatte, hatte sich schließlich dabei ertappt, dass er wie sein Sohn reglos auf dem Rücken lag und an die geschmückte Zimmerdecke starrte.

'Ist das der Anblick, den mein Sohn ertragen muss?', hatte er sich schließlich gefragt und ganz bewusst darauf geachtet, den Blick nicht abzuwenden, weil Legolas dies ja auch nicht konnte. Es hatte jedoch nicht lange gedauert, bis Thranduil den Kopf dennoch weggedreht hatte. In diesem Augenblick war in ihm der Entschluss gereift, etwas zu tun. Und es dauerte auch nicht lange, bis eine Idee seine Gedanken gefangen nahm. Egal, ob Legolas alles um sich herum mitbekam oder nur noch eine leere, wenn auch atmende Hülle war. Vielleicht war er nicht in der Lage, seinem Kind zu helfen, ins Leben zurück zu finden, doch zumindest konnte er Legolas' Umgebung etwas erträglicher gestalten.

Thranduil nickte, als er sein Vorhaben überdachte und schließlich für gut befand. Es würde Legolas sein Schicksal sicher ein wenig erleichtern.

Beruhigt, weil er zum ersten Mal das Gefühl hatte, selbst etwas tun zu können, ließ sich Thranduil schließlich vom Schlaf übermannen.

***

Erneut wurde Legolas unerwartet von Bewegungen aus dem Schlaf geweckt.

'Es ist also schon wieder Morgen...'

Über sich sah er die Gesichter von Dienern schweben. Ihre Blicke glitten über ihn hinweg, während sie sich – wie an jedem Tag – wortlos um ihn kümmerten.

'Redet doch mit mir. Nur ein Wort... Sagt mir doch, wie es meinem Vater geht, warum er nicht mehr zu mir kommt... Irgendetwas... Aber sprecht mit mir...', bat er lautlos – wie an jedem Tag – vergeblich.

Dann spürte Legolas plötzlich, wie man ihn anhob und behutsam auf eine Bahre umbettete, die kurz darauf angehoben wurde und sich in Bewegung setzte.

'Was geschieht hier? Wo bringt ihr mich hin?'

Unvermittelt war jenes Furchtgefühl wieder da, das langsam aber stetig an Kraft zu gewinnen schien.

'Um Iluvatars Willen, sagt mir doch, wo ihr mich hinbringt...'

Sein an die Decke gerichteter Blick sagte ihm, dass man ihn aus seinem Zimmer gebracht hatte und nun den langen Wandelgang entlang trug. Es dauerte einige Augenblicke, bis der Prinz aus seiner liegenden Position heraus erkannte, dass man ihn in die hinteren Teile des Schlosses brachte. Legolas wusste, was sich in diesem Gebäudeteil befand: die Halle des Abschieds. Man brachte im Kampf getötete Elben oder jene, denen die Heiler nicht mehr helfen konnten, dorthin, damit ihre Familien ungestört von ihnen Abschied nehmen konnten. Die Decke und zwei Wände des Raumes waren aus Glaselementen, so dass die Elben in ihren letzten Stunden von Himmel, Sternen und den Bäumen umgeben waren.

'Die Halle des Abschieds? Vater, nein... Das kannst du doch nicht wirklich tun...'

Plötzlich war die winzige Stimme wieder da, die seine Furcht mit ihrer unerträglichen Häme noch verstärkte. 'Siehst du, ich habe es dir doch gesagt: Dein Vater hat dich für todgeweiht erklärt, und nun werden sie dich in die Halle des Abschieds bringen – zum Sterben...'

'Zum Sterben? Ich liege nicht im Sterben. Ich bin doch hier. Sie können doch nicht wirklich glauben, dass ich sterbe...'

Sein von Panik ergriffenes Herz hämmerte wie wild in seiner Brust, die kaum noch genügend Kraft zum Atmen zu haben schien, bis Legolas schließlich nur noch schreien konnte – stumm und qualvoll...

***

Thranduil hatte es kaum abwarten können, alle für seine Idee notwendigen Schritte in die Wege zu leiten. Gleich am Morgen hatte er Befehl gegeben, seinem Sohn im hinteren Schlossgarten ein bequemes Lager im Schatten alter, mächtiger Bäume zu bereiten und ihn anschließend dorthin zu bringen.

So stand er nun neben der geöffneten Tür zu Legolas' Zimmer und sah zu, wie die Diener den Prinzen vorsichtig auf eine Bahre umbetteten und diese anschließend aus dem Zimmer in Richtung des rückwärtig gelegenen Gartens trugen.

Thranduil folgte der Prozession in einigen Schritten Abstand und zum ersten Mal seit dem Anschlag hatte er wieder das Gefühl, dass sich die Dinge doch noch zum Besseren wenden lassen konnten.

Ein zaghaftes Lächeln glitt über das Gesicht des Königs. 'Das wird dir bestimmt gefallen, mein Sohn...'

***

Aragorn betrat zusammen mit seinem Vater das Schloss. Während sie unterwegs zu König Thranduil waren, kümmerten ihre Begleiter sich um die Pferde. Die beiden Elben, die sie ins Schloss führten, um sie zum König zu bringen, wirkten bedrückt. Das war kein gutes Zeichen. Es musste wirklich schlecht um den Prinzen stehen.

Aragorn war schon lange nicht mehr in Düsterwald gewesen. Das letzte Mal war zu den Festlichkeiten anlässlich der Sternenfeier vor zehn Jahren gewesen. Damals war er Legolas nicht begegnet, weil der elbische Prinz auf einer diplomatischen Mission unterwegs gewesen war, die ihn abkömmlich bleiben ließen. Der Junge von damals hatte es bedauert, den angeblich besten Bogenschützen nicht persönlich kennenlernen zu können.

Nun war er wieder in Düsterwald. Doch dieses Mal kam er nicht nur als Besucher, sondern auch als Freund – als ein sehr besorgter Freund. Er sah kurz zu seinem Vater, der schweigend neben ihm ging und anscheinend auch tief in Gedanken versunken war.

***

Lord Elrond betrat Thranduils Reich mit gemischten Gefühlen. Er war froh, das der Elbe endlich wieder Kontakt zu ihm aufgenommen hatte, obgleich er wusste, das es eher reine Verzweiflung als der Wunsch war, wirklich wieder freundschaftliche Wege zu gehen.

Seit einigen hundert Jahren – Elrond wusste selbst nicht mehr, wie lange – schwelte der Unfriede zwischen Bruchtal und Düsterwald. Es war eine leise Zwietracht, die aus unterschiedlichen Auffassungen, Politik und die sozialen Strukturen in Mittelerde betreffend, entstanden war. Elronds menschliche Hälfte ließ ihn vieles, was die Menschen in Mittelerde betraf, toleranter betrachten. König Thranduil hingegen maß jeden nach elbischen Maßstäben und viele konnten diesen hohen Anforderungen nicht genügen.

Er schaute zu Estel und fragte sich, was Thranduil wohl von der Freundschaft seines Sohnes mit einem Menschen hielt.

***

König Thranduil stand auf dem Balkon seiner Gemächer und schaute auf den Garten hinaus. Seine Gedanken weilten wie so oft in den letzten Tagen bei seinem Sohn. Seine Gedankengänge wurden unterbrochen, als jemand leise an seine Tür klopfte.

„Herein!" rief Thranduil abwesend und starrte weiterhin auf das Grün der Bäume im Garten.

Erst als sich hinter ihm jemand räusperte, sah er auf und drehte sich um.

„Entschuldigt die Störung, Hoheit. Ich wollte Euch nur mitteilen, dass Lord Elrond mit seinen Begleitern im Schloss angekommen ist. Wollt Ihr sie im Thronsaal empfangen?"

Thranduil hatte den Thronsaal seit dem Anschlag versucht zu meiden, so oft es ging. Lord Elrond war kein förmlicher Elbe und bestand selten auf das Zeremoniell. Nein, er würde den Thronsaal in nächster Zeit nicht betreten.

„Führe Lord Elrond bitte in den hinteren Garten. Ich möchte, dass er sich meinen Sohn sofort ansieht."

Der Diener nickte und verbeugte sich. Dann ging er hinaus und schloss leise die Tür hinter sich. Nachdenklich stand Thranduil noch eine Weile auf seinem Balkon und überlegte, wie er Elrond gegenübertreten sollte. Es stand einiges zwischen ihnen. Der König schüttelte den Kopf. Hier ging es um das Leben seines Sohnes. Er würde jeden Stolz beiseite schieben und, wenn es sein musste, Lord Elrond auf Knien bitten, seinen Sohn zu heilen. Und sollte er dazu nicht in der Lage sein, lagen Thranduils letzte Hoffnungen bei Galadriel.

Entschlossen wandte er sich zur Tür, um Elrond im Garten zu treffen.

***

Elrond und Aragorn wurden in den Garten geführt. An einem Brunnen bat man sie höflich, auf den König zu warten, der jeden Augenblick kommen musste. Dann zogen sich die Diener unauffällig zurück.

Aragorn sah sich um, doch er war von der Schönheit des Gartens unbeeindruckt. Seine Gedanken weilten bei Legolas.

„Warum bringt man uns in den Garten? Solltest du nicht gleich nach Legolas sehen?" fragte er seinen Vater.

Doch bevor der ihm antworten konnte, kam Thranduil auf sie zu. Die beiden Elben sahen einander einen Augenblick schweigend an. Elrond suchte den Hochmut der Elben in den Augen Thranduils, der dort immer offen zu erkennen gewesen war, fand ihn jedoch nicht mehr.

Thranduil suchte nach so etwas Ähnlichem wie Schadenfreude darüber, dass weder Mensch noch Zwerg noch Orc oder eine andere dunkle Macht dies Legolas angetan hatten, sondern es ausgerechnet ein Elbe gewesen war, doch Thranduil fand nur ehrliches Mitgefühl in den Augen des anderen Elben.

„Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid, Lord Elrond!"

Thranduil verneigte leicht das Haupt und allein diese Geste überzeugte Elrond endgültig davon, dass in den letzten Jahren eine Veränderung in Thranduil vorgegangen sein musste.

„Ich werde versuchen, alles in meiner Macht stehende zu tun, Eurem Sohn zu helfen," versprach Elrond.

Thranduil wandte sich Aragorn zu und musterte ihn. Aragorn hielt seinen Kopf stolz erhoben und hielt dem Blick des Königs stand.

„Ihr seid also Estel, der Mensch, der meinem Sohn im Kampf gegen die Zwerge mit seinem eigenen Leben beigestanden hat?"

Aragorn nickte wortlos.

„Dafür danke ich Euch!" sagte Thranduil schlicht. Diese Worte, einem Menschen gegenüber ausgesprochen, waren ein großes Eingeständnis für den König.

„Ihr Sohn ist ein starker und tapferer Mann, König Thranduil. Er wird es auch dieses Mal schaffen. Können wir ihn jetzt sehen?" fragte Aragorn ungeduldig und richtete damit die Gedanken der Anwesenden wieder auf die Ursache dieses Besuches.

„Natürlich. Folgt mir bitte!"

Thranduil führte sie in den hinteren Teil des Gartens. Dort stand unter einem großen alten Baum mit weiter Krone ein kleiner nach oben offener Pavillon. In seiner Mitte war ein bequemes Lager aus Fellen und bestickten Decken bereitet, auf dem der Prinz lag.

Aragorn eilte vorwärts und kniete schließlich neben dem Lager nieder. Behutsam berührte er Legolas' Schulter und betrachtete ihn.

Die offenen Augen des Elben blickten durch das grüne Blätterdach über ihm in den Himmel, doch Aragorn konnte nicht erkennen, ob Legolas gemerkt hatte, dass er nun bei ihm war. Dafür wusste er mit einer beinahe unheimlich anmutenden Sicherheit, dass Legolas' Seele in seinem Körper gefangen war und sich nach Erlösung sehnte. Er glaubte, ein Glitzern in den Augen des Prinzen gesehen zu haben, doch es konnte auch ebenso gut ein Lichtreflex gewesen sein, der sich in den klaren blauen Augen des Elben gespiegelt hatte. Trotzdem erschien es dem jungen Mann, als ob sein Freund ihm zugezwinkert hätte.

„Ich werde den Eindruck nicht los, dass uns nie normale Begegnungen beschieden sein werden, Legolas, aber dieses Mal musst du nicht erst mit meinen Heilkünsten vorlieb nehmen," scherzte er in Anspielung auf ihr erstes Treffen. „Ich habe meinen Vater mitgebracht. Er wird dir sicher helfen können."

Aragorn strich dem Elben ein kleines Blatt aus dem Haar, das der Wind von einem der Bäume zu ihm herübergeweht hatte. „Verliere nicht die Hoffnung, mein Freund."

Dann trat er zur Seite und überließ Elrond seinen Platz.

***

Legolas genoss die Zeit im Garten. Nachdem sich seine anfänglichen Befürchtungen nicht bestätigt hatten, dass man ihn in die Halle des Abschieds brachte, war er seinem Vater dankbar für diese Aufmerksamkeit. Dieses Verhalten zeigte ihm, dass sein Vater noch immer daran glaubte, dass Leben in ihn steckte und er seine Umgebung wahrnahm.

Warum spricht er dann nicht mit mir?

Legolas fand keine Antwort darauf und verlor sich bald im Tanz der schwingenden Zweige des Baumes, der seine Krone über das offene Dach des Pavillons breitete. Das Rascheln der Blätter schläferte ihn ein und wie so oft in den letzten Tagen suchte sein Geist Vergessen im Schlaf.

Eine Berührung holte ihn Augenblicke später zurück... oder waren es Stunden gewesen... oder Tage? Legolas hatte jedes Gefühl für die Zeit verloren. Es schien später Nachmittag zu sein, doch sicher war der Elbenprinz sich nicht.

Jemand berührte seine Schulter. Als Legolas' Blick klar wurde, schob sich das besorgte Gesicht Aragorns in sein Blickfeld. Der Mensch musterte ihn aufmerksam.

Legolas hätte weinen können vor Erleichterung. Endlich sah er wieder jemanden, der ihm nicht mit Trauer im Gesicht gegenübertrat, sondern mit Zuversicht. Lord Elrond hatte seinem Ziehsohn einen würdigen Namen gegeben. Estel hieß im elbischen Hoffnung, und genau diese Hoffnung strahlte Aragorns gesamte Erscheinung momentan aus.

Als Legolas dann Lord Elrond in seinem Blick erscheinen sah, wusste er, woher Aragorns Hoffnung rührte. Sein Vertrauen in die Heilkraft seines Vaters war unerschütterlich.

Und so überließ Legolas sich seinen Händen und fühlte bald ein warmes Kribbeln, das seinen ganzen Körper durchfloss und seine Energie wieder aufleben ließ.

***

wird fortgesetzt

*** Black Pearl: Also wenn wir unsere Musen in die Karibik schicken, dann sehen wir die wahrscheinlich nie wieder. Uns würde so ein traumhafter Urlaub allerdings sehr gut bekommen!
*** Evala: Tja, warum trifft es eigentlich immer Legolas? Klare Antwort: Er ist Elbe und fast unsterblich. Seine Heilkraft ist größer, als die von Aragorn. Ihn darf man immer etwas mehr leiden lassen, ohne dass sein Ende permanent ist... Hm, also wenn wir ehrlich sind, dann wissen wir es selbst nicht. Hat sich einfach so ergeben!
*** Kaeera: Wir müssen noch bis Mitte Februar auf Cassias und Sios Story warten??? *argh* Wie schrecklich!!! Also Aragorn darf sich in dieser Story endlich beweisen. So richtige Aragorn angst ist leider noch nicht dabei. Aber es juckt uns in den Fingern, dies in der nächsten Story zu verwirklichen.
*** Dragon_of_the_north: Ja, ja, wir haben nur noch darauf gewartet, dass jemand die Ähnlichkeit zwischen „Betrayal" und unserer Story bemerkt. Aber ehrlich, unsere ersten vier Kapitel standen schon, als Cassia und Sio ihre Story ins Netz stellten. Ich hatte gleich Salara angerufen und sie musste sich entsetzt anhören, dass auch die beiden Mädels Geheimgänge im Schloss von Düsterwald eingebaut hatten (welches Schloss hat das nicht) und ein böser Verwandter Thranduils auftaucht. Hey, unser Problem war, jemanden zu finden, der Legolas in seinem eigenen Heim verletzen konnte und doch Thranduil treffen wollte. Die Motivation für einen durchgeknallten Elben konnte nur tiefe Trauer sein, also blieb nur eine von Thranduil verschmähte Liebe... Und so kam eines zum anderen. Manchmal fragen wir uns, warum wir überhaupt noch schreiben, weil auf die eine oder andere Art ist jede Idee schon mal geschrieben worden...
Was den Namen Damodins angeht, so haben wir versucht, aus den bekannten Namen Silben herauszunehmen und anders wieder zusammen zu setzen. Irgendwie klang Damodin dämonisch genug für unsere Zwecke. Ancilla stammt aus Salaras umfangreiche Namensliste. Auf den Schulen, auf denen wir gingen, stand statt Latein Russisch auf dem Stundenplan. Ancilla ist also ein rein zufälliges Namensprodukt. Ancilla bedeutet Slavin oder Dienerin??? Wie hätte Freud so etwas wohl ausgewertet, was meint ihr? *grins*
*** Carankemen: Och nööö, so viele Narben haben wir dem armen Legolas noch gar nicht verpasst! In dieser Story ist es doch nur ein winzig kleiner Treffer von einem Pfeil! Aber langsam wird es wohl wirklich Zeit, Aragorn mal etwas bluten zu lassen. „Tut uns wirklich leid, Aragorn, aber die Leser wollen es so. Jetzt halt mal still..."
*** MoJa: Das „erbrochene" Siegel war unfreiwillige Komik, doch die ist ja bekanntlich die beste, oder???
*** Kadda: Rivar wird erst wieder in der 3. Story eine Rolle spielen.
*** miyako: Dir fehlt Aragorn ganz schrecklich im Anfang unserer Story? Na, dann warte mal die nächsten Kapitel ab. Da bekommt er genug zu tun und der arme Legolas darf Däumchen drehen (Ich glaube der wäre glücklich, wenn er wenigstens das noch könnte!).
*** hoellenwauwau: Elladan und Elrohir spielen in dieser Story keine Rolle.
*** Atlantis: Hey, nicht das du vor lauter Heulen untergehst, wie die sagenumwobene Insel, deren Namen du trägst! Der arme Legolas hat nämlich noch so einiges vor sich, bis es ihm wieder besser geht... *mitleidiges auf die Schulter klopfen*
*** Nili: Du bringst uns immer wieder zum Lachen! Danke! Ist heutzutage eine seltene Gabe. Bewahre sie dir, okay?! ;)